Rezension: Bolt Action - Armies of Germany
Einhundertacht - diese Zahl kristallisierte sich schnell heraus, als ich die erste Erweiterung zu Warlord Games' und Ospreys
Bolt Action, das deutsche Armeebuch
Armies of Germany, durchblätterte. Was diese Zahl bedeutet wird später noch verraten.
Das Buch
Armies of Germany entstammt unverkennbar dem Osprey Verlag und ist in dem für diesen Verlag typischem Format gedruck. Das heißt, dass es mit seinen 24x19 cm kleiner als der typische Codex ist, jedoch größer als GWs Grundboxregelwerke. Mit seinen 96 Seiten entspricht es vom Umfang her etwa einem GW-Codex. Das Buch kommt als Softcover mit guter Bindung und ist vollfarbig gedruckt. Der Preis laut Hersteller beträgt £14.99. Geschrieben wurde das Buch Warwick Kinrade, der neben seiner früheren Tätigkeit bei Forge World auch mit
Kampfgruppe Normandy (erschienen bei Warhammer Historical) und
Battlegroup Kursk (Plastic Soldier Company) zwei Regelwerke für den Zweiten Weltkrieg verfasst hat.
Der Inhalt
Wie bereits geschrieben ist das Buch vollfarbig gedruckt. Jedes Kapitel wird durch ein ganzseitiges Artwork eingeleitet. Insgesamt gibt es neben der Einleitung drei Kapitel.
Im ersten Kapitel (6 Seiten) wird die militärische Situation Deutschlands beschrieben. Dabei wird ein Überblick gegeben, Details werden ausgelassen.
Kapitel 2 (45 Seiten) enthält die einzelnen Einheiten der Armeeliste. Darauf werde ich später genauer eingehen.
Das letzte Kapitel (24 Seiten) schließlich stellt mit dem
Theatre Selector Armeelisten für die einzelnen Kriegsschauplätze vor. Auch auf dieses Kapitel gehe ich noch einmal gesondert ein.
Der Text wird durch verschiedene Bilder aufgelockert, einerseits durch weitere Artworks, andererseits durch Fotos von Miniaturen. Bei den Artworks handelt es sich ausschließlich um wiederverwertete Bilder, die mit einer Angabe des ursprünglichen Veröffentlichungsorts und einem kurzen Kommentar über die Darstellung versehen sind. Die Fotos sind teilweise wiederverwertete Bilder von Warlord Games, teilweise sind die Fotos auch neu. Bei allen Bildern ist positiv anzumerken, dass nationalsozialistische Ikonographie lediglich auf den Schaubildern zur Darstellung der verschienden Uniformen abgebildet ist. Dort findet sie sich an korrekter Stelle und nur, wenn es unumgänglich war.
Neben den Bildern gibt es noch weitere Texte, die abgesetzt in den eigentlichen Text eingestreut sind. Hierbei handelt es sich um speziellere geschichtliche Informationen oder um Anekdoten.
Die Texte sind weitestgehend neutral geschrieben, auch wenn sich hin und wieder einmal ein leicht ironischer Seitenhieb gegen die Krauts einschleicht. Im Fall umstrittener Einheiten wie Waffen-SS wird durchaus kritisch auf den Fanatismus verwiesen.
Leider hat sich im Buch häufiger einmal der Fehlerteufel eingeschlichen. So sind Buchstaben zu viel oder zu wenig oder auch einmal Wörter vertauscht.
Die Einheiten
Am Anfang des Kapitels wird noch einmal auf die aus dem Grundregelwerk bekannte, generische Liste für einen verstärkten Zug eingegangen, ebenso auf die Armeesonderregeln, die sich nicht geändert haben.
Danach kommt die Einhundertacht. Hinter dieser Zahl verbirgt sich die Anzahl der Einträge für Einheiten. Diese werden, gemäß ihrem Einheitentyp untergliedert. Jedem Eintrag voran steht eine kurze Einleitung. Danach folgen die Kosten (nach Erfahrungsstufe differenziert), Einheitengröße, Bewaffnung, Sonderregeln und Optionen, bei Fahrzeugen außerdem noch der Haupteinsatzzeitraum, die produzierten Stückzahlen und der Schadenswert.
Etliche Einträge sind außerdem noch in verschiedene Ausführungen unterteilt. Alleine beim Panzer III sind sieben regeltechnisch unterschiedliche Konfigurationen gelistet, wobei die StuG-Varianten dort noch nicht einmal enthalten sind.
Die Einträge bauen grundsätzlich auf der Liste des Grundregelwerks auf, umfassen jedoch nicht nur den Zeitraum nach D-Day sondern den kompletten Krieg in Europa und Nordafrika. Alles wurde etwas weiter ausdifferenziert, sodass z.B. Heeresveteranen, Fallschirmjäger und Waffen-SS jetzt durch verschiedene Einträge repräsentiert werden, teilweise noch einmal extra nach frühem und spätem Krieg unterteilt.
An Infanterieeinheiten gibt es etliche Neuzugänge wie Pioniere, Kradschützen, Kavallerie der Waffen-SS oder Hitlerjugend. Die Zugänge im Fahrzeugsektor sind weitaus umfassender, besonders da die Fahrzeuge der ersten vier Kriegsjahre nun ebenfalls enthalten sind. Neben den üblichen Verdächtigen wie den Varianten des SdKfz 251 oder den Panzern I - VI findet man auch Exoten wie die Borgward Wanze. Nicht enthalten sind jedoch Experimentalfahrzeuge. Ebenso sind in der Liste keine Beutepanzer enthalten.
Der Theatre Selector
Nach der Lektüre der Einheiten haben wir eine breite Auswahl. Für ein ausgewogenes Spiel müssen diese nur noch zu einer Armeeliste zusammengeführt werden. Hierfür werden dem Spieler zwei Optionen zur Auswahl gestellt. Die erste Möglichkeit ist, die Regeln für einen verstärkten Zug aus dem Grundregelwerk zu wählen und sich einfach die gewünschten Einheiten auszusuchen. Wer jedoch der Meinung ist, dass
Königstiger vor El Alamein ein schlecht gewählter Filmtitel bleiben und nicht die Beschreibung einer Runde Bolt Action sein sollte, der kann sich des Theatre Selectors bedienen.
Hinter diesem Namen verbirgt sich eine Sammlung von 17 Armeelisten, die sowohl zeitlich als auch nach der Front unterteilt sind. Die erste Phase des Krieges, als Blitzkrieg von 1939-42 deklariert, umfasst fünf Listen (Septemberfeldzug, Schlacht um Frankreich, Operation Barbarossa, Fall Blau und Stalingrad), Nordafrika 1941-43 hat drei Listen (Rommels Triumph, Unternehmen Merkur, Rommels Niederlage), Ostfront 1943-44 ebenso (Operation Zitadelle, Partisanenjäger, Verteidigung des Ostens), genauso wie die Westfront 1943-44 (Verteidigung Italiens, Widerstandsnest des Atlantikwalls, Normandie). Der letzte Abschnitt, der Fall des Dritten Reichs 1945, umfasst noch einmal vier Listen (Operation Wacht am Rhein, Verteidigung des Westwalls, Operation Frühlingserwachen, Letztes Aufbegehren).
Jede dieser Listen gibt die zugelassenen Einheiten an und schreibt teilweise auch Pflichtauswahlen vor. Im Gegenzug werden teilweise bestimmte Einheiten häufiger zugelassen als nach der Regelbuchversion. So dürfen die meisten Listen pro Zug zwei MMG-Teams aufstellen. Dazu kommen noch Sonderregeln wie die Anfälligkeit von Pantern während der Operation Zitadelle oder der Treibstoffmangel in den letzten Kriegswochen. Als besonderes Bonbon dürfen die Verteidiger des Atlantikwalls außerdem einen Renault R35 mitnehmen.
Fazit
Als Besitzer etlicher Bücher des Osprey Verlags und einiger Regelwerke von Warlord waren meine Erwartungen nach dem guten Bolt Action Grundregelwerk sehr hoch. Insgesamt hat es das Joint Venture jedoch mit Armies of Germany noch geschafft, diese Erwartungen zu übertreffen.
Ein optisch sehr ansprechendes Buch, das nicht nur alle wichtigen und etliche "unwichtige" Einheiten der Wehrmacht enthält sondern auch auf Hakenkreuzpornografie verzichtet und zudem einen guten Preis hat, was will man mehr? Mir fallen da spontan nur drei Dinge ein. Eine besseres Lektorat wäre wünschenswert gewesen, da sich die Fehler nicht nur in die deutschen "Fremdwörter" eingeschlichen haben. Ebenso wünschenswert wäre aus meiner Sicht ein weiteres Kapitel gewesen, das sich mit der Bemalung der Deutschen befasst, besonders da es doch starke Variantionen bei den Uniformen gab, ebenso bei den Panzerbemalungen. Abgesehen von diesen beiden leichten Mängeln ist das Buch jedoch aus meiner Sicht ein lohnenswerter Pflichtkauf für alle BA-Spieler.
Bleibt eigentlich nur noch der dritte Wunsch, nämlich der nach einer Wehrmachtsarmee, damit ich das Buch auch spielerisch austesten kann.
Mehr zu Bolt Action gibt es bei
Warlord Games und
Osprey Publishing.