40k Das Schwinden Band I bis III vollendet

Schönes update, ich hoffe es geht bald weiter

Jetzt gehts los! :lol:

1. im letzten Teil ist irgendwie eine Stelle fett geworden? Absicht?

Nö, irgend ein Formatierungsfehler, hab es korrigiert.

2. finde ich ehrlich gesagt die Stelle mit der Aufzeichnungseinheit im "Gerichtssaal" unglaubwürdig. Gerade die wichtigste Stelle soll Gabriel nicht richtig gelöscht haben? Es ist natürlich eine schöne Erläuterung dazu, was tatsächlich geschehen ist, aber trotzdem nicht ganz überzeugend.

Tja, war das eine Wahrnung? Eine Botschaft? Ein Statemant? Wir werden sehen. :lol:

Ich glaube das sie es absichtlich nicht gelöscht hat.
Vielleicht damit der inquisitor sehen kann das sie nicht wirklich bösartig ist und wenn es geht leben verschohnt....die einen schickt sie weg der andere erleidet nen infarkt....obwohl das auch kein feiner tot ist.....glaube aber besser als langsam von innen nach aussen zerrissen zu werden.

Yup, gut erkannt.

Ach ja wann kommt der nächste teil?

Updates in Zukunft immer Dienstags und Freitags.

Schöner neuer Teil. Inquisitor Tabelmann ist wirklich ein interessanter Charackter.

Und ich halt mich mit der Korrektur ran. Morgen schick ich's Nakago.

Vielen Dank für die Korrektur, kam ja genau richtig. Wie wäre es in Zukunft mit einer Aufteilung von Halbe Halbe? Also SHOKer das Dienstagsupdate und du das Freitagsupdate? Wäre das für meine beiden Korrekturleser in Ordnung? So wäre die Arbeit gleichmäßig verteilt.

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Nachdem Zebulon den Priester wieder hinaus geschafft hatte, ging Herad in sein Gemach, Zimmer konnte man diesen Raum nicht mehr nennen. Alles was teuer und erlesen war, hatte man hinein gepackt. Sein kleiner rollbarer Container und sein persönliches Gepäck sahen dagegen richtig schäbig und deplatziert aus. Er öffnete die unterste Schublade seines Containers und entnahm eine stark ramponierte Munitionskiste aus Plaststahl für einhundert Lasergewehrmagazine. Die Kiste hatte er von seinem Vater zu seinem siebten Geburtstag bekommen und es war für ihn damals das schönste auf der ganzen Welt gewesen, eine richtige Munitionskiste der Imperialen Armee. Der Aquila war auf dem Deckel geprägt. Im Innern lagen ihm seine liebsten Erinnerungsstücke. Als erstes nahm er ein silbernes Medaillon heraus. Es hatte zwei Deckel, öffnete man den oberen, sah man ein gemaltes ovales Miniaturbild einer jungen Frau auf der linken und das eines kleinen Mädchens im weißen Kleidchen mit Schleifen und Rüschen auf der rechten Seite. Öffnete man die Rückseite, sah man einen Mann in Offiziersuniform und einen kleinen Jungen. Auf dem obersten Deckel war eingraviert, "Zum Neunten Hochzeitstag, Alles Liebe!" Auf dem unteren Deckel war der Aquila abgebildet, ein kleiner Diamant bildete das Auge des linken Adlerkopfes.

Der nächste Gegenstand war ein durchsichtiger Zylinder aus Kunststoff mit einem messingfarbenen Verschluss. Im Innern befand sich eine Sammlung von Metallsplittern, halb zerdrückten Projektilen und einem leibhaftigen Boltergschoss im Kaliber 20mm mit Diamantspitze. All dies hatte man im Laufe seiner wechselhaften Karriere als Offiziersanwärter, Akolyth, Explikator, Interrogator und schließlich Inquisitor des Ordo Hereticus aus seinem Körper entfernt. Das Boltergeschoss hatte sein Schutzfeld und seine Panzerung glatt durchschlagen, war aber in seiner Schulter nicht explodiert. Dieser Behälter erinnerte ihn daran, dass seine Arbeit gefährlich war und er immer auf der Hut zu sein hatte, denn der Feind lauerte überall. Und dass der Imperator offensichtlich noch etwas Großes von ihm erwartete, sonst würde er ihn nicht so gut beschützen.

Er klappte eine kleine Schatulle aus Edelholz auf, darin lagen säuberlich aufgereiht das Macharius Kreuz, das seinem Vater Posthum verliehen und bei dessen Beerdigung ihm von Generalfeldmarschall von Sandermann vor laufender Kamera überreicht worden war. Dann das Honorifica Imperalis, welches Herad für seine Teilnahme an der Schlacht um Höhe 495 bekommen hatte. Und als letztes lag da das Scharlachrote Ehrenmedaillon, ebenfalls eine Auszeichnung die mit den Ereignissen jenes Tages zusammen hing, die sich heute zum einhundertsechsundachtzigsten Mal jährte. Er arrangierte die Medaillen und das Glas mit den Überresten der Projektile, setzte eine Kerze in die Mitte und zündete sie an. Dann schlug er ein Büchlein auf, welches bei Mädchen als Tagebuch beliebt war. Er hatte es von seiner Mutter zu Imperator Himmelfahrt geschenkt bekommen, der letzten gemeinsamen und er war ziemlich sauer deswegen gewesen, weil er mit so einem Buch damals nichts anzufangen wusste. Tagebuch hatte er nie geführt, dafür war das Buch nun voller Namen und Daten. Jeder Name stand für einen Menschen, der unter seinem Kommando gefallen war.

Der erste Name war Janina Tabelmann. Er brauchte nur eine Seite umzublättern, um den Eintrag zu finden, den er suchte. Der 19. Juni oder besser gesagt 577 812 M41 war der Tag mit dem längsten Eintrag. 49 Namen standen dort. An oberster Stelle stand sein damaliger bester Freund, Lars "Stecher" Kopinsiki, Sechzehn Jahre alt, wie jeder der an diesem Tag unter seinem Kommando gestorben war. So jung wie er auch damals gewesen war. Laut und deutlich las er jeden Namen auf der Liste vor. Alle Neunundvierzig Märtyrer, oder eher Kanonenfutter, sinnlos verheizt in einem Krieg, der von rückgratlosen Idioten streng nach Vorschrift geführt worden war. Zu jedem Namen versuchte er sich dessen Gesicht in Erinnerung zu rufen. Er hatte einst an ihren Gräbern geschworen, sich bis an sein Lebensende an sie und diesen Tag zu erinnern und deswegen hielt er jedes Jahr diese Zeremonie ab, wider dem Vergessen.

Schließlich sang er das Lied vom guten Kameraden, dass sie während der langen Ausbildungsmärsche in der Grundausbildung immer gesungen hatten, eine dunkle Verheißung der Zukunft. Er blätterte im Buch weiter, viele Namen standen dort und bald würde das Buch voll sein. Mit einem Seufzer schloss er es und strich über den blauen, ledernen Einband, auf dem sein Name geprägt war und legte es zurück zu den anderen Gegenständen, die sein Leben repräsentierten. Manches war kaum mehr als Müll, nur für ihn von Bedeutung, da jeder Gegenstand ein Abschnitt seines Lebens darstellte. Seine Siege und Erfolge, aber auch seine Niederlagen und Fehlschläge. Als letztes war die Urkunde, welche den Excommunicate Hereticus über Gavri Pilgerstochter ausgelöst hatte, dazu gekommen. Ein kleiner halb zerschmolzener Anhänger einer Slaaneshikone symbolisierte seinen letzten Erfolg über einen Slaaneshkult auf Delcita II. Er hatte viele solcher kleinen Anhänger in einer Lho-Stäbchen Vorratskiste, jeder Stand für die Vernichtung einer Zelle, Sekte oder eines Ordens des Chaos.

"Irgendwie traurig, mein Leben passt in eine Munitionskiste." Herad verstaute die Sachen wieder sorgfältig, ebenso die Kiste. Dann zog er sich um, zivile Kleidung. Mit bequemen Schnürschuhen, schwarzer Hose aus strapazierfähigem Stoff und mit einer Fliegerjacke bekleidet, verlies er sein Zimmer. Es überraschte ihn nicht wirklich, dass Zebulon und Tekoa in Zivil ihm schon im großen, zentralen Wohnzimmer der weitläufigen Zimmerflucht erwarteten. Shiloh war auch da und verdrehte die Augen. "Mal wieder euer alljährlicher Männerabend?"

"Alle Jahre wieder, immer die gleiche Prozedur", erwiderte Herad inzwischen wieder etwas besser gelaunt.
"Dann viel Spaß und denkt daran, die haben hier ein funktionierendes Justizsystem. Erspart mir bitte die Peinlichkeit, mit der Inquistionssäule mal wieder herum wedeln zu müssen, um euch aus dem Gefängnis zu holen." Shiloh schlug dabei den Tonfall an, den seine Mutter immer an sich hatte, wenn sie ihn ermahnte, keinen Unsinn anzustellen. Und fürwahr, als Junge hatte er für legendäre Missionen, sein Begriff für "Unsinn", immer Zeit gehabt.
"Tu nicht so, als ob das schon öfter als einmal passiert wäre."
"Zweimal! Das habe ich schon zweimal machen müssen. Und es war jedes Mal verdammt peinlich gewesen!"
"Keine Angst, wir sind nicht auf Ärger aus", flunkerte Tekoa und zwinkerte mit seinen Bionics ihm so zu, dass Shiloh es nicht sehen konnte.
"Hm!" gab Zebulon seinen weitschweifigen Kommentar dazu ab.
"Morgen um 10 Uhr werden wir einen Vorstoß in die Katakomben vornehmen, ich erwarte von allen volle Einsatzbereitschaft."
"Mich brauchst du dabei nicht anzusehen!" meinte Shiloh frech, die in einem großen bunten Wälzer blätterte. Gemeinsam verließen sie ihren Wohnbereich, tiefe Teppiche dämpften ihre Schritte. Überlebensgroße Portraits wichtiger geistiger Würdenträger vergangener Epochen schmückten die Wände, die von Stuck überladen waren.

Mit einem mechanischen Fahrstuhl, der eine Kabine aus vergoldetem Stahl hatte, fuhren sie ins Hauptgeschoss der Kathedrale. Selbst jetzt nach Sonnenuntergang drängten sich noch Gläubige an den Steinen vorbei und versuchten sie zu küssen. Tabelmann, der es gewohnt war, dass die Leute ihm bereitwillig Platz machten, niemand stand freiwillig einem offensichtlichen Hexenjäger im Weg, musste sich nun durch den Haufen stinkender Pilger kämpfen. Er hasste dieses frömmlerische Pack. Verschwendeten ihr Leben damit, von Planet zu Planet zu gondeln, um schließlich auf Terra zu verrecken. Wenn es nach ihm ginge, hätte man schon längst dieser Ressourcenverschwendung Einhalt geboten. Aber er war ja nur ein kleiner Inquisitor und Pilgerreisen wurden eher gefördert als unterbunden.

Endlich traten sie durch ein Seitenportal ins Freie. Es war sommerlich heiß und er schwitzte in seiner Fliegerjacke. Diese war ein Geschenk vom 3. Tallaner Jagdfalken Geschwader, welches er auf verbotene Abweichungen im Glauben des Adeptus Ministorum hatte untersuchen müssen. Schon bald war im klar gewesen, dass es tatsächlich innerhalb des Geschwaders zu verbotenen Abweichungen gekommen war, aber sie von einem anderen Geschwader angeschwärzt worden waren, die den Jagdfalken ihre Erfolge in der jetzigen Kampagne missgönnten. Da Herad jemand war, der erfolgreiche Einheiten im Dienste des Imperators über alles schätzte, hatte er ein ernstes Gespräch mit dem Offizierschor der Jagdfalken geführt und die Abweichungen durch einen Vertreter des Ministorum schließlich genehmigen lassen, auch wenn er mit seinem Wunsch danach zuerst auf taube Ohren gestoßen war. Erst als er anfing, in der örtlichen Diözese nach Aktivitäten des Tempels des Imperialen Heilands zu suchen, war der Kardinal auf einmal sehr verständnisvoll und die Aufnahme der Abweichung in das Archiv konnte gar nicht schnell genug vonstatten gehen. Verschiedenartigkeiten im Glauben waren Imperiumsweit gang und gäbe, man musste halt darauf achten, dass diese genehmigt waren. Bürokratischer Schwachsinn in seinen Augen, aber er war nun mal ein Teil des Systems. Aus Dankbarkeit hatten sein Gefolge und er diese schicken Fliegerjacken vom Oberst des Geschwaders geschenkt bekommen, die echt war her machten, mit ihrem schwarzen Wirbelhornleder und den coolen Badges an den Ärmeln.

"Ich habe mich erkundigt, in diesem Viertel, im Schatten der Kathedrale, kann man genau das finden, was wir suchen, Wein, Weib und handfeste Schlägereien", erzählte Tekoa und rieb sich über seine verhornten Fingerknöchel.
"Hört sich verdammt gut an", auch Herad lies seine Fingerknöchel knacken.
"Hm!" kommentierte tiefschürfend Zebulon und schlug mit der rechten Faust in die linke Handfläche. Wer immer ihm heute dumm kommen würde, die nächsten Wochen würde derjenige im Krankenbett darüber nachdenken können wie klug es war, sich mit Herad und seinen Jungs anzulegen.

Schon bald verschluckten sie enge Gassen, die von stinkenden Abfall voll gestellt waren. Müllabfuhr schienen sie hier keine zu haben. Hier und da war eine traurige Gestalt zu sehen, welche den Müll nach Verwertbarem durchsuchte. Kleine Pilgergrüppchen huschten verschämt herum, da würde bald jemand was zu beichten haben. Schließlich entschieden sie sich für eine Kneipe mit dem Namen "Zur blutigen Gabel", das hatte etwas herzerfrischendes. Der Innenraum war schäbig, die Tische bestanden aus alten Kabeltrommeln, die Stühle waren ein wildes Sammelsurium unterschiedlichster Modelle und wahrscheinlich vom Schrottplatz zusammen geklaut. Die Luft war von dem ungesunden Dunst aus Lho-Stäbchen zum schneiden dick und es stank nach billigem Parfüm, ebensolch teuren Fusel und nach den lieblichen Ausdünstungen ungewaschener Pilger. Die meisten Kunden waren Pilger von den hier gelandeten Schiffen, die gerade einen über den Durst tranken. Monatelang mit frömmelnden Fanatikern durch den Weltraum zu gondeln musste sicherlich anstrengend sein. Alles ist Gift, nur die Dosierung machte es erträglich, hatte seine Mutter einst immer gesagt, auch wenn sie sich dabei auf Süßigkeiten bezog. Einige leicht bekleidete Damen sorgten für die notwendige Unterhaltung. Aus einem alten Musikabspielgerät, wahrscheinlich auch vom Schrottplatz gestohlen, quakte eine Sängerin ein sicherlich schönes Lied, was aber nur äußerst verzerrt durch die ramponierten Boxen wiedergegeben wurde. Jemand hatte wohl ein Messer in einer der Boxen versenkt, was deren Maschinengeist deutlich hörbar verärgert hatte, obwohl die Box vom heiligen Öl glänzte, was den Geist gnädig stimmen sollte. Offensichtlich ohne Erfolg, da war wohl eine längere Zeremonie der Reparatur notwendig als etwas Öl.

Sie setzten sich an einen der freien Tische und sofort kam eine dralle Bedienung an, deren Korsett so eng geschnürt war, dass ihre Brüste sich bei jedem Schritt anschickten, aus dem Mieder zu hüpfen. Er bestellte eine Flasche des besten Amasec des Hauses, bezahlte bar im voraus und legte gleich noch ein großes Trinkgeld obenauf. Innerhalb weniger Sekunden hatten sich die hübschesten Animierdamen zu ihm an den Tisch gesetzt. Zu Animieren gab es heute bei ihm nichts, er war hier, um sich volllaufen zu lassen. Großzügig bestellte er den Damen das was sie haben wollten und brachte sie dann dazu, alles auf den Boden zu schütten. "Rekrutenzug, Charlie Kompanie, 2. Bataillon, 77. PVS." brüllte er dabei. Dies war ein alter Brauch, für die gefallenen Kameraden, die so mit hochprozentigem auch noch nach dem Tod versorgt wurden.

"Hm?" Zebulon zog aus seiner Tasche ein Blatt Karten und sah ihn fragend an.
"Immer doch", meinte Herad und sie spielten eine Partie Imparis, ein Spiel, das 78 Karten hatte und sehr entfernt etwas mit dem Tarot des Imperators zu tun hatte, was die Motivauswahl anbelangte. Bei Imparis kam es stark darauf an, wie man sein Gegenüber einschätzen konnte, ob er bluffte oder wirklich ein gutes Blatt auf der Hand hatte. Da Explikator Zebulon die Mimik eines Steines hatte und immer genau gleich da saß, egal ob er nur Nieten oder Imperator, Senator, Inquisitor, Space Marine und Admiral auf der Hand hatte, war es kein Wunder, dass sich bald die Credits bei Zebulon stapelten und er spendabel mehrere Runden ausgab.

"Hm!" kommentierte Zebulon seine Glückssträhne oder besser gesagt, dass Unvermögen der anderen, ihn zu durchschauen. Genau das machte ihn zum besten Explikator, der je in Herads Dienst gestanden hatte. Folter war ein zweischneidiges Schwert. Delinquenten neigten ab einem gewissen Überschreiten der Schmerztoleranz dazu, dem Folterer nach dem Mund zu reden, zu erraten, was die wissen wollten; nur um den Schmerz zu entgehen erfanden sie dann oft alles Mögliche, weil sie einfach sonst nichts mehr wussten. Aber da Zebulon sich nie in die Karten schauen lies, wusste der Mann bald, wann ein Sünder nichts mehr Wissenswertes beitragen konnte. So etwas sparte viel Zeit, da er keiner erfundenen Spur nachjagen musste, wie viele seiner Kollegen.

Für kurze Zeit verschwand zuerst Tekoa mit zwei der kichernden Damen in eines der Separetes, dann lies er sich von einer niedlichen Blonden zu einem Necromunda für dreißig Credits überreden. Die Dame verstand ihr Handwerk und war sich dabei nicht zu fein, auf die Knie zu gehen. Nachdem das erledigt war, orderte er eine weitere Flasche Amasec. Zebulon zierte sich erst, verschwand dann schließlich doch mit einer wirklich süßen Maus hinter dem Vorhang. Draußen war durch die Musik Donnergrollen zu hören und ein starker Regen setzte ein. Gerade als es begann, langweilig zu werden, wurde die Türe aufgestoßen und eine ordentliche Anzahl Zeloten quoll in den Raum. Manchmal kamen diese Spinner wie bestellt. Sein Explikator war zwar noch beschäftigt, aber mit diesen Fanatikern wurde er mit Tekoas Rückendeckung auch so fertig, zwei gegen elf war ein gutes Verhältnis.

Die stürzten sich auf vier Pilger, die wo wohl zu deren Schiff gehörten. Tja, für diese Leute war selbst ein Bier in Ruhe zu trinken eine tödliche Sünde. Er tauschte mit Tekoa einen Blick und die Bionics surrten zustimmend. Ein Lächeln umspielte Herads Lippen, als er mit Schwung aufstand und den Stuhl umwarf. Für einen kurzen Moment drehte sich alles und zeigte ihm, dass er schon mehr hinter die Binde gekippt hatte, als ihm wirklich gut tat. Alles ist Gift, nur die Dosierung macht es erträglich. Hart schlug der von ihm umgeworfene Stuhl auf den Boden und erlangte so die Aufmerksamkeit der Zeloten.

"He, ihr selbstgerechten Frömmler! Habt ihr nichtsnutziges Pack nichts besseres zu tun als aufrechte Männer während ihres Feierabendumtrunkes zu stören?" fragte er mit der notwendigen Aggressivität in der Stimme.
"Mischt euch nicht in unsere Angelegenheiten. Wir wollen nur unsere Leute aus diesem Sündenpfuhl holen. Was ihr treibt, ist euer Problem!" erwiderte der Anführer in gestochen scharfem Niedergotisch, ein schon grauhaariger Mann, der sich für einen religiösen Spinner recht manierlich verhielt. Aber Herad war auf Streit aus. Ein Teil des alljährlichen Rituals. Blut musste vergossen werden, um seinen Zorn zu besänftigen.

"Wie wäre es, wenn ihr alle je ein Brett nehmt und es so lange auf euren Kopf schlagt, bis es zerbricht?" Der alte Mann seufzte und gab seinen schon ungeduldig wartenden Gefolgsleuten einen kleinen Wink. Sofort stürzten sich drei der weißgewandeten Zeloten auf ihn, ihre Stöcke zum Schlag erhoben. Herad lief mit aller Wucht in den ersten hinein, bevor der überhaupt begriff, wie ihm geschah. Er rannte den Kerl buchstäblich über den Haufen. Der nächste Zelot schlug nach ihm, Herad wich aus, unterlief den Mann und rammte ihn seine Faust in den Unterleib. Eines musste man den Spinnern lassen, körperlich waren sie auf der Höhe, denn er hatte das Gefühl, gegen einen Steinwand geschlagen zu haben. Trotzdem zeigte der Treffer deutliche Wirkung und der Zelot wurde von den Beinen gerissen. Als Inquisitor hatte er die beste Ausbildung erhalten, welche das Imperium zu bieten hatte. In manchen Segmenten mochten Astartes und Assassinen überlegen sein, aber ein Inquisitor konnte ein weit höheres Spektrum an Fähigkeiten und Wissen abdecken, als es sonst ein Mensch im Imperium konnte. Eine leibhaftige Calidus Assassine hatte ihn einst in die tieferen Mysterien des waffenlosen Kämpfens und Tötens eingeweiht. Und später hatte diese außergewöhnliche Frau ihn in noch ganz andere Mysterien eingeweiht.

Obwohl er mehr als nur leicht angeheitert war, wich er behände auch der nächsten Attacke aus und zertrümmerte dem Angreifer mit einer geraden Rechten die Nase. Er dosierte den Schlag so, dass die Nase brach, aber nicht in sein Gehirn gedrückt wurde. Töten wollte er diese Typen nicht, sondern sich nur abreagieren. Diese Art von Menschen waren für ihn das Sinnbild all dessen, was seiner Meinung im Imperium falsch lief. Es änderte nichts, wenn er ein paar von ihnen zusammenschlug, aber es tat unglaublich gut. Der zu Boden gegangene versuchte sich aufzurappeln, machte aber Bekanntschaft mit seinem Stiefel. Dieser schickte den Zeloten ins Reich der finsteren Albträume. Nun versuchte derjenige, den er in den Bauch geschlagen hatte, wieder zu attackieren. Unbeholfen schlug dieser zu, nur um von Herad am Handgelenk gepackt zu werden und mit dessen eigenen Schwung holte er ihn von den Beinen und schleuderte ihn in die Gruppe der gaffenden Zeloten und warf immerhin einen davon um.

Jetzt gab es für die kein Halten mehr und auch Tekoa stürzte sich mit einem Kampfschrei in die Prügelei. Sein Explikator hatte inzwischen auch mitbekommen, dass die lang ersehnte Schlägerei endlich vom Zaun gebrochen war und stürmte nur mit Hose bekleidet ins Handgemenge. Der Hüne teilte mit wuchtigen Hieben aus und wo er hinlangte, wuchs kein Gras mehr. So langsam begann die Sache Spaß zu machen. Mitten ins dichteste Getümmel stürzte Herad und schlug wild um sich. Bald war alles vergessen, was man ihm beigebracht hatte und nur noch seine dunkelsten Instinkte übernahmen seinen Körper. Ab und zu musste er die Bestie in sich einfach heraus lassen und da kamen Zeloten als Sandsackersatz wie gerufen.

Schließlich kam er wieder zu Sinnen, als Tekoa auf ihn einredete und Zebulon ihn von einem Zeloten wegzerrte, dessen Gesicht gerade mit einer Dampframme Bekanntschaft geschlossen haben musste, so zertrümmert war es. Der arme Kerl würgte gerade seine Zähne aus seinem blutigen Mund. Er selbst hatte Probleme, klar zu sehen, Blut floss in sein natürliches Auge und er musste stark blinzeln.

"Lass es gut sein, Herad, sie sind besiegt", Tekoa redete immer noch auf ihn ein und jetzt begannen seine Worte auch Sinn zu bekommen. "Wir sollten von hier verschwinden, bevor Ordnungskräfte der Kathedrale hier auftauchen."
"Hm!" bekräftige Zebulon die Ansicht des ehemaligen Leutnants von Krieg.
"Ist ja gut, ich bin wieder da, lasst mich verdammt noch mal los!" brüllte Herad und seine Scherge gab ihn frei. So wie es aussah, hatte er eine Wunde über dem richtigen Auge, nichts schlimmes, aber es blutete eben ins Auge. Zebulon zog sich noch schnell fertig an, dann verschwanden sie in das Labyrinth der Gassen, in welche der Regen prasselte. Hinter sich konnten sie die schrillen Pfeifen der Ordnungskräfte des Adeptus Ministorum hören.

Nach kurzer Zeit musste Herad stehen bleiben und sich übergeben. Er war halt nicht mehr der Jüngste mit knapp zweihundertundzwei Jahren. Die Verjüngungskuren hielten ihn zwar Fit, aber manchmal spürte er einfach, dass er nicht mehr jung genug für solche Eskapaden war. Alles drehte sich und er musste sich schier an der porösen Wand festkrallen, um nicht umzukippen. Sein Atem ging Stoßweise. Es war lange her, dass er so die Kontrolle über sich verloren hatte. Aber manchmal musste er den Dämonen der Vergangenheit einfach freien Lauf lassen. Er legte seinen Kopf in den Nacken und blickte nach oben, Regen prasselte auf sein Gesicht und erfrischte ihn ein wenig; wusch das Blut von seinem Antlitz. Schließlich beruhigte sich sein Atem, sein Herzschlag normalisierte sich und auch sein Gleichgewichtssinn kam zurück. Tekoa musterte ihn Sorgenvoll, verkniff sich aber jeden blöden Kommentar oder jede überflüssige Frage. Sein anderer Scherge stand angespannt mit leicht schräg gestellten Kopf und schien angestrengt in die Dunkelheit der Gasse zu starren.

"Wir können weiter", meinte schließlich der Inquisitor und straffte sich. Seine Knöchel waren blutig und aufgeplatzt. Hoffentlich hatte diese Zelotenratte keine ansteckenden Krankheiten im Blut. Die Verletzungen mussten behandelt werden. Der blonde Hüne hatte eine leicht geschwollene Wange, sonst sah er unverletzt aus. Tekoa hinkte leicht, war aber wohl auch sonst in Ordnung.

"Das hat gut getan."
"Mmmh!" Zebulons Ton war leicht missbilligend. Er sah aus wie begossener Pudel und der Regen war ihm sichtlich unangenehm.
"Alle Jahre wieder", brachte es sein anderer Scherge auf den Punkt.

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Gab ein kleines Problem mit der überarbeiteten Fassung, dass müsste jetzt die Überarbeitete sein.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ziemlich cool, ein Inquisitor mit Vergangenheitsbewältigung. Das nenn ich mal kreativ 😀
Schön auch, wie du hier subtil auf die Zweifel des Mannes hinweist. Daraus kann ja nochmal was werden.

Vielen Dank für die Korrektur, kam ja genau richtig. Wie wäre es in Zukunft mit einer Aufteilung von Halbe Halbe? Also SHOKer das Dienstagsupdate und du das Freitagsupdate? Wäre das für meine beiden Korrekturleser in Ordnung? So wäre die Arbeit gleichmäßig verteilt.

von mir aus können wir das machen, auch wenn ich Sarash bitten möchte, sich noch etwas mehr Mühe zu geben. Der Text strotzt vor zum Teil sehr auffälligen Fehlern (dass mit doppel-S, Kasusfehler, Groß-/Kleinschreibung ect.), die einfach nicht sein müssen.
 
Mir gefällt der neue Teil ebenfalls gut. Der Inquisitor ist wirklich ein toller Typ. Wobei ich irgendwie finde, dass der sich noch Gavri anschließen wird, bei all den Kommentaren über das Imperium und die Ekkleriarchie.

von mir aus können wir das machen, auch wenn ich Sarash bitten möchte, sich noch etwas mehr Mühe zu geben. Der Text strotzt vor zum Teil sehr auffälligen Fehlern (dass mit doppel-S, Kasusfehler, Groß-/Kleinschreibung ect.), die einfach nicht sein müssen.

Von mir aus können wir das so machen. Dann SHOKer Diensttags und ich Freitags.

@Fehler: ?? Ich habe nochmal drübergelesen und bin sicher, dass ich diese Fehler verbessert hatte? Ich habe dir (Nakago) nochmal die korrigierte Fassung zugesendet, falls da was schief gelaufen ist. Bist du sicher, dass du die korrigierte Fassung gepostet hast?
 
Danke für das liebe Feedback und SHOKer für die Korrektur. Hab einen gewissen Teil nochmal überarbeitet, so dass es halt doch Dienstag Abend wurde bis zum Update. Aber immer noch Just in Time. 🙂

Schauen wir mal, wie sich das mit dem Inquisitor noch entwickelt. :lol:

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Imperium
Segmentum Pacificus
Sektor Jyoti
System Ghersom
Planet Ghersom IV
Nördliche Hemisphäre
Kontinent Ephrat
Kathedralsstadt
Zeit: 1 577 996.M41
Person: Shiloh

Die Interrogatorin sah den drei Männern hinterher, wie sie den großen Wohnraum verließen und sie alleine zurückließen. Männer waren manchmal schon komisch, fand Shiloh und zuckte mit den Schultern. Der Bildband vor ihr handelte von den Kunstwerken der Kathedrale. Besonders die dynamischen Engelsstatuen der älteren Bauabschnitte hatten es ihr angetan. In vielen Kathedralen, Basiliken, Domen und Kirchen, die sie im Imperium bis jetzt aus beruflichen oder spirituellen Gründen aufgesucht hatte, waren Abbildungen von Engeln Gang und Gäbe. Bis jetzt hatte sie sich nie Gedanken darüber gemacht, aber inzwischen war sie der Überzeugung, dass diese Statuen einst einen tieferen Sinn gehabt haben mussten.

Als sie genug Bilder angesehen hatte, sah sich die Frau etwas missmutig im Raum um. Mattan war ebenfalls unterwegs, im Auftrag Herads, um etwas die örtliche Priesterschaft unter die Lupe zu nehmen. Havilah lümmelte wahrscheinlich in ihrem Gemach herum und wartete ihren Eviscreator, was ihre einzige Freizeitbeschäftigung zu sein schien. Wahrscheinlich hatte der Maschinengeist des zweihändigen Kettenschwertes den gleichen geistigen Horizont wie seine Besitzerin. Da die Zelotin keine Zunge mehr hatte, war sie auch nicht gerade eine tolle Gesprächspartnerin. Anfangs hatte Shiloh den Verdacht gehabt, dass Herad die dämliche Schlampe nur wegen ihrem Vorbau dabehalten hatte und war entsprechend angesäuert gewesen. Aber da der Chef keine Annäherungsversuche unternommen hatte und das Tittenfräulein auch sonst links liegen ließ, hatte sie sich halbwegs wieder beruhigt. Blieb noch Syntyche übrig, welche in ihrem Zimmer in Meditation versunken saß und ihr Psionikerdings abzog. Da die Hexe ihr etwas unheimlich war, bot sie sich auch nicht gerade als Gesprächspartnerin an. Anfangs hatte sie die Kleine unterschätzt, aber seit Shiloh die Psionikerin auf Delcita II in Aktion gesehen hatte, war sie von deren Vernichtungspotential durchaus beeindruckt. Früher hatte sie sich immer beklagt, dass sie das einzige Mädel im Gefolge war, aber inzwischen sah sie ein, dass mehr nicht unbedingt besser war.

Da das Pflegen der Waffen nie Zeitverschwendung war, zog sie sich in ihr Gemach zurück, welches sogar Fenster mit Blick auf die Stadt hatte. Bunt leuchteten die Reklametafeln von den Commercias der Innenstadt herein. Hunderte von Gleitern flogen mit blinkenden Positionslichtern geschäftig hin und her. Eine Weile sah sie fasziniert zu, dann wandte sie sich ab. Auf dem Boden legte sie eine Filzdecke aus. Darauf drapierte sie ordentlich ihr Waffenpflegeset. Sie zog ihre Stiefel aus und setzte sich vor dem Tuch hin. Mit ihrem Chrono stoppte sie die Zeit, wie lange sie brauchte, um ihr Lasergewehr im Toth Schema zu zerlegen. Das zweiundfünfzigste Bauteil hatte sie nach fünfunddreißig Sekunden auf dem Filztuch ausgebreitet. Das war keine gute Zeit. Ein gut ausgebildeter Infanterist sollte das in dreißig Sekunden können.

Unzufrieden mit ihrer Leistung begann sie die Litanei der Wartung. Sorgfältig reinigte sie die Linsen des Fokussierers, ölte mit dreifach von einem hochrangigen Techpriester gesegnetem Maschinenöl die Regler für die Stärke des Strahls und des Feuermodus. Mit einem Pinsel entfernte sie alle Fussel vom Skope. Schließlich setzte sie die Waffe wieder zusammen. Ihr Chrono zeigte Zweiunddreißig Sekunden an. Etwas besser, aber immer noch nicht gut genug. Dann trug sie unter der Litanei der Versöhnung das heilige Öl auf die Waffe gleichmäßig auf und wickelte schließlich ein frisches Gebetsband um den Lauf. Mit der heiligen Formel: "Bona puella, ne relinqui me." beendete sie die Wartung. Das Gewehr sah nun wieder aus, als hätte es gerade die Werkstatt des Büchsenmacher verlassen.

Auf Toth wurden die Waffen alle von Hand gefertigt, auch wenn natürlich auf gewisse industriegefertigte Normalien zurückgegriffen wurde, die dann allerdings alle eine einzigartige Verzierung erhielten. Das Gewehr eines Kriegers war ein Teil seiner Seele, wie sein Schwert, seine Pistole und sein Krummdolch. Auf Toth glaubte man, dass nicht nur ein Maschinengeist in der Waffe ruhte, sondern auch ein kleiner Teil der Vorbesitzer der Waffe und auch etwas Essenz des Imperators selbst. So war ein Gewehr gleichzeitig auch ein Schrein und jeder Schuss ein Gebet, eine Manifestation des Willen des Imperators. Jeder imperiale Soldat von Toth trug so seine eigene Kirche jederzeit mit sich herum.

Silberne Ornamente bedeckten kunstvoll den schwarzen Schaft. In der Mitte des Kolbens war ein großer silberner Totenkopf, umrahmt von zwölf Zacken. Eine für die großen imperialen Organisationen, welche das Imperium am Leben hielten. Jeder Zacken zeigte demnach auch auf das entsprechende Symbol. Unter dem Lauf war ein leichter Granatwerfer befestigt. Gewehre im Tothschema hatten keine Bajonetthalterung. Für einen Krieger ihres Planeten war es etwas Widersinniges, mit dem Gewehr auf dem Feind einzustechen oder gar einzuschlagen. Dafür hatte man die einschneidigen Krummschwerter mit den breiten Parierstangen. Ein Gewehr sollte schießen und treffen. Und wenn man mit einem Gewehr auf Leute einprügelte, hatte man den Sinn eines Gewehres offenbar nicht verstanden.

Die Interrogatorin zog nun ihr Schwert, das einst ihrem Vater gehört hatte. Damals war es aber noch kein Energieschwert gewesen, die entsprechenden Elemente waren erst später angebracht worden. Sie zerlegte nun den Griffs und überprüfte die Ladeanzeige der Batterie, die nicht mehr ganz voll war. Mit der entsprechenden Formeln der Macht legte sie die Batterie in das Gerät ein, welches die Zelle mit der notwendigen Energie versorgte, um es aufzuladen. Obwohl sie jedes Bauteil ihrer Waffen benennen konnte, wusste sie nur von den allerwenigsten, wie sie funktionierten. Dieses Wissen war nur den Techpriestern vorbehalten und bei einigen Gesprächen mit ihnen, Herad hatte mehrmals im Laufe der Jahre welche in seinem Gefolge gehabt, hatte sie den Eindruck gewonnen, dass auch diese Experten nicht wirklich verstanden, was in einem Lasergewehr nun genau passierte, wenn man den Abzug drückte. Sie warfen zwar mit Fachbegriffen um sich, wussten zu allem die passende Litanei auswendig, aber irgendwie hatte Shiloh bald den Eindruck gewonnen, dass sie etwas auswendig Gelerntes aufsagten.

Das Chrono in einem großen Gehäuse in ihrem Zimmer schlug zur zehnten Stunde, Zeit für das letzte Gebet des Tages. Aus ihrem Rollcontainer holte sie ihren persönlichen Schrein heraus. Der Sockel bestand aus dem blutroten Marmor, der in der Nähe ihres Geburtsortes aus dem Fels geschlagen worden war. Das eigentliche Gehäuse bestand aus schwarzem Ebenholz, im Giebel war ein kieferloser menschlicher Schädel eingearbeitet. Oben auf dem Dach waren zwölf Kerzenhalter aus Messing angebracht. Das Gehäuse konnte man aufklappen und gab den Blick auf ein Altarbild frei, welches einen ganz in weiß gerüsteten Imperator zeigte, umgeben von einer wilder Schar Krieger, welche die Tracht ihres Stammes trugen. In Wirklichkeit hatten Krieger ihres Stammes nie an der Seite des Imperators gekämpft, da ihre Welt erst während der Feldzügen des Macharius nach einem zähen Kampf ins Imperium eingegliedert worden war. Auf dem Höhepunkt der Kämpfe kam es sogar zu einem Exterminatus, nur ihr Stamm war von dem legendären Held Al Rahem gerettet worden, mitsamt genetischer Proben der kargen Wüstenfaune ihrer Welt. Deswegen war der Exterminatus auch vergleichsweise mild ausgefallen, da es einfach nicht genug biologischen Material gab, um den normalerweise verheerenden Brand zu verursachen. Nach der Reinigung ihrer Welt waren ihre Vorfahren zurückgekehrt und hatten die Welt wieder neu besiedelt. Manche sagten, der Imperator auf dem Bild würde Al Rahem ziemlich ähnlich sehen. Auf eine Halterung oberhalb des Schreins legte sie ihr Gewehr, um den Schrein zu komplettieren.

Shiloh rollte ihren Gebetsteppich aus, wusch ihre Hände, Füße und Gesicht und kniete sich nieder. Dann sprach sie ihr Nachtgebet. Vollendet sprach sie alle Formeln, vollführte die notwendigen Gesten und fühlte sich schließlich dem Imperator nahe. Ihr Gebet klang nach zehn Minuten aus und sie sah die Blitze eines Gewitters vor ihrem Fenster aufblitzen, dicke Regentropfen klatschten kurz darauf gegen ihre Fensterscheiben. Sofort war sie wie elektrisiert und verließ ohne zögern die Zimmerfluch und lief direkt zur Landeplattform. Ein Sommergewitter prasselte auf sie ein, Wind zerrte an ihr und fuhr ihr durch ihre zu Zöpfchen gedrehten Haare. Eine livrierte Wache stand im Schutze einer relativ windgeschützten Nische am Rand der Landfläche und sah sie etwas irritiert an. Die Interrogatorin zeigte auf die Säule in ihrem Spiegelkragen. "Im Namen der heiligen Inquisition! Die Plattform ist für die nächste Stunde gesperrt! Ich will hier niemanden sehen. Alle Kameras sind zu deaktivieren. Sollte das nicht geschehen, werde ich persönlich dafür sorgen, dass du erfährst, was Schmerzen sind!", blaffte sie den verblüfften Wachposten an, der beinahe über seine eigenen Füße stolperte, als er ins Innere des Turms rannte. Mit einem triumphierenden Grinsen sah sie ihm kurz hinterher und bewegte sich dann durch starken Regen auf die Janina III zu, der Valkyre ihres Chefs. Über die Seitentür, welche sie mit er Litanei der Aktivierung öffnete, betrat sie das Innere des Gleiters. Sie zog sich so schnell aus, wie sie nur konnte. Dann trat sie hinaus in den Regen, stellte sich auf die Zehenspitzen, spreizte die Arme und beugte sich mit geschlossen Augen nach hinten. Der Regen prasselte auf sie ein. In dieser Höhe tobten starke Windböen über die Plattform und die Blitze zuckten teilweise scheinbar zum Greifen nah an ihr vorbei.

Aber das nahm Shiloh nicht wahr, nur den Regen auf ihrer nackten Haut. Innerhalb kürzester Zeit war sie klatschnass, dann begann sie sich zu drehen, immer schneller und schneller. Dabei stieß sie kurz abgehakte Laute der Freude aus, wie es bei ihrem Volk der Brauch war, wenn man jubelte. Schließlich wurde ihr schwindlig und sie stürzte zu Boden. Auf dem Rücken kam sie zum Liegen, streckte ihre Glieder von sich und öffnete die Augen. Shiloh sah die Gewitterwolken und lachte. Das hatte sie sehen wollen, Wasser das in Strömen vom Himmel fiel. Auf Toth hatte es nie geregnet. Wasser war ein wertvolles Gut, eine Ressource, um die durchaus Kriege geführt wurden. Als Kind hatte sie jeden Tag mindestens einen Eimer voll Wasser aus den Kavernen der Siedlung hochholen müssen. Auf dem Kopf hatte sie den Eimer immer balanciert, über genau eintausendsiebenhundertundacht Stufen. Die Höhlenwohnung ihrer Familie war ganz oben gewesen, direkt unter dem Himmel und die Kaverne war der tiefste Punkt der Siedlung. Dort war an eine Handpumpe ein Sklave gekettet gewesen, blind und entmannt. Den ganzen Tag hatte er mit seinen muskulösen Armen das Wasser aus der Erde gepumpt. Eimer für Eimer war damit gefüllt worden und musste von den Mädchen und Frauen nach oben geschafft werden. Und für jeden Eimer nach dem ersten musste bezahlt werden. Es war kein Wunder, dass die Familie, welche den Brunnen besaß, die reichste im Dorf war. Eine der Hauptfrauen des Besitzers, sprich des Scheiks des Stammes, Herr über die Quelle und Stadt, hatte am Eingang auf einem Podest, dass mit einem wertvollen Teppich und einem Berg weicher Kissen bedeckt war, gethront. Ein silberbeschlagenes Lasergewehr über die Schenkel gelegt, in der einen Hand hatte sie einen langen spitzen Stock gehalten, in der anderen hatte sie die Münzen in Empfang genommen und eine Truhe neben sich gelegt. Dieses Gewehr hatte ihr immer gefallen, ganz im Stil von Toth, ein langer Schaft aus Ebenholz, beschlagen mit Silberornamenten, ein Skope mit einem Goldmantel, ein langes krummes Magazin für hundertfünfzig Schuss. Mehr Kunstwerk als Waffe und doch waren durch diese Waffe schon viele Menschen gestorben. Wasserdiebe kamen nie weit durch den einzigen engen geraden Treppenaufgang nach oben und auf Toth kannte man für den Diebstahl von Wasser nur eine einzige Strafe, denn Wasser war das Leben selbst.

Schon früh hatten sie die spannenden Geschichten ihres Vaters fasziniert, der von Welten berichtet hatte, wo Wasser vom Himmel fiel. Es war für sie unvorstellbar gewesen und ihr ganzes Sein richtete sich darauf aus, dieses Wunder zu sehen. Und nun sah sie es und lachte. Ihre Hände streckte sie nach oben, die Handflächen zum Trichter gebildet und lies das herrliche Nass darin sammeln, bevor sie es sich ins Gesicht klatschte. Auf diesem Planet konnte man das sogar machen, ohne zu befürchten, davon Ausschlag zu bekommen.

"Wasser, das vom Himmel fällt!", rief sie in ihrem Dialekt aus. "Das will ich sehen! Die Galaxie! Häuser, so groß wie Gebirge! Wo es mehr Menschen gibt, als Sand in der Wüste. Wo Monster lauern, gefährlicher als ein tollwütiger Sanddrache. Das will ich sehen und noch viel mehr! Denn ich habe es mir verdient! Denn ich bin eine Kriegerin vom Haus der Schwerter!" Dann kroch langsam die Kälte in ihre Knochen und Shiloh wurde klar, dass sie keine sieben Jahre alt mehr war. Aber Regen auf der Haut zu spüren wurde für sie nie langweilig und es war immer wieder aufs Neue eine grandiose Erfahrung. Geschmeidig richtete sie sich auf und lief zurück zur Janina III. Mit der Hand streifte sie die Nässe von ihrer Haut und schüttelte sich, bis sie halbwegs wieder trocken war. Nachdem sie wenigstens ihre Unterwäsche wieder angezogen hatte, holte sich zwei Decken aus einem Fach, hockte sich auf die eine mit angezogenen Beinen in die offene Luke, kuschelte sich in die andere und starrte in den fallenden Regen. Wasser, das auf Wasser fiel, Pfützen bildete und in Strömen abfloss, nur um von Wasserspeiern wieder in die Tiefe entlassen zu werden, wo es als Wasserfall nach unten schwappte.

Sie dachte zurück an Ramlo-la-Filash, die Stadt am Rande des Sandmeeres, wo sie geboren worden war. Dort, wo es nie geregnet hatte. In ihrem Dialekt gab es das Wort "Regen" noch nicht einmal. Wo Wasser, das vom Himmel fiel, eine äußerst absurde Vorstellung war. Wo das Firmament immer gelb war, wo das Meer aus Sand sich bis in alle Ewigkeit zu ziehen schien, nur von einer Piste geschmolzenen Sandes unterbrochen, wo alle hundert Meter Stangen mit bunten Wimpeln den Weg auch dann noch markierten, wenn starker Wind den Weg mit Sand zuwehte. Wo grell angemalte Lastwägen mit hohen breiten Reifen von Elektromotoren angetrieben sich durch ein Meer aus Nichts quälten und die wenigen Städte von Toth verbanden. Vor ihrem geistigen Augen sah sie vom Feld der Sonnenkollektoren ihrer Familie herunter auf das Halbrund der Stadt. Terrassenartig waren Ebenen in den Fels geschlagen worden. Hinter aus dem Stein geschlagenen Fassaden befanden sich die Wohnhöhlen der Einheimischen, die sich viele Dutzend Meter in den Fels hineinerstreckten. Sie sah auf die tiefe Hauptebene, wo der Knochenbrecherplatz das Zentrum bildete, eingerahmt vom Commercia Basar, dem Haus der Schwerter, dem freistehenden Palast des Scheiks, die kleine gedrungene, dem Imperatorgott geweihte Basilika mit den vier schlanken Türmen, das deplatziert wirkende Gebäude des Adeptus Administratum im typischen gotischen Stil, der Tribüne und dem Wall, welche die Stadt von der Außenwelt trennte. Blickte man zur anderen Seite, sah man das rote Gebirge, den Reichtum von Ramlo-la-Filash, wo der berühmte rote Marmor geschlagen wurde, aus dem die Steinmetze Figuren von heiligen Märtyrern formten, welche im ganzen Segmentum Pacificus begehrt waren.

Gegenüber Toth war das hier das reinste Paradies. Ghersom war eine Welt, die ihr wirklich gefiel. Und es gab hier ein gewaltiges Meer. Mit etwas Glück würde sie es vielleicht schaffen, es mal aus der Nähe anzusehen. Sie war schon auf einigen Planeten mit Meeren gewesen, aber entweder hatte sie einfach keine Zeit gefunden, sich eines näher anzusehen oder sie waren so verseucht, dass selbst im Schutzanzug es gefährlich war, sich ihnen zu nähern. Menschen taten manchmal ihrer Umwelt furchtbare Dinge an, zerstörten ihren Lebensraum, schütteten alles mit Müll und Abfällen zu. Sie fand diesen mangelnden Respekt gegenüber der Welt, auf der man lebte, schrecklich.

Ihre Gedanken wanderten weiter zu der Rede, die Gabriel gehalten hatte. Ihre Worte waren scheinbar voller Ketzerei und Blasphemie gewesen, aber ebenso leider auch nur zu wahr. Und sie dachte an die Aufnahme, wo sie den Zuchtmeister Weißkopf getötet hatte. Auf der einen Seite hatte sich der Erzengel, Shiloh hatte keinen Zweifel, dass es sich um so ein Wesen handeln musste, fast die gesamte Aufnahme zerstört, nur den Teil, wo sie sich offenbart hatte, war intakt geblieben. Die große Frage war nun, warum? War dies eine Warnung? Eine Demonstration der Macht, dass viele antipsionische Gegenmaßnahmen nichts brachten? Eine Botschaft für sie, dass Gabriel in der Lage war, Bestien und Mitläufer zu selektieren?

Zuchtmeister Weißkopf war kein ungeschriebenes Blatt innerhalb der Inquisition, war er doch lange Jahre im Gefolge des berüchtigten Inquisitors Ungmas gewesen, ein puritanischer Amalathianer der übelsten Sorte. Der hatte einst auf einer Konklave der Inquisition seines Sektors allen Ernstes gefordert, die Grenze des erträglichen Kollateralschadens bei Ermittlungen auf eins zu fünftausend anzuheben. Bei jeder inquisitorischen Untersuchung kam es meist zu gewalttätigen Zwischenfällen, wo oft leider auch Unbeteiligte in Mitleidenschaft gezogen wurden. Ein Verhältnis von einen Schuldigen zu zehn Unschuldigen Toten galt als Optimum, eins zu fünfzig galt noch als erträglich. Ab einem Verhältnis von mehr als eins zu fünfhundert hatte sich der Inquisitor einem internen Untersuchungsausschuss zu stellen, welcher dann die Verhältnismäßigkeit der Mittel überprüfte. Und da Ungmas diese Quote in aller Regelmäßigkeit in einem Rahmen überschritt, dass selbst Hardliner innerhalb des Ordo Hereticus die Methoden Ungmas nicht mehr tolerierten, war es nicht verwunderlich gewesen, dass der Puritaner schließlich von einer großkalibrigen Kugel niedergestreckt wurde. Den Attentäter hatte man nie ermittelt, aber die Handschrift des Officio Assassinorum war so deutlich, dass dies wiederrum als Botschaft und Warnung zu verstehen gewesen war, gewisse Grenzen einzuhalten. Und wer jahrelang im Dienst eines solchen Schlächters stand, dessen Hände trieften vor Blut. Sie hatte seine Aufzeichnungen auf dem Schiff durchgelesen und dieser Zuchtmeister war ein äußerst übler Kerl gewesen. So jemand hatte den Tod mehr als nur verdient und seine Art zu sterben war schon beinahe zu mild im Vergleich zu seinen Untaten. Gabriel schien in die Herzen der Menschen blicken zu können. Was wohl Gabriels Urteil gegenüber ihr sein würde? In Anbetracht all des Blutes an ihren Händen?

Nicht das dies groß eine Rolle spielen würde, wahrscheinlich würde sie Gabriel nie zu Gesicht bekommen, selbst wenn ihr Vorgesetzter die besessene Hexe aufspüren sollte. Psioniker dieser Stärke konfrontierte man nicht, so etwas vernichtete man aus großer Entfernung mit einem Lanzenschlag eines Kreuzers aus dem Orbit, wenn man die exakte Position des Zieles kannte. Mit einem Zyklonentorpedo, wenn man die Region wusste und mit einem Exterminatus, wenn die Inquisition sich sicher war, dass Ziel war irgendwo auf dem Planeten. Bei der Vernichtung von Hexen und wilden Psionikern gab es keine Kollateralschadensregel, die es zu beachten gab. Ab einer Einstufung von Delta und mehr gab es nur die Devise, Vernichtung um jeden Preis. Und ab der Klassifizierung Alpha Plus war auch ein Exterminatus mehr als nur gerechtfertigt. Psioniker dieser Gefahrenklasse waren Massenvernichtungswaffen auf zwei Beinen, die man nicht leben lassen durfte. Da brauchte es gar keinen Dämon mehr, der den Psioniker als Tor benutzen konnte. Und Gabriel war wohl durchaus in diesem Gefahrenbereich anzusiedeln. Die Hexe würde sterben, es war nur die Frage, wie viele Unschuldige sie mit in den Tod riss.

Was Shiloh auch beschäftigte war die Frage, wie die Besessene es geschafft hatte, ihre ganzen Anhänger vom Pilgerschiff wegzuschaffen. Es gab in den Aufzeichnungen des Schiffes eine Lücke von etwas mehr als drei Stunden, wo die ganzen Verräter wohl auf den Berserkerkreuzer übergewechselt waren. Offensichtlich waren sie damit weiter gefahren. Was Shiloh und auch sonst niemand im Gefolge des Inquisitors Herad Tabelmann verstand, wie es ihr gelungen war, den Kreuzer zu bemannen. Unter den Verrätern hatten sich zwar Matrosen befunden, aber nur ganz wenige Mitglieder der Brückenbesatzung. Deutlich zu wenig um einen Kreuzer zu bemannen. Hatte sie vielleicht auch in diesem Fall vorgesorgt gehabt? Blieb als einzige logische Erklärung übrig, dass wohl ein weiteres Schiff mit einer ausgebildeten Besatzung eingetroffen war.

Und es galt noch zu klären, wohin sie verschwunden waren. Berserkerkreuzer waren Schiffe, die eindeutig dem Chaos zugehörig und so berüchtigt waren, dass jeder Spähposten und Hafenmeister sie als Verräterschiff identifizieren konnte. Da sie keinen imperialen Planeten im Umkreis angeflogen hatte, war Gabriel und ihre Verräter wohl in Richtung der westlichen Halosterne geflogen, wo allgemein vermutet wurde, dass es dort mehrere Piratenplaneten geben musste. Das Segmentum Pacificus bedeckte den westlichen Spiralarm der Galaxie, aber hinter der Grenze gab es noch viele Systeme, die einst Macharius erobern wollte, aber dessen Leute hatten damals gemeutert, weil sie nicht das schützende Licht des Imperators verlassen wollten. Und solche Orte waren genau das richtige für Gesindel, welches sich vor der berechtigten Rache des Imperators verstecken wollte. Sollte sie dort tatsächlich irgendwo Gabriel und ihre Verräter finden, wäre ein Exterminatus wohl die beste Lösung. Es war zwar Schade, aber es gab wohl keine andere Möglichkeit, als diese besessene Hexe aus großer Entfernung zu liquidieren. Und Shiloh würde ihre Erlösung auf anderen Weg finden müssen.

Das Summen ihres Kommunikators riss sie aus ihren Gedanken zurück in die Gegenwart. Sie nahm das Gespräch an und musste sich von ihrem Inquisitor fragen lassen, wo sie steckte.

"Komme sofort", antwortete sie knapp und zwängte sich zurück in ihre Kleidung. Die Männer hatten offensichtlich die erhoffte Schlägerei gefunden. Herad blutete aus einem Schnitt über dem Auge und hatte sich Fingerknöchel aufgeschlagen. Die drei Männer sahen ramponiert aus und schauten sie leicht befremdlich an, als sie barfuß und durchnässt in das Wohnzimmer kam. Zum Glück stellte keiner eine direkte Frage und sie ignorierte ihre Blicke, in denen Unverständnis über ihren Zustand lag. Nur ein Kind der Wüste würde verstehen, was sie gerade getan hatte. Für diese hier war Regen eine Selbstverständlichkeit, ein See oder gar ein Meer eine geographische Normalität.

"Du solltest mal die arme Sau sehen, die mir das verpasst hat", knurrte Herad.
"Tut es weh?", fragte Shiloh scheinbar fürsorglich und packte ihren Verbandskasten aus. Sie reihte die notwendigen Utensilien auf und zog sich dünne Handschuhe über, die sich in einer desinfizierten Hülle gefunden hatte.
"Ein wenig", gab Herad zu.
"Lächle, gleich wird es richtig weh tun." Mit diesen Worten tupfte sie die Desinfektionslösung in die Wunde, die höllisch brennen konnte, wie sie selbst gut genug wusste.
"Au!" Ihr Chef zuckte zusammen.
"Oh! Hat unser furchtloser Anführer schmerzen?", spottete sie und genoss den wütenden Blick von ihrem Vorgesetzten und fädelte einen Faden in eine Nadel in, die sie kurz in eine desinfizierende Lösung tunkte. Schnell und äußerst routiniert nähte sie Wunde zu. Sie hatte im Laufe des letzten Jahrzehnts eine große Meisterschaft darin entwickelt, schnell Wunden zuzunähen.

"Spotte du nur", meinte Herad schließlich, als sie die Naht beendet hatte. Shiloh betrachtete prüfend ihr Werk und war zufrieden damit.
"Ich versteh es nur nicht. Was ist der Sinn dieser alljährlichen Suche nach Ärger?"
"Ich suche keinen Ärger. Es ist eine Art Ritual, um mich meiner Leute zu erinnern."
"In dem du andere Menschen zusammenschlägst?"
"Ich habe mich nur verteidigt."
"Klar und Toth ist eine Welt voller Meere."
"Das verstehst du als Frau nicht."
"Daran wird es wohl liegen." Shiloh desinfizierte noch die aufgeschlagenen Fingerknöchel. Herad schwieg und hing wohl seinen Gedanken nach. Manchmal verstand sie einfach nicht, warum er solche Dinge tat. Jedes Jahr zog er zur gleichen Zeit los, um sich Ärger zu suchen. Einmal hatte er ein Offizierskasino auf einem imperialen Kriegsschiff zerlegt, ein anderes Mal hatte er sich mit einem ganzen Trupp Soldaten in einer Kneipe angelegt. Es war wahrscheinlich wirklich so ein Männerdings mit den Dämonen der Vergangenheit fertig zu werden. Auch sie hatte ihre Wunden, aber deswegen so den Frust abzubauen, käme ihr nie in den Sinn. Solch sinnlose Gewalttaten machten weder etwas ungeschehen, noch kam man mit der Erlösung auch nur ansatzweise weiter. Wobei es für ihre Sünden fast gar keine Erlösung gab, jedenfalls nicht im Imperium.

Danach verarztete sie die Schergen. Leicht schwankend begaben die sich drei dann in ihre Unterkünfte, während Shiloh kopfschüttelnd zurückblieb und die verbrauchten Utensilien entsorgte. Männer!
 
Ah, mir gefällt dir Änderung. Sehr schöne zusätzliche Erläuterung. Irgendwie ein wenig wie die zusätzlichen Szenen bei Filmen 😀

Was mir bei deiner Geschichte allgemein sehr gut gefällt, ist die Tatsache, dass du diese ganzen Glaubenssachen wie diesen Waffenschrein oder ständig die Maschinengeister in allen möglichen Dingen betonst. Man hört zwar sonst auch ab und zu von den Maschinengeistern, aber in diesem Kontext wirkt es noch ganz anders.

Auch der Hinweis, dass die Techpriester selber keine Ahnung haben, passt gut 😀
 
Lustig. Und wieder sehr detailliert. Shiloh ist mir schon fast symphatischer als Herad.

Auch schön, wie du dir wieder Mühe mit dem Erschaffen einer Welt gegeben hast. Toth kommt wirklich authentisch rüber, alles passt zusammen und der Mix aus Arabien, Nordafrika und Science Fiction macht wirklich was her.
Du hast dir die Wlet doch selbst ausgedacht? Von so einem Planeten hätte ich schon gehört.^^

Übrigens:
Das Officio Assassinorum rockt :rock:

PS: Jetzt wo SHOKer es sagt. Die Techpriester kommen auch gut. Wo im Imperium selbst ein Toaster als Wunderwerk mit eigenem Maschienengeist verehrt wird.^^
 
Zuletzt bearbeitet:
Ah, jetzt bin ich auch wieder zum Lesen gekommen und sehr angetan. Es gefällt mir sehr gut, wie sich die Geschichte entwickelt und insbesondere die Tiefe der Charaktere.

Mein persönliches Highlight aus dem letzten Teil ist allerdings das hier...

Nicht das dies groß eine Rolle spielen würde, wahrscheinlich würde sie Gabriel nie zu Gesicht bekommen, selbst wenn ihr Vorgesetzter die besessene Hexe aufspüren sollte. Psioniker dieser Stärke konfrontierte man nicht, so etwas vernichtete man aus großer Entfernung mit einem Lanzenschlag eines Kreuzers aus dem Orbit, wenn man die exakte Position des Zieles kannte. Mit einem Zyklonentorpedo, wenn man die Region wusste und mit einem Exterminatus, wenn die Inquisition sich sicher war, dass Ziel war irgendwo auf dem Planeten.

...besser kann man den rücksichtslosen Kampf des Imperiums gegen Mutanten, Hexer und Chaoten wohl nicht umschreiben. ^_^
 
Was mir bei deiner Geschichte allgemein sehr gut gefällt, ist die Tatsache, dass du diese ganzen Glaubenssachen wie diesen Waffenschrein oder ständig die Maschinengeister in allen möglichen Dingen betonst. Man hört zwar sonst auch ab und zu von den Maschinengeistern, aber in diesem Kontext wirkt es noch ganz anders.

Ich versuche etwas den allgegenwärtigen Aberglauben mit rein zu bringen, da dies eine Teil des Flairs von 40K ausmacht. Und auch rüber zu bringen, wieviel Zeit und Aufwand in sinnlose Rituale verschwendt werden.

Auch der Hinweis, dass die Techpriester selber keine Ahnung haben, passt gut 😀

Sie lernen halt auch nur auswendig, was ihnen vorgebetet wird. Sie wissen nicht, sie glauben einfach.

Auch schön, wie du dir wieder Mühe mit dem Erschaffen einer Welt gegeben hast. Toth kommt wirklich authentisch rüber, alles passt zusammen und der Mix aus Arabien, Nordafrika und Science Fiction macht wirklich was her.
Du hast dir die Wlet doch selbst ausgedacht? Von so einem Planeten hätte ich schon gehört.^^

Toth ist offiziell, auch wenn sich der Fluff im Laufe der Zeit gewandelt hat. Ursprünglich ist die Welt im Codex Imperiale Armee zur zweiten Edition näher erläutert, da dort während der Macharius Häresie eben das damals schon besondere Charaktermodell Al´rahem agiert hat. Im aktuellen Codex Imperiale Armee und Dämonen des Chaos wird die Welt ebenfalls erwähnt, im Dämonencodex haben sie die Welt aber nicht mehr wieder besiedeln lassen. Diese Änderung habe ich einfach ignoriert. Wobei die Details habe ich mir letztendlich selber ausgedacht, da sonst sehr wenig über die Welt an sich drin steht.

PS: Jetzt wo SHOKer es sagt. Die Techpriester kommen auch gut. Wo im Imperium selbst ein Toaster als Wunderwerk mit eigenem Maschienengeist verehrt wird.^^

Brot für den Toaster, Strom für seinen Stecker. :lol:

Ich muss mal wieder ein Lob anbringen, langsam schlägt mich die Geschichte wirklich in ihren Bann.

Was! Erst jetzt? 😱 😉 :lol:

Ah, jetzt bin ich auch wieder zum Lesen gekommen und sehr angetan. Es gefällt mir sehr gut, wie sich die Geschichte entwickelt und insbesondere die Tiefe der Charaktere.

Habe doch schon deine sonst so prompten Kommentare etwas vermisst.

Gefällt mir sehr gut deine gesamte Geschichte der neue Teil ist aufgrund des Wechsels der Perspektive.

Und bei jedem Teil schaffst du es mich für den nächsten zu begeistern. Diesmal mit der Frage welche Sünden sie begangen hat. Du machst es wirklich spannend.

Das hoffe ich doch! Und danke für das liebe Lob.


][​


So, hier nun die korrigierte Fassung, vielen Dank an Sarahs für seine Mühe.​


Kapitel III

Position:
Imperium
Segmentum Pacificus
Sektor Jyoti
System Ghersom
Planet Ghersom IV
Nördliche Hemisphäre
Kontinent Ephrat
Kathedralsstadt
Imperatorkathedrale
Gruftbereich
Zeit: 1 580 996.M41
Person: Herad Tabelmann

Die dritte unterirdische Ebene war ein wahres Labyrinth und die ungenauen Pläne, welche Inquisitor Herad mitgenommen hatte, wichen stark von den wirklichen Begebenheiten ab. Der so genannte Gang der Mädchen war das einzig richtig zugängliche Areal und die Reliefs waren von wirklich hervorragender Qualität. Der Gang endete je abrupt an einer Mauer, einmal schien dieses massive Hindernis eine nach oben führende Treppe zu blockieren, die andere wohl einen weiterführenden Abgang in die Tiefe. Auf diesen Mauern prangten steinern die Insignien der Inquisition, als Siegel, dass niemand diese Mauern einreißen durfte. Einst war dort noch ein Text zu lesen gewesen, aber der war so verwittert, dass nichts mehr zu entziffern war. Und das Symbol war noch von einer uralten Version, wie sie seit über sechstausend Jahren nicht mehr verwendet wurde. Die drei Schrägstriche waren hier nicht kompakt im oberen Drittel angeordnet, sondern gleichmäßig über die Säule verteilt und im Verhältnis des heutigen Designs deutlich überdimensioniert. Niemand wusste mehr, was die drei Querbalken ursprünglich zu bedeuten hatten. Manche nahmen fälschlicherweise an, sie würden die drei großen Ordi der Inquisition darstellen. Also Malleus, Xenos und Hereticus, aber die Querbalken hatte es im Symbol schon gegeben, als der Ordo Hereticus noch gar nicht gegründet worden war. Andere vermuteten, dass die Querbalken die Feinde der Menschheit symbolisierten, den inneren Feind, den äußeren Feind, den Feind jenseits des Schleiers.

Diese Gänge und Gewölbe waren alt, wirklich alt. Er hatte sein Gefolge aufgeteilt und es war Interrogatorin Shiloh, die einen ungesicherten Schacht fand, durch den ein Mensch passen konnte. Er befand sich offen mitten in einer Halle, die für eine normale Gruft eigentlich viel zu hoch war. Die ganze dritte Ebene machte nicht den Eindruck, dass sie ursprünglich für Beerdigungen vorgesehen war. Inzwischen war sie voll gestellt mit Sarkophagen und die Wände waren bis zur Decke mit Schädeln armer Gläubiger bedeckt, welche sich keine richtige Gruft leisten konnten. Für eine normalen Gruftanlagen war das hier alles einfach zu überdimensioniert.

Inquisitor Herad Tabelmann schickte seinen Servitorschädel III herunter, der einst auf den Schultern eines seiner glückloseren Akolythen gesessen hatte. Auf einem fertig ausgebildeten Inquisitor kamen etwa hundert, die während der Ausbildung verstarben. Sein Beruf verlangte eben alles von einem ab und manchmal über den Tod hinaus. Schädel III hatte eine Kamera und die Möglichkeit, die Aufnahmen an das Datablock des Inquisitors zu schicken. Der Schädel sank etwa zehn Meter durch den senkrechten Schacht und kam in einer weiteren Halle heraus, die voller Skelette war. Er sah die Überreste tausender Menschen, deren Leichen wohl bis unter die Decke gestapelt worden waren. Und er es gab eine recht frische Leiche eines glücklosen Pilgers, der wohl bei seinem Streifzug in den ungesicherten Schacht gefallen war. Er hatte sich offensichtlich so ziemlich jeden Knochen gebrochen. Außerdem war die Leiche angefressen worden. Es war also wahrscheinlich nicht der Schacht, durch den Gavri Pilgerstochter gefallen war.

Aber da Schädel III noch weitere Räume und Gänge entdeckte, beschloss Herad den Abstieg zu wagen. Mit Hilfe von mitgeführter Kletterausrüstung und einer verankerbaren Seilwinde, ließen sie sich in die Tiefe gleiten. Der Inquisitor hatte mit einem grässlichen Kater zu kämpfen und hätte sich am liebsten im Bett liegend selbst bemitleidet. Aber natürlich erfüllte er seine Pflicht, seine freien Stunden hatte er gestern Abend gehabt und die waren nun mal ein Jahrhunderte altes, liebgewonnenes Ritual, um sich zu versichern, dass er noch lebte. Procurata Azubah und zehn Sororitas Schwestern ihrer persönlichen Celestiagarde in ihren schwarzen Rüstungen und mit aufgesetzten Bajonetten auf ihren gesegneten Boltern des Godwin-Deaz Schemas, begleiteten ihn. Starke kompakte Strahler in den Händen seiner Schergen, beziehungsweise an ihren Waffen sorgten für ausreichend Beleuchtung. Eine der Schwester trug einen Melter, eine andere einen Flammenwerfer anstelle des Bolters, so das die heilige Dreieinigkeit der Schwesternschaft bestehend aus Bolter, Flammenwerfer und Melter vollständig in dem Trupp vertreten war. Was immer Gavri Pilgerstochter besetzt haben mochte, vielleicht lauerten noch mehr von dieser Art dort unten.

Die Schwestern bildeten einen perfekten Abwehrkreis um ihn und sein Gefolge, das neben ihn seine Interrogatorin Shiloh, den Explikator Zebulon, den ehemaligen Leutnant Tekoa vom dritten Regiment von Krieg, die psionisch aktive Novizin Syntyche, der ehemalige Wissenschaftsoffizier, Arzt und jetziger Berater Mattan, Schädel III, und die Zelotin Havilah, die mit einem mächtigen Eviscreator bewaffnet war, umfasste. Sie waren also neunzehn Menschen, wenn man Schädel III als solchen bezeichnen mochte, welche die unkatalogisierte vierte Ebene der Imperatorkathedrale betreten hatten. Die Knochen der Toten zerbröselten augenblicklich zu Staub, wenn man sie berührte. Nur die Stücke, welche mit einer Kalkschicht überzogen waren, hatten den Zerfall der Jahrtausende widerstehen können.

"Die meisten haben keine Schädel, bis auf die, die wohl den Schacht hinab gestürzt sind. Wenn ich mir die Halswirbel so ansehe, scheinen sie geköpft worden zu sein." Mattan zeigte auf sauber durchschnittene Halswirbel. Sah nach einer Guillotine aus, welche gerne auf rückständigeren Planeten noch regen Gebrauch fand. Die Hallen hier waren genau so überdimensioniert wie die auf Ebene 3. In einer anderen Halle fanden sie ein Fallbeil in einem Haufen korrodierten Metalls. Da das Fallbeil aus Adamantium war, hatte es die Jahrtausende Überdauert. Es trug das alte Zeichen des Tempels des Imperialen Heilandes und die Aufschrift "Nicht mal ein toter Anhänger des Lichts ist ein guter Mensch!"

"Anhänger des Lichts?" fragte Shiloh.
"Bevor sich im 33. Jahrtausend der damalige Tempel des Imperialen Heilandes als alleinige Religion durchsetzte, gab es noch andere Kulte im Imperium. Die mächtigste Sekte davon war die Konföderation des Lichts, wurde dann aber trotzdem letztendlich auch vernichtet", erklärte Mattan, sein wissenschaftlicher Berater, nun in seinem Element.
"War die Konföderation des Lichts nicht die Reformbewegung von Sebastian Thor, welcher im 36 Jahrtausend die Kirche reformierte und das Zeitalter der Apostasie beendete?"
"Sie tragen den gleichen Namen, haben aber inhaltlich wenig miteinander zu tun. Sebastian Thor hat nur deren Namen und ihre Eigenheit übernommen, nichts für imposante heilige Gebäude übrig zu haben."
"So wie es aussieht, hatte die damalige Ekklesiarchie für die Konföderation auch nichts übrig", schnitt Inquisitor Tabelmann die Diskussion ab. Mattan konnte über solche Themen stundenlange Monologe halten und er war heute nicht in der Stimmung, so einen zu ertragen. Dazu war sein Kater einfach zu stark. "Lasst uns weiter suchen."

Schließlich kamen sie an einen zugemauerten Aufgang, wahrscheinlich war dies das untere Ende der Mauer, die sie schon oben entdeckt hatten. Sie kehrten um und versuchten es in der anderen Richtung des Ganges, der schließlich an einem stark abfallenden Absatz endete.
"Der See der Tränen?" Interrogatorin Shiloh zeigte auf die Inschrift vor ihnen. "Durchschwimme den See der Tränen." Dahinter lag ein gewaltiges leeres Becken, dessen Wände mit Schädeln ausgekleidet waren.
"Scheint so, als wären hier die abgeschlagenen Schädel verarbeitet worden", vermutete Mattan.
"Hm!" gab Explikator Zebulon kund.
"Hier bewegt sich etwas größeres, könnte ein Kind oder ähnlich Kleines sein", Mattan wies auf seinen Aupex, der ein Signal vor ihnen zeigte.
"Gehen wir der Sache auf den Grund!" An einem weiteren Seil kletterten sie nach unten und Leutnant Tekoa holte sein Scharfschützengewehr aus seinem Futteral. Über dessen Skope mit Nachtsichtgerät konnte er recht weit die Dunkelheit durchdringen. Er legte die Waffe an und lies sich von Mattan über den Aupex einweisen.
"Mutierter Hund, frisst gerade ne Ratte, Vernichten?"
"Natürlich!" Das Gewehr bellte kurz auf.
"Ziel vernichtet." Sie rückten in die Tiefe des Beckens vor und entdeckten schließlich die Leiche des weißen Hundes. Der Balg wies im Bereich der Brust eine kreisrunde Narbe auf.
"Ich habe hier etwas!" meldete eine der Celestiaschwestern. Sie führte sie an einen Stapel Skelette, mit einer so dicken Kalkschicht bedeckt, dass sie schon seit vielen Jahrhunderten hier liegen mussten. Das Interessante waren aber die Helme mit dem Zeichen der Inquisition und Ausrüstungsgegenstände, wie sie Gardisten der Inquisition benutzten. Die Überreste waren deutlich jünger als die Knochen der Anhänger der Konföderation des Lichtes. Mattan schätzte sie auf etwa tausendachthundert Jahre, nachdem er einen Knochen abgeschlagen und die Schicht aus Kalk darauf gemessen hatte.

Inquisitor Herad ließ den Stapel durchsuchen, fand aber keinerlei Hinweise auf die Identität der Toten. Die typischen imperialen Identifikationsmarken waren entfernt worden. Die meisten Schädel wiesen Einschusslöcher auf, die dazugehörigen Skelette hatten deutliche Spuren von Gewalteinwirkung.

"Ich würde auf einen Hinterhalt tippen, wahrscheinlich wurden in der ersten Phase der Kampfhandlungen Handgranaten oder Richtladungen verwendet", Matten deutete auf einige eingedrückte Brustkörbe und Metallsplitter, die sich unten im Haufen fanden. "Um sicher zu gehen, wurde jedem noch ein Genick oder Kopfschuss als Fangschuss gesetzt. Da war jemand sehr gründlich."

Ein Kollege war also schon mal hier gewesen, genau genommen mindestens zwei. Einer der den Gang in der dritten Ebene vor über sechstausend Jahren versiegeln lies und einer, der hier seine Gardisten vor zweitausend Jahren verloren hatte. Und so wie es aussah, waren nicht die Truppen der Inquisition als Sieger aus diesem Gefecht hervor gegangen, sonst hätte man die Leichen geborgen und sie anständig bestattet, wie es für einen Gläubigen des Imperators zustand.

"Nach den Proportionen des Inquisitionssymbols auf diesem Helm zu schließen, gehörten die Gardisten zur regionalen Jyoti Konklave", referierte Matten weiter, nachdem er eines der Symbole vermessen hatte. Für Laien sahen solche Symbole sicherlich gleich aus. Aber jede Konklave hatte ihre eigene Variante, die genau festgelegt war, was die Proportionen der Querbalken anbelangte. Der Sinn hinter dieser Jahrtausende alten Regel war inzwischen unbekannt, wurde aber immer noch praktiziert. Jedenfalls erlaubte es, solche Überbleibsel von Gardisten einer Konklave zuzuordnen.

"Die Überreste bergen wir später, suchen wir weiter! Schwärmt aus, Abstand maximal zehn Meter. Und seid vorsichtig, was immer diesen Trupp hier erledigt hat, kann hier immer noch aktiv sein", befahl er in der Hoffnung hier vielleicht noch weitere Rückschlüsse auf das Gefecht finden zu können, das vor fast zweitausend Jahren hier getobt haben musste. Auf alle Fälle schien hier durchaus etwas zu lauern, das auch weltliche Methoden benutzte. Womöglich die Wächter eines Tzeentchkultes, seit Jahrtausenden im verborgenen aktiv.

"Kontakt!" schrie Syntyche, die sich etwas von der Gruppe abgesondert hatte. Sofort darauf war eine Explosion zu hören und die Halle wurde kurz durch ein Gewirr von Blitzen erleuchtet, die von ihr ausgingen. Die Blitze waren die stärkste psionische Waffe in ihrem Arsenal. Die Entladung war so stark, dass mehrere Säulen ihren Schädelschmuck verloren, da diese einfach zertrümmert wurden. Seine Hexe schwebte nun in drei Metern Höhe über dem Boden und war in mehrere Schutzfelder gehüllt. Sofort richteten alle ihre Waffen in die Tiefe des Raumes und suchten ihn nach einem weiteren Feind ab. Herad hörte es neben sich Pfeifen, als Geschosse augenblicklich nach dem abfeuern der Blitze die Luft durchschnitten, während seine Augen noch mit der grellen Entladung des Blitzlichtes zu kämpfen hatten. Er sah gerade nur noch blinkende bunte Flecken. So wie es aussah, hatte er endlich etwas aufgescheucht. Adrenalin durchfuhr ihn, während er sich möglichst klein machte, um dem Feind so wenig Angriffsfläche wie möglich zu geben. Auch die Sororitas reagierten darauf, wie es ihre uralten Doktrinen festlegten.

"Sperrfeuer und Abknieen!" befahl die Prioris und ein Inferno aus Boltergeschossen tobte durch den Raum, als die Schwestern einen Abwehrkreis bildeten und sich zum schießen niederknieten. Auch Shiloh feuerte unaufgefordert ihr mit Silberornamenten reich verziertes Lasergewehr ab und schwängerte die Umgebung mit Strahlen aus Licht. Tekoa zog seine beiden kompakten Autopistolen und pumpte noch mehr Blei in die Luft. Zebulon hatte seine Kreissäge, so nannte er liebevoll sein Universalmaschinengewehr im Phaeton Schema mit extrabreiten Kühlrippen zur Wärmeableitung im Kaliber 8mm, in Feuerposition gebracht und erhöhte die Anzahl der Geschosse, die den Raum durchpflügten, beträchtlich. Havilah startete ihren Eviscreator, dessen Lärm im Gefecht fast vollständig unterging. Er selbst zog seine Waffen in Form seiner Infernopistole und seines Energieschwertes und suchte die Dunkelheit nach vernichtenswerten Zielen ab. Vage waren in der Ferne im Licht der Lampen von Shilohs Lasergewehr, Mattans großem Strahler und dem grellen Leuchtspurfeuer der Kreissäge schnelle Bewegungen auszumachen, welche das Feuer nun auf sich zogen. Allerdings konnte Herad kein einziges Ziel zweifelsfrei identifizieren. Etwas traf sein Energiefeld und fiel dann zu Boden, es war ein Knochenfragment.

"Syntyche! Was hast du gesehen?" Brüllte er in seinen Kommunikator, den er im Ohr eingehängt hatte und dessen kleines Mikro neben seinem Mund an einem kleinen Bügel befestigt war. Die Psionikerin antwortete voller Panik etwas in ihrer Muttersprache, die rein gar nichts mit Niedergotisch zu tun hatte und die er nicht verstand.

Mattan schaute irritiert auf seinen Aupex in der linken Hand und hatte als einziger seine Waffe, eine Standardlaserpistole, nicht gezogen, sondern leuchtete mit seinem leistungsstarken Strahler in der rechten Hand in die Schwärze der Halle.

"Kein Kontakt jenseits der Größe einer Ratte feststellbar", brüllte Mattan, um gegen den Gefechtslärm anzukommen. So langsam wurde Herad klar, dass sie nicht wirklich beschossen wurden, denn was da anscheinend auf sie schoss, waren nichts weiter als abgesplitterte Knochenfragmente, von der Aufprallwucht der einschlagenden Geschosse aus den Wänden gerissen worden waren. Die scheinbaren Bewegungen kamen aufgrund von Sinnestäuschungen durch den schnellen Wechsel von Hell und Dunkel durch die Mündungsblitze zustande. Die Schwestern hatten integrierte Nachtsichtgeräte in ihren Helmen des Sabbat Schemas. Normalerweise müssten sie eigentlich etwas sehen, oder kapieren, dass es hier nichts gab, das auf sie schoss.
"Sieht irgendjemand ein Ziel?" brüllte er.
"Negativ, wahrscheinlich Tarnfeld!" antwortete die Procurata. Klar Tarnfeld, visuell und sensorisch, klar.

"Feuer einstellen! Ihr seht doch gar nicht, auf was ihr schießt! Feuer einstellen! Verdammt noch mal!" Die Schwestern hörten auf zu schießen und wechselten die Magazine ihrer Waffen. Auch Shiloh hörte auf zu feuern, wechselte ebenfalls ihr leergeschossenes Magazin. Die Autopistolen und die Kreissäge hörten endlich auch auf und eine angenehme Stille senkte sich über den Raum. Einzelne Bolterpatronenhülsen kullerten noch scheppernd über den Boden, das war nun auch das einzige leise Geräusch, nachdem Havilah ihren verdammten Eviscreator aufgrund eines Winkes von ihm wieder ausgestellt hatte. Der Aupex zeigte einzig ihre Gruppe an, sonst waren hier noch äußerst kleine Impulse zu sehen, die panisch hin und her rannten; und nun langsam zur Ruhe kamen.
"Syntyche! Was hast du gesehen? Und rede so, dass ich das verstehen kann! Verdammt noch mal!"

"Da war eine hässliche Monsterratte gewesen! Die war riesig groß und schrecklich mutiert." Die schwebende Hexe zeigte die wahnsinnig beachtliche Größe von etwa fünfzehn Zentimeter Länge mit ihren Händen an. Herad verdrehte die Augen. Und da war er nicht der einzige.

Mehr als nur ein wenig verärgert schob er seine Infernopistole zurück in den Halfter und rammte sein Energieschwert in die Scheide, nachdem er es wieder ausgeschaltet hatte. Der Inquisitor betrachtete den etwa einen Meter tiefen und drei Meter durchmessenden Krater, welchen die Blitze von Syntyche in den Boden gerissen hatten. Seine Ohren klingelten noch vom Gefechtslärm und ein hässliches Pfeifen stellte sich ein. Das war für seine Kopfschmerzen und allgemeine Befindlichkeit nicht gerade förderlich. Auch reizte ihn der Pulvergeruch der abgefeuerten Patronen des Maschinengewehres und der Automatikpistolen. Fahrig fuhr er mit seiner Hand über seinen Kopf und hätte sich am liebsten die Haare gerauft. So blieb ihm nichts anderes übrig, als frustriert seinen Hut hin und her zu schieben.

"Ist sie tot?" quietschte Syntyche furchtsam hinter ihm. Herad hatte deutlich Mühe, seine Beherrschung zu wahren. Wie gut, dass er sich gestern schon an den scheinheiligen Zeloten vergriffen hatte. Sonst würde er jetzt das Gesicht der Psionikerin als Punchingball missbrauchen. Es juckte ihn trotzdem in den Fingern, sie über das Knie zu legen und so lange auf ihren knackigen kleinen Hintern zu schlagen, dass sie die nächsten zwei Wochen ihre Mahlzeiten im stehen zu sich nehmen musste.

"Nein, sie zuckt noch! Ja, verdammt noch mal, die wahnsinnig große Monsterratte ist tot! Hätte da ein Space Marine gestanden, wäre der auch am Arsch! Oder jemand von uns! Verdammt noch mal! Syntyche komm da runter! Sofort!" Immerhin beeilte sich die kleine Hexe herzukommen und sah wenigstens etwas zerknirscht aus. Diese Hexe war ein Gefallen gewesen, er hatte sich eine kleine, süße Psionikerin mit gewaltigen psionischen Kräften gewünscht. Syntyche war das auch alles, aber inzwischen war Tabelmann bewusst geworden, dass er sich lieber eine intelligente kompetente Psionikerin, die ihre Kräfte zu regulieren verstand, gewünscht hätte. Dieser verdammte Puritaner hatte seinen Wunsch wortgenau erfüllt, wie ein niederträchtiger Flaschengeist in alten Geschichten. Syntyche hatte offensichtlich nie wirklich gelernt ihr gigantisches Potential zu dosieren. Auf Decan II hatte sie eine halbe Fabrik gesprengt, als die Slaaneshkultisten einige Dämonetten auf sie gehetzt hatten. Einer ihrer Blitzschläge hatte die sechs Dämonen getötet, dazu etwa zweihundert Kultisten und das Fundament eines gewaltigen Schornsteins so beschädigt, dass der Turm eingestürzt war und beträchtliche Schäden in der Umgebung angerichtet hatte.

"Manchmal ist weniger mehr! Kapiert?"
"Ja, Herr Inquisitor Tabelmann, aber ich habe mich so erschrocken! Und die Ratte sah so eklig aus!" Die Psionikerin sah aus, als ob sie gleich anfangen würde zu heulen. "Und das war die niedrigste Stärke der Blitze. Weiter herunter skalieren kann ich sie nicht."
"Manchmal frage ich mich, ob bei deiner Seelenbindung dein Hirn aus der Nase getropft ist. Jemand zu Hause?" Er klopfte wohldosiert mit den Fingerknöcheln seiner Faust auf ihren Kopf. Es klang wirklich hohl.

"Aua!" Manchmal erinnerte Syntyche ihn an seine kleine Schwester, wahrscheinlich hätten die Beiden sich gut verstanden, jedenfalls solange seine Schwester vier Jahre alt gewesen war. Syntyche machte manchmal den Eindruck, als wäre ihre geistige Entwicklung bei vier Jahren stehen geblieben.

"Vor über zweihundert Jahren ist ein Seher hingerichtet worden, weil er behauptete, den Untergang des Imperiums gesehen zu haben." Er drehte sich nun zu seiner versammelten Mannschaft um. "Ich könnte wetten, er hat in seiner Vision das hier gesehen! Er sah, wie die absolute Elite des Imperiums bestehend aus einem Trupp Celestia Schwestern des Adeptus Sororitas und ein Gruppe hochgerüsteter Schergen des Ordo Hereticus gewaltige Ressourcen aufwendeten, um eine Ratte zu töten! Ich kann den Mann versehen! Es ist ja nicht so, als ob ein paar imperiale Amateure wie ein Zelotentrupp hier herumlaufen würden. Wir sind die Elite! Die absolute Elite des Imperiums! Und wir haben uns gerade ein Feuergefecht mit einer Monsterratte geliefert, die so fruchtbar mutiert war, dass sie sagenhaften fünfzehn Zentimeter lang war!" Die letzten Worte brüllte er. "Bin ich eigentlich nur von Vollidioten umgeben?" So langsam redete er sich in Rage und er war noch lange nicht fertig.

"Öhm!" wagte Zebulon zu antworten und zog Herads ungeteilten Zorn auf sich.
"Diese Frage war rein rhetorisch, denn offensichtlich ist dies Fakt! Bei euch bekommt das Sprichwort, mit Kanonen auf Spatzen schießen, eine ganz neue Dimension! Was kommt als nächstes? Die Extermination eines Planeten, um einen Grox zu grillen? Gut durch ist er dann auf alle Fälle."

"Einen Teppich aus Abwehrfeuer zu legen ist aber die angeratene Reaktion auf einen Angriff aus unbekannter Richtung, Herr Inquisitor Tabelmann ", wagte sich eine der Celestias zu rechtfertigen. Er stürmte auf die freche Schwester zu und baute sich vor ihr auf. Trotz ihrer Servorüstung konnte er gut auf sie herabsehen, während sie schon beinahe ihren behelmten Kopf in den Nacken legen musste.

"Es gab dummerweise nun mal keinen Angriff!" brüllte er und seine Stimme löste einige unheimliche Echos aus. "Und wie ist dein Name, kleines Schwesterlein. Schwester kein Plan? Schwester nix Wiss? Schwester nicht Mund halt könn?"
"Mein Name lautet Schwester Luna, Herr Inquisitor Tabelmann! Und ich bin durchaus in der Lage sie auch so zu verstehen, sie müssen also nicht brüllen."
"Schwester vorlaute Luna also? Den Namen merke ich mir!"

"Dramatisieren wir die Situation nicht unnötig, Herr Inquisitor Tabelmann. Zum einen war es eure Hexe, die mit ihrer Überreaktion auf einen minderen Schädling diese Situation herbei geführt hat. Zum anderen hat es weder Tote noch Verletzte gegeben. Etwas Munition ist verschossen worden, die zwar teuer, aber ersetzbar ist. Also beruhigt euch bitte wieder und analysiert die Situation mit dem notwendigen Abstand." Die Worte der Procurata Azubah waren durchaus vernünftig und nachvollziehbar, aber er hatte rasende Kopfschmerzen und war in einer äußerst gereizten Stimmung. Er war gerade einfach nicht in der Stimmung, um vernünftig zu sein.

"Diese kleine Aktion hat jedem, der sich hier verstecken mag, unmissverständlich klar gemacht, dass eine kleine Armee sich durch diese Hallen wälzt! Und falls hier noch Spuren waren, jetzt sind die wahrscheinlich durchlöchert. Keiner schießt mehr, außer ich persönlich befehle das! Hat das hier jeder verstanden!" Wütend blickte er sich um, selbst Zebulon wagte keinen seiner kurzen Kommentare von sich zu geben. Allgemeines betretenes Schweigen. So langsam sickerten die Worte der Prioris in seinen Verstand und er beruhigte sich wieder. Genau genommen war ja nichts passiert, außer dass sie jede Menge Munition in Wände verteilt hatten. Er atmete tief durch. Und wahrscheinlich hatte es hier sowieso nie verwertbare Spuren gegeben. Außer vielleicht, um das letzte Gefecht der Inquisitionsgardisten besser nach vollziehen zu können. Das konnte er nun vergessen.

"Und jetzt wieder an die Arbeit, durchsuchen wir das Areal und bitte nicht gleich die schwere Artillerie auspacken, nur weil eine quiekende Ratte ins Blickfeld tritt. Irgendwelche relevanten Bewegungen?" fragte er anschließend Matten.
"Negativ, Herr Inquisitor, nichts außer Monsterratten."
"Gut, aufpassen und weitermachen!" Dabei sah er besonders Syntyche an, die noch kleiner geworden war, als sie schon gewesen war. "Syntyche! Auf ein Wort!" Während die anderen sich beeilten, aus seinem Aufmerksamkeitsradius zu verschwinden, fokussierte er sich auf seine Psionikerin. Inzwischen heulte sie tatsächlich. "Hör mir zu, so was will ich nie wieder erleben! Wenn du in Zukunft eine Monsterratte siehst, dann machst du das, was alle Frauen auch machen, nämlich "Iiiiiks" kreischen und sich hinter einem Mann verstecken. Du wirst auf keinen Fall deine Blitze drauf verschießen, kapiert?"

"Ich sag "Iiiiks", verschieße keine Blitze und versteck mich hinter Ihnen. Ich hab`s kapiert."
"Das will ich doch auch schwer hoffen. Hier, wisch dir die Tränen ab und tu so, als ob du eine knallharte Akolythin im Dienst der Inquisition wärst und nicht auf dem geistigen Niveau eines vier Jahre alten Mädchens im Kindergarten stehen geblieben bist. Kapiert?" Sie schniefte und wischte sich dann mit dem Taschentuch die Tränen ab, das er ihr in die Hand drückte.

"Jetzt zeig mir, dass du was drauf hast. An die die Arbeit!" Die Psionikerin nickte und gab ihm das Taschentuch zurück. Herad sah ihr nach und atmete tief durch. Sein Schädel fühlte sich an, als ob er gleich platzen müsste. Dieses kleine Gör würde ihn irgendwann noch mal ihn den Wahnsinn treiben. "Da war eine Monsterratte," äffte er leise für niemandes Ohren bestimmt ihre Stimme nach. "Was kommt als nächstes, mutierte Mäuse von fünf Zentimeter Länge? Riesenhamster mit zwei Zentimeter langen Reißzähnen aus dem Weltraum? Wenn mir dieser puritanische Bastard, der mir sie zugeteilt hatte, noch mal über den Weg läuft, dann trete ich ihm so in seinen verdammten, dürren, staubigen Arsch, dass er in die nächste scheiß Sonne fliegt," knurrte Herad leise vor sich hin und versuchte sich auf seine Arbeit zu konzentrieren. Schließlich hatte er eine hoch gefährliche Ketzerin zu fangen und was immer Gavri Pilgerstochter hier gefunden hatte, er wollte wissen, was es war.

Im Zentrum des Beckens ragte ein Müllberg auf. Der sich unter einem Schacht türmte. Shiloh lies es sich nicht nehmen, persönlich darauf herum zu klettern. Herad beschränkte sich darauf, den Hügel mehrmals zu umrunden. Er fand zerbrochene Knochen, aber auch leere Säcke von Baumaterial und allerlei Unrat. Jemand schien den Schacht schon seit langer Zeit als Mülleimer und Toilette zu benutzen. Höchstwahrscheinlich die Frateris, die dort unten arbeiteten. Er schickte Schädel III nach oben, der tatsächlich einen offenen Zugang zur Ebene 3 fand. Und der Schacht war breit genug, sodass sogar ein Erwachsener hineinfallen konnte. Und den Sturz konnte man durchaus unverletzt durch den gewaltigen Berg von Abfall überleben. War Gavri Pilgerstochter vielleicht hier herunter gefallen? Da dies die bisher wahrscheinlichste Möglichkeit war, ließ er seine Leute ausschwärmen. Sie fanden Dutzende weiterer Leichen, einige offenbar von Leuten, die hier gestürzt waren und den Sturz zuerst überlebt hatten, um dann jämmerlich zugrunde zu gehen. Einen ebenerdigen Zugang hatte das Becken nicht. Aber es fand sich ein weiterer Absatz, genau gegenüber der Position, von der sie aus das Becken betreten hatten.

Sie kletterten an einem von Shiloh verankerten Seil hoch und kamen an eine Treppe, die einst versiegelt worden war. Hier standen weitere Sätze, die keinen wirklichen Sinn ergaben. Hinter der Treppe gab es ein gewaltiges Gewölbe, in dem die Statuen von sieben mächtigen Engeln standen. Zuvor musste man noch ein Becken mit sauberem Wasser passieren. Der Raum schien über eine eigene Energieversorgung zu verfügen, da mächtige Strahler angingen. Inquisitor Herad musste zugeben, dass er beeindruckt war. Die Engel waren antike dynamische Kunstwerke, nicht so statisch wie sie heute dargestellt wurden. Unwillkürlich musste er an einige Worte des Dämonenprinzen denken, "Zierrat in den Kathedralen". Aber sofort wischte er den Gedanken beiseite, dass Gavri Pilgerstochter tatsächlich einen Erzengel in sich trug. Sie war von einem Tzeentchdämonen besessen, eine andere Möglichkeit konnte es nicht geben, durfte es nicht geben. Und er würde sie vernichten, koste was es wolle.

In den Wänden waren Gruftnischen eingelassen, die letzte Tote war vor etwa siebentausend Jahren bestattet worden, die mit Gold eingelegten und immer noch lesbaren Namen waren alle weiblich. Namen wie Theodora III ließen Herad vermuten, dass hier frühere planetare Gouverneurinnen bestattet worden waren. Ein weiterer begehbarer Ausgang lies sich hier zuerst nicht finden, da auch hier mal wieder alles zugemauert worden war, bis der Gelehrte Mattan einen weiterführenden Hohlraum im Sockel der einzigen weiblichen Engelsstatue mit einem seiner Geräte entdecken konnte. Die Gesichtszüge hatten eine sehr entfernte Ähnlichkeit mit Gavri Pilgerstochter, aber das war natürlich nur reiner Zufall.

"Ich spüre hier eine gebundene, psionische Kraft," merkte die Psionikerin Syntyche an. "Es scheint sich um einen Sensor zu handeln, der Psikräfte und das körperliche Alter misst."
"Welchen Zweck könnte so etwas haben?"
"Vielleicht kann man so den Zugang öffnen?" vermutete Interrogatorin Shiloh.
"Möglich, kannst du diese Türe öffnen, Syntyche?"
"Nein, ich glaube, der Sensor misst das psionische Potential derjenigen, die diesen Raum betreten und ab einer gewissen Schwelle öffnet sich die Türe automatisch. Mein Potential scheint offensichtlich nicht auszureichen oder mein Alter stimmt nicht."
"Nun, Tekoa, haben wir etwas Sprengstoff dabei?"
"Genug um den Raum hier einstürzen zu lassen, Herr Inquisitor." Tekoa grinste breit über das ganze Gesicht.

"Ein begehbares Loch im Sockel würde mir reichen." Mit schier kindlicher Freude begann sein Scherge mit der Arbeit. Nach zehn Minuten hatte er seine Öffnung im Sockel. Dahinter offenbarte sich ein gewundener Gang, auf dessen Boden einige Überreste von Skeletten lagen, die offenbar zerteilt worden waren. Offensichtlich waren hier schon andere eingedrungen, die es aber geschafft hatten, die Tür ohne Gewalt zu öffnen. Dafür hatten diese für massive Beschädigungen an den Gangwänden gesorgt und ein dort angebrachtes Relief weitestgehend zerstört. Er schickte Schädel III hinein, der ohne auf Widerstand zu treffen, eine hohe runde Halle erreichte, in deren Mitte eine gewaltige Säule aufragte. An dieser lehnten die Überreste eines glücklosen Kollegen von ihm.

Das lohnte, näher untersucht zu werden. "Havilah, erkunde den Gang!" Ihr Verlust war am leichtesten zu verschmerzen. Ohne zu zögern lief sie hinein. Brave Soldatin, blöd, aber mutig. Schon bald verlor er sie aus den Augen. Jetzt war es ein großer Nachteil, dass sie nicht mehr sprechen konnte. Nach fünf Minuten kam sie wieder und zeigte mit ein paar Gesten an, dass ihr offensichtlich nichts passiert war. Wahrscheinlich waren die Fallen schon lange alle ausgelöst worden. Fünf Schwestern der Sororitas übernahmen die Spitze, seine Gruppe in der Mitte, die restlichen Schwestern bildeten die Nachhut.

Die ersten zwanzig Meter passierte nichts, dann gab es ein hohes Sirren zu hören, gefolgt von einem satten "Tschonk". Gleichzeitig flackerte das Refraktorfeld des ehemaligen Leutnants auf, dann rutschte der Kopf von Tekoa sauber abgetrennt von den Schultern. Eine Blutfontäne schoss nun heraus, Körper und Schädel fielen zu Boden. Der Kopf kullerte bis zu Herads Füßen und er konnte den unendlich erstaunten Ausdruck auf dem toten Gesicht seines Schergen sehen.

"Verdammt!" fluchte der Inquisitor und starrte schockiert auf den Leichnam des Mannes, welcher der Definition von Freund in den letzten fünfzig Jahren am nächsten gekommen war. Ein weiterer Namen eines Toten in seinem verdammten Buch. Alle blieben wie angewurzelt stehen. Aber es passierte nichts weiter. Der Sergeant war hinter den Schwestern und Havilah gelaufen, die alle unverletzt waren. Was hatte das zu bedeuten? Auch gab es kein weiteres Sirren zu hören.

Vorsichtig ging er in die Knie und näherte sich der Stelle, wo Tekoas Leichnam lag. Wieder ertönte das Sirren und mit einem heftigen Schlag wurde ihm sein schöner Hut aus Stahl mit dem schmucken ][ darauf vom Kopf gerissen und eingebeult, nachdem sein Energiefeld einfach durchschlagen worden war. Eine sehr dünne Scheibe steckte in seiner Kopfbedeckung, ähnlich wie ein Shurikengeschoss, wie es die verdammten, arroganten, nichtsnutzigen, nervigen Eldar benutzten. Wahrscheinlich war das sogar ihre Technik, die hier verwendet worden war.

"Zurück!" bellte er und trat den Rückzug an. Havilah passierte die Stelle ohne das was passierte, auch wenn sie sich tief bückte. Die Schwestern lösten auch nichts aus.
"Könnte sein, dass die Falle auf Männer reagiert", vermutete Mattan, der wirklich nicht auf den Kopf gefallen war. "Auf dem Relief an der Wand ist ein tanzendes Mädchen abgebildet, vielleicht ist dieser Gang nur für Frauen gebaut worden."

"Ziemlich drastische Maßnahme zur Geschlechtertrennung." Sie hatte ihm gerade einen guten Mann gekostet. "Scheiße!" Der kompetente Tekoa war sehr versiert in seinen Fachbereichen gewesen, es würde nicht leicht sein, ihn zu ersetzen. "Verdammte Scheiße!" Ganz abgesehen von der menschlichen Seite. Aber er war Inquisitor und es kam nicht gut vor Fremden, wie den Sororitas Schwestern, übermäßig Gefühle zu zeigen. Der Tod war sein ständiger Begleiter, aber es hatte schon lange nicht mehr so weh getan, einen Schergen zu verlieren.

"Nun gut, Novizin Syntyche, dringt in den Säulenraum vor und untersucht ihn, wir bleiben hier." Die kleine Hexe war zwar recht wertvoll, da er wohl wieder Jahrzehnte warten dürfte, bis er wieder eine so mächtige Psionikerin zugeteilt bekommen würde, aber trotz ihres äußerst nervigen Kleinmädchengetues war sie doch für diese Art von Arbeit ausgebildet und ausgerüstet.

][​

Anmerkung: Das Gefecht in der Dunkelheit soll keine Parodie auf eine andere Geschichte in diesem Forum sein. Die Szene stand schon in groben Zügen vorher, habe nachträglich aber in Herads Triade das Wort Rekrutenzug gegen Zelotentrupp ausgetauscht.​
 
Zuletzt bearbeitet:
"Syntyche! Was hast du gesehen?" Brüllte er in seinen Kommunikator, den er im Ohr eingehängt hatte und dessen kleines Mikro neben seinem Mund an einer kleinen Stange befestigt war.
Die Beschreibung des "Headsets" gefällt mir nicht so ganz. Bzw. zum einen eine Interessante Beschreibung um noch mal auf die Techadepten zurück zu kommen (der Gipfel wäre wohl noch die Erwähnung von gesalbten Öl um den Maschinengeist milde zu stimmen 😉 ) bzw. den Eindruck zu verstärken, das Technik etwas wunderbares ist. Aber dazu ist mir die Stange zu simple.

Wie wäre es den mit "Bügel" statt Stange ?

Was! Erst jetzt? 😱hmy:
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:lol:
Naja, vorher war es eine Interessante "epische" Geschichte über ein kleines Mädchen. Jetzt kommen wir langsam zu den knallharten Kerlen und ihren Beweg/Hintergründen. Sowas kommt in Filmen immer zu kurz, du erkennst zwar die coolen Schweine als solche, aber weißt nie warum und weshalb sie so sind wie sie sind. Und das ist dir mit dem Inquisitor und seinem Gefolge aufs vortrefflichste gelungen!

Die Autopistolen und die Kreissäge hörten schließlich endlich auch auf und eine angenehme Stille senkte sich über den Raum.

Ich glaube da ist ein Wort zuviel ?
 
Juhu, es geht weiter 😀

Toller Teil, auch wenn ich noch leichte Schwierigkeiten mit der Einordnung der Gruft habe. War Gavri nicht auch zum See der Tränen gekommen? Der kam mir irgendwie bekannt vor.

Ansonsten hätte ich von dem Gang etwas mehr erwartet. Ich hatte eigentlich gedacht, man darf die Füße nur an ganz bestimmte Stellen (den Tanzschritten eben) setzen, um die Fallen nicht auszulösen!? Aber vermutlich hätte die Truppe dann ziemlich große Schwierigkeiten, da durchzukommen 😉
 
Meinerseits eine Anmerkung zu den Charakteren:

Herad Tabelmann: Langsam wird sein Charakter immer tiefer. Eine echte Persönlichkeit, nicht nur ein Name in einem Buch. Jetzt noch zu wissen, was auf Höhe 495 passierte, würde das Bild abrunden. Aber wie ich dich kenne, kommt das bestimmt irgendwann.

Syntyche: Mit solchen Mädchen habe ich immer Mitleid. Oder ich schreibe selbst über sie (SHOKer wirds noch wissen). Kleine Psionikerinnen^^.

Tekoa: Schade. Wer soll den jetzt was in die Luft jagen. Und das Herad auch den Verlust einer Scherge betrauert finde ich hervorragend. Inquisitoren kamen mir nämlich schon immer sehr unrealistisch vor. Jeder Mensch hat mind. einen Freund. Selbst ein Inquisitor kann da keine Ausnahme bilden.
Positiv finde ich hierran, dass Tekoa so unspäktakulär (relativ) und unvorhergesehen starb. In vielen Geschichten (besonders aber in Filmen) fällt mir stets negativ auf, dass von den Hauptpersonen keiner draufgeht. Das ist schließlich unrealistisch.

Shiloh: Die kam in diesem Kapitel etwas zu kurz.

Havilah: Kannst du ie nicht endlich abkratzen lassen? Bitte.

Sonst zum Kapitel: Der Kreis scheint sich langsam zu schließen, bzw. macht er einen Bogen und weitet sich nicht weiter aus. Ich bin gespannt, ob Herad was findet oder ob Gabriel nichts zurückließ.
 
Diesmal melde ich mich schneller mit einem Review zurück. 🙂

Das Update weiß selbstverständlich wieder zu gefallen. Insbesondere das Gefecht gegen die "Monsterratten" verleiht der Geschichte eine interessante Note. Es ist einfach schön zu lesen, dass auch der Elite der Elite solche Schnitzer unterlaufen.

Die Erkundung des Ganges wiederum kommt mir fast etwas zu kurz daher. Ich weiß schon, dass sie bei Weitem noch nicht durch Gabriels Labyrinth durch sind, aber ich hätte mir hier ein wenig mehr Atmosphäre und Emotionen gewünscht. Zwar ist es schön, dass der Inquisitor beim Tod seines Schergen den Verlust eines guten Freundes bedauert, aber hier fehlt mir einfach die ausführliche Beschreibung dessen, was in ihm vorgeht. Vielleicht hätte er sich bei dieser Gelegenheit an ein, zwei Erlebnisse mit Tekoa erinnern können. Auch sein innerer Kampf damit, diese Gefühle nicht raus zu lassen hätte stärker betont werden können.

Alles in Allem aber gewohnt solide Arbeit. 😉
 
Wieder mal ein toller teil....warum bemängelt man das er zu wenig gefühle und gedanken zeigt?
als inquisitor muss er erst mal die situation analysieren und einen kühlen kopf bewahren....trauer etc. kommt erst später.

Das die katakomben anders beschrieben wurden liegt wohl auch stark an der sichtweise der charaktere...gavri als verblendete anhängerin des leichen gottes (ja ich bin chaos fan)
Tablemann und die anderen sind da weitaus abgeklärter und nicht so "verblendet" um jeden kirchlichen firlefanz überhaupt zu beachten....es sei den es geht um die arbeit

Aber ich glaube der gute inquisitor brauch dringend ne frau.
Warum sonst würde er sich mit solchen "schönheiten" umgeben.
Havilah = Dicke Tit...ähhh große sekundäre geschlechts merkmale:lol:
Syntyche = Knack Ar....Apfelbäckchen:lol:

Und was sind an 15 cm ratten denn so schlimm....möchte nicht wissen was die macht wenn sie eine von unseren norddeutschen wasserratten sieht😀