40k vergessene Helden

Aber offensichtlich hatte es sich Ray irgendwann auch mit dem Imperator verscherzt. Drakken beobachtete ihn wortlos. Ein sattes Raubtier das ein neues Territorium erkundete. Mit einem großen Bogen schwebte Ovalis an ihm vorbei und näherte sich dem überdimensionalen Bordmonitor auf dem die Besatzung schon so manche imperiale Sportübertragung gesehen hatte. Nun würde Ovalis hier die Scannerdaten und Bilder des Ork- Satteliten präsentieren. Jetzt schwebten auch seine Männer in den Raum und suchten sich verschiedene Plätze in der Messe, von denen sie guten Blick auf den großen Monitor hatten aber möglichst weit weg von Drakken waren. Dann hörte Ray das metallisch Stampfen mit dem die Magnetsohlen von Sergeant Greg über das Deck schlurften. Der Truppführer der Implantatkrieger. Greg war ein Schrank von einem Mann. Muskeln wohin man sah. Sehnen und Adern so dick wie Stricke und einer Armspannweite mit der er so manchem großen Raubvogel Konkurrenz machen konnte. Es hieß von ihm, dass er sogar von Ogryns neidische Blicke für seine große Statur erntete. Mit servoverstärkten Händen wie Pranken, konnte er fast alles zerquetschen und an seiner Brust sollten sogar Kugeln abprallen, was nicht unmöglich war, wenn man an die implantierten Panzerplatten unter seiner ledrigen Haut dachte. Doch das Auffälligste an Greg war sein Kopfimplantat. Mit Grausen dachte Ray an die Schmerzen, die Greg erlitten haben musste, als er diese Verwundung bekommen hatte. Der halbe Schädel war durch Metall ersetzt. Die gesamte rechte Gesichtshälfte war eine seelenlose Maske. Doch mit der Linken konnte er immer noch perfekt Gefühle ausdrücken. So auch jetzt. Mit Gleichgültigkeit und einer Spur Abscheu als sein Blick Drakken streifte, musterte Greg alle Anwesenden. Wahrscheinlich ging’s ihm wie Leutnant Ovalis und er wusste nicht wirklich warum er an Bord der OCULUS war, um an dieser mickrigen Erkundungsmission teilzunehmen. Greg hatte ganz eigene Maßstäbe für die Beurteilung der Menschen in seinem Umfeld. Seine Einsätze hatten mehr mit brutalen Kämpfen gegen einen übermächtigen Feind auf dem Schlachtfeld zu tun, als mit solch verstohlenden Unternehmungen an der Seite einiger Kundschaftersoldaten, die sich feige hinter den feindlichen Linien einschlichen. Nun sollte er denken, was er wollte, solange er Ray nicht ins Gehege kam und seinen Befehlen folgte. Fest stand, das er als Einziger die Implantatkrieger wirklich fest im Griff hatte.

„Meine Herren am besten beginnen wir sofort. Ich glaube wir sind uns alle einig, dass wir diesen orkoiden Abschaum schnellstens aus diesem System treten. Wir werden wieder einmal die Speerspitze sein, die sich ins Fleisch des Feindes bohrt, um seinen Widerstand zu schwächen. Wir werden erkunden, spähen und zuschlagen, wann immer es uns günstig erscheint.“, sprach Ray und sah wie sich Gregs Aufmerksamkeit auf seine schmutzigen Fingernägel konzentrierte. Ovalis aktiviert den Monitor und das Bild des Ork-Satteliten erschien. „Unser erstes Ziel wird diese orkische Waffenplattform sein.“ Alle blicke richteten sich auf das Bild.
„Seid wann haben die Grünhäute Waffenplattformen?“
„Mann, sieht das Teil hässlich aus! Das ist garantiert von den Orks!“
„Hab ich ja noch nie von gehört.“, kommentierten einige der Männer. Ray blickte alle der reihe nach an, wobei er Drakken ganz bewusst ignorierte. „Ich will diese Station entern! Ich will sie intakt entern! Die Daten haben gezeigt, dass diese Ansammlung von Weltraumschrott wie eine Art Funkrelaisstation funktioniert. Das heißt also, das sie voller Informationen stecken muss...“ „Da wäre ich mir an ihrer Stelle mal nicht so sicher, Sir.“, unterbrach ihn einer der Sergeants und erntete zustimmendes Getuschel und belustigtes Grinsen. „Und falls dem nicht so sein sollte, kann es nicht schaden den relativ regen Funkverkehr der Orks lahm zu legen.“ ,endete Ovalis seine Ausführungen. Er ging durch den Raum und spielte dabei mithilfe der Fernbedienung weiter Scannerdaten auf den Monitor. „ich brauche ein bis zwei Freiwilligentrupps, die mit meiner Einheit diesen Blechhaufen einnehmen und alle an Bord befindlichen Xenos ausschalten.“ Plötzlich zeigte sich das erste Mal echtes Interesse auf Sergeant Gregs Gesicht, jedenfalls auf der noch intakten Hälfte. Auch er würde sich die Gelegenheit , nach monatelangem Nichtstun, nicht entgehen lassen, endlich wieder gegen einen würdigen Gegner zu kämpfen. Auch bei den anderen Männern war es nicht anders.
„Ich gestehe es ist eine relativ kurzfristig angesetzte Mission mit nur minimaler Vorbereitungszeit. Ich weis auch, dass ich viel von ihnen verlange, aber ich selbst werde an vorderster Stelle sein, um diese Informationen persönlich zu beschaffen.“, sprach Ray zu seinen nun immer unruhiger werdenden Leuten, die alle an seinen Lippen hingen. Nun ein wenig würde er es noch hinaus zögern können. „Die Mission ist gefährlich und die Anzahl der Gegner konnten wir bisher nur schätzen. Aufgrund der relativ großen und störenden Metallmenge dieses Konstrukts waren keine genaueren Messungen möglich. Aber ich hoffe doch, dass sich mir trotzdem einige von ihnen anschließen werden, ohne das ich es ihnen befehlen muss.“ Jetzt hatte er sie genau dort, wo er sie haben wollte. „Also meine Herren. Ich frage sie. Wer meldet sich freiwillig?“
Alle Männer hoben die Hände. Gut, nun schnell sein, dachte Ray. „wir werden die Entertorpedos nutzen, um zum Ziel zu kommen.“ Fast alle Hände senkten sich wieder. Nur drei blieben oben. Die Hand von Sergeant Greg und die von Sergeant Jaral. Und die bleiche hand von Drakken.

„Verdammt!“, entfuhr es Greg, Jaral und Ovalis, wie aus einem Munde.
 
Jules Probio schob mit der geschwärzten Machete vorsichtig die störenden Farnwedel zur Seite, um einen besseren Blick auf die kleine Lichtung zu haben, die vor ihm war. Sie lag mitten auf der Strecke und bot nicht die geringste Deckung.
Er selbst verschmolz mit seiner Umgebung vollkommen. Dunkle Tarnschminke und waldfarbene Stoffstreifen, die er in zufälligen Mustern über seiner dunklen Montur verteilt hatte, machten ihn im schattigen Unterholz des Waldes fast unsichtbar. Ihm folgten einige Männer, die sich ähnlich getarnt hatten und zu seinem Stoßtrupp gehörten. Schon seit Stunden schlichen sie durch den Wald, immer darauf bedacht nicht aufzufallen. Bisher war alles gut gegangen. Vor ihnen lag das letzte Stück der Etappe und dann wären sie wieder in schützenden Bunkerwänden.

Er machte ein Handzeichen. Einer der Männer glitt fast lautlos an ihm vorbei und huschte über die Lichtung. Auf halber Strecke lies er sich fallen und wurde zu einem Haufen grüner Blätter und Zweige. Wieder ein Handzeichen. Wieder ein huschender Mann. Das ganze wiederholte sich noch ein paar Mal. Nun lagen überall auf der Lichtung vereinzelte Blätterhaufen. Jules ahmte einen Vogelruf nach und die hintersten Haufen verwandelten sich wieder in bewaffnete Männer, welche möglichst schnell zum gegenüber liegenden Waldrand pirschten. Dann folgten ihnen weitere Männer und bald war die Lichtung fast wieder leer. Nur noch zwei Blätterhaufen warteten auf Jules. Dieser schob seine Machete in die Scheide und hastete los. Als er den letzten seiner Kameraden passiert hatte, hörte er hinter sich das Brechen von Ästen und Zweigen. Dazu gesellte sich das Schnaufen und Knurren eines großen Tieres. Verdammt! Jules erhob sich zu seiner vollen Größe und gab jeglichen Versuch auf, leise zu sein. Jetzt zählte nur noch Schnelligkeit und Überlebenswille. Hinter sich hörte er den Aufschrei des Mannes an dem er gerade vorbei gelaufen war. Ein leiser Schuss und ein wütendes Aufbrüllen. Nur noch ein paar schnelle Schritte bis zum Waldrand und seinem Trupp. „Runter, Sir!“ Probio lies sich fallen ohne nachzudenken. Sekundenbruchteile später eröffneten die Männer das Feuer. Er wälzte sich auf den Rücken und bewegte sich nun rückwärts auf sie zu. Gleichzeitig suchte er nach seiner Waffe und zerrte sie aus dem Halfter. Hinter ihm wurde der letzte Mann von den Kugeln des Trupps durchlöchert. Probio sah den Sicherheitsring in dessen Linker, und drehte sich wieder auf den Bauch, um sein Gesicht vor der Druckwelle der Granate zu schützen. Dann wurde er auch schon leicht angehoben und wie ein Blatt mehrere Meter über den Boden geschleift. Gleichzeitig war aus dem wütenden Aufbrüllen ein gequältes Heulen geworden, das vom wilden Stampfen schwerer Hufe fast übertönt wurde. Dann hörte Probio nur noch ein paar vereinzelte Schüsse.

Schwer atmend blieb er liegen und spürte sein wild schlagendes Herz. Das war knapp gewesen. „Sir, alles in Ordnung?“ Helfende Hände erschienen in seinem Gesichtsfeld. Jules erhob sich und klopfte sich den Staub der Lichtung aus Gesicht und Tarnkleidung. Und er versuchte damit seine zitternden Hände zu verbergen. Der ganze Überfall hatte nur wenige Sekunden gedauert. Jeglicher Versuch jetzt noch unauffällig zu sein war sinnlos geworden. Jedenfalls für die nächsten paar Minuten. „Verdammt, wo kam das denn so schnell her?“, fragte einer der Männer, während er neben den Resten des letzten Mannes niederkniete, der sich für sie alle geopfert hatte. Sprecht eine Litanei und dann müssen wir ihn gut verstecken. Und das ganze schnell. Wer weis, wann die Grasfressen hier auftauchen.“, befahl Probio und gesellte sich zu den anderen Männern, die den Toten anhoben und in Richtung Waldrand schleppten. Jules trauerte still um ihn. Es war Hank gewesen, der in den letzten Augenblicken seines Lebens allen mit einer Granate das Leben gerettet hatte. Die Waldbestie musste sie schon eine ganze Weile verfolgt haben und hatte ihre Chance zum Zuschlagen auf der Lichtung genutzt. Jeder hier kannte die Geschichten über diese massigen Tiere, die wie aus dem Nichts auftauchten und dann mit ihren riesigen Fängen alles zerfleischten, was ihnen vor die Schnauze kam. Doch Jules hatte heute das erste Mal selbst eine gesehen und miterlebt, wie sie sich heimtückisch an ihre Beute anschlich. Er konnte immer noch nicht glauben, wie sich ein solch großes Raubtier ihnen nähern konnte, ohne das geringste Geräusch zu verursachen. Nun jedenfalls würde dieses Exemplar erst einmal seine Wunden lecken müssen und sich vielleicht in Zukunft von Menschen fern halten.
Während einige Männer alles auf der Lichtung mitnahmen, dass irgendwie an militärische Ausrüstung erinnerte, hoben andere in aller Schnelle eine kleine Mulde aus, in die sie die sterblichen Überrest von Hank betteten und ihn mit Zweigen und Blättern bedeckten. Niemand sprach ein Wort, aber alle wussten, dass später noch genug Zeit sein würde um zu trauern. Nach wenigen Minuten sah die Lichtung fast wieder aus wie zuvor und die Männer waren wieder im Dickicht verschwunden.

Nach einer halben Stunde erreichten sie endlich den versteckten Bunker, in dem die alte Hyperfunkanlage untergebracht war, welche den Notruf ins All sandte. Erst als sie durch den verborgenen Eingang ins Innere gelangt waren, bewegten sich die Männer wieder aufrecht und gaben ihre Schleichhaltung auf. Empfangen wurden sie von zwei Funktechnikern, die den Sender bewachten und warteten. Beide waren bärtig und sahen ungepflegt aus. Der Bunker war eben nur eine Ansammlung von dicken Betonwänden und elektrischen Leitungen. Jeglicher Luxus fehlte. Dazu gehörten auch Wasch- und Wohnräume. Niemand wollte hier wirklich gerne Dienst tun, aber jeder wusste, dass der Hyperfunksender die einzige Chance des Planeten war, jemals wieder von den Orks befreit zu werden. Und wie es aussah, war der Notruf nun endlich gehört worden.
„Da sind wir. Was war denn nun so wichtig, dass sie es uns nicht über Funk mitteilen konnten?“, eröffnete Probio ohne Umschweife das Gespräch. Wehe es war nicht wichtig. Er verlor nicht gerne Männer für Nichts und wieder Nichts. Der größere der beiden Techniker kratzte sich kurz den Bart und wies in Richtung des Funkraumes. Probio folgte ihm und lies seine Männer zurück. Der andere Funker freute sich offensichtlich über neue Gesellschaft. „Wollt ihr eine Happen heiße Wurzelsuppe und Tee. Hab grade Mittagessen gemacht und ihr seht aus als ob ihr was brauchen würdet. Gab’s Probleme mit den Grasfressen?“, fragte er die ungewöhnlich schweigsamen Jungs, die da in seinen Funkbunker gekommen waren. „Nee, keine Orks in Sicht gewesen. Aber wir sind einer Waldbestie begegnet. Hat Hank erwischt.“, antwortete ihm jemand. „Ohh…“

Probio musterte die technischen Konsolen, die zur Unterhaltung des Hyperfunksenders nötig waren. Alles glänzte und sah frisch geputzt aus. „Ihr habt hier wohl nicht wirklich viel zu tun, was?“, fragte er den Funker, der sich ihm als Flavio vorgestellt hatte. „Ja, es ist meist sehr still und eintönig hier und dann putzen wir halt die Anlag und checken sie voll durch. Ich glaube, sie ist die sauberste im ganzen Imperium.“, witzelte Flavio und reichte Jules dann einen Computerausdruck. Dieser überflog die Zeilen Stirn runzelnd und gab das Papier mit fragendem Blick an Flavio zurück. „Können sie mir das Kauderwelsch auch in Übersetzen?“ Flavio schaute ihn kurz dumm an, bevor ihm aufging, dass Jules keines der funkverschlüsselten Worte lesen konnte. „Oh, Entschuldigung. Ich sie den wichtigen teil auch hören lassen. Der Maschinengeist hat die Nachricht inzwischen decodiert und umgewandelt. Hab’s selber auch erst einmal angehört. Momentchen bitte…“ Flavio reckte den Arm und drückte einige Knöpfe. Die Raumlautsprecher knackten und rauschten. Flavio nahm einige Feineinstellungen vor und murmelte eine Mechanicuslitanei. Dann schaute er gespannt zum nächsten Lautsprecher.

„Imperiale Bürger. Hier spricht der Kapitän der OCULUS. Wir haben euren Notruf empfangen und weiter geleitet. Hilfe ist Unterwegs. Haltet durch, euer Warten hat nun ein Ende. Antwortet, wenn ihr könnt. Wir melden uns wieder.“

Dann folgten einige für Jules unwichtige imperiale Codesequenzen und Funkerlatein und die Nachricht begann wieder von vorne. Flavio lauschte der stimme andächtig und schien jedes Wort, des fremden Kapitäns für eine Segnung des Imperators zu halten. OCULUS, das klang nicht nach einem imperialen Schlachtschiff. Diese hatten glorreichere Namen, die von der stärke und der Weisheit des Imperiums kündeten. Wahrscheinlich handelte es sich hier um einen kleinen Krämer der sich zufällig in die abgelegenen Gefilde verirrt hatte, und nun dankbare Kundschaft witterte. Aber wenigstens hatte er versprochen, die Nachricht weiter zu leiten. Und das war schon was, auf das man all die Jahre gehofft hatte. Probio war bei weitem nicht so euphorisch wie Flavio, aber eine Schimmer Hoffnung gestattete er sich selbst. Die OCULUS war ein Anfang. Und das Imperium würde hoffentlich bald folgen. Hank war nicht umsonst gestorben. Diese Neuigkeit musste persönlich in die Basis der Rebellen gebracht werden. Nicht auszudenken, wenn irgendeiner der grünhäutigen Xenos davon Wind bekommen würde. So primitiv die Orks auch schienen, sie waren nicht dumm. Sie waren unberechenbar und gefährlich und manchmal gab es Bosse unter ihnen, die viel gerissener waren als der Rest. Und die würden mit einer solchen Neuigkeit schon etwas anzufangen wissen.
 
„Wie alt ist dies Sendung? Wann wurde sie gesendet?“, fragte Jules. Flavio drehte sich zu einer der Konsolen um und machte ein paar Eingaben. Der Rechner der Anlage begann leise summend mit der Arbeit und kurz darauf erschien eine Zahlenfolge auf einem kleinen Monitor. Flavio drückte eine weitere Taste und reichte Jules kurz darauf einen kleinen Ausdruck. Der Veteran überflog die Zeilen in klein gedruckter Schrift. Die OCULUS war gar nicht so weit entfernt, wie er zuerst angenommen hatte. War die Hilfe vielleicht doch schon näher als er ahnte? Captain Borngard Tronje würde nun alles Weitere entscheiden müssen. Vielleicht war er nun zugänglicher für Jules Idee, die Sklaven auf einen Aufstand vorzubereiten? Hier kam doch nun die Rückendeckung, auf die Tronje schon so lange wartete.

***

Es war eng und dunkel. Zwanzig Mann drängten sich auf engstem Raum und versuchten dabei sich nicht gegenseitig an die Gurgel zu gehen. Sie waren nun schon seit Stunden unterwegs und Hendrix fühlte sich wie eingepferchtes Stück Nutzvieh auf einem Transportwagen. Dazu kam noch diese dicke Luft und das einschläfernde Geräusch des Raketenantriebs, das ihn an die Obstbäume seiner Heimat erinnerte, wenn sie voll waren von Nektar sammelnden Insekten. Ja damals konnte so was noch sein Gemüt erfreuen. Doch solche Obstbäume hatte er schon seit langer Zeit nicht mehr gesehen. Seit sehr langer Zeit nicht mehr.

Die Sklavenhändler trieben alle aus dem Beiboot in einen gewaltigen Raum aus Metall. Hendrix glaubte, dies müsse eine der heiligen Kathedralen sein, von denen man immer wieder hörte, wenn Fremdweltler zu Besuch kamen. Der Raum war so gewaltig, dass alle Geräusche Echos erzeugten. Neben dem Beiboot aus dem Hendrix und andere Dorfangehörige getrieben worden waren, standen noch weitere in einer langen Reihe. Überall wurden verängstigte Menschen zu größeren Gruppen zusammen getrieben und mit Peitschen und Elektroschockern in Schach gehalten. Hendrix suchte nach seiner Familie, die er seit dem Überfall nicht mehr gesehen hatte. Doch es war zwecklos. Er sah hunderte von Menschen die wie er gekleidet waren und auch aus seiner Gegend stammen konnten, aber von seiner Verwandtschaft, die sich auf der flucht in die berge befunden hatte, war niemand mit dabei. Nur einige Gesichter erkannte er wieder. Es waren Dorfbewohner, die seine Nachbarn gewesen waren oder die er des Öfteren auf dem Markt getroffen hatte. Aber gerade als er sich zu ihnen drängeln wollte, wurde die Gruppe wieder neu aufgeteilt und mit anderen Gruppen gemischt, die aus anderen beibooten gekommen waren. Offenbar wollten die Sklavenhändler, dass niemand mit ihm bekannten Leuten zusammen kam, damit man sich nicht allzu schnell sicher fühlte und einen Aufstand vom Zaun brach.

Nach Stunden, die er nun in der großen Metallhalle verbracht hatte, wurde seine Gruppe durch ein großes Tor getrieben. Die Sklavenhändler behandelten sie wirklich wie Vieh und machten sich einen Spaß daraus, immer wieder mit den Elektroschockern in die Menge zu stoßen und erfreuten sich dann an den Schmerzschreien. Die Peitschen knallten und zischten durch die Luft. Dann endlich ließen sie von ihren Opfern ab. Hendrix befand sich nun mit den anderen in einem ziemlich engen Raum. Gitterstäbe bildeten die Decke und an den Wänden befanden sich Öffnungen, die ebenfalls vergittert waren.

Alle drängten sich ängstlich aneinander und warteten, was nun als nächstes passieren würde. Frauen weinten, Kinder wimmerten, Leute riefen nach Familienangehörigen. Dann ertönte drei mal eine Sirene und durch den Raum zitterten gewaltige Beben. Das Metall ächzte und knarrte. Alle waren still und wartete gespannt. Dann erleuchteten Bildschirme jenseits der Gitterstäbe die vielen Verschläge mit den Gefangenen. Eine blaugrüne Halbkugel vor schwarzem Hintergrund war zu erkennen, die schnell kleiner wurde. Hendrix begriff, das dies seine Heimat sein musste. So sah sie aus wenn man von den Sternen kam, um auf ihr Handel zu treiben. So hatten die Fremdweltler es immer geschildert, wenn sie von einem Einheimischen Bauer auf dem Markt danach gefragt worden waren. Seine Heimat. Hendrix staunte. Doch dann ging ihm auf, dass er sich rasch von ihr entfernte und er sie wahrscheinlich nie wieder sehen würde. Vielen um ihn herum Stehenden ging es genauso. Er sah Tränen auf den Gesichtern von Männern und Frauen und spürte eine kollektive Trauer, die nun auch ihn erfasste. Das war der Tag, an dem Hendrix seine Kindheit für immer hinter sich lassen würde.

Ein Pipen riss ihn aus seinen trüben Erinnerungen. Es war das Signal des Näherungssensors. Die Entertorpedos kamen nun in Waffenreichweite der Orkstation. Ab jetzt würde es heiß hergehen. Nur noch wenige Momente und die Implantatkrieger würden nach Monaten des Nichtstuns endlich wieder etwas für ihren Sold zu tun bekommen. Als er sich umsah, bemerkte er die Anspannung auf den Gesichtern seiner Kameraden. Niemand sagte ein Wort. Alle starrten auf den kleinen Bildschirm, der an der Decke angebracht war und die Annäherungsdaten zeigte. Dort war ihr Ziel angezeigt, dass sich nun nur wenige Klicks entfernt befand. Sein Blick glitt zum hinteren Teil des Entertorpedos. Hier warteten ebenfalls angespannte Männer auf ihren Einsatz. Sie gehörten zu Leutnant Ovalis Leuten und waren mit Flammenwerfern und Meltern ausgestattet, um den Implantatkriegern den Weg durch die Station zu brennen. Im Gegensatz zu Hendrix Einheit waren diese Männer aber alles andere als zuversichtlich. Sie besaßen nur ihre normalsterblichen Fähigkeiten und ihren Glauben an den Imperator. Sie würden sich nicht auf verstärkende Implantate verlassen können, sondern nur auf ihren Willen zu überleben. Hendrix konnte sie gut verstehen. Seine Einheit genoss nicht den besten Ruf unter den regulären Truppen. Keiner wollte mit ihnen zusammen in den Kampf ziehen. Aber dennoch hatten sich diese zehn Männer lieber zu den Implantatkriegern in den Torpedo gequetscht, als mit Drakkens Einheit auf engstem Raum zusammen sein zu müssen. Bisher hatte Hendrix nur unglaubwürdige Geschichten über diesen Mann gehört, aber durch das ganze Getue, was alle machten, wenn Drakken in der Nähe war, war Hendrix sich immer sicherer das fast alles stimmte, was er gehört hatte. Nun heute würde er selbst sehen, was an diesem Mann dran war und was nicht. Fakt war, das nur zwanzig Sträflinge in seinen Torpedo gezwungen worden waren. Niemand sonst wollte unter ihm dienen. Auch würde Drakken an einer weiter entfernten Stelle der Station mit dem Entertorpedo andocken und so für die nötige Ablenkung und Verwirrung sorgen.

Ein weiter Piepton ertönte. „Also gut Jungs.“ Sergeant Greg richtet sich zu seiner vollen Größe auf und überragte nun auch locker Gorgos und Berglaf. Sein rechtes Augenimplantat leuchtete in der Dunkelheit grünlich. Es war auf Restlichtverstärkung eingestellt, wie Hendrix registrierte. „Macht eure Waffen scharf und stellt das Rauchen ein. Lunge leg endlich den verdammten Schleifstein weg, ich bin sicher deine Waffen sind jetzt scharf genug! Also, gleich werden wir auf die grüne Plage treffen, klar? Ich möchte, dass jeder von euch daran denkt, dass der Leutnant diese Station intakt entern möchte. Also zerstört nichts von der Einrichtung! Das gilt besonders für euch beide!“ Sein Blick fixierte Gorgos und Berglaf. „Alles andere, was grüne Haut hat, laut brüllt und stinkt wie ein verwesendes Stück Fleisch ist zum Abschuss frei gegeben. Keine Gefangenen, klar? Und gebt mir ein wenig acht auf unsere Gäste da hinten. Sie gehören zu uns und werden den Orks hoffentlich gehörig einheizen, oder?“ Seine rechte Pranke deutete auf die zehn Soldaten in hinteren Teil des Torpedos, die ihm gebannt gelauscht hatten. Korporal Vellows nickte kurz und aktivierte die Energiezelle des Melters in seiner Armbeuge. Ein ansteigendes Summen zeugte von der Einsatzbereitschaft der gefährlichen Waffe. Und als hätte er das Signal gegeben, war nun im ganzen Entertorpedo das Klicken und Scheppern von entsicherten Waffen zu hören. Greg nickte anerkennend und drehte sich wieder zum kleinen Bildschirm an der Decke um. Der Näherungssensor begann nun mit einem beständigen Pipen, dessen Abstände sich mehr und mehr verringerten, je näher der Torpedo dem Ziel kam. Bald wurde es zu einem nervtötenden Stakkato, bis ein massives Messer den Lautsprecher traf und dort stecken blieb. „Danke!“, sagten einige Männer und Berglaf langte nach oben um Lunge sein Messer wieder zu geben. Plötzlich ging ein Ruck durch den Torpedo. Die Orks hatten die Angreifer entdeckt und versuchten sie auszuschalten. „Ruhig Blut Jungs. Wann hat ein Ork schon einmal ein Scheunentor getroffen?“, fragte Korporal Vellows laut in die Runde. Jeder kannte diesen Witz über die schlechte Zielgenauigkeit der grünhäutigen Xenos. Hendrix fand Vellows nun eine Spur sympathischer. „Achtung Jungs! Es geht los! Zehn,...Neun,...Acht,...“, zählte Sergeant Greg runter. Hendrix spürte wie Adrenalin in sein Blut flutete und fasste sein Sturmgewehr fester. Lunge legte ihm von hinten beruhigend eine Hand auf die Schulter. „Sieben,...Sechs,...Fünf,...Vier,...“ Vor ihm hob Kubert sein Schwert in die Höhe. Er würde damit heute etliche Kehlen aufschlitzen. „Drei,...Zwei,...“
 
Der Aufprall war weniger hart als Drakken erwartet hatte. Die Spitze des Torpedos brannte sich problemlos durch die Außenschichten der Orkstation und drang tief in das Innere ein. Nur einen Moment später rannte Drakken los. In seinen Händen die Boltpistole und das Kettenschwert.
Hinter ihm folgten die Sträflingstrupps. Männer, die zu gut ausgebildet und professionell waren, um sie einfach vor einem Erschießungskommando zu verschwenden. In ihren früheren Leben waren sie Angehörige der Armee gewesen. Oder Mitglieder besonders erfolgreicher Verbrechergangs. Jeder hatte schon hundertfach getötet ob im Namen des Imperators oder nur für etwas zu Essen. Sie waren gut genug gewesen um bis jetzt zu überleben. Einige waren so psychisch gestört oder hatten einfach nur zu viel Schlimmes erlebt, dass es ihnen egal war, wohin man sie schickte. Andere waren einmal gut verdienende Auftragskiller gewesen, die jeden ihrer Jobs gut durchdacht hatten. Und wieder andere hatten einfach nur Pech gehabt und waren irgendwann geschnappt worden. Ja vielleicht gab es sogar den ein oder anderen unschuldig verurteilten unter ihnen. Doch das war alles egal. Jeder von ihnen hatte eine Nummer in die Haut tätowiert und Sprenghalsband bekommen. Sie wurden nicht gefragt, was sie von der jeweiligen Mission hielten. Sie hatten nur zu gehorchen und zu kämpfen. Und meist waren sie auch der entbehrliche Kugelfang für die regulären Einheiten der Armee.
Nun waren sie unter dem Kommando des wohl berüchtigtsten Mannes der ganzen Streitmacht. Drakken bewegte sich schnell und geschmeidig durch die Rauchwolken der brennenden Trümmer, die der Entertorpedo verstreut hatte. Irgendwo hörte man überraschtes und aufgeregtes Knurren und Grunzen. Die Orks rannten mit gezogenen Waffen den Eindringlingen entgegen. Drakkens bionische Augen erfassten ihren Bewegungen und berechneten die voraussichtlichen Zielpunkte ihrer Attacken. Schnell und ohne Anstrengung parierte er sie und aktivierte das Kettenschwert. In der gleichen Sekunde richtete er die Pistole auf einen zweiten Ork und streckte ihn nieder. Die Sträflinge folgten und schossen auf alle Orks die sie erblickten. In einer ruhigen Minute schaute Drakken auf seinen Armbandcomputer. Dann suchten seine Augen die Sträflinge mit den vorbereiteten Sprengladungen aus dem Trupp. Mit einer wortlosen Geste schickte er sie los. Weiter Männer folgten ihnen und gaben Feuerschutz. Der kleine Trupp würde die Schwerkraftgeneratoren vernichten und so Leutnant Ovalis Männern einen Vorteil verschaffen.

Drakken schaute auf seinen Scanner. Weitere Orks waren im Anmarsch. Sie würden nicht weit kommen. Mit langen Schritten rannte er los. Die Boltpistole steckte er ins Halfter. Das Kettenschwert nahm er nun in beide Hände. Er spürte wieder, wie sie ihn ihm aufstieg. Die Trauer um seine Brüder. Die Qual nichts für sie getan zu haben, als sie ihn am dringendsten gebraucht hatten. Die Schuld, die ihn seit einer Ewigkeit verfolgte und auf der Seele brannte. Nun würde er wieder eine weitere Gelegenheit bekommen, die Schuld an seinen Brüdern abzutragen. Sie waren nicht umsonst gestorben. Er würde es ihnen beweisen. Sein Herz brannte. Die Hitze erfasste seinen ganzen Körper. Aus ihr zog er seine Kraft. Sie würde es ihm ermöglichen alle Feinde des Imperators zu töten. Er würde so viele Töten, wie es ihm möglich war. Er würde so viele Töten, wie es vielen Männern seines Blutes möglich war. Seine Brüder würden wieder bei ihm sein. Dunkle Schemen tauchten in seinem Gesichtsfeld auf. Feinde des Imperiums. Er tötete sie. Doch es kamen noch mehr. Auch sie würden sterben. Dabei durchfluteten ihn wieder die Bilder aus seiner Vergangenheit. Seine letzter Einsatz zusammen mit seinen Brüdern.

Ovalis folgte seiner Männern durch die geschmolzene Öffnung in die Orkstation. Rauchschwaden erschwerten für kurze Zeit das Atmen. Er spürte die Schwerelosigkeit und bewegte sich instinktiv, wie schon all die Zeit an Bord der OCULUS. Ohne Probleme überwanden sie die ersten Abschnitte der seltsam aussehenden Korridore der Station. Die Orks schienen nur wenige von Ergonomie und rechten Winkeln zu halten. Überall ragten Rohre und offene elektrische Leitungen in den Raum. Rostbraun war die vorherrschende Farbe. Kondenswasser sammelte sich an Decken und Wänden. Ja, Ray entdeckte sogar so etwas wie Moose oder Flechten, die an den Wänden wuchsen und mit ihren fluoreszierenden Blättern für eine schwache Beleuchtung sorgten. „Drakken scheint erfolgreich gewesen zu sein mit der Ausschaltung der Schwerkraft. Wollen wir hoffen, dass er wieder klar im Kopf ist, wenn er uns hier über den Weg rennt.“, funkte ihm Sergeant Jaral über den Kurzstreckenfunk zu. Allerdings war jeder Funkspruch von starkem Rauschen unterlegt. Das lag sicherlich an den von den Orks verwendeten Materialien. Auch befanden sich überall unisolierte Leitungen die für weiter Störstrahlung sorgten. Er bewunderte die Grünhäute schon fast dafür, das sie es so lange geschafft hatten, diese Station überhaupt am Laufen zu halten. Doch schon in der nächsten Sekundepfiffen ihm Kugeln um den Kopf. Die Orks waren eingetroffen und schwebten ungelenk heran. Mehr hopsend und trudelnd als geordnet versuchten sie den Angreifern Herr zu werden. Sie waren leichte Beute für Ovalis Trupp. Seine Männer und er schwebten zwischen sie wie Raubtiere in eine Herde Zuchtvieh. Geübt wichen sie Schlägen und Tritten aus, die in normaler Schwerkraft fatale Folgen gehabt hätten, und teilten im Gegenzug gut platzierte Treffer aus. Dennoch waren die Orks nach wie vor gefährliche Gegner, die man nicht unterschätzen sollte. Skrupellos nutzen sie sich gegenseitig als Deckung und schoben rücksichtslos Freund und Feind in gegnerische Schussfelder. Sie rissen Rohre aus den Wänden und besprühten die imperialen Soldaten mit deren Inhalt. Sie nutzen lose Leitungen um mit deren Enden gefährliche Stromstöße zu verteilen. „Soviel dazu, dass ich diese Station intakt einnehmen wollte.“, fluchte Ray laut. Dann gab er das Zeichen für die Spezialwaffenträger und zog sich mit seinen Männern so gut es ging aus dem Nahkampf zurück. Gerade wollten die Orks laut losjubeln, weil sie die feinde zur Flucht verdammt hatten, als ihnen auch schon heiße Flammenwolken entgegen wogten und alles grillten, was sich in ihrem Weg befand. Leutnant Ovalis Trupp bahnte sich dann einen Weg durch die verbrannten Körper toter Orks. Diejenigen Grünhäute, die dieses Höllenfeuer überlebt hatten, fanden ein schnelles Ende.

Ovalis kontrollierte die Daten seines Armbandcomputers. Das gerät schien nur mit halber Leistung zu arbeiten und immer wieder verschwanden die Leuchtpunkte auf dem Minibildschirm, welche die Positionen seiner Truppen anzeigten. Aber wie auch schon beim Funk, schien die rostige Orkkonstruktion auch die Scannerstrahlen erheblich zu stören. Das war natürlich ärgerlich und Ray suchte eine ganze weile nach einem guten Standpunkt an dem der Minibildschirm ein halbwegs scharfes Bild zeigte. Soweit er die ihm angezeigten Daten richtig interpretierte, waren alle Einheiten erfolgreich in der Station eingetroffen und auf den ihnen zugewiesenen Positionen. Langsam arbeiteten sie sich durch die Station bis zum Zentrum vor. Ray schätzte die Verluste der Orks auf ca. fünfzig. Maximal noch einmal so viele befanden sich noch irgendwo auf der Station. Für mehr war kaum Platz . Jedenfalls im Imperium. Die Orks dachten anders und waren meistens unberechenbar. Ray durfte hier nicht mait menschlichen Maßstäben arbeiten. Vielleicht wartete ja noch irgendwo eine ziemlich unangenehme Überraschung auf ihn und seine Leute?

Lunge hatte in jeder Hand einen blutigen Dolch und suchte schon wieder nach dem nächsten Opfer. Enttäuscht wischte er die Klingen jedoch an einem toten Ork ab, als er feststellte, dass keine weiteren Ziele für ihn da waren. Es waren nur wenige Orks gewesen, die sich dem Angriff entgegen geworfen hatten. Kaum zwei für jeden Implantatkrieger. Den größten teil hatten die Spezialwaffenträger unter Korporal Vellows Befehl schon gleich am Anfang weg gerußt, was ihm viele böse Blicke bei Hendrix Einheit beschert hatte. Danach hatte sich Vellows dezent im Hintergrund gehalten und mit seinen Männern der Einheit den Rücken gedeckt. Gorgos und Berglaf rissen den letzten Ork in Stücke und Sergeant Greg versuchte die Daten auf seinem Armbandcomputer abzulesen. Hendrix wusste, dass sie genau im Zeitplan lagen und war schon gespannt, was sich weiter im Inneren dieser seltsam zerfallenen Raumstation befand. Bisher hatte er die größeren Anlagen der Orks nur aus der ferne gesehen oder als zerstörte Wracks, die brennend auf dem Schlachtfeld zurück gelassen wurden. Es hatte ihn schon immer einmal gereizt, ein solches Vehikel auch mal von innen zu sehen. Also auch mal im funktionstüchtigen Zustand. Obwohl er so seine Zweifel hatte, dass diese Station noch in vollem Umfang funktionierte. Aber die Orks, die versucht hatten sie aufzuhalten, schleppten alle Werkzeuge mit sich herum. Einige hatten mit übergroßen Schraubenschlüsseln und Hämmern gekämpft. Andere hatten Schweißbrenner eingesetzt und sie wie Flammenwerfer benutzt.
 
„Okay Jungs, genug geruht! Der Leutnant hat endlich neue Befehle durchgefunkt. Weiter nach Plan A!“ ,rief Greg endlich. Er lud seine schwere Sturmschrotflinte durch und wies seinen Männern den Weg. Lautes Stampfen kündete vom kämpferischen Ehrgeiz seiner Truppe. Entgegen Leutnant Ovalis Truppe, die sich in der Schwerelosigkeit richtig wohl zu fühlen schien, trugen seine Jungs alle Magnetsohlenstiefel. Auch sonst hatten sie auf die extra für diesen Einsatz zur Verfügung gestellte Sonderausrüstung verzichtet. Zusätzliche Helme und Panzerschutzwesten in Standartgröße hätte seine Leute nur unnötig behindert. Zumal sie einigen nicht einmal gepasst hätte. Dann registrierten Gregs interne Sensoren etwas, das hier eigentlich nicht hingehörte. Die in seinen Metallschädel integrierten Scannermodule registrierten einen größere mobile Metallahnshäufung, die sich in Richtung seines Trupps bewegte. Ein Panzer? Ein schweres Geschütz? Oder etwa ...

„Ein Kampfbot!“ , schrie Kubert. Er war meistens die Vorhut der Truppe, weil er sich schnell und gewandt bewegte und mit seiner geringeren Körpergröße nie wirklich auffiel. Greg schaltete sofort. „Yarus mach eines deiner Päckchen fertig! Dellholm hinter die Deckung da und warte auf einen sicheren Schuss. Hendrix nach hinten. Berglaf nach rechts. Gorges nach links. Holt die Taschenöfen raus. Der Rest macht den Köder. Vellows, sie sind herzlich zur Party eingeladen. Keine falsche Scheu!“ Und schon einige Sekunden später kamen neue Orks um die Ecke. Die Implantatkrieger eröffneten das Feuer. Laserstrahlen flogen mit Granaten und Plasmakugeln um die Wette, nur um Sekundenbruchteile später schon Orkkörper zu durchschlagen, zerfetzen und verbrennen. Die Korridorwände erbebten unter der Masse eines großen metallischen Orkvehikels. Es bewegte sich auf zwei Beinen und besaß vier Metallarme. Alle waren mit todbringenden Waffen bestückt. Überall waren dickste Panzerplatten angebracht und wo sich dem Gefährt etwas entgegen stellte, wurde es platt gemacht. Das Ding schuf sich eine bequeme Schneise ohne auch nur auf die Leitungen und Rohre zu achten. Auch das sich der ganze Kampf immer noch in relativ kurzer Nähe zur Außenwand der Station befand, schien den Piloten des Kampfbots wenig zu kümmern. Mit lautem Kreischen erwachte eine großkalibrige Sturmwaffe zum Leben und durchlöcherte alles, was ihr vor dem Lauf kam. Etliche der Orks, welche die Maschine begleiteten, wurden nun von ihr getötet. Aber das trieb sie nur um so mehr in den Nahkampf mit den imperialen Angreifern. Diese zogen sich immer weiter zurück und lockten den Kampfbot in die spontan aufgestellte Falle.

Endlich war der Pilot mit seiner Zerstörungsmaschine an den wenigen Kriegern vorbei gewalzt, die sich in verschiedene Ecken gedrückt hatten, um möglichst nah an den metallenen Giganten heran zu kommen. Nun schnappte die Falle zu. Delholm zielte kurz und drückte dann ab. Die Strahlen seiner beiden Melterwaffen drangen tief in die Beingelenke der Orkmaschine ein und zerschmolzen sie zu Schlacke. Meisterschüsse, wie sie nur Delmholm mit diesen Waffen vollbrachte. Seine implantierten Zielsysteme waren mit den meisten Waffensystemen kompatibel. Doch die Melter waren seine Spezialität. Fast augenblicklich geriet der Kampfbot außer Kontrolle und rammte gegen die Korridorwände. Jetzt sprangen ihn Gorgos und Berglaf an und warfen ihn mit ihrer gemeinsamen Masse fast um. In ihren riesigen Händen hatten sie die von Sergeant Greg als „Taschenöfen“ bezeichneten Melterbomben, die sie nun an die rückwärtige Panzerung anbrachten. Die Zünder waren auf Fernbedienung gestellt und Grege wartete nur darauf, das sich die beiden Brocken endlich von dem Ork-Kampfbot lösten. Doch dieser dachte gar nicht daran, seine beiden Peiniger so einfach entkommen zu lassen. Mit zwei seiner mechanischen Arme griff der Ork nach seinen Gegnern, begierig darauf die schwachen Menschen in den metallenen Klauen zu zerquetschen.

Aber die beiden Menschen machten nicht den Eindruck, sich zerquetschen zu lassen. Gorges und Berglaf freuten sich, endlich mal wieder auf einen Gegner gestoßen zu sein, der nicht gleich sofort kaputt ging, wenn sie mit ihm spielten. Inzwischen hatte sich auch Yarus heran gepirscht. In seinen Prothesen-Händen eine unauffällige Masse mit Dioden und Drähten. Delholm indes hatte sich auf das Orkmetallmonster eingeschossen und den größten Teil der beiden Waffenarme weg geschmolzen. Nun war die Bestie nur noch im Nahkampf gefährlich. Greg hatte inzwischen mit dem restlichen Trupp die wenigen noch überlebenden Orks besiegt und wollte nun weiter. „Ihr beiden macht endlich das ihr weg kommt! Wir haben nicht den ganzen Tag Zeit.!“, schrie er durch den Korridor um die kreischenden Gelenke des Kampfbots und die Kampfschreie der beiden Kraftprotze zu übertönen. Und tatsächlich lösten sich die beiden nach einigen Minuten von der protestierenden Maschine. Jeder hatte sich aber ein kleines Souvenir mitgenommen und hielt einen Teil des Bots in den Armen. Der Orkpilot versuchte sein Bestes ihnen zu folgen, doch mittlerweile hatte ihn Delholm mit den Meltern regelrecht an den Metallboden geschweißt. Jetzt war der Bot leichte Beute für Yarus, der nur einmal kurz Schwung holte und dann sein Päckchen dem Bot entgegen schleuderte. Als Greg sah wie es an der front des Bots haften blieb und Yarus ihm ein zustimmendes Nicken zeigte, drückte er auf die Auslöser.

Zuerst explodierten die beiden Melterbomben im Rücken der Mordmaschine und schmolzen sich durch die Panzerung. Sie entzündeten die innen gelagerte Munition für die schweren Waffen und sprengten die Waffenarme regelrecht ab. Gleich danach explodierte Yarus Bombe und blendet alle mit einer gleißenden Helligkeit. Als Greg endlich wieder klar sehen konnte, war von dem Kampfbot nichts mehr übrig. Stattdessen schien an seiner Stelle eine Nova nieder gegangen zu sein und hatte sich durch den Boden geschmolzen. Von unten her konnten Gregs bionische Ohren den Kampflärm der andern Einheiten hören. „Ups, da muss sich wohl nächstes mal etwas weniger nehmen, was?“, lachte Yarus und verzog sich dann schnell in den Hintergrund, als ihn Gregs strafender Blick zu verdampfen drohte. „Wolltest du uns alle ins All blasen?“, schrie Kubert aufgebracht. Er wuselte aufgeregt zwischen den Implantatkriegern umher und schien dabei immer wieder in seinen Konturen zu verschwimmen. „Verluste?“, fragte Greg. „Drei meiner Männer sind gefallen und zwei weitere schwer verletzt!“, hustete Korporal Vellow. Er war kreidebleich und blutig. Ein Großteil seiner Uniform war zerschlissen und die Haut darunter krebsrot verbrannt. Greg sah sofort, dass einer der Flammenwerfer aus Vellows Trupp hochgegangen sein musste. Wahrscheinlich hatte ein Querschläger den Kanister mit dem Brennstoff getroffen und zur Explosion gebracht. Ein fataler Unfall in der Enge eines Korridors, wo Männer auf engstem Raum gegeneinander kämpften.
 
Sehr netter neuer Teil. Die Enteraktion gefällt mir im Allgemeinen sehr gut, angenewhm actionreich und endlich mal mit Imps, die den Nahkampf mit einem Orkkrieger nicht zu fürchten brauchen. Allmählich werde ich ein richtiger Fan dieser unbesungenen, zusammengewürfelten Helden.
Schön übrigens, dass du die unterschiedlichen Kampfmethoden der einzelnen Gruppen und die Spezialisierungen der Männer so hervorhebst. Auchdie Schilderung der Ausrüstung finde ich gelungen, so unstandartisiert und auf die Kampfweise abgestimmt.
 
Ovalis hatte mit Erstaunen von dem Kampfbot gehört, den die Implantatkrieger zerstört hatten. Die Detonation und das Beben hatten alle auf der Station gespürt und im Nachhinein sendete Ray ein Dankesgebet an den Imperator, das die klapprige Station nicht sofort auseinander gebrochen war. Seine Einheit war inzwischen zum Kern vorgedrungen und schweißte sich grade durch mehrere schwere Stahlschotts. Selbstschussanlagen hatten einigen Männern ernste Verletzungen beigebracht und der Leutnant war heilfroh, nur knapp einer superheißen Stichflamme entgangen zu sein, die aus einer der maroden Leitungen gekommen war. Es wurde langsam Zeit, diesen Metallsarg zu verlassen. Aber noch hatte er nicht, weswegen er gekommen war. Bisher hatte er alle technischen Anlagen, die auch nur entfernt nach einem Datenverarbeitungsgerät aussahen, gescannt und war über die Ausbeute mehr als enttäuscht. Nichts von Wert war ihm bisher in die Hände gefallen.
„Sir, wir sind durch!“ , rief ihm einer der Soldaten zu, der den Schweißbrenner bedient hatte, den sie einem der toten Orks abgenommen hatten. So primitiv zusammen montiert das Gerät auch gewesen war, produzierte es doch eine heißere Flamme, als die mitgebrachten Melter, die Ovalis Leute sonst für solche Aufgaben nutzten. Und wenn sich dadurch auch noch Munition sparen lies, war es Ray nur recht, die Orks mit ihrer eigenen Technik zu bekämpfen. Er warf einen Blick auf seinen Scanner. Vor ihnen hatten sich mehrere Orks verschanzt. Aber ein Blick in den schmutzigen Korridor zeigte ihm nicht eine der wilden Kreaturen. Hmm, warum greifen sie nicht an? Normalerweise hätten sich die wilden kampfgeilen Orks schon mit lautem Gebrüll und rauchenden Waffen auf sie gestürzt. Ein Hinterhalt war eher ungewöhnlich, für dieses kämpferische Pack.

Mit Handzeichen gab Ovalis seine Befehle und seine Männer reagierten bereits, wie eine gut geölte Maschine. Granaten flogen durch die Öffnung und detonierten mit lautem Krachen und hellem Glanz. Dann wogten Nebelfetzen aus dem Korridor und Ovalis setzte seine Gasmaske auf. Einen Augenblick später hastete er mit seinen Männern in die Tarnwolken und war bereit sich auf die Orks zu stürzen. Doch der Korridor bleib leer. Die Lebenszeichen auf dem Scanner waren verschwunden, doch nirgends lagen Leichen. Hatten sich die Orks etwa wirklich zurück gezogen? Und wenn ja, wohin? Laut den Scannerdaten gab es keine anderen Fluchtwege. „Findet sie! Irgendwas scheinen die hier ausgeheckt zu haben. Wir müssen sie schnellstens finden.!“ ,schrie er in sein Mikro auf der Truppfrequenz. Irgendwas stimmte hier ganz und gar nicht. Die Orks reagierten nicht, wie üblich. Alles roch nach einer Falle, doch Ovalis konnte sie beim besten Willen nicht entdecken.
Dann hörte er wie sich ganz in seiner Nähe ein Wandabschnitt öffnete und mehrere Orks ausspie. Sie trugen Äxte und Gasmasken. Boltpistolen knallten und zerrissen imperiale Soldaten. Ovalis sprang in Deckung. Doch hier gab es kaum welche. Wo vorher noch Paneele und Konsolen gestanden hatten, war nun nur noch blanker Metallboden. Alles schien im Boden versenkt worden zu sein. Verdammt. Ray bewegte sich wie ein Fisch im Wasser und wich mehreren Salven aus. Die Orks selbst bewegten sich mit Magnetsohlen auf dem Boden und nutzten ihren sicheren Stand zum sorgfältigen Zielen. Endlich konnte auch Ray einen Treffer anbringen und einer der Orks brach mit zerplatztem Kopf zusammen. Auch andere Soldaten schienen sich nun eingeschossen zu haben und immer mehr der Orks starben im Lasergewitter der imperialen Waffen. Eine Fragmentgrante zerriss die letzten drei Krieger.
„Verdammt, was waren das denn für welche? Wir haben ein Drittel unserer Leute verloren, Sir.“, kam die Verlustmeldung von Sergeant Jaral herein. Ray war inzwischen zu den Orks geschwebt, um sie näher in Augenschein zu nehmen. Sie trugen Uniformen mit einem ungewöhnlichen Tarnmuster. Gekreuzte rote Äxte waren als Truppenemblem auf ihre Baretts genäht und ihre Ausrüstung und Bewaffnung war nach Orkmaßstäben vom Feinsten. Die Boltpistolen und einige der Kampfmesser waren eindeutig imperialer Herkunft. Andere Gegenstände waren kopiert worden, glichen aber in groben Zügen der Ausrüstung, imperialer Einsatzkommandos. Ovalis überlegte, wo er solche Orks schon einmal gesehen hatte. Er kam nicht drauf, war sich aber sicher, irgendwann einmal schon davon gehört zu haben. Sergeant Jaral löste das Rätsel für ihn. „Da sollen mich doch die Tyraniden beißen, wenn das hier keine Blood Axes sind, Sir!“ , rief er und rollte einen der massigen Körper auf die Seite. In der Schwerelosigkeit ein nicht zu schweres Unterfangen. Normalerweise wog ein Ork in der Regel mindestens das dreifache eines Menschen und war eher mit einem Bären oder Zuchtbullen zu vergleichen, was Masse und Umfang betraf.
 
Ovalis Gedanken rasten. Er hatte schon davon gehört, dass sich die Orks in verschiedene Gruppierungen einordnen ließen. Es gab unterschiedliche Stämme und Clans. Die Blood Axes waren allerdings die Ausnahme von der Regel. Entgegen den sonstigen Gewohnheiten ihres Volkes, bemühte sich dieser Stamm, die Grundzüge von Zivilisation anzueignen. Sie trieben vereinzelt Handel und waren durchaus bereit zu verhandeln, wenn sie einen Vorteil für sich heraus schlagen konnten. Allerdings waren das nichts weiter als unbewiesende Gerüchte. Und Ovalis konnte nicht glauben, dass es wirklich Orks gab, die lieber verhandelten, als sich in einen Kampf zu stürzen. Allerdings musste er zugeben, dass sich die letzten Vertreter dieser Spezies noch vor ein paar Minuten äußerste ungewöhnlich verhalten hatten. Im Moment schien die Gefahr vorüber zu sein.

„Irgendwelche Datenspeicher oder verwendbares Kartenmaterial von der Planetenoberfläche?“, fragte er seinen Trupp. Er hatte den Männern vor diesem Einsatz genaustens eingebläut, auf alles zu achten, was sich noch irgendwie zur weiter taktischen Bearbeitung verwenden lies. „Negativ, Sir!“, war die Antwort, die er von jedem bekam, den er fragend anschaute. Mittlerweile hatten die Männer die versenkten Konsolen entdeckt und festgestellt, dass ihnen die Energiezufuhr abgetrennt worden war. Das schien zu einem stationsweiten Systemabsturz geführt zu haben, der den Großteil der ohnehin schon maroden Anlagen den Rest gegeben hatte. Ganz schön raffiniert. Diese Orks stellten sich nicht dumm an. Er hätte es ähnlich gemacht. „Äh… Leutnant! Hier ist was Seltsames! Ich glaube, das sollten sie sich selbst ansehen.“, rief einer der Soldaten. Ray schwebte zu ihm. Eines der Geräte war nicht tot. Es schien über eine eigene Energiequelle zu verfügen und blinkte den imperialen Soldaten fröhlich ins Gesicht. „Was beim Imperator ist das denn?“, entfuhr es Sergeant Jaral als er auf die vielen blinkenden Dioden blickte. „Hmm…Scheint eine Art Countdown zu sein. Aber wofür?“, murmelt er vor sich hin. Dann ging ein Ruck durch die Station.

„Leutnant, hier Sergeant Greg. Ein paar von den Grünhäuten haben sich gerade mit einer Rettungskapsel oder so was Ähnlichem abgesetzt. Wir konnten sie nicht mehr erwischen. Das teil war groß genug für zwei Trupps. Wir haben hier nur noch ein paar von diesen wieselartigen Gnomen erwischt, die wohl für die Wartung der Anlagen verantwortlich waren.“ Rays Nackenhärchen stellten sich auf und ein Kälteschauer fuhr ihm durch alle Glieder. „Greg packen sie ihre Männer ein und begeben sie sich schleunigst zurück zu den Torpedos. Code Rot! Ich wiederhole Code Rot!“ mit hastigen Bewegungen zerrte der Leutnant nun seine Männer aus den Eingeweiden der Konsolen und schob sie in Richtung Ausgang. Jaral hatte wohl im gleichen Moment wie der Leutnant erkannt, dass die Orks ihnen eine kleine Überraschung zurück gelassen hatten, bevor sie die Kurve gekratzt hatten. Es war klar, dass die Station sich in Kürze selbst zerstören würde. Viel brauchte es dazu ja nicht.

Einige Sekunden später war die ehemalige schaltzentrale der Ork-Raumstation leer. Nur die toten Körper einiger Blood Axes, welche die Angreifer lange genug aufgehalten hatten, damit ihr Boss fliehen konnte, lagen noch an der gleichen Stelle, wo sie gefallen waren. Die Dioden an dem Reaktorkontrollgerät erloschen in gleichmäßigen Rhythmus und zeigten die verbleibende Zeit bis zur Reaktorschmelze an. Dann erlosch auch die letzte Leuchtdiode. Die Station bebte zyklisch, als sich die im Reaktor eingeschlossen Energien befreiten und alles vernichteten, was sie umgab. Die Explosion glich einer Sonne und zerschmolz auch noch das kleinste Trümmerstück zu formloser Schlacke. Andere Teile stürzten durch die Atmosphäre des Planeten und verglühten.
 
Grun hatte recht schnell bemerkt, dass sich irgendwas in den Höhlen der Rebellen verändert hatte. Wo die Menschen zuerst ein recht unbeschwertes und von den grausamen Orks unbehelligtes Leben geführt hatten, herrschte jetzt ein lebhaftes Treiben. Männer und Frauen wuselten herum und schienen dabei in höchster Aufregung zu sein. Niemand schien den mageren und stillen Jungen aus dem Wald zu beachten, der sich da so unauffällig zwischen ihnen bewegte. Grun selbst tat sein Bestes niemandem im Weg zu sein oder auf die Nerven zu gehen. Seine Überlebenstaktiken aus den Orklagern leisteten ihm dabei beste Dienste. Er hatte beschlossen erstmal nur zu beobachten und nur zu reden wenn er gefragt wurde. Er war zwar schon einige Tage hier und immer noch geschockt davon, wie relativ wohl genährt hier alle waren. Bisher hatte er nur hungernde Menschen gesehen und selbst die meiste Zeit nie wirklich einen vollen Magen gehabt. Aber hier in den Höhlen schien es fast alles im Überfluss zu geben. Sauberes Wasser, frische und schmackhafte Nahrung in vielen Variationen und warme Kleidung. Zwar waren ihm seine neuen Sachen noch etwas zu weit, aber er war überzeugt davon, dass dies die beste Kleidung war, die er seit langem getragen hatte. Er hatte sie von dem Arzt bekommen, der ihn mehrere Tage auf der Krankenstation gesund gepflegt hatte.

Eine Patrouille der Rebellen hatte ihn nicht weit von einem der Höhlenausgänge gefunden. Er sei vor ihren Augen zusammen gebrochen und erst wieder in der Krankenstation wieder so richtig zu sich gekommen. Der Arzt erzählte ihm auch, dass nicht viel gefehlt hatte und Grun wäre draußen im Wald drauf gegangen. Grun konnte sich kaum noch an etwas erinnern, bevor er in der Krankenstation aufgewacht war. Er war einfach nur froh es endlich doch geschafft zu haben und die Rebellen zu finden. Dann hatte ihn der Arzt Fragen gestellt. Wo er herkomme? Und wie er ganz alleine im Wald umherirren konnte? Und so weiter und so fort. Grun dagegen hatte dann den freundlichen Arzt ausgefragt. Er wollte alles über die Rebellen wissen und einer von ihnen werden. Er konnte ihnen wichtige Dinge über die Orks erzählen. Ab und zu war auch ein Mann in die Krankenstation gekommen, vor dem alle irgendwie etwas Angst zu haben schienen. Kein Wunder. Der Mann hatte mit übertrieben lauter Stimme geredet und nie gelächelt. Dann irgendwann hatte man Grun eine kleine Kammer zugewiesen und ihn allein gelassen. Grun hatte die meiste Zeit auf dem Bett gelegen und durchgeschlafen. Noch nie hatte er in so einem bequemen Bett gelegen. Noch nie hatte er sich so sicher gefühlt um einfach so einzuschlafen. Und vor allem hatte er noch nie so lange und erholsam geschlafen. Er war das erste Mal von selbst aufgewacht ohne von einem Tritt oder einem Schrei geweckt zu werden. Er hatte seit langem keinen Alptraum gehabt.
Manchmal hatte man ihm etwas zu tun gegeben. In der Küche hatte er Gemüse geschält oder in den unterirdischen Ställen die Nutztiere gefüttert. Und er war glücklich gewesen, dass erste Mal keine Angst haben zu brauchen von einem der harmlosen Kleintiere gefressen zu werden.

Doch nun hatte sich irgendetwas verändert. Niemand schien ihn zu beachten. Ihm war aufgefallen, dass alle bewaffneten Männer die Höhlen verlassen hatten. Nirgends war eine der sonst allgegenwärtigen Wachen zu sehen, die ständig die Korridore durchschritten hatten. Grun war durch die Höhlen gelaufen um nach Hinweisen zu suchen, welche die ungewöhnliche Betriebsamkeit der Rebellen erklären konnte. Aus einigen Gesprächsfetzen hatte er Fragmente aufgeschnappt in denen es um einen „Tot von Oben-Waffe“ der Orks gegangen war. Und irgendwann am vorherigen tag sei etwas in der Atmosphäre des Planeten verglüht und hatte für einen Sternschnuppenregen am helllichten Tag gesorgt. Das hätte Grun nur allzu gern gesehen. Dann war noch die Rede von lange erwarteten Verstärkungen gewesen. Das Imperium hatte endlich reagiert. Das Imperium. Ein fast schon mystischer Begriff für Grun der mit vielen Geschichten und Legenden aus den Orklagern verbunden war. Die wenigen älteren Sklaven, die in den Lagern noch immer überlebt hatten, hatten manches Mal vom Imperium gesprochen. Von vielen unzähligen Menschenwelten, die alle miteinander verbunden waren. Verbunden durch die Gnade und Güte des Imperators. Grun hatte immer mit größter Ehrfurcht gelauscht, wenn er solche Geschichten erzählt bekam. Aber so richtig geglaubt hatte er nie wirklich, was die alten Sklaven da erzählten. Zu phantastisch hatte sich das alles angehört. Und er hatte bisher nur die Orklager und das Laben als Sklave kennen gelernt. Nun sollten also wirklich Truppen des Imperiums kommen und sie alle von den Orks befreien? Grun konnte es fast nicht glauben. Doch auch die Geschichten über die Rebellen waren ja wahr gewesen. Er hatte sie gesucht und schließlich gefunden. Warum sollten dann nicht auch die Geschichten über das Imperium stimmen. Als er in die höheren Etagen der Rebellenbasis gelangte, erlebte er ein Déjà-vu. Die oberen Gänge kamen ihm vage bekannt vor, ganz so als sei er schon einmal hier gewesen. Still wich er eilig vorbeikommenden Menschen aus, die schwere Kisten durch die Gegend schleppten. „Kann ich euch helfen?“, wagte er sich zu fragen. „Nee lass mal Kleiner. Verschwinde lieber!“, keuchte einer der schwitzenden Männer. Grun beschloss der Gruppe unauffällig zu folgen. Auf seinem Weg kam er an vielen ihm seltsam vertrauten Geräuschquellen vorbei. Er konnte es nicht genau einordnen, aber irgendwas kam ihm hier äußerst seltsam vor.

Die Gruppe mit den schweren Kisten bog um die nächste Ecke. Lautes Scheppern war zu hören, gefolgt von noch lauteren Flüchen und schrillen Schmerzschreien. Schnell rannte Grun die letzten Meter bis zur Ecke und sah, dass eine der Kisten zu Boden gefallen war und einer der Männer, der sie getragen hatte, unter ihr begraben lag. „Verdammt hebt das Teil doch endlich von ihm runter! Ihr seht doch, das er schon ganz blas geworden ist!“, rief eine stämmige Frau. Sie hatte bei einer der anderen Kisten mitgetragen und schien hier das Kommando zu haben. Zwei Männer reagierten endlich und versuchte die große Kiste von dem Unglücklichen zu heben. Grun fasste mit an und war erstaunt, wie schwer diese Kiste wirklich war. Was wurde hier nur transportiert? Keuchend hievten sie die Kiste neben den Mann. „Dormeg hörste mich? Kannst du mal bitte was sagen, damit wir wissen ob du noch lebst!“, die Frau hatte sich hingekniet und patschte dem Mann ein paar mal mit der Hand ins Gesicht. Ein leises Seufzen war das einzige Geräusch, was der von sich gab. „Hmm…der ist erst mal ausgeschaltet. Paulus, lauf zum Lazarett und hol einen, der sich um Dormeg kümmert. Wir anderen bringen die Kisten weiter zur Ladestation. Und mit wir meine ich auch dich, Kleiner. Scheinst ja doch ganz nützlich zu sein. Los Leute, die anderen warten schon auf die Muni!“

Damit hatte Grun eine neue Aufgabe und half nun dabei eine dieser wirklich schweren Kisten zu schleppen. Doch nach wenigen Metern bereute er schon sich so unbedacht als Helfer angeboten zu haben. Es war eine richtige Plackerei und es schien noch ewig zu dauern, bis sie zur Ladestation kommen würden. Auf ihrem Weg kamen sie an einem gekachelten Raum vorbei, dessen Tür einen Spalt offen stand. Grun erblickte einen hölzernen Stuhl. An Armen, lehne und Stuhlbeinen waren Riemen befestigt. Gruns Nackenhärchen richten sich auf und ihn durchflutete eine eiskalte Schauerwelle. Kalter Schweiß gesellte sich zu dem warmen der durch die anstrengende Tragetätigkeit entstanden war. Unheimliche Bilder schossen ihm durch den Kopf, ganz so als wollten sich verdrängte Ereignisse an die Oberfläche drängen. „Hey, schwächelst du etwa schon? Wir haben noch ein paar Meterchen vor uns.“, witzelte einer der ebenfalls schwitzenden Männer. „Wenn du nicht mehr kannst, sag mir rechtzeitig bescheid. Ich will nicht wie Dormeg unter diesem Ungetüm hier enden, klar?“ Grun riss sich zusammen. Schließlich hatte er diesen Menschen hier einiges zu verdanken. Da war’s es doch nur selbstverständlich, wenn er beim Tragen mithalf. „Nein, es geht schon wieder. Aber entschuldige wenn ich frage. Aber wozu schleppen wir dies Muni überhaupt umher? Was ist denn passiert?“ Grun hatte keine Ahnung wie der Mann reagieren würde, aber schließlich schleppten sie beide gemeinsam eine sehr schwere Kiste, und er hoffte einfach, dass dies genügend Gemeinschaftsgefühl in seinem Gegenüber weckte, um endlich seine Neugier zu stillen. „Mann, hast du etwa die ganze Zeit in der Kantine Kartoffeln geschält, oder was? Wir haben endlich Antwort vom Imperium bekommen. Die haben gestern die verdammte Wachstation der Algenschädel zerstört und wir haben endlich die Gelegenheit ungesehen im Wald rum zulaufen. Außerdem ist gestern eine Menge Altmetall vom Himmel geregnet und wir versuchen nun noch vor den Grasfressen da zu sein, klar?“, presste der Mann die Worte durch die Zähne.
 
Gruns Gedanken rasten. War es etwa möglich, dass es den Orks nun wirklich an die Gurgel ging. Planten die Rebellen nun einen neuen kühnen Vorstoß zur Befreiung seiner Leidensgenossen in den Lagern? Wenn ja, dann musste er mit dabei sein. Das hatte er sich nun fest vor genommen. Den Rest des Weges schwieg er und überlegte sich, wie er es am besten anstellen konnte, die Rebellen zur Absturzstelle zu begleiten. Er war doch jetzt auch ein Rebell, oder etwa nicht?

***

„Das stellt sich Leutnant Ovalis also unter einem unauffälligen Überraschungsangriff vor? Mir macht er schwerste Vorhaltungen und jetzt er hat die Station ganz von selbst über die ganze Atmosphäre verteilt. Typisch!“ Dam Damont tigerte aufgeregt von einer Station der Brücke zur nächsten. Irgendetwas schien bei diesem Einsatz erheblich schief gelaufen zu sein. Die Orkstation hatte eine katastrophale Kernschmelze erlitten und viele der noch glühenden Trümmerstücke, die sich nicht in ihre Atome aufgelöst hatten, bildeten nun ein strahlendes Trümmerfeld, dass sämtliche Scannerdaten verfälschte.

„Konnten sie schon irgendwelche Spuren unserer Jungs ausmachen? Warum dauert das solange?“, herrschte er einen nervösen Brückeoffizier an, der nach Lebenszeichen scannte. „Nein, nur die der Kapsel die kurz vor der Detonation zur Planetenoberfläche gestürzt ist, Sir!“, antwortete der Offizier mit leiser Stimme. Diesen kurzen Dialog hatten sie nun schon mindestens zehnmal in den letzten zehn Minuten geführt und der Kapitän schien nicht müde zu werden, diese Prozedur noch weitere Male durchzugehen. Damont machte sich Sorgen um seinen Freund. Ihm war von Anfang an klar gewesen, das sich auf diesem rostigen Orkschrotthaufen nichts wertvolles finden lies. Doch Ovalis hatte mal wieder alles auf die komplizierte Tour machen wollen. Wie ein Hund der mal wieder Auslauf brauchte hatte er sich auf diese taktisch unwichtige Ziel gestürzt um mal wieder seine Muskeln spielen zu lassen. Und Damont hatte ihn nicht davon abgehalten. Er hatte nicht eingegriffen, als sein Freund sich auf dieses Himmelfahrtskommando begeben hatte. Und dann auch noch mit den Implantatkriegern an seiner Seite. Und dieser unheimliche Drakken war auch mit von der Partie gewesen. Das konnte ja nur schief gehen. Dam Damont machte sich große Vorwürfe. Kaum hatte er sich in seine Sessel gesetzt, als er auch schon wieder aufsprang.

„Erster Offizier, lassen sie die Beiboote klar machen. Steuermann, bringen sie uns so nah an die Trümmer wie nur möglich. Wir werden das Trümmerfeld als Störschatten verwenden um uns unbeobachtet zu nähern!“ Dann ging er in seine Kabine die gleich an die Brücke grenzte und sendete eine Rundruf an alle verbliebenen Offiziere der Infanterietruppen. Sie sollten sich so schnell wie möglich bei ihm melden. Als er damit fertig war, befahl er die Satteliten vorzubereiten. Diese würden sofort ausgesetzt werden wenn sie in Reichweite des Planeten waren. Ihre Daten würden helfen, den Planeten zu scannen und vernünftiges Kartenmaterial zu erstellen. Da keine weiteren Ork-Installationen im Orbit gefunden worden waren, war die Gefahr einer Entdeckung deutlich geringer als in anderen Bereichen des Imperiums, wo manche Planeten sich mit einem ganzen Netz aus Abwehr- und Spionageplattformen umgaben, um jeden möglichen Angriff aus der Weite des Weltraumes, so schnell wie möglich zu registrieren. Leutnant Ovalis hatte zwar das Überraschungsmoment bevorzugt, doch schien dies katastrophal daneben gegangen zu sein. Nun war es an ihm, Nägel mit Köpfen zu machen. Die ganze Invasion des Planeten würde nun wieder mehr nach imperialen Standartkonventionen verlaufen. Und dazu gehörte vor allem ein massives Ausschiffen aller möglichen Kapazitäten.

„Funker, stellen sie mir eine Verbindung zur NOVISSIMUM her. Ich brauche das Oberkommando!“ fauchte er, um seinen Leuten klar zu machen, dass nun die Zeit für große Aktionen angebrochen war. Er würde nun keine Flachsereien mehr dulden, wie es bisher der fall gewesen war, wenn es nicht wirklich etwas Wichtiges zu tun gab. Innerlich verfluchte er den Umstand, dass er sich auf die relativ langsame und veraltete Form der Funknachrichtenübertragung verlassen musste. Aber wie so vieles anderes auch, waren hier am Rande des Imperiums Astropaten ein seltener Luxus, der nur den wenigsten zur Verfügung stand. Und besonders in dieser drittklassigen Streitmacht, die zwischen den einzelnen Hinterweltler-Planeten gondelte, war dies zu merken. Das Gefälle verlief von der OCULUS über die schon besser ausgerüstete PATRONUS zur fast schon elitären NOVISSIMUM. An Bord dieses Schiffes befanden sich die reinrassigen Menschen, die noch am ehesten als imperiale Armee durchgingen. Alle Besatzungsmitglieder waren normal und hatten vorher Regimentern reicher Welten angehört. Viele meist unfähige adlige Offiziere hatten hier ihr neues Zuhause gefunden und hatten die beste Ausrüstung und Waffen für Infanterie an Bord. Selbstverständlich besaß die NOVISSIMUM auch die schwerste Bewaffnung und besten Schilde der drei Raumschiffe und war damit das Flaggschiff und der Sitz des Oberkommandos der gesamten Streitmacht. Hier würde man vergeblich nach Sträflingstruppen, Implantatkriegern oder Metamenschen suchen. Diese relativ ungeliebten und nur geduldeten Gruppierungen fanden sich in allen Variationen an Bord der PATRONUS. Die NOVISSIMUM kam natürlich auch immer als letztes in ein neues System und sandte ihre Truppen nur kurz vor Ende der Kampfhandlungen aus. So war es den hohen Offizieren möglich, neue Erfolge und Siege zu sammeln, um die Streitmacht so schnell, wie nur möglich wieder verlassen zu können. Doch das war Damont alles egal. Er musste nun umständlich weitere Truppen von der PATRONUS anfordern, damit er die Invasion des Planeten einleiten konnte.

***

Jules Probio sprang schnell von der Ladefläche des Geländefahrzeugs. Ihm folgten viele bewaffnete Männer. Ohne großes Geschrei und Getöse stoppten weiter Fahrzeuge und spuckten noch mehre Rebellen aus. Schnell verschwanden sie zwischen den Bäumen und folgten Jules in Richtung der Absturzstelle. Jules war erregt. Sicher jeder Außeneinsatz war gefährlich und hinter jedem Baum konnte eine Waldbestie lauern oder ein Trupp Orks. Doch diesmal waren und seine Männer nicht nur zu einem kleinen Hinterhalt unterwegs.