40k Rheinland Omnibus

Der zweite Kontrollpunkt an der nordöstlichen Verteidigungslinie bestand zum größten Teil aus einem befestigten Mühlenkomplex und einigen von den Spähern ausgehobenen Gräben, die auf einer großen Lichtung mitten im Wald errichtet wurden.
Der Mühlenkomplex selbst, war eine Ansammlung von länglichen Wohn- und Lagergebäuden, sowie dem Mühlenturm mit seinem großen Windrad, die rechteckig um einen offenen Innenhof angeordnet waren. Es waren stabile Fachwerkgebäude mit dicken Mauern und dunklen Pfannendächern. Bei einem Panzerangriff, so entschied Brinkner, würde ihnen all das wenig helfen.
Die drei Züge der PVS hatten mittlerweile Stellung in den Gräben und den nach Norden ausgerichteten Gebäuden bezogen und ihre Waffen klar gemacht. Die Männer und Frauen, die in der PVS von Sabbit I dienten waren tapfere Menschen. Durch die relativ geringe Schwerkraft hoch gewachsen und durch die harte Arbeit auf den Äckern und in den Wäldern ihrer Heimat sehnig geworden, waren sie in einer guten Form für das Kommende. Sie trugen braun grün gefleckten Drillich, der sie gut in der natürlichen Vegetation ihrer Heimat verschwinden ließ. Bis auf einen Helm nach cadianischem Muster und einer schutzoptimierten Stoffweste trugen sie keine Panzerung, waren aber im Gegensatz zu den schwer gerüsteten Rheinländern äußerst beweglich.
Nietfeld ging herum und gab den Männern positiven Zuspruch, wie es wohl nur ein Kommissar konnte, so gerne Jäger es hingegen auch wollte, so war dieser Optimismus für ihn deutlich schwieriger nach zu vollziehen. Sie waren gerade einmal zweihundert Mann und mussten in Kürze gegen eine unbekannte, aber vermutlich scheiß hohe Anzahl feindlicher Panzer bestehen. Sicher hatten sie für diesen Zweck bessere Ausrüstung bekommen. Rossmann war bei weitem nicht einer der Offiziere, die einfach kompanieweise Männer nur mit Lasergewehren gegen Panzer und damit in den sicheren Tod schickte.
Die drei Züge der PVS hatten aus ihren eigenen Beständen insgesamt zwölf Raketenwerfer inklusive der nötigen Munition mit genommen. Außerdem noch drei Maschinengewehre und einige Flammenwerfer, schließlich war auch mit Infanterieunterstützung zu rechnen.
Brinkner hatte für seinen Zug zudem noch etwas Verstärkung von einer der Unterstützungskompanien bekommen. Drei Laserkanonen und drei Maschinenkanonen wurden ihm mitgegeben, damit sie auch gegen die härteren Fälle ankommen konnten. Zusätzlich hatten sie noch pro Trupp einen Granatwerfer und auf einem der LKWs noch ein paar Kisten mit magnetischen Hohlladungen, auch wenn Brinkner inständig dafür betete, dass sie die nicht einsetzten brauchten.
Ihre Bewaffnung war alles in allem nicht schlecht, würde jedoch trotzdem nicht reichen, wenn der Feind es ernsthaft anging. Lediglich zwei Trümpfe hatten sie im Ärmel, die wirklich etwas wert waren. Zum einen war das Gelände abseits der Straße ungeeignet für schwere Fahrzeuge und stark vermint, dass würde im besten Fall einen feindlichen Sturmangriff auf breiter Front vermeiden, der sie einfach wegwischen würde. Der andere Trumpf waren zwei ganze Kompanien Basilisken, für die sie Feuerpriorität hatten. Zwanzig Tremorkanonen warteten quasi nur auf einen Funkspruch seiner Kampfgruppe, um dem Feind die Hölle heiß zu machen.
Brinkner hatte sich zusammen mit seinem Funker auf den hohen Mühlenturm geschlichen, um von dort aus den Norden mit seinem Feldstecher zu beobachten. Der Turm war recht hoch und man konnte ganz gut über die Baumwipfel schauen, teilweise sogar bis zu den weiten Steppenländern, die den Norden bedeckten. Diese weitläufigen Steppen waren es, wo sich im Moment die Scheiße zusammenbraute. Die wirklichen Zahlen der Feinde, die sich dort sammelten, konnten in Wirklichkeit nicht einmal geschätzt werden.
„Herr Leutnant, eingehender Funkspruch“, der Funker hielt Brinkner den Hörer seines Gerätes hin, welchen er sich auch gleich ans Ohr hielt. Der Funkspruch war kurz, ‚Adler vor dem Nest’, mehr war nicht zu hören. „Das sind die Späher, melden sie allen Einheiten, dass sich eigene Truppen der Linie nähern. Ich bin gleich wieder zurück, halten sie hier die Stellung.“
Brinkner schwang sich geschickt die Leiter herunter und ließ seinen Funker zusammen mit seinem Feldstecher auf dem Mühlenturm. Er wollte persönlich mit dem Leutnant der Späher über die Situation sprechen.
Bei den Gräben angekommen, hatten sich die Späher bereits um Kommissar Nietfeld versammelt. Es waren vielleicht dreißig und viele hatten sich notdürftig verbunden. „Was ist hier los? Wo ist der Rest des Zuges? Wo beim Thron ist Leutnant schwarz?“ Einer der Späher, ein Feldwebel, dessen Namen Brinkner nicht kannte kam auf ihn zu und salutierte vor ihm: „Feldwebel Kurtz, erster Trupp, fünfter Zug der Späher. Mit Verlaub Herr Leutnant, aber wie ich Kommissar Nietfeld gerade schon erklärt habe, ist das der Rest.“
Brinkner war fassungslos: „Wie meinen sie das, der Rest? Wo ist Leutnant Schwarz Soldat? Was im Namen der Imperators ist geschehen?“ Feldwebel Kurtz seufzte: „Sie sind alle Tod, auch der Leutnant. Wir wurden einfach überrannt, plötzlich waren es hunderte von ihnen! Normalerweise dürften noch gar nicht so viele Feinde hier sein.“
Der Schock war dem Späher deutlich an zu sehen und Kommissar Nietfeld trat einen Schritt vor, um ihm die Hand auf die Schulter zu legen: „Beruhigen sie sich Feldwebel Kurtz. Wir sind hier um den Spieß um zu drehen. Hier haben wir die Waffen, um eine ernsthafte Verteidigung gegen diesen Abschaum auf zu bauen. Aber dazu müssen wir wissen, wann der feind kommt und mit was der feind kommt.“ Die ruhige Stimme von Nietfeld wirkte und Kurtz bekam die Fassung wieder: „Wir waren vielleicht fünf Minuten vor ihnen, sie müssten bald kommen. Viel Infanterie, die durch den Wald vorstößt und einige Schützenpanzer auf der Straße.“
Nietfeld nickte Brinkner mit grimmiger Entschlossenheit zu und dieser verstand sofort. Aus vollem Hals rief er seine Befehle: „Stellungen besetzen, Waffen laden und entsichern. Drei Minuten bis Feindkontakt. Haltet stand Männer von Sabbit und Rheinland. Weicht nicht zurück!“, er machte einen kurzen Seitenblick zu Nietfeld, der gerade seine Boltpistole lud: „Feiglinge werden erschossen.“
Die Männer waren alle in Position, mit der Waffe im Anschlag und über die imperiale Linie legte sich die sprichwörtliche Ruhe vor dem Sturm. Der Himmel hatte sich seit dem Morgen deutlich verfinstert, was an den Auswirkungen der großen Landungsoperation lag, die der Erzfeind durchgeführt hatte. Man wirft nicht tausende Tonnen Stahl in die Atmosphäre eines so kleinen Planeten, ohne Stürme und Orkane zu provozieren. Brinkner schaute noch einmal auf sein Auspex und überprüfte die Biosignale, die vom Norden her auf sie zu kamen. Es waren reichlich viele Biosignale und sie waren kurz vor der Sichtlinie. „Bereitmachen“, Brinkner flüsterte, aus Angst der Feind könnte ihn hören.“
Kurz bevor er in seine Metallpfeife blasen wollte, um den Feuerbefehl zu übermitteln, hielten die Biosignale jedoch an. Brinkner stutzte und tauschte nervöse Blicke mit Nietfeld aus: „Was hat das zu bedeuten Herr Kommissar?“ „Ich weiß es auch nicht, aber haben sie vertrauen in den Imperator, dann kommen wir schon noch heile aus der Sache hier heraus. Ein dumpfes, unverwechselbares Knallen war plötzlich aus dem Wald zu vernehmen.
„Volle Deckung, Mörserfeuer!“ Die Mitteilung über Helmkomm war eigentlich unnötig gewesen, da schon jeder beim ersten Geräusch den Kopf eingezogen hatte. Kleine Explosionen Hagelten auf das Gebiet rund um den Mühlenkomplex ein und rissen Krater in die Erde.
Brinkner vermutete, dass es sich um kleine Ein-Mann Mörser handeln musste, höchstens Kaliber vierzig. Zudem wurde absolut ungezielt auf das Gebiet geschossen. Der Feind hatte die gut getarnten Stellungen und Gräben nicht ausmachen können, war aber so vorsichtig geworden, dass er solche Positionen trotzdem erst einmal unter Feuer nahm. Der Beschuss dauerte etwa fünf Minuten und war relativ Wirkungslos verlaufen. Lediglich eine der leichten Granaten hatte es geschafft, in der Nähe der Gräben zu detonieren und zwei Rheinländer durch die Spliterwirkung leicht zu verletzen. Innerlich grinste Brinkner, da er diesen Dilettanten schon recht bald zeigen würde, was ein wirkliches Sperrfeuer war.
Die Stille, die nach dem Anhalten des Mörserbeschusses eingesetzt hatte, hielt nicht sehr lange an. Das dröhnende Geräusch mehrerer Fahrzeugmotoren durchbrach die Ruhe. Drei sehr hässliche Transporter kamen aus dem Norden herangefahren und rumpelten über die Straße auf die Mühle zu. Es waren rostrote Halbkettenfahrzeuge mit einem kastenförmigen, leicht gepanzerten Mannschaftsabteil und einem schweren Maschinengewehr auf dem dach des Führerhauses. Brinkner erinnerte seine Männer noch einmal daran, dass sie in Deckung bleiben sollten und erst das Feuer zu eröffnen hatten, wenn er das Signal gab.
Die drei Fahrzeuge kamen etwa vierhundert Meter vor den Gräben zum stehen, ohne die vor ihnen erkannt zu haben. Luken öffneten sich über den Fahrerhäuschen und Gestalten zwängten sich heraus, um die MGs zu besetzen. Für einen kurzen Moment befürchtete Brinkner schon, dass sie vielleicht doch die gut getarnten Stellungen entdeckt hatten. Als dann jedoch das schwere Tak Tak Tak der Waffen erklang und nur der Mühlenkomplex ungezielt unter Feuer genommen wurde, war der Fall klar. Der Feind wollte immer noch sicher gehen, dass das Gelände vor ihm sicher war.
Nach kurzer zeit schienen die Schützen der Transporter zufrieden mit ihrer Arbeit zu sein und sie stellten das Feuer wieder ein. Das war der Auftritt der Infanterie. Sie kamen in Großer zahl aus dem Wald, diesbezüglich hatte das Auspex nicht gelogen, die Größe der Einheit lag deutlich über Kompaniestärke. Ihr Vorgehen war eigentlich schon fast traurig. Mit nahezu schlendernden gang und teilweise geschulterten Waffen kamen sie in die Sichtlinie spaziert. Sie schienen wirklich zu glauben, dass einige Mörsergranaten und ein bisschen Gewehrfeuer alle potentiellen Feinde aus den Löchern treiben würden. Sie hätten sich gar nicht mehr irren können.
Brinkner wartete noch, bis die ersten grün gewandeten Kultisten sich auf dreihundert Meter genähert hatten, dann blies er in seine kleine Metallpfeife. Der schrille Pfiff schalte über die Lichtung und man konnte deutlich sehen, wie manche Kultisten vor Schreck zusammenfuhren. Keine Sekunde Später brannte die Luft. Laserstrahlen und Leuchtspurmunition der Maschinengewehre knallten aus den Gräben heraus auf die Kultisten ein und mähten sie reihenweise nieder. Die Schützen der Transporter, auf die so viele Kultisten ihre unbegründete Sicherheit aufgebaut hatten, bekamen nicht einmal genügend Zeit, ihre Waffen auf die neue Bedrohung aus zu richten. Jeder von ihnen wurde von drei Sprenggranaten auf kürzeste Entfernung zerfetzt.
Von der plötzlichen Gewalt des Hinterhalts traumatisiert, begannen die ersten Kultisten damit, wieder in Richtung Wald zurück zu stolpern, aber damit hatte man in der Planung gerechnet.
Brinkner gab seinem Funker im Turm das Zeichen.
„Stacheldraht an schwerer Regen, schwerer regen bitte kommen. Das Ziel hat sich verfangen. Ich wiederhole, das Ziel hat sich verfangen.“
Drei Standardminuten dauerte es. Drei Standardminuten, bis der Befehl bei allen Einheiten ankam, um die Tremorkanonen zu Laden, den Zielvektor neu auszurichten und das Geschoss auf die Reise zu schicken. Nach drei Minuten war das schwere Kreischen über den Köpfen der Rheinländer zu hören. Das Geräusch der Tremorgranaten war in keiner Weise mit dem der leichten Mörsergeschosse zu vergleichen. Wo der feind kleine Faustgroße Explosivgeschosse los geschickt hatte, die mit leichtem säuseln gen Erde flogen, lag bei den Geschossen der Basilisken das Kreischen der personifizierten Todesfee in der Luft.
Die Feuersektoren waren abgestimmt und durch Übungsschüsse bestätigt worden. Es wurde eine Feuerwalze ausgelöst, die ab der Baumgrenze aufwärts alles pulverisieren sollte. Dadurch wurde den Kultisten auf der Lichtung der Rückzug unterbunden, die feindlichen Verbände im Wald waren direkt vernichtet und Verstärkung die weiter im Norden war, die Möglichkeit zum eingreifen genommen.
Als die Granaten schließlich einschlugen, bebte die Erde. Gewaltige Explosionen und Feuerbälle blitzten zwischen den Bäumen auf und vernichteten einfach alles. Die Kultisten, die nun auf der Lichtung eingesperrt waren, starben ebenso ruhmlos im Kreuzfeuer, das ihnen aus den Gräben entgegen schlug.
Das Massaker war ebenso schnell vorbei, wie es begonnen hatte. Feldwebel schrien in den Gräben, dass ihre Männer das Feuer einstellen sollten und das Artilleriefeuer wanderte unerbittlich immer weiter nach Norden, bis es schließlich abnahm um dann endlich ganz zu verstummen. Zurück blieb nur ein zerfetzter Wald, der kaum noch als solcher zu erkennen war.
„Gute Arbeit Männer! Zwei Trupps gehen vor und kümmern sich um die Überlebenden. Passt auf, dass sich keiner von denen Tod stellt. Keine Gefangenen“, Brinkner war zufrieden mit der Leistung des Verbandes. Alle sind ruhig und Professionell geblieben und es hatte bis auf ein paar leicht Verletzte keine Ausfälle gegeben. Brinkner wandte sich zu Nietfeld, der gerade seine Boltpistole sicherte, um sie wieder ins Halfter zu stecken: „Ich glaub wir haben sie verscheucht Herr Kommissar.“ Nietfeld nickte: „Die Frage ist bloß, für wie lange?“

‚Aquila’ Kolb warf sich gerade seinen schweren ABC-Mantel über, weil ihm fröstelte. Die Landung des Feindes am gestrigen Morgen hatte das Klima wie erwartet durch einander gebracht. Kalter Wind fegte schneidend über die Gräben vor dem Hirtenberg und ließ nur eine Erinnerung an die angenehm warme Spätsommerwärme. Auch vom klaren blau-grauen Himmel des Mondes ist nichts mehr geblieben. Bedrohliche, schwarze Wolkenformationen hatten ihn verdeckt und breiteten sich immer weiter aus. In der Ferne konnte man schon die ersten Blitze in den Wolken zucken sehen. Unter seinem Mantel war Hermann das relativ egal. Das dichte Gewebe konnte vor ätzenden Säuren und sogar Feuer schützen, da machte so ein bisschen Wind nichts aus.
Hermanns Einheit war gerade dabei eine neue Geschützstellung für drei Maschinenkanonen im äußeren Graben aus zu bauen. Später würden diese Waffen unter anderem auch den Grabenbereich abdecken, in dem sie positioniert waren, daher gaben sich die zehn Männer besonders viel Mühe, die Stellung sicher und stabil zu gestalten. Ab und zu wurde immer wieder ein kurzer, misstrauischer Blick gen Himmel geworfen, ob der Regen den schon einsetzen würde. Kolb hoffte, dass wenn er kommen würde, und er würde komme, so viel war sicher, zumindest die Schutzschilde vom Mechanikus einsatzbereit waren.
Unter ihnen stank es zwar schlimm nach Ozon, aber man blieb trocken und als netter Nebeneffekt, war der Himmel über einem sogar relativ Kugelsicher.
Ein plötzlicher Pfiff aus einer Metallpfeife ließ Kolb aufschrecken: „Sofort alle Mann in Stellung und Waffen bereit machen, LOS, LOS, LOS!“ Umgehend ließen seine zehn Mann Spaten und Spitzhacken liegen, griffen sich ihre Mark V und positionierten sich im Graben, die Waffe schussbereit auf den entfernten Wald gerichtet. Kolb rief umgehend Van Klausen, seinen Funker zu sich, damit der eine Verbindung mit dem Leutnant herstellen konnte. „Führer drei Strich vierzehn für Trupp 2, bitte kommen.“
Leutnant Greif meldete sich nach einigen Sekunden: „Hier Führer drei Strich vierzehn, haben sie Meldung zu machen Aquila?“ „Nein, ich habe eine Anfrage. Warum die Kampfbereitschaft? War das ein Fehlalarm?“ Kurzes Rauschen war auf dem Kanal zu hören, bevor Leutnant Greif antwortete: „Negativ Aquila, ich wiederhole, es ist kein Fehlalarm. Wir haben nicht gemeldete Biosignale aus dem Süden, die sich auf ihre Position zu bewegen. Wenn sie rote Ziele identifizieren, schalten sie sie umgehend aus. Verstärkung ist auf dem Weg. Führer drei Strich vierzehn Ende.“
Kolb brauchte einen Moment, um das gehörte zu verarbeiten. Es war praktisch unmöglich, dass sich jetzt schon feindliche Einheiten, also rote Ziele, so nah an der Festung befanden. Zum einen weil der Feind nach allen logischen Maßstäben nicht so schnell sein konnte und zum anderen, weil sich niemand so einfach an den Spähern vorbei schleichen könnte.
„Feuerbereit halten Leute. Ziele werden erst nach sicherer Identifikation angegangen. Wenn es wegen einem von euch Sauhunden zu freundlichem Feuer kommen sollte, ramm ich demjenigen mein Bajonett so tief in den Arsch, dass er mit seinen Zähnen die Klinge schleifen kann.“
Sie schienen eine halbe Ewigkeit mit der Waffe im Anschlag im Graben zu hocken. Niemand sagte etwas, alle hatten sie ihre Augen an die Zielfernrohre gedrückt, um die Baumgrenze in siebenhundert Metern zu beobachten. Grever war der erste, der was sah: „Aquila! Ick hef da wat auf halb eins!“
Sofort schwenkte Kolb sein Gewehr zur angegebenen Position. Tatsächlich bewegte sich dort etwas. Mehrere Gestalten stolperten aus dem Wald und ruderten mit erhobenen Armen. Kolb war zumindest für den Moment etwas erleichtert: „Nicht schießen, die sehen aus wie Späher. Van Klausen machen sie Meldung zum Leutnant.“
Die knapp zwanzig Späher sahen richtig übel aus. Ihre Uniformen waren zerfledert und viele waren notdürftig verbunden. Kolb ließ den Haufen auf etwa zweihundert Meter an die vorderste Grabenlinie heran und gab dann einen Schuss in die Luft ab: „Das ist nah genug meine Herren. Niemand geht einen Schritt weiter oder wir durchlöchern euch“, wie es ihnen gesagt wurde, blieben die Männer stehen wie angewurzelt und Kolb ließ einen genauen Blick über sie streifen, bevor er wieder die Stimme hob: „Identifiziert euch!“
Einer der Späher trat mit erhobenen Händen einen Schritt vor: „Feldwebel Gerhart, fünfter Zug der Späher.“ Kolb nickte: „In Ordnung, du kannst auf jeden Fall ein Namensschild lesen. Wer war der letzte Oberste Kanzler des Rheinländischen Senats?“ Der Mann der vorgetreten war, zögerte nicht eine Sekunde und rief sofort laut und deutlich: „Wilhelm der Ehrenwerte aus dem Hause derer von Reichsstadt. Können wir jetzt bitte endlich aus dem Feuerbereich oder dauert das noch länger?“ Kolb winkte sie sofort in den Graben.
Aus der Nähe betrachtet sahen die Späher sogar noch übler aus. Die Erschöpfung stand ihnen ins Gesicht geschrieben und kaum einer war unverletzt. „Sie sagten, sie seien vom fünften Zug? Wo ist der Rest? Wo ist Leutnant Jansen?“ Feldwebel Gerhart schüttelte bloß den Kopf: „Sie haben nicht zugehört, wir sind nicht vom fünften Zug, wir sind der fünfte Zug. Die Südfront ist zusammengebrochen! Der Gegner hat uns in solchen Mengen angegriffen, dass wir keine Chance hatten. Die ganze Nacht durch haben wir uns kämpfend zurückgezogen, bis wir es vor fünf Stunden geschafft hatten uns in einem Minenfeld vom Feind ab zu setzen. Leutnant Jansen ist zusammen mit dem Rest des Zuges Tod.“
Kolbs Gesichtsausdruck war wie versteinert: „Von Klausen, ich brauche SOFORT eine direkte Verbindung zum Oberst.“
 
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Wieder mal ein netter Teil. Und mit "Aquila" Kolb! :wub:

Das einzige was mich etwas stört sind die 500 Meter Haltedistanz. Da muss man ganz schön laut brüllen können, um sich noch zu verständigen. Ganz abgesehen davon, dass laut Schattenjäger Quellenbuch ein Lasergewehr eine Einsatzreichweite von etwa 400 Meter hat. Es macht also kein Sinn, den Trupp so weit vorne zu stoppen, da man A. nicht wirklich miteinander kommunizieren kann und B. die Lasergewehre auf diese Distanz nicht mehr besonders Wirkungsvoll sind.
 
Oh oh, die armen Späher. Scheint ja nicht so gut zu laufen. Bin mal gespannt, wies Sandra geht ^^

Tolle Schlachtbeschreibung. Artilleriefeuer ist doch irgendwie cool. Du solltest aber vielleicht aufpassen, die Kultisten nicht zu blöd zu beschreiben. Dass sie jetzt vorsichtiger sind, ist gut.

Also das Kapitel gefällt mir sehr gut. Bisher scheint es ja ziemlich unangenehm für die Imperialen zu werden. Bin mal gespannt, wie das weitergeht.
 
Ich wollte nur anmerken, dass Drilliche (zu Recht), schnell nach ihrer Einführung bei westlichen Armeen wieder abgeschafft wurden, weil sie unpraktisch sind. Also warum die Drilliche der PVS.

Aber dennoch ein guter Teil, auch wenn nicht viel neues erzählt wurde. Auch ich warne davor, die Gegner zu schlecht darzustellen.
Weiter, weiter.
 
Erfunden wurde der Drillich (wie vieles andere auch) von der Wehrmacht. Schlicht weil denen die Wolle ausgegangen ist und sie einen neuen (dreifädiges Leinen in Köpernuster) Stoff für die Uniformen nehmen mussten.
Das Problem am Drillich ist, dass diese militärischen Kleidungsstücke meist wenig funktionell waren und wie gesagt nur als leichte Übergangslösung entwickelt wurden.
Um zusammenzufassen: Einen Drillich würde ich in der Kaserne oder sonstwo meinetwegen tragen, auch um die Textilindustrie zu entlasten, wenn dies im Kriegsfall nötig wäre, aber ins Feld. Nein da würde ich zum Vorgesetzten marschieren und um Feldblusen oder Kampfjacken bitten, weil die (nach eigener Erfahrung, vielleicht liegts einfach daran, dass mir der Drillich nicht gefallen hat, als ich mal einen angezogen hatte) praktischer sind.

Anm. Ich habe keinen Wehrdienst gemacht, weil man mich nicht gelassen hat. Sollte also eine Gefreiter a. D. oder sonstwer andere Erfahrungen gemacht haben (wobei Drilliche beim Bund nicht eingesetzt werden), der kann mich eines besseren Belehren.


Ah ja, Abnett. Seine Tanither sind aber auch wirklich leichte Leichte Infanterie.^^


PS: Oberst Rossmann.
Heist du nicht auch zufällig Rossmann? Oder ist der Name bei deiner Mailadresse auch ein Pseudonym?
 
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Nun, die Frage ist halt, ab wann dann etwas als Drillich bezeichnet wird. Ist es jetzt diese Art von Jacke in bestimmtem Schnitt, die Sarge da auf dem Bild verlinkt hat? Oder gilt das nur dann als Drillich, wenn es aus dem von Sarash erwähnten Stoff gefertigt wurde? So an sich sieht das Teil ja nicht unbequem aus.

Selbst Erfahrungen habe ich mit Drillichs nicht gemacht, aber ich kann bestätigen, dass Feldblusen recht bequem und funktionell sind ^^
 
Naja eigentlich ist ein Drillich das, was Sarash erwähnt hat. Es gibt ja auch den Zwillich, wo halt nur 2fädiges Leinen oder so benutzt wird. Aber kann natürlich auch sein, dass man später dann einfach Jacken in dem Schnitt so genannt hat und einfach die Bezeichnung geblieben ist.. so genau kenn ich mich damit jetzt auch nicht aus.
 
Es kann natürlich auch sein, dass Dan Abnett irgend etwas "exotisches" gesucht hat, um dem ganzen eben einen besonderen Anstrich zu geben. In Ravenor laufen die Schergen oft auch auch in "Trikotanzüge" herum, was auch alles mögliche sein kann. Ich würde mich jetzt nicht an solchen Begriffen aufhängen. Wahrscheinlich ist mit Drillich einfach ein generischer Tarnanzug gemeint und es soll einfach fremdartig klingen.
 
ich denke die beschreibung von Nakago können wir so stehen lassen.

@ Sarash
in der tat teilt der Hauptcharakter mit mir zumindest den selben nachnamen. ich bin noch in der vierten Edi aufgewachsen und vertrete somit noch die Ansicht, dass das HQ einen selbst auf dem Schlachtfeld präsentiert, daher war mein Oberst schon immer ein Oberst Rossmann
 
@Sarge: So jung bin ich auch wieder nicht. Ich hab die vierte Edi natürlich auch erlebt. Bei meinen Space Marines ist es natürlich schwer, meinen Namen zu benutzen, aber wenn ich IA spielen würde, könnte ich das machen.
Übrigens heißt mein Bruder Heinrich mit Vornamen (Ich wie man an dem Charakter Schenk sehen kann heiße Ernst) und dessen Oberst trägt tatsächlich diesen Namen.

@SHOKer: Ich hab eine Feldbluse als Freizeitjacke im Schrank hängen (und eine alte Moleskin, und eine in Wüstentarn, in Wintertarn, in SS- Splintertarn...^^).

Aber genug OT meinerseits.
 
Kapitel 9

„Ihr seid alle Blind! Blind! Blind! Blind! Ich werde euch helfen zu sehen! Ich werde euch die Augen öffnen!“
-Über Lautsprecher übertragene Propaganda des Erzfeindes, dem selbsternannten Erzketzer Sinrai von den Augenlosen zugesprochen-

Der Taktikraum wuselte förmlich vor Aktivität. Rheinländische Stabsoffiziere rannten hektisch mit Stapeln von Akten hin und her, Verbindungsoffiziere der anderen Regimenter riefen Boten ihre Befehle zu und andere wie die Dienerinnen der Sororitas halfen den Soldaten wo sie nur konnten.
Rossmann stand in der Mitte des Raumes und beugte sich über die große Taktikanzeige. Überall blinkten Sektoren auf der ansonsten blauen Anzeige in tiefem rot auf. Sie standen für die vielen Kampfmeldungen, in die die Späher rund um den Hirtenberg verwickelt waren. De Vall hatte mittlerweile schon drei andere Funker als Unterstützung und rotierte immer noch, um die Anfragend er vorgeschobenen Beobachter zu bearbeiten.
Die Nachrichten die von der Front kamen waren allesamt schlimm. Schon nach nur einem Tag, musste die gesamte erste Postenlinie komplett geräumt werden, weil der Ansturm einfach zu enorm war. Auch die Verlustmeldungen waren kaum noch erträglich, aber Rossmann hoffte, dass der Zeitgewinn seine Entscheidung später rechtfertigen würde.
Als wäre das alles nicht schon schlimm genug, schwirrte dem Alten zusätzlich auch noch das Gespräch mit Kardinal Firnis im Kopf herum.
Nachdem er das Buch erwähnt hatte und vor allem die Umstände, in denen er es gefunden hatte, war der gebrechliche Geistliche nicht mehr zu halten gewesen. Er hatte gedrängt, dass Rossmann ihm doch das Buch bitte aushändigen würde und da er absolut nicht locker ließ, gab er es ihm auch schließlich, da wichtigere Dinge anstanden. Kaum hielt er den schweren alten Wälzer in seinen gichtigen Händen, da machte er sich auch schon förmlich aus dem Staub. Die Erregung, die er in seiner Stimme hatte, beunruhigte Rossmann ungemein.
Seit er das Buch damals in der zerstörten Bibliothek von Goldtorstadt gefunden hatte, war ein Teil von ihm immer beunruhigt gewesen. Die Umstände, durch die er an das Buch gelangt war, waren einfach von Anfang an zu merkwürdig gewesen. Zusätzlich nun auch noch der Kampfeinsatz auf Sabbit I, einer ehemaligen Hauptpilgerstätte für Fausturnus…
Rossmann musste sich zwingen, aus seinen Gedanken aufzutauchen, schließlich galt es hier einen Krieg zu gewinnen und das würde er nicht schaffen, wenn er nur über alte Bücher und womöglich noch ältere Kardinäle nachdachte.
Rossmann schaute vom Lageplan auf und sah General Fork in die Augen: „Irgendwelche Einfälle General?“ Fork schnaubte. Nach seinem Rückzug von den nördlichen Landungsfeldern hatte sich seine Einstellung deutlich verändert. Er wusste nun wie gefährlich der Feind war und hatte kein Interesse, noch einmal eine solche Aktion durchzuführen. Missmutig rang er sich zu einer Antwort durch: „Mein Einsatzfeld ist im Moment beschränkt Herr Oberst. Der Feind hat sich mittlerweile der bewaldeten Gebiete im Norden bemächtigt und sich dort fest gebissen. Der Weg zu den Steppen ist damit blockiert und somit auch das einzige Gebiet, wo ich meine Einheiten Offensiv einsetzen könnte. Meine Leman Russ sind nicht für die Kämpfe auf so kurze Entfernung, wie sie in diesen Imperator verlassenen Wäldern vorherrschen gedacht. Das einzige, was ich zu diesem Zeitpunkt vielleicht beisteuern könnte, wäre meine Schwadron Punisher.“ Rossmann nickte: „Ich komme bei Gelegenheit darauf zurück.“
Mit einigen geübten Fingerbewegungen auf dem Kontrollfeld vergrößerte Rossmann den nördlichen Kartenabschnitt der Taktikanzeige. Kleine grüne Dreiecke und Kreise, jede stellvertretend für eine imperialen Einheit, begannen sich zu festigen und gaben die Positionsangaben durch. Überall blinkte es rot, der gesamte Norden stand mittlerweile unter Feuer. Rossmann seufzte kurz innerlich, um sich dann wieder auf zu rappeln: „Wie sie bereits wissen General, haben die Streitkräfte des Erzfeindes im Norden mit ihrer bedingungslosen Offensive begonnen. Meine Späher halten sich tapfer, werden die Front aber trotz der Hilfe der PVS und der heiligen Schwestern nicht mehr lange halten können. Der Verlust an Menschenleben, den wir an der Front zu verbuchen haben, wiegt einfach nicht mehr die Zeit auf, die wir dadurch gewinnen können.“
Fork sagte nichts, nickte aber zustimmend. Sein kampfgezeichnetes Gesicht war in grünen Schein und dunklen Schatten gehüllt, die vom schwummrigen Licht der Taktikanzeige in den Raum geworfen wurden. Rossmann fand, dass das Lichtspiel den General sehr alt aussehen ließ. „Ich würde einen geplanten Rückzug innerhalb der nächsten vierundzwanzig Stunden vorschlagen, hätte aber gerne noch eine zweite Meinung.“ Fork schaute auf, was das Schattenspiel auf seinem Gesicht durch einander wirbelte und somit eine ganz neue Betonung des Gesichtes schuf: „Ein Gegenangriff ist unter den momentanen Bedingungen für uns nicht möglich und ich gebe ihnen auch Recht, dass es uns nichts mehr bringt, die Linien zu halten. Ich wäre auch für den Rückzug.“
Der Alte ließ sich ein lächeln entlocken: „Ich bin froh, dass wir übereinstimmen. Wir sollten besser so schnell wie möglich damit beginnen, die Aufgabe der ersten Front zu planen. Unsere Einheiten werden vermutlich schwere Unterstützung benötigen, damit das Ganze Reibungslos verläuft.“ Rossmann hatte den Satz kaum beendet, als er sich plötzlich an den Ohrstöpsel des Helmkomms hielt. Mit jeder Sekunde wurde seine Gesichtsfarbe blasser. Mit entgeisterten Augen richtete er sich auf.
„Der Süden ist gefallen“, wisperte er mehr zu sich selbst, als zu den umstehenden Männern, schnell fand er jedoch seine Stimme wieder: „An alle Kommunikationsoffiziere! Sämtliche vorgeschobenen Einheiten sollen sich umgehend zur Festung zurückziehen, ohne Ausnahme! Geben sie an alle verfügbaren Jardi Batterien durch, dass sofort schweres Sperrfeuer auf den Südwest und den Südost Sektor gegeben wird. Höchste Alarmstufe für alle Einheiten.“

Sein Name war Sinrai, Sinrai von den Augenlosen. Jeder Mann in den Gräben wusste das mittlerweile, schließlich war sein Name kaum zu überhören. Es war eine sehr simple Form der Propaganda, entschied Leutnant Brinkner für sich selbst, simpel aber nicht uneffektiv. Irgendwo vor ihrer Position, weiter hinten im Wald, hatte der Erzfeind Lautsprecher aufgebaut. Eben diese infernalischen Maschinen plärrten nun schon seit über neun Stunden die Botschaften von Sinrai herüber.
Sinrais Botschaften waren vor allem irgendwelche Versprechen. Sinrai wird euch die Augen öffnen, Sinrai wird euch reinigen und natürlich, das Sinrai kommen wird.
Die Rheinländer und die Männer der PVS warteten nun schon seit einiger Zeit bei der Mühle, aber bis jetzt hatte Sinrai ihnen weder die Augen geöffnet, noch war er zu ihnen gekommen, was viele Männer ziemlich betrübte, da sie ihm gerne einmal persönlich begegnen würden um ihm ein Bajonett in die Brust zu rammen.
Was jedoch kam, waren seine Anhänger.
Die Einheit hatte vor knapp fünfzehn Stunden Stellung bei der Mühle bezogen, in dieser relativ kurzen Zeit hatte sich das Gelände schon dermaßen verändert, dass es kaum noch wieder zu erkennen war. Der einstmals stolze Mühlenkomplex war durch konstanten Mörserbeschuss des Erzfeindes zu wenig mehr, als einer zweistöckigen Ruine reduziert worden und das satte Grün des dichten Waldes war von den eigenen Basilisken gründlich zerfetzt worden.
Brinkner hatte einige Verluste hinnehmen müssen, um die Stellung zu halten. Zwölf seiner Männer waren mittlerweile in den andauernden Kämpfen gefallen, darunter auch Feldwebel Hirte, einer seiner Fähigsten Truppführer und die Männer von Sabbit hatte fast ein Drittel ihrer Stärke eingebüßt, annähernd fünfzig Mann.
Trotzdem spiegelten diese Verluste nicht im Ansatz die Härte der Kämpfe wieder. Über dreißig Panzer hatten sie mittlerweile zerstört, hauptsächlich Schützenpanzer und leichte Panzer, aber mit jeder Stunde schienen sie größer zu werden. Öliger Rauch lag in der Luft, da viele der Wracks immer noch lichterloh brannten und die Rheinländer waren mittlerweile wieder in voller Kampfmontur inklusive Gasmaske. Überall lagen die Leichen der grün gewandeten Kultisten herum.
„Feldwebel Thorn, wie viele Batterien haben wir noch für die Laserkanonen?“, Brinkner kauerte tief geduckt in einer der Geschützstellungen, da unablässig leichtes Mörserfeuer auf ihre Position niederging und die Splitter über dem Graben umher pfiffen. Feldwebel Thorn wandte seinen Blick von der Baumlinie oder zumindest, was davon übrig war ab, um seinem Offizier direkt in die Augen zu schauen. Die großen, dunklen Gläser der Gasmaske verliehen ihm etwas Anklagendes.
„Wir haben noch neunzehn Ladungen, aber wenn die in dem Tempo weitermachen, lösen die sich schnell in Nichts auf.“ Die beiden Soldaten zogen die Köpfe ein, da eine Basiliskengranate besonders tief über den Gräben hinweg kreischte und mit einem erschütternden Knall hinten im Wald explodierte.
„Wann bekommen wir den endlich Nachschub her Leutnant? Die kommen mit Panzern! Sollen wir die den mit Steinen bewerfen?“ Brinkner schüttelte den Kopf: „Ich weiß es auch nicht Thorn. Wir hätten schon vor zwei Stunden Munition und Verpflegung bekommen sollen und zum HQ komm ich nicht mehr durch. Die Wixer stören mit diesem scheiß Gelaber auch den Funk“, er klopfte seinem Mann auf die Schulter, „Machen sie erst einmal einfach so weiter, viel ändern können wir an der Situation im Moment so wie so nicht. Wenn wir keine Munition mehr haben, können wir dann immer noch gucken ob wir ein paar große Steine finden.“
Geduckt ging Brinkner weiter, den flachen Graben entlang, um in Richtung der PVS zu gelangen. Seitdem sämtliche Frequenzen von Sinrais verbalem Durchfall überlagert wurden, saßen sie wirklich bis zum Hals drin, da nicht einmal mehr das Helmkomm funktionierte. Der einzige Lichtblick war, dass man beim HQ scheinbar schon Notiz davon genommen hatte, da die Basilisken immer noch feuerten, auch wenn sie von hier keinen Feuerbefehl mehr erhielten. Die Granaten kamen zwar unkoordiniert herein, aber wenigstens kamen sie noch herein.
Brinkner hatte sich endlich bis zum ‚Gefechtsstand’ der PVS vorgearbeitet. Der Gefechtsstand war genau genommen nur ein tieferer Grabenabschnitt, über den man etwas Holz und Erde gelegt hatte. Im Gefechtsstand selbst war nicht viel los. Ein schweres Maschinengewehr war in der Schießscharte befestigt und in der Ecke waren ein klobiges Auspex zusammen mit einigen Karten aufgebaut worden. Hier hatte Leutnant Horatio das Sagen, ein bärbeißiger Berufssoldat mit dichtem Rauschebart von der PVS. Brinkner kam gut mit ihm aus, da er ein fähiger Zugführer war und einen guten Charakter hatte. Horatio war mittlerweile nach Brinkner der zweite Kommandant der Einheit, da die anderen beiden Zugführer der PVS zum einen gefallen, zum anderen schwer verletzt waren.
„Imperator beschützt Leutnant Brinkner, was kann ich für sie tun?“ Brinkner erwiderte sofort die Imperiale Geste und nahm sich als Zeichen der Höflichkeit die Gasmaske ab. „Ich wollte nur wissen, wie viele Raketen sie noch haben.“ Horatio setzte ein resigniertes lächeln auf: „Schade, ich hatte schon gehofft, dass sie mit guten Nachrichten kommen würden. Wir laufen langsam leer. Auf die Teams verteilt, haben wir denke ich noch um die siebzig Raketen und wenn alle Stricke reißen, sind noch die Haftladungen da.“ „Viel ist das nicht… Wenn die Basilisken wenigstens diese verdammten Lautsprecher mal erwischen würden.“
Der junge Stabsgefreite, der am Auspex saß drehte sich plötzlich aufgeregt vom grünen Schein des Scanners weg und blickte auf die zwei Leutnants: „Signale Sir! Wieder Signale im Norden!“
Sofort war Aufregung im Graben. Pfeifen jaulten durch die Gräben und lösten hektisches Handeln aus. Positionen wurden Besetzt und Waffen entsichert. Zwischen dem ständigen pfeifen der feindlichen Mörser und dem ächzen der verdammten Lautsprecher waren erste Kettenfahrzeuge zu hören.
Horatio wendete sich an Brinkner: „Wollen sie noch zurück in ihren Abschnitt? Wir können ihnen Deckung geben.“ Der Leutnant dachte einen kurzen Moment nach, schüttelte dann aber mit dem Kopf: „Nein, Kommissar Nietfeld wird das auch ganz gut ohne mich hinbekommen und ich muss meinen Arsch ja nicht für umsonst riskieren.“
So etwas wie eine Ruhe vor dem Sturm gab es hier nicht mehr. Beständiges Wummern von Explosionen, sowohl der eigenen Artillerie, als auch der feindlichen Mörser lag in der Luft und zusammen mit dem heulen der verschiedenen Granaten und dem fürchterlichen Propagandageschwätz bildete sich ein nervtötender Grundtenor. Irgendwann schrie jemand aus den Gräben ‚Panzer’ und dann ging es einfach los.
Die gesamte Straße, die am Mühlenkomplex vorbei führte war inzwischen übersäht mit den Ausgebrannten Wracks der verschiedensten Fahrzeuge, weshalb man beim ersten feindlichen Panzer zuerst dessen Bewegungen sah, bevor er sich selbst zeigte. Wracks wurden weggestoßen und man konnte das fürchterliche Geräusch von Panzerplatten hören, die von deutlich stärkeren Kräften zermalmt wurden.
Leutnant Horatio wandte sich zu Brinkner, während er sein Lasergewehr fest umklammerte: „Muss verflucht groß sein das Ding.“ Brinkner schluckte nur. Ein letztes Wrack, das eines leicht gepanzerten Halbkettenfahrzeugs, erbebte kurz und wurde dann wie eine Rationsdose unter der gewaltigen Masse des Panzers pulverisiert. Es war ein Leman Russ, der sich den Weg zu den Imperialen Linien bahnte und in seinem Kielwasser folgten weitere leichte Kettenfahrzeuge, die nun endlich wieder eine freie Trasse durch das Trümmermeer hatten.
Der schwere Panzer war entsetzlich entstellt. Rostige Dornen und Eisenzacken ragten überall aus dem Fahrzeug heraus, bestückt mit grausigen Trophäen und weit aufgerissene Dämonenfratzen ersetzten die ehemaligen Geschützmündungen. Überall waren häretische Symbole hingeschmiert worden und etliche tiefe Narben in der Panzerung zeugten von der Erfahrung, die das Fahrzeug wohl schon im töten von Imperialen gesammelt hatte. Die Maschine fuhr in Stellung und richtete ihr Hauptgeschütz aus, während hinter ihr die leichten Fahrzeuge aus schwärmten, um das Feuer auf sich zu ziehen.
„Sagen sie ihren Männern, dass sie die Raketen auf die anderen Panzer konzentrieren sollen Horatio. Dieses Ding kriegen wir mit ihnen nicht klein, dass können nur die Laserkanonen schaffen.“ Umgehend gab der Sabbiter zwei von seinen Stabsgefreiten Order, die daraufhin die Gräben entlang rannten, um die Raketenwerfer zu informieren. Donner erfüllte die Luft, als das Kampfgeschütz des schweren Panzers zu feuern begann. Gleich der erste Schuss saß und zeriss einen Grabenabschnitt und mit ihm zwei Rheinländer. Zum Glück hatte das Teil keine Seitenkuppeln.
Waffenteams begannen ihre Kanonen aus zu richten und dicke rote Strahlen zischten dem Ungetüm entgegen. Wenn keine Sturmpioniere oder Panzer verfügbar waren, waren die Laserkanonen das einzige effektive Mittel zur Panzerbekämpfung der Rheinländer. Raketenwerfer gab es beim ersten, außer in der Späherkompanie schlichtweg nicht. Die Späher schätzten die hohe Mobilität und Flexibilität der Waffe, im Grabenkampf brauchte man jedoch eine Waffe, mit der man schwere Panzer auch frontal und ohne Kompromisse angehen konnte, dafür waren die Werferrohre ungeeignet.
Tiefe Löcher brannten sich durch den Laserbeschuss in die dicke Frontpanzerung der Maschine, aber es war noch nicht absehbar, ob diese Treffer auch zum Ziel führen würden, lediglich ein paar zweitrangige Aufbauten nahmen Schaden.
Die Kakophonie der Schlacht schraubte sich immer höher. Brinkner konnte hören, wie leichte Projektile im Sand und Holz des Unterstandes einschlugen, da auch das feindliche Fußvolk nicht untätig war. Wieder stürmte die grüne Welle aus den zerfetzten Überbleibseln des Waldes und zwischen den qualmenden Panzerwracks vor, wieder begannen die Maschinengewehre und –Kanonen mit ihrem tödlichen Gesang. Leuchtspurgeschosse flogen über das offene Gelände und hinterließen glühende Nachbilder in den Augen jener, die sie betrachteten. Jeder Kultist starb im Kreuzfeuer auf seine Art und Weise.
Einige wurden im vollen Ansturm getroffen und vor Wucht des Treffers einfach umgehauen, andere sackten nach einem Treffer erst auf die Beine, um dann schlichtweg Tod liegen zu bleiben. Einige starben, noch bevor ihr verseuchter Körper den Boden berührte, andere quälten sich noch über Stunden mit einem Bauchschuss. Was sie jedoch alle verband, was sie alle gleich machte, war die Tatsache, dass sie starben.
Den Abschaum des Erzfeindes störte es nicht, wenn neben ihm ein Kamerad zusammenbrach, er stürmte einfach weiter heulend vor, wohl wissend, dass weitere ihm folgten. Leutnant Thorn hatte sich an schon an die Schießscharte gestellt, damit er mit seinem Lasergewehr Feuer geben konnte, während neuerliches Grollen den zweiten Schuss des Leman Russ ankündigte. Diesmal kam die Granate etwas zu kurz herein und explodierte wirkungslos auf offenem Feld. Als Antwort darauf zuckte ein Laserstrahl auf den Panzer zu und richtete dort den ersten wirklich sichtbaren Schaden an, indem er die Kette des Tanks zerfetzte. Zeit zum Jubel gab es jedoch keine, nur weil ein Leman Russ sich nicht mehr bewegen konnte, war er nicht ungefährlich.
Der Gestank nach Schwarzpulver und Ozon mischte sich immer mehr in den Geruch nach verbranntem Öl. Wenn sie dieses Biest nicht bald zur Strecke brachten, wird es noch ein Loch in die Linie sprengen. Mit starrem Blick lud er seine Fabrikneue Boltpistole durch. Er hatte das gute Stück erst ein paar Mal auf dem Schießstand benutzt, aber wie es aussah, würde er sie wohl bald unter richtigen Bedingungen testen können.
Zu beschäftigt mit der Situation, merkte er fast gar nicht, wie jemand an seinem Arm zupfte. Es war der junge Gefreite, der im Gefechtsstand das Auspex bediente. „Was gibt es Soldat?“ Der Mann war bleich im Gesicht, als er das Wort ergriff: „Fahrzeuge nähern sich vom Süden, Herr Leutnant.“ Brinkner handelte sofort und rannte aus dem Gefechtsstand. Es war nicht gesagt, dass es sich um feindliche Einheiten handelte, aber die Front befand sich mittlerweile in einem solch desolaten Zustand, dass so gut wie alles möglich war.
Er schnappte sich den nächst besten Feldwebel der PVS, mitsamt Trupp und Raketenwerfern und machte sich sofort auf den Weg zu den nach Süden gerichteten Ruinen. Hinter ihnen tobte immer noch die volle Schlacht und es widerstrebte den Männern sichtlich, ihre Kameraden in den Gräben alleine zu lassen. Granaten detonierten um sie herum, einer der Männer im grün braunen Drillich brach getroffen zusammen. Sie hatten keine Zeit, um zu sehen, ob er noch lebte oder nicht.
Mit einem gewagten Hechtsprung schaffte es Brinkner nach einem Spießrutenlauf durch das mit Kratern gesäumte Feld, mit dem Rest des Trupps in die relative Sicherheit der Ruinen. Mit geübten Bewegungen stieg der Trupp über Trümmer und Schutt, um sich in den südlichen Flügel vor zu kämpfen. Die Äußerlichen Schäden der einst stolzen Gebäude waren zwar mittlerweile enorm, die innere Struktur war jedoch noch erstaunlich intakt.
Kaum hatten sie die Fenster an der Südseite erreicht, wurden schon die zwei Raketenwerfer, die sie mitgenommen hatten geladen und auf die Straße gerichtet. Jeder versuchte so gut wie er konnte und dem Hintergrundlärm zum Trotz nach Geräuschen zu lauschen.
Sie waren alle verflucht nervös. Sollte es auch nur ein schwerer Panzer geschafft haben, an ihren Linien vorbei zu kommen, um ihnen in den Rücken zu fallen, hätten sie verloren. Er würde sie einfach von hinten aufrollen.
Als dann plötzlich ein Fahrzeug hinter dem noch intakten grün des Waldes hervorstach und mit hoher Geschwindigkeit auf sie zu raste, passierte es. Einer der Raketenschützen war zu nervös und schoss einfach beim ersten Anzeichen von Bewegung. Die Rakete sauste los, noch bevor Brinkner etwas sagen konnte und bohrte sich mit einem langen weißen Kondensstreifen hinter sich, direkt neben dem gepanzerten Jeep in die Straße. Die Sprengladung ging hoch und der Jeep wurde wie ein Spielzeug durch die Luft gewirbelt, um im nächsten Graben zu landen. Es war ein sauberer Treffer und auf eine solch hohe Entfernung, kurz vor einem erfolgreichen Kunstschuss. Grund zur Freude gab es jedoch nicht.
„Scheiße“, brachte Brinkner noch hervor, als er den weißen Aquila auf der Motorhaube sah.