Das Spiel der Götter
Eine Brise fegte über das Türkisfarbene Meer. Er brachte das Salz in die Höhe und reinigte damit die Luft von all den üblen Gerüchen, die die Menschen nun mal mit sich brachten. Zusammen mit dem Wind war eine Ruhe gekommen, die auch den alltäglichen Lärm verdrängten. So blieb nichts weiter als Stille und die frische des Meeres. Draußen, im Meer lagen ihre Schiffe, schwammen über das warme Nass und behaupteten sich auf den Wellen. Die Segel waren gerafft, damit sie nicht ins Meer hinausgetrieben wurden. Ihm ging das Herz auf als er sie sah. Er war Seemann durch und durch. Und jedes Mal, wenn er diese Holzkolosse sah, bekam er eine unbestimmte Melancholie von der See. Dabei waren aber auch immer eine unbändige Freude und eine Art stolz. Auf was er stolz war, wusste er nicht. Es war nicht so, dass er auf sich Stolz war diese Schiffe Steuern zu können und durch dieses schwierige Element navigieren zu können. Für ihn fühlte es sich eher so an, als wäre er auf die Schiffe selbst Stolz. Einfach deswegen weil sie auf den Meeren fuhr. Ihm hatte einmal jemand gesagt, man könne nur auf etwas stolz sein was man selbst erschaffen hatte. Somit war Stolz auf Bauwerke, auf Familie oder auch Völker absolut sinnlos und dumm. Marzeus hatte dem Kerl kurzerhand ausgelacht und war weiter gegangen. Ihn hatten solche kurzsichtigen Philosophen nie interessiert. Was gab es auch von solchen Menschen zu lernen, die selbst keine Ahnung vom Leben hatten? Sein Blick wanderte von den Schiffen der Piraten zu den riesigen Ungestümen, die wie Seeungeheuer aus dem Wasser stießen. Riesige Schaufelräder an beiden Seiten und ein riesiger Kamin, aus dem schwarzer Rauch aufstieg. Marzeus hatte gehört das die Zwerge es Ruß nannten. Er selbst kannte es von den Fackeln, doch in solchen Mengen hatte er noch nie so viel Asche auf einmal gesehen. Was sich die kleinen Wühler dabei gedacht hatten, so etwas zu erschaffen? War ihr Vertrauen gegen alles, was aus Lebendigem erschaffen, wurde so gering? Die kurze Seemanns Reise hatte Marzeus nicht geholfen, mehr Einblick in die Seelen seiner neuen Herren zu sehen. Es war vielmehr so, das je mehr er sie kennenlernte, desto mehr kamen die Unterschiede zwischen ihren Rassen in den Vordergrund. Er hatte ähnliches mit Menschen durchgemacht und war mehr als einmal kräftig vor dem Kopf gestoßen worden, da er sich den Kulturunterschied nicht klar gewesen war. Nur waren sie alle Menschen. Bei den Zwergen war die Kluft noch breiter und ein Spur tiefer. Dabei wollte er gar nicht Wissen, wie es den Estalianern ging die eine nicht gerade geringe Anzahl von Elfen beherbergten. Wie war es für sie, mit beinahe unsterblichen Lebewesen zusammenzuleben? Marzeus sah es schon, heute würde er wieder einen seiner Nachdenklichen Tage haben.
Doch er genoss diesen Moment noch einmal und zog tief die salzige Luft ein. Dabei fiel sein Blick ganz zufällig auf einen kleinen Segler. Ein wirklich mickriges Schiff, das man eher für Küstenfahrten her nahm. Auf dem hohen Meer würde es kurzerhand von den Gezeiten vernichtet werden. Für die Menschen aus Arabia waren solche Schiffe selten, aber auch nicht ungewöhnlich. Die meisten waren etwas größere Fischer die einige feste Plätze hatten, wo sie ihre Netze ausbringen konnten. Der Rest waren Schmuggler. Das könnte erklären warum das Schiff gerade jetzt auslief. Normalerweise wusste aber jeder, dass man bei einer Hafen Belagerung lieber nicht rausfahren sollte. Die meisten Kapitäne folgten der Devise, alle fremden Schiffe in Grund und Boden zu schießen. Selbst wenn es nur Ruderboote waren. Der Kapitän des Winzlings musste wirklich sehr triftige Gründe haben, um aus der Stadt hinaus zu gelangen. Aber was soll‘s, jeder ist seines eigenen Glückes Schmied. Das brachte seine Gedanken von dem Schiff wieder zurück zu ihm. War dieser Weg wirklich der richtige? Solche Fragen hatte er sich immer schon gestellt. Er war kein ehrlicher Mensch, bei weitem nicht. Aber er wollte auch kein Toter Mensch sein. Deswegen war sein Kopf immer damit beschäftigt, abzuwägen. Und gerade war er in einer tiefen Sinnes Krise. Einerseits Plünderten sie gerade eine Handelsstadt aus Arabia. Gut, die Zwerge meinten sie hätten ihre Gründe. Urd Klippenschmied hatte ihn dahingehend nahegelegt, nicht nachzufragen. Aber die Zwerge waren fest davon überzeugt, dass diese Stadt gegen ihr Volk vorgegangen war. Das brachte natürlich Probleme mit sich. Gerade machte sich nämlich irgendein Stammesführer daran, das ganze Land zu vereinen. Wenn sie nur eine seiner Städte überfielen, dann legten sie sich mit der stärksten Militärischen Macht im südlichen Gewässer an. Da konnte selbst die enorme Feuerkraft der Zwerge nicht viel daran ändern. Was ihn mindestens genauso sehr verstörte, war der Gedanke das sie damit den Handel nachhaltig störten. Und ohne Handelsschiffe gab es nichts zu Überfallen. Oder zu schmuggeln. Oder…Es war egal, sobald der Handel am Schwinden war, würden das die Piraten zu spüren bekommen. Eigentlich war ihm das alles noch egal, würde er nicht Wissen das sobald ein Krieg ausbrechen würde, er vermutlich mit Leuten kämpfen musste vor denen er im Normalfall lieber wegrennen würde. Nun kam aber die Sache, die das alles ausgleichen sollte. Und das war das Medaillon das in seiner linken Hand glitzerte. Es war eine Goldkette die mit Silbernen Ornamenten verschönert worden war. Und in der Mitte ein weißer Stein, der das Licht brach und damit einen Regenbogen erzeugen konnte. An sich machte Marzeus sich aus solchem Kleinod nichts. Wäre es nicht so, dass man ihm dafür in Sartrosia wohl ein kleines Haus geben würde. Und eine Schenke und zehn Huren dazu. Und das war nur ein Teil der Beute. Selbst bei einer Menge von tausendfünfhundert Piraten und mit den Auflagen der Zwerge, wenn sie Plündern durften und wie stark. Selbst das kleinste Pulveräffchen, das meistens mit Latrinen Putzen, Deckschrubben und noch viel schmerzvolleren und erniedrigenden Arbeiten beschäftigt ist, wird heute Platzen vor Freude. In seiner gesamten Zeit als Freibeuter hatte er noch nie einen solch erfolgreichen Tag erlebt. Und es gab noch sieben weiter Städte die es zu Überfallen galt. Das hieß zwei Monate lang ging es darum, reichen Händler Familien ihr erspartes zu rauben, im Namen einer Rasse die seit Jahrtausenden in den Bergen herumwühlte. Das Leben hatte schon einen besonderen Humor und die meisten Götter schienen ihn zu verstehen.
Marzeus war innerlich zerrissen. Seine Gier sagte ihm, dass er endlich den Goldenen Topf gefunden hatte. Endlich in das gute Gewässer mit Smaragdfarbenen Ozean gefahren war. Aber was brachte ihm das alles, wenn er dafür sterben würde? Obwohl, wenn er genau überlegte, sein ganzes Leben war ein Seilakt. Und ob er nun für ein geringeres Vermögen sterben würde, oder eben als verflucht reicher Drecksack…
Sein Blick wanderte noch einmal zu dem größerem Fischerboot das Todessehnsüchtig aufs offene Meer hinausfuhr. Marzeus war sich sicher, dass sie kurzerhand in Stücke geschossen wurden. Er musste nur warten bis sie innerhalb der Reichweite der ersten Schiffe waren. Die Seeräuber darauf waren wahrscheinlich ganz schön angepisst nicht selbst Plündern zu dürfen. Dank den Zwergen war zwar Vergewaltigen und anderweitig Spaß haben nicht erlaubt, aber Plündern und Saufen was man wollte war auch schon was. Warum sich die kurzen sosehr dagegen wehrten, lag wohl daran das sie in erster Linie nur die Sklavenhändler Familien in die Finger bekommen wollten. Alle anderen wollten sie soweit in Ruhe lassen, wie es nur ging. So dumm war diese Urd nicht, sich mit den Dunkelhäutern aus den Wüsten anzulegen. Nicht dann, wenn ohnehin das gesamte Meer gegen sie Mobil machten. Ob das allein reichte wussten allein die Göttern. Also entschied er sich für einen Münzwurf. Wenn es das Schiff schaffte, an der Flotte vorbeizukommen ohne in Grund und Boden geschossen zu werden, dann würde er den Zwergen die Treue halten. Sollte es jedoch sinken würde er bei der erst besten Gelegenheit verschwinden oder notfalls die Seiten Wechseln.
Rhisdil war überrascht wie schnell sich die Welt wandeln konnte. Heute Morgen war er in eine blühende Handelsstadt gekommen. Und nun wurde sie gerade von Piraten auseinandergenommen und geplündert. Der Geruch der aus der Stadt kam war getränkt mit Furcht und Existenzverachtung. Dabei schwang aber auch eine gewisse Note mit, die Rhisdil eine gerechtfertigte Angst nannte. Ein paar der Stadtbewohner wussten scheinbar sehr gut, warum die Zwerge ihnen an den Kragen wollten. Sein Gefühl sagte ihm das die Druichi wohl gerade dabei waren, frische Fleischwaren weiter zu verschiffen. Was für ein Glück für sie, das Rhisdil sie getötet hatte und nicht von den Zwergen zu Rechenschaft gezogen wurden. Die Kleinen Stollenbewohner neigten zu teils drastischen Strafen. Mit abgeschnittenen Ohren nackt in die dunklen Eingeweide der Welt getrieben zu werden war alles andere als Fein. Aber auch ohne die Dunkelelfen waren die Zwerge wohl vollauf begeistert. Was er von ihnen riechen konnte war Hoffnung und eine grimmige Freude, einen weiteren Groll streichen zu können. Rhisdil wollte gar nicht Wissen wie viele Zwerge in der Stadt gefangen waren. Gesammelt aus der gesamten Alten Welt um sie in das dunkle Land jenseits von Ulthuan zu bringen. Hätten sie ihn noch in der Stadt angetroffen, wäre er wohl von den Kleinwüchsigen niedergemäht worden. Oder sie hätten es auf jeden Fall versucht. Rhisdil war aber nicht so arrogant zu glaube,n dass er es mit mehr als hundert erprobten Zwergenkriegern aufnehmen konnte. Zum Glück hatten er und seine neuen Begleiter es rechtzeitig geschafft. Jetzt mussten sie nur noch auf direkten Weg nach Magarit um Daleszin und dem König von Estalia, Felipe el Piadoso.
„Wir sollten uns vor den Schiffen in Acht nehmen“. Der Dunkelelf starrte argwöhnisch gegen die Piratenschiffe die in einiger Entfernung dahin dümpelten. Rhisdil verstand ihn, er misstraute diesem Menschen Abschaum genauso. Innerlich suchte er die Götter für Vergebung sie Abschaum genannt zu haben, doch das war noch das freundlichste Wort dafür. Er mochte ihre Lebensweise und art nicht. Und was ihm die Winde der Magie mithilfe seines Geruchssinns übertrugen, war verehrend. Gier, Wollust, Zorn, Verrat untereinander und die Belanglosigkeit mit der sie das habe anderer zerstörten. Er spürte mehrmals, wie die Gerüche der Zwerge sich mit denen der Piraten kreuzten. Es waren immer die Zwerge die gewannen. Selbst als solch niedere Wesen hatten sie kein Problem damit, sich anderen unterzuwerfen. Ihre Triebe waren nicht stark genug, um dafür zu sterben. Rhisdil war es einfach unverständlich, wie jemand ein solches Leben auch nur entfernt als lebenswert bezeichnen konnte. Selbst ein Hund würde sich elendig in die Fluten stürzen um nicht ein solch niederes Leben zu führen. Die Akzeptanz von diesem Menschenschlag, auch wenn Rhisdil es nicht gern zugab, war aber da. Was brachte es ihm auch, wenn er sich darüber aufregte. Die Menschen neigten dazu. Was ihn bei der Sache weit härter traf, waren die Zwerge, die die Piraten nutzten. Zwar verhinderten sie das die Stadt völlig in Mitleidenschaft gezogen wurde, doch für solch auf Ehre bezogene Kreaturen, hatten sie wenig Anforderungen an ihre Verbündeten.
„Herr Rhisdil, hört ihr mir zu“? Mit einem Ruck wurde sein Verstand in die Gegenwart katapultiert. Seine Augen glitten zu dem Dunkelelfen. Er sah ihn mit besorgten blick an und deutet zu den Schiffen:“ Auch wenn ich ungeübt in solchen Dingen bin, ich glaube diese Bastarde beladen die Kanonen“. Sein Kopf schnellte wie eine Schlange herum, gerade noch rechtzeitig um zu sehen wie eine Flammenzunge aus einem Kanonenrohr pustete. Ein wildes Johlen kam von dem Schiff herüber, zusammen mit dem donnernden Knall der Vernichtungswaffe. Mehrere dutzend Schritte entfernt schlug die Kugel in das Meer ein. „Verdammte Barbaren, die versuchen uns zu versenken!“ Rhsidil schoss sofort der Geruch von Angst in die Nase, eine Mischung aus den magischen Winden Tod und Schatten, aber es war auch etwas Bestie darin, die die Wildheit seines neuen Kumpanen anzeigte. Ihm fiel auf dass er gar nicht den Namen von seinem neuen Begleiter wusste. Er hatte sich gleich nach der Befreiung vorgestellt. Doch der Druichi hatte es vorgezogen, über die Menschen, seine Entführer und alles Mögliche zu schimpfen. Er war ein ausgeprägtes Schandmaul, wenn man so sagen wollte. Den einzigen denn er bis jetzt nicht beleidigt hatte, war Rhisdil. Und die Tür, aber auch nur deswegen weil über Türen zu schimpfen höchst unbefriedigend war. Aber eigentlich hatte er jetzt keine Zeit darüber nachzudenken!
„Übernehmt bitte das Steuer und versucht ein schweres Ziel zu ergeben. Ich versuche etwa mehr Wind in unseren Segeln zu bekommen „. Der Druichi machte sich sofort an die Arbeit und Rhisdil wandte sich dem Mast zu. Blöderweise blies der Wind nicht ganz zu ihren Gunsten. Vielleicht konnte er das aber mit seinen Fähigkeiten verändern.
Er atmete tief ein und begann leise zu rezitieren:
Ich erbitte ehrfürchtig um den höchsten Logus des großen Gauklers, großen Täuschers, dem lachenden Gott, Schutzgott der Tänzer, Lieder und Spieler, Gott der Schatten, Gott der Betrüger, des dunklen Verlangens der Rache, Loec. Ich erbitte um deine Kraft, doch ich mache keinen tausch. Weder mein Geist, Seele oder Körper werden dir gehören. Ich werde in deinem Namen weder Morden noch Leben schenken. Ich werde dir nicht dienen. Ich erweise dir Ehre und zolle dir Respekt. Erhöre mich und ich werde weiter in dieser Welt wandeln. Großer Loec, gib diesem Schiff die Kraft sich im Winde zu drehe,n wie es sonst nicht sein kann, sich durch das Wasser zu bewegen wie ein Fisch. Im Namen des alten Bundes, erinnere dich! Im Namen des größten aller Götter, Asuryan, erinnere dich! Auch wenn dir nichts von mir gehört, so bin ich doch ein Teil deines Volkes! Erhöre mich Loec, du großer Tänzer“! Er hatte im Laufe des Gebets immer lauter geredet bis er beinahe geschrien hatte. Ihn hatte ab der Anrufung der Name, gewaltig die Nase gejuckt und es fühlte sich an als müsste er gleich ordentlich niesen. Der Geruch war schwer zu definieren, doch er roch wie ein Mischung aus einem gewaltigen Trinkgelage und den ersten Frühlingsblumen. Er wandte seinen Blick wieder zu dem Piraten Schiff an dem dutzende Gestalten herumliefen und laut schrien. Warum bei allen Göttern wollten diese Narren sie nur versenken? Rhisdil konnte sich keinen Reim darauf machen. Schließlich hatten er und sein Kumpane ihren Kopf verhüllt und sahen einfach aus wie zwei sehr schöne Männer, die beinahe einen Kopf größer waren als der Durchschnitt. Und ansonsten blieb nur die Tür, die wie er annahm, wohl keinen zu einem Angriff verleiten sollte. Also, warum Taten die das?
Marzeus war wirklich überrascht wie langweilig den Jungs wohl sein musste. Das Stundenlange warten und das mitansehen müssen, wie ihre Kameraden den ganzen Reichtum einsackten, machten sie wohl etwas hibbelig. Sie hatten sogar begonnen das Schiff gefechtsbereit zu machen und setzten gerade Segel. Das war so gesehen, ganz klare Befehlsverweigerung. Andere Admiräle hätten das Schiff sofort Entern lassen und die Besatzung der Meuterei bezichtigt. Bei den Zwergen fehlte aber die Erfahrung mit solchen Dingen. Für sie war es kein Problem, wenn sich ein Schiff für eine halbe Meile absetzte. Selbst dann noch waren sie in Reichweite der enormen Zerstörungskraft. Und sobald sich die Zwerge sicher waren das Gemeutert wurde, wurde das Schiff einfach in Stücke zerschossen. Marzeus traute ihnen einfach nicht zu, sich die Mühe zu machen ihnen hinterherzufahren, um sie dann mit bloßen Fäusten zu verkloppen. Das Risiko das da jetzt was passiert, war denkbar gering. Es brauchte nur wenige hundert Schritt und das Schiffchen würde von dutzenden Kanonenkugeln auf den Grund des Meeres versenkt. Schien so dass er sich wohl mal wieder mal vornahm, sich abzusetzen. Wie musste er noch überlegen, aber im besten Fall nach Tilea. Die Stadtstaaten waren alles andere als begeistert, von der Übernahme Sartrosias. Und mit der Störung des Handels machten sich die Zwerge keine Freunde. Dazu kam, das er genug Informationen über die Kurzen hatte um sich wenigstens halbwegs, bei irgendwen einzuschleimen. Der größte hacken in dem Plan bestand darin, das er verhindern musste, das die anderen Kapitäne davon mitbekamen. Marzeus wollte einfach nur verschwinden. Das würde ihm zwar auf ewig das Mal des Feiglings bei den Zwergen bringen, doch damit konnte er Leben. Wenn jedoch die anderen das mitkriegten, würden ganz sicher ein paar Vollidioten dabei sein, die glaubten die Zwergenschiffe entern zu können. Man musste nicht der schlauste sein, um zu wissen, dass sie allesamt von den Bärtigen Krieger in den Boden gestampft wurden. Und dann wäre er kein Feigling, sondern ein Verräter. Die Legenden über die Vendetta unter den Tileanern waren weitbekannt. Man liebte einfach Geschichten über die Gewalt und die Rache über Generationen. Deswegen kamen auch gleich nach den Erzählungen der Südländischen Fehden, der unsterbliche Groll der Zwerge. Sobald sein Name von irgendeinem wütenden Zwerg in ein Buch geschrieben wurde, würde dessen Verwandtschaft versuchen diese Schande auszumerzen. Selbst wenn die Zwergenflotte dann in einem schlag vernichtet werden würde und Sartrosia wieder in Piraten Hand wäre. Selbst dann müsste er aufpassen, das ihm nicht einer der wütenden Kerle den Schädel mit einer Axt einschlug.
Mit einem donnern das einer Reiterhorde oder einem Blitz nachkam wurden die Kanonen gefeuert. Dutzende Guss Kugeln die so groß waren wie die zwei Fäuste eines ausgewachsenen Mannes. Gespannt sah Marzeus zu wie sich die Rauchwolken auflösten. In einem Hagel aus Tod und Verderben wurden die armen Trottel überzogen. Die ersten Kugeln segelten über den Mast davon. Andere schlugen kurz vor dem Holz Korpus ins Wasser und wurden ihrer Kraft beraubt. Und, Marzeus traute seinen Augen kaum, irgendwie schafften es auch die anderen Kugeln nicht, irgendetwas zu treffen, was nicht aus Wasser bestand. Er konnte nicht anders, als mit offenem Mund zuzusehen wie das Schiff sich durch die Wellen tänzelte. Dabei kam es beinahe wie ein merkwürdiger Tanz vor. Das Wippen des Bugs erinnerte beinahe an den aufreizenden Hüftschlag, eines gut gebauten Frauenhinterns. Als wollte das Kleine Schiff die Piraten herausfordern, es noch einmal zu versuchen. Wie kam er auf solch eine Sache? Rasch sandte er ein Gebet zum Gott der Piraten und Plünderer für seinen Schutz. Es konnte nicht mit rechten Dingen zugehen, wenn eine volle Breitseite auf so ein Ziel völlig daneben ging. Nicht bei Männern, die seit ihrer Kindheit nichts anderes Taten als wortwörtlich mit Kanonen auf Spatzen zu schießen. Der Krach der Schüsse war gut zu hören gewesen. Sowohl von den restlichen Schiffen, wie auch in der Stadt, wurde das treiben nun verfolgt. Ein kurzer Blick auf die Zwergenschiffe zeigte ihm eine beginnende Hektik. Was hieß das den Piraten nicht lange Zeit blieb, bis sie zurechtgewiesen wurden. Oder sogar schlimmeres.
An ihrer Ehre gepackt und tödlich beleidigt beluden die Seeräuber in kürzester Zeit die Kanonen neu. Das Schiff nahm Fahrt auf und verringerte den Abstand zu dem kleinen Gefährt. Dieses Mal wäre es fast unmöglich ohne einen Treffer davonzukommen. Und niemand fuhr mit einem beschädigten Kahn in die hohen Gewässer ohne Selbstmord Gedanken. Neben Marzeus versammelten sich weitere Gestalten, die ebenfalls dem Schauspiel beiwohnen wollten. Er stand auf einer Terrasse für die obere Bürgerschicht der Stadt. Ein beinahe hundert schritt langer Überhang aus schwarzen Stein, der mit einem Kunstvollen Geländer aus weißen Gestein gesichert wurde. Von hier hatte man den besten Überblick über das Meer und den Tödlichen Überlebenskampf des kleinen Schiffes. Ein kurzer Blick nach rechts bestätigte ihm, das mehrere seiner Männer anwesend waren. Dabei sah er bei einem Wettergegerbten, kernigen Kerl etwas an den Fingern blitzen. Marzeus nahm es etwas genauer in Augenschein und konnte es als verflucht, reinen Goldring entlarven. Der Mann, dessen blonde lange Haare seine Abstammung aus dem Norden anzeigten, war vor einem halben Jahr seiner Mannschaft beigetreten. Verdreckt, halbnackt und noch nicht einmal ein Küchenmesser, nannte er sein eigen. Hätte er nicht angeheuert wäre er ein Bettler oder eine männliche Hure geworden. Selbst in der untersten Schicht in Sartrosias, hätte er um sein Überleben kämpfen müssen. Und jetzt stand er das, voll eingekleidet, mit allem möglichen Schmuck behangen und wenn er richtig sah, hatte er sogar einen Kunstvollen Krummsäbel erbeutet.
Marzeus musste unwillkürlich schlucken. Langsam fragte er sich ob es wirklich so gut für ihn wäre, wenn die Piraten den kleinen Kahn zum Grund der Meere schickten.
Böse Zungen behaupten dass Götter sich zwar gerne als allmächtig darstellten, doch sehr unregelmäßig und nur im seltensten Fall ihre Mächte einsetzten. Rhisdil bekam das gerade am eigenen Leib zu spüren. Nachdem der Gaukler Ihr Schiff zum Tanzen gebracht hatte, überlebten sie den Kugelhagel ohne einen Kratzer. Dann hatte der Wind plötzlich angefangen, sich wie das Lachen eines Geistesgestörten anzuhören. Und das war es dann. Ohne weitere,s machte sich seine Göttliche Rückendeckung aus dem Staub und ließ ihn allein mit den mordlüsternen Piraten. Verdrossen blickte er auf sein Schwert. Wenn er wenigstens in einem ehrlichen Kampf sich beweisen könnte. Dann hätten sie vielleicht sogar eine reelle Chance. Er traute es sich zu mehrere im Kampf zu erschlagen. Und sobald sie sahen dass er mit der Klinge umgehen konnte, würden sie es sich vielleicht anders überlegen. So mussten sie jedoch nur ihre widerwärtigen Eisenrohre benutzen, um sie zu töten. In dieser Hinsicht unterstützte Rhisdil die Ritter Betronias absolut mit ihrer Ansicht, jede Fernkampf Waffe als unehrenhaft darzustellen. „Loec ist so ein mieses Schwein“. Sein Leidensgenosse traf es ziemlich genau. Von tiefsten Herzen stimmte er ihm bei, währenddessen er mit allen Kräften versuchte das Schiff schneller zu machen. Mit einem Schiff der Elfen wären wir jetzt längst schon in Estalia, dachte er verbittert. Das stimmte natürlich nicht, aber im Augenblick des Todes durfte man ruhig etwas übertreiben. „Gibt es noch irgendeinen Gott,den du anrufen könntest und den es interessieren würde, uns lebend hier herauszuschaffen“`? Im Antlitz des Dunkelelfen hatte sich Furcht eingefressen. Rhisdil dachte kurz nach. „Nein“. Loec war der einzige, dem so etwas Spaß gemacht hätte. Der Gaukler liebte es, andere zum Narren zu halten und fand Gefallen daran, Tatsachen auf den Kopf zu stellen. Alle anderen Götter fanden an solchen Dingen keinen gefallen und auch nicht an die Art des Kampfes. Das war nicht der ehrenvolle und blutige Kampf, den sich den meisten Kriegsgöttern verschrieben hatten.“ Das heißt also das wir uns in Khaines Feldern wiedersehen werden“. Der Dunkelelf klang nicht verbittert, sondern eher zornig. „Gerettet vor dem Häuten, nur um von ein paar Schweinen von Eisernen Kugeln versenkt zu werden. Das Schicksal ist fantastisch“. Der Druichi lachte kurz auf. Rhisdil gab nichts auf seine harten Worte und gab alles um das Schiff schneller zu bewegen. Er drehte die Segel um besser den Wind einzufangen und schlug das Ruder so ein das sie das kleinste Ziel darstellten. Schon seine Lehrmeister hatten ihm gesagt, dass er dazu neigte an Dinge festzuhalten, obwohl sie längst schon verloren waren. Tja, sollten sie doch über ihn Lachen, es war nicht seine Art sein Leben einfach so leichtfertig wegzuwerfen. Er band ein Seil von der Reling und legte sein gesamtes Gewicht hinein. Um eine Handbreit drehte sich das Segel und es ging ein Ruck durch das Holzgerüst. Das Seil zog schmerzhaft in seinen Händen. Der Wind biss stark in die Leinen und versuchte ihm die Kontrolle zu entreißen. Ihr kleines Schiff schaukelte auf den Wellen und trotz seines gewohnten Seegangs, verlor er beinahe das Gleichgewicht. „Verfluchter Narr“! Der Druck auf Rhisdils Händen wurde weniger. Der Dunkelelf und er schafften es mitzusammengebissen Zähnen, das Seil erneut festzubinden, nur das es diesmal einen Unterarmlang weiter an der Reling angebunden wurde. Keuchend und sich die schmerzhaften Hände an der Hose reibend, schaute er zu dem Piraten Schiff. Die kleine Änderung brachte nicht viel. Die Piraten waren gerade dabei ihre Kanonen neu zu beladen und waren nur noch halb so weit entfernt, wie bei ihrem ersten Schuss. Diesmal würden sie definitiv versenkt werden. Seine Meister würden zu dem Vorfall nichts sagen, wenn sie es hören würden. Vielleicht ein ganz kurzes Lächeln, wenn sie sich in einem unbeobachteten Moment wähnten. Offene feindselige Emotionen zu zeigen war ja schließlich alles andere als gern gesehen.
Das widerliche Krachen einer Kanone erklang und kurz setzte sein Herz aus. Er spürte geradezu wie Eisenkugel aus dem Eisenguss Rohr befördert wurde. Wie sie sich mit immenser Geschwindigkeit fortbewegte, Wind und Luft zerschnitt, als wäre es nichts. Um mit einem alles vernichtenden Einschlages zu zerstören. Rhisdil hatte als Schwertkämpfer immer schon mit dem Gedanken gespielt, wie es wohl sein würde wenn er starb. Dabei hatte er schnell herausgefunden dass auch ein Tod durch das Schwert ihn wenig begeisterte. Der Schmerzen, die Niederlage und das Leiden bevor die Seele aus dem Körper floh. Er hatte nicht das Gefühl, das es so ein anständiger Tod war. Nur stand ertrinken auch nicht wirklich auf oberster Stelle. Die Kugel schlug krachend ein, Männer schrien und Holz wurde in Stücke gesprengt. „Das glaube ich jetzt nicht“. Der Dunkelelf stand neben Rhisdil. Ganz nebenbei kam ihm der Gedanke, dass derzeit keiner das Steuer in der Hand hielt. Dann kam aber auch schon der zweite Gedanke, dass die Kugel nicht bei ihnen eingeschlagen hatte. Und das der Druichi auch nicht geschrien hatte. Ungläubig blickte er zu dem Piraten Schiff. Die Piraten waren gerade dabei hektisch das Schiff zu drehten. Da begann ein weiteres Gewitter und dutzende Eisenkugeln zerfetzten einen Gutteil des Schiffes. Zwanzig Schritte von ihrem Schiffe entfernt schlug ein Fehlgänger ins Wasser ein.
Rhisdil dankte den Göttern und beeilte sich das Steuer in die Hand zu nehmen. Zum Glück hatte das Ruder den kurz gehalten, obwohl es nur Wild herumgeschwenkt war. Beinahe schien es ihm als würde er wieder den Gaukler Lachen hören.
„Scheiß dich an“. Marzeus hatte selten etwas so unglaubliches gesehen. Und selten so schnell etwas grauenhaftes. In einem Moment noch ein prachtvolles Schiff, im nächsten Moment ein halbes Wrack. Die Kanonenkugeln der Zwerge hatten Löcher in das Holz gerissen, wo man vermutlich seinen Kopf hindurchstecken konnte. Nach seiner fachlichen Meinung war das Schiff schon nach der ersten Salve soweit verwüstet, das alles andere als aufgeben nicht mehr möglich war. „Mein Schiff“! Man hörte irgendetwas Metallisches auf dem Steinboden aufschlagen hören. Kurz darauf wurden zwei schaulustige kurzerhand umgeworfen. Ein Mann um die vierzig mit braunem Schnurbart und hellbraunem Haar schaute fassungslos auf das Meer. Von seiner Statur war er eine Handbreit größer als Marzeus. Auf seinem Kopf thronte ein großer Kapitäns Hut, er trug einen gut erhalten Mantel eines Imperialen Kapitäns. Manfred Hamstein. Marzeus kannte ihn als eine halbwegs begabten Kapitän der auch recht gut mit Situationen umgehen konnte. Für ihn war der Tod der Piraten Königin gerade recht gekommen. Wild winkend schrie er aus purer Verzweiflung: „Ihr Idiotien, sofort umkehren, sofort! Segel brach liegen lassen und Anker setzen! Bei Sigmar ihr vollkommen Blödmänner…“!
Marzeus wusste das ihm das Lamentieren nichts brachte und Manfred vermutlich auch. Doch in so einer Situation war es mehr als verständlich, wenn man da nicht mehr ganz klar im Kopf war. Zum Glück für sein Herz und seine Mannschaft hatte Niemand die Idee zurückzuschießen. Das wäre auf jeden Fall ein Todesurteil gewesen. Für Marzeus stand damit fest, das er weiterhin den Zwergen die Stange halten würde. Er hoffte, dass er diese Entscheidung nicht bereute. Doch wenn er einen Blick auf das Schiff warf, dann wollte er gar nicht wissen, was es erst für all jene bedeutete die offen gegen dieses Volk ins Feld ziehen wollten.
„Mein Name ist Imrik“. Seit mehr als einer Stunde hatten keiner von ihnen etwas gesagt. Sie hatten einfach geschwiegen und sich darauf gefreut, noch Luft in ihre Lungen zu saugen. Das er sich jetzt so plötzlich vorstellte, passte jedoch zu dem Dunkelelfen. Rhisdil schien es, als würde der Druichi an sich dazu neigen, sehr selten etwas von sich preiszugeben. „Imrik“. Es war eine alte Gewohnheit das Rhisdil Namen kurz nachdem sie ihm genannt worden waren, auf der Zunge rollen ließ. Das machte es ihm einfacher den Namen zu merken. Während er den Namen aussprac,h kam ihm ein Gedanke: „Ist das nicht der Name des Phönixkönigs der Malektith den Phönixthron streitig machte“? Kurz sagte niemand etwas. Dann die knappe Antwort: „Ja“. Schallend hallte über das wunderschöne blaue Meer, Rhisdils helles lachen.