Mal wieder ein Kompressorthema:
Viele fragen sich immer ob es sich wirklich lohnt in einen ölgeschmierten Kompressor zu investieren, nur weil die leiser sind, dafür aber 4-5 mal so viel kosten. Ich habe mir erlaubt 2 der beiden Kompressorarten zu vergleichen.
Ich selber besaß bis vor Samstag nur 3 ölgeschmierte Kompressoren, alle selber gebaut. Nun habe ich aber netterweise einen der meistverkauftesten ölfreien Kompressoren mit kaputtem Tank bekommen: den AF186. Es gibt diesen Kompressor unter vielen Namen, aber sie kommen alle aus China, meistens mit 3 Liter Druckkessel.
Ich habe für den Test einen neuen Tank gebaut, allerdings nur 2L Volumen, wieso, erfahrt Ihr gleich.
Sein Gegenkandidat ist ein von mir selbst gebauter ölgeschmierter Kompressor. Beide Kompressoren sind gebraucht, es geht hier also um einen Test wie sich die Geräte im Laufe ihrer Zeit schlagen, nicht direkt nach Lieferung. Verzeit bitte den Staub auf dem einen Kompressor, er stand etwas länger auf dem Dachboden.
AF186
Anhang anzeigen 285768
Gewicht: 5,2 Kilo (meiner: 4,8Kg)
Maße: 13x13,5x35cm
Tankvolumen: 3 Liter
Druck: 4 Bar, damit 12l Luft im Kessel.
Preis: 89,- Euro
Ölgeschmierter Kompresser
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Gewicht: 12 Kilo
Maße: 30x35x35cm
Tankvolumen: 5 Liter
Druck: 6 Bar, damit 36l Luft im Kessel.
Preis: ca 420,- Euro (Sil Air 20D, allerdings 4l Tank)
Testläufe:
Rein was den Preis, das Gewicht und die kleinen Abmessungen angeht, steht der kleine Chinakracher erstmal richtig gut da. Die Daten auf dem Blatt sehen gut aus, der Verkäufer wirbt mit bis zu 1,0mm Düsenöffnung die möglich sein sollen.
Schalten wir beide mal nacheinander ein. Der AF186 läuft sofort an, er klingt leise, zumindest wenn man bisher noch keinen Vergleich zu Rande ziehen kann. Die DB-Lautstärkemessung in 1 Meter Entfernung bescheinigt durchschnittliche 45db, das entspricht exakt den Herstellerangaben, ich bin beeindruckt. Er benötigt exakt 2:10 Minuten um den 2 Liter Tank bis 4 Bar mit Luft zu füllen. Ein Blick aufs Manometer (das höher als 4 Bar eingestellt war damit es auch richtig den Kesseldruck anzeigt) lässt aber auch nachdenklich werden. Bereits ab 1,5 Bar Kesseldruck wird die Füllrate deutlich langsamer, die letzten 2 Bar, eben von 2 auf 4 Bar bis Abschaltdruck quält sich der 150w Verdichter aus China. Er braucht nur 10 Sekunden bis 1 Bar erreicht sind. weitere 20 Sekunden bis zur 2 Bar Marke. bis er die 4 Bar erreicht hat, braucht es allerdings weitere 100 Sekunden. Gesprüht wird meist zwischen 1,6 bis 2 Bar, wir brauchen also mehr Druck als 2 Bar um einen konstanten Luftstrom aufrecht erhalten zu können. Dummerweise wird es genau ab dieser magischen Grenze sehr schwer für den asiatischen kleinen Kumpel. Die Förderleistung beträgt zwischen 2 und 4 Bar damit durchschnittlich nur 2,4 Liter pro Minute. Holy Moly!!! Das ist verflucht wenig. Bis 1 Bar lieferte er zumindest 12l/min, und das bei einem vom Verkäufer angegebenen Normvolumen von 23l/min. Normvolumen, das ist die Ansaugleistung. Aber das was am Ende im Tank landet, ist zwischen 2 und 4 Bar echt ziemlich mau.
Es kann sein das der gebrauchte AF186 nicht mehr die volle Leistung hat, evtl verschlissene Dichtungen oder Dreck im Getriebe, was weiss ich. Aber hier werden gebrauchte Kompressoren verglichen. Aus diesem Grund habe ich einen kleineren Tank gewählt, der 3 Liter Tank wäre meiner Meinung nach einfach zu groß für den (gebrauchten) schwachen Verdichter gewesen.
Nun ist der ölgeschmierte Kompressor an der Reihe. Sein Verdichter war vorher etwa 12 Jahre in einem Kühlschrank im Betrieb, und zwar das ganze Jahr über im Dauereinsatz.
Auch er läuft sofort an, glaube ich zumindest, denn er ist so leise das das Messen und hören in 1 Meter Entfernung wirklich schwer ist. Er summt extrem leise vor sich hin, ab und zu hört man einen Tropfen Öl im Inneren des Verdichters zurück ins Ölbad fallen. Die gemessene Lautstärke liegt zwischen 12db und 17db (das sind die Öltropfen), im Durchschnitt also 15db, meine PC-Lüfter sind lauter, und die sind schon gegen 25db silent-Lüfter getauscht.
Die 1 Bar des großen 5 Liter Kessels sind in 32 Sekunden gefüllt, die 2 Bar werden 33 Sekunden später erreicht. Bis er weitere 2 Bar hineingepumpt hat, vergehen nur weitere 35 Sekunden. Er ist damit mit 2:10 Minuten genao so schnell wie der AF186, allerdings hat er die 2,5fache Menge Luft gefördert. Wo der Chinese jetzt allerdings die weiße Fahne schwenkt, pumpen ölgeschmierte Kompressoren bis 6 Bar weiter. Für diese letzten 2 Bar braucht der Öler wieder nur 65 Sekunden.
Und hier ist der wirkliche Mehrwert von ölgeschmierten Kompressoren, nämlich die Fördermenge. Die ist, egal bei welchem Druck, nämlich immer gleich, in diesem Fall liegt sie bei realen 9,2l/min, dafür aber die ganze Zeit. Die längere Haltbarkeit und der höhere Verkaufspreis kommen noch dazu. Der Einschaltdruck liegt hier 4 Bar, der Ausschaltdruck bei 6 Bar.
Zwischenergebnisse:
Ich muss zugeben das mir der kleine AF186 vom Aussehen her wirklich gefällt, er ist klein, leicht und knuffig. Trotzdem kann ich ihn nicht empfehlen. Wieso? Weil es einige K.O.-Kriterien gibt wo er ganz glatt auf ganzer Linie versagt hat:
1. Nach nur 3maligem Befüllen des Tanks nacheinander war der Verdichter schon etwa 35 Grad warm. Diese ölfreien Kompressoren erzeugen massiv Wärme und damit warme Luft. Warme Luft speichert mehr Feuchtigkeit, diese kondensiert im Tank und lässt ihn früher oder später durchrosten, oder sie landet als flüssiges Kondensat durch die Pistole auf dem Werkstück. Am Ende dieses Tests hat er innerhalb von einer Stunde etwa 10 mal bis 4 Bar gepumpt, und ich habe mich leicht am Gehäuse verbrannt. Keine Blase, aber es hat deutlich weh getan, zudem war ein leicht verschmorter Geruch wahrnehmbar.
2. Man kann sprühen, aber sobald die 2 Bar unterschritten sind gehts nur mit gedrosselter Druckleistung weiter. Und zwar solange, bis wieder auf 4 Bar hochgepumpt wurde, was etwa 1,5 Minuten dauert. Solange ist zwangspause. Mit einer Finetune Excalibur (entspricht der luftsparsamen Iwata Bauweise) und einer 0,35mm Düse kann ich etwa 20 Sekunden durchsprühen, bis der Druck abfällt. Eingestellt waren 1,8 Bar.
3. Das Ding ist laut. Natürlich nicht verglichen mit einem Baumarktkompressor, aber es wurde tatsächlich bei mir nachgefragt was ich da tun würde. Ist das Ding so laut das es andere stört? Jain. Die reinen 45db gehen in Ordnung, auch Nachts. Aber das Ding "WUMMERT" wie ein kleiner Subwoofer. Tür zu und man "hört" das Geräusch nicht mehr direkt, aber man nimmt den Bass wahr. Und nicht nur man selbst, auch der Lebenspartner und der Nachbar. Trotz Gummifüße kann man den Bass des Kompressors auch mehrere Zimmer weiter deutlich wahrnehmen.
4. Ich denke die Kolbenringe sind verschlissen. Die reale Förderleistung jenseits der 2 Bar sind unter aller Sau. Sobald die 4 Bar erreicht sind höre ich es deutlich aus dem Inneren des Verdichters zischen, der Druck fällt rapide ab. Die Verbingen sinds nicht, die wurden alle überprüft. Vermutlich ist das auch der Grund für die wirklich miese reale Förderleistung.
Der ölgeschmierte zeigt auch nach Jahren keine nennenswerten Abnutzumgserscheinungen. Mit dem Gewicht von 12 Kilo könnten Kinder alerdings überfordert sein. Er braucht alle paar Jahre einen Ölwechsel und sollte im Auto nicht umkippen, sonst kann es zum Auslaufen kommen. Auch die Tatsache das er doppelt so breit ist wie sein chinesischer Konkurent kann in kleinen Wohnungen mit wenig Verstaumöglichkeiten ein Problem darstellen, vorallem bei 12 Kilo Gewicht. Leistungstechnisch hat er allerdings die Nase deutlich vorn. Auch nach dem Test ist der Verdichter nur lauwarm, nach einigen Stunden Dauernutzung war er bei etwa 45 Grad, wärmer wurde er nie. Das ist natürlich gut für die geförderte Luft, die verschleppt nämlich keines bis sehr wenig Wasser ins System.
Fazit:
Der günstige AF186 tut was er verspricht, zumindest teilweise. Er pumpt Luft, bis zu den versprochenen 4 Bar, man kann damit sprühen. Würde ich damit sprühen wollen? Definitiv nicht. Zumindest nach einiger Gebrauchszeit ist dieser Testkompressor in der Praxis nicht mehr ordentlich nutzbar. 30 Sekunden Sprühzeit (bei nem 3l Tank) sind so ziemlich das Minimum, da kommt bei mir schon leichter Zeistress beim Sprühen auf. Und das man sich daran verbrennen kann geht gar nicht. Falls fabrikneue Kompressoren besser funktionieren, mag das in Ordnung gehen, aber dieses Exemplar ist reif für den Elektroschrott, leider. Die 1,0mm Düse die angeblich verwendbar sein sollen sind eher ein bösartiger Scherz. In diesem Düsendurchmesser bewegen wir uns in einem Luftverbrauchsbereich von 80l/min. und aufwärts. Selbst die 6l Puffer sind nach 4 Sekunden verbraucht. Auch fabrikneu sind solche Düsendurchmesser nicht machbar für dieses Modell. 0,4mm Düsen sind evtl. gerade noch meisterbar, aber mit 0,2mm ist man besser beraten.
Wenn man sich einen ölgeschmierten Kompressor leisten kann und den Platz führ ihn hat, sollte man so einen kaufen. Auf lange Sicht gesehen ist er wertstabiler, hat die bessere Leistung und ist wirklich flüsterleise. Die Möglichkeit größere Tanks zu benutzen ist nett, auch wenn ein kleinerer meist reicht. Der hohe Preis reisst ein tiefes Loch ins Portmonnaie, so das es sich lohnt nach Gebrauchten Ausschau zu halten. Durch die 2 Bar mehr verdoppelt sich die nutzbare Pufferluft im Kessel, unabhängig von dessen Größe. Gerade bei größeren Düsendurchmesser ist dies von enormer Wichtigkeit. Nehmen wir wieder die 1,0mm Düse mit 80l/min Luftverbrauch heran, reichen die 20 Liter Puffer bis zur 2 Bar Grenze zumindest für volle 15 Sekunden Dauersprühen. Bei gängigeren Düsengrößen bewegen wir uns dafür im Bereich mehrerer Minuten.