Was ist euere Meinung zum Tanzverbot an Karfreitag bzw. generll an stillen Tagen

Findet ihr das Tanzverbot gerechtfertigt

  • Ja, finde ich absolut in Ordnung an den wenigen Tagen

    Stimmen: 27 24,5%
  • Nein, halte ich für total unsinnig

    Stimmen: 61 55,5%
  • Betrifft mich nicht, ich geh eh nie tanzen

    Stimmen: 19 17,3%
  • An bestimmten Feiertagen finde ich es wichtig, bitte textlich erläuctern:)

    Stimmen: 3 2,7%

  • Umfrageteilnehmer
    110
[...]aber das ändert nichts daran, dass Weihnachten DER christliche Feiertag schlechthin ist.
Ich weiß nicht so recht, ob du das religiös meinst. Aber sollte es so sein, zeigt es im Grunde wie wenig deine weihnachtlichen Kirchenbesuche dir christliches Wissen vermittelt haben. Denn das Osterfest hat im christlichen Glauben einen viel höheren Stellenwert, als das Weihnachtsfest. Trotzdem feiern wird Weihnachten viel intensiver, eben weil es nur noch reine Tradition und Gewohnheit ist, wie KOG passend ausgeführt hat.
 
Ich weiß nicht so recht, ob du das religiös meinst.

Ich meine damit den Stellenwert, den der Feiertag in der "gesellschaftlichen Praxis" besitzt. An Weihnachten (und zur Adventszeit allgemein) wird der christliche Glaube bzw. Reste davon bei uns am stärksten ausgelebt.* Sicherlich ist vieles davon eher "Gewohnheit" aber das ändert doch an der Struktur dieser Diskussion eigentlich nichts. Man könnte den Spieß auch umdrehen und sagen, dass so wie Weihnachten aus Gewohnheit mit Geschenken, Christkind und Tannenbaum gefeiert wird eben am Karfreitag aus Gewohnheit Tanzverbot herrscht.

Letzten Endes geht es im Kern der Diskussion hier doch darum, wie viel Tradition und damit teilweise verbundene Reste von Religion in unserer modernen Gesellschaft noch angebracht sind. Ob die nun aus aktivem Glauben heraus oder aus Gewohnheit gelebt werden ist unterm Strich unerheblich, es geht mir dabei eher um eine gewisse Konsequenz in der Grundhaltung, die sich beliebig ausweiten lässt. Mir zum Beispiel geht Fasching / Karneval furchtbar auf die Nerven. Aber es ist halt eine Tradition und vielen Menschen ist sie wichtig. Es steht mir nicht zu, das zu kritisieren, nur weil ich persönlich keinen Spaß daran habe. Dafür rebelliere ich aber anders herum auch nicht gegen die Traditionen, die mir gefallen. Für mich ist der Karfreitag einfach nur irgend ein Tag im Jahr, an dem die Discos nicht offen haben und das war´s. Man kann das als regelmäßiger Partygänger ja auch ganz unreligiös einfach als Anlass nehmen, mal statt der Disco einen Grillabend mit Freunden zu veranstalten, sozusagen zur Abwechslung und genau mit dieser Begründung das Tanzverbot ganz unreligiös mit einem Gegenpol zur Partykultur politisch begründen.

*Ich bin mir durchaus der Tatsache bewusst, dass viele Elemente des Weihnachtsfestes wie z.B. der Tannenbaum ihre Wurzeln nicht im christlichen Glauben haben, aber das würde die Diskussion nun doch etwas arg weit weg vom Thema führen. Die Elemente wurden halt sozusagen assimiliert.
 
Zuletzt bearbeitet:
In einem säkularen Staat (der Deutschland ja leider nur teilweise ist), darf die Begründung für jedwedes Handelns niemals sein "Weil Religion xyz" es so vorschreibt. Die Entscheidung erfährt ihre Legitimation einzig und allein aus dem demokratischen Wesen des Staates, dem Volk selbst, deeren politischen Stellvertretern und dem Grundgesetz. Jede Begründund kann sich nur darauf fußen.

Die Begründung für die Feiertage kann also nur lauten, dass der Gesetzgeber es aus laizistischen Gründen für angebracht hält, dass dem Volk eine fest vorgegebnene Zahl an Feiertagen zur Verfügung steht. Desweiteren sei einer von 7 Tagen in regelmäßigen Abständen arbeitsfrei. Um das zu legitimieren braucht man keine Religion. Dass man sich bei der Verteilung dann für Tage entscheidet, die ein Großteil des Volkes für feierwürdig erachtet, ist naheliegernd. Da darunter viele religiöse Feste sind, stellt kein Problem dar und ist aus praktischer Sicht sinnvoll. Ein atheistischer Arbeitnehmer profitiert davon, dass der gesetzliche Feiertag Nr. 3 im Jahr auf den Ostermontag fällt, nicht mehr als wenn er auf den 2.2. oder den ersten Montag im März fällt, er profitiert aber dennoch davon. Für die Christen ergibt sich dann der zusätzliche Vorteil, dass sie ihre Religion ausüben können.
Der Feiertag wird also in keinster Wiese durch die Religion konstituiert, sondern alleine durch staatliches Handeln. Keine Religionsgemeinschaft kann einfordern, dass der Staat ihre Feiertage auch zu staatlichen Feiertagen macht. Der Staat kann die Existenz der Feiertage ja auch aus sich heraus begründen. Dass es eben förderlich für die Gesellschaft ist, an gewissen Tagen gemeinschaftlich frei zu haben und es deshalb gerechtfertigt ist, in die Arbeitsgesetzgebung einzugreifen.

Beim Tanzverbot muss es genauso sein. Das Verbot kann sich nicht aus religiösen Motiven legitimieren. Und deswegen kann der Gesetzgeber durchaus differenzieren und sagen, wir wollen das eine und das andere nicht. Denn das Tanzverbot ist ganz klar einschränkend, während das Arbeitsverbot dem Großteil der Bevölkerung zugute kommt. Der Staat kann widerspruchsfrei sagen: Wir wollen, dass es 7-12 gesetzliche Feiertage gibt. Um zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen, legen wir da einige auf religiöse Feiertage, damit diejenigen dann ihren Glauben ausleben können. Wir ermöglichem dem anderen Teil der Bevölkerung aber, diese Tage zu begehen wie sie es wollen und zwingen ihnen nicht auf, sich an religiösem Hokuspokus zu beteiligen.

Man kann die eine Tradition bewahren, auch wenn man das Tanzverbot fallen lässt, da sich beides eben nicht aus der Religion begründet, sondern nach dem Willen des Volkes.
 
@Blackorc:
Es ist zunächst auch nicht verwerflich, christliche Feiertage auch aus der christlichen Ursprungsgeschichte zu verfolgen. Im Alltag allerdings spielen diese Brauchtümer bestenfalls eine untergeordnete Rolle, wenn sie denn überhaupt noch eine Rolle spielen. Es gibt auch andere Ereignisse, die dereinst einen viel spezifischeren Anlass hatten, deren weitergehenden Inhalt wir aber noch heute übertragen. Wenn heutige Kinder sich zu Halloween verkleiden und einen Mordsspaß an dem Mummenschanz haben, gedenkt auch keiner der keltischen Ursprünge, sondern genießt (oder wird genervt, je nachdem) die heutige, mehr kommerzialisierte Form des Sommerendes. Im Laufe der Generationen erhalten sich eben nur noch aktuelle und entsprechend angepasste Seiten eines einst bedeutenden Anlasses, die Bezeichnung "Karfreitag" oder "Heiligabend" hat doch nurmehr einen dem Mythos und der Folklore dienenden Grund, nur die wenigsten möchten "Feiertag 1" oder "Familienbescherung" begehen, sondern die tradierten, wohlklingenden Namen. Selbstverständlich könnte der Staat auch beschließen, andere Tage im Jahr verbindlich als Feiertage festzuschreiben, aus welchen Motiven auch immer, aber dazu müssten jahrhundertealte Strukturen aufgebrochen werden und "frevlerische" Neuerungen sich erst einmal langsam durchsetzen, darum belässt man es dabei. Kulturpsychologisch sehe ich unsere Feiertage aber zunächst als Traditionsgut mit sich ändernden Vorzeichen (es mag ja sein, dass eines Tages die religiöse Bedeutung wieder stärker hervortritt) denn als konkret festgesetzte Ereignisse, in deren geistiger Nachfolge wir auch noch heute treten.

@ELute:
Du hast doch gesagt, dass die "jugendliche Gesellschaft" als Ganze (weder in dem zitierten Auszug noch in dem gesamten Beitrag finde ich eine Einschränkung, dass Teile dieser "jungen Gesellschaft" gemeint waren) sich im Laufe der Zeit mehr und mehr in Richtung von Partylöwen entwickelt hat, und folgerichtig auch ein persönliches Interesse trägt, dass es kein Tanzverbot an bestimmten Tagen gibt. Das ist in dieser Form offenkundig ein Pauschalurteil. An anderer Stelle mahnst Du aber (völlig berechtigt) mehr Sachlichkeit an. Ich habe darin einen Widerspruch ausgemacht und wollte das anführen. Wo soll denn da der Denkfehler sein?

Dass nur bestimmte Gruppen von dem Tanzverbot betroffen sind, ist unzweifelhaft richtig, aber so ist es fast überall im Leben. Nur weil man nicht selber betroffen ist, muss das ja kein Anlass sein, opportun darüber hinwegzusehen und das zu dulden. Für mich ist die ganze Konzeption dieses Gesetzes falsch, wenn die Gegner begründen müssen, warum es unsinnig ist; ein Gesetz muss sich selber rechtfertigen können. Rechtfertigungsgrundlage dieses Gesetzes ist nun, dass religiöse Empfindlichkeiten verletzt werden könnten, was ich für weltfremd und illiberal halte, da spielt es auch keine Rolle, ob Jugendliche jeden anderen Tag im Jahr durchfeiern können. Es bleibt ein Geschmäckle von Begünstigung gewisser Gruppen, die sich in einem vorgeblich religionsneutralen Staat nicht in die Gesetzgebung einzumischen haben. Ich fand es beispielsweise auch unmöglich, dass der Klage des Muslims stattgefunden worden ist, der nach Jahren festgestellt hat, dass er aus religiösen Gründen keine alkoholischen Getränke einräumen kann. Warum stechen denn religiöse Hintergründe allgemeingültiges Recht? Das ist reine Willkür, nichts anderes.
 
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*Ich bin mir durchaus der Tatsache bewusst, dass viele Elemente des Weihnachtsfestes wie z.B. der Tannenbaum ihre Wurzeln nicht im christlichen Glauben haben, aber das würde die Diskussion nun doch etwas arg weit weg vom Thema führen. Die Elemente wurden halt sozusagen assimiliert.
Aber warum sollte nicht gerade die Assimilation und der stattfindende Wandel, an einem bestimmten Punkt beinhalten, dass solche Feiertage nicht mehr still sind? Was spricht denn so zwingend dagegen? Wie wir Europäer die christlichen Feiertage begehen ist in stetigem Wandel, es wurden heidnische Sitten und Gebräuche assimiliert, jede Konfession begeht die Feiertage anders und auch jedes christliche Land begeht diese christlichen Feste anders und hat andere Regeln (wie schon erwähnt gibt es in Österreich keine stillen Feiertage). Was spricht also so eindeutig und zwingend für die stillen Feiertage in Deutschland?

Ich selbst finde es auch gut, dass wir generell an Traditionen festhalten, das gehört auch einfach zu einer Kultur dazu. Aber der Wandel ist eben auch etwas normales und da denke ich, wir sind an einem Punkt angekommen, an dem die stillen Feiertage mit ihrem Tanzverbot nicht mehr zeitgemäß sind.
 
Beim Tanzverbot muss es genauso sein. Das Verbot kann sich nicht aus religiösen Motiven legitimieren.

Wie gesagt, der Staat kann das Tanzverbot an einigen wenigen Tagen im Jahr auch als "pädagogische Maßnahme" begründen. Sozusagen als ein "Hey, ihr könnt mit eurem Freitag auch noch was Anderes anstellen als in die Disco zu gehen und lasst doch bei der Gelegenheit die Christen in Ruhe ihrem Jesus gedenken".

Ich gehe ja selbst gerne abends feiern. Aber wenn man es so nötig hat, dass man an ein paar Tagen im Jahr nicht darauf verzichten kann, sollte man vielleicht auch einmal über seine Gewohnheiten nachdenken und vielleicht auch darüber, ob man mit seinen Freunden eigentlich noch irgendwas anderes anstellen kann. 😉
 
Ich gehe ja selbst gerne abends feiern. Aber wenn man es so nötig hat, dass man an ein paar Tagen im Jahr nicht darauf verzichten kann, sollte man vielleicht auch einmal über seine Gewohnheiten nachdenken und vielleicht auch darüber, ob man mit seinen Freunden eigentlich noch irgendwas anderes anstellen kann. 😉
So kann man aber doch kein Gesetz aufzäumen. "Stellt euch nicht so an, liebe Leute, es sind doch nur ein paar Tage" reicht für mein Rechtsverständnis für ein allgemeingültiges Gesetz nicht aus. "Der Mann ist Muslim und trägt darum keine Spirituosen, ist doch nur ein Einzelfall" ist für mich genauso dünn. So häufen sich irgendwann die Privilegien und der Atheist guckt genauso wie der Anhänger einer kleineren Religion in die Röhre. Ein jüdischer Arbeitnehmer wird in Deutschland auch kaum durchsetzen können, unter allen Umständen samstags nicht arbeiten zu müssen, trotz des ganzen Geschwafels von der "jüdisch-christlichen Tradition". So kann's gehen: betet man zum falschen Gott, muss man auch mehr arbeiten, so subtil kommt heute christliche Missionierung daher. 😉
 
Ich persönlich habe überhaupt kein Problem damit an einigen wenigen Tagen im Jahr auch auf "Befehl" hin mal die Seele baumeln zu lassen und eine ruhige Kugel zu schieben. Und mir gehts auch nicht schlechter wenn an so einem Tag eben solche Dinge wie en "Tanzverbot" auftauchen. Leb da seit knapp 45 Jahren mit und komme da ganz gut mit zurecht.
 
Ich gehe ja selbst gerne abends feiern. Aber wenn man es so nötig hat, dass man an ein paar Tagen im Jahr nicht darauf verzichten kann, sollte man vielleicht auch einmal über seine Gewohnheiten nachdenken und vielleicht auch darüber, ob man mit seinen Freunden eigentlich noch irgendwas anderes anstellen kann. 😉
Da stimme ich dir im Grunde sogar zu. Aber auf dieser Basis darf man doch kein Gesetz begründen. Wir haben nun mal grundlegende Menschenrechte, dazu gehört auch die freie Entfaltung der eigenen Persönlichkeit. Und sollte dies bei einem Mensch darin bestehen, dass er ständig am feiern ist, er damit aber niemandem Schaden zufügt, dann müssen wir das respektieren. Ihn darin zu beschränken geht eben nur dann, wenn es im Sinne der Allgemeinheit ist. Das war früher sicher der Fall, da waren die Menschen so religiös, dass eine Mehrheit den Wunsch nach Ruhe hatte, an einem Osterwochenende und an anderen kirchlichen Feiertagen. Heute dürfte dies aber kaum noch der Fall sein, es ist nur noch eine Minderheit, die sich gestört fühlen würde, also ist diese Einschränkung nicht mehr zeitgemäß.
 
@ Blackorc: Klar, kann der Staat das maxchen. Ich finde aber, er sollte es nicht machen. Während ein Feiertag jedem mehr Freiheiten gibt, schränkt das Tanzverbot die Freiheit ein. Das sollte der Staat so oft vermeiden wie es geht. Wie ich eingangs geschrieben habe, würde ich einen solch massiven Eingriff in die Persönlichkeitsrechte einzig und alleine am Volkstrauertag für gerechtfertigt erachten, da der Staat hier im Gegensatz zu religiösen Tagen den Feiertag mit einem Zweck verknüpfen kann, der sich direkt aus säkularen Gesichtspunkten ergibt und damit nicht der Religionsfreiheit entgegensteht. Aber wenn der Staat selbst in diesem Fall nicht davon Gebrauch macht, würde ich auch nicht protestieren.
 
Wir haben nun mal grundlegende Menschenrechte, dazu gehört auch die freie Entfaltung der eigenen Persönlichkeit.
Während ein Feiertag jedem mehr Freiheiten gibt, schränkt das Tanzverbot die Freiheit ein.

Die Freiheit des Einen kann durchaus eine Einschränkung des Anderen sein. Im Falle des Feierns kann man durchaus von einer massiven Belästigung der Anwohner von Partymeilen sprechen. Hier in Würzburg zum Beispiel gibt´s ein paar Straßen in denen ich bestimmt nicht wohnen möchte, auch wenn die Vorstellung verlockend ist, dass man nur die Treppe runter gehen muss um mit den Kumpels ein paar Bierchen zu trinken.

Daher könnte man das auf einige Tage beschränkte Tanzverbot auch als ein Zugeständnis an solche Anwohner auslegen, zusätzlich zum bereits erwähnten "pädagogischen Zweck".

"Der Mann ist Muslim und trägt darum keine Spirituosen, ist doch nur ein Einzelfall" ist für mich genauso dünn. So häufen sich irgendwann die Privilegien und der Atheist guckt genauso wie der Anhänger einer kleineren Religion in die Röhre. Ein jüdischer Arbeitnehmer wird in Deutschland auch kaum durchsetzen können, unter allen Umständen samstags nicht arbeiten zu müssen, trotz des ganzen Geschwafels von der "jüdisch-christlichen Tradition". So kann's gehen: betet man zum falschen Gott, muss man auch mehr arbeiten, so subtil kommt heute christliche Missionierung daher. 😉

Die Religionsfreiheit wird in solchen Zusammenhängen immer wieder gerne zitiert, aber Schland ist halt nunmal eine Nation mit christlich geprägten Wurzeln und daher hat diese Religion bei uns auch gewissermaßen Hausrecht. Ich möchte jetzt in meiner Argumentation nicht allzu platt werden, aber wer im Iran vorhat eine Stripbar aufzumachen dürfte wiederum etwas mit den örtlichen Gegebenheiten kollidieren. Das ist doch vollkommen normal. Wenn ich in einem muslimischen Land bin muss ich mir halt jeden Tag den Muezzin anhören, wenn ich in Indien bin wirds schwer fallen an Rindfleisch ran zu kommen und in Israel hat am Jom Kippur auch keine Disco offen. Die Frage ist immer noch: Ist das denn wirklich so schlimm?
 
Die christliche Prägung lässt aber nach. An welchem Punkt muss man noch etwas festhalten, das für einen Großteil der Bevölkerung keine Bedeutung mehr hat? Es ist nicht Ziel des Staates eine etwaige religiöse Prägung der Gesellschaft künstlich am Leben zu erhalten. Karfreitag hat für die meisten Menschen nichts mehr mit irgendwelchen Sagengestalten zu tun, an denen damals von den Justizbehörden ein rechtmäßiges Urteil (auf eher schlampige Art und Wiese) vollzogen wurde.

Die Begründungen, die Du angibst, klingen immer mehr nach Strohhalmen. Dass Anwohner von Discothekenlärm belästigt werden, kann wohl kaum als Begründung dafür dienen, flächendeckend öffentliche Veranstaltungen mit Amusement-Charakter zu verbieten. Das ist durch die Gewerbeordnung und Lärmschutzbestimmungen schon hinreichend reglementiert. Wenn es da Nachbesserungsbedarf gibt, sind das dann auch die richtigen gesetzgeberischen Stellen, an denen man ansetzen muss.

Dass Du gerade den Iran als Beispiel für Normalität ansiehst, spricht Bände über Deine argumentative Verzweiflung. Nur fürs Protokoll; ICH diskutiere hier über gesetzliche Regelungen in einem Rechtstaat! Ich weiß nicht, wie Du es hälst. Ich möchte keine iranischen Verhältnisse in Deutschland.

Ich lehne es auch ab, dass der Staat solche schammigen Begründungen wie Tradition oder gesellschaftliche Prägung als gesetzgeberische Grundlage nimmt. Wenn es einen wirklich handfesten Grund gibt, in die Menschenrechte des Einzelnen einzugreifen, dann kann der Staat das machen. Die Tradition, ob religiös oder nicht, zu pflegen, ist aber vor allem eine Aufgabe der Zivilgesellschaft und nur nachgeordnet eine des Staates. Sie wiegt in jedem Fall nicht so schwer um damit einen Eingriff in die Freiheit des Einzelnen zu rechtfertigen. Traditionen aufrecht zu erhalten, mag für den Einzelnen toll sein. Man darf diejenigen, denen diese Traditionen schnurzpiepegal sind, aber nicht dazu zwingen.
 
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Die Frage ist immer noch: Ist das denn wirklich so schlimm?
Für mich persönlich: Nein, es ist nicht schlimm. Einfach weil ich nicht feiern gehe. Ich versetze mich aber in die Menschen hinein, die gerne feiern möchten. Hier muss man doch abwägen, will eine Mehrheit die Ruhe oder will eine Mehrheit feiern und da denke ich eben, dass heutzutage weniger Menschen auf das Tanzverbot konkret wert legen, als es im Gegenzug Menschen gibt die gerne feiner möchten. Und wir leben immer noch in einer Demokratie und die Gesetze und Regeln unserer Gesellschaft sollen möglichst Sinn machen.

Du hast mit den Feiermeilen nicht ganz unrecht. Aber das ist doch ein Alltagsproblem. Auch an jedem beliebigen Jahrestag darf der abgelegene Biergarten länger auf haben, als der in einem Wohngebiet liegende Biergarten, aus verständlich Gründen. Was spricht also dagegen, das generelle Tanzverbot aufzuheben und sinnvoll und zweckmäßig die möglichen Öffnungszeiten der Gastronomie zu regeln? Gestern war ich während einer Radtour in einem Biergarten, dort vor Ort sind 3 Biergärten dicht beisammen, der Lärm der Menschen dort war genau so laut wie manche Party. Wieso wird also dies nicht verboten, aber das Öffnen einer im Industriegebiet gelegenen Disko, weitab von Wohngebieten und religiösen Menschen, die sich gestört fühlen könnten, wird wiederum verboten? Wo ist da die Fairness und Logik in dem Gesetz? Gleiches gilt für die ganzen anderen Veranstaltungen. Man pocht einfach nur ohne Sinn und Logik auf die Einhaltung alter Traditionen und festgefahrener Gewohnheiten.
 
Ich lehne es auch ab, dass der Staat soclhe schammigen Begründungen wie Tradition oder gesellschaftliche Prägung als gesetzgeberische Grundlage nimmt.

Willst du Sonntags arbeiten gehen? Das ist auch eine Tradition, die sich in der Gesetzgebung wieder spiegelt. Natürlich lässt sich der Sonntag als freier Tag auch anders begründen, aber im Wesentlichen ist es halt nunmal Tradition.

Dass Du gerade den Iran als Beispiel für Normalität ansiehst, spricht Bände über Deine argumentative Verzweiflung.

Ich habe vier Beispiele genannt, der Iran war lediglich das drastischste davon.

Nur fürs Protokoll; ICH diskutiere hier über gesetzliche Regelungen in einem Rechtstaat! ICh weiß nicht, wie Du es hälst.

Meine Ausführungen zu anderen Religionen waren eine Antwort zu KOG´s Beitrag, der diese ins Spiel gebracht hat.

Die christliche Prägung lässt aber nach. An welchem Punkt muss man noch etwas festhalten, das für einen Großteil der Bevölkerung keine Bedeutung mehr hat?

Wie gesagt, man kann dieses "festhalten" auch auflösen, meiner Meinung nach müsste man das dann aber konsequenterweise auch für die Annehmlichkeiten tun. Entweder wir sind ein vollkommen säkularisierter Staat für den religiöse und kulturelle Wurzeln keinerlei Bedeutung mehr haben, oder wir sind keiner. Da kann man imho keine Rosinenpickerei betreiben, je nach dem ob es sich nun um ein Goodie oder eine Einschränkung handelt.

Du hast mit den Feiermeilen nicht ganz unrecht. Aber das ist doch ein Alltagsproblem.

Natürlich ist es ein Alltagsproblem. Aber was spricht denn dagegen, zum Schutz der Anwohner ein paar Tage aufrecht zu erhalten wo einfach mal feiertechnisch Schicht im Schacht ist?

Der Anwohnerschutz ist etwas, dass sich im Alltag niemals zufrieden stellend lösen lassen wird. Wer in einer Straße wohnt, in der sich fünf Kneipen und zwei Discos befinden, hat bis mitten in der Nacht grölende Leute vor dem Fenster rumlaufen, das ist halt nunmal so. Wenn man die Kneipen und Discos zu stark einschränkt können sie dicht machen, die Leute gehen dann halt woanders hin und es ist auch für alle größeren Städte normal, dass es solche Ecken gibt. Also macht es durchaus Sinn, dass es als kleines Zugeständnis ein paar feste Tage gibt, an denen Ruhe ist. Das tut der feiermütigen Meute nicht wirklich weh, denn es sind ja nur ein paar Tage und ist eine kleine Verschnaufpause für die Anwohner.

Ups, das war ja jetzt glatt ein Doppelpost :blush:
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Da kann man imho keine Rosinenpickerei betreiben, je nach dem ob es sich nun um ein Goodie oder eine Einschränkung handelt.
Ja, aber warum denn nicht? Wenn es doch dem Wohle des Volkes gilt (Feiertag = Tag der Erholung, Erholung = etwas positives), dann kann doch Rosinenpickerei nur positiv gesehen werden. Wieso soll ich mich selbst geißeln und auf etwas verzichten um mir ein Recht auf den Feiertag zu verdienen? Was spricht also als logischer Grund gegen Rosinenpickerei, nicht einfach nur dein emotionales Empfinden? Denn was das rechtliche angeht hat Vovin schon alles geschrieben, daraus kann man es nicht begründen.

Edit:
Natürlich ist es ein Alltagsproblem. Aber was spricht denn dagegen, zum Schutz der Anwohner ein paar Tage aufrecht zu erhalten wo einfach mal feiertechnisch Schicht im Schacht ist?
Mein Rechtsempfinden spricht dagegen. Extrawürste dieser Art, die sich vom normalen Lärmschutzrecht abheben, müssen eine triftigen Grund haben. Dieser Grund war früher mal gegeben, durch das verblassen der Religiosität der Menschen verfällt aber die Berechtigung.
 
Zuletzt bearbeitet:
Entweder wir sind ein vollkommen säkularisierter Staat für den religiöse und kulturelle Wurzeln keinerlei Bedeutung mehr haben, oder wir sind keiner.
Wieso denn der Konjunktor "und"? Ein säkularisierter, besser noch, ein laizistischer Staat kennt keine für jedermann gültigen auf Religion bezogenen Inhalte, wohl aber allgemeinverbindliche kulturelle. Niemand hier setzt sich dafür ein, den arbeitsfreien Sonntag als zivilisatorische und kulturelle Instanz abzuschaffen. Aber nur die allerwenigsten Bürger werden sich dafür einsetzen, den Sonntag noch als Tag des Kirchenbesuchs in den Vordergrund zu rücken. Sind das dann auch Rosinenpicker? Muss der, der sonntags nicht arbeiten möchte, auch in die Kirche? Ist derselbe Mechanismus wie beim Tanzverbot, diesmal aktiver statt passiver Art.
Und "Hausrecht" ist relativ, wenn unverbrüchliche Gleichheitsmomente ins Spiel kommen. Da die Bundesrepublik Deutschland nach ihren gesetzgebenden Statuten keine Bevorzugung des Christentums anstrebt, kann sie diesem nicht Sondergenehmigungen erteilen. Das gilt dann auch für Kreuze in Schulklassen oder, um es auf andere Religionen zu wenden, Kopftücher in öffentlichen Gebäuden.

Warum das Tanzverbot auch innertheologisch Unsinn ist, habe ich vor ein paar Seiten dargestellt, s. erzwungene Misericordia bzw. den geradezu ironisch verzerrten Tugendkanon des Thomas von Aquin.
 
Ja, aber warum denn nicht? Wenn es doch dem Wohle des Volkes gilt (Feiertag = Tag der Erholung, Erholung = etwas positives), dann kann doch Rosinenpickerei nur positiv gesehen werden. Wieso soll ich mich selbst geißeln und auf etwas verzichten um mir ein Recht auf den Feiertag zu verdienen?

Es geht mir dabei um die Argumentation. Wenn das wesentliche Argument für den Wegfall eines (im Grunde genommen unbedeutenden) Verbotes ist, dass es keine gesellschaftliche Bedeutung mehr hat dann muss dies für die Feiertage gelten, welche ebenfalls keine gesellschaftliche Bedeutung mehr haben.

KOG schrieb:
Wieso denn der Konjunktor "und"?

Weil sich unser kultureller Hintergrund unmöglich getrennt von der religiösen Geschichte betrachten lässt. Ansonsten könnte man sich auch darüber streiten, ob die historischen Kirchen in den Städten denn wirklich schützenswerte Bauwerke sind.

KOG schrieb:
Und "Hausrecht" ist relativ, wenn unverbrüchliche Gleichheitsmomente ins Spiel kommen. Da die Bundesrepublik Deutschland nach ihren gesetzgebenden Statuten keine Bevorzugung des Christentums anstrebt, kann sie diesem nicht Sondergenehmigungen erteilen.

In diesem Falle widersprechen sich Statuten und gelebte Praxis sehr stark. Das Christentum hat bei uns Sonderrechte, was wiederum kulturell bedingt ist.

KOG schrieb:
Warum das Tanzverbot auch innertheologisch Unsinn ist, habe ich vor ein paar Seiten dargestellt, s. erzwungene Misericordia bzw. den geradezu ironisch verzerrten Tugendkanon des Thomas von Aquin.

Warum es auch außerhalb theologischer Bedeutung Sinn machen kann habe ich dargelegt. 😉
 
Weil sich unser kultureller Hintergrund unmöglich getrennt von der religiösen Geschichte betrachten lässt.
Ich und ich denke auch KOG und die anderen, sehen es schon so, dass man kulturelle und religiöse Hintergründe getrennt betrachten kann. Aber immerhin haben wir jetzt den Knackpunkt gefunden, an dem wir uns nicht einig werden, auch wenn wir noch 5 Seiten weiter diskutieren.
 
Weil sich unser kultureller Hintergrund unmöglich getrennt von der religiösen Geschichte betrachten lässt.
Die kulturelle Gegenwart lässt sich doch mühelos ohne die historische Religiosität anschauen. Wir sprachen schon davon, wie ein genuin kultischer Brauch wie z.B. Halloween nur noch ein Element, nämlich die Gewandung, beibehalten hat. Ebenso verhält es sich bei dem Sonntag, der nur noch als Ruhetag herhält und nicht als Kirchentag. Nach Deiner Argumentation müssten wir bis in alle Ewigkeit das auslösende historische Moment emblematisch für die Gegenwart beibehalten und auch so behandeln. Das zeugt von einem löblichen historischen Bewusstsein, aber alltagstauglich ist es nicht, faktisch richtig auch nicht (praktizierte Akte lassen sich sehr wohl einmal vom rein kulturellen Hintergrund und einmal aus dem damit adhäsiv religiösen Standpunkt aus betrachten). Die gelebte Praxis, um Deine eigene Wortwahl zu befleißigen, ist hierzulande nicht mehr mehrheitlich christlich, Du stellst ironischerweise ein "Hausrecht" auf Grundlage längst vergangener Tage auf, das aber in der gelebten Praxis längst veraltet ist und "nur" noch kultureller Art bleibt, eben als Gewohnheitsneurose (nicht wertend gemeint).
 
Es hat ja hier glaub ich auch niemand wirklich das Wegfallen der Feiertage gefordert (würde man jetzt Weihnachten offiziell streichen und jedem stattdessen drei Tage Urlaub geben, würden wahrscheinlich 90% der Bevölkerung sich freinehmen, trotzdem nen Baum ins Wohnzimmer stellen und Geschenke verteilen), sondern eben ein Gesetz, das einen zur Einhaltung eben dieser verpflichtet, bzw. die Art regelt wie dieser Feiertag zu begehen ist.

Dass 90% der Arbeiter dort freu nehmen könnte, finde ich utopisch, weil die Feiertage ja wegfallen und es daher normale Arbeitstage sind, in denen auch die Geschäfte offen haben. Man müsste dann das Glück haben, dass man in einem Betrieb arbeitet, der diese Tage den Betrieb schließt und dies könnte ein Wettbewerbsnachteil sein, da andere an diesen Tagen dann auf haben.