@Blackorc:
Es ist zunächst auch nicht verwerflich, christliche Feiertage auch aus der christlichen Ursprungsgeschichte zu verfolgen. Im Alltag allerdings spielen diese Brauchtümer bestenfalls eine untergeordnete Rolle, wenn sie denn überhaupt noch eine Rolle spielen. Es gibt auch andere Ereignisse, die dereinst einen viel spezifischeren Anlass hatten, deren weitergehenden Inhalt wir aber noch heute übertragen. Wenn heutige Kinder sich zu Halloween verkleiden und einen Mordsspaß an dem Mummenschanz haben, gedenkt auch keiner der keltischen Ursprünge, sondern genießt (oder wird genervt, je nachdem) die heutige, mehr kommerzialisierte Form des Sommerendes. Im Laufe der Generationen erhalten sich eben nur noch aktuelle und entsprechend angepasste Seiten eines einst bedeutenden Anlasses, die Bezeichnung "Karfreitag" oder "Heiligabend" hat doch nurmehr einen dem Mythos und der Folklore dienenden Grund, nur die wenigsten möchten "Feiertag 1" oder "Familienbescherung" begehen, sondern die tradierten, wohlklingenden Namen. Selbstverständlich könnte der Staat auch beschließen, andere Tage im Jahr verbindlich als Feiertage festzuschreiben, aus welchen Motiven auch immer, aber dazu müssten jahrhundertealte Strukturen aufgebrochen werden und "frevlerische" Neuerungen sich erst einmal langsam durchsetzen, darum belässt man es dabei. Kulturpsychologisch sehe ich unsere Feiertage aber zunächst als Traditionsgut mit sich ändernden Vorzeichen (es mag ja sein, dass eines Tages die religiöse Bedeutung wieder stärker hervortritt) denn als konkret festgesetzte Ereignisse, in deren geistiger Nachfolge wir auch noch heute treten.
@ELute:
Du hast doch gesagt, dass die "jugendliche Gesellschaft" als Ganze (weder in dem zitierten Auszug noch in dem gesamten Beitrag finde ich eine Einschränkung, dass Teile dieser "jungen Gesellschaft" gemeint waren) sich im Laufe der Zeit mehr und mehr in Richtung von Partylöwen entwickelt hat, und folgerichtig auch ein persönliches Interesse trägt, dass es kein Tanzverbot an bestimmten Tagen gibt. Das ist in dieser Form offenkundig ein Pauschalurteil. An anderer Stelle mahnst Du aber (völlig berechtigt) mehr Sachlichkeit an. Ich habe darin einen Widerspruch ausgemacht und wollte das anführen. Wo soll denn da der Denkfehler sein?
Dass nur bestimmte Gruppen von dem Tanzverbot betroffen sind, ist unzweifelhaft richtig, aber so ist es fast überall im Leben. Nur weil man nicht selber betroffen ist, muss das ja kein Anlass sein, opportun darüber hinwegzusehen und das zu dulden. Für mich ist die ganze Konzeption dieses Gesetzes falsch, wenn die Gegner begründen müssen, warum es unsinnig ist; ein Gesetz muss sich selber rechtfertigen können. Rechtfertigungsgrundlage dieses Gesetzes ist nun, dass religiöse Empfindlichkeiten verletzt werden könnten, was ich für weltfremd und illiberal halte, da spielt es auch keine Rolle, ob Jugendliche jeden anderen Tag im Jahr durchfeiern können. Es bleibt ein Geschmäckle von Begünstigung gewisser Gruppen, die sich in einem vorgeblich religionsneutralen Staat nicht in die Gesetzgebung einzumischen haben. Ich fand es beispielsweise auch unmöglich, dass der Klage des Muslims stattgefunden worden ist, der nach Jahren festgestellt hat, dass er aus religiösen Gründen keine alkoholischen Getränke einräumen kann. Warum stechen denn religiöse Hintergründe allgemeingültiges Recht? Das ist reine Willkür, nichts anderes.