Ein Artillerieangriff sah in den Aufnahmen des Imperialen Senders stets harmlos aus, als wirble ein Kind etwas Sand auf.
Augenzeugenberichte, mündlich oder schriftlich, zeichneten ein anderes Bild: es wäre grausam, chaotisch, tödlich, bekam man da mit – die Kommissare griffen oft hart durch, wenn sie hörten, dass jemand solche Beschreibungen verbreitete.
Einen solchen Angriff zu erleben war etwas, dass man nicht wirklich in Worte fassen konnte. Die bloße Bezeichnung klang nach etwas Geordnetem, das jemand anordnete, jemand durchführte und das präzise ein bestimmtes Ergebnis heraufbeschwor.
Tatsächlich schlugen die ersten Geschosse ein, und die Welt hörte auf zu sein, wie sie war.
Die Granaten schlugen tiefe Krater in den Asphalt der Straße. Wo sie auf menschliche Körper trafen, zerrissen sie diese, verstümmelten sie. Menschen, die noch eben gelebt und geatmet hatten, wurden nun von der Wucht der Explosionen zerquetscht und durch die Luft geschleudert.
Feiner Blutnebel lag in der Luft, vermischte sich mit dem Regen und dem Staub, der überall hochgewirbelt wurde und die Sicht auf wenige Meter begrenzte. Trümmer aus den Ruinen am Rande der Straße fielen täuschend langsam in die Menge oder jagten Geschossen gleich durch die Menge. Einer der umstehenden Habitatsblocks wurde mehrmals getroffen und stürzte in sich zusammen.
Die losen Fesseln der Zivilisation zersprangen: wilden Tieren gleich stürmten die Menschen blind nach Vorne, stießen rücksichtslos andere davon, trampelten über Gestürzte hinweg. Die Panik machte sie alle gleich: Mütter, ihre Kinder auf dem Arm, knorrige Alte, die nie ihr Makropolviertel verlassen hatten, Untergangspropheten, Arbeiter, Angestellte.
Die wenigen Soldaten des vierten Zuges wurden vielerorts von den Zivilisten mitgerissen. An einigen Stellen hielten sich Unteroffiziere verzweifelt aufrecht und stemmten sich gegen den Strom, brüllten, fluchten, riefen. Oft genug gingen die Befehle im Schreien der Verwundeten, dem dumpfen Dröhnen der Einschläge und dem Gekreische der Menge unter. Nicht selten waren die jungen Männer und Frauen auch zwischen den Flüchtenden eingekesselt, unfähig, sich zu sammeln und in Formation zu bleiben.
Nur manchmal waren ihre Bemühungen von Erfolg gekrönt, und kleine Trupps setzten sich zur Seite in die Ruinen und Gassen ab.
Eines der ersten Geschosse verfehlte Isca Dium, genannt „Zittern“, vom dritten Trupp nur knapp. Vielleicht ein Dutzend Meter entfernt bohrte sich eine Granate in eine Gruppe Ekklesiarchiepriester, detonierte und riss einen tiefen Krater in den Boden. Dium wurde zu Boden geworfen. Als sie wieder aufstand, bemerkte sie benommen, dass wenige Schritte vor ihr ein zur Hälfte geschmolzener Arm lag. Noch während sie weitertaumelte, taub und kaum etwas sehend, übergab sie sich.
Von hinten drängten die Flüchtlinge vorwärts und rissen sie mit. Verzweifelt versuchte Dium, jemanden aus ihrer Einheit zu erblicken, doch überall sah sie nur die panischen, entsetzten Gesichter der Flüchtlinge, überall erhoben sich Fontänen aus Staub, Splittern und menschlichen Körperteilen.
Fieroya, der Funker aus Vanders Erstem, geriet in ihr Blickfeld. Er kreischte voller Angst in sein Funkgerät, brabbelte unzusammenhängende Sätze.
„Der Idiot lässt aber ordentlich an Funkdisziplin vermissen“, schoss es Dium irrsinnigerweise durch den Kopf, als jemand sie von hinten zu Boden stieß. Die Welt drehte sich.
Ein scharfer Schmerz durchfuhr ihren Rücken, als jemand rücksichtlos über Dium hinweg floh. Ein weiterer Flüchtling fiel über sie und begrub sie unter seinem Gewicht.
Dium stieß ihn panisch weg und trat zu, als er sich halb über ihr aufrichtete. Überall waren trampelnde Füße, stoßende Beine und die unregelmäßigen Erschütterungen, wenn ein Geschoss einschlug. Der Himmel war nicht mehr zu sehen. Hastig riss sie sich das Gewehr von der Schulter und versuchte, wieder auf die Beine zu kommen, krabbelte einige Schritte nach vorne. Ein kräftiger Manufakturarbeiter hätte sie beinahe wieder zu Boden gerissen. Bevor es soweit kommen konnte, brach er, aus Nase und Ohren blutend, vor ihr zusammen.
Nur noch raus hier, nur noch raus hier. Der Gedanke wurde beherrschend.
Dium brach zur Seite aus, das Gewehr vor sich haltend. Als ein Mann nicht zur Seite wich, schlug sie ihn mit dem Kolben nieder. Nur noch raus hier. Das Gewehr fuhr auf und nieder, als die junge Frau sich den Weg bahnte. Nur noch raus hier. Ein kräftiger Kerl stand nach einem Treffer wieder auf und ballte wutentbrannt die Fäuste. Dium schoss auf ihn. Er fiel zur Seite und ging in der tobenden Masse unter.
Plötzlich war der Druck der Leiber verschwunden. Dium stolperte einige Schritte vorwärts, ehe sie zu Boden fiel.
Die Welt, die eben noch das Pandämonium selbst gewesen zu sein schien, wurde plötzlich weich. Dunkelheit engte ihr Blickfeld ein, und alle Geräusche schienen aus weiter Ferne zu kommen. Ihr Verstand schrie sie an, sich aufzuraffen und von hier zu verschwinden, doch auch er war nur gedämpft, ein dumpfes Summen am Rande ihres Geistes.
Eine Ohrfeige, zwei, holten sie zurück ins Hier und Jetzt. An ihren Seiten hakten sich Arme ein, und sie wurde Schritt für Schritt von der Straße weg und in eine Gasse geschleift.
Erst nach einiger Zeit begann Dium damit, sich dagegen zu wehren. Wer zog sie hier davon? Sie strampelte in dem festen Griff, wand sich hin und her.
„Ha! Ich habe dir doch gesagt, Unkraut vergeht nicht. Die kann schon wieder auf eigenen Beinen stehen.“
Sie wurde losgelassen und kam langsam wieder hoch. An den Seiten erhoben sich graue Habitatsblöcke in den Himmel, jeweils kaum drei Schritt entfernt. Immer wieder wurde der Boden leicht erschüttert, und dumpfes Grollen kündete von den nahen Einschlägen.
Neben ihr stand Giftig, der teilnahmslos auf sie herabblickte, und Merioth, der über das ganze Gesicht grinste. Neben ihnen standen in der Gasse noch Sergeant Nereus, Kälte, die etwas an ihrem Funkgerät justierte, Sonnig, Gläubig – er sah wieder besonders säuerlich aus – zwei Soldaten aus Vanders Erstem und einer aus Caulbrons Trupp, die sie nicht kannte. Alle waren ruß- und dreckverschmiert, einige mit feinen Blutspritzern übersäht. Keiner schien jedoch ernsthaft verletzt zu sein.
„Ganz schon zäh, was? Wie heißt es doch? ‚Zäh wie der Dreck in den Kloaken’?“, fragte Giftig, während er mit den Fingern in den Zähnen pulte. Seine Stimme drang merkwürdig leise zu ihr, als spreche er von der anderen Seite einer Mauer.
Dium richtete sich zur Gänze auf. Noch immer tanzten flimmernde Lichter vor ihren Augen auf und ab, war das Bild des abgetrennten Armes in ihren Kopf eingebrannt. Als sie sich erhob, wäre sie beinahe wieder zurückgesackt. Tränen traten ihr in die Augen.
„Oh, du armes Ding. Musst ja nicht gleich weinen. Aber schon bemerkt? Wir haben Krieg, also sei nicht so ein kleines Mädchen, auf das wir nur aufpassen müssen.“
Diums Kiefer mahlten aufeinander. Dieser arrogante Scheißkerl. Wut und Zorn brachen sich Bahn.
„Besser als sich so zu benehmen wie eine verdammte Menashi-Hure mit dem beschissenen Scheißhirn einer...“
„Beim Imperator, Ruhe!“, unterbrach Nereus die bildhafte Darstellung bellend. „Könnt ihr verfluchten Welpen nicht einen Moment zumindest Soldat spielen und einfach euer Maul halten?“
Dium verstummte unter Nereus Blick, auch Giftig verzichtete auf weitere Sticheleien. Ihr fiel auf, dass ihm ein feines Blutrinnsal aus der Nase lief, das er sich irritert wegwischte.
Als Nereus sich wieder zu Kälte umwandte, steckte sich Dium mit missmutigem Blick ein LHO-Stäbchen an.
„Ich bekomm’ hier nichts durch, Sergeant. Keine Ahnung, ob es an den Gebäuden oder dem Beschuss liegt. Tatsache ist, dass ich weder andere Trupps, noch die Chimären, noch das Oberkommando erreiche.“ Sie klang erstaunlich unbeteiligt, als ginge sie all das eigentlich nicht so recht etwas an.
„Versuch es weiter. Ich will nicht, dass man uns hier abschreibt.“
Er wandte sich den Soldaten zu, die sich um ihn gescharrt hatten.
„So, Jungs und Mädels, wir wollen hier wohl alle heil wieder rauskommen. Und das heißt zuerst einmal,...“ – er trat auf Dium zu, entriss ihr das LHO-Stäbchen und zertrat sie unter seinem Stiefel – „... dass hier niemand aus der Reihe tanzt. Klar soweit?“
Sonnig hob ihre Hand.
„Ja, Soldat?“
„Was ist mit den Zivilisten? Sollten wir nicht zurückgehen und so viele wie möglich hier rausholen?“
Nereus seufzte.
„Löblich, wirklich löblich. Doch mit diesen wunderbaren Dingern...“ – er klopfte auf sein Lasergewehr – „...kann man leider nur leidlich gegen Artillerie vorgehen. Sie werden selbst schauen müssen, wie sie sicheres Gebiet erreichen.“
Mit aufgerissenen Augen und geöffnetem Mund sah Sonnig den Sergeant an. Dann nickte sie.
„Dann los, bleiben wir in Bewegung. Ich will nicht, dass uns eines dieser verdammten Geschosse doch noch erwischt. Abmarsch.“
Die jungen Soldaten schulterten Waffen und Gepäck, ehe sie in leichtem Trab die Gasse verließen.
Es war ein surreales Szenario, mehr Flucht als geordnete Bewegung. Kaum jemand achtete noch darauf, die Umgebung ordentlich zu sichern, stattdessen trabten sie mit gesenktem Kopf vorwärts. Warm fiel ihnen Regen in den Nacken. Ständig trieb Nereus sie an, und die Einschläge, die mal ferner, mal näher klangen, gaben ihm Recht.
Irgendwann fiel ihnen auf, dass der Soldat aus Caulbrons Trupp verschwunden war. Leise geflüstert konkurrierte die Vermutung, ein Feind hätte ihn erwischt, mit der Behauptung, er sei desertiert.
Dium hielt sich nah bei Kälte, die neben ihr lief und erfolglos immer wieder versuchte, über verschiedene Frequenzen jemanden zu erreichen. Die mehrere Schritt lange Antenne des Funkgeräts schwankte im Takt ihrer Schritte hin und her. Wenn Dium sich nicht irrte, hatte man ihre Funkerin direkt von der TSA, der Technischen Schola Aricia, eingezogen. Ihre Haare waren kurz geschnitten und gebleicht, das Gesicht etwas spitzbübisch, die Stirn in Falten gezogen. Im Allgemeinen galt sie als schroff und abweisend, und weder sie noch Dium waren derzeit in Plauderlaune.
Die Gassen, die sich zwischen den Habitaten hindurchzogen, schienen beinahe endlos. Dium hatte bereits nach kurzer Zeit jegliche Orientierung verloren, und so hoffte sie, dass Nereus wusste, wohin er sie führte.
Plötzlich gab es ein leises, feuchtes Geräusch, und einer der beiden Soldaten aus Vanders Erstem – sie wusste noch immer nicht, wie er hieß – ging unter Keuchen und mit blutverschmierter Brust in die Knie. Mechanisch warf sich der gesamte Trupp zu Boden, als auch schon mehrere weitere Laserstrahlen hinter ihnen die Gasse hinunter jagten.
Dium rollte sich hinter einen rostigen Müllcontainer, dessen Inhalt – Essensreste, Verpackungen, eine geborstene Holotafel – zur Hälfte auf dem Boden verstreut lag. Ihr Atem beschleunigte sich, die Finger umkrampften den Griff des Gewehrs.
„Scheiße, scheiße, scheiße...“, murmelte sie leise vor sich hin, während sie sich mit einer Hand über das Gesicht fuhr. Sie spürte Feuchtigkeit – ihre Nase blutete.
Jemand berührte sie an der Schulter, und sie wandte sich um. Kälte hockte neben ihr und deutete wortlos auf einen Hauseingang, in dem bereits ein Teil des Trupps in Deckung gegangen war. In eben diesem Moment sprintete auch Giftig zu ihnen, den Kopf eingezogen. Ein Schuss streifte seine Schulter und verfehlte seinen Kopf um eine Handbreite, doch er schaffte es herüber.
Kälte und Dium nickten einander zu, ehe sie dicht hintereinander ebenfalls zu den anderen hasteten. Jeden Augenblick befürchtete sie, von einem Treffer niedergeworfen zu werden, doch nichts dergleichen geschah. Als sie sich in Deckung warf, schlug ihr das Herz bis zum Hals.
„Das haben wir gleich“, stellte Giftig fest, der sich die massive Eingangstür näher besah. Er legte an und schmolz das Schloss aus nähester Nähe, ehe er die Tür mit einem beherzten Tritt aufbrach.
Einer nach dem anderen glitten die Soldaten in das Gebäude.[FONT="][/FONT]
Für einen kurzen Augenblick sah Dium nichts außer Schwärze, als sie den Raum betrat. Während sich ihre Augen langsam an das Dunkel gewöhnten, tastete sie sich, das Gewehr im Anschlag, in den Raum hinein. Vage Umrisse schälten sich aus dem Dunkel: ein Pult zu ihrer Linken, eine Treppe dahinter, die nach oben führte – voraus nur Schwarze.
Hinter ihr schlug Nereus die Tür zu. Es war ein scharfes Zischen zu hören, als ein Laserstrahl durch das massive Holz schnitt und für einen Moment den Raum in diffuses rotes Licht hüllte.
„Gafft nicht herum wie ein Haufen Schulmädchen, bewegt euch! Na los, macht schon!“
„Einen Moment.“
Merioth fummelte an einer Wandkonsole herum. Ein sanftes Summen schwoll an und ebbte sofort wieder ab.
„Hm“, machte er. „Kein Strom, wie es scheint. Oder das ganze System hier ist schon vor Jahren vor die Hunde gegangen.“
„Ein ganz Heller, wie es scheint“, kommentierte Giftig, der bereits eine Stablampe an seinem Gewehr montierte.
„Ist hier ja auch ‚ne echte Seltenheit, so unter Stumpfköpfen“, schaltete Dium sich ein. Die anderen taten es Giftig nach: ein schmaler Lichtkegel nach dem anderen erhellte den Raum. Die Soldaten ließen ihre Lampen hin und her wandern.
„Klappe, Kleine“, erwiderte Giftig genervt und blickte sich um. Sie standen im Foyer eines Hotels oder einer Herberge, die jedoch ihre beste Zeit schon lange hinter sich gelassen hatte. Der Teppich auf dem Boden hatte keine klar erkennbare Farbe mehr und wies an mehreren Stellen Löcher auf, der Putz klebte nur noch an wenigen Stellen an den Wänden. Auf dem verstaubten Pult stand ein klobiger Monitor, der noch aus einer Zeit zu kommen schien, als es das Imperium nicht einmal gegeben hatte. Ein unangenehmer, muffiger Geruch lag in der Luft.
„Und kreativ sind wir augenscheinlich auch. Steht hier ein wahrer Wunderknabe vor mir?“
Auch Dium kramte nun ihre Lampe hervor und ließ sie unter der Gewehrmündung einrasten – eine Bewegung, scheinbar tausendfach unter Sergeant Arios Delat exerziert.
„Ich will nur ungern dieses heimelige Gespräch unterbrechen“, meldete sich nun der Mann aus Vanders Erstem zu Wort. „Aber Mirrt liegt noch da draußen, sollten wir nicht zurück...“
„Verdammt noch mal!“, brüllte Nereus plötzlich los. „Bin ich hier in ein verdammtes Pfadfindertreffen geraten? Fangt endlich an zu denken und rettet erst einmal eure eigenen Ärsche.“
Schnaubend stapfte er los. Ein weiteres Zischen ließ die jungen Männer und Frauen zusammenzucken. Rasch folgten sie dem Sergeant in das Gebäude hinein, die Lichtkegel ihrer Lampen tanzten unruhig vor ihnen hin und her.
Der Teppich unter ihren Stiefeln schien endlos lang. Von dem Gang gingen in regelmäßigen Abständen nach links und rechts Türen ab, doch keine fand nähere Beachtung.
„Wir müssen so schnell wie möglich hier raus“, teilte Nereus im Laufen dem Trupp mit. „Wer auch immer da geschossen hat, kriecht hier noch herum – und ich will nicht unbedingt nähere Bekanntschaft mit ihm schließen. Kälte?“
„Nichts Neues, Sergeant.“
„Na, zumindest die Richtung, in die wir uns bewegen, stimmt einigermaßen. Leise jetzt.“
Der Gang endete vor ihnen in einer Doppeltür, deren weiße Farbe bereits zu großen Teilen abgeblättert war. Verblichene gotische Lettern ließen das Wort „Salon“ erahnen.
Mit angespannten Gesichtern nahmen die Mitglieder des Trupps an der Seite der Tür hintereinander Aufstellung – Dium, Nereus, Skiron, Giftig, Merioth, der Mann aus Vanders Erstem und am Schluss Kälte. Nur Sonnig postierte sich auf der anderen Seite des Ganges.
Dium fuhr sich nervös mit der Zungenspitze über die Lippen, ihre Finger fuhren wieder und wieder über den Abzug ihrer Waffe. Sie musste an ihre LHO-Stäbchen denken. Für einen einzigen Zug hätte sie ihre eigene Mutter verkauft.
Nereus gab Sonnig ein Zeichen, und diese riss einen der Türflügel nach innen auf. Geduckt und mit gesenktem Kopf sprintete Dium in den Raum. Den winzigen Bruchteil einer Sekunde lang nahm sie alles mit übernatürlicher Schärfe war: die kleine Bühne weit zu ihrer Linken, der Vorhang geschlossen und ausgegraut; die Kronleuchter, mit Dutzenden, längst erloschenden Elektrokerzen bestückt; die runden Tische im ganzen Saal, die Stühle, die lose um sie herum gruppiert waren. Dium blinzelte. Im Raum verteilt, m Schatten beinahe unsichtbar, standen Dutzende Gestalten.
Instinktiv ließ sich Dium auf ein Knie sinken, presste das Lasergewehr an die Wange, zielte und schoss. Ihr erster Schuss verfehlte das Ziel, der zweite traf einen der Schemen an der Brust. Ohne einen Laut von sich zu geben, kippte dieser nach hinten um.
Hinter Dium kamen die anderen in den Saal gestürmt. Zwischen Tischen und Stühlen Deckung nehmend fielen sie in das Feuer ein.
Zahlreiche Gestalten stürzten, doch einige blieben trotz mehrerer Treffer auf den Beinen. Dium hatte den Finger um den Abzug gekrampft und gab Schuss um Schuss ab. Rote Laserstrahlen spannen ein feines Netz durch den Raum.
„Einstellen, Feuer einstellen!“, schrie der Sergeant mit einem Mal. Danach herrschte einen Moment Stille.
Rauch und Dampf lagen in der Luft. Sonnig schüttelte sich unbehaglich. Der Beschuss hatte überall Brandspuren hinterlassen, einer der Stühle hatte sogar Feuer gefangen. Nereus bewegte sich langsam nach Vorne und beleuchtete eine der getroffenen Gestalten. Der Lichtstrahl seiner Lampe zeigte ein entfernt menschliches Wesen, eine groteske Kreatur, dessen Körper zu weiten Teilen aus Maschinenteilen bestand.
„Servitoren. Ihr habt verdammt noch mal auf beschissene Servitoren geschossen, ihr verfluchten Scheißhirne.“
Er drehte sich zu Dium um und stapfte auf sie zu. Mit einer beiläufigen Bewegung schlug er ihr mit der flachen Hand ins Gesicht und warf sie damit zu Boden.
„Jeder Anhänger des Erzfeindes in der gesamten Metropole wird eure mutige Schießerei hier gehört haben, ihr Idioten. Wenn wir hier lebend rauskommen...“
Nereus führte seinen Satz nicht zu Ende. Ein Laserstrahl durchbohrte seine Seite und ließ ihn stürzen.