Ja so einfach ist es. Im Grunde ist es nichts anderes als Angst vor den eigenen Ergebnissen, die viele Wissenschftler umtreibt, grade aus den Geisteswissenschaften.
Ist ja verständlich, schließlich sind die auch wie alle anderen ausreichend konditioniert und haben Angst davor das nichts sein kann, was nicht sein darf. Daher flüchtet man sich in Relativierungen und Schwaffellei.
Vovin ist ja schon darauf eingegangen, aber trotzdem noch ein paar Worte dazu: einer renommierten Wissenschaftlerin, die international rezipiert wird und seit einigen Jahren in diesem Bereich Forschung betreibt, gleichmütig vorzuwerfen, sie habe "Angst" vor den "eigenen Ergebnissen" und lüge deswegen in der Öffentlichkeit, ist ein starkes Stück. Und dann auch noch fortzuschreiten und das auf eine Konditionierung zurückzuführen, also mit einem Federstrich auch noch die Integrität im Allgemeinen abzusprechen, finde ich gleichsam ehrenrührig.
Das ist doch im Kern auch nicht besser als die periodisch auftauchende Verschwörungstheorie, dass alle Medien von "den Zionisten" gleichgeschaltet seien oder nur als "verlängerter Arm der Finanzwelt" fungieren und alle diese Autoren im besten Falle nur käuflich sind, im schlechtesten aber moralisch nicht sehr lauter.
Tatsache ist das die "Sozialisierungsfraktion" immer mehr an Boden verliert, pauschal kann man sagen das je neuer die Studie desto höher der Anteil der erblichen Komponente. [...]
Die Aussagen über die Erblichkeit sind eher als "Potential" und""Feinschliff" zu verstehen. Legen wir jetzt die 80% Zugrunde bedeutet das, das jemand der das 'genetische Potential' von 100 hat irgendwo zwischen einem IQ von 80 und 120 endet, je nach Sozialisation. Wer mit einem Potential von 80 geboren wird endet zwischen 64 und 96 usw. In absoluten Zahlen eigentlich eher unspekakulär, ist doch für einen Normalbegabten (100) immer noch genug Spielraum von "bisschen langsam" bis hin zu "recht clever".
Das ist aber auch nur die halbe Wahrheit. Ich habe das untrügliche Gefühl, es gehen viele davon aus, dass die Gegenpole "Gene" und "Umwelt" genau taxiert werden könnten und dann konstant für jeden Lebensabschnitt feststehen. Gehen wir im Folgenden ferner davon aus, es ginge nur um die absoluten Zahlen und nicht um die Intelligenzunterschiede, um auf Deiner Basis zu diskutieren.
Der drückende Einfluss der Gene nimmt erst im steigenden Alter zu - bei Kindern liegt er vielleicht bei 20-30%, bei Erwachsenen bei bis zu 80%. Die zentrale Aussage, und die ist mir jedenfalls bislang noch bei jedem Intelligenzforscher untergekommen, ist: die geistige Entwicklung der Kinder ist geradezu dramatisch von der Umwelt abhängig. Das ist ja auch unmittelbar einleuchtend, ein Kind mit dem Potential zum Hochintelligenten oder sogar zum Höchstbegabten (ich nehme jetzt mal beide Begriffe, dass das nur bedingt korreliert, ist mir klar) wird förmlich eingehen, wenn es unzureichend oder sogar kontraproduktiv erzogen wird. Selbst gewaltige Geistespotentiale sind vergebens, wenn ein Kind keinen Zugang zu Bildung hat, kein den Intellekt stimulierendes Spielzeug (im weitesten Sinne) erhält, auf einen erbärmlichen Wortschatz angewiesen ist und schon im frühesten Alter vor dem Fernseher geparkt wird. Bei so einer Sozialisation, die "konsequent" durchgezogen wird, ist später nur wenig zu retten. Umgekehrt kann ein eher durchschnittlich begabtes Kind bei einer guten Erziehung sogar überdurchschnittlich intelligent werden, auch wenn es wohl eher nicht zum Überflieger werden wird. Mir geht es auch gar nicht darum, vorhandene Unterschiede zu leugnen oder zu nivellieren, man muss aber erstens klar sagen, dass Frau Stern das ganz anders sieht als Sarrazin und dass zweitens diese Quoten erst im Alter bedeutsamer werden. Und da ist eine Aussage wie die Sarrazins
"
Die sozialen Belastungen einer ungesteuerten Migration waren stets tabu, und schon gar nicht durfte man darüber reden, dass Menschen unterschiedlich sind – nämlich intellektuell mehr oder weniger begabt, fauler oder fleißiger, mehr oder weniger moralisch gefestigt – und dass noch so viel Bildung und Chancengleichheit daran nichts ändert."
in der Tat nicht wirklich hilfreich. Es insinuiert doch ziemlich stark, dass die bestehenden Verhältnisse schwerlich bis gar nicht abänderbar sind und dass es im Grunde genommen vergebener Liebesmüh' gleichkommt, mit Bildung und Chancengleichheit dem entgegenwirken zu wollen; es erzielt zwar Ergebnisse, aber alles in allem ist das wenig zufriedenstellend. Unter Berücksichtigung auf (früh-)kindliche Entwicklung ist das ein Kardinalfehler.
Kann er auch gar nicht. Begabung ist nicht messbar. Ebensowenig streitet man gerne und verbissen um eine allgemein gültige Definition von Intelligenz. Messbar ist nur der IQ.
Du sagst selber, dass man Begabung nicht messen kann, was wir durchaus stehen lassen dürfen. Zuvor sagtest Du, Sarrazin behaupte, dass "[...]die hierher migrierten Unterschichttürken eben unterdruchschnittlich begabt [seien].". Folglich ist entweder die Aussage Sarrazins unsinnig, weil das jeder Empirie entbehrt oder Begabung ist doch messbar (was sehr zweifelhaft ist). Beides geht nicht.
Solange wir uns einfach auf dem Feld der statistischen Verteilung bewegen ist einfach nur zu sagen: so isses halt nunmal. Tut mr ja leid das man der Gruppe damit auf die Füße tritt, ändert aber nix an der Tatsache.
wie soll es auch anders sein? [...]
Im Grunde geht es doch nur darum mal mit der Sozialromanitk aufzuhören das jeder - pardon - Sozialversager ein ungeschliffener Rohdiamant, ist der nur ausreichend gefördert werden muss.
Nur, um einen Disput gleich präemptiv auszuräumen: ich stimme Dir zu, dass Migration gezielter verlaufen sollte und wir dabei quantifizierbare Maßstäbe anlegen. Hier besteht kein Widerspruch von meiner Seite.
Der zugrundeliegende Handlungsauftrag von Politik und auch von der Gesellschaft geht kurzum verloren, wenn Du ex cathedra verkündest, die ganzen Intelligenzdefizite seien determiniert und nicht mehr permutabel. Zumal das - siehe die Ausführung zu der Kinderförderung - ohnehin nicht haltbar ist. Als eine der Schlüsselqualitäten zu einer optimalen Förderung gilt der Wortschatz. Wo gutbürgerliche Kinder ein Vokabular von rund 120 Wörtern haben, kommen die Kinder aus Haushalten, deren Eltern schlechte oder keine Schulabschlüsse haben, kaum über deren 90. Ohne einen adäquaten Wortschatz können weder Bücher und Texte verstanden noch ein guter Schulabschluss erreicht werden. Hier lässt sich doch ein großer Mangel beseitigen; ob da nun Eltern oder Staat intervenieren, ist ja für das Kind erst einmal sekundär, da kann man aber ansetzen. Bei einem Erwachsenen ist sicherlich nicht mehr allzuviel zu retten, insbesondere Sprachförderung verläuft da zäh und mühselig. Aber die Kinder können durch den Multiplikatoreffekt das Joch der Genetik (
😉) partikulär abschütteln.
Und noch ein Wort zu der Metapher des "ungeschliffenen Rohdiamanten": gerade die Inselbegabung zeigt uns doch, wozu theoretisch jeder in der Lage ist. Einige völlig normale Kinder haben diese kolossalen Fähigkeiten epileptischen Anfällen, einem Autounfall oder einer direkten Konfrontation mit einem Baseball am Schädel zu "verdanken". Ich werde den Teufel tun, das Savant-Syndrom als erstrebenswerte Lebensform zu verheißen, aber gerade die nicht-genuinen Inselbegabten zeigen doch eindrucksvoll, mit welchem grundlegenden Potential ein jeder ausgestattet ist.
Auf die Sendung von der Illner gehe ich nachher noch etwas ausführlicher ein, auch hier haben sich meines Erachtens die Sarrazinkritiker mehr in sichere Allgemeinplätze geflüchtet, die Politologin hat in meinen Augen schwere logische Fehler und Banalitäten in ihre Aussagen eingeflochten, auf die Broder sehr zurecht hingewiesen hat. Dazu aber später mehr.