Bei dem dritten Punkt will ich mal einhacken, weil es Probleme geben kann. Es gibt verschiedene Gesellschaftsordnungen und nach diesem Punkt muss sich das Subjekt der Gesellschaftsordnung unterordnen, was aber dazu führen würde, dass man manchmal moralisch-schlecht handeln muss, weil es die Gesellschaft so vorgibt.
Das würde bedeuten, dass jede Art von Demonstration, die ja die Gesellschaftsordnung stört, nach diesem Axiom unmoralisch wäre.
Würde bedeuten, ein armer Landbauer, der mehr Geld für seine Waren verlangt, stört die Gesellschaftsordnung und würde damit moralisch schlecht handeln, wobei eigentlich zu fragen wäre, ob nicht die Gesellschaft hier das Schlechte ist. (Diese Frage stellt sich dann auch im Bezug auf Widerstand im dritten Reich oder der DDR --> Juden verstecken wäre danach moralisch schlecht, weil sie die Gesellschaftsordnung stört, wobei es eigentlich moralisch schlecht ist Juden zu vergasen. [Dies ruft zudem ein Widerspruch mit dem ersten Punkt aus, wobei man dann hier sagen muss, dass man nie moralisch gut handeln kann])
Oder bei psychiscen Problemen (Burn-out-syndrom, Depressionen oder Probleme beim Mobbing) liegt dann das Problem beim Subjekt und nicht bei der Gesellschaft, die solche Krankheiten mit hervorrufen kann oder besser den Ausbruch mitbegünstigt durch ihre hohen Anforderungen an das Subjekt.
Die Gesellschaft ist eigentlich für das Subjekt da und nicht umgekehrt, also kurz gewendet. Erst das Subjekt, dann die Gesellschaft.
Du hast mich falsch verstanden. Ich meinte damit nicht, das sich eine Person einer Gesellschaft unterordnen muß.
Aber du hast Recht, ich sollte das vielleicht etwas präzisieren: In unserer (zumindest in meiner
😀) gab es einen schönen Spruch: "Was du nicht willst das man dir tut, das füg auch keinem andern zu". Diese Regel sehe ich als Leitmotiv an und aus dieser entwickelt sich auch mein Axiom (die Mathematiker mögen mir den Ausdruck Axiom verzeihen). Ich denke, das jeder bei seinen Entscheidungen beachten sollte, ob er, wenn alle so handeln würden, in dieser Gesellschaft leben wollte (und zwar auch als jeder Teil dieser Gesellschaft). Das ist jetzt nicht mehr ein schöner Satz, aber drückt wesentlich genauer das aus, was ich sagen wollte. Sorry nochmal für die Ungenauigkeit.
Zu deinen Beispielen:
", ein armer Landbauer, der mehr Geld für seine Waren verlangt, stört die Gesellschaftsordnung und würde damit moralisch schlecht handeln, wobei eigentlich zu fragen wäre, ob nicht die Gesellschaft hier das Schlechte ist."
Hier handelt die restlichen Mitglieder der Gesellschaft schlecht, da sie sich selbst nicht in der Situation des armen Landbauern begeben würden. Wie gesagt, das war vielleicht aus meiner verkürzten Version nicht rauszulesen. Ich hoffe mit der Präzisierung wird dies klarer.
Die Situation mit dem Widerstand ist noch deutlich klarer. Wenn der Nationalsozialismus eine moralische Gesellschaft in meinem Sinne wäre, dann müßten die Leute, die Juden ausliefern würden, sich ebenfalls freiwillig zur Vergasung melden.
Ebenso das Beispiel von
Hermann von Salza: Dieser Einwand wird oft gegen den kathegorischen Imperativ gebraucht. Natürlich hätte der stärkste Mann der Welt nichts gegen eine Gesellschaftsordnung, in der jegliche Streitigkeiten mit einem Armdrücken gelößt werden. Hätte er aber auch nichts dagegen, wenn er der schwächste Mann der Welt wäre? Erst wenn er diese Frage mit "Ja" beantwoten kann, dann kann er eine solche Gesellschaftsordnung fordern.
Noch ein paar Posts auf die ich eingehen möchte:
Selbst die Kirche hat ihren Schwachsinn eingesehen und Auge um Auge, Zahn um Zahn durch die andere Backe hinhalten ersetzt.
Wenn du die Bibel zitierst, dann bitte richtig. Da steht nunmal nicht drin: Wenn dir einer auf die eine Backe schlägt, dann halte die andere hin. Sondern da steht drin: Wenn dir einer auf die
linke Backe schlägt, dann halte die
rechte hin.
Der Unterschied ist in der Ausführung nur minimal, aber durchaus bedeutsam. Zu der damaligen Zeit war das linkshändertum noch nicht verbreitet, d.h. wenn dir jemand mit seiner rechten Hand auf die von ihm aus linke Backe schlägt, dann schlägt er mit der äußeren Handfläche. Dieser Schlag ist nicht gedacht um zu veletzten, sondern um zu demütigen. Der Schlag auf die rechte Backe soll verletzen und damit eine Auseinandersetzung führen.
In den mittelalterlichen Sprachgebrauch übersetzt steht da: Wenn dir jemand den Fedehandschuh hinwirft, dann nimm an. Oder ins morderne übersetzt: Steh zu deinen Überzeugungen!
Ich denke, die 10 Gebote stellen grob den "kleinsten gemeinsamen Nenner" in der Moral aller Kulturen dar.
Ich muß mich mal wieder unbeliebt machen. Wenn das der KGN ist, dann hätte ich gerne meinen Diskurs zurück.
"Du sollst keine Götter neben mir haben?" Danke, aber ich finde meine Religionsfreiheit (die mir auch als Agnostiker zu teil wird) was ser tolles...
"Der siebte Tag ist Ruhetag..." Na danke, wenn ich Sonntags nen Arzt brauch, bin ich ehrlich gesagt froh, das es genug gibt, die sich nicht daran halten...
Sicher sind dort einige Grundüberzeugungen menschlicher Gesellschaft drin (Du sollst nicht töten, du sollst nicht stehlen, du sollst nicht begehren deines Nachbarn Weib usw.), das ganze aber deshalb auf irgendein Podest zu heben halte ich für falsch. Besser als nichts, aber verbesserungswürdig.
Passen wir nun unsere Moralvorstellungen entsprechend an, um unsere Reaktionen auf den Terrorismus in unser Moralschema hinein zu bekommen, haben die Terroristen im Prinzip ihr Ziel erreicht --> Sie zerstören unsere Gesellschaft und unsere Moralvorstellungen von innen heraus.
Genau das ist das Problem. Das durch unser eigenes Zögern Mörder in der Lage sind, passiv unser Gesellschaftssystem umzubauen. Mit ihren paar Bömbchen können die eigentlich unsere Freiheit nicht ernsthaft gefärden. Das können nur wir selbst, in dem wir uns derart von unseren eigenen Ängsten steuern lassen, das wir unsere Freiheiten selbst begraben (und perfideweise auch noch glauben uns damit zu schützen).
Phu, das ist ja schön und gut, was du da forderst. Aber, um jetz mal bei islamisch fundamentalistischem Terror zu bleiben, sind die Gründe dafür so dermaßen vielschichtig, das selbst wenn man meint sie alle zu kennen, man wohl kaum etwas dagegen tun kann.
Natürlich sind die Gründe extrem vielschichtig. Mal davon abgesehen, das wir im Westen von einem ganzen Haufen dieser Gründe profitieren und deshalb aus realpolitischer Sicht "gute" Gründe (nicht moralische Gründe!) haben, dieses System aufrecht zu erhalten. Das entbindet uns aber nicht von de moralischen Pflicht, diese Gründe zumindest mittelfristig zu minimieren. Aber hier stoßen wir an die Grenze zwischen dem was moralisch richtig wäre und dem, was im Moment machbar ist. Sicher kann die Welt nicht von heute auf morgen besser werden, wenn wir allerdings alle unser kleines Rädchen in die Richtung drehen, werden sich auch irgendwann die großen Räder bewegen.
Mir ist klar, das ich hier Forderungen an die Gesellschaft stelle, die sie gar nicht immer einhalten kann (ich nehme mich selbst da auch nicht aus, ich handle oft genug selbst unmoralisch). Aber wie heißt es so schön: Man muß ja noch Ziele haben. Und ich denke, das eine solch moralische Gesellschaft unser Ziel sein sollte.
EDIT:
Schöner Relativismus, der dazu führt, dass wir im Endeffekt keine Diskussionen mehr führen müssen. Jeder kann tun was er will und wie, was bedeutet, dass ich einen Mörder nicht sagen kann, dass es nicht gut ist Menschen zu töten, weil er ja ein anderes Wertesystem hat. Dann können wir auch gleich Gesetze und Menschenrechte abschaffen, sind ja eh nur subjektiv gültig.
Also gibt es keine begründete Kritik an Verfolgung, Unterdrückung und Krieg.
Kannst du auch nicht. Du kannst nicht sagen, das ein Mörder moralisch falsch gehandelt hat. Du kannst nur sagen, das der Mörder aus Sicht der Gesellschaft, in der er lebt, moralisch falsch gehandelt hat. Wie schon das Beispiel mit den Ehrenmorden von Sohn des Khaine gezeigt hat, ist nicht in jedem Land der Welt Mord unter gewissen umständen so geächtet wie bei uns. Bei uns ist ja Mord in gewissen Umständen auch moralisch akzeptiert (wenn es beim Luftangriff auf den Tanklastzug nur Taliban erwischt hätte, dann wäre das ja kein Problem gewesen...) ist, zeigt ja das auch bei uns dieser Grundsatz nicht überall akzeptiert ist. Ist übrigens nicht nur mit Mord so, auch bei Folter sind viele Menschen sehr nachgiebig, wenn es darum geht einen entführten Millionärssohn zu finden (Stichwort: Jacob von Metzler). Oder man denke an Strauss, der damals wohl forderte solange RAF Mitgieder an die Wand zu stellen, bis die RAF Hans Martin Schleyer freiläßt...
MMn kann eine Gesellschaft immer nur für sich selbst einseitig gültige Moralvorstellungen definieren. Wie stark wir dann hinter dieser stehen, sehen wir in dem Moment, wo unsere Moral uns einen Nachteil bietet.
Wenn sich der Mörder zusammen mit anderen Mördern in Mörderland trifft und die sich da gegenseitig umbringen, dann geht uns da genausowenig was an, solange wir da nicht aktiv mithelfen (z.B. durch Waffenlieferungen). Deshalb aber anzunehmen, das wir deshalb uns die Diskussion sparen können, wie wir uns verhalten, halte ich für falsch.