So, mit diesem Kapitel endet auch die Vorbereitung auf die Schlacht. in Kapitel 7 wird es wie versprochen nur noch Kämpfe geben.
Übrigens, mal so aus interesse. Hat eigentlich irgend wer von euch den kurzen Gastauftritt von Ibram gaunt bemerkt? ist schon einige Kapitel her, aber es würd mich mal so interessieren
Die helle Nacht von Sabbit I hatte sich über die dunklen Wälder vor dem Hirtenberg gelegt. Die drei Kommandanten hatten sich auf einem der starken Abwehrtürmen versammelt und schauten mit ernster Mine durch ein großes Teleskop. Oberst Servere schüttelte leicht den Kopf: „Beim Imperator, aber ich würde gerne wissen, wie es den unsrigen dort oben ergeht.“ Servere hatte eine angenehme Stimme, die mit starkem Hochgotisch durchsetzt war. General Fork grunzte zustimmend: „Eine Schande, dass wir von der Flottenkommunikation abgeschnitten sind. Wenn wir wenigstens wüsten, wann und wo der Feind landen wird! Es reizt mich, das Empfangskomitee mit einigen meiner Lemans zu bilden.“ Rossmann löste sich vom Teleskop und zog seinen Offiziersmantel wieder gerade. Er hatte genug davon, die kleinen hellen Blitze und die winzigen Explosionen am Rande des Erkennbaren zu betrachten. Die Schlacht hatte vor sieben Stunden an gefangen, was man auf Sabbit I auch nur gemerkt hatte, weil die Flotte die Funkkanäle zum Planeten eingestellte. Man wollte sich auf die Schlacht konzentrieren und nicht mit nutzlosen, planetaren Geschnatter von wichtigeren abgelenkt werden. Der Alte hatte das mit einem achselzucken hingenommen. Die Flotte hatte genau so wenig Respekt vor der Armee, wie die Armee vor der Flotte.
Rossmann drehte sich zu seinen Kollegen um und streckte sich erst einmal ausgiebig und schüttelte die Glieder ein wenig aus: „Machen sie sich keine sorgen General, sie werden noch früh genug ihre Waffen einsetzen können. Ich denke spätestens morgen Abend werden wir mit den ersten Landungen rechnen. Bis dahin herrscht weiterhin erhöhte Alarmbereitschaft. Sobald die ersten Landungspunkte in der näheren Umgebung bestätigt sind, können wir uns über koordinierte Gegenangriffe unterhalten.“ Fork nickte zustimmend und strich an seinem Bart, während er in den Himmel starrte: „Ich werde zwei meiner Kompanien in Einsatzbereitschaft halten Herr Oberst. Ich hoffe bloß, dass etwas im Norden runter geht, dort ist das Gelände offener.“ Fork gefiel Rossmann sehr. Der General hatte sich seinen Posten über Dekaden hinweg verdient und diesen Anspruch auch durch Grips und Raffinesse verteidigt. Er war sicher nicht der gesprächigste Mensch, aber er hielt sich auf der anderen Seite auch an seine Aufgabe in dieser Schlacht und zweifelte Rossmanns Befehle trotz seines Ranges nicht an. Er schien auch bei seinen Männern sehr beliebt zu sein, da sie jeden kleinen Befehl von ihm mit Eifer befolgten. Der Alte war froh, dass er einen so erfahrenen Kämpfer an seiner Seite hatte.
Bei Oberst Servere war Rossmann sich nicht ganz so sicher. Der Jardii war auf jeden Fall ein sehr charmanter Anführer, dass sprach für ihn. Durch einige Gespräche hatte der Alte erfahren, dass Servere aus einem der höheren Fürstenhäuser seines Planeten stammte, welches in der Tat so wohlhabend war, dass es alleine ein ganzes Artillerie-Regiment ausrüsten und aufstellen konnte. Servere kam als Spross dieser Familie natürlich gleich als Oberst in das Regiment, hatte dafür aber auch eine lange und harte Ausbildung abgelegt, hinter der man sich nicht verstecken brauchte. Was Rossmann jedoch an dem Mann nicht gefiel, war seine fehlende Erfahrung. Das 4. Jardi Artillerie wurde extra für den Kreuzzug ausgehoben und hatte seinen bisher ersten und einzigen Kampfeinsatz während der Belagerung der Kaiser-Makropole auf Indrid. Dort waren sie dem Feind jedoch nicht wirklich nahe gekommen und hatten aus sicherer Entfernung einige Granaten über die hohen Mauern geschickt. Im Regiment der Jardi gab es insgesamt vier Kommissare und Rossmann hoffte inständig, dass sie dafür sorgen würden, dass sich die Artilleristen unter Feuer immer noch professionell verhielten.
Feldwebel Bär schlief unruhig. Das lag keinesfalls daran, dass er in der Enge eines frisch errichteten, unterirdischen Bunkers schlief. Wenn er unter normalen Umständen ruhig schlafen konnte, dann in so einer Umgebung. Der Grund für seine Schlaflosigkeit war der morgige Tag. Hauptmann Koch hatte ihnen kurz vor Einbruch der Dunkelheit den Marschbefehl zu einem der Reaktionspunkte übermittelt. Der Feind würde morgen Landen und die Sturmpioniere würden ihnen begegnen, hatte er gesagt. Die Reaktionspunkte waren Stellungen, von denen man schnell alle Feindlichen Bewegungen im Sektor abfangen konnte. Als Bär diese Nachricht bekommen hatte, war er gewaltig aufgeregt. Zwei Stunden hatte er damit verbracht, seine Schrotflinte immer wieder zu zerlegen, zu reinigen und dann wieder zusammen zu setzen. Seine Ausrüstung war er vier Mal durchgegangen, hatte sein langes Schwertbajonett nach geschliffen und sein liebstes Stück, den schweren Grabenhammer poliert.
Als Feldwebel der Sturmpioniere hatte Bär eigentlich das Anrecht auf eine Energiewaffe, welche sonst nur den Hauptmännern gestattet war. Das war eine besondere Ehre und ein Zeichen des hohen Statutes eines Sturmpioniers. Diese Ehre hatte Bär aber abgelehnt, da die mickrigen Standard Energieschwerter ihm viel zu wenig Wucht hatten. Stattdessen hatte er seinen Grubenhammer. Es war eine wunderbare, einhändig geführte Waffe, die von Meisterhand geschmiedet wurde. Sie war perfekt ausbalanciert und wenn man sie richtig beherrschte, spürte man das Gewicht des Hammerkopfes fast gar nicht.
Der Hammer war früher einmal im Besitz eines Rebellenhauptmannes, dem Bär im Kolonialsektor begegnet war. Damals hatte der Hammer seinem Besitzer nicht viel genützt, da Bär ihm eine Ladung Schrot ins Gesicht gegeben hatte, bevor dieser ihn auch nur hoch heben konnte. Den eleganten Hammer wollte Bär jedoch nicht einfach liegen lassen. Seit diesem Tag hatte die Waffe ihm immer gute Dienste geleistet und für viele Kopfschmerzen bei seinen Feinden gesorgt.
Die Möglichkeit, dass er den Hammer bald wieder schwingen konnte, war dann auch der Grund, der ihm den Schlaf raubte.
Das Fadenkreuz lag ruhig auf dem anvisierten Punkt, wo es schon seit Stunden lag. Es hatte den Punkt anvisiert gehabt, als die Nacht noch schwer und kalt über der Gegend lag, es hatte dort gelegen, als die ersten Sonnenstrahlen durch das Blattwerk brachen und die heimischen Tiere begannen, ihre Lieder zu singen und zu zwitschern. Und auch jetzt, wo die Mittagssonne hoch über dem Boden stand und eine angenehme Wärme ausstrahlte, visierte das Fadenkreuz immer noch den Punkt an.
Sandra Sismath hatte ihre Stellung schon vor Tagen eingerichtet und seit mehr als sechs Stunden besetzt. Sie lag am steilen Ufer eines wilden Baches und hatte eine Brücke etwas weiter Bach aufwärts im Visier. Seit sie die Planetenoberfläche betreten hatte, fühlte sie sich wieder wie neu geboren. All der Schrecken, den sie während der Überfahrt durch den Warp durchlebt hatte war von ihr abgefallen. Im Moment hatte sie ihre perfekte Mitte gefunden. Das leichte Plätschern des Baches, die angenehme Wärme der Sonne und vor allem die Aussicht, bald ein paar Mutanten im Visier zu haben beruhigten ihre Seele.
Die anderen neun Mitglieder ihres Trupps lagen auch verteilt an diesem Flussufer und hatten ebenfalls dieselbe Stelle im Schussfeld. Drei Scharfschützen, vier Späher und ein Raketenwerferteam hatten sich in gut getarnten und schon lange vorbereiteten Stellungen verschanzt und warteten.
Sie befanden sich sechzig Kilometer östlich vom Hirtenberg und waren bei einem Knotenpunkt in Stellung gegangen, bei dem vermutet wurde, dass der Feind ihn passieren würde. Auf den sechzig Kilometern zur Festung gab es insgesamt fünf solcher Knotenpunkte, die von Sandras Trupp alle feinsäuberlich in tödliche Verteidigungsanlagen umgebaut wurden. Es galt den Vormarsch des Feindes so lange wie möglich hinaus zu zögern.
Noch vor sechs Stunden hatten sie ein Minenfeld etwa zwei Kilometer vor der Brücke angelegt, als sich die Situation veränderte.
Ein tiefes Grollen durchzog die Luft, was nur bedeuten konnte, dass der Feind endlich mit der Landung begonnen hatte. Sofort hatte Sandra ihrem Trupp befohlen, sich zum nächsten Knotenpunkt zurück zu ziehen und Funkkontakt mit der Festung herzustellen. Als sie De Vall am anderen ende erreicht hatte, bestätigte dieser nur ihre Befürchtungen. Die großen Radarstationen in Seefeld, der größten Stadt des Mondes, hatten multiple Kontakte in der Atmosphäre festgestellt und es galt von nun an absolute Gefechtsbereitschaft. De Vall sagte außerdem, dass Verstärkung für einen Gegenangriff auf dem Weg wäre, aber Sandra wusste, dass die Verstärkung nicht vor den ersten Feinden hier sein würde.
Otto hatte noch den halben Rationsriegel im Mund, als er in die Richtung der rheinländischen Werkstätten hechtete. Er war nicht einmal halb fertig mit dem Mittagessen gewesen, als ein Bote ihm die Nachricht übermittelte, dass der Marschbefehl vorverlegt wurde. Er solle so schnell wie möglich zusammen mit einem Trupp Sturmpioniere nach Osten fahren um dort mit den Spähern zusammen Gegenangriffe zu starten. Den einzigen Gedanken, den Otto dazu fassen konnte, war, dass es ein scheiß Spiel war. Nicht nur, dass sie ihn während dem Mittagessen einen Alarmstart aufbrummten, sie gaben ihm auch noch einen Auftrag zusammen mit Spähern und Sturmpionieren.
Jeder im Regiment wusste, dass die beiden Gruppen sich hassten und versuchen würden sich gegenseitig zu übertrumpfen. Der Panzerfahrer war in dem Fall natürlich der Dumme, weil er die Kabbelei ausbaden durfte, aber Befehl war Befehl. Auf dem Weg zur Werkstatt hatte er seine Besatzung aufgesammelt, die alle mehr oder weniger genau so halbfertig aussahen wie er. Stiefel waren nicht verschnürt, Jacken nur unter den Arm geklemmt und bei Münchow klebte noch der Rasierschaum an der Backe.
Als Feldwebel Schneiderhahn schließlich bei der Werkstatt angekommen war, rutschte ihm das Herz in die Hose, da er seine geliebte Helga auf einer Wartungsgrube sah und er wusste genau, was das bedeutete. Otto schaute sich kurz in den großen Hallen um, entdeckte unter den wuselnden Technikern mit ihren roten Overalls jedoch nicht das, was er suchte, weshalb er aus voller Kehle zu schreien begann: „Wirtz! Komm raus, ich weiß, dass du hier steckst! Ich hab nicht den ganzen verdammten Tag Zeit!“ Ein metallisches Klacken und Surren in einer der Wartungsgruben kündigten die Person an, welche Schneiderhahn suchte. Erhaben und bedächtig schritt der einzige Maschinenseher des ersten Rheinlands aus der nächstgelegenen Wartungsgrube hervor, begleitet von zwei aschgrauen Servitoren, die einen besonders stumpfsinnigen Gesichtsausdruck hatten. Er gab sich überhaupt keine Mühe, es so aussehen zu lassen als ob er seine alten Knochen in irgendeiner Weise beeilen würde, wenn er überhaupt noch Knochen hatte.
Wirtz war unglaublich Alt, so viel wusste Schneiderhahn, auch wenn er das Alter nie im Leben hätte schätzen können. Der von Statur her eher kleine Mann war nämlich eine Zierde seiner Zunft. Unter seinem langen, weinroten Umhang war kaum noch etwas von dem Menschen übrig, der er wohl einmal gewesen sein mag. Vom Kopf abwärts war so gut wie alles Organische schon vor Dekaden durch Maschinenteile ersetzt worden. Lediglich der Kopf ließ noch erkennen, dass es sich hier einmal um einen Menschen gehandelt haben muss, wenn auch nur schwierig. Dort wo normalerweise ein Mund hätte sein sollen, war nur noch ein Voxgitter und ein Auge wurde auch gegen eine mechanische Vorrichtung getauscht. Wenn man Schneiderhahn fragen würde, war auch von der menschlichen Einstellung nicht mehr viel bei ihm übrig.
Wirtz hasste die Gesellschaft von anderen Menschen und ließ sich eigentlich nie ohne seine geliebten Servitoren blicken. Otto hätte schwören können, dass er sie seine Kinder nannte, wenn er dachte, dass keiner zuhört. Diese liebe zu den Maschinen machte den Umgang mit ihm recht schwierig, was Otto auch diesmal befürchtete. Wirtz hatte sich endlich aus der Wartungsbucht hochgearbeitet und schaute Schneiderhahn nun mit einem absolut teilnahmslosen Blick an.
„Ich brauch Helga und zwar sofort, ich hab einen neuen Marschbefehl bekommen.“ Wirtz Blick wechselte von Teilnahmslosigkeit zu Verachtung und ein Rauschen aus seinem Voxgitter kündigte seine Antwort an: „Wenn sie sich auf den dritten Demolischer der zweiten Kompanie beziehen, dann wird das wohl kaum möglich sein.“ Das Voxgitter ließ die Stimme natürlich vollkommen ohne Betonungen, dennoch war sich Schneiderhahn sicher, die Arroganz zu hören. „Jetzt hören sie aber auf! Sie wissen genau so gut wie ich, dass Helga hier nur für einen Wartungsdurchlauf ist und seit zwei Wochen voll betankt und Munitioniert ist. Ich habe Befehle und die gehen vor!“ Wirtz Servoarme zuckten vor Wut bei dieser Unerschämtheit, aber die beiden kannten sich miterweile zu gut, um noch dieselben Fehler wie Gewalttätigkeiten zu machen. „Wartungsdurchlauf? Hätten sie nicht so deletantisch auf den Heckantrieb eingedroschen, müssten wir diese Diskussion gar nicht führen.“ Schneiderhahns Schläfe pochte vor Wut: „Deletantisch? Hören sie, nur weil ich mit einem gezielten Hammerschlag eine Reparatur durchführen kann, für die sie sonst Stunden brauchen würden, hat das nichts mit deletantisch zu tun! Münchow, sehen sie zu, dass sie und die anderen in den Panzer kommen, wir haben für solche Kindereien keine Zeit.“ Die Servitoren von Wirtz machten Anstalten, sich der Besatzung in den Weg zu stellen, aber Schneiderhahn hatte den Kanal endgültig voll: „Es reicht Wirtz! Machen sie den Weg frei oder ich schwöre ihnen, ich werde sie persönlich vor den Oberst schleifen!“, die Servitoren schlurften wieder langsam zurück, aber Schneiderhahn war noch nicht fertig: „Und an ihrer Stelle würde ich schleunigst das Tor öffnen, sonst mache ich gleich einen Geschütztest!“