40k Splitter einer Welt [Archiviert. Überarbeitete Version online]

Ach, so lange es hier nicht weiter geht kann man auch rumspammen. 😀

P&P ist genial. Es stimmt schon, viel hängt von der Gruppe ab. Aber wenn man da erstmal seinen festen Spielerkreis gefunden hat, ist´s ne tolle Sache. Ich denke, ich werde das bis ins hohe Alter machen. ^_^
Na den weiter mit PnP . Es gibt auch verdammt gute Spontan runden auf Cons oder im Internet . Ich hoffe das ih das auch noch einige Zeit machen werde.
 
23
Das menschliche Herz schlägt zwischen Fünfzig und Hundert Mal in der Minute. Bei körperlicher Anstrengung oder Stress steigt die Frequenz auf Werte jenseits der Hundertzwanzig.
Skirons Herz raste. Einhundertdreißig, vielleicht Hundertvierzig Schläge in der Minute. Sein Atem ging nur noch stoßweise, und er schnappte japsend nach Luft. Seine Lungen brannten, immer wieder musste er sich Schweiß aus den Augen wischen. Als ihr Sergeant zu Boden gegangen war, hatte er sich hinter einem umgestürzten Tisch in Sicherheit gebracht. Über ihm zuckten nun Laserstrahlen hin und her, ließen kaum erkennen, ob sie von Freund oder Feind stammten. Einer hatte ein schwarzes Loch kaum eine Armlänge von ihm entfernt in den Teppich gebrannt. Es ließ sich kaum sagen, von wo sie tatsächlich beschossen wurden, aber er glaubte, am anderen Ende des Raumes und auf der Bühne zur Linken Schemen gesehen hatte. Wie die anderen präzise das Feuer erwidern konnten, war ihm schleierhaft.
Sie brüllten einander etwas zu: Skiron konnte ihnen nicht recht folgen. Die Soldaten waren ebenfalls in Deckung gegangen, lagen hinter anderen Tischen, kleinen Ballustraden oder Absätzen. Nahe des Mittelpunktes des Raumes lag immer noch Nereus auf dem Bauch, eine kleine Blutlache um sich. Skiron hatte keine Ahnung, ob der Sergeant noch lebte.
Dium lag vielleicht einen Meter von ihm entfernt, den Kopf nah am Boden. Blut lief ihr aus der Nase, und sie zitterte leicht. Einen Augenblick lang starrte sie auf Nereus, dann drehte sie sich um und kroch in Deckung.
„Verdammtes Miststück“, zischte Skiron leise. „Beschissener kleiner Aasgeier.“ Sie hatte ihnen das alles von Anfang an eingebrockt, und nun kauerte sie feige in Deckung. Sie...
„Hab ich da was gehört?“, fragte Giftig, der plötzlich neben ihm auftauchte, mit hochgezogener Augenbraue. Er sah dafür, dass er mitten in einer verfluchten Todeszone steckte, unverschämt entspannt aus.
Skiron ließ das Lasergewehr, dass er hastig herum gerissen hatte, wieder sinken.
„Du! Ich hätte dich beinahe erschossen, Idiot.“
Giftig drückte den Lauf noch etwas weiter nach unten.
„Das wäre der Falsche, das kannst du mir glauben.“
„Wo kommen die Schweine auf einmal her?“
„Keine Ahnung.“ Giftig zuckte mit den Schultern. „Vielleicht haben die von der Straße sie verständigt.“
Er deutete ein Nicken in Richtung des Sergeants an.
„Was meinst du – willst du ewig leben? Und was man sonst noch so sagt...“
„Bitte was?“
Langsam aber sicher war sich Skiron nicht mehr sicher, ob sein Gegenüber noch bei Verstand war.
„Nun, es ist ganz einfach. Da Zittern es offensichtlich nicht einmal schafft, den Sergant in Sicherheit zu bringen, müssen wir wohl ran. Verstanden?“
Skiron schob den Kopf vorsichtig aus der Deckung heraus. Es war Wahnsinn. Ein dünnes blutrotes Gitter aus dem Feuer beider Seiten spann sich durch den gesamten Raum. Die Einzige, die auch nur etwas bei Sinnen einen Versuch, Nereus zu retten, wagen könnte, war Zittern.
Es war Irrsinn. Es war wie in einem verdammten Film. Die Guten schafften stets das Unschaffbare. Der Imperator war auf ihrer Seite. Ihm wurde bewusst, dass ein etwas dümmliches Grinsen sein Gesicht zieren musste – er nickte.
„Bereit.“
„In Ordnung!“, rief Giftig in Richtung der Tür. Skiron machte dort Sonnig, Merioth und Kälte aus. Der Mann aus Vanders Erstem war nirgends zu sehen. „Wir holen ihn da raus. Lasst sie die Köpfe unten halten. Drei...“
Skiron schickte ein Stoßgebet an den Imperator, bat um Schutz und Beistand, um Vergebung für Zitterns Sünden.
„Zwei...“
Was konnte schon schief gehen? Der Erzfeind unterlag stets, Er war bei ihnen. Der Glaube obsiegt stets, hieß es. Aber...
„Eins...“
... was, wenn ihn einfach ein verirrter Laserstrahl traf? Ein Zufall? Vielleicht eine Strafe des Gott-Imperators für Zitterns Zweifel? Was, wenn...?
„Los!“
Mit einem Mal war nichts als Ruhe in Skiron. Plötzlich waren alle Gedanken, alle Fragen verschwunden, nur eine tiefe Stille blieb zurück.
Er sprang auf und hastete hinter Giftig her, den Kopf gesenkt und die Schultern hochgezogen. Nereus lag nur wenige Meter entfernt, doch sie schienen sich plötzlich auf unnatürliche Art und Weise zu dehnen. Ein Laserstrahl durschnitt eine Handbreit über ihm die Luft – er glaubte, die Wärme spüren zu können. Giftigs Helm schwankte vor ihm hin und her.
Mit einem Male – beinahe überraschte es ihn – erreichten sie den Sergeant. Sie hakten sich bei ihm unter. Fast wäre er ihnen zu Boden gerutscht, so schlaff hing er. Noch immer hatte sie kein Laserstrahl auch nur gestreift. Skiron lächelte, während er Nereus davon schleifte. Manche Geschichten enthielten eben doch ein Körnchen Wahrheit – Heldentum wurde manchmal belohnt.
Mit einem Keuchen ließen sie sich mit dem Sergeant in Deckung fallen. Zittern starrte sie mit aufgerissenen Augen an, der Körper bebend. Irgendetwas war an diesem Bild falsch.
„Seltsam“, murmelte Skiron und fuhr sich erneut mit der Hand über die Augen. Als er sich die Finger besah, klebte Blut an ihnen.
„Oh“, machte er, während er an dem Tisch zusammen sank. Der Imperator bestrafte also jede Sünde sofort, unerbitterlich.
Skiron wollte noch etwas sagen, doch Schwärze griff nach ihm und trug ihn davon.
Langsam wurde sein Herzschlag schwächer.


24
Unerbitterliches Entsetzen hatte Dium zu dem Zeitpunkt gepackt, als der erste Schuss gefallen war. Und es ließ sie nicht mehr los.
Es begann, als ein Laserstrahl Nereus in die Seite traf. Feiner Blutdampf stieg auf und Dium, die sich vielleicht eine Armlänge entfernt befand und sich die Wange hielt, konnte den Blick nicht abwenden. Es wurde stärker, als das Gefecht an Intensität zunahm, als Nereus den Mund etwas öffnete und nur ein dünnes Blutrinnsal hervorkam. Dium floh vor dem Sergeanten hinter einen nahen Tisch. Oder floh sie nur vor dem feindlichen Feuer? Sie wusste es selbst nicht recht.
Als sich Gläubig neben sie sinken ließ, das halbe Gesicht von einem Laserstrahl verbrannt, auf der einen Seite nur eine blutige Höhle, wo eigentlich ein Auge sein sollte, verschluckte sie das Entsetzen zur Gänze. Dium wollte irgendetwas sagen, sie wollte losschreien, sie wollte...
Eine Ohrfeige ließ sie zu Sinnen kommen. Schon wieder. Giftig neben ihr starrte sie durchdringend an. Der Scheißkerl.
„Nicht, dass das wieder zur Gewohnheit wird, was, Madame?“
Dium versuchte, tief durch zu atmen. Er hatte dieses eine verdammte Mal recht. Sie zwang sich, alles in dem Raum in sich aufzunehmen: Sonnig und Merioth, die nebeneinander hinter einer Ballustrade vor der Bühne lagen; Kälte, die nahe der Tür in Deckung gegangen war und ungerührt zielte und schoss; Giftig neben ihr, der mit zusammengekniffenen Augen nach Vorne starrte; Nereus und Gläubig, beide bleich, die Lider geschlossen und an den Tisch gelehnt. Beinahe hätte sie den Mann aus Vanders Trupp übersehen, der seltsam verdreht inmitten zerbrochenen Geschirrs lag.
„Wie sieht es aus, Kälte?“, rief Giftig über die Schulter.
„Zwei Ziele auf der Bühne, Fünf weitere geradeaus hinten im Raum. Vier Ziele ausgeschaltet.“
„Na, das könnte doch schlimmer sein. Mer?“
„Sehe die auf der Bühne, aber kein wirklich gutes Schussfeld.“
Dium schnaubte. Nun hatte wohl Giftig das Kommando übernommen. Wenn dieser Idiot sie hier raus führen sollte, waren sie alle verdammt. Warum hörten die anderen nur auf ihn?
„Zittern, du kommst mit mir. Alles klar soweit?“
Verwirrt nickte sie. Alles klar was?
„Das selbe Spiel wie eben.“
Er wandte sich an Dium. „Wenn du hier aus der Reihe tanzt, bist du dran. Verstanden?“, wisperte er mit gesenkter Stimme.
Sie nickte. Eissplitter lagen in seinen Augen.
„Drei...“
Was hatte er nur vor? Sie waren zahlenmäßig unterlegen und niedergehalten.
„Zwei...“
Er würde doch nicht...? Nein. Nicht einmal Giftig wäre so verrückt. Sie korrigierte sich in Gedanken sofort. Natürlich wäre er das. Schweiß ließ das Lasergewehr plötzlich rutschig werden.
„Eins...“
Ein Gedanke schoss ihr durch den Kopf: Scheiße, wir werden alle draufgehen.
„Los!“
Giftig sprang auf und lief los. Dium rannte ihm blind hinterher.
Er rannte, geduckt und Tische sowie Stühle als Deckung ausnutzend, auf die Bühne zu. Ihr Pulsschlag, ihr Atem, die ganze Welt schien sich zu beschleunigen und gleichzeitig still zu stehen. Hatte Gläubig sich in seinen letzten Minuten genauso gefühlt?
Laserstrahlen schossen ihnen entgegen. Einer schwärzte Giftigs Helm vor ihr, ein anderer streifte sie an der Schulter. Es brannte höllisch. Wenn sie herausfand, wer ihnen diese Drecksschutzwesten gegeben hatte...
Die Bühne tauchte vor ihr auf, in Dunkelheit getaucht. Der Bühnenrand, vielleicht einen Meter hoch. Mit einem Satz hatte sie ihn erklommen – eine Leistung, die ihr während all des Drills stets unmöglich vorgekommen war.
Oben sah sie das erste Mal den Erzfeind von Angesicht zu Angesicht. Es waren zwei, dicht beieinander stehend, überrascht auf sie und Giftig vor ihnen blickend. Beide waren in grau-blauen Drillich gekleidet. Sie waren sauberer, als Dium sie sich vorgestellt hatte.
Bevor der Mann vor ihr reagieren konnte, hatte sie die Distanz zu ihm überwunden und warf sich gegen ihn. Ihr Gegner knickte ein, und sie beide wurden von ihrem Schwung auf den Boden der Bühne geworfen. Sie sah sein Gesicht mit dem spärlichen Bart direkt vor sich. Sein Atem roch schwach nach Zimt. Sie schlug ihm in das Gesicht, doch der Mann schüttelte den Schlag einfach ab und warf sie herum. Sie trat nach ihm, einmal, zweimal. Das erste Mal zuckte er nur leicht zusammen, beim zweiten ging ein Schaudern durch seinen Körper. Blut lief aus seinem Mund.
Ihr Gegner kippte zur Seite weg, und Giftig zog das Messer aus seinem Nacken.
Dium stieß den toten Körper zur Seite und hob ihr Gewehr vom Boden auf, das sie im Kampf fallen gelassen hatte. Von der Bühne aus hatte man einen guten Blick in den Raum hinein. Rechts von ihnen wagten sich die anderen langsam weiter vor, links sah sie einige Gestalten, die nun ihrerseits in Deckung gingen. Sie legte an und gab ein paar ungezielte Schüsse in ihre Richtung ab.
Giftig stimmte in das Feuer ein. Eine der Gestalten steckte mehrere Treffer ein, ehe sie zusammenbrach. Offensichtlich war deren Panzerung besser als ihre.
Eine der anderen hob einen schmalen Streifen Stoff in die Höhe, der vielleicht mal ein Verband oder ein Teil eines Kleidungsstück gewesen sein mochte. Er war weiß.
„Vorsichtig bleiben!“, rief Giftig, als sich die Überreste ihres Trupps auf den Erzfeind zu bewegten.
Angespannt behielt Dium ihr Gewehr an der Wange, den Lauf auf einen der Gegner gerichtet.
Keiner ihrer Feinde rührte sich mehr. Alle hatten die Arme erhoben, die Waffen vor die Füße gelegt.
Der Trupp kreiste sie ein, die Gewehre auf sie gerichtet.
Einer der Verräter hob flehentlich die Arme und deutete ein Lächeln an. Dium fuhr sich nervös über die Lippen. So sollten die sich nicht verhalten. War das ein verdammter Chaostrick? Eine Falle?
Sie sah den anderen in die Augen.
Sie atmete schwer, ihr Körper schmerzte. Irgendwo hinter ihnen lagen Nereus und Gläubig, vielleicht schon tot. Der Erzfeind war nach Aricia gekommen und nahm ihnen alles. Er war falsch, unnatürlich, ein Makel. Dium wusste, dass die anderen ähnlich dachten.
Giftig deutete eine ruckartige Bewegung mit der Hand an. Fünf Lasergewehre schossen. Immer und immer wieder.


25
Ich habe mich später oft gefragt, an was mich dieser Anblick erinnert hat. Es ist mir schließlich wie Schuppen von den Augen gefallen: als kleines Mädchen war ich einmal bei einem Freund zu Besuch; sein Vater war Schlachter.“
nach Lina „Sonnig“ Cedel
datiert auf 989.M41
aus: Fisher – gesammelte Werke


26
Unsere Soldaten verteidigen nicht nur ihre Heimat, Aricia, und die Milliarden Menschen, die hier leben, sondern auch das gesamte Imperium. Sie wachen nicht nur über ihre Familien und Freunde, sondern über Billiarden von Menschen auf Millionen Welten.
Doch wichtiger noch ist: sie beschützen auch unsere Ideale, sie beschützen die Zivilisation, sie beschützen die Menschlichkeit.
Gouverneur Rivet Gration
989.M41, 14. Tag nach der Landung des Erzfeindes
 
"Es war wie in einem verdammten Film. Die Guten schafften stets das Unschaffbare."

bis auf die sätze von gläubig vor der rettungsaktion
(irgendwie widerstrebt es meiner vorstellung von 40k das sich die menschen aktion-filme anschauen ..) fand ich den text sehr gut. war aufregend. zwar viele "alt-bewehrte" handlungsmuster (keine kritik, irgendwie sind ja die allermeisten szenen, also nicht nur deine, eben allgemein .. schon verbraucht).. aber mich hats begeistert.

acho, mich hat der bruch mit der moral bei der erschießung gefallen, habe mich aber gefragt ob solche sätze wie der von sonnig, wirklich gedruckt werden würden.. negative assoziationen mit dem niederingen eines feindes? ... würde doch woh eher nicht durch die zensur (die natürlich nicht statfindet 😉 ) kommen oder?
 
Zuletzt bearbeitet:
Das heißt doch nur, dass die imperialen Soldaten ihr Handwerk gründlich verrichten. Außerdem ist das nicht irgendein Autor - das ist der Fisher! 😀

Ich versuche, altbewehrte und bekannte Szenen soweit wie möglich zu umschiffen, nur manchmal kommt man mit einem Schiff im Gebirge an Steinen nicht vorbei.

Ich sehe 40k nei allzu eng, immerhin sind das immer noch Menschen. Es müssen ja nicht einmal Actionfilme sein - kennst du denn nicht die berühmten Filme des Aricischen Propagandaministeriums?
 
Also deine Geschichte ist eine der besten hier wie ich finde!
Der Teil gefällt mir wieder sehr gut, die Action hast du echt spitze hinbekommen... sehr mitreißend und spannend!

„Na, das könnte doch schlimmer sein. Mehr?“
Ist übrigens der einzige Rechtschreibfehler, den ich im gesamten Text gesehen habe... Aber das finde ich eh nicht so wichtig 😀
 

Was zu beweisen war.:lol::lol::lol:
Demnach kein Rechtschreibfehler.

Wie stets hervorrsgende Arbeit, Rabe. Und solche Kleinigkeiten wie Filme oder Bücher, die im Nachhinein über einen erlebten Krieg sprechen, finde ich toll. Sie verleihem dem Ganzen eine gewisse Tragweite, schließlich wird nach dem Ende des Krieges der Planet ja nicht aufhören zu existieren (sofern die Imps gewinnen)
 
So, hab den neuen Teil jetzt auch gelesen.

gibt eigentlich nicht mehr viel zu sagen. Das übliche, recht hohe Niveau, auch wenn es an einigen Stellen noch sehr hastig klingt oder abgehackt. soll vielleicht beachtsichtigt sein, um die Panik rüberzubringen, ist aber mein einziger Kritikpunkt im Moment.

Ansonsten: Tolles Ende
 
27
Es quietschte kurz, doch das war erst einmal alles. Er blickte nach oben. Die Leitungen waren in diesem Teil der Makropole wohl nicht regelmäßig gewartet worden. Er drehte den anderen Regler bis zum Anschlag durch und seufzte wohlig, als ihn ein dünn plätschender Strahl Wasser aus der Duschbrause traf.
Die anderen schienen ebenfalls ihre Probleme zu haben, wie er aus dem Gelächter, dem Fluchen und den lauthals gerufenen Bemerkungen schloss. Ihre Nervosität legte sich langsam und machte der grenzenlosen Erleichterung Platz, den ganzen Mist überlebt zu haben. Auch er spürte, wie seine Anspannung verschwand, wie sich verkrampfte Muskeln langsam lösten. Ja, zumindest für den heutigen Tag hatten sie überlebt.
Nach und nach waren die Männer und Frauen in der Behelfskaserne angekommen – mal in großen Trupps, mal versprengt und einzeln. Überraschend viele schienen dem Artilleriefeuer entgangen zu sein, manche hatten jedoch Feindkontakt gemeldet. War der Erzfeind schon so weit vorgedrungen? Nicht wenige hatten Verletzte bei sich.
Sie alle wurden von der unbarmherzigen Bürokratie der Imperialen Armee empfangen. Viele erhielten offizielle Rügen, weil sie sich von ihren Trupps entfernt hatten; der gesamten Fünfte sollte laut den Daten des Adeptus Munitorum am anderen Ende der Makropole stationiert sein; einige sollten auf Mitglieder ihrer Einheit warten, von denen sie wussten, dass sie tot waren. Es hätte mehr als einmal fast eine Schlägerei gegeben.
Es hatte mehrere Stunden gedauert, bis die schwerer Verletzten in eine Chimäre in Richtung des nächsten Lazaretts geladen und alle Formalitäten erledigt waren. Stunden, in denen die jungen Soldaten des vierten Zugs im Atrium des Habitatsblocks auf ihrem Gepäck gesessen hatten, verstört, verängstigt, manche verwundet, teilnahmslos geradeaus blickend. Einige brachen weinend zusammen.
Er drehte erneut am Regler. Es kam unverändert Wasser aus der Brause.
Mit einem Schulterzucken schüttelte er sich und trat unter der Dusche hervor, machte sich wie viele andere auf den Weg zu seinem Spind. Nun war wieder Zeit für Routine. Er lächelte. Vorher würde er noch einen Besuch machen.


28
Die Spindtür brach fasst aus ihren rostigen Angeln, als Dium sie, die Haare noch nass, aufriss. Sie hatten nach ihrer Ankunft vor scheinbar endlos langer Zeit nicht einmal eine Stunde hier verbracht, und so lag ihre Tasche noch ungeöffnet vor ihr.
Zuerst fummelte sie ein LHO-Stäbchen aus einem Seitenfach heraus. Sie steckte es sich hinter das Ohr, ehe sie weiter in der Tasche wühlte. Erst dann zog sie frische Wäsche und Uniform hervor und kleidete sich mit fliehenden Fingern an.
Danach zerrte sie einige Hosen hervor und kramte in ihren Taschen, ehe sie schließlich fündig wurde: triumphierend hielt sie etwas Kleingeld und einen angerissenen Zettel in der Hand.
Schnell stopfte sie alles wieder zurück und schmiss die Spindtür zu.
Der Habitatsblock war nicht sonderlich groß: neben dem vierten waren auch der dritte und sechste Zug einquartiert, dazu noch einige Soldaten der 24. Aricischen Gardeinfanterie, eine Einheit der Reserve voller alter Männer. Schnell war Dium wieder im Atrium des Komplexes. Ohne sie auch nur anzusehen – sie hasste diese Beamten – eilte sie an den Munitoriumsbeamten vorbei. In einer Ecke des Raumes standen mehrere Telefonapparate, die noch aus der Zeit zu kommen schienen, als der Imperator noch nicht auf Erden gewandelt war. Sie bestanden aus einem klobigen Hörer, einer Wählscheibe und einem Münzeinwurf.
Einige Soldaten standen an den Geräten und sprachen gedämpft in sie herein.
Dium wählte sich einen Platz etwas abseits der anderen und zog den Zettel hervor, ehe sie eine der Münzen einwarf. Leise murmelte sie die Nummern mit, die sie auf der Drehscheibe wählte.
Ein wohliges Gefühl hatte sich in ihr breit gemacht. Die letzten Ereignisse erschienen, wenn sie doch nicht vor langer Zeit geschehen waren, wie von einer anderen Person durchlebt. Die Einschläge der Artillerie, das feindliche Feuer, Skirons blutige Augenhöhle schienen kaum noch Teil ihrer Erinnerung. Angst, Entsetzen, Panik waren gegangen, nur die grenzenlose Erleichterung, überlebt zu haben, war geblieben.
Ratternd rastete die Wählscheibe in ihre ursprüngliche Position ein.
Wie es Mitch wohl ging? Sie starrte auf den Zettel in ihrer Hand und auf die Nummer, die er ihr gegeben hatte. Sie hatte ihn nicht erreicht. Er war doch hoffentlich nicht in einem gefährlichen Gebiet gelandet? Und wenn schon. Er konnte auf sich aufpassen. Das hatte er immer schon gekonnt. Und auf sie.
Auf der Gegenseite nahm keiner ab. Plötzlich nervös fischte Dium sich das LHO-Stäbchen hinter dem Ohr hervor. Es war etwas feucht geworden, glühte nach zwei Versuchen dennoch auf.
Dium nahm einen Zug, den Hörer zwischen Schulter und Wange geklemmt.
Wäre er bloß nicht einer anderen Einheit als sie zugeteilt worden. Sie vermisste ihn schrecklich. Es war ein nagendes Gefühl, ein Ziehen im Bauch, das sie Tag und Nacht verfolgte und unruhig schlafen ließ. Sie hätte alles dafür gegeben, nun bei ihm zu sein. Doch mit etwas Glück konnte sie ihn nun zumindest sprechen.
Sie kaute auf dem LHO-Stäbchen herum. Niemand nahm ab.
Sie hatten sich in ihrem ersten Jahr an der Schola kennen gelernt. Nach erstem misstrauischen Taxieren hatten sie sich sofort einfach... verstanden. Die anderen Studenten hatten in ihr von Anfang an den Außenseiter gesehen, der sie war, doch mit Mitch verband sie ein besonderes Band. Die Zeit bis zur Einberufung war die schönste in ihrem gesamten 19-jährigen Leben.
Bei der Musterung hatten sie wohl ein gewisses Potential erkannt. Das Regiment, in dem er nun diente, war eine aktive Fronteinheit. Er hatte in den wenigen Gesprächen der letzten Zeit stets betont, dass sie sich keine Sorgen um ihn machen musste. Sie glaubte ihm nicht.
Ihr wurde bewusst, dass sie bereits seit mehreren Minuten an dem Telefonapparat wartete. Das LHO-Stäbchen war heruntergebrannt.
Nein. Das durfte einfach nicht sein. Warum hob er nicht ab? Gedanken bestürmten Dium, nahmen ihr den Atem. Sie schmetterte den Hörer zurück auf die Gabel.


29
Mit der einen Hand führte sie die Gabel zum Mund, während sie mit der anderen etwas auf einer Datentafel notierte. Giftig registrierte mit einem schwachen Lächeln, das Kälte dabei stets noch das Funkgerät im Auge behielt, dass an die Wand gelehnt in einer Ecke des Raums stand.
Das Zimmer war recht geräumig, auch wenn die grauen Betonwände wie im gesamten Block Tristesse vermittelten. Schaute man aus dem schmalen Fenster über dem Schreibtisch, an dem Kälte saß, blickte man auf die eine Armlänge entfernte Mauer des nächsten Gebäudes.
Ursprünglich war der Raum Nereus zugeteilt worden, doch kurzentschlossen hatte es Giftig für sich requieriert. Er wusste nicht einmal, ob er oder Skiron durchkommen würden.
Ist schon ein Dreck, was? Kaum sind wir hier draußen, verlieren wir schon nach und nach Mann um Mann.“ Unruhig ging er im Raum auf und ab.
Hm“, machte Kälte zur Antwort, ohne von der Datentafel aufzusehen.
Es ist wie ein zynischer Abzählreim. Drei, zwei, eins und du bist raus. Mit etwas Glück erwischt es vielleicht den neben dir...“
Hm.“
Dich kümmert das alles wirklich nicht, oder?“, fragte Giftig seufzend. „Sind dir die anderen wirklich so egal?“
Kälte legte die Tafel auf den Tisch ab und blickte ihren Gegenüber an.
Du hast es doch schon gesagt: über kurz oder lang erwischt es jeden. Manchen vielleicht etwas eher, manchen etwas später. Statt zu lamentieren, mache ich aber lieber meine Arbeit.“ Sie klopfte auf das Gerät vor sich. „Vielleicht hält uns das sogar ein Stückchen länger am Leben.“
Ja“, lachte Giftig trocken. „Berichte zu schreiben hat schon Hunderte Soldaten gerettet. Und vergiss nicht ihre unsterblichen Seelen!“
Mit des Imperators Hilfe...“
... werden wir obsiegen. Schon klar. Wenn du siehst, wie schnell der Erzfeind vordringt – glaubst du dann wirklich, dass der Imperator mit uns ist?“
Kälte zuckte gleichgültig mit den Schultern.
Die ganze Veranstaltung wird schneller vorbei sein, als uns allen lieb sein wird. Aber bitte...“ - er deutete auf die Datentafel - „... wenn das hilft, nur zu.“
Er hatte nicht den Eindruck, als hätte die Spitze sie auch nur irgendwie berührt. Mit dem Fuß angelte er sich einen Stuhl.
Es ist wirklich nicht einfach, mit dir ein vernünftiges Gespräch zu führen.“
Vielleicht hat eine von uns auch einfach etwas zu tun.“ Kälte hob die Datentafel etwas an.
Eine Augenbraue hebend lehnte er sich zurück.
Vom Funkgerät ertönte ein hohes Piepsen. Kälte erhob sich von ihrem Platz und kniete sich neben es nieder. Sie justierte einige Rädchen. Manchmal erschien es Giftig, als würde sie sich mit dem Gerät besser verstehen als mit den meisten Menschen.
Anschließend stöpselte sie ein Verbindungskabel zu ihrem Komlink ein. Woher sie das hatte, wusste wohl nur der Imperator.
Als sie auf die Datentafel blickte und begann, Informationen durchzugeben, wandte er sich desinteressiert ab. Er langte nach der Gabel auf dem Tisch und begann, in Kältes Essen herum zu stochern. Es hatte keine definierbare Farbe, keinen Geschmack und war verwässert. Allerdings war es auch einigermaßen warm. Er schlang es herunter.
Nach kurzer Zeit setzte sich Kälte zurück an den Tisch.
Und?“, fragte Giftig spöttisch. „Hast du erfolgreich einige Soldatenleben gerettet?“
Sie rollte mit den Augen.
Er grinste.
Vielleicht sollen wir auch gleich wieder ausrücken? Menschenleben retten? So wie die der Flüchtlinge?“
Ich weiß nicht. Was meinst du – Sergeant? Du wurdest befördert.“
Einen Augenblick lang herrschte Stille. Dann lachte Giftig auf und nickte langsam. Er wusste nicht, ob der Tag gerade eine weitere schlimme oder eine gute Wendung genommen hatte.




30
Und dann“, lachte Merioth, „nahm ich also das Gewehr und schlug ihn nieder, bevor er auch nur reagieren konnte. Der andere hatte kaum die Hand an der Waffe, da hatte er auch schon ein hübsches Loch im Bauch.“
Er nahm einen Schluck aus dem Blechbecher vor ihm.
Ich sage euch: wenn die Soldaten des Erzfeindes alle solche Schlappschwänze ohne Rückgrat sind, werden wir keine Mühe haben, sie wieder aus Aricia zu werfen.“
Die Männer und Frauen um ihn herum antworteten mit Gejohle und lautem Lachen. Spöttisch verbeugte sich Merioth vor der kleinen Menge, die sich um ihn herum versammelt hatte. Es hatte ihn wie viele andere in einen der großen Räume im Erdgeschoss verschlagen, wo die Soldaten nun trinkend und scherzend beieinander saßen. Aus ihrem Trupp saß Sonnig neben ihm, außerdem sah er noch Stumm und Bishop – die beiden waren auch unbeschadet aus der Sache rausgekommen.
Ein Mann, der Uniform nach einer aus Bezalels Drittem, prostete Merioth zu.
Du hast Recht, du hast Recht. Hab eigenhändig heut' vier erwischt.“
Vier?“ Der Mann neben ihm stieß ihm in die Seite. „Seltsam, ich hab dich heute nur rennen sehen.“
Wieder ertönte Gelächter.
Du hast es einfach mit den Augen, das ist es. Kein Wunder, dass du nicht mal einen Russ aus einem Meter Entfernung triffst.“
Johlen, klatschen. Viele hatten bereits reichlich billigem Fusel zugesprochen und grinsten selig.
Aber, aber...“, schaltete sich Merioth wieder ein. „Ich will dem heldenhaften zweiten Trupp ja nicht in die Parade fahren“ - er nickte den beiden höflich lächelnd zu - „aber leider verblasst ihr Glanz ja im Angesicht des dritten...“
So?“
Ein Mann aus Vanders Erstem war aufgestanden. Seine Kiefer mahlten unaufhörlich aufeinander, und er hatte die Augen eng zusammengekniffen.
Finde denn nur ich es seltsam, wenn ich schaue, wer zurückgekehrt ist?“ Er deutete auf Giftig und Sonnig.
Du und du. Dazu noch fünf andere aus Nereus' Haufen, zwei wird man schon wieder zusammenflicken.“
Das Lachen um sie herum verstummte langsam. Jemand kicherte nervös, verschluckte sich und hustete. Der Mann aus Vanders Erstem lehnte sich etwas vor.
Wie ich gehört habe, waren Divat und Oz aus unserem Trupp noch bei euch. Oh, und einer aus Caulbrons. Sonderbar, dass es nur sie erwischt hat, was?“
Er lehnte sich wieder zurück. Merioth verschränkte die Arme und legte den Kopf schief, während er schweigend weiter zuhörte.
Aber habe ich da nicht etwas vergessen? Ach ja! Der dritte Trupp, war da nicht etwas? Ein verschwundener Sergeant? Da könnte man ja glatt falsche Schlüsse ziehen...“
Mit einem Knallen stellte Bishop den Becher auf dem Tisch ab und sprang auf. Er war nicht von der Schola gekommen, und so wucherten verschiedenste Spekulationen, wer er eigentlich war. Die muskulösen Oberarme und zahlreichen Tätowierungen hatten bewirkt, dass sich bisher niemand getraut hatte, danach zu fragen.
Jetzt hatte er die Fäuste vor Wut geballt; eine Ader trat an seinem Hals deutlich hervor.
Unverzüglich scharrten sich einige andere aus dem ersten Trupp zu ihrem Sprecher. Merioth bemerkte, dass auch einige aus Caulbrons Trupp dabei waren. Bezalels Jungs hielten sich raus.
Sag das noch ein Mal, du Wurm, und...“
Merioth erhob sich fließend und legte dem Mann eine Hand auf die Schulter.
... das hier wird hässlich, mein Freund“, vollendete er den Satz.
Aber ich denke, dass wir hier genug Nettigkeiten ausgetauscht haben. Der Tag war...“
Jemand aus der zweiten Reihe warf einen Becher nach ihm. Er prallte harmlos an Merioth Brust ab.
Schön. Dann eben so.“


31
Zusätzlich zu zahlreichen Verbrennungen, Schrapnellwunden und Prellungen mussten wir in den letzten Tagen auch Verletzungen behandeln, die nicht typisch für Artilleriangriffe oder Feuergefechte sind, darunter Hämatome, verursacht durch stumpfe Gewalt, und Schnittwunden.
Die Betroffenen beteuerten jedoch, sich die jeweiligen Verletzungen in den Gefechten am 753.989.M41 zugezogen zu haben.
Meldung des Lazaretts C13.956.22b
989.M41, fünfzehnter Tag nach der Landung des Erzfeindes
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich kenns auch schon, will aber auch nochmal sagen, dass der Teil so gut ist wie immer. Ein wenig Ruhe nach der Action. Mich würde interessieren, wer der Typ im ersten Teil ist und zu wem er will, aber vielleicht klärt sich das ja noch auf.

Für´s Protokoll erhebe ich nochmal offiziell Einspruch gegen Münztelefone in Science Fiction Geschichten.

ich bin ja eigentlich auch gegen sowas wie Bargeld in Science-Fiction-Geschichten, aber ich glaube, das hat Rabenfeder nicht erfunden. Was mich mehr stört ist die Tatsache, dass die Dinger noch Wählscheiben haben. Ist doch nun nicht so schwer, da ein paar Tasten anzubringen, oder ???