Kapitel 7
„Wir sind die gepanzerte Faust des Imperators und die Ehre Cadias! Nichts wird uns aufhalten können, alles was sich uns entgegenstellt, werden wir unter unseren Ketten zermalmen und mit unseren Waffen zerschmettern. Für uns gibt es auf der anderen Seite nur den Sieg, denkt an meine Worte Männer!“
-General Fork bei einer Ansprache vor der Schlacht um die toten Felder-
Einige dumpfe Explosionen kündigten nach sechs Stunden der Warterei endlich die Anwesenheit des Feindes an. Der Abschaum war so erfolgreich gewesen, das Minenfeld zu finden, worauf sich Sandra ein kleines Lächeln erlaubte. Sie war nun völlig regungslos und somit fast unsichtbar. Lediglich der Lauf ihres Gewehrs ragte noch ein wenig aus der Deckung hervor.
Rheinländische Scharfschützen waren anders als ihre meisten Kollegen in der Armee. ‚Normale’ Scharfschützen wurden darauf ausgebildet, auf möglichst große Entfernung, möglichst präzise Schüsse ab zu geben, um damit möglichst viel Schaden an zu richten. Im Grabenkampf sahen die Prioritäten anders aus. Die Entfernung zwischen zwei Gräben waren nie höher als ein paar hundert Meter, weshalb es nicht wirklich sinnvoll war, die Schützen auf Kilometerentfernungen trainieren zu lassen. Auch hohe Offiziere waren an vorderster Front in den Gräben eher seltene Anblicke. Schnelles und unerkanntes Schießen waren wichtig. Man musste große Abschnitte im Auge behalten und sobald das kleinste Anzeichen eines Feindes zu sehen war sofort bereit zum Fangschuss sein. Der Gegner sollte sich nach Möglichkeit gar nicht mehr aus seinem Graben heraus trauen. Für diese Aufgabe bekamen sie sogar spezielle Gewehre. Die Scharfschützengewehre der Rheinländer waren kompakte Projektilgewehre mit Schaldämpfern und hitzeresistenten Läufen. Mit ihnen konnte man unerkannt schnelle Schussfolgen abgeben, dafür waren sie jedoch lange nicht so robust wie Lasergewehre und man musste deutlich mehr Munition mit sich führen.
Eine Bewegung am anderen Ufer veranlasste Sandra, ihr Fadenkreuz minimal nach rechts zu verschieben. Eine einzelne Person hinkte über die Straße auf die Brücke zu. Sie trug ein schmutziges, grünes Gewand und schien stark aus einer Wunde am Bein zu bluten, vermutlich war sie auf eine der Minen getreten. Ein Blick auf den Kopf des Menschen verriet sofort, dass es sich um einen der Kultisten handeln musste. Rituelle Narben und Symbole übersäten seine graue Kopfhaut und Sandra wurde nur vom bloßen Anblick schon schlecht. Sie empfand das starke Bedürfnis, diesem Bastard mit einem gut gezielten Schuss den Kopf zu pulverisieren, aber sie unterdrückte den Drang. Sandra hatte schon oft genug gegen das Chaos gekämpft um zu wissen, dass der Erzfeind nicht der sabbernde Idiot war, als den die Imperiale Propaganda ihn immer wieder gerne hinstellte.
Der humpelnde Kultist war ein Späher. Nach dem seine Einheit auf das Minenfeld gestoßen war, sind die Offiziere wohl vorsichtig geworden. Sandra wusste nicht, ob sie ihn zum Minensuchen vorgeschickt hatten oder weil sie an dieser Stelle schon einen Hinterhalt vermuteten. Auf jeden Fall wäre es eine unnötige Warnung gewesen, ihn hier zu erschießen. Der Kultist begann stur über die Brücke zu humpeln, während Sandras Fadenkreuz weiterhin auf seinen Kopf gerichtet war. Nachdem er jedoch die Hälfte der Brücke überquert hatte wurden seine Bewegungen deutlich schwächer und unkoordinierter, bis er schließlich zuerst auf die Knie und dann aufs Gesicht viel um nicht wieder auf zu stehen. Die Verletzung am Bein war wohl schwerwiegender als Sandra zuerst angenommen hatte und der Blutverlust hatte erledigt, wofür sie keine Kugel aufwenden wollte.
Vielleicht ein oder zwei Minuten lang herrschte Stille und nichts bewegte sich. In Sandra kam die Anspannung hoch. Hatten die Feinde den Tod des Kultisten falsch interpretiert? Vermuteten sie jetzt einen Hinterhalt und würden erst auf schwere Waffen warten? Gegen Artillerie und Panzer konnten sie diese Stellung ohne Verstärkung auf jeden Fall nicht halten, aber wenn sie sich zurückziehen mussten, dann nicht ohne Feuerwerk! Schließlich hatten sie die verdammte Brücke nicht umsonst vermint.
Die Sekunden flossen zäh dahin, bis endlich wieder Bewegung zu sichten war. Eine feindliche Einheit, vielleicht zwanzig Kultisten, alle mit den gleichen schmutzigen grünen Gewändern, pirschte sich vorsichtig an die Brücke heran und ging am anderen Ufer in Stellung. Diese Leute waren in der Tat keine Soldaten. Sandra hatte in ihrer langen Dienstzeit noch nie eine Einheit gesehen, die sich so stümperhaft fortbewegt hatte. Die Kultisten gingen dicht an dicht auf der Straße, weil sie wohl nicht durchs schwierige Unterholz kriechen wollten und waren dadurch leichte Ziele, auch wenn sie sich duckten. Zwei Männer, die halbwegs zielen konnten und ihre Lasergewehre auf Automatik stellten, hätten die ganze Einheit in Sekunden auslöschen können ohne ihnen auch nur eine Chance zu lassen. Ihre Ausrüstung, wenn man sie den so bezeichnen wollte, war höchstens mit dem Wort zusammengewürfelt zu beschreiben. Alte rostige Projektilwaffen und zerbeulte Lasergewehre bildeten zusammen mit den verschiedensten Nahkampfwaffen den Großteil der Bewaffnung. Panzerung oder schwere Waffen fehlten komplett. Sandra schüttelte innerlich den Kopf, da es eine Schande war, für so etwas überhaupt Munition zu verschwenden. Die Stellungen die sie am anderen Flussufer einnahmen waren absolut exponiert und brachten ihnen gar nichts, es war fast so als wollten sie sich einen Kopfschuss einfangen.
Einer der Kultisten löste sich aus seiner Einheit und rannte zu seinem toten Kameraden auf der Brücke. Er kniete sich neben ihn, um ihn scheinbar zu untersuchen und schrie dann etwas auf einer Sprache, die Sandra in den Ohren schmerzte. Der Kultist lief daraufhin wieder zu seinem Haufen zurück und schien zusammen mit ihnen zu warten. Die ganze Situation war der erfahrenen Scharfschützin absolut suspekt. Sie konnte sich auf aus dem feindlichen verhalten keinen Reim machen. Würden sie nun weiter vorrücken oder auf Verstärkung warten?Als plötzlich ein einsames Motorgeräusch das Plätschern des Baches übertönte, wusste Sandra schließlich, warum die Kultisten nicht weiter vorrückten.
Im Nachhinein war sie verdammt froh, dass sie noch nicht geschossen hatte, da ein gepanzerter Mannschaftstransporter der durch goldene Verziehrungen und kleine, befleckte Standarten ziemlich wichtig aussah, die Straße bis zum Anfang der Brücke vor fuhr um dort zu halten. Die schweren Panzertüren öffneten sich und eine kleine Abteilung verließ das Fahrzeug. Es waren fünf Männer.
Vier von ihnen konnte man ziemlich einfach als Wachen identifizieren. Zwar trugen auch sie die langen, grünen Gewänder, wenn auch deutlich gepflegter, aber zusätzlich hatten sie einen polierten, silbernen Kürass und ein Lasergewehr in gutem Zustand. Es waren sehr bullige Kerle, welche ihre Gesichter tief unter den Kapuzen verbargen. Der Fünfte Mann schien ein hohes Tier zu sein. Die Kultisten buckelten gewaltig vor ihm und ließen sämtliche Deckung fallen nur um zu ihm hin zu laufen und sich von dem Mann anschreien zu lassen. Sandra vermutete, dass es sich wohl um einen höheren Offizier handeln musste, der persönlich hören wollte, was seine Späher zu berichten hatten. Der Typ war schlicht gesagt fett und passte kaum in seinen von goldenen Fäden durchwirktes grünes Gewand. Eine grässliche goldene Maske bedeckte sein Gesicht und Sandra war recht froh über diesen Umstand.
Durch eine leichte Linksbewegung ihres Kiefers aktivierte Sandra einen kleinen Kommschalter in ihrem Helm und ließ dadurch ein kurzes Knacken zu ihren Männern durch den Äther gehen. Es war das Signal zum Angriff, Sandra würde sich schließlich hüten, so ein Ziel davon kommen zu lassen.
Der Mann mit der goldenen Maske redete gerade energisch auf einen der Kultisten ein, als er plötzlich zusammenzuckte und auf den Boden fiel wie ein nasser Sack. Eine kleine Kugel war, ohne das man einen Schuss hätte hören können, durch einen der Augenschlitze gefegt, um mit großem Effekt auf der anderen Seite wieder aus zu treten. Der Kultist, der gerade noch mit dem Mann gesprochen hatte folgte nicht einmal eine Sekunde später. Immer mehr der grün gewandeten Gestalten zuckten zusammen und vielen hin, darunter auch die gepanzerten Leibwächter und es dauerte nicht lange, bis eine Panik ausbrach. Die Männer konnten den Ursprung des Angriffes nicht ausmachen und wussten deshalb auch nicht, wo sie in Deckung gehen sollten. Einige versuchten ihr Glück hinter dem Panzerfahrzeug, aber auch dort waren sie nicht lange sicher. Eine Rakete flog mit lautem Getöse schräg über den Bach, um sich dann mit Leichtigkeit in die Flanke des Wagens zu Bohren und einen Augenblick später im Innenraum zu explodieren. Heiße Metallsplitter, scharf wie Rasierklingen wurden umher gewirbelt und nahmen dadurch auch noch einige Kultisten mit.
Die letzten Kultisten wollten schließlich ihr Heil in der Flucht suchen, kamen jedoch nicht weit. Sobald sie sich aus ihrer bis dahin sicheren Deckung erhoben, wurden sie von roten Laserstrahlen durchsiebt, die mit in das Feuer einfielen.
„Feuer einstellen! Hinzer, sie nehmen sich Schuster, Kleinhaus und Lange und schauen dort drüben nach. Keine Gefangene.“
Hinzer klickte zur Bestätigung nur mit dem Komm.
Die erste und zweite Kompanie des 233. Cadianischen Panzerregiments begann damit, die Gefechtsformation ein zu nehmen. Gute einhundert Kilometer nördlich vom Hirtenberg war das Gelände frei von den dichten Wäldern und dem für Kettenfahrzeuge so schwierigen Unterholz, was es perfekt für den Einsatz von Panzern machte. Die zwanzig Leman Russ Kampfpanzer nahmen schnell die befohlene gefächerte Formation ein und warteten auf weitere Befehle. General Fork hatte es sich nicht nehmen lassen, seine Männer bei diesem ersten Kampfeinsatz der Kampagne persönlich an zu führen und er beobachtete das geschehen Stolz aus der Luke seines uralten Exekutors.
Dieser Einsatz war Forks Idee und so simpel wie verständlich. Die weiten Ebenen des Nordens stellten ein perfektes Landungsgebiet dar und tatsächlich hatten die Sensoren erkannt, dass etliche große Schiffe hier niedergegangen waren. Die Aufgabe hieß finden und vernichten. So lange die Schiffe noch am entladen waren, waren sie und ihr Inhalt ein leichtes Ziel für die schweren Geschütze von Forks Panzern. Fork brauchte einiges um Oberst Rossmann von der Idee zu überzeugen.
Der Rheinländische Kommandant war wohl recht in Ordnung, aber er hatte eine viel zu Defensive Einstellung zum Kampf, was für einen Grabenkämpfer wohl nicht verwunderlich war. Rossmann hatte wieder willig zugestimmt, aber auch erst nachdem Fork ihm versichert hatte, dass er bei Anzeichen von stärkerer Gegenwehr sofort zurück kommen würde. Außerdem hielt Rossmann die Munitionstransporter in Reserve, wohl um sicher zu gehen, das Fork nicht all zu lange draußen blieb. Er würde schon sehen.
Durch die gut ausgebauten Wege in Richtung Norden waren sie schnell in das potentielle Landungsgebiet vor gestoßen und es hatte auch nicht lange gedauert, bis das erste Landungsschiff ausgemacht werden konnte. Das Schiff war vielleicht einen halben Kilometer lang und hatte wohl eine recht unsanfte Landung hingelegt, worauf eine enorme ‚Bremsspur’ hindeutete. Die große Frontrampe war weit geöffnet und spukte unaufhörlich Infanteristen aus. Fork würde dabei nicht lange zusehen. Er verschwand in der Turmluke und machte sein Kehlkopfmikrophon klar.
„An alle Einheiten! Vorrücken nach Schema C-2. Ab zwei Kilometern freies Feuer, unter einem Kilometer Sekundärbewaffnung zu schalten. 2. Kompanie Sprenggranaten auf die weichen Ziele, erste Kompanie Panzerbrechende gegen die Hülle. Ziele nach Priorität selbstständig angehen. Viel Glück Gentleman, ich möchte, dass wir alle wieder heil nach Hause kommen und möge der Imperator mit euch sein. Für Cadia!“ Alle Kommandanten wiederholten zur Befehlsbestätigung den Schlachtruf und kurz darauf setzte sich die Einheit mit lautem Getöse in Bewegung.
Fork übernahm mit seinen mächtigen Plasmawaffen die Sicherung der 1.Kompanie, während die 2.Kompanie von Kommissar Vincenes in seinem Vanquisher unterstützt wurde. Insgesamt rollten zweiundzwanzig Panzer mit Donnergrollen auf das feindliche Schiff zu.
Fork überprüfte noch einmal die Anzeigen des Auspex und der optischen Anzeigen. Er konnte hunderte Infanteristen erkennen, die sich sammelten oder dabei waren, Ausrüstung zu schleppen. Wirkliche Bedrohungen konnte er jedoch nicht erkennen. Er vermutete zwar einige schwere Infanteriewaffen wie Raketenwerfer oder vielleicht sogar die ein oder andere Laserkanone, aber er konnte weder Panzer noch schwere Geschütze am Schiff erkennen. „Optimale Feuerreichweite erreicht Herr General“, Fork bestätigte seinem Richtschützen kurz und schaute dann schnell durch die optische Anzeige.
Fast zeitgleich feuerten alle zwanzig Leman Russ Panzer ihre Hauptwaffen ab. Die Granaten hatten keinen langen Weg zu bewältigen und schon bald gingen hoch explosive Schrapnellgeschosse in den Reihen der versammelten Kultisten nieder und Stücke der Schiffshülle wurden von den panzerbrechenden Projektilen zerrissen. Die Menschen vor dem Schiff begannen sofort kopflos durcheinander zu rennen, da es in diesem kargen Gebiet fast keine Deckung gab. Es half ihnen alles nichts. Die immer weiter vorrückenden Panzer feuerten Salve um Salve.
Die Funksprüche seiner Männer über erfolgreiche Treffer, neue Zielsektoren und Positionsmeldungen waren Musik in den Ohren des Generals. „Abstand zum Ziel?“ „Eins, zwo, null, null Herr General.“ „Hervorragend. Dann wecken sie die alte Dame mal auf Sergeant. Primär und Sekundärwaffen hoch fahren. Volle Leistung auf die Plasmaleitungen, Kühlsysteme auf neunzig Prozent langsam steigern. Schmelzt sie ein Leute!“
Kaum hatte der Verband die Kilometergrenze unterschritten, verlangsamte sich die Geschwindigkeit deutlich. Mittlerweile schlugen ihnen die ersten vereinzelten Raketen entgegen, aber die Schützen waren mehr als miserabel. Kaum ein Flugkörper fand auch nur in die Nähe seines Ziels und die ein zwei Raketen, die tatsächlich trafen, verpufften harmlos an der undurchdringlichen Frontpanzerung der Lemans. Die Antwort auf diesen lächerlichen Versuch der Gegenwehr viel jedoch erbarmungslos aus.
Die Kuppelschützen machten sich bereit und auch die Funker im Bug wechselten zu der Automatischen Waffe vor ihnen. Pro Panzer begannen jeweils drei schwere Bolter zu singen und der Platz vor dem Schiff verwandelte sich von jetzt auf gleich in eine absolute Todeszone, in der die schweren Boltgeschosse so zahlreich waren, dass sie scheinbar die Luft zum Atmen verdrängten. Fork konnte sich nicht mehr zurückhalten und öffnete die Turmluke. Extra für solche Gelegenheiten hatte er sich einst ein schweres Maschinengewehr auf das Dach montieren lassen. Es beruhigte ihn ungemein, mit der Waffe einige lange Feuerstöße auf den Feind zu streuen.
Die Panik vor dem Schiff war vollkommen. Die Kultisten, die noch im Schiff waren, wollten dieses unbedingt verlassen, bevor es von den Geschützen vollständig zerfetzt werden würde. Die, die es aus dem Transporter hinaus geschafft hatten, wollten jedoch schnell wieder hinein, weil sie dort zumindest vor dem tödlichen Bolterhagel sicher waren. Hunderte starben in nur wenigen Sekunden.
Der stärker werdende Geruch nach Ozon, ließ Fork das MG Feuer einstellen. Die Plasmazellen waren geladen und die mächtige Exekutorkanone samt den zwei Plasmakanonen in den Seitenkuppeln Feuerbereit. Nun galt es ein lohnendes Ziel für das kommende Inferno zu finden. Gelassen ließ der General seinen Feldstecher über das Schiff kreisen um einen geeigneten Angriffspunkt zu finden. Er überprüfte gerade die Antriebssektion auf Schwachstellen, als ein schnell näherkommendes Heulen ihn reflexartig in der Luke verschwinden ließ. Etwa vierzig Meter neben ihm ging eine Granate mit dumpfem Knall in der Erde hoch.
„Was beim Thron war das? Die Granate kam von hinten!“ Der Richtschütze überprüfte hektisch die Instrumente: „Sir, die Scanner melden sich schnell nähernde Fahrzeuge aus Richtung Süden!“ Forks Gesichtsfarbe wurde bleich: „An alle Einheiten! Feindliche Fahrzeuge auf Sechs Uhr. Delta Schwadron bleibt hier und hält die Infanterie unten. Alle anderen Einheiten sofort Schwenk auf angegebene Position und Panzerbrechende Munition laden. Verteidigungsposition P-4 einnehmen.“ Umgehend wurde der Befehl ausgeführt. Panzer begannen mit gewagten Notfallwenden, während immer mehr Granaten auf ihre Position niedergingen.
Als Forks Executor die Wende vollzogen hatte, konnte er die neuerliche Bedrohung endlich optisch erfassen. Ein Verband von vielleicht dreißig Panzern näherte sich ihrer Position mit voller Geschwindigkeit und wirbelte dabei jede Menge Staub auf. Er erkannte die flachen Silhouetten von Sturmgeschützen, auch wenn es sich auf jeden Fall nicht um Standardfahrzeuge handelte. Für Imperiale Standardkonstruktionen wie dem Chimären- oder dem Leman Russ Chassis waren die Fahrzeuge zu klein und zu schnell, auch wenn eine gewisse Ähnlichkeit zu Destroyern bestand. Wären das dort jedoch Destroyer gewesen, wären sie schon lange atomisiert worden.
Die Sturmgeschütze feuerten bei voller Geschwindigkeit und auf großer Entfernung, weshalb die Schüsse wie zuvor die Raketen kaum trafen und wenn dann keinen Schaden anrichteten. Trotzdem ging schon nach kurzer Zeit zweimal das erschütternde Geräusch von Abprallern durch den engen Innenraum des Executors.
„Kommissar Vincenes, wie ist ihr Status?“, der Vanquisher war für den Panzerkampf auf solchen Entfernungen ausgelegt und damit im Moment ihre größte Trumpfkarte. „Wir sind feuerbereit Herr General!“ „Ja warten sie den auf besseres Wetter? Schießen sie verdammt noch mal!“
Die feindlichen Fahrer waren vielleicht recht passable Schützen, dass sie es schafften unter den gegebenen Umständen noch so präzise zu treffen, aber vom Panzerkampf verstanden sie nicht so viel. Unbeirrt fuhren sie stur geradeaus auf ihre Position zu und machten sich damit zu einfachen Zielen. Vinceness Besatzung war kampferprobt und erfahren, weshalb sie sich bei einem so einfachen Schuss nicht einmal mehr einschießen brauchten. Die überlange Kanone gab einen lauten Knall ab, ruckte nach hinten und schickte ihr tödliches Geschoss auf die Reise. Der führende Panzer wurde genau an der stumpfen Geschützblende getroffen, wo die spezielle Munition durchbrach wie durch Butter. Es gab eine kleine Explosion, welche die Luken aus dem Fahrzeug sprengte und der Panzer blieb brennend liegen. „1. Kompanie, Rechtsschwenk und mir folgen. Wir flankieren sie. Vincenes, geben sie mit der 2. weiter Feuer.“ Die Sturmgeschütze näherten sich langsam der Reichweite, bei der sie ernst zu nehmende Schäden verursachen konnten und Fork wollte nicht zulassen, dass sie ihnen wie auf dem Präsentierteller entgegentraten.
Die Lemans der zweiten waren mittlerweile ebenfalls zum Gegenfeuer übergegangen und ihre Granaten schlugen in die feindlichen Reihen ein. Vincenes machte in dieser Salve seinen zweiten Abschuss, in dem er durch einen präzisen Schuss den Munitionsvorrat eines Geschützes und damit den ganzen Panzer zur Explosion brachte. Ein weiterer Panzer wurde durch einen gut gezielten Treffer im Motorblock zum Brennen gebracht und ein dritter wurde bewegungsunfähig, da ihm ein Streifschuss die Kettenaufhängung zerfetzte. Der Rest der Salve ging entweder ins leere oder richtete keinen Schaden an.
Der feindliche Verband begann plötzlich sich auf zu teilen, um damit der Flankierung zu entkommen. „Gamma Schwadron! Flankieren abbrechen und gehen sie die ausschwenkenden Feinde direkt an. Alpha und Beta Schwadron weiter folgen.“ Elegant schwenkten die drei Panzer aus dem Verband aus und fuhren den zehn Feindpanzern nun direkt entgegen. Die Entfernung betrug mittlerweile unter zwei Kilometer und an diesem Punkt konnte der Erzfeind seinen ersten Erfolg an diesem Tag erzielen.
Der ausgeschwenkte Verband gab eine geschlossene Salve auf den Führungspanzer der Gamma Schwadron ab. Drei Schüsse gingen komplett daneben, sechs prallten harmlos von der Frontpanzerung ab. Der zehnte Schuss saß jedoch genau auf Turmhöhe, wo er sich in die dicke Panzerung ein bohrte und dort mit einem hellen Blitz explodierte. Fork hatte sofort reagiert: „Gamma Führer, Schadensmeldung!“ Kurze Zeit war nur Knistern im Komm zu hören, bis sich endlich eine junge Stimme meldete, die definitiv nicht der Gamma Führer war: „Hier Fahrer Gamma eins! Haben schweren Treffer am Turm bekommen. Das Geschütz klemmt, Kommandant und Richtschütze sind Tot. Über all ist Rauch!“ „Reißen sie sich zusammen Junge! Bringen sie den Panzer da raus und schließen sie sich dem Delta Schwadron an! Fork an Vincenes, konzentrieren sie das Feuer auf die ausschwenkenden Feinde und entlasten sie Gamma.“
Acht feindliche Geschütze brannten schon, aber mittlerweile hatten sie sich auch schon auf eine, für sie effektive Reichweite an die Imperialen heran gearbeitet. Überall donnerten Kanonen und explodierten Granaten. Einer der Leman Russ von der zweiten Kompanie Bekam einen Volltreffer in die Seitenpanzerung, als er sich zum Schutz des Vanquishers vor den Panzer stellte. Feuer brach im Innenraum aus und nur zwei Besatzungsmitglieder schafften es lebend aus dem Wrack. Vincenes rächte seinen Retter sofort und schoss in schneller Folge zwei weitere Geschütze ab.
Auch die zwei verbliebenen Gamma Panzer wurden übel zugerichtet. Sie hielten sich tapfer gegen die ausgeschwenkte Einheit, steckten dafür aber auch immer mehr sekundäre Schäden ein. Seitenkuppeln wurden zerstört, Ketten zerschossen und Zieloptiken beschädigt, aber die Hüllen hielten stand und die Kanone speite weiter Tod und Verderben.
Fork schaute auf seine Positionsangaben und stellte fest, dass er endlich in einer effektiven Lage stand. Durch das Opfer des Gamma Schwadron war der Feind lange genug abgelenkt, dass er mit seinen sechs Panzern das Flankenmanöver vollenden konnte. Nun standen sie im Rücken des Feindes und hatten ihn in der Zange: „Wohl an den Gentleman, rollen wir den Teppich mal auf. Feuer nach belieben.“
Die Chaos Panzer hatten dem plötzlichen Angriff auf ihre Heckpanzerung nicht viel entgegen zu setzen. Ein Sturmgeschütz nach dem anderen Explodierte und Forks Executorkanone schmolz die Kettenfahrzeuge mit ihrem grellen weiß-blauen Strahl förmlich ein. Aber so leicht ließen sich die feindlichen Besatzungen dann doch nicht ausschalten.
Wie ein verwundetes Raubtier kämpften die Gegner um ihr Überleben, einige versuchten sogar einen verzweifelten, jedoch zum scheitern verurteilten Ausbruch nach Osten. In dieser letzten Phase des Kampfes wurde noch ein weiterer Leman Russ von einem Glückstreffer in die Treibstofftanks pulverisiert. Nur kleine Trümmerstücke blieben von der einst so stolzen Kriegsmaschine und ihrer tapferen Besatzung nach der gewaltigen Explosion zurück.
Den übrig gebliebenen Geschützen half das jedoch auch nicht mehr. Bis zum letzten wurden sie eins nach dem anderen im Kreuzfeuer der Panzer zerrissen.
Fork war heilfroh, dass der Kampf vorbei war und dankte dem Imperator, dass es nicht noch schlimmer geworden war. Er hatte mit vielem gerechnet, aber nicht mit einem so verlustreichen Auftakt der Kampagne. Die Schadens- und Statusmeldungen waren mehr als ernüchternd. Zwei totale Verluste und etliche leichte bis mittlere Beschädigungen. Kaum ein Panzer hatte nichts abbekommen.
Gamma eins würde mindestens eine Woche in der Obhut eines Maschinensehers verbringen müssen, bis der schwere Schaden am Turm behoben war und Gamma zwei und drei waren so schwer beschädigt, dass sie erst Bergungsfahrzeuge aus der Festung anfordern mussten. Die einzelnen bestände an Panzerbrechender Munition waren im Laufe des Kampfes dramatisch gesunken und die Delta Schwadron, welche die Infanterie beim Schiff bekämpfen sollte hatte fast keine Sekundärmunition mehr. Fork hoffte, dass sie schnell mit Munition und Bergungsteams aus der Festung versorgt werden konnten. Wenigstens hatten sie es dem Feind richtig gegeben. Dreißig leichte Sturmgeschütze vernichtet und ein Landungsboot samt Ladung aus geschaltet, bei nur zwei eigenen Totalverlusten, ein Ergebnis mit dem sie zu frieden sein konnten.
„An alle, Verteidigungsstellung einnehmen nach Schema F-2. Omega Schwadron, lösen sie die Delta Schwadron beim Schiff ab. Sollten dort immer noch Infanteristen heraus kriechen, halten sie sie unten. Gute arbeit meine Herren!“
„Kommandant, Hier Delta Führer! Mein Auspex schlägt aus! Etliche Signale Im Osten.“ Fork fühlte sich, als hätte er einen Schlag ins Gesicht bekommen. Er prüfte sofort seine eigenen Angaben und musste mit Grauen feststellen, dass Delta Führer Recht hatte. Er hatte über fünfzig sichere Kontakte auf der Anzeige. Einige passten vom Schema her zu den Sturmgeschützen, viele waren aber deutlich größer, eher vom Kaliber eines Leman Russ oder eines vergleichbaren Panzers. Plötzlich tauchten auch weiter im Norden noch etliche Signale von Panzerfahrzeugen auf.
General Fork fühlte sich richtig schwer: „An alle! Sofortiger Rückzug. Wir fahren zurück zum Hirtenberg. Gamma zwei und drei, Panzer aufgeben und sprengen. Steigen sie um, aber beeilen sie sich.“
[FONT="]So ungern Fork auch zwei seiner Panzer aufgab, so war er doch kein Idiot. Er wusste wann man sich geschlagen geben musste und dies war einer dieser Momente. Wenn der Feind es sich erlauben konnte, in so kurzer zeit so viele Panzer zu entsenden, dann hatten sie hier gewiss nur die Spitze des Eisberges gesehen.[/FONT]