Weiter weiter ins Verderben!
FÜNF / I
Soldatin Olièva Goz saß schwitzend auf dem Flakbrett, welches als Sitz hinter dem auf lafettiertem Maschinengewehr angebracht war. Breits kurz nach der Morgendämmerung kroch die schwüle Luft in jeden Winkel des befestigten Lagers. Olièva und ihr Kamerad Lucas, der im Halbschlaf neben dem beträchtlichen Munitionsvorrat ihres Wachturms saß, hatten Wachdienst am Südtor des befestigten Gardelagers Sigma/II/a. Der Mangel an Disziplin hatte einen einfachen wie totalen Grund. Der kommandierende Offizier des Lagers war samt Leutnant und Kommissar einer Sprengfalle zum Opfer gefallen. Irgendein kranker Bastard hatte, wohl über Nacht, eine Bombe unter jenem Tisch verborgen, an dem besagte Führungskräfte jeden Morgen frühstückten. Damit und mit den kurz darauf einsetzenden Funkstörungen war die ganze Kompanie wirksam zersetzt worden. Misstrauen herrschte zwischen einzelnen Trupps und es schien nur noch eine Frage der Zeit zu sein, bis es in offenen Hass umschlagen würde. Die Gerüchteküche brodelte und wirre Theorien über Ketzer, Piraten oder Orks machten die Runde. Ein Meldetrupp war ausgesandt worden um neue Befehle und neue Offiziere zu erhalten, jedoch nicht zurückgekehrt. Eine Woche war dies nun her und mit jedem Tag wuchs die Gewissheit, dass der ausgesandte Trupp gescheitert und verloren war. Aufgrund zunehmender Unsicherheit und wachsender Paranoia, waren nun immer mehrere Wachposten und Lagerpatrouillen unterwegs, um sich gegenseitig zu überwachen. Zum Glück hatte es noch keine Toten gegeben, aber auch dies schien in der völlig unübersichtlichen Lage nur noch eine Frage der Zeit.
Olièvas Füße lagen in ihren dreckverkrusteten Kampfstiefeln übereinandergeschlagen auf dem massiven hölzernen Geländer, welches den Wachturm von außen sicherte. Sie betrachtete die umgepflügte Schneise die zum Lager führte und behielt auch den gerodeten Perimeter im Auge, der das Lager umgab. Der Perimeter war mit einem wilden Durcheinander verschiedenster Minen gespickt, deren Sprengkraft sich von Handgranate bis Fliegerbombe bewegte. Die Rodung lag jetzt etwas mehr als ein ganzes Jahr zurück und die Flora hatte bereits unbeirrt begonnen die Fläche zurückzuerobern. Gräser und Büsche wucherten allerorts und boten damit Verstecke für die Minen und potentielle Angreifer zugleich. Eine neuerliche Rodung war jedoch kaum zu realisieren, da niemand das Minenfeld betreten wollte und ein einfacher Flächenbrand die Minen zur Explosion brächte. Wenn bei diesem Klima überhaupt ein Flächenbrand möglich war.
Olièva ging träge ihren Gedanken über ihre Zukunft nach und wurde jäh herausgerissen, als sie eine Bewegung auf der Schneise bemerkte. Hecktisch nahm sie ihre Beine vom Geländer und nahm den Feldstecher zur Hand. Nebelschwaden zogen tief über den Boden und verdeckten die verdreckten Gestalten die sich in einer Kolonne nährten. „Lucas, da kommt jemand.“ presste sie hervor und trat ihren Kameraden leicht gegen das Bein um die Dringlichkeit zu untermalen.
„Der Meldetrupp?“ fragte Lucas sofort hellwach und rieb sich eilig den Schlaf aus den Augen.
„Keine Ahnung Mann. Die Anzahl würd passen, glaub ich. Aber die Richtung…“
antwortete sie unsicher, mühte sich den Feldstecher scharf zu bekommen und wurde unterbrochen. „Ich bin kein Idiot, schon klar dass die eigentlich von Norden her kommen müssten. Sind sie denn bewaffnet?“ meckerte Lucas weiter und nahm die kleine abgenutzte Plastekbox zur Hand, mit der er einen stillen Alarm auslösen konnte. Er war immer schlecht gelaunt, wenn er geweckt wurde, ging aber dennoch seiner Pflicht nach. Sorgfältig darauf achtend, die Kabel nicht aus dem unendlich oft reparierten Gerät zu reißen, betätigte er den Rufknopf. In der Wachstation in der Mitte des Lagers, in der theoretisch ein ganzer Trupp bereitstand, blinkte daraufhin eine kleine rote Diode auf.
Die Reaktionen auf Dariuz und seinen Trupp waren gemischt. Misstrauen war ebenso gegenwärtig wie Hoffnung und ein Schwarm aus wissbegierigen Soldaten umschwärmte sie wie Mistfliegen einen frischen Fäkalienhaufen. Genau so fühlte sich Dariuz auch. Unrasiert, seit Wochen ungewaschen und in vor Schmutz starren Uniformen sehnten er und seine Männer eine wohltuende Dusche herbei. Als ihm gesagt wurde es gäbe keinen Offizier, bei dem er sich melden konnte und ein anderer behauptete, er sei als Master Sergeant nun der Ranghöchste im Lager, wuchs seine Irritation. Vor allem fiel ihm die offensichtliche Zerstrittenheit innerhalb der Kompanie auf und kurzerhand befahl er, ihn und seine Männer zu den Duschen zu führen und frische Uniformen heranzuschaffen. Als sie endlich wieder allein waren und sein Trupp schweigend das heiße Wasser genoss ergriff er das Wort.
“Ich denke wir müssen hier äußerst vorsichtig sein. Jedes Wort und jede Information die wir hier preisgeben muss wohlüberlegt sein. Wenn es stimmt, dass ich hier den höchsten Rang innehabe, werde ich selbstverständlich meine Pflicht tun.“ wies er auf das mehr oder weniger Offensichtliche hin, um sicher zu gehen. Er vernahm zustimmendes Gemurmel von seinen Soldaten. Deneph saß apathisch in einem Plastekstuhl den man unter einer der Duschen platziert hatte, da er noch immer nicht sicher stehen konnte. „Das bedeutet, dass auch euch eine besondere Rolle zukommt. Ihr seid meine Vertrauten, meine Bestätigung und nicht zuletzt meine Rückendeckung. Ich mache mir nämlich nicht vor, hier widerstandslos als Befehlshaber akzeptiert zu werden.“ erklärte er weiterhin und machte eine Pause als zwei ansässige Soldaten saubere Uniformen in den Waschraum trugen. „Danke Männer, wir bringen euch unsere Dreckwäsche selbst raus, wenn wir so weit sind. Veranlasst in der Zwischenzeit, dass die ganze Kompanie in vierzig Minuten antritt.“ brachte er die zwei Fremden dezent dazu sie wieder allein zu lassen. Gleichzeitig reinigte er seine Rangabzeichen, die er von seiner schmutzigen Uniform entfernt hatte. Unter den zunehmend kälter werdenden Wasserstrahlen säuberten sie darüber hinaus ihre Rüstungsteile und stapelten diese dann zum Abtropfen übereinander.
Als sie schließlich in frischen Uniformen und mit sauberen Rüstungen den Waschraum verließen, war Dariuz mehr als erleichtert, die ganze Kompanie angetreten zu sehen. Abgesehen von den Wachhabenden, die Vorschriftsmäßig das Lager sicherten. Erwartungsvolle Gesichter wandten sich ihm zu und er nahm seine Position vor der Formation ein, während sein eigener Trupp sich diszipliniert zu den anderen gesellte.
„Ich bin Master Sergeant Dariuz Artisan von den 111ten Beastblades. Mir ist klar, dass mein Eintreffen hier ebenso überraschend für euch sein muss, wie es für mich unvorhergesehen ist hier das Kommando zu haben.“ proklamierte er mit fester Stimme und stechendem Blick. Die Reaktionen waren nach wie vor gemischt, aber durchweg zurückhaltend. Offener Widerstand wäre ihm irgendwie lieber gewesen als das stille Brüten. Dariuz musste Entschlossenheit und Stärke ausdrücken und durfte keinen Zweifel an seiner Befehlsgewalt aufkommen lassen. „Ehe ich mich von euren Sergeants über eure Lage ins Bild setzen lasse, werde ich euch mit den Informationen versorgen, die wir auf unserer Expedition sammeln konnten.“ erklärte Dariuz und hoffte mit dieser Offenheit Sympathien gewinnen zu können. „Die Orks auf Tolzar erheben sich!“ verkündete er mit mahnender Stimme und machte eine wirkungsvolle Pause. „Nicht länger in Rotten aus verwilderten Dschungelbewohnern, sondern als Streitmacht die sowohl moderne Strategien, als auch Technologie einsetzt.“ Nun sah er Unglauben in den Gesichtern der Zuhörer und einige begannen leise miteinander zu flüstern. Dies musste er im Keim ersticken, oder er würde fortan umso härter um Respekt kämpfen müssen. „Wie ist euer Name Soldat?“ fauchte er und machte einige zügige Schritte auf einen der Schwätzer zu.
„Soldat Lucas Valin, Master Sergeant.“ stammelte er überrascht und sah sich hektisch nach Unterstützern um. Jedoch blickten nun alle starr geradeaus. „Soldat Valin hat offenbar ein desaströs schlechtes Gedächtnis, wenn er so schnell verlernen konnte, dass er zu schweigen hat, wenn ein vorgesetzter Offizier spricht. Ihr alle solltet euch gut überlegen, den Worten eines solchen Mannes Gehör zu schenken. Wenn dieser Mangel an Disziplin anhält, werdet ihr feststellen, dass nicht nur Kommissare dazu in der Lage sind für Ordnung zu sorgen.“ Zackig ging Dariuz zurück zu seiner Ausgangsposition und fuhr ohne weitere Umschweife fort.
„Das sich die Orks erheben, ist keineswegs nur meine persönliche Einschätzung, sondern entspricht den Worten der Engel des Imperators selbst.“ Während sein Trupp selbstsicher grinste, rissen die übrigen Soldaten die Augen auf und einige beschworen den Aquila auf ihrer Brust. Das sie jedoch durchweg schwiegen, wertete Dariuz als gutes Zeichen. „Ich denke die Anwesenheit von Spacemarines spricht Bände über die Gefahr in der sich Tolzar befindet und erklärt auch, wieso unser Funk gestört wird.“ Ratsuchende Blicke huschten zwischen Dariuz und seinem Trupp hin und her und er sah auch unverhohlene Ungläubigkeit in den Augen einiger Soldaten aufflackern. „Deswegen müssen unsere nächsten Schritte ebenso wohlüberlegt, wie entschlossen sein. Sergeants, ihr findet euch im Kommandostand ein. Und alle anderen versehen ihren normalen Dienst. Wegtreten“
Die Soldaten salutierten zackig und begannen dann wild durcheinander zu reden während sie sich zu ihren jeweiligen Pflichten entfernten.
Als Dariuz den Kommandostand betrat, war sofort offensichtlich wie uneins sich die Anwesenden waren. Die dreizehn Männer und Frauen teilten sich in zwei etwa gleichgroße Lager, wobei drei ganz für sich blieben und die anderen mit verschränkten Armen musterten. Bereits nach wenigen Minuten kochte Dariuz innerlich, denn keiner der Anwesenden vermochte es auch nur einen Satz zu sagen, ohne darin Vorwürfe gegen ihre Kameraden zu äußern, die prompt zurückgewiesen und erwidert wurden. Noch nie hatte er sich so sehr einen Kommissar herbeigewünscht der mit seiner Boltpistole für Ordnung sorgte.
Zusammengefasst, war die Versorgungslage des Lagers stabil und würde noch für Wochen, wenn nicht Monate ausreichen.
Aber die Soldaten brauchten dringend einen Kampf, der sie neuerlich zusammenschweißen würde und Dariuz würde ihnen diesen wohl bald bieten können. Auch wenn sie hier gut befestigt waren, würde ein Orkangriff in der Größenordnung wie der jüngst überstandene sie hart treffen. Vor allem blieb es in der Regel nicht bei einem Angriff. Sie mussten sich entweder mit weiteren Streitkräften konsolidieren oder aber dazu übergehen, Aufklärungsdaten zu sammeln und Orks zu jagen. Keine der beiden Alternativen würde den ansässigen Soldaten leicht vermittelt werden können.
Etwa vierundzwanzig Stunden und genau zwei Regengüsse nach dem Sieg über die Orkarmee, stießen Szandor und seine Marines auf ein weiteres verlassenes Orklager. Anders als die vorherigen war es nicht einfach nur unbewohnt, sondern darüber hinaus auch fast vollständig abgebaut worden. Sämtliche Holzkomponenten hatte man entfernt und den Schleifspuren nach gezielt abtransportiert. Auch wenn die Spuren mindestens zwei Wochen alt waren, zeigten die in den weichen Boden gepflügten Furchen noch deutlich eine Richtung an. Selbstverständlich ließ Szandor die Spur verfolgen. Schließlich hatten sie ja bereits mit eigenen Augen gesehen, was die Orks auf Tolzar neuerdings mit ihren Ressourcen anstellten. Auf dem Weg fiel auf, dass alle zehn bis zwanzig Meter ein Baum gefällt und abtransportiert worden war. Diese Vorgehensweise war, insbesondere für Orks, eine erschreckende Leistung. Typischerweise hätten sie einfach den Wald genau dort gerodet, wo sie das Holz benötigten und sich nicht die Mühe gemacht eine regelrecht strategische Flurbereinigung durchzuführen. Irgendeine dieser verdammten Grünhäute musste zugleich unglaublich gerissen und stark genug sein, um diese Maß an Disziplin aufrecht zu erhalten. Umso schneller musste er unschädlich gemacht werden.
Dank der von Duron angefertigten topographischen Karte erkannten sie frühzeitig, dass sie auf ein kleines Tal zuhielten, welches möglicherweise vulkanischen Ursprungs war. Auch das auf den Hängen besonders dicht wuchernde Unterholz sprach dafür, dass hier besonders nährstoffreicher Boden zu finden war. Auf den Satellitenbildern war dieses Tal stets wolkenverhangen dargestellt gewesen, was wohl davon herrührte, dass die umgebenden Gebirgsketten den Wind brachen und so den Abzug der Wolken verhinderten. Demzufolge waren sich die Marines sicher, dass sich dort eines der neuen und damit kriegswichtigen Orklager befand. Duron, der umfassendes Wissen über Vulkane und Metallverarbeitung besaß, zeichnete ein besonders bedrohliches Bild. Sollte es sich bei diesem Tal tatsächlich um einen erloschenen Vulkan handeln, hätten die in der Erde liegenden Rohstoffreserven eine beachtliche Größe und es ließ sich nicht ausschließen, dass die Orks die Energie einer tief liegenden Magmablase direkt anzapften. Saarlock empfahl sofort, Kontakt mit der Flotte oder der planetaren Garnison aufzunehmen. Einige Lanzenstöße aus dem Orbit oder eine Todesschlagrakete sollten das Problem in kürzester Zeit aus der Welt schaffen. Duron wollte davon jedoch nichts wissen, und kalkulierte sofort die potentielle Größe der Staubwolke, sollte der Vulkan daraufhin erwachen und ausbrechen. Auch wenn die Orks vor Ort ausgelöscht würden, wäre die ohnehin schon unübersichtliche Dschungelwelt auf Wochen und Monate von Aschewolken eingehüllt. Was es den verbliebenen Orks besonders leicht machen würde, eine riesige Armee aufzustellen und auszurüsten. Selbst die Deathwatch würde dann nicht mehr verhindern können, dass aus Tolzar ein neuer, Material und Truppen verschlingender, Brennpunkt werden würde.
Ajax war während des eintönigen Marsches vergleichsweise unaufmerksam gewesen. Er verließ sich auf die scharfen Sinne von Skeergard und dem Skriptor, während er mithilfe seiner medizinischen Gerätschaften Experimente durchführte. Er hatte sich umfangreiche Proben von den toten Orks genommen und arbeitete daran, die Charakteristika ihrer DNA zu entschlüsseln. Unweigerlich waren seine Gedanken dabei immer wieder zu der Probe zurückgekehrt, die eigentlich nie hätte entstehen dürfen. Er hatte das Ergebnis dreimal verifiziert und dann mehrere Minuten lang regungslos die Phiole in der Hand gehalten. Ihm klangen noch deutlich die Worte Loktars, seines Mentors, in den Ohren die ihn zu offenherziger Forschung ermutigt hatten. Ebenso klar war jedoch auch die Erinnerung an Ordenspriester Radeks Warnung gewesen. Im Geiste versuchte er sich ein Gespräch vorzustellen, bei dem er seine beiden alten Ordensbrüder von einem hypothetischen Nutzen überzeugte. Dasselbe versuchte er auch mit Caleb, schließlich betraf das Thema auch die Ehre seines vermissten Schlachtenbruders. Letztendlich konnte er jedoch nicht einmal sich selbst wirklich überzeugen. Die unbestrittenen Defekte in der Gensaat der zweiten Legion zu kurieren war zwar ein hehres Ziel, aber hierfür die DNA der Blood Angels, noch dazu ohne deren Wissen zu verwenden, schien ihm moralisch nicht vertretbar. Darum hatte er die Phiole in einen Verbrennungsofen für medizinische Abfälle geworfen und zugesehen wie das Blut in der Phiole zu kochen begann und schließlich im schmelzenden Glas verging. Er würde die Angelegenheit vorerst ruhen lassen. Zu gegebener Zeit würde er die Angelegenheit auf neutrale Art und Weise mit einem Sangiuspriester besprechen müssen. Solang er sich hierfür nicht qualifiziert und respektabel genug fühlte, wäre alles andere Verrat.
Dagegen war es ein nahezu heiliges Verlangen, ein wirksames Gift gegen die abartigen Grünhäute zu entwickeln. In der Vergangenheit war dies verschiedenen Apothekarii immer wieder gelungen und hatte dann für mehrere Schlachten einen entscheidenden Unterschied machen können. Dennoch war es nie gelungen ein universelles Gift herzustellen, wogegen sich die Grünhäute nicht immunisierten. Am bemerkenswertesten war allerdings, dass Orks auf genetischer Ebene mehr mit Pflanzen gemein hatten als mit anderen Humanoiden.
Einem strengen Zeitplan folgend, mischte und spleißte Ajax die Orkzellen mit verschiedenen Basistoxinen und suchte nach einer Kombination, die eine ausreichend schädliche Wirkung zeigte. Das Ergebnis befand er schließlich als äußerst zufriedenstellend. Effekte wie Gerinnungsunterdrückung oder Schmerz waren gegen Orks nicht praktikabel, da ersteres zu lange brauchte um einen Ork wirksam zu stoppen und zweiteres sie nur weiter anstachelte. Stattdessen hatte er eine Substanz ersonnen, die das fremdartige Nervensystem der Xenos angriff. Natürlich stand ein echter Test noch aus, aber seinen Kalkulationen nach sollte eine Vergiftung mit der Substanz unmittelbar zu Blindheit, Atemlähmung und einer krampfartigen Paralyse führen. „Hört Brüder, ich habe ein Gift entwickelt welches das Nervensystem der Orks angreift. Benetzt eure Waffen damit und jede noch so kleine Verletzung wird den Ork zu Boden schicken.“ verkündete Ajax mit nicht wenig Stolz in der Stimme und öffnete eine metallene Dose die eine cremeartige Substanz enthielt. Diese hatte er mit seiner Schöpfung versetzt. Alle bis auf Saarlock, der so tat als hätte er nichts gehört, benetzten ihre Kampfmesser damit. Szandor und Skeergard rieben die Paste darüber hinaus noch sorgfältig auf die Zähne ihrer Kettenwaffen. Der Mortificator hatte kurz überlegt, Saarlock die Nutzung des Giftes zu befehlen. Schließlich konnte dieses durchaus das Zünglein an der Waage sein. Jedoch hatte er die Kampfweise des Iron Hands noch deutlich vor Augen. Unter Verachtung aller Gegenwehr verblieb kein von ihm getroffener Feind kampffähig und für verstohlene Kampfmanöver wäre der Iron Hand ohnehin nur schwerlich zu gewinnen. „Ich habe mich schon gefragt, warum ihr die ganze Zeit so still seid, Ajax.“ scherze Hovis, während er das vergiftete Messer in seine verzierte Scheide stieß. Skeergard entlockte er damit ein wölfisches Grinsen. Schließlich war Ajax ohnehin alles andere als Gesprächig. „Ich lasse eben lieber Taten als Worte sprechen, Hovis.“ entgegnete der Apothekarius mit väterlicher Stimme und zitierte dabei unwissentlich Skeergard. Auch wenn dieser dem Imperial Fist zustimmte und das kameradschaftliche Geplänkel zwischen den beiden Abkömmlingen Dorns stets amüsant fand, zog ihn der Ausspruch herunter, da er ihn an jenes verstörende Gespräch mit dem ehrwürdigen Thorbjarn erinnerte. In der Stille ergriff Thyrianos das Wort. „Ich denke wir sollten das Tal ausspähen bevor wir mit Macht einmarschieren.“ Dabei wies er mit einer Kopfbewegung zu dem brütenden Spacewolf. Auch wenn er das Spiel von Ajax und Hovis zu tolerieren, und insgeheim zu schätzen, gelernt hatte, trachtete er stets danach, die Aufmerksamkeit aller auf das Hauptziel zu fokussieren. Mit einer knappen Geste sandte Szandor Skeergard und den Skriptor aus und ignorierte den vorwurfsvoll starrenden Iron Hand selbstbewusst.
Thyrianos hatte kurz zu hoffen gewagt, dass mit dem Entdecken des verborgenen Tals, auch der Weird-Boy gestellt werden würde und er damit seine Konzentration auf andere Dinge lenken könnte. Jedoch schien sich ihr Abstand zu der gefährlichen Grünhaut jüngst nicht verringert zu haben. Sollte der Ork Thyrianos‘ Anwesenheit am Ende doch spüren können? Aber würde dieser dann nicht gegen den Dark Angel vorgehen um Stärke zu zeigen und die eigenen Pläne zu schützen? Thyrianos wurde aus seinen Gedanken gerissen als der knapp vor ihm durchs Unterholz gleitende Spacewolf alarmiert seine Faust hob. Anders als die Klinge des Obsidiandolches, glänzte das Kampfmesser in dessen Faust leicht vom jüngst aufgetragenen Gift. Schwacher Nieselregen ging auf den Dschungel nieder und das allgegenwärtige Tropfen schien alle anderen Laute zu verschlucken. Mit gleichmäßigen Handbewegungen signalisierte der Spacewolf die Sichtung von einigen Grots und eines Orks. Kurz darauf erklang das dumpfe Geräusch von Steinbeilen, die auf Holz schlugen.
Skeergard beobachtete das Schauspiel vor ihm aus seinem Versteck heraus und verbarg sich regungslos im dichten Unterholz. Er dankte Russ, dass der schwache Wind günstig für ihn stand und der Dark Angel in seinem Rücken es nach wie vor verstand, sich unauffällig im Wald zu bewegen. Augenscheinlich handelte es sich um einen Arbeitstrupp der von dem Ork mit stechendem Blick überwacht wurde. Sein Gesicht war zur Hälfte mit blauer Farbe bemalt und er hielt eine brutal aussehende Peitsche in der einen und einen Knochenspeer in der anderen Hand. Die Grots umschwärmten unterdessen einen gefällten Baum und mühten sich ab mit ihrem mangelhaften Werkzeug Äste abzuschlagen. Wann immer ein Grot innehielt oder zu gierig die Habseligkeiten seiner Artgenossen fixierte fuhr die Peitsche auf ihn nieder wobei sie selten weniger als drei Grots zugleich erwischte. Quiekend und blutend schufteten sie weiter. Einer, dem die Schinderei zu reichen schien arbeitete sich unauffällig in Richtung Baumspitze vor, direkt auf Skeergard zu. Der machte sich bereit den Wicht geräuschlos verschwinden zu lassen, als der Grot plötzlich einen Satz machte und an einen nahen Baum genagelt wurde. Triumphierend grollte der Ork irgendetwas und eilte seinem Speer nach, der noch zitternd in totem Grot und Baum steckte. Mit Leichtigkeit zog der Ork den Speer hinaus und ließ den Kadaver wie eine Trophäe daran hängen, als er sich den Schaft über die Schulter legte. Die übrigen Grots waren darüber in regelrechte Arbeitsrage geraten und hackten auf die Äste ein, wie auf einen Erzfeind. Hinter Skeergard gestikulierte Thyrianos ungeduldig und erkundigte sich nach einer Umgehungsroute. Der Spacewolf hatte jedoch einen anderen Plan, der allerdings teilweise auf Spekulationen beruhte. Die Grots schienen mit ihrer Arbeit fast fertig, waren aber ohne jeden Zweifel nicht in der Lage, den mächtigen Stamm zu transportieren. Dies wiederrum bedeutete, dass weitere Orks herkommen würden um den Stamm durch den Wald zu schleifen. Dies würde mit beträchtlichem Lärm, bei gleichzeitiger Ablenkung verbunden sein, also der perfekte Weg ins Orklager. Wegen der zahlreichen Unbekannten in seinem Plan, derer Skeergard sich vollauf bewusst war, zögerte er seinen berechnenden Schlachtenbruder frühzeitig einzuweihen. Irgendwie genoss er es auch, den Dark Angel mit beschwichtigenden Gesten zur Untätigkeit zu zwingen.
Thyrianos Ungeduld wuchs immer weiter. Auch wenn er versuchte den Weird-Boy im Auge zu behalten wollte er zügig weiter vorrücken. Skeergards Anweisungen einfach zu übergehen kam für ihn jedoch nicht in Frage. Auch wenn der Spacewolf keine Autorität über ihn hatte, konnte er es dennoch nicht mit den Aufklärungsfähigkeiten des Schlachtenbruders aufnehmen. Er musste akzeptieren, dass der Spacewolf wohl wusste was er tat und ihm ja auch nicht vorschrieb, wie er seine Psikräfte einzusetzen hatte. Der Skriptor konnte deutlich hören, wie die Grots arbeiteten und schließlich, begleitet von einem durchdringenden Orkschrei, abzogen. Er hob seinen inzwischen wieder relativ sauberen Chorrock ein wenig an um sich auf Skeergards Signal hin sofort in Bewegung setzen zu können. Jedoch wurde er erneut beschwichtigt. Mehrere Minuten geschah nichts in unmittelbarer Nähe. Dann erklang das gutturale Gemaule einer näher kommenden Orkrotte. Was hatte der Spacewolf nur vor? Er packte Gottbrecher fester und erwartete jeden Moment losschlagen zu müssen, als die Orks anhielten und an Ort und Stelle zu hantieren begannen. Als dann ohne Vorwarnung ein lautes Krachen, begleitet von einem neuerlichen Aufschrei erklang, zog er sein Schwert sogar ein Stück aus der verzierten Scheide und fühlte sofort die feurige Resonanz der eingebetteten Psicuriumkristalle. Skeergard blieb jedoch regungslos und der Dark Angel tat es seinem Schlachtenbruder gleich. Nach einer gefühlten Ewigkeit gab der Spacewolf endlich das Signal weiter vorzurücken und nutzte dabei die von den Orks verursachte Lärmkulisse geschickt aus. Cleverer Mistkerl, dachte er wohlwollend und fragte sich, warum sein Schlachtenbruder ihn nicht in den Plan eingeweiht hatte.
Als sie schließlich, durch aufgewühlte Erde und über herumliegende Zweige stapfend, den Rand des Tals erreichten war der Anblick zunächst ernüchternd. Das ganze Tal war von einer trüben Mischung aus Rauchschwaden und Regenwolken bedeckt und bot nicht mehr visuelle Details, als die bekannten Satellitenbilder. Dafür war es aber von Lärm erfüllt, der am ehesten einer Großbaustelle entsprach. Abgesehen von dem befremdlichen Geschrei der Orks und den Trommeln klang es nicht weniger beeindruckend als ein imperiales Pionierregiment, das einen befestigten Brückenkopf anlegte. Skeergard, der nach wie vor keinen Helm trug, sog mit geschlossenen Augen die stinkende Luft ein und runzelte nachdenklich seine hohe Stirn. „Feuer und Stein, Holz und Eisen.“ murmelte er nachdenklich ehe er seine Augen öffnete und sich Thyrianos zuwandte. „Durons Vermutungen waren zutreffend. Wir müssen schnell handeln!“ ergänzte er als Thyrianos weiterhin schwieg. Der Skriptor schien die fantastische Aussicht auf sich wirken zu lassen. Das ganze Tal war von grauen Schwaden erfüllt und von gezackten Bergrücken umringt, die wie der aufgerissene Schlund eines gewaltigen Monsters wirkten, das gerade aus dem immergrünen Dschungel brach. Hier war der Warp unverkennbar in Aufruhr und der Funke des Weird Boys ging vor dem prasselnden mentalen Feuer seiner Artgenossen beinahe unter. Auch wenn er sie nicht sehen konnte, war er absolut sicher, dass die versammelte Streitmacht um einiges größer war, als die zuletzt aufgeriebene. Das Überraschungsmoment würde, selbst wenn es auf ihrer Seite wäre, bei weitem nicht ausreichen den Kampf zu gewinnen. Zumal die wenigen Orks, die gelegentlich zwischen den Dunstschwaden auftauchten, augenscheinlich aufgerüstet hatten. Die fleckigen Metallwaffen in ihren Fäusten war zwar ohne jegliche Kunstfertigkeit gefertigt worden und von Einschlüssen und Materialfehlern überzogen. Aber sie waren ausnahmslos neu, frei von Rost und den daran befindlichen Blutflecken nach, bereits erfolgreich an ihresgleichen getestet.
Schließlich wandte sich Thyrianos nüchtern an seinen Schlachtenbruder. „Was meinst du Skeergard, könnten wir einige der Felsspitzen sprengen um Erdrutsche und Gerölllawinen auszulösen?“ Nachdenklich fuhr sich der Angesprochene mit der Hand durch seinen grauen Bart und versuchte seinerseits die Topographie einzuschätzen. Jedoch konnte auch er sich keine belastbare Meinung bilden. Er würde durchaus darauf tippen, dass es mit genügend Zeit und Sprengstoff möglich war. Aber er war eben nicht der Experte für derartige Fragen. „Wäre auf jeden Fall eine gute Sache. Wir sollten Duron dazu befragen.“ antwortete Skeergard, vermeintlich geschickt seine Unwissenheit verbergend. Thyrianos war jedoch nicht zu täuschen, er wusste genau, dass der Spacewolf ihm die Antwort unter die Nase gerieben hätte, wenn er sie gehabt hätte. Beide wussten jedoch auch, dass Duron alles andere als ein subtiler Saboteur war. Im Grunde wäre dies die perfekte Aufgabe für Vicesimus gewesen, dessen Abwesenheit sie nun erneut als Verlust empfanden.
Vorsichtig bewegten sie sich ein paar hundert Meter weit den Gebirgsrücken entlang, drangen aber nicht in den Dunst vor. Auf den ganzen Krater bezogen marschierten pausenlos Orks hinein und hinaus. Mal einzeln, mal als Gruppe. Den Krater zu betreten, war selbst Skeergard zu riskant. Mit einem ganzen Rudel Spacewolfs vielleicht, aber nicht mit nur einem Engel als Rückendeckung. Trotz seiner übermenschlichen Wahrnehmung würde er erst erkennen wer oder was ihm gegenüberstand, wenn es zu spät war angemessen darauf zu reagieren. Einen oder auch zwei Orks zugleich lautlos zu töten war machbar. Aber was wenn es mehr wären, ein einziger der die Zeit fand zu brüllen würde ausreichen, um jeden Ork im Tal zu alarmieren.
Das verwitterte Gestein über das sie liefen war brüchig und fast schwarz, was ihnen rein farblich entgegenkam. Skeergard verstaute ein Stück des Felsens in einem seiner kleinen Lederbeutel, um ihn später Duron zu zeigen. Der Stein war zwar relativ leicht, dafür aber erstaunlich scharfkantig und hart und erinnerte ein wenig an Skeergards schwarzen Steindolch.
FÜNF / I
Soldatin Olièva Goz saß schwitzend auf dem Flakbrett, welches als Sitz hinter dem auf lafettiertem Maschinengewehr angebracht war. Breits kurz nach der Morgendämmerung kroch die schwüle Luft in jeden Winkel des befestigten Lagers. Olièva und ihr Kamerad Lucas, der im Halbschlaf neben dem beträchtlichen Munitionsvorrat ihres Wachturms saß, hatten Wachdienst am Südtor des befestigten Gardelagers Sigma/II/a. Der Mangel an Disziplin hatte einen einfachen wie totalen Grund. Der kommandierende Offizier des Lagers war samt Leutnant und Kommissar einer Sprengfalle zum Opfer gefallen. Irgendein kranker Bastard hatte, wohl über Nacht, eine Bombe unter jenem Tisch verborgen, an dem besagte Führungskräfte jeden Morgen frühstückten. Damit und mit den kurz darauf einsetzenden Funkstörungen war die ganze Kompanie wirksam zersetzt worden. Misstrauen herrschte zwischen einzelnen Trupps und es schien nur noch eine Frage der Zeit zu sein, bis es in offenen Hass umschlagen würde. Die Gerüchteküche brodelte und wirre Theorien über Ketzer, Piraten oder Orks machten die Runde. Ein Meldetrupp war ausgesandt worden um neue Befehle und neue Offiziere zu erhalten, jedoch nicht zurückgekehrt. Eine Woche war dies nun her und mit jedem Tag wuchs die Gewissheit, dass der ausgesandte Trupp gescheitert und verloren war. Aufgrund zunehmender Unsicherheit und wachsender Paranoia, waren nun immer mehrere Wachposten und Lagerpatrouillen unterwegs, um sich gegenseitig zu überwachen. Zum Glück hatte es noch keine Toten gegeben, aber auch dies schien in der völlig unübersichtlichen Lage nur noch eine Frage der Zeit.
Olièvas Füße lagen in ihren dreckverkrusteten Kampfstiefeln übereinandergeschlagen auf dem massiven hölzernen Geländer, welches den Wachturm von außen sicherte. Sie betrachtete die umgepflügte Schneise die zum Lager führte und behielt auch den gerodeten Perimeter im Auge, der das Lager umgab. Der Perimeter war mit einem wilden Durcheinander verschiedenster Minen gespickt, deren Sprengkraft sich von Handgranate bis Fliegerbombe bewegte. Die Rodung lag jetzt etwas mehr als ein ganzes Jahr zurück und die Flora hatte bereits unbeirrt begonnen die Fläche zurückzuerobern. Gräser und Büsche wucherten allerorts und boten damit Verstecke für die Minen und potentielle Angreifer zugleich. Eine neuerliche Rodung war jedoch kaum zu realisieren, da niemand das Minenfeld betreten wollte und ein einfacher Flächenbrand die Minen zur Explosion brächte. Wenn bei diesem Klima überhaupt ein Flächenbrand möglich war.
Olièva ging träge ihren Gedanken über ihre Zukunft nach und wurde jäh herausgerissen, als sie eine Bewegung auf der Schneise bemerkte. Hecktisch nahm sie ihre Beine vom Geländer und nahm den Feldstecher zur Hand. Nebelschwaden zogen tief über den Boden und verdeckten die verdreckten Gestalten die sich in einer Kolonne nährten. „Lucas, da kommt jemand.“ presste sie hervor und trat ihren Kameraden leicht gegen das Bein um die Dringlichkeit zu untermalen.
„Der Meldetrupp?“ fragte Lucas sofort hellwach und rieb sich eilig den Schlaf aus den Augen.
„Keine Ahnung Mann. Die Anzahl würd passen, glaub ich. Aber die Richtung…“
antwortete sie unsicher, mühte sich den Feldstecher scharf zu bekommen und wurde unterbrochen. „Ich bin kein Idiot, schon klar dass die eigentlich von Norden her kommen müssten. Sind sie denn bewaffnet?“ meckerte Lucas weiter und nahm die kleine abgenutzte Plastekbox zur Hand, mit der er einen stillen Alarm auslösen konnte. Er war immer schlecht gelaunt, wenn er geweckt wurde, ging aber dennoch seiner Pflicht nach. Sorgfältig darauf achtend, die Kabel nicht aus dem unendlich oft reparierten Gerät zu reißen, betätigte er den Rufknopf. In der Wachstation in der Mitte des Lagers, in der theoretisch ein ganzer Trupp bereitstand, blinkte daraufhin eine kleine rote Diode auf.
Die Reaktionen auf Dariuz und seinen Trupp waren gemischt. Misstrauen war ebenso gegenwärtig wie Hoffnung und ein Schwarm aus wissbegierigen Soldaten umschwärmte sie wie Mistfliegen einen frischen Fäkalienhaufen. Genau so fühlte sich Dariuz auch. Unrasiert, seit Wochen ungewaschen und in vor Schmutz starren Uniformen sehnten er und seine Männer eine wohltuende Dusche herbei. Als ihm gesagt wurde es gäbe keinen Offizier, bei dem er sich melden konnte und ein anderer behauptete, er sei als Master Sergeant nun der Ranghöchste im Lager, wuchs seine Irritation. Vor allem fiel ihm die offensichtliche Zerstrittenheit innerhalb der Kompanie auf und kurzerhand befahl er, ihn und seine Männer zu den Duschen zu führen und frische Uniformen heranzuschaffen. Als sie endlich wieder allein waren und sein Trupp schweigend das heiße Wasser genoss ergriff er das Wort.
“Ich denke wir müssen hier äußerst vorsichtig sein. Jedes Wort und jede Information die wir hier preisgeben muss wohlüberlegt sein. Wenn es stimmt, dass ich hier den höchsten Rang innehabe, werde ich selbstverständlich meine Pflicht tun.“ wies er auf das mehr oder weniger Offensichtliche hin, um sicher zu gehen. Er vernahm zustimmendes Gemurmel von seinen Soldaten. Deneph saß apathisch in einem Plastekstuhl den man unter einer der Duschen platziert hatte, da er noch immer nicht sicher stehen konnte. „Das bedeutet, dass auch euch eine besondere Rolle zukommt. Ihr seid meine Vertrauten, meine Bestätigung und nicht zuletzt meine Rückendeckung. Ich mache mir nämlich nicht vor, hier widerstandslos als Befehlshaber akzeptiert zu werden.“ erklärte er weiterhin und machte eine Pause als zwei ansässige Soldaten saubere Uniformen in den Waschraum trugen. „Danke Männer, wir bringen euch unsere Dreckwäsche selbst raus, wenn wir so weit sind. Veranlasst in der Zwischenzeit, dass die ganze Kompanie in vierzig Minuten antritt.“ brachte er die zwei Fremden dezent dazu sie wieder allein zu lassen. Gleichzeitig reinigte er seine Rangabzeichen, die er von seiner schmutzigen Uniform entfernt hatte. Unter den zunehmend kälter werdenden Wasserstrahlen säuberten sie darüber hinaus ihre Rüstungsteile und stapelten diese dann zum Abtropfen übereinander.
Als sie schließlich in frischen Uniformen und mit sauberen Rüstungen den Waschraum verließen, war Dariuz mehr als erleichtert, die ganze Kompanie angetreten zu sehen. Abgesehen von den Wachhabenden, die Vorschriftsmäßig das Lager sicherten. Erwartungsvolle Gesichter wandten sich ihm zu und er nahm seine Position vor der Formation ein, während sein eigener Trupp sich diszipliniert zu den anderen gesellte.
„Ich bin Master Sergeant Dariuz Artisan von den 111ten Beastblades. Mir ist klar, dass mein Eintreffen hier ebenso überraschend für euch sein muss, wie es für mich unvorhergesehen ist hier das Kommando zu haben.“ proklamierte er mit fester Stimme und stechendem Blick. Die Reaktionen waren nach wie vor gemischt, aber durchweg zurückhaltend. Offener Widerstand wäre ihm irgendwie lieber gewesen als das stille Brüten. Dariuz musste Entschlossenheit und Stärke ausdrücken und durfte keinen Zweifel an seiner Befehlsgewalt aufkommen lassen. „Ehe ich mich von euren Sergeants über eure Lage ins Bild setzen lasse, werde ich euch mit den Informationen versorgen, die wir auf unserer Expedition sammeln konnten.“ erklärte Dariuz und hoffte mit dieser Offenheit Sympathien gewinnen zu können. „Die Orks auf Tolzar erheben sich!“ verkündete er mit mahnender Stimme und machte eine wirkungsvolle Pause. „Nicht länger in Rotten aus verwilderten Dschungelbewohnern, sondern als Streitmacht die sowohl moderne Strategien, als auch Technologie einsetzt.“ Nun sah er Unglauben in den Gesichtern der Zuhörer und einige begannen leise miteinander zu flüstern. Dies musste er im Keim ersticken, oder er würde fortan umso härter um Respekt kämpfen müssen. „Wie ist euer Name Soldat?“ fauchte er und machte einige zügige Schritte auf einen der Schwätzer zu.
„Soldat Lucas Valin, Master Sergeant.“ stammelte er überrascht und sah sich hektisch nach Unterstützern um. Jedoch blickten nun alle starr geradeaus. „Soldat Valin hat offenbar ein desaströs schlechtes Gedächtnis, wenn er so schnell verlernen konnte, dass er zu schweigen hat, wenn ein vorgesetzter Offizier spricht. Ihr alle solltet euch gut überlegen, den Worten eines solchen Mannes Gehör zu schenken. Wenn dieser Mangel an Disziplin anhält, werdet ihr feststellen, dass nicht nur Kommissare dazu in der Lage sind für Ordnung zu sorgen.“ Zackig ging Dariuz zurück zu seiner Ausgangsposition und fuhr ohne weitere Umschweife fort.
„Das sich die Orks erheben, ist keineswegs nur meine persönliche Einschätzung, sondern entspricht den Worten der Engel des Imperators selbst.“ Während sein Trupp selbstsicher grinste, rissen die übrigen Soldaten die Augen auf und einige beschworen den Aquila auf ihrer Brust. Das sie jedoch durchweg schwiegen, wertete Dariuz als gutes Zeichen. „Ich denke die Anwesenheit von Spacemarines spricht Bände über die Gefahr in der sich Tolzar befindet und erklärt auch, wieso unser Funk gestört wird.“ Ratsuchende Blicke huschten zwischen Dariuz und seinem Trupp hin und her und er sah auch unverhohlene Ungläubigkeit in den Augen einiger Soldaten aufflackern. „Deswegen müssen unsere nächsten Schritte ebenso wohlüberlegt, wie entschlossen sein. Sergeants, ihr findet euch im Kommandostand ein. Und alle anderen versehen ihren normalen Dienst. Wegtreten“
Die Soldaten salutierten zackig und begannen dann wild durcheinander zu reden während sie sich zu ihren jeweiligen Pflichten entfernten.
Als Dariuz den Kommandostand betrat, war sofort offensichtlich wie uneins sich die Anwesenden waren. Die dreizehn Männer und Frauen teilten sich in zwei etwa gleichgroße Lager, wobei drei ganz für sich blieben und die anderen mit verschränkten Armen musterten. Bereits nach wenigen Minuten kochte Dariuz innerlich, denn keiner der Anwesenden vermochte es auch nur einen Satz zu sagen, ohne darin Vorwürfe gegen ihre Kameraden zu äußern, die prompt zurückgewiesen und erwidert wurden. Noch nie hatte er sich so sehr einen Kommissar herbeigewünscht der mit seiner Boltpistole für Ordnung sorgte.
Zusammengefasst, war die Versorgungslage des Lagers stabil und würde noch für Wochen, wenn nicht Monate ausreichen.
Aber die Soldaten brauchten dringend einen Kampf, der sie neuerlich zusammenschweißen würde und Dariuz würde ihnen diesen wohl bald bieten können. Auch wenn sie hier gut befestigt waren, würde ein Orkangriff in der Größenordnung wie der jüngst überstandene sie hart treffen. Vor allem blieb es in der Regel nicht bei einem Angriff. Sie mussten sich entweder mit weiteren Streitkräften konsolidieren oder aber dazu übergehen, Aufklärungsdaten zu sammeln und Orks zu jagen. Keine der beiden Alternativen würde den ansässigen Soldaten leicht vermittelt werden können.
Etwa vierundzwanzig Stunden und genau zwei Regengüsse nach dem Sieg über die Orkarmee, stießen Szandor und seine Marines auf ein weiteres verlassenes Orklager. Anders als die vorherigen war es nicht einfach nur unbewohnt, sondern darüber hinaus auch fast vollständig abgebaut worden. Sämtliche Holzkomponenten hatte man entfernt und den Schleifspuren nach gezielt abtransportiert. Auch wenn die Spuren mindestens zwei Wochen alt waren, zeigten die in den weichen Boden gepflügten Furchen noch deutlich eine Richtung an. Selbstverständlich ließ Szandor die Spur verfolgen. Schließlich hatten sie ja bereits mit eigenen Augen gesehen, was die Orks auf Tolzar neuerdings mit ihren Ressourcen anstellten. Auf dem Weg fiel auf, dass alle zehn bis zwanzig Meter ein Baum gefällt und abtransportiert worden war. Diese Vorgehensweise war, insbesondere für Orks, eine erschreckende Leistung. Typischerweise hätten sie einfach den Wald genau dort gerodet, wo sie das Holz benötigten und sich nicht die Mühe gemacht eine regelrecht strategische Flurbereinigung durchzuführen. Irgendeine dieser verdammten Grünhäute musste zugleich unglaublich gerissen und stark genug sein, um diese Maß an Disziplin aufrecht zu erhalten. Umso schneller musste er unschädlich gemacht werden.
Dank der von Duron angefertigten topographischen Karte erkannten sie frühzeitig, dass sie auf ein kleines Tal zuhielten, welches möglicherweise vulkanischen Ursprungs war. Auch das auf den Hängen besonders dicht wuchernde Unterholz sprach dafür, dass hier besonders nährstoffreicher Boden zu finden war. Auf den Satellitenbildern war dieses Tal stets wolkenverhangen dargestellt gewesen, was wohl davon herrührte, dass die umgebenden Gebirgsketten den Wind brachen und so den Abzug der Wolken verhinderten. Demzufolge waren sich die Marines sicher, dass sich dort eines der neuen und damit kriegswichtigen Orklager befand. Duron, der umfassendes Wissen über Vulkane und Metallverarbeitung besaß, zeichnete ein besonders bedrohliches Bild. Sollte es sich bei diesem Tal tatsächlich um einen erloschenen Vulkan handeln, hätten die in der Erde liegenden Rohstoffreserven eine beachtliche Größe und es ließ sich nicht ausschließen, dass die Orks die Energie einer tief liegenden Magmablase direkt anzapften. Saarlock empfahl sofort, Kontakt mit der Flotte oder der planetaren Garnison aufzunehmen. Einige Lanzenstöße aus dem Orbit oder eine Todesschlagrakete sollten das Problem in kürzester Zeit aus der Welt schaffen. Duron wollte davon jedoch nichts wissen, und kalkulierte sofort die potentielle Größe der Staubwolke, sollte der Vulkan daraufhin erwachen und ausbrechen. Auch wenn die Orks vor Ort ausgelöscht würden, wäre die ohnehin schon unübersichtliche Dschungelwelt auf Wochen und Monate von Aschewolken eingehüllt. Was es den verbliebenen Orks besonders leicht machen würde, eine riesige Armee aufzustellen und auszurüsten. Selbst die Deathwatch würde dann nicht mehr verhindern können, dass aus Tolzar ein neuer, Material und Truppen verschlingender, Brennpunkt werden würde.
Ajax war während des eintönigen Marsches vergleichsweise unaufmerksam gewesen. Er verließ sich auf die scharfen Sinne von Skeergard und dem Skriptor, während er mithilfe seiner medizinischen Gerätschaften Experimente durchführte. Er hatte sich umfangreiche Proben von den toten Orks genommen und arbeitete daran, die Charakteristika ihrer DNA zu entschlüsseln. Unweigerlich waren seine Gedanken dabei immer wieder zu der Probe zurückgekehrt, die eigentlich nie hätte entstehen dürfen. Er hatte das Ergebnis dreimal verifiziert und dann mehrere Minuten lang regungslos die Phiole in der Hand gehalten. Ihm klangen noch deutlich die Worte Loktars, seines Mentors, in den Ohren die ihn zu offenherziger Forschung ermutigt hatten. Ebenso klar war jedoch auch die Erinnerung an Ordenspriester Radeks Warnung gewesen. Im Geiste versuchte er sich ein Gespräch vorzustellen, bei dem er seine beiden alten Ordensbrüder von einem hypothetischen Nutzen überzeugte. Dasselbe versuchte er auch mit Caleb, schließlich betraf das Thema auch die Ehre seines vermissten Schlachtenbruders. Letztendlich konnte er jedoch nicht einmal sich selbst wirklich überzeugen. Die unbestrittenen Defekte in der Gensaat der zweiten Legion zu kurieren war zwar ein hehres Ziel, aber hierfür die DNA der Blood Angels, noch dazu ohne deren Wissen zu verwenden, schien ihm moralisch nicht vertretbar. Darum hatte er die Phiole in einen Verbrennungsofen für medizinische Abfälle geworfen und zugesehen wie das Blut in der Phiole zu kochen begann und schließlich im schmelzenden Glas verging. Er würde die Angelegenheit vorerst ruhen lassen. Zu gegebener Zeit würde er die Angelegenheit auf neutrale Art und Weise mit einem Sangiuspriester besprechen müssen. Solang er sich hierfür nicht qualifiziert und respektabel genug fühlte, wäre alles andere Verrat.
Dagegen war es ein nahezu heiliges Verlangen, ein wirksames Gift gegen die abartigen Grünhäute zu entwickeln. In der Vergangenheit war dies verschiedenen Apothekarii immer wieder gelungen und hatte dann für mehrere Schlachten einen entscheidenden Unterschied machen können. Dennoch war es nie gelungen ein universelles Gift herzustellen, wogegen sich die Grünhäute nicht immunisierten. Am bemerkenswertesten war allerdings, dass Orks auf genetischer Ebene mehr mit Pflanzen gemein hatten als mit anderen Humanoiden.
Einem strengen Zeitplan folgend, mischte und spleißte Ajax die Orkzellen mit verschiedenen Basistoxinen und suchte nach einer Kombination, die eine ausreichend schädliche Wirkung zeigte. Das Ergebnis befand er schließlich als äußerst zufriedenstellend. Effekte wie Gerinnungsunterdrückung oder Schmerz waren gegen Orks nicht praktikabel, da ersteres zu lange brauchte um einen Ork wirksam zu stoppen und zweiteres sie nur weiter anstachelte. Stattdessen hatte er eine Substanz ersonnen, die das fremdartige Nervensystem der Xenos angriff. Natürlich stand ein echter Test noch aus, aber seinen Kalkulationen nach sollte eine Vergiftung mit der Substanz unmittelbar zu Blindheit, Atemlähmung und einer krampfartigen Paralyse führen. „Hört Brüder, ich habe ein Gift entwickelt welches das Nervensystem der Orks angreift. Benetzt eure Waffen damit und jede noch so kleine Verletzung wird den Ork zu Boden schicken.“ verkündete Ajax mit nicht wenig Stolz in der Stimme und öffnete eine metallene Dose die eine cremeartige Substanz enthielt. Diese hatte er mit seiner Schöpfung versetzt. Alle bis auf Saarlock, der so tat als hätte er nichts gehört, benetzten ihre Kampfmesser damit. Szandor und Skeergard rieben die Paste darüber hinaus noch sorgfältig auf die Zähne ihrer Kettenwaffen. Der Mortificator hatte kurz überlegt, Saarlock die Nutzung des Giftes zu befehlen. Schließlich konnte dieses durchaus das Zünglein an der Waage sein. Jedoch hatte er die Kampfweise des Iron Hands noch deutlich vor Augen. Unter Verachtung aller Gegenwehr verblieb kein von ihm getroffener Feind kampffähig und für verstohlene Kampfmanöver wäre der Iron Hand ohnehin nur schwerlich zu gewinnen. „Ich habe mich schon gefragt, warum ihr die ganze Zeit so still seid, Ajax.“ scherze Hovis, während er das vergiftete Messer in seine verzierte Scheide stieß. Skeergard entlockte er damit ein wölfisches Grinsen. Schließlich war Ajax ohnehin alles andere als Gesprächig. „Ich lasse eben lieber Taten als Worte sprechen, Hovis.“ entgegnete der Apothekarius mit väterlicher Stimme und zitierte dabei unwissentlich Skeergard. Auch wenn dieser dem Imperial Fist zustimmte und das kameradschaftliche Geplänkel zwischen den beiden Abkömmlingen Dorns stets amüsant fand, zog ihn der Ausspruch herunter, da er ihn an jenes verstörende Gespräch mit dem ehrwürdigen Thorbjarn erinnerte. In der Stille ergriff Thyrianos das Wort. „Ich denke wir sollten das Tal ausspähen bevor wir mit Macht einmarschieren.“ Dabei wies er mit einer Kopfbewegung zu dem brütenden Spacewolf. Auch wenn er das Spiel von Ajax und Hovis zu tolerieren, und insgeheim zu schätzen, gelernt hatte, trachtete er stets danach, die Aufmerksamkeit aller auf das Hauptziel zu fokussieren. Mit einer knappen Geste sandte Szandor Skeergard und den Skriptor aus und ignorierte den vorwurfsvoll starrenden Iron Hand selbstbewusst.
Thyrianos hatte kurz zu hoffen gewagt, dass mit dem Entdecken des verborgenen Tals, auch der Weird-Boy gestellt werden würde und er damit seine Konzentration auf andere Dinge lenken könnte. Jedoch schien sich ihr Abstand zu der gefährlichen Grünhaut jüngst nicht verringert zu haben. Sollte der Ork Thyrianos‘ Anwesenheit am Ende doch spüren können? Aber würde dieser dann nicht gegen den Dark Angel vorgehen um Stärke zu zeigen und die eigenen Pläne zu schützen? Thyrianos wurde aus seinen Gedanken gerissen als der knapp vor ihm durchs Unterholz gleitende Spacewolf alarmiert seine Faust hob. Anders als die Klinge des Obsidiandolches, glänzte das Kampfmesser in dessen Faust leicht vom jüngst aufgetragenen Gift. Schwacher Nieselregen ging auf den Dschungel nieder und das allgegenwärtige Tropfen schien alle anderen Laute zu verschlucken. Mit gleichmäßigen Handbewegungen signalisierte der Spacewolf die Sichtung von einigen Grots und eines Orks. Kurz darauf erklang das dumpfe Geräusch von Steinbeilen, die auf Holz schlugen.
Skeergard beobachtete das Schauspiel vor ihm aus seinem Versteck heraus und verbarg sich regungslos im dichten Unterholz. Er dankte Russ, dass der schwache Wind günstig für ihn stand und der Dark Angel in seinem Rücken es nach wie vor verstand, sich unauffällig im Wald zu bewegen. Augenscheinlich handelte es sich um einen Arbeitstrupp der von dem Ork mit stechendem Blick überwacht wurde. Sein Gesicht war zur Hälfte mit blauer Farbe bemalt und er hielt eine brutal aussehende Peitsche in der einen und einen Knochenspeer in der anderen Hand. Die Grots umschwärmten unterdessen einen gefällten Baum und mühten sich ab mit ihrem mangelhaften Werkzeug Äste abzuschlagen. Wann immer ein Grot innehielt oder zu gierig die Habseligkeiten seiner Artgenossen fixierte fuhr die Peitsche auf ihn nieder wobei sie selten weniger als drei Grots zugleich erwischte. Quiekend und blutend schufteten sie weiter. Einer, dem die Schinderei zu reichen schien arbeitete sich unauffällig in Richtung Baumspitze vor, direkt auf Skeergard zu. Der machte sich bereit den Wicht geräuschlos verschwinden zu lassen, als der Grot plötzlich einen Satz machte und an einen nahen Baum genagelt wurde. Triumphierend grollte der Ork irgendetwas und eilte seinem Speer nach, der noch zitternd in totem Grot und Baum steckte. Mit Leichtigkeit zog der Ork den Speer hinaus und ließ den Kadaver wie eine Trophäe daran hängen, als er sich den Schaft über die Schulter legte. Die übrigen Grots waren darüber in regelrechte Arbeitsrage geraten und hackten auf die Äste ein, wie auf einen Erzfeind. Hinter Skeergard gestikulierte Thyrianos ungeduldig und erkundigte sich nach einer Umgehungsroute. Der Spacewolf hatte jedoch einen anderen Plan, der allerdings teilweise auf Spekulationen beruhte. Die Grots schienen mit ihrer Arbeit fast fertig, waren aber ohne jeden Zweifel nicht in der Lage, den mächtigen Stamm zu transportieren. Dies wiederrum bedeutete, dass weitere Orks herkommen würden um den Stamm durch den Wald zu schleifen. Dies würde mit beträchtlichem Lärm, bei gleichzeitiger Ablenkung verbunden sein, also der perfekte Weg ins Orklager. Wegen der zahlreichen Unbekannten in seinem Plan, derer Skeergard sich vollauf bewusst war, zögerte er seinen berechnenden Schlachtenbruder frühzeitig einzuweihen. Irgendwie genoss er es auch, den Dark Angel mit beschwichtigenden Gesten zur Untätigkeit zu zwingen.
Thyrianos Ungeduld wuchs immer weiter. Auch wenn er versuchte den Weird-Boy im Auge zu behalten wollte er zügig weiter vorrücken. Skeergards Anweisungen einfach zu übergehen kam für ihn jedoch nicht in Frage. Auch wenn der Spacewolf keine Autorität über ihn hatte, konnte er es dennoch nicht mit den Aufklärungsfähigkeiten des Schlachtenbruders aufnehmen. Er musste akzeptieren, dass der Spacewolf wohl wusste was er tat und ihm ja auch nicht vorschrieb, wie er seine Psikräfte einzusetzen hatte. Der Skriptor konnte deutlich hören, wie die Grots arbeiteten und schließlich, begleitet von einem durchdringenden Orkschrei, abzogen. Er hob seinen inzwischen wieder relativ sauberen Chorrock ein wenig an um sich auf Skeergards Signal hin sofort in Bewegung setzen zu können. Jedoch wurde er erneut beschwichtigt. Mehrere Minuten geschah nichts in unmittelbarer Nähe. Dann erklang das gutturale Gemaule einer näher kommenden Orkrotte. Was hatte der Spacewolf nur vor? Er packte Gottbrecher fester und erwartete jeden Moment losschlagen zu müssen, als die Orks anhielten und an Ort und Stelle zu hantieren begannen. Als dann ohne Vorwarnung ein lautes Krachen, begleitet von einem neuerlichen Aufschrei erklang, zog er sein Schwert sogar ein Stück aus der verzierten Scheide und fühlte sofort die feurige Resonanz der eingebetteten Psicuriumkristalle. Skeergard blieb jedoch regungslos und der Dark Angel tat es seinem Schlachtenbruder gleich. Nach einer gefühlten Ewigkeit gab der Spacewolf endlich das Signal weiter vorzurücken und nutzte dabei die von den Orks verursachte Lärmkulisse geschickt aus. Cleverer Mistkerl, dachte er wohlwollend und fragte sich, warum sein Schlachtenbruder ihn nicht in den Plan eingeweiht hatte.
Als sie schließlich, durch aufgewühlte Erde und über herumliegende Zweige stapfend, den Rand des Tals erreichten war der Anblick zunächst ernüchternd. Das ganze Tal war von einer trüben Mischung aus Rauchschwaden und Regenwolken bedeckt und bot nicht mehr visuelle Details, als die bekannten Satellitenbilder. Dafür war es aber von Lärm erfüllt, der am ehesten einer Großbaustelle entsprach. Abgesehen von dem befremdlichen Geschrei der Orks und den Trommeln klang es nicht weniger beeindruckend als ein imperiales Pionierregiment, das einen befestigten Brückenkopf anlegte. Skeergard, der nach wie vor keinen Helm trug, sog mit geschlossenen Augen die stinkende Luft ein und runzelte nachdenklich seine hohe Stirn. „Feuer und Stein, Holz und Eisen.“ murmelte er nachdenklich ehe er seine Augen öffnete und sich Thyrianos zuwandte. „Durons Vermutungen waren zutreffend. Wir müssen schnell handeln!“ ergänzte er als Thyrianos weiterhin schwieg. Der Skriptor schien die fantastische Aussicht auf sich wirken zu lassen. Das ganze Tal war von grauen Schwaden erfüllt und von gezackten Bergrücken umringt, die wie der aufgerissene Schlund eines gewaltigen Monsters wirkten, das gerade aus dem immergrünen Dschungel brach. Hier war der Warp unverkennbar in Aufruhr und der Funke des Weird Boys ging vor dem prasselnden mentalen Feuer seiner Artgenossen beinahe unter. Auch wenn er sie nicht sehen konnte, war er absolut sicher, dass die versammelte Streitmacht um einiges größer war, als die zuletzt aufgeriebene. Das Überraschungsmoment würde, selbst wenn es auf ihrer Seite wäre, bei weitem nicht ausreichen den Kampf zu gewinnen. Zumal die wenigen Orks, die gelegentlich zwischen den Dunstschwaden auftauchten, augenscheinlich aufgerüstet hatten. Die fleckigen Metallwaffen in ihren Fäusten war zwar ohne jegliche Kunstfertigkeit gefertigt worden und von Einschlüssen und Materialfehlern überzogen. Aber sie waren ausnahmslos neu, frei von Rost und den daran befindlichen Blutflecken nach, bereits erfolgreich an ihresgleichen getestet.
Schließlich wandte sich Thyrianos nüchtern an seinen Schlachtenbruder. „Was meinst du Skeergard, könnten wir einige der Felsspitzen sprengen um Erdrutsche und Gerölllawinen auszulösen?“ Nachdenklich fuhr sich der Angesprochene mit der Hand durch seinen grauen Bart und versuchte seinerseits die Topographie einzuschätzen. Jedoch konnte auch er sich keine belastbare Meinung bilden. Er würde durchaus darauf tippen, dass es mit genügend Zeit und Sprengstoff möglich war. Aber er war eben nicht der Experte für derartige Fragen. „Wäre auf jeden Fall eine gute Sache. Wir sollten Duron dazu befragen.“ antwortete Skeergard, vermeintlich geschickt seine Unwissenheit verbergend. Thyrianos war jedoch nicht zu täuschen, er wusste genau, dass der Spacewolf ihm die Antwort unter die Nase gerieben hätte, wenn er sie gehabt hätte. Beide wussten jedoch auch, dass Duron alles andere als ein subtiler Saboteur war. Im Grunde wäre dies die perfekte Aufgabe für Vicesimus gewesen, dessen Abwesenheit sie nun erneut als Verlust empfanden.
Vorsichtig bewegten sie sich ein paar hundert Meter weit den Gebirgsrücken entlang, drangen aber nicht in den Dunst vor. Auf den ganzen Krater bezogen marschierten pausenlos Orks hinein und hinaus. Mal einzeln, mal als Gruppe. Den Krater zu betreten, war selbst Skeergard zu riskant. Mit einem ganzen Rudel Spacewolfs vielleicht, aber nicht mit nur einem Engel als Rückendeckung. Trotz seiner übermenschlichen Wahrnehmung würde er erst erkennen wer oder was ihm gegenüberstand, wenn es zu spät war angemessen darauf zu reagieren. Einen oder auch zwei Orks zugleich lautlos zu töten war machbar. Aber was wenn es mehr wären, ein einziger der die Zeit fand zu brüllen würde ausreichen, um jeden Ork im Tal zu alarmieren.
Das verwitterte Gestein über das sie liefen war brüchig und fast schwarz, was ihnen rein farblich entgegenkam. Skeergard verstaute ein Stück des Felsens in einem seiner kleinen Lederbeutel, um ihn später Duron zu zeigen. Der Stein war zwar relativ leicht, dafür aber erstaunlich scharfkantig und hart und erinnerte ein wenig an Skeergards schwarzen Steindolch.