Hallo Lintu,
Ich finde deinen Artikel außergewöhnlich gut formuliert und sehr interessant. Ich kann mir vorstellen, dass das komplexe Thema und vor allem die abstrakte Herangehensweise der Modellbildung einige eher verschreckt. Ich bin jedoch dankbar, dass du weiterhin die Fahne des intellektuellen Diskurses über spieltheoretische Sachverhalte aus Sicht der Mathematik hochhältst. Deine Artikel zeigen, zumindest für mich, sehr deutlich auf, welche Gesetzmäßigkeiten hinter den Dingen stehen und wie bestimmte Ereignisse der Vergangenheit beleuchtet werden können. Ich freue mich über den offenen Umgangston der Artikel der die Menschen einlädt sich mit der Materie zu beschäftigen, auch wenn sie, aus welchen Gründen auch immer, denken, dass Mathematik nichts für sie sei.
Deine Herleitung finde ich schlüssig. Die Wahl der Metrik ist, wie einige meiner Vorredner bemerkten, sicher diskutabel. Aber würde eine eindeutige Metrik für die Stärke einer Warhammereinheit existieren, hätten wir vermutlich weniger gefühlte Balanceprobleme.
Was ich an deiner Analyse (und fast allen vorgeschlagenen Bepunktungssystemen) vermisse, ist eine Berücksichtigung der Synergie. Im Grunde sind Punktsysteme in der jetzigen Form fast immer Prediktoren 1. Ordnung, i.e. der Wert hängt nur von einer Linearkombination der einzelnen Ausprägung ab. Das bedeutet konkret, dass eine Einheit einen festen Punktwert hat, und der Preis sich verdoppelt, wenn ich die Einheit zweimal nehme. Prediktoren höherer Ordnung (oder mit nichtlinearen Abhängigkeiten) könnten mitunter helfen eine bessere Vorhersage der Spielstärke einer Armee zu geben, weil sie eben in der Lage sind Synergien (Einheit 1 und Einheit 2 sind gleichzeitig in einer Armee vorhanden), oder einen Sättigungseffekt (5 Marine-Biker sind ganz okay, 50 sind schon wesentlich übler) auszudrücken.
Natürlich sind solche Punktsysteme mit binären Wechselwirkungskoeffizienten oder nichtlinearen Termen nicht mehr von Hand zu handhaben. Aber in der jetzigen Zeit mit ubiquitären Computern sollte das kein Problem mehr sein.
Es bleibt natürlich die Frage bestehen wie man eine Synergie bepunktet? Wie viel mehr sollten 5 Cents und 1 Tigurius gemeinsam in einer Armee kosten, als wenn sie getrennt gekauft werden? Welche Exponenten wählt man für Sättigungsfunktionen um Doppelungen/Trippelungen zu "bestrafen"? Natürlich könnte man einfach zur allseits beliebten "Willkür" greifen, oder man geht einen datenbasierten Weg. Hierbei könnte das Abschneiden auf Turnieren mit bestimmten Armeeauswahlen korreliert werden. Dafür bräuchte man jedoch eine sehr große Datenbasis mit einer formalen Repräsentation der Armeelisten, die eigentlich kein Turnierveranstalter anbieten kann oder möchte.
Bei all diesen Gedankengänge sollte man jedoch auch bedenken, dass alle unsere Modelle stets nur interpolativ sind, und streng genommen keine Vorhersagen erlauben. Wie du schon angemerkt hast, das Meta entwickelt sich nicht immer so wie das Modell es vorhersagen würde, alleine aus dem Grund, dass Spieler sehr emotionale/irrationale Entscheidungen tätigen und so die Annahme des Homo Oeconomicus als Entscheidungsträger ungültig werden lassen.
Als Fazit: Vielen Dank für deine Artikel die mich immer wieder für die Welt hinter den Würfel begeistern können! Bitte weiter so!