Ja, da kommt es endlich. Wo ist eigentlich Rawke?
Als die Luke der Valkyre endlich aufschwang, stolperten die Kommandos hinaus auf das Flugfeld. Unten erwartete sie bereits der General mit zwei Stabshauptmännern. Wobei einer der Hauptmänner blond, sexy und keineswegs ein Mann war.
„Guten Tag, Kommandos. Ich hörte bereits von ihrem Erfolg. Alissa, bitte.“, sagte der General in Vertrauen erweckendem Tonfall.
Der weibliche Stabshauptmann trat vor und überreichte jedem der vier Heimkehrer einen Briefumschlag mit Bons und dem Bronzeschwert, die Pflichterfüllungsmedaille dritter Klasse.
„Sir!“, antwortet Oberst Cullezk und salutierte. Die anderen taten es ihm gleich, wobei Semjon etwas Mühe hatte.
„Keine Sorge, Simjenko. Bei diesen Wunden erwarte ich keinen Exerzierplatzsalut. Sergeant Kulikow, ihren Bericht möchte ich bis heute Abend haben.“
„Sergej, können wir reden?“, fragte Cullezk.
Bednjagin kniff die Augen zusammen, so als ob er sagen wollte,
Meinen Vornamen nicht vor den Soldaten gebrauchen!
„Nicht jetzt. Ich muss zu den Savannen im Norden. Oberst Karamasov hat gerade eine Schlacht gewonnen.“
Der General nickte seinen Männern noch einmal zu und entfernte sich dann in Richtung einer wartenden Valkyre. Unwillkürlich fragte sich Victor, wie viele sie von diesen Vögeln eigentlich hatten?
„Semjon und Eugen, ihr schleppt euch jetzt ins Lazarett. Und dass ihr mir die nächsten Tage drin bleibt. Es stehen noch einige Schweinereien an, und davor solltet ihr euch drücken.“, sagte Oberst Cullezk. Dann nickte er Victor zu und ging in Richtung Offiziersbaracken. Der Sergeant folgte ihm.
„Sie wollen mich sprechen, Sir?“, fragte Victor, nachdem sie etwas Raum zwischen sich und ihre Kameraden gebracht hatten.
„Es ist eigentlich nicht der Rede wert. Aber ich glaube, dass du das Zeug zum Kommandoführer hast. Im Gegensatz zu deinen Kollegen bist du nicht ein Mal in Panik geraten, während wir in der Dunkelheit kämpften. Daher werde ich es in meinem Bericht vermerken, natürlich nur, wenn du es möchtest. Wie du, Sergeant, schon sicherlich festgestellt hast, hat ein höherer Rang auch Schattenseiten. Oder bist du so einer wie Sergej und liebst den Papierkrieg?“
Victor ging neben seinem Kommandanten her und blickte nach vorne. Erst bei dem Namen Sergej blickte er herüber.
„Mit Sergej meinen Sie wen?“
„General Bednjagin. Ich dachte sein Vornahme sei bekannt?“
„Schon.“, nuschelte Victor. „Ähm, aber Sergej ist nun wirklich nicht der seltenste Name bei uns, Sir.“
Ignat Cullezk blieb stehen.
„Also?“
Victor griff sich unwillkürlich an die Jackentasche, in der sein angefangener Bericht und ein Notizblock waren.
„Das bisschen Papierkrieg ist doch nicht so schlimm…“, murmelte er, eigentlich nicht an seinen Vorgesetzten gewandt, sondern vielmehr zu sich selbst.
„Wenn ich mich nicht verhört habe, war das ein Ja. Nun denn, Offiziersanwärter.“, sagte der Oberst mit einem Grinsen und nickte Victor zu. Diesmal stand das Nicken für Wegtreten. Der Soldat salutierte und machte sich auf den Weg zu seiner Baracke. Immer noch fragte er sich, was so viele Leute an der Papierarbeit verabscheuten…
Als Victor seine Baracke betrat, schossen ihm sofort mehrere Willkommensgrüße entgegen. Alexandra war sofort bei ihm und umarmte ihn.
„Hallo Leute, da bin ich wieder.“
„Moin, Sarge.“, begrüßte ihn Gallik.
„Sergeant?“
„Ja. Heute Morgen kam ein Leutnant hier herein und sagte, dass man Mosovich in den Kompaniestab aufgenommen hätte und du der neue Truppenführer seiest. Deine Abzeichen trägst du ja schon.“, antwortete ihm Oleg Gallik und deutete auf das Abzeichen an Victors Schulter.
„Bis dann, Jungs. Ich soll mich bei Leutnant Perechina melden.“, sagte Alexandra und verabschiedete sich. Beim Verlassen der Unterkunft warf sie noch einmal einen Blick auf Victor.
Sergeant Kulikow steuerte auf sein Feldbett zu und warf seine Tasche, den Ghillie und den Munitionsgürtel daneben. Er betrachtete sich kurz im Spiegel, der an einem Stützpfosten des Zeltes hing und verzog das Gesicht. Er war total verdreckt. Am Kinn und über dem linken Auge hatte er Kratzer, die er gar nicht bemerkt hatte. Rasieren wäre auch wieder angebracht. Er begann sich aus seiner vollkommen verschmutzten und an einigen Stellen beschädigten Camouflageuniform zu quälen.
„He, Sergeant.“, sagte Danila, ein Truppmitglied, und setzte sich auf Victors Feldkiste. „Wie steht es denn zwischen dir und Alexa?“
„Wie soll es schon stehen?“, fragte Victor, während er mit seinem Kampfmesser die beschädigte Gürtelschnalle aufschnitt. Er würde sich am Abend Ersatz beschaffen müssen. Ob ihr Versorgungsoffizier noch ungenutzte Uniformen herumliegen hatte?
„Spiel nicht den Hinterwäldler. Dein Interesse an ihr ist doch wohl mehr als unverkennbar.“
„Und sie findet dich scheinbar auch geil.“, rief Artjom herüber.
„Klappe, du Schwachkopf. Du hast überhaupt kein Feingefühl.“, beschwerte sich Danila.
„Und du machst aus allem ein Drama.“, antwortete ihm Oleg.
„Jungs“, versuchte Victor zu beruhigen. „Was soll denn sein?“
„Wie? Jetzt hör mal Vic. Wir wissen alle, dass du auf sie scharf bist. Na los, hol sie dir, sobald sie zurück ist. Wir verlassen auch alle das Kämmerle.“ Danila erhob sich von Victors Feldkiste und legte ihm eine Hand auf die Schulter.
„Außerdem. Morgen geht’s wieder los, und wer weiß, was passieren könnte…“
„Schluss.“, herrschte ihn Victor an. „So eine Moral will ich nicht hören. Wir machen die Tau platt, klar. Außerdem, was wenn ein Kommissar so was hört.“
„Gut. Morgen ist also wieder ein Einsatz.“, fuhr Victor ruhiger fort.
„Davon weiß ich nichts, also erzählt schon.“
In Nachhinein empfand er seinen Ausbruch als zu übertrieben. Er quälte sich aus seiner Uniform und begann mit der Rasur, während seine neuen Männer ihm die Lage erklärten.
„Also der gute Karamasov, der Schatten des Generals, hat gestern Nacht eine Schlacht gewonnen. Eigentlich, so sagte mir ein Kumpel aus der Verwaltung, stand alles gegen ihn, als die Tau ihre Reserven ins Spiel brachten. Wie er’s angestellt hat, ist jedenfalls nicht klar. Aber auch egal.“, erzählte Danila.
„Und dann heute Morgen“, fuhr Artjom fort. „kam ein Leutnant zu unserem Chef und sagte, wir sollten morgen Kampfbereit sein. Was genau kommt, wissen wir nicht, aber man sagt uns ja auch nie was.“
Dann übernahm wieder Danila. „Laut Fähnrich Makalov von den Marinetruppen, werden auch die Flotter kampfbereit gemacht. Von einem Piloten hab ich außerdem, dass so ziemlich jede Valkyre und jedes Kanonenboot vorbereitet werden. Vielleicht können wir, wenn wir alle unsere Sache gut machen, schon morgen von diesem langweiligen Planeten verschwinden.“
Oleg setzte sich neben Victor.
„Also als Sergeant und Kommandotruppler ist dein Sold und deine Bonanzahl gestiegen, oder?“
„Als gäbe es hier was, wo man den Sold ausgeben könnte? Und die Bons… Ich denke, ich werde sie in Ausrüstung investieren.“, antwortete Victor.
„Oh ja, in Ausrüstung, um die uns die meisten imperialen Soldaten wohl beneiden. Noch tödlicher, noch ausgefeilter und immer noch nicht essbar.“, witzelte Danila.
Sergej schloss die Tür hinter sich ab. Im Gegensatz zu Mannschaftlern und gewöhnlichen Offizieren, hatten die Offiziere vom Oberstleutnant aufwärts eigene Unterkünfte aus Holz. Der General, der er nun mal war, hatte sogar eine Unterkunft, welche separiert von allen anderen stand.
Er legte Schwert und Pistole ab, warf seine Orden und die Mütze achtlos aufs Bett und klemmte sich wieder hinter seinen Schreibtisch. Vor wenigen Minuten war er aus dem Norden zurückgekommen. Er überließ es jedoch Denis und General Aminatidis die Vorkehrungen für die morgige Offensive zu treffen. Endlich weg von diesem Planeten, dachte er. Nur noch ein Einsatz.
Plötzlich spürte er eine schlanke, leichte Hand auf seiner rechten Schulter und Lippen an seinem Ohr.
„Wir haben, was wir brauchten, mein Liebster. Die Unschuld unseres… unserer neuen Schachfigur ist festgestellt. Die Inquisition sollte ihn bald freigeben.“, flüsterte sie.
„Unschuld beweist gar nichts.“
„Mag sein, doch der Grey Knight schien zufrieden. Er sah in mir nicht einmal eine Eldar, wie es Space Marines normalerweise zu tun pflegen. Er erkannte, dass ich ein Mensch bin.“
„Du meinst warst.“
„Er wird die Aufzeichnung an den führenden Großinquisitor dieses Sektors geben.“
„Tzeez!“
„Und jetzt musst nur noch du dafür sorgen, dass wir nach Sacajewa kommen. Und nun, General, fege diese Tau von dieser Welt.“
„Es wird schwer nach Sacajewa zu kommen. Es ist eine Festungswelt.“
Ayko zog seinen Bürostuhl zurück und setzte sich auf seine Knie. Sie schmiegte sich an ihn und flüsterte weiter.
„Eldar operieren auf dieser Welt. Wir sollten der Inquisition unsere… Hilfe anbieten.“
„Damit kann ich arbeiten. Die Warpreise von hier nach Sacajewa dauert aber eine Weile.“
„Umso mehr Zeit haben wir für uns.“
Sie knöpfte seine Uniformjacke auf, langsam. Ihre Lippen führen über seinen Hals.
„Nun, General. Deine restlichen Termine für heute sind gestrichen.“
Sie streifte ihr Kleid ab.
„Du arbeitest zu viel.“