Befürwortest Du auch wie von der AfD gefordert mehr direkte Demokratie, die z.B. Kalifornien an die Wand gefahren hat und die Schweiz zum Reich der Reaktion hat werden lassen?
1. Wer die Schweiz ernsthaft als reaktionär beschreibt, kennt sie nicht. Ich wohne direkt an der Grenze (das meine ich wörtlich: 50m Luftlinie bis zur Grenze). dort läuft das meiste sehr viel besser ab als hierzulande.
Ich vermute du spielst auf das Minarettvebrot an. Tja, dazu kann man nur sagen das die Schweiz einen Ausländeranteil von ca.25% hat (soviel zu Ausländerfeindlichkeit..) Mit allen Gruppen läuft es weitgehend reibungslos. Nur mit einer nicht. Magst du raten? Es ist mehr als nur nachvollziehbar das man was gegen gläubige Moslems hat. Läuft für mich grundlegend als Selbsterhaltungstrieb einer aufgeklärten Gesellschhaft, das man möglichst wenige Rechtgläubige haben will. Die Schweizer haben halt nicht dieses deutschen Täterkomplex, das man Interessen von Ausländern höher zu bewerten hat als die der eigenen Bevölkerung, sondern können eigene Interessen noch frei artikulieren.
2. Volksentscheide: jaein.
So wie es hier abläuft, als reine ja/nein Fragen (die dazu noch von der Regierung ignoriert werden können...) sicher nicht. Auch da finde ich das Schweizer Modell, das neben der eigentlichen Petition immer noch eine von der Regierung erarbeitete Alternative (die meistens einen Konsens darstellt) anbietet gut.
Ansonsten halt ne Frage worum es geht: hierzulande kommen Volksentscheide meist zu Stande um sich gegen irgend eine lokale Infrastrukturmaßnahme zu "wehren". Wir wollen diesen Bahnhof/Flughafen/Straße/Schiene/Mülldeponie hier nicht.
Diese Wutbürger-Volksentscheide lehne ich vollständig ab. Einfach weil es dafür reguläre Prüfungs- und Planfeststellungsverfahren gibt wo man bedenken äußern kann. Wenn sich die Leute nicht für Lokalpolitik interessieren bevor es zu spät ist: Pech. Volksentscheide wie bei S21, wo die Bagger schon anrollen sind falsch weil sie jede Planungssicherheit verhindern und einfach nur unötige kosten verursachen. Außerdem siegt da oft das kurzsichtige "not in my backyard"-Eigeninteresse der Anwohner über das, was für die Region/das Land wirklich von Vorteil ist.
Bei weitreichenden Gesetzesänderungen, insbesondere wenn Verfassungsartikel berührt werden, sollten aber prinzipiell Volksentscheide durchgeführt werden. Letztendlich ist das Volk der souverän und sollte über die Spielregeln entscheiden. Zumal es in solchen Fragen eine gewisse "konservative Grundvernunft" gibt: so Blödsinn wie der Euro wäre uns erspart geblieben wenn mal einer "den Stammtisch" gefragt hätte.
Außerdem fördert sowas die politische Kultur enorm: denn wenn dann jemand wirklich etwas weitreichend ändern will muss er nicht nur ein paar Parlamentarier überzeugen (die wegen Fraktionsdisziplin eh nach Parteilinie abstimmen), sondern eben wirklich das Volk (wenn der Euro so ne tolle Sache ist, von der die Bürger nur profitieren können, dann sollte man auch in der Lage sein denen das klar zu machen, oder?). Und andererseits kann auch der Bürger wenn etwas schief läuft es nicht immer auf "die da oben" abschieben, sondern hat die Entscheidung aktiv mitgetragen. Sorgt auch für informierte Bürger - sieht man in der Schweiz.
Also: pro Volksentscheide bei Änderungen des GG bzw. grundlegend enorm weitreichende politische Entscheidungen (Beitritte zu diversen Bündnissen usw.) aber gegen Volksentscheide bei lokaler Infrastruktur.
Und innerhalb einer Volkswirtschaft ist es nun mla so, dass die Schulden des Einen zwingend die Außenstände eines Anderen sein müssen und dass die Ausgaben des Einen zwingend die Einnahmen des Anderen sind.
In einem geschloßenen System hättest du recht. Leider kennt Kapital keine Ländergrenzen. Die Ausgaben des einen sind u.U. die Einnahmen eines anderen - von außen.
Für fiskalische Disziplin und einen schlanken Staat spricht schon ein demokratisches Grundprinzip: echte Demokratie gibt es nur unter finanziell unabhängigen Bürgern. Große Mengen Sozialtransfers töten die Demokratie, weil ein finanziell abhängiger Mensch nicht seinen Geldgeber votieren kann.
Nehmen wir mal ich bin absolut davon überzeugt das Staatsschulden falsch sind, weil ich de facto auf kosten meiner Kinder und Enkel leben: was ich zuviel verbrauche müssen die mit Zins und Zinseszins abstottern. Trotzdem kann ich nicht gegen höhere Staatsausgaben votieren, wenn ich als Sozialtransferempfänger genau davon lebe. Meine Entscheidung ist nicht mehr frei.
Echte Demokratie und Schulden vertragen sich nicht.
Der andere Punkt auf den ich hinaus will ist der, das der Sozialstaat genau die Probleme die er bekämpfen will überhaupt erst erschafft.
Machen wir es mal simpel: in welcher Situation geht es mir besser:
a) ich verdiene 2000€ im Monat.
b) ích verdiene 2000€ im Monat. Der Staat nimmt mir 1060€ davon ab, mir bleiben 940€. Durch Sozialleistungen aller Art bekomme ich ca. 700 Euro jenen Monat vom Staat.
Das Beispiel ist jetzt stark vereinfacht, aber es zeigt deutlich worauf ich hinaus will: im Fall a) (ohne Staat) habe ich 2000e zur verfügung. Im Fall b) 1640€.
Die Frage ist jetzt: was passiert mit der Differenz, den 360€ die mir fehlen? Damit wird kein Mehrwert geschaffen, dieses Geld fließt eben grade nicht in Infastruktur oder Bildung (wäre dem so, würde ich nicht mal was sagen), das sind die reinen Verwaltungskosten der Umverteilung. Damit betreibt der Staat seine Finanz- und Sozialämter, bezahlt seine Beamten usw.
Du argumentierst jetzt -zurecht- von diesem Geld leben jetzt auch Menschen, eben die Finanzbeamten und angestellten im Sozialamt. Und die arbeiten auch gut, bestreite keiner. Aber diese Jobs tragen nix zur Wohlstandsmehrung bei.
Ich will den Finanzbeamten nicht als Zecke vertreiben, aber ich will das in der nächten Generation statt 100 neue Finanzbeamte nur 70 dazu kommen und die anderen 30 nen anderen Job finden der tatsächlich etwas zum Nationaleinkommen beiträgt, einen Mehrwert erschafft. Das tut Verwaltung nicht.
(Die Zahlen sind btw nicht ganz willkürlich gewählt: die 1060€ sind die 53% die wir dem Staat alles in allem abdrücken, die 700€ sind rund 2/3 dieses Betrages, denn jeder dritte Steuereuro verschwindet im System bzw. dient eben der Aufrechterhaltung der Umverteilung).
Auch die Verwaltung hat sowohl in privaten Unternehmen als auch in Behörden einen Mehrwert. Denn sie sorgt für die Organisation der Arbeit und koordiniert sie.
Also Eunuchen - sie wissen wie es geht.
😉 Tut mir leid aber wer nur "überwacht" das andere arbeiten, arbeitet eben selbst nicht. Natürlich ist das bis zu einem gewissen Grad notwendig, blöd gesagt muss irgend einer Dienstpläne schreiben, aber ab einen gewissen Punkt wird es unproduktiv, wenn man mehr "Überwacher" hat als Menschen die wirklich arbeiten. Und dem nähern wir uns an.
EDIT:
Geht der Bäckermeister um die Ecke demnächst nach China, weil dort die Löhne niedriger sind und der Frisör schickt die Köpfe seiner Kundsschaft demnächst nach Bangladesh, um sie frisieren zu lassen? Der Malermeister holt sich billiges Personal aus Afrika um hiesige Häuser streichen zu lassen?
Das nicht, aber der Bäcker macht seinen Laden zu, weils nicht lohnt, geht auf Staatskosten zur Uni und lernt BWL und geht danach als "Verwaltungsangestellter" in irgend nen Multi. Keine Brötchen mehr für dich und mich.
Und wenn die Linke vorschlägt, dass man die Staatsbürgerschaft daran koppelt, wo man Steuern zahlt. Meinst du, die ganzen Millionäre gehen einfach anderswo hin?
Die SIND ja schon woanders. Die einzige Konsequenz wäre, das die ihren deutschen Pass abgeben. Gerade Departieu ist ja bekanntermaßen Russe, Tina Turner wird Schweizerin
🙂 Das ist der Effekt.
Hier in der Region ist sowas ganz normal auch unter normalos: guter Kumpel von mir (KfZ Meister) ist mittlerweile in Frankreich wohnhaft - ca. 400€ mehr Geld im Monat 'nuff said.