Ich hatte in den letzten Tagen immer wieder mit dem Gedanken gespielt auch einen ähnlichen Thread aufzumachen, da ich das Gefühl hatte mit meiner Unzufriedenheit im Bezug auf 40k allein zu stehen. Deshalb erst mal ein ganz dickes "signed" an Jaq und Sohn des Khaine, ich sehe das leider ganz genau so wie ihr.
Seit dem aktuellen Ork Kodex beobachte ich, dass GW das Spiel in eine meiner Meinung nach sehr ungeschickte Richtung lenkt. Ich sehe da in den letzten Jahren folgende negative Trends.
1. "übertriebene" Einheiten und Ausrüstungen. Es zeigt sich sehr stark, dass immer mehr Einheiten und Ausrüstungsgegenstände erscheinen, die kurzum out of scale erscheinen. Einheiten die eigentlich vergleichbar sein müssten erhalten mit einem neuen Codex auf einmal Regeln, die im Vergleich zu älteren Einheiten schlicht zu stark ausgefallen sind. Ein sehr schönes Beispiel dafür sind die schockenden Land Raider, Ironfist Straken und der Punisher. Ein anderes sind die Regeln neuerer Skimmer Modelle wie Vendetta und Storm Harbinger, die alles davor gewesene regeltechnisch nur noch in den Schatten stellen.
Der Codex Creep der sich hier entwickelt ist gar nicht mal so sehr einer der dazu führt dass jeder Codex besser als der vorherige wird (siehe Tyraniden und Blood Angels), sondern dass ältere Publikationen sehr langweilig wirken, obwohl sie es gar nicht sind, die Regeln sind einfach nur konservativer geschrieben und oft kosten die neuen Gadgets der neuen Völker sehr viel. Um es ganz deutlich zu sagen: Damit ein Volk interessant ist muss es nicht einfach stärker als vorherige erscheinen sondern wirklich anders sein, einen spielstil bieten den man anderswo nicht findet.
Am Ende sind wir also in einer Situation, in der kein Codex mehr zum anderen passt, die neuen wirken übertrieben, die alten total veraltet. Das ganze System an sich wirkt sehr uneinheitlich.
2. Der Zufall nimmt eine immer größere Rolle ein. Keine Frage, Warhammer ist ein Würfelspiel, allerdings tauchen immer mehr Einheiten und insbesondere Psikräfte auf, die das Spiel extrem volatil werden lassen. Dinge wie Jaws of the World Wolf tun entweder absolut Garnichts (Gegner besteht Ini Test) oder sie löschen auf einen Schlag 2-3 extrem wichtige und teure Modelle aus (Tervigon und Carnifex, adé). Andere Beispiele sind Dämonenaufstellungsregeln, Outflanking, Psiwaffen im Imp-Codex, Blood Lance, etc. (mir fallen grad keine guten Beispiele ein). Wie gesagt, Würfel sind wichtig damit das Spiel spannend bleibt, aber in letzter Zeit hatte ich so viele Spiele in denen mehrfach die Situation auftauchte in der man gut behaupten konnte: "Wenn nun eine 1-2 auf diesem einen Würfel kommt, dann verliere ich/gewinnst du". Es erinnerte ein bisschen an die alten Tage der Gunlines in denen jeder unbedingt den ersten Zug haben wollte, da dieser oft über Sieg und Niederlage entscheidet - Nur heute steht man gleich mehrmals im Spiel vor solchen Situationen.
3. Was ist mit den guten alten Normalo-Einheiten passiert? ich war bestimmt kein Fan von 5er LasPlas Trupps, aber ich fände es trotzdem besser, wenn Warhammer wieder ein bisschen weniger hero-hammer wäre. Space Wolves und Blood Angels machen es vor: Der Fokus liegt sehr stark auf Gimmickeinheiten und Superhelden, keine Armee sieht auch nur halbwegs so aus als wenn sie wirklich eine Kampfformation wäre, sondern eher wie Jesus und seine superbesten Freunde. Keine Armee in der man mal 4x10 SM, 1x Sturmies, 2x Devas oder so sieht, sondern immer nur kleine Lückenbüßer Standards und sehr viele sehr ausgefallene Einheiten.
4. Keep it simple, stupid. Ein wirklich gutes Regelsystem zeichnet sich dadurch aus, dass es mit möglichst einfachen Grundregeln viel taktische Variabilität und Individualität der einzelnen Völker ermöglicht. Um eine Einheit besonders zu machen, muss sie nicht extra Ceramitpanzerung, Descent of Angels, spezielles Outflanking oder Sachen die eigentlich psikräfte sind, dann aber wieder doch nicht bekommen. Im Grundregelwerk enthalten sein sollte eine gewisse Anzahl an Sonderregeln wie Rending, Poison, Stealth etc. und Einheiten sollten dann dadurch individualisiert werden, dass sie diese Sonderregeln in ungewohnter Zusammenstellung erhalten. In der Zeit um den Codex Dark Angels hatte man das sehr gut im Griff (zugegeben, insb. die Charaktere waren einfach zu schwach, aber das ist ja kein prinzipielles Problem). Heutzutage hat man es vollkommen verlernt. Anstatt eine Sonderregel aus dem Regelbuch zu nutzen muss jedes Mal was Neues her. Das verwirrt nicht nur, es ist auch einfach schlechtes Design.
Für mich persönlich gab es mal eine Zeit in der ich gesagt habe, dass Warhammer in naher Zukunft mal gebalanced sein könnte. Das waren so die Codizes CSM, Eldar, Ork, Dark Angels. Perfekt waren die sicher nicht, es gab eine gute Anzahl an Leichen, und einige Killer. Allerdings sind diese Codizes meiner Meinung nach mit sehr wenig kniffen auf ein Niveau zu bringen, auf dem sie auf Augenhöhe sind, automatisch dazu führen, dass Armeen ihrem Hintergrund entsprechen und sehr viel Taktik erlauben.
Mit den folgenden Codizes zerschlugen sich diese Hoffnungen natürlich bitterlich. Wo der Ork Codex noch erlaubte sowohl grüne Flut, als auch Heizakulte als auch Ballerlisten aufzustellen UND erfolgreich zu spielen, da führte zB der Imp Codex in eine ganz finstere Richtung in der 33% aller Modelle eine Spezialwaffe tragen, Imps zu den mobilsten Völkern überhaupt gehörten und ganz nebenbei auch noch extrem starke Psioniker bekamen. An Gunlines ist da nicht mal zu denken, designtechnisch ist der Codex eine Katastrophe! Von den Blood Angels will ich hier gar nicht erst anfangen....
Meiner bescheidenen Meinung nach täte Games Workshop wesentlich besser daran (zumindest wenn sie an der Qualität des Spielsystems ein Interesse haben, natürlich immer neben wirtschaftlichem Erfolg). Wenn man wirklich versuchen würde, ein in sich kohärentes, ausgeglichenes Warhammer 40k Grundsystem zu entwerfen. D.h. Codizes für alle Völker, relativ zeitnah, die weniger Hintergrund und Hobbykram, sondern hauptsächlich Regeln enthalten. Diese Regeln sollten auf Ausgeglichenheit untereinander ausgelegt sein und dazu führen, dass hintergrundgerechte Armeen erfolgreich spielbar sind. Natürlich aber will man bei Games Workshop auch Geld verdienen und daher müssen natürlich mehrere Publikationen pro Jahr zusätzlich erscheinen. Hier können dann gerne solche Dinge ins Spiel kommen wir zum Beispiel Space Marines Listen für Planetare Angriff, Eldar Weltenschiffe, Stadtkampflisten, Ork Waaaghs und ihre Kontrahenten, Hobbybuch Space Marines, etc. Das ganze gefüttert mit neuen, ausgefallenen Modellen, Regeln, Hobbyartikeln etc. Diese grundlegenden Regelwerke könnten auch kostenlos im Internet verteilt werden, so dass in gewissen, größeren Abständen "gepatcht" werden kann und Punktekosten etc. angepasst werden. Natürlich können in dieses Grundsystem auch Chaoslegionen oder Weltenschiffe oder Deathkorps eingefügt werden, und falls sich dadurch einiges zu stark ändert wird es wieder gepatcht. Wie gesagt, das allertollste insb auch für Turniere wäre, dass ein neuer Codex immer mit dem Gedanken an bereits bestehende eingefügt wird und sich Chancengleichheit einfach erstellen lässt indem man die Zusatzlisten etc. verbietet. Das ganze System würde sich einfach runder anfühlen und Neulinge hätten eine Chance schnell einen Überblick zu gewinnen. Ein netter Nebeneffekt dabei wäre natürlich dass man, wenn man sich schneller in ein neues Volk reinliest, es vll auch schneller anfängt zu sammeln.
Der Vorteil an solch einem System ist, dass man auf der einen Seite ein wirklich schönes ausgeglichenes Regelwerk hat, das sich nicht nur für Turniere eignet sondern auch dafür sorgt, dass Spieler durch die ungeheure Anzahl der heutigen Sonderregeln nicht verwirrt werden. Auf der anderen Seite kann sich GW Modell und Regeltechnisch immer noch total austoben und fleissig weiter neue Dinge verkaufen.
Zurzeit kann ich mit jedem neuen Codex nur erneut die Hände über dem Kopf zusammenschlagen. Das System wird zusehends schlechter und schlechter (jetzt mal nur von den Regeln her, modelltechnisch ist es der Hammer) und der reboot ist wirklich nur eine Frage der Zeit.