40k Das Schwinden Band IV bis VI vollendet

Juhuu, endlich geht es weiter... sprachlich ist es mal wieder auf sehr hohem Niveau und auch der Aufbau ist gut gelungen. Ich weiß ja noch nicht wie sich dieser Band im weiteren gestalten wird aber für meinen Geschmack sind es zuviele Rückblenden am Anfang, hätte mir gerne etwas mehr aus der aktullen zeitlichen Handlung um Herad gewünscht aber vielleicht wird das ja noch.

Ich sagte ja, die zwei Rückblenden sind so etwas unglücklich plaziert, um die spätere Handlung nicht zu durchbrechen.

Und ich wage schonmal eine kleine These aufzustellen, ist die gute Shiloh etwa schwanger ?

Auf diesen Verdacht könnte man durchaus kommen.

Hiho,
vielen Dnak dafür, daß du vor Wiehnachten uns noch mit einem Teil beglückst. Ich hatte es gehofft .

Bitte schön!

Hmm aber hab ich mich geirrt, und "The Man" Tablemann trifft doch nicht mit Gabriel zusammen? Oder ist das übersprungen?
Liegt daran, dass das jetzt erst kommt.

Der Rückblick ist schon nice. Vor allem da schon angedeutet wurde, das Shiloh da eine verwegene Vergangenheit hat. Muss ich auch nochmal nachlesen.

Ja, da war schon was angedeutet, was so langsam konkreter wird.

Herads Rückblick war jetzt irgendwie weniger spannend, da das meiste eigentlich schon bekannt war. Aber seine kleine Schwester hast du schon gut getroffen.

Es sollte nur noch mal seinen Hintergrund zurück ins Gedächtnis bringen.

Ich wünsche dir auf jeden Fall ein frohes Fest und einen guten Rutsch.
Vielen Dank für das Jahr an Unterhaltung.

Danke schön!

Allen meinen treuen Lesern ein gutes neues Jahr.

Persona Dramatis
Die Inquisition

Ordo Hereticus
Herad Tabelmann: Inquisitor, stammt von Boonhaven, ehemals Angehöriger der PVS, gehört der gemäßigt radikalen Fraktion der Rekongregatoren an.
Seine Akolythen
Shiloh: Interrogatorin und Geliebte von Herad, stammt von der Wüstenwelt Toth
Zebulon: Explikator und hochgewachsener Spezialist für schwere Waffen, führt am liebsten seine "Kreissäge", ein Maschinengewehr ins Gefecht, stammt von Plaines.
Syntyche: Novizin und Sanktionierte Psionikerin, etwas schusselig und weichherzig
Mattan: Älterer Mann und wissenschaftlicher Berater

Konföderation des Lichtes
Schwester Luna - Streitbare Schwester aus Gabriels Leibwache
Gabriel - Die Lichtbringerin
Gavri Pilgerstochter - Gabriels Gefäß


Kapitel 2
Position:
Konföderation des Lichtes
Segmentum Pacificus
System Verräterstern
Orbit von Fabrik
Transporter GK MK.103 SP XXIV
Zeit: 2 846 996.M41
Person: Herad Tabelmann

Es war mitten im Schlafzyklus, als sie Herad holen kamen. Er hatte gerade von früher geträumt, von der Beerdigung seiner Mutter und kleinen Schwester. Ob das ein böses Omen war? Fünf Minuten wurde ihm gegeben, sich anzuziehen und sich bereit zu machen. Damit hatte Herad kein Problem, in der Schola Progenium hatte er auch nur so viel Zeit gehabt, sich fertig zu machen und auch noch sein Bett zu richten. Aber leider fehlte ihm die Zeit, sich richtig von Shiloh und seinen anderen Leuten zu verabschieden.

"Gleich fünf Schwestern und die Proscura noch dazu, zu viel der Ehre um einen einzigen Inquisitor zu bewachen.", scherzte Herad, aber die Schwestern der Sororitas gingen nicht darauf ein. Es wunderte ihn, dass sie ihn nicht nach versteckten Waffen durchsuchten und auch nicht sein offen getragenes Hexagrammfeld beschlagnahmten. Sein einziger Schutz vor Psioniker, auch wenn er nicht sicher war, ob er damit wirklich etwas gegen Gavri Pilgerstochter und ihren Passagier ausrichten konnte. Waffen hatte er zwar keine mehr, aber sie konnten nicht sicher sein, alle gefunden zu haben. Aber vielleicht hatte die Hexe gesehen, dass er keine Waffen mehr hatte und ihre Leute entsprechend instruiert. Die Schwestern dirigierten ihn durch das halbe Schiff, das wie ausgestorben wirkte. Sie hatten zwar gerade den Nachtzyklus, aber da sie überhaupt niemanden begegneten, nahm er an, dass die anderen Passagiere, in dem Fall ein eigentliches Imperiales Regiment, das 43. Ghersom, das Schiff schon verlassen hatte. Es war erschreckend, wie weitreichend diese Häresie schon gereift war, wenn sie einfach imperiale Transporterschiffe nach Gutdünken umleiten und für ihre eigenen verräterischen Zwecke einspannen konnten.

Im Hangar wartete ein Landungsboot auf sie und wenig überraschend waren sie die einzigen Passagiere. Die Schwestern zeigten ihm seinen Platz und gruppierten sich um ihn herum. Mit einigen dummen verletzenden Sprüchen wollte er sie aus der Reserve locken, aber sie zeigten selbst bei anzüglichen Beleidigungen keinerlei Reaktion. So unterlies er schließlich seine Kommentare und hing seinen Gedanken nach. War dies sein letzter Tag? Wollte Gavri ihn persönlich töten? Wahrscheinlich würde sie ihn vorher zum Verrat verleiten wollen, wie es wohl ihre Masche war. Eine recht erfolgreiche Masche, wenn dieses Kunststück ihr selbst bei Sororitas Schwestern gelang. Er bemerkte, wie eine der Schwestern neben ihm den Rosenkranz betete, als würde sie immer noch an den Imperator glauben.

"Sie können mit dieser Schau aufhören. Ihr Verrat an den Imperator kann dadurch nicht kaschiert werden." Die junge Schwester, die blaue Augen und blonde Haare hatte, funkelte ihn wütend an.

"Wir haben den Imperator nicht verraten! Er ist immer noch der Imperator, der tot in seinem goldenen Thron liegt, während seine unsterbliche Seele zehntausend Jahre lang für die Menschheit geleuchtet und gewacht hat. Er, der die Menschheit wieder vereinigt hat, um allen ein Leben in Sicherheit vor widerwärtigen Xenos und verderblichen Bestien des Warps zu gewähren. Wir wissen jetzt, dass er kein Gott ist, aber das mindert nicht sein Ansehen, sondern erhöht es eher noch. Der Imperator ist der heiligste, größte Mensch, der je gelebt hat, der das größtmögliche Opfer eines Menschen gebracht hat. Die Ekklesiarchie hat ihn verraten! Der Senat hat ihn verraten! Jeden Tag schänden sie sein Andenken! Jeden Tag ziehen sie seinen Namen in den Schmutz! Jeden Tag pervertieren sie sein Vermächtnis! Der Imperator wollte ein Imperium erschaffen, in dem die gesamte Menschheit ohne Leid und Not in Frieden leben kann, aber diese Kreaturen, welche jetzt an der Macht sind, halten die Menschheit künstlich in einem Zustand fortwährenden Leides! Während Knechte wie Sie diesen schrecklichen Status Quo erhalten, indem sie jeden aufrechten, denkenden Menschen ins Feuer werfen, bereichern sich Ihre Herren am Leid der entrechteten Trilliarden, zehren wie Parasiten vom gequälten Volk!" Das Gesicht der jungen Frau war rot angelaufen und in ihren Augen leuchtete ein Feuer des Fanatismus, wie er ihn selbst bei Sororitas Schwestern selten gesehen hatte. Er verkniff sich jeden Kommentar und verhielt sich ruhig, da er nicht testen wollte, wie sehr sie ihre Befehle befolgte, wenn sie wirklich wütend war. Herad schloss die Augen und versuchte ihre flammende Rede zu vergessen. Das Schlimmste war, teilweise hatte sie ja durchaus recht.

Ein Rucken ging durch das Schiff und er wusste, dass sie gerade in die Atmosphäre eines Planeten eintraten. Schon bald konnte er das Heulen des Fahrtwindes hören und er wurde deutlich in den Sitz gepresst, als das Landemanöver eingeleitet wurde. Die eigentliche Landung war kaum zu spüren. Die Schwestern nahmen ihn in die Mitte und trieben ihn über die nun geöffnete Sturmrampe in den Regen. Dazu kam noch ein kalter Wind, der ihn frösteln lies. Die Luft roch nach salzigem Meer, das allerdings von seiner Position aus nicht zu sehen war. Das Landungsboot war auf einem Luftwaffenstützpunkt gelandet. Die Gebäude, sofern sie nicht zerstört waren, wiesen noch Überreste von Chaos Ikonographie auf. Kaum hatte er das Schiff verlassen, als von einer Kolonne Krankenwägen aus Verwundete auf das Schiff verladen wurden. In der Luft konnte er aufsteigende und landende Staffeln von Jägern und Bombern verschiedener Typen sehen. Als Hoheitszeichen trugen sie das Symbol der Konföderation des Lichtes, also der sechseckige Stern, der ein Ritterkreuz im Zentrum hatte, wobei der Stern von einem Dreiviertelkreis eingerahmt wurde.

"Wo sind wir hier?" Es überraschte ihn nicht, dass niemand ihm antwortete. Ein Radfahrzeug hupte und seine Schwestern brachten ihn zum Wagen. Sie stiegen hinten ein und fuhren durch den halben Stützpunkt. Überall wurde gebaut und repariert. Er sah viele Männer in orangenen Anzügen, deren Gesichter deutlich mit Symbolen des Chaos verunstaltet waren. Sie waren ungefesselt und er konnte kaum Aufseher ausmachen, die ihre Waffen noch nicht mal in Vorhalte trugen. Was hatte das zu bedeuten?

Sein Blick fiel auf einen mächtigen Panzer, eine bizarre Mischung zwischen einem Rad-, Ketten- und Läuferfahrzeug. Aus dem Rumpf ragten auf jeder Seite sechs Extremitäten, die in je einer Antriebseinheit ausliefen, die zu einer Seite aus einem Kettenlaufwerk und auf der unteren Seite aus einem massiven Rad bestanden. Der Rumpf war sehr flach gehalten, wurde am Ende aber deutlich dicker und Herad konnte massive Lüftungsgitter sehen. Im vorderen Drittel war ein großer drehbarer Turm montiert, der eine gewaltige Abschussvorrichtung trug. Das Rohr war mindestens zwölf Meter lang. Der Turm war langgestreckt und zwei sekundäre Türme waren oberhalb noch befestigt, die mit Sturmkanonen bestückt waren. Über dem Rohr waren noch zwei Lasergeschütze angebracht. Auch befanden sich im Turm selbst noch ein Flammenwerfer und ein Multilaser. Von den Abmessungen war dieser Panzer so groß wie ein Baneblade, wenn sicherlich auch etwas niedriger. So ein Fahrzeug hatte er noch nie gesehen und seine stromlineinförmige Linienführung hatte etwas sehr Archaisches an sich. Aber dieses Fahrzeug sah brandneu aus mit einem in Grau gehalten Dreifarben-Tarnanstrich. In der Mitte des Turmes war ein silbernes Fleur-de-Lys auf einem blauen Kreis, darunter stand in silbernen Lettern "2. Engelsgarde 402".

Der Wagen hielt vor einem Marauder Zerstörer, der wohl zu einer Kuriervariante umgebaut worden war, denn der Bombenschacht beherbergte nun eine Passagierkabine. Leider hatte die keine Fenster. Kaum hatte er Platz genommen, heulten die vier Turbinen auf und sie rollten auf die Startbahn. Er wurde mal wieder in den Sitz gepresst, als der Bomber startete. Sie flogen etwa zwei Stunden, was in etwa einer zurückgelegten Strecke von drei- bis viertausend Kilometern entsprechen dürfte.

Der Marauder landete auf einem weiteren, weitestgehend zerstörten Fliegerhorst. Hier waren zerstörte Chaosflieger zu sehen, die wohl am Boden erwischt worden waren. Die Chaosikonographie war allgegenwärtig, auch wenn die Symbole alle beschädigt waren. Sie stiegen um in zwei wartende Schweber, die entfernt an Walküren erinnerten. Aber sie sahen schnittiger und auch gefährlicher aus. Als wären es fortschrittliche Weiterentwicklungen oder die uralte ursprüngliche Baureihe dieses Waffentypes. Im Imperium waren ältere Baureihen fortschrittlicherer als die Neuauflagen. Ein Umstand, der ihn schon lange wurmte.

Auch hier hoben sie sofort ab, kaum dass sie sich angeschnallt hatten. Hier konnte er wenigstens nach draußen sehen. Er sah eine von Industrieabfällen verschandelte Landschaft. Einige zerstörte Festungsanlagen waren zu erkennen, nach der Art der Beschädigungen zu urteilen waren sie durch einen Erdangriff vernichtet worden. Hin und wieder sah er orangegekleidete Männer, die brennende Scheiterhaufen mit Leichen beschickten. Unzählige Wracks von Fahrzeugen aller Art säumten die Route. Auf diesem Planeten herrschte unübersehbar ein brutaler Krieg, ein Krieg gegen das Chaos. Aber das Chaos kämpfte oft genug gegen sich selbst, so bewies das rein gar nichts. Herad fragte sich, warum er das alles zu sehen bekam. Versuchte Gavri Pilgerstochter, ihn damit zu beeindrucken? Was wollte sie überhaupt von ihm? Er selbst wollte dieses Miststück mal im Augenschein nehmen, vielleicht ergab sich eine Gelegenheit für ihn, sie zu töten. Er war ein versierter Nahkämpfer und sein Hexagrammfeld gab ihm vielleicht den entscheidenden Vorteil. Aber im Innersten wusste er nur zu genau, dass er gegen ein Wesen, das Dämonenprinzen töten konnte, keine Chance hatte.

Am Horizont waren nun unzählige Rauchfahnen zu sehen. Sie näherten sich der Frontlinie. Ihr Schweber tauchte nun in eine Senke hinein und Herad sah ein gewaltiges, knapp über den Boden schwebendes Schiff mit zwei miteinander verbundenen schwimmfähigen Rümpfen. So etwas hatte er noch nie gesehen. Es war eindeutig durch die Heckdüsen ersichtlich ein Raumschiff, das durch zwei Schiffsrümpfe wie ein gigantischer, etwa fünfhundert Meter langer Katamaran schwimmfähig war. Eine maritime Ruderanlage und Schiffsantrieb waren im unteren hinteren Bereich des Rumpfes sichtbar. Zwischen zwei hochgezogenen Wülsten mit Batterien von Luftabwehrgeschützen und Raketen war eine Start- und Landefläche zu sehen. Dahinter war ein großer, schräger Aufbau, auf dessen Dach ebenfalls Abwehrvorrichtungen und auch Ortungsgeräte zu sehen waren. Vorne befanden sich Batterien von Offensivgeschützen verschiedenen Kalibers und Machart in Drehtürmen gelagert. Gerade wurden einige Geschütze abgefeuert und ein Schwarm von Marschflugkörpern zischte davon. Auf den Seiten war eine große Sieben zu sehen.

"Beim Thron! Was ist denn das für ein Vehikel?", fragte er perplex, da er so ein Design noch nie gesehen hatte.
"Der mobile Gefechtsstand der Siebten Armee.", erklärte Schwester Luna.
"Ein Gefechtsstand? Das riesige Ding?" Imperiale Kommandeure einer Armee benutzten meist Leviathan Kommandofahrzeuge, die gigantische Ausmaße hatten. Aber hier konnte man mehrere Leviathane auf dem Landedeck parken. Wenn die Lichtbringerin ihn mit diesem Gefährt beeindrucken wollte, war ihr das wohl gelungen. Deswegen waren sie wahrscheinlich in den Schweber umgestiegen, damit er dieses Gefährt sehen konnte.

Dutzende schwerer Panzer in der gleichen Bauart wie er ihn auf dem Flughafen gesehen hatte, waren knapp hinter der Senke in Stellung gegangen. Weitere Fahrzeuge, ebenfalls in unbekannter Bauart, hatten sich dahinter aufgereiht. Ihr Schweber ging auf der Landeplattform des Kommandoschiffes hernieder, nachdem sie ein Schutzfeld passiert hatten. Die Schwestern trieben ihn eilig heraus und in ein Panzerschott, das ins Innere des gewaltigen Fahrzeuges führte. Nach einem kurzen Gangabschnitt mit Schleuse kamen sie zu einem Treppenhausschacht und stiegen höher in den Bauch des Giganten. Sie kamen an der Empore heraus, die einen Kommandoraum durchschnitt. Dieser Saal war großzügig dimensioniert. An der linken Seite befand sich ein gewaltiger Bildschirm, welcher gerade die Außenansicht zeigte. Darum gruppierten sich kleinere Schirme, die verschiedene Landschaften darstellten. Oder Statusanzeigen, mit denen er nichts anzufangen wusste. Auf der rechten Seite gab es abgetrennte Abteile. Wahrscheinlich Büros, Versammlungsräume und für administrative Zwecke.

Er konnte den gewaltigen Holotisch im Zentrum mit unzähligen Icons sehen. Einige offenbar hochrangige Offiziere umstanden den Tisch, debattierten oder sprachen in kleine Mikrophone, die sie sich umgehängt hatten. Herad hätte gerne länger verweilt, um sich die Gesichter der Verräter besser einprägen zu können, aber er wurde durch einen aufmunternden Stupser mit der Mündung eines Bolters im Godwin-Deaz Schema daran erinnert, dass er hier der Gefangene war. Sie trieben ihn durch ein Schott in der gegenüberliegenden Wand durch einen weiteren Gang in ein Empfangszimmer, in dem zwei verräterische Nonnen wache hielten und wurde sofort wohl ins Allerheiligste weiter geleitet. Dort saß sie nun, Gavri Pilgerstochter, die wohl gefährlichste Hexe der letzten zehntausend Jahre.

Irgendwie hatte er sie sich größer vorgestellt, dabei war sie einfach nur ein besessenes Mädchen von vierzehn Jahren. Aber trotzdem war sie eine beeindruckende Erscheinung, sie hatte etwas an sich, das einen Zwang, sie anzustarren, auslöste. Ihr goldglänzendes Haar fiel inzwischen offen über ihre Schultern, ihre blauen Augen strahlten von einem inneren Feuer und ihre Erscheinung war ohne Makel. Und das reine pure Böse erschien immer ohne Makel. Sie lächelte ihn an, enthüllte dabei ebenmäßige weiße Zähne. Für ihn wirkte es wie das Lächeln eines Raubtieres. Diese Person hatte ihn schon vernichtet, nur noch der letzte Todesstoß fehlte noch, um sein Kapitel zu beenden.

Kurz sah der Inquisitor sich im Raum um. Zimmer verrieten viel über den Bewohner. An der Wand hing ein großer Bildschirm, auf dem eine strategische Karte abgebildet war. Sie zeigte wohl das Sternensystem, in dem sie sich befanden. Es war ihm gänzlich unbekannt, kein imperiales System, von der er je gehört hatte, passte in diese Abbildung. In einer Ecke standen in einem beleuchteten Regal zwölf mickrige Topfpflanzen, deren tönerne Töpfe so grell und dilettantisch bemalt waren, dass nur kleine Kinder als Verursacher in Frage kamen. Wahrscheinlich ein Geschenk ihrer zwölf ehemaligen Schutzbefohlenen. An einer Wand hingen Blätter mit hingekritzelten Bildern, wahrscheinlich von der gleichen Quelle. Sie hielt also engen Kontakt mit ihrer ehemaligen Gruppe von Kindern. Oder wollte ihn das glauben machen.

Ihr massiver hölzerner Schreibtisch dominierte den kleinen Raum. Mit Kennerauge erkannte er ein exklusives Möbelstück von Kneita III, ein Welt, die für ihre hochwertigen hölzernen Einrichtungsgegenstände im ganzen Segment Pacificus berühmt war. Ein flacher kompakter Cogitator lag in der Mitte. Rechts stapelten sich Ausdrucke, Ordner und Papiere, links lag ein Modell eines Raumschiffes einer ihm unbekannten Bauart, schien aber eine Art Schlachtschiff mit Trägereigenschaft zu sein. Nur die Glaskuppeln auf dem Oberdeck störten den militärischen Gesamteindruck gewaltig. Sie selbst saß in einem funktionalen Bürostuhl ohne Schnickschnack. Für die Gäste gab es bequeme Ledersessel. Im Hintergrund gab es eine weiterführende Tür. Alles machte einen ordentlichen Eindruck. Die Bilder und bemalten Blumentöpfe schienen alphabetisch den Namen der Künstler nach angeordnet zu sein. Alles war akkurat ausgerichtet. Dieser Raum verströmte die personifizierte Ordnung. Weitere Menschen waren nicht anwesend. Er war mit der Besessenen alleine, die dieses Ambiente gut gewählt hatte.

Sein Auge zeigte an, dass Gavri Pilgertochter eine äußerst mächtige Psionikerin jenseits der geistigen Stabilität sein musste. Das waren äußerst schlechte Nachrichten. Es gab selten Psioniker, die mit Alpha und Höher zurechtkamen, die meisten starben schnell recht spektakulär mit Millionen unschuldiger Opfer, wenn sie unaufhaltsam in den Wahnsinn abglitten und alles in ihrer Umgebung zerstörten. Angeblich konnten sie sogar Titanen mit einem einzigen geistigen Befehl vernichten. Ihm waren in den letzen siebentausend Jahren nur zwei Fälle bekannt, wo diese mächtigen Psioniker nicht in den Wahnsinn abglitten oder von einem Dämon besessen wurden. Der eine war der blinde König gewesen, der mit frevelhafter Technik ganze Sterne vernichtet hatte. Der andere war Cacodomenius gewesen, welcher die Catelexis Häresie verursacht hatte. Manchmal dauerte es recht lange, bis sie wahnsinnig wurden, wie bei der brennenden Prinzessin, die eine recht traurige Berühmtheit innerhalb der Inquisition war, die letzte bekannte Hexe mit der Einstufung Alpha Plus in diesem Segment und es hatte einen Exterminatus gebraucht, um sie zu töten. Und es gab das hartnäckige Gerücht, dass diese Hexe immer noch lebte und ihren Tod nur vorgetäuscht hatte. Gavri war schon besessen, kein Wunder, dass sie einen stabilen Eindruck vermittelte.

"Willkommen Inquisitor Tabelmann, setzen Sie sich doch bitte. War Ihr Flug angenehm?"
"Außerordentlich! Es ist immer wieder schön zu sehen, wie weit Eure Intrigen und Machtspielchen schon gediehen sind.", giftete er sie an.
"Eine andere Antwort hätte mich auch ehrlich gesagt gewundert. Aber macht es Euch trotzdem bequem. Ihr fragt Euch sicherlich, was ich von Euch will. Um eines vorneweg zu sagen, es war nie meine Absicht, Euch zu schaden. Ihr seid eine höchst interessante Person. Ich kenne niemanden, dessen Ströme der Zeit so ständig im Fluss sind. Eine bemerkenswerte Eigenschaft."

"Es war also alles meine eigene Schuld?", fragte er etwas verärgert.
"Es war Eure eigene Entscheidung, die gesamte Führung der Ekklesiarchie auf Ghersom IV auf äußerst spektakuläre Weise und sehr grausame Art zu töten." Irgendwie hatte sie recht, aber das war nicht die ganze Wahrheit.
"Ihr habt dafür gesorgt, dass es so gelaufen ist!", warf er ihr vor.
"Ihr überschätzt meine Macht, das Schicksal zu beeinflussen. Es war Euer eigener Wille, Eure Vergangenheit, Euer aufgestauter Hass, der Euch das hat machen lassen. Ich profitiere davon, ohne Frage, aber ich habe nichts getan, was eure Entscheidung manipuliert hat."
"Warum habt ihr Euch nicht selbst um das Problem gekümmert? Sollte nicht gerade Euch nicht so ein Verbrechen interessieren?", fragte er etwas lauernd.

"Es war nicht meine Bestimmung, es zu beenden. Ich habe auf äußerst schmerzliche Weise gelernt, die Ströme der Zeit nicht zu manipulieren, nur um ein Problem, dass in der Zukunft befriedigend gelöst wird, im Jetzt zu lösen."
"Das hört sich für mich nach einer sehr billigen Ausrede an."
"Und für mich hört es sich an, als ob ihr eine billige Ausrede sucht. Ihr solltet dazu stehen, egal welche Konsequenzen sich daraus ergeben."
"Irgendwie komme ich mir dämlich vor, mit einem Dämon einen moralischen Disput über Zeit, Schuld und Sühne zu führen.", diese Diskussion konnte er so nicht gewinnen.
"Ihr habt das Thema forciert, nicht ich. Und ich bin kein Dämon, sondern das Gegenteil davon."
"Ein Engel? Wollt Ihr mir wirklich diesen Unsinn verkaufen? Warum werdet Ihr dann nie in den ernsthaften Schriften erwähnt?", fragte er mit einem bitteren Auflachen.
"Weil diese Schriften manipuliert sind. Genau genommen ist alles, was die Zeit vor .M33 beschreibt, eine einzige große Lüge mit ein paar spärlichen Fragmenten von Wahrheit vermischt.", erklärte die Hexe in ruhigem Tonfall. "Und die offizielle Geschichte danach ist ebenfalls geschönt."

"Wäre das nicht etwas viel Mühe, um nur eine Person aus den Aufzeichnungen zu tilgen?"
"Nicht nur ich wurde getilgt, das wäre zu viel der Ehre. Vieles ist ausgelöscht worden, was den Herrschenden im Senat und dem Tempel des imperialen Heilandes nicht ins Weltbild gepasst hat. Ihr solltet doch wissen, wie einfach es ist, Ereignisse in ein ganz anderes Licht zu tauchen und die wirklichen Beteiligten auszuklammern. Aber lasst Euch gesagt sein, das Universum besteht aus den zwei großen Gegensätzen, Gut, Böse, Licht, Dunkelheit, Ying, Yang, Plus, Minus, Positiv, Negativ, Ordnung, Chaos, Engel, Dämon. Das eine kann ohne das andere nicht existieren."
"Es gibt unzählige Berichte von Dämonensichtungen, die natürlich alle unter Verschluss gehalten werden, aber mir ist keine von Engeln bekannt, die nicht vorher normale Menschen gewesen waren."

"Weil es immer nur sehr wenige von uns gab und wir schon lange große Probleme damit haben, auf diese Ebene zu wechseln. Vor knapp siebzehntausend Jahren schickte der Herr uns Engel aus, um der Menschheit gegen das dämonische Maschinenimperium beizustehen. Und fast alle sind wieder zum Herrn zurückgekehrt. Wir sind nur ganz wenige, die immer noch den Konflikt gegen das Böse in Gestalt des Chaos austragen."

"Maschinenimperium? Was für eine Maschinenimperium?" Herad verstand nicht ganz, was sie meinte.
"In den heutigen Chroniken wird das als der Krieg gegen die Eisenmenschen genannt."
"Ach das!" Diesen Begriff kannte Herad, dieses Ereignis hatte den Anfang vom Ende des Dunklen Zeitalters der Technologie eingeläutet. "Und dafür waren dann Engel vonnöten?"

"Es waren eben mehr als nur amoklaufende profane Maschinen. Es waren in vielen Fällen von Dämonen besessene Konstrukte. Genauer gesagt Lakaien des hasserfüllten Erzdämons Khorne."
"Aha!" Mehr fiel Herad dazu nicht ein. Über diese Zeit war noch weniger bekannt, als über die Gründerjahre des Imperiums. Sie konnte wild alles behaupten und er würde nichts dazu sagen können. "Also, was willst du kleine häretische Hexe nun von mir?" Er wechselte zum Du, weil es ihm dämlich vorkam, die Hexe weiter zu siezen.

"Ich brauche ein schwarzes Schiff." Er begann schallend zu lachen.
"Klar, ich habe gerade eines in meiner Hosentasche stecken."
"Ich meine das Ernst. Ich brauche die Fracht der "Arche der Erlösung IV", wenn sie die Ernte eingefahren hat."
"Warum nicht gleich alle Schüler der Scholastica Psikana?"
"Weil das außerhalb deiner Möglichkeiten ist. Meiner zum jetzigen Zeitpunkt auch, die "Arche der Erlösung IV" ist ein realistisches, erreichbares Ziel in unserer Reichweite."
"Auch ein Inquisitor kann nicht das Kommando von einem schwarzen Schiff der Scholastica Psikana übernehmen."
"Ich weiß, aber du bist zum Dienst der "Arche der Erlösung IV" eingeteilt worden, um während der Reise nach Terra die Zeit sinnvoll zu nutzen. In knapp zwei Monaten wird dieses schwarze Schiff dich auf Ghersom IV aufnehmen. Auch ein neues Kontingent an Sororitasschwestern. Mit dir werden einige meiner Leute als dein Gefolge mit Bord kommen. Du brauchst eigentlich nur deine Arbeit als Inquisitor weiter machen, den Rest machen meine Leute."

"Aha? Woher willst du wissen, dass ich auf ein Schwarzes Schiff versetzt worden bin?"
"Diesen Befehl haben ich aufgefangen." Sie gab ihm ein Datablock, wo eine dekodierte astropatische Nachricht mit den korrekten Identifizierungs- und Autorisierungscodes mit einem solchen Befehl aufgelistet war. Das konnte jetzt stimmen, aber auch nicht. Würde aber passen. Seine Aktion auf Ghersom IV würde Folgen haben, das hatte er immer gewusst. Dass man ihm zum Hauptquartier zitieren würde, war eine durchaus wahrscheinliche Möglichkeit. So langsam wurde im klar, dass die Hexe sehr weit vorausplante.

"Und jetzt verrate mir mal, wofür du Psioniker brauchst.", vielleicht konnte er so über ihre weiterführende Pläne etwas erfahren. Sie betätigte mehre virtuelle Schalter ihrer Holotastatur und der Raum wurde dunkel. Vor ihm wurde die Galaxie mit den Grenzen des Imperiums projiziert.

"Das ist die Milchstraße, wie sie heute ist. Die Grenzen des Imperiums werden durch die Leuchtkraft des Astronomicons definiert. Im Jahr 41014 wird das Leuchtfeuer erlöschen, jeder Strom der Zeit, dem ich folgen kann, zeigt mir dieses Ergebnis an. Die Imperiale Raumfahrt wird fast vollständig zum Erliegen kommen. Der Großteil der imperialen Welten ist in der Lage, eine längere Zeit autark zu überleben. Aber etwas über hunderttausend Welten sind dazu nicht in der Lage." Auf der Karte erschienen blinkende Markierungen, welche diese Systeme wohl anzeigten. Herad war über dieses Detailwissen überrascht. Es erschien ihm beinahe unmöglich, dass sie wissen konnte, welche Systeme bei einem solchen Schreckensszenario gefährdet waren und welche nicht.

"Das kannst du doch gar nicht wissen. Nicht mal das Adeptus Administratum verfügt über solches Wissen, jedenfalls bräuchten sie hundert Jahre, um die Informationen zusammenzutragen."
"Meine kleinen Schwestern haben Jahrtausende lang Daten gesammelt und sie besser verwaltet, als das aufgeblasene und ineffiziente Adeptus Administratum. Ich gebe zu, dass einige Daten längst überholt sind. Vielleicht sind diese Welten schon heute durch einen Chaos oder Xenos Angriff komplett entvölkert. Aber ich gehe davon aus, dass der Großteil der Daten noch aktuell ist. Und Bevölkerungen expandieren eher, als das sie schrumpfen. Und von Segmentum Ultima kann ich nur grob schätzen. Aber nun zurück zum Thema.

Der Großteil davon sind Makropolwelten, deren Bevölkerung die Fünfundzwanzig Milliarden Grenze übersteigt und die keine systemeigenen Agrarplaneten zur Verfügung haben, bzw. deren Ertrag alleine nicht ausreicht. Der Strom der Güter wird fast augenblicklich abreißen oder stark verzögern. Nur noch wenige Schiffe werden über anfangs noch stabile Routen Warpsprünge machen können. Innerhalb kürzester Zeit werden katastrophale Hungersnöte ausbrechen. Um die wenigen Vorräte wird es zu einem blutigen Kampf kommen. Kannibalismus wird um sich greifen. Untergangspropheten, Erlösungs- und Chaoskulte werden die Gunst der Stunde nutzen und die ganze Sache noch verschlimmern. Du bist lange genug in diesem Geschäft, um dir die konkreten Auswirkungen ausmalen zu können. Innerhalb kürzester Zeit werden Billiarden, vielleicht sogar Trillionen von Menschen auf äußerst grausame Art sterben." Die Ketzerin machte eine Kunstpause, um die von ihr beschworenen Bilder wirken zu lassen. Herad gab ihr recht, was diese Folgen betraf. Er hatte schon von Hungersnöten gebeutelte Welten besucht, welche durch Missernten oder Probleme auf naheliegenden Agrarplaneten ins Unglück gestürzt worden waren. Es galt immer noch das alte Sprichwort, niemand hält einen hungrigen Mann auf.

"Der dadurch ausgelöste emotionale Rückschlag in den Warpraum könnte die Barriere zu diesem durchlässig werden lassen, im schlimmsten Fall sogar permanent zerstören." Sie wartete kurz um ihre Worte wirken zu lassen und fuhr dann fort. "Jeder Eintritt eines Raumschiffes reißt eine kleine Wunde in die Barriere, die sich sofort wieder schließt. Aber immer geht etwas Warp in den Realraum und Reales in den Warpraum hinein. Dadurch wird die Barriere dort sehr dünn, wie ein Narbengewebe. Raumschiffe hinterlassen im Warp ihre Spuren. Im Imperium gibt es einige sehr stark befahrene Routen. Und wenn man bedenkt, dass jeder Transfer eine ganz kleine Rille hinterlässt, werden aus diesen Rillen irgendwann Sollbruchstellen. Das ist wie wenn man mit einem Fingernagel über einen Holztisch fährt. Man kann das tausendmal machen und die Spuren sind nur mit dem Mikroskop zu erkennen. Aber nach vielen Millionen Mal, hinterlässt man tiefe Rillen. Oder wie bei alten steinernen Treppen. Nach Jahrhunderten sieht man deutlich die Spuren der unzähligen weichen Füße auf dem harten Stein." Wieder schwieg die Ketzerin kurz, um das Gesagte wirken zu lassen. Er kannte sich nicht wirklich mit den Eigenheiten des Warpraumes aus. Das taten die wenigsten. Aber was sie sagte, konnte stimmen. Oder auch nicht.

"An diesen Sollbruchstellen kann es dann durch dieses massierte gewaltige Leid passieren, dass der Warpraum in den Realraum durchbrechen wird. Die Risse werden die ganze Galaxis durchziehen und den Realraum für alle Zeit kontaminieren." Die Darstellung der Galaxie wurde graphisch nun mit violetten Linien unterlegt, wo die Hauptschifffahrtsrouten entlang liefen. Oder wo die Hexe diese vermutete.

"So können Dämonen den realen Raum nach Belieben betreten. Es wird zu einem noch gewaltigeren Leid kommen, noch mehr Menschen werden sterben und das Gefüge kann komplett kippen. Die ganze Galaxie kann zu einem einzigen gewaltigen Wirbel des Chaos werden, wo physikalische Gesetze keine Bedeutung haben. Das Ende der Zeit, das Ende alle Hoffnung hätte das zur Folge." Wieder gab sie ihm Zeit, das Gehörte erst einmal zu verdauen. Die kleine Hexe sprach von nicht weniger als dem Ende der Menschheit. Das Ende allen normalen Lebens. Wobei er nicht wirklich wusste, wie es im Chaoswirbel aussah. Dort musste es noch immer stabile Welten geben, da dort immer wieder frische Armeen ausgehoben wurden.

"Alle Sterblichen würden zu ihrem Leben auch ihre Seelen verlieren. Die wenigen Überlebenden würden in einen ewigen Strudel der Agonie und des Grauens gerissen werden. Verhältnisse wie sie jetzt schon im Auge des Terrors herrschen, würden überall in der gesamten Galaxie herrschen. Und dabei kann durchaus noch ein fünfter Chaoserzdämon geboren werden. Genauso wie Slaanesh einst aus der Essenz der verdorbenen Eldar geboren wurde, würde nun ein weiterer Erzdämon aus der Essenz der sich gegenseitig abschlachtenden Menschheit entstehen. Dieses zeigen mir viele Linien in die Zukunft an. Manch eine sieht auch ein Eingreifen eines etablierten Erzdämonen an, welcher das Umkippen stoppen wird, weil ihm klar ist, dass die Vernichtung der Menschheit ihm auf längere Sicht die Existenzgrundlage entzieht. Oder der Imperator greift auf Kosten seiner Seele ein letztes Mal ein und verhindert das Umkippen an sich, also würgt die Resonanz ab, aber Billionen von Menschen werden trotzdem auf grausamste Art sterben. Es gibt auch Ströme, welche aufzeigen, dass das finale Schwinden gar nicht erst stattfindet. Aber diese Ströme sind mit den deinen verbunden." Die Häretikerin sah ihn direkt in die Augen. Eines musste Herad ihr lassen, verkaufen konnte sie sich gut.

"So langsam versehe ich, wie du die anderen auf deine Seite gebracht hast. Wer will schon nicht der Retter der Menschheit sein?" Herad versuchte dabei unbeeindruckt auszusehen, aber zuerst musste er sich doch einen Klos im Hals wegräuspern. "Aber noch verstehe ich nicht, warum Du kleine Hexe dafür die Psioniker brauchst."

"Ich sage immer nur die Wahrheit, was mir die Ströme der Zeit zeigen, was mir ihre Herzen offenbaren. Du bist momentan der einzige Mensch der Galaxis der mir rechtzeitig sicher das liefern kann, was ich für das Überleben der Menschheit brauche, die Psioniker der "Arche der Erlösung IV". Das hier ist das Modell eines Leuchtfeuerschiffes." Sie nahm das Modell des Schiffes auf ihrem Schreibtisch in die Hand. "Einige tausend von ihnen werden nach der Erlöschung des Feuers des Imperators auf Terra die wichtigsten Handels und Versorgungsrouten offen halten. Ich kann leider das Leuchtfeuer selbst nicht mehr duplizieren, da ich keine so mächtige Seele mehr zur Verfügung habe. Aber ich kann viele kleine Feuer an stabilen und strategischen Punkten errichten und so die interstellare Raumfahrt am Leben erhalten. Mit einer ähnlichen Methode hat man das auch Anfang des zwanzigsten Jahrtausend so gemacht, um die interstellare Raumfahrt durch den Warpraum zu ermöglichen."

"Und dazu brauchst du Brennmaterial."
"Ich brauche psionisch aktive Menschen, aber ich werde sie nicht so verheizen wie die das auf Terra inzwischen machen. Sie werden Zirkel aus zwölf Mitgliedern bilden und jeweils sechs Stunden das Leuchtfeuer betreiben. Dann werden sie vom nächsten Zirkel abgelöst werden. So brennen sie nicht komplett aus und können ein erfülltes langes Leben auf diesen Schiffen mit eigener Biosphäre leben."
"Warum erzählst du mir das alles?"
"Um dir deutlich zu machen, was mit den Insassen der Arche IV geschehen wird, wenn du sie mir gibst."
"Und wie willst du verhindern, dass die ganzen Psioniker nicht einfach von Dämonen besetzt werden? Schließlich sind diese als deutlich sichtbarer Leuchtpunkt nicht zu übersehen."

"Damit", sie griff in eine Schublade und gab ihm ein Stirnband aus einem schweren Metall einer ihm unbekannten Legierung, die hellrot wie Kupfer im Licht schimmerte. Das Stirnband bestand aus zwölf Segmenten, in dem jeder ein anderes Symbol graviert war, Sterne, Kreuze, Kreise und Halbkreise. Diese wiederrum waren von Schriftzeichen einer ihm unbekannten Sprache umringt, die wohl ganze Sätze bildeten.
"Diese Stirnbänder bestehen aus einer Legierung, die es Dämonen fast unmöglich macht, den Geist des Trägers zu besitzen oder zu beeinflussen."

"Und die Symbole?"
"Sorgen dafür, dass es unmöglich wird. Die Symbole und die Legierung allein reichen nicht, aber in Kombination halten sie zu hundert Prozent einen Dämonen und Versklaver ab."
"Und das wirkt?"
"Sicherlich, damit haben sich Psioniker in der Spätzeit der Terranischen Konföderation vor den sogenannten Bestien hinter dem Schleier geschützt."
"Terranische Konföderation?"
"Das ist der Name des Sternenbundes, welcher die Besiedlung der Galaxie von Terra aus vorangetrieben hat." Er konnte mit dem Namen nichts anfangen. Er gab ihr das Band zurück.

"Mit diesen Leuchtschiffen hast du dann die absolute Kontrolle über den Raumhandel. Mit dem Abzug eines Schiffes kannst du ganze missliebige Sektoren isolieren."
"Das ist korrekt."
"Das gibt dir sehr viel Macht."
"Das stimmt." Er hatte erwartet, dass sie irgendwelche fadenscheinige Beschwichtigungen vom Stapel lassen würde. Dass sie diese Machtfülle und deren Potential zum Machtmissbrauch einfach offen zugab, nahm ihm etwas den Wind aus den Segeln.

"Das Astronomicon ist sicherlich der vitalste Punkt des Imperiums. Erlöscht es, erlöscht das Imperium. Wenn ich dich richtig verstehe, kennst du die Funktionsweise dieses Leuchtfeuers."
"Ich habe es mit dem Imperator zusammen konstruiert."
"Dann könntest du es auch jederzeit zum Erlöschen bringen?"
"Da vermutest du richtig."
"Du kannst damit deine Prophezeiung, dass das Astronomicon im Jahr 41014 erlöscht, also wahr machen, egal ob es nun ein Ritual gab oder nicht."
"Theoretisch ja. Letztendlich ist das Astronomicon nichts weiter als eine sehr komplexe Maschine mit einigen hochempfindlichen psionischen Komponenten. Und wie jede Maschine kann man es auch abstellen und das sogar relativ einfach." Gabriel gab unumwunden zu, dass sie das Imperium relativ einfach vernichten und durch die Kontrolle der Handelsrouten gefügig machen konnte. Eine Billionen Mann zählende Armee nützte nichts, wenn man sie nicht zum Feind schaffen konnte.

"Wenn man kleine Leuchtfeuer mit wechselnden Schichten von Psionikern betreiben kann, ohne das diese ausbrennen, warum geht dies nicht beim Astronomicon?"
"Mir ist nicht ganz klar, warum überhaupt Psioniker im Astronomicon verheizt werden. Früher zu Lebzeiten des Imperators gab es schon den Schichtbetrieb und nach der Seelenbindung des Imperators gab es überhaupt keine Psioniker im Astronomicon. Ich denke mal, zwei Faktoren sind dafür verantwortlich. Zum einen sind beim Enthauptungsschlag nicht nur der komplette Senat und ich vernichtet worden, sondern auch deren Gefolge. Sehr viel tiefgreifendes technisches Wissen über die Feinheiten des Astronomicon starben an jenem Tag. Gewisse Dinge standen eben nie in Handbüchern, sondern wurden jeweils durch praktische Anwendungen weiter gegeben. Soll heißen, nach dem Enthauptungsschlag wusste niemand mehr, wie das Astronomicon eigentlich genau funktioniert und wie man es richtig justiert. Das Ganze war kein Problem bis durch die Vernichtung von Cacodomenius sein psionischen Todesschrei das Astronomicon zum erlöschen brachte. Normalerweise hätte man das durch einen regulären Neustart beheben können. Wahrscheinlich war aber die dazu notwendige Routine vergessen worden. Möglicherweise hat man in Panik damals alles Mögliche versucht und die uralten ursprünglichen Psionikerkammern wieder mit Psionikern gefüllt. Damit konnte das Feuer neu aktiviert werden mit dem gigantischen Nachteil, dass nun laufend psionische Energie von außen nachgeführt werden musste. Und da niemand mehr wusste, dass man das ausbrennen durch simplen Schichtbetrieb minimieren konnte, wurden einfach immer mehr Psioniker in immer schnellerer Folge herangezogen. Wir wissen ja beide, wie wenig ein Menschenleben im Imperium zählt", erklärte Gabriel, ohne allzu Schulmeisterlich dabei rüber zu kommen. Herad fand es Bemerkenswert, dass sie zugab, die genauen Gründe nicht zu wissen.

"Gut und schön, aber wenn das Astronomicon einst schon erfolgreich durch Psioniker betrieben wurde, warum ist nun die Seele des Imperators zwingend dafür notwendig?" fragte Herad weiter.
"Anfangs war das Imperium nur sehr klein, deswegen reichten in den ersten Jahren eine Sichtweite von hundert Lichtjahren durchaus aus. Im laufe der Zeit waren immer mehr Psioniker notwendig und der Imperator und ich speisten zusätzliche psionische Energie in Speicherkristalle. Irgendwann war auch dies nicht mehr ausreichend und der Imperator war gezwungen jemand anderem die Verantwortung über den Kreuzzug zu übertragen, um nach Terra zurück zu kehren. Schließlich war also nur die psionische Kraft des mächtigsten Psionikers aller Zeiten in der Lage, die gewaltige Leuchtweite aufrecht zu erhalten." Das hörte sich für Herad schlüssig an.

"Mir ist bekannt, dass dem Imperator täglich Psioniker vor dem goldenen Thron geopfert werden, warum ist dies notwendig, wenn er tot und seine Seele im Astronomicon gebunden ist?" bohrte der Inquisitor weiter.
"Die Praxis der Opferungen von Psionikern, manche Quellen sprechen von hundert, anderen von genau tausend und manche sogar von tausenden, ist erst nach meinem ableben aufgekommen. Ich bin mir nicht sicher, aber wahrscheinlich braucht der goldenen Thron eine zusätzliche Zuführung psionischer Energie, um weiter zu funktionieren zu können."
"Und welche Funktion hat der goldene Thron, wenn nicht den Imperator am Leben zu erhalten?" fragte Herad lauernd.
"Der goldene Thron war schon immer mehr als ein Mausoleum für die Leiche eines Mannes. Aber dieser Punkt steht heute nicht zur Debatte", würgte Gabriel das Thema ab. Herad überlegte, ob er weiter nach bohren sollte, aber im nächsten Moment hatte er das Thema schon wieder vergessen.

"Du scheinst mir in der Beziehung mit dem Astronomicon ehrlich zu sein. Deine Argumentationskette hat durchaus was für sich. Warum damit nicht beim Senat anklopfen und die Zwölf Senatoren auf die Gefahr aufmerksam machen?" fragte Tabelmann, sich auf das eigentliche Thema besinnend. Irgendwie hatte er das Gefühl, gerade etwas Wichtiges vergessen zu haben, aber kam einfach nicht darauf, was.

"Selbst wenn sie mich anhören würden, was sie nicht tun werden, schon dreimal nicht, nachdem der Diabolus Hereticus und eine Alpha Omega Exterminatus Order über mich verhängt worden sind, würden die Gegenmaßnahmen unter deren Regie zu lange brauchen und es wäre nichts gewonnen. Zu viele imperiale Organisationen haben nur zu verlieren und deren Kurzsichtigkeit hat das Imperium erst in diese fast aussichtslose Lage manövriert. Diese Organisationen würden jede Reform aufs Äußerste bekämpfen oder einfach verschleppen, mit simplen Mitteln sabotieren. Nein, das ist keine mögliche Option mehr, dieser Zug ist schon lange abgefahren." Als Rekongregator pflichtete er bei ihrer Einschätzung der Imperialen Organisationen innerlich bei.

"Und warum besorgst du dir die Arche IV nicht selbst?", fragte er, da diese Hexe nachweißlich sehr mächtig war.
"Das Schiff ist mehrfach gegen psionisches Eindringen und psionische Manipulation geschützt. Es ist eine gänzlich neue Art von Arche, eine der ersten einer neuen Generation von schwarzen Schiffen. Alle Erkenntnisse über Psioniker sind in den Bau mit eingeflossen. In einigen ganz wenigen Punkten gibt es selbst im Imperium noch Fortschritte. Ich kann da leider selber gar nichts machen."
"Muss deprimierend sein, dass es einen Ort gibt, wo du nicht Allmächtig bist." Herad erlaubte es sich breit zu grinsen. Sie schien leider nicht mal ansatzweise verärgert zu sein.

"Ich bin nicht allmächtig. Auch meine Macht hat ihre Grenzen, daran ist nichts Schlimmes.", gab sie ruhig bekannt.
"Und warum nimmst du sie dir nicht einfach mit äußerlicher Gewalt?"
"Diese Option ist mit einem zu hohen Risiko verbunden, da im Falle eines Entermanövers die Insassen vernichtet werden und der Kapitän des Schiffes kennt keine Skrupel, seine Vorgaben für diesen Fall einzuhalten. Und die Anweisungen sehen vor, lieber die Ernte zu vernichten, als sie in feindliche Hände fallen zu lassen."
"Ich verstehe, man braucht also einen Insider, um das Schiff von innen heraus zu knacken, jemand, der bereit ist, die Vernichtungsanlagen außer Betrieb zu setzen."
"Genauso verhält es sich."
"Ich habe nicht vor, das Imperium zu verraten. Und offensichtlich kannst du mich nicht dazu zwingen, da die Schwarzen Schiffe darauf ausgelegt sind, psionische Kräfte zu neutralisieren. Dein Bann würde dadurch früher oder später neutralisiert werden."

"In der Tat, ich kann dich nicht zwingen oder psionisch beeinflussen. Das will ich auch gar nicht. Ich kann nur an deine Vernunft appellieren. An dein Gewissen. An dein Herz, dass du nicht die Menschheit dem Imperium opfert. An deinen sehr ausgeprägten Sinn für Gerechtigkeit, nicht die Menschheit aus Grund falscher Loyalität an ein korruptes, inkompetentes und überaltertes System zu verraten."
"Starke Worte, aber ich sehe immer noch keinen Grund, dir zu helfen. Du kannst mich so viel anlügen wie du willst."
"Ich lüge nicht! Das Imperium ist unausweichlich dem Tod geweiht. Als Inquisitor kannst du die Lage einschätzen. Wie viele Jahre würde das Imperium deiner Meinung nach noch bestehen, auch wenn das Leuchtfeuer nicht erlöschen würde?"
"Sobald die notwendigen Reformen durch sind, bis in alle Ewigkeit."
"Und wird es jemals diese notwendigen Reformen geben?"
"Sobald der Senat einsieht, dass es nicht mehr anders geht. Wir von der Fraktion der Rekongregatoren kämpfen dafür und der Tag wird kommen, wo wir Erfolg haben werden. Dann wird das Imperium im neuen Glanz erstrahlen und die Menschheit wird eine goldene Epoche des Wohlstandes und Friedens erleben."

"Der Senat wird das in dieser Konstellation niemals einsehen. Sie sind zur Bewegungslosigkeit erstarrt, weil die Behörden, die dahinter stehen, das in den meisten Fällen auch sind. Es gibt nur eine einzige Senatorin, die in den letzten hundert Jahren etwas erfolgreich in ihrer Behörde geändert hat. Und das auch nur, weil ihre Institution fast immun gegen Agenten anderer Adepta ist. Und sie steht alleine da, isoliert, rennt in jeder Sitzung im Senat gegen eine Wand aus Ignoranz. Ihre Ausdauer ist bewundernswert, aber leider so verschwendete Liebesmühe wie die Reformbemühungen der Rekongregatoren. Schließlich versuchen andere Fraktionen der Inquisition genau das Gegenteil, den Status Quo zu zementieren und wie du selber weißt, sind sie sehr erfolgreich darin. Unbeweglichkeit wird dort leider zu oft mit Stärke verwechselt."

"Das sind vorrübergehende Rückschläge.", erklärte Herad wider besseren Wissens.
"Wirklich?" Gabriel sah ihn zurecht zweifelnd an.
"Ich gebe zu, dass wir in den letzten hundert Jahren nur wenig bewegt haben. Und ich habe auch nicht besonders viel dazu beigetragen. Aber irgendwann wird es sicherlich Bewegung im System geben."
"Leider läuft die Zeit ab. Das Imperium ist dem Tod geweiht, selbst wenn das Leuchtfeuer nicht ausgehen würde."
"Und ich weiß, dass der Imperator schützt!"
"Das tut er in der Tat. Schon sehr lange Zeit. Aber nicht mal er kann bis in alle Ewigkeit den Raumschiffen heimleuchten. Seine Zeit läuft ab."
"Das behauptest du. Beweise es!"
"Das kann ich momentan leider nicht. Wenn das Astronomicon für alle sichtbar verlöschen wird, ist es zu spät."
"Tja, dann kommen wir so wohl nicht weiter. Ich bin ja jetzt echt mal gespannt, wie du kleine Hexe mich ganz ohne Psionik zum Verräter machen willst." Herad erlaubte sich zu grinsen, während er innerlich sich Sorgen machte. Es gab durchaus Mittel und Wege, ihn zur Mitarbeit zu zwingen. Seine Liebe zu Shiloh wurde hier zum ernstlichen Problem. Aber wenn diese Hexe diesen Weg ging, ihn mit seiner Liebe zu zwingen, würde er sie als den Dämon enttarnen, der sie war. Das war sicherlich ein hoher Preis, aber als Inquisitor hatte er keine andere Wahl. Verrat war keine Option für ihn. Selbst Shilohs Leben war nicht der Preis für einen Treuebruch am Imperator. Egal wie sie ihn nun zurm Überlaufen zwingen wollte, sie würde sich als der Dämon verraten, der sie ihn Wahrheit war. Gespannt wartete er auf den finalen Beweis für seine Theorie, dass Gavri Pilgerstochter von einem Dämon besessen war.

Gedanke des Tages
Die lange erwartete Rückkehr von Herad und sein Zusammentreffen mit Gabriel. An dieser Szene habe ich über mehrere Jahre immer wieder gefeilt. Inzwischen gefällt sie mir gut und bin zufrieden damit. Beide Charaktere handeln nachvollziehbar und ihren Rollen gerecht. Es wird einiges über die Zustände im Imperium enthüllt. Das ist größtenteils alles offiziell. Auch wird das Kommandoschiff als technische Neuerung eingeführt. Dem einen oder anderem wird das sicherlich wieder zu abgehoben sein, aber die Wunder des Dunklen Zeitalters der Technologie haben eben andere Dimensionen und Stärken als die Vehikel des 41. Jahrtausends.

Zuerst war das Gespräch mit Gabriel ein langes Kapitel, habe sie aber dann doch halbiert, weil es zu viel für ein Kapitel geworden ist. Vielen Dank an SHOKer für sein Lektorat seine hilfreichen Hinweise.
 
Alles nochmal schreiben ... (bin ein Idiot.... doppel Idiot)
Hi,
toll dass du dir zwischen der Jahren die Mühe machst uns mit frischem Lesestoff zu versorgen =D
Die Diskussion zwischen THE MAN & Gabriel ist gut gelungen, gut das er sich als Inquisitor nicht zu schnell auf ihre Seite schlägt

Fünf Minuten wurde ihm gegeben
Ein Radfahrzeug hupte und seine Schwestern brachten ihn zum Wagen.
"Diesen Befehl haben ich aufgefangen."
nicht die Menschheit aus Grund falscher Loyalität
Dieses zeigen mir viele Linien in die Zukunft an.
Manch eine sieht auch ein Eingreifen eines etablierten Erzdämonen an

ich glaub ich hab was vergessen... hab aber keinen elan.

Ich wünsche weiter viel spaß am schreiben!
 
Oh man dieser Dark-Age shit ist sowas von geil...bei diesen Beschreibungen muss ich an Supreme Commander denken, gigantische mehrdimensionale Schlachten mit gigantischem Großgerät...herrlich!
Das macht deine Geschichte so unglaublich reizvoll, diese detaillierte und ständig ausschweifende Beschreibung, welche mir genau richtig in den Kram passt.
ich fände es übrigens schade wenn du Gad Varner außen vor lässt, die Parts aus seiner Sicht und der seiner Leute war für mich ein besonderes Highlight. Dort hast du deine Stärken ausgespielt, Schlachtbeschreibungen liegen dir nämlich mittlerweile überaus gut.
Zudem könnt ich jetzt wieder über den Dark-Age shit schwärmen, den du dort natürlich am besten darstellen konntest.

Mach einfach weiter, dein Zeug ist großartig!
 
Vielen Dank für die lieben Rückmeldungen. So was motiviert mich ungemein. Und deswegen gleich den nächsten Part des Gesprächs.

Persona Dramatis
Die Inquisition

Ordo Hereticus
Herad Tabelmann: Inquisitor , stammt von Boonhaven, ehemals Angehöriger der PVS, gehört der gemäßigt radikalen Fraktion der Rekongregatoren an.
Seine Akolythen
Shiloh: Interrogatorin und Geliebte von Herad, stammt von der Wüstenwelt Toth
Zebulon: Explikator und hochgewachsener Spezialist für schwere Waffen, führt am liebsten seine "Kreissäge", ein Maschinengewehr, ins Gefecht, stammt von Plaines.
Syntyche: Novizin und Sanktionierte Psionikerin, etwas schusselig und weichherzig
Mattan: Älterer Mann und wissenschaftlicher Berater

Bewohner von Boonhaven

Kysor VI, Gouverneur von Boonhaven
Herad Tabelmann, Sohn eines Oberst von Mordian und einer einheimischen Lehrerin
Oberst Johann Tabelmann, Vater von Herad
Janina Tabelmann, seine kleine Schwester
Luciella "Lucy" Tabelmann geborene Gennaro, Herads Mutter
Karli, Schulkamerad von Herad
Ivy, in gleicher Klasse wie Herad
Mutter Oberin, Schulleiterin der Schola Progenium
Vater Isaiah, Drillabt der Schola Progenium
Generalfeldmarschall von Roderick - Führer der Verbände der Imperialen Armee und der PVS auf dem Nordkontinent von Boonhaven.

Konföderation des Lichtes
Schwester Luna - Streitbare Schwester aus Gabriels Leibwache
Gabriel - Die Lichtbringerin
Gavri Pilgerstochter - Gabriels Gefäß

Kapitel 3​

Position:
Konföderation des Lichtes
Segmentum Pacificus
System Verräterstern
Nördliche Hemisphäre von Fabrik
Kommandostand der Legion
Gabriels Büro
Zeit: 2 846 996.M41
Person: Herad Tabelmann

"Es ist die Frage, ob es verwerflich ist, etwas zu "verraten", dass einen selbst schon zum Abschuss frei gegeben hat. Das Imperium hat dich mehrmals verraten, hat deine Familie dem unausweichlichen Tod preis gegeben oder teilweise sogar aktiv nachgeholfen.", eröffnete Gabriel in einem sehr ernsten Ton.
"Blödsinn!", erwiderte Herad aggressiv. Das war jetzt nicht das, was er erwartet hatte.
"Ich kann es dir zeigen", sagte die Häretikerin und demonstrierte, dass sie jederzeit seine antipsionischen Maßnahmen durchschlagen konnte. Ihm wurde kurz schwarz vor Augen, dann wurde ihm sehr leicht. Der Inquisitor blickte auf ein Gespinst unendlich vieler, hauchdünner Fäden, die von einem zentralen Punkt ausgingen. Irgendwoher wusste Herad, dass dies die Ströme der Zeit waren, welche von ihm ausgingen. In die Vergangenheit und in die Zukunft. Ein Strom kristallisierte sich heraus und er fuhr ihn entlang. Immer wieder zuckten kurze Bilder seiner Karriere auf. Die Bilder wechselten immer schneller und wurden erst langsamer, als sie seine Jungend erreichten. Dann stoppten sie.

Herad sah sich selbst in einem Pulk übermütiger Kinder eine Treppe herunter rennen. Diese Treppe kannte er nur zu gut, weil sie die seiner ehemaligen Schola in seiner Geburtsstadt gewesen war. Das noch unzerstörte Mühlstadt war um ihn herum. Der letzte unbeschwerte Tag seiner Kindheit, gerade verabredete er sich mit Karli nach dem Essen bei der Eggersfeld hinterm Haus zum Krieg spielen. In wenigen Stunden würden fast alle tot sein, die er kannte. Nichts würde mehr so sein, wie früher. Er sah sich selbst, einen kleinen Jungen, nach Hause rennen. Sein blauer Mantel war ein deutlich farblicher Akzent im öden Grau des winterlichen Ambientes. Dann wurde er kleiner, die Bilder seiner Kindheit verblasten. Andere hauchdünne Schicksalsfäden wurden sichtbar. Ein kurzes hektisches Hin- und Herspringen setzte ein. Die Bilder wechselten so schnell, dass er sie gar nicht mehr richtig erfassen konnte.

Dann kristallisierte sich ein freistehender Herrensitz im strengen gotischen Stil heraus. Ein Gebäude, wie es nach Herads Erfahrung gerne von hohen Beamten des Administratums bewohnt wurde. Das Areal war mit sorgfältig angelegten Verteidigungsanlagen wie betonierten Schützengräben, FLAK-Stellungen, Sandsackbarrieren, Stacheldrahtverhaue und einer Zufahrtsschleuse mit Posten gesichert. Prächtig gerüstete Soldaten taten hier Dienst. Vor dem Haus auf dem peinlich sauberen Parkplatz mit Makadambelag reihten sich schwarze Limousinen der Marke Gnadenvoll und klobige Radfahrzeuge der Marke AMM auf. Er konnte deutlich die Wimpel hoher Kommandeure erkennen. Er schwebte in das Gebäude, passierte mehrere Posten und landete schließlich im ehemaligen Festsaal des Anwesens. Fahnen verschiedener auf Boonhaven stationierter Regimenter hingen von den Wänden und lockerten die schlichte Strenge etwas auf. Herad konnte aus dem Gedächtnis etwa die Hälfte sofort ihren Besitzern zuordnen. Darunter auch das wohlbekannte seines Vaters. Im Zentrum des Raumes stand ein großer Holotisch, auf dem eine Karte von Boonhavens Nordkontinent projiziert war. Um den Tisch herum standen hohe Stabsoffiziere, ein Vertreter des Mechanicum, ein Lordkommisar und einige Cogitatorservitoren herum. Mehrere Türen gingen zu anderen Räumen ab. Einer davon war mit VOX-Geräten zugestellt, ein anderer diente als Messe, wo Ordonanzen reichhaltige Mahlzeiten für die Offiziere auftafelten.

Einer der Männer in prächtiger Uniform und den Insignien des Oberkommandierenden Generalfeldmarschalls von Boonhaven saß auf einem thronartig anmutenden Sessel am oberen Ende des Tisches und sah nachdenklich auf die Projektion.

"Generalfeldmarschall von Roderick! Die Aufklärung bestätigt einen massiven Bomberpulk des Heizerkultes. Nach ihrem Kurs zu urteilen, scheint Mühlstadt mit 78% Wahrscheinlichkeit das Ziel zu sein." Einer der Stabsoffiziere wies einen der Servitoren ein und auf dem Tisch war nun eine Detailkarte der Front zu sehen. Am äußersten Ende befand sich Mühlstadt, während sich der Bomberpulk noch hinter der orkischen Kampflinie befand. "Es stehen genügend Jagdgeschwader bereit, um ihren Angriff abzudrängen. Die Geschwaderführer warten nur noch auf Ihren Befehl."

"Mühlstadt? Hm?" Der Oberkommandierende rief einige Daten auf und las sie sorgfältig durch. "Die Stadt ist nur von geringer strategischer Bedeutung. Etwas Leichtindustrie zur Instandsetzung, Mühlen, Lagerhäuser mit wenig Material, ein Verkehrsknotenpunkt, aber es gibt schon eine Umgehung. Nichts wirklich Relevantes. Ruinen lassen sich leichter verteidigen. Weisen sie unsere Staffeln an, den Pulk erst anzugreifen, wenn er sich auf den Rückflug befindet."

"Aber Herr Generalfeldmarschall von Roderick! In Mühlstand befinden sich Lazarette und Erholungsheime für die Schwer- und Schwerstverwundeten. Außerdem ist die Stadt voll mit Flüchtlingen und Zivilisten.", warf der ergraute Offizier, der zwei künstliche Beine hatte, ein. Sein Tonfall bebte vor unterdrückter Empörung.

"Diese Fakten sind mir wohl bekannt. Warnen sie die Stadt erst, wenn die feindlichen Bomber noch zehn Minuten entfernt sind. So werden es nur die Jungen und Starken zu den Bunkern schaffen. Auch werden so viele nicht mehr kampffähige Verwundete selektiert und Nachfolgekosten gespart. Proviant ist knapp geworden, jedes unnütze Maul, das wir nicht länger stopfen müssen, ist ein Gewinn für das Imperium. Schicken Sie eine Propagandaeinheit nach dem Abwurf hin, sie soll Bilder der Überlebenden und der zerstörten Stadt machen. Das wird die Männer an der Front anstacheln, härter für ihre Familie zu kämpfen. So erreichen wir mehrere Ziele ohne große Mühe."

"Wie Ihr befiehlt!" Der Offizier salutierte nach kurzem Zögern und eine gewisse Aktivität setzte ein, die erteilten Befehle umzusetzen. Jagdstaffeln wurden koordiniert und in Warteräume positioniert. Herad konnte sehen, wie die Icons, welche die Orkbommer darstellten, stetig auf seine Heimatstadt zuhielten. Gerade jetzt spielte er mit Karli Krieg, während das Unheil für alle sichtbar ihren Verlauf nahm. Die Jagdstaffeln formierten sich und schnitten den Rückweg der Kampfflieger ab, während diese ungestört ihren Angriff fortsetzten. Einzelne schnelle Icons lösten sich und flogen dem Verband voraus. Der Alarm wurde nun gegeben. Jetzt sammelte seine Mutter ihre Kinder und alles Notwendige ein. Die Icons erreichten die Stadt, überflogen sie im Tiefflug und seine Mutter starb und Janina wurde tödlich verwundet. Als wäre es gerade gestern gewesen, sah Herad den Jagdbommer über sich hinweg donnern und seine vernichtende Last werfen. Deutlich konnte er das Heulen der Sirenen hören, die Schreie der Menschen und den Geruch des Krieges riechen. Die unvergleichliche Mischung aus Eisen, Blut, Fycelin, Feuer und Schweiß. Wie er diesen Geruch zu hassen gelernt hatte.

Die Bommericons kamen stetig näher und vor seinem geistigen Auge konnte Herad sich selbst durch die Stadt mit Janina auf dem Rücken hetzen sehen, wie er es gerade noch so zum Bunker schaffte und dann das verheerende Bombardement über die Stadt hineinbrach. Die Maschinen überquerten Mühlstadt, drehten um und warfen ihre letzten Bomben ab, bevor sie zurück zu ihren Linien flogen. Nur trafen sie nun auf eine Wand von Jägern. Nur wenige der roten Icons schafften es bis zu ihren Feldflugplätzen, die meisten wurden abgeschossen. Das Oberkommando hätte den Angriff abwehren können, wenn sie nur gewollt hätten. Wenn diese Bilder wirklich wahr waren, dann hatten letztendlich nicht die Orks seine Mutter und Schwester getötet, sondern das Imperium. Nein, das stimmte so nicht, letztendlich war das eher die Unfähigkeit eines Mannes gewesen, der zu kurzsichtig gedacht hatte. Der Menschenleben nur als Zahlen auf einem Datablock erfasste und in Rationen umrechnete. So wie die meisten Kommandeure es taten, es tun mussten. Zum höheren Wohle des Imperiums. Auch wenn es persönliche Opfer bedurfte. Aber war Mühlstadt wirklich ein notwendiges Opfer gewesen? Boonhaven war eine Agrarwelt, deren Felder fast die gesamte feste Planetenoberfläche bedeckte. Bis auf die Städte und die ausgedehnten Wälder, wo die adlige Oberschicht sich mit arrangierten Jagden vergnügte. In Herad tobte nun ein Zwiespalt. Zum einen das Verständnis, gewisse Ressourcen zu opfern, um im Gesamtbild punkten zu können. Zum anderen, dass diese vernachlässigbaren Ressourcen unter anderem auch seine kleine Schwester gewesen war, seine Mutter, Karli, seine Cousins und Cousinen, seine Tanten und Großmutter, all seine Freunde und Bekannten. Im Innersten wusste er, dass dieses Opfer unnötig gewesen war, ein wirklicher Stratege hätte die Bommer vor Erreichen des Ziels abgedrängt und vernichtet. Zu verteidigen, bedeutete Menschenleben zu retten, nicht sie zu reduzieren, um ein paar Rationen einsparen und die Moral der Truppe durch Hass steigern zu können.

"Schicken Sie den Kommandeuren der Jagdstaffeln meinen Glückwunsch. Mühlstadt ist gerächt. In der nächsten Wochenschau will ich gleich an erster Stelle einen ausführlichen Bericht darüber sehen. Verbrannte Stadt, verstümmelte Leichen von verwundeten Soldaten und Zivilisten, am besten junge Frauen und Kinder, überlebende Kinder mit rußgeschwärzten Gesichtern, wo Tränenspuren einen rührenden Kontrast bilden. Dann Einspielungen der Bordkameras, wie es Bommer zerlegt. Dann ein Interview mit einem der Piloten und einigen Soldaten von der Front, die Angehörige verloren haben. Sie sollen den Hass auf die Grünhäute noch weiter schüren. Übermitteln Sie das so der Propagandaeinheit, Verstanden?", wiederholte der Generalfeldmarschall noch mal die ihm persönlich sehr wichtigen Punkte.

Das Bild verblasste und in Herad tobte ein Sturm widersprüchlicher Gefühle. Ein Teil von ihm wollte diese Bilder leugnen, aber sein analytischer Verstand sagte ihm, dass diese Bilder durchaus authentisch sein konnten. Denn sie machten in der typischen imperialen Denkweise und den ihm bekannten Fakten Sinn. Selektion der Schwachen, Verwundeten, Alten, sprich aller überflüssigen. Motivation durch Entsetzen! Genau das war der Grund für die Vernichtung von Mühlstadt gewesen.

Wieder erschien das Gespinst der Ströme der Zeit. Diese hier waren fest zementiert und sie reisten etwas zurück näher an die Gegenwart. Vor ihm erschien die Insel, auf dem die Schola Progenium auf Boonhaven ihren Sitz hatte. Sie verließen seinen Strang, kurz nachdem die Mutter Oberin ihn ausgepeitscht hatten und wechselten auf den ihren. Nach wenigen Augenblicken erschien ihr Büro, ihren Arm in einer Bandage, über einer Akte sitzen. Drillabt Isaiah saß ihr gegenüber. Seine Haltung hatte etwas Lässiges, Überhebliches. Genau genommen strahlte er pure Arroganz aus. Die Mutter Oberin blickte hoch, nachdem sie mit ihrer Thermofeder den Eintrag auf der Akte beendet hatte.

"Hattet Ihr mir nicht etwas versprochen?" Die keifende Stimme der Mutter Oberin hatte etwas Resignierendes.
"Der Geist mag stark sein, aber mein Fleisch ist schwach."
"Wir haben dieses Gespräch schon einmal geführt, mein "lieber" Drillabt Isaiah und da habt Ihr Euer Wort gegeben, dass dies der letzte Vorfall dieser Art gewesen ist. Und das Ihr Euch in Zukunft zusammenreißen werdet!"
"Offensichtlich habe ich es wohl gebrochen."
"Mehr fällt Euch dazu nicht ein?" Die Mutter Oberin sah ihr Gegenüber äußerst verkniffen an.
"Tja, was soll ich sagen? Tabelmann hat sicherlich berichtet, was ich bei diesem leckeren Jüngling machen wollte, bevor dieser Schlingel mir entwischt ist."
"Ihr habt noch nicht einmal den Anstand, Euch in Ausflüchte zu flüchten?"
"Ich bin, wie ich bin. Das wisst Ihr schon seit langem, nicht wahr? Und Ihr werdet mich weiter decken."
"Werde ich das?" Vater Isaiah machte eine obszön wirkende Geste mit seiner Zunge und die Mutter Oberin wurde knallrot.
"Wer ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein, wie es so schön einst auf dem herrlichen Terra hieß." Die Stimme des Drillabtes hatte etwas äußerst Süffisantes.

"Euer Verhalten wird mehr und mehr zur Belastung. Dieser arme Junge war nicht Euer erstes Opfer und wenn ihr nicht aufpasst, war das auch Euer letztes Opfer."
"Tja, Mutter Oberin einer Schola Progenium zu sein ist ein schöner Posten. Ein Posten, der moralische Integrität voraussetzt. Ein Posten, der nicht mit einer Gedichte schreibenden Lesbe besetzt sein sollte. Es gibt Planeten, da werden solche Abweichler im Feuer geläutert. Ihr hättet Eure geistigen Ergüsse nicht so herumliegen lassen sollen.", erklärte der Drillabt und erlaubte es sich, weiter süffisant zu grinsen.

"Das waren nicht meine Gedichte! Und sie lagen auch definitiv nicht offen herum. Ihr seid ein schmieriger Intrigant! Und ein Einbrecher!", schnappte die Mutter Oberin empört.
"Ah! Dann waren diese Ergüsse an euch gerichtet. Ehrlich gesagt, diese Art von Poesie hätte ich Euch auch gar nicht zugetraut, Mutter Oberin. Dazu seid ihr nämlich viel zu phantasielos."
"Ich war damals eine blutjunge Novizin und so naiv. In diesem Alter ist Schwäche dieser Art noch entschuldbar. Aber Ihr solltet es verdammt noch mal besser wissen. Es ist auf diesem Planeten üblich, dass man "Leute" wie Euch auf dem Scheiterhaufen läutert!" Es war deutlich zu sehen, dass Mutter Oberin vor Wut bebte.

"Nur zu, tauscht eure Karriere gegen meinen Tod. Aber wir wissen beide, dass Ihr dazu zu sehr von Eurem eigenen Ehrgeiz zerfressen seid. Ihr hängt viel zu sehr an Eurem prestigeträchtigen Posten, als das Ihr etwas gegen mich unternehmen würdet.", behauptete der Drillabt und stand auf. Er ließ die grübelnde Mutter Oberin zurück, die dem Mann äußerst wütend nachsah, bevor sie resignierend seufzte. Denn seine Worte waren wohl nur zu wahr gewesen, sie würde nie den Skandal riskieren, als Novizin eine gleichgeschlechtliche Beziehung gehabt zu haben. Erst ihre Nachfolgerin hatte dann den Drillabt entfernt und ihn auf eine tödliche Mission geschickt, um seine Verbrechen stillschweigend zu sühnen. Aber es traf Herad sehr, dass die Mutter Oberin ihn als Lügner beschimpft hatte, wo sie doch die Wahrheit zu kennen schien. Er war wohl definitiv nicht das erste Opfer des Drillabtes gewesen. Dafür gab es einfach keine Entschuldigung. Eine Mutter Oberin hatte ihre Schüler zu beschützen und nicht einen Wolfs im Schafspelz. Das war einfach nicht korrekt gewesen. Aber auch das war nur eine schwache Einzelperson und nicht das Imperium an sich.

Das Bild verblasste, es ging wieder ein Stückweit zurück in die Vergangenheit, sie verließen seinen Strom der Zeit, sprangen wieder hin und her und landeten schließlich über einem mit zwölf Bastionen befestigten Lagerkomplex. Herad erkannte die typische Anordnung eines Zentrallagers des Munitorum, welches den imperiumsweiten Nachschub an militärischen Nachschubgütern regelte. Im Norden stand der hohe Verwaltungskomplex, auf den er nun zu schwebte. Sie passierten eine Wand und kamen in eine gewaltige Halle, die voller Schreiber, Cogitatorservitoren und Verwaltungsmaschinen war. Im Zentrum residierte wie auf einem Thron der Meister dieser Halle, ein alter Mann mit einem polierten Schädel aus Metall, dessen rechte Hand von einer augmetischen Thermofeder ersetzt worden war. Aus seinem Schädel führten mehrere Kabel in eine Cogitatoreinheit. Vor ihm stand gebeugt ein junger Schreiber, der ein Formular in den Händen hielt.

"Aber geehrter Meister, das 36. Mordian hat noch nie Magazine der Größe 3 bestellt, sondern immer nur der Kategorie 2. Ihre Gewehre können die MK. 3 doch gar nicht verwenden", erklärte der Schreiber schwitzend. Der Blick des vorgesetzten Beamten schien sich in den jungen Schreiber hinein zu brennen. Herads Vater hatte das 36. Mordian als Oberst kommandiert.

"Wollt Ihr damit andeuten, ich hätte bei der Weiterleitung einen Fehler begangen?" Die Stimme des Mannes war leise, aber der drohende Unterton klang äußerst bedrohlich. Dieser Mann regierte mit strenge und Unnachgiebigkeit.

"Nein, geehrter Meister! Es war garantiert nicht Euer Fehler. Ich will nur sagen, dass das 36. Mordian MK. 2 Lasermagazine benutzt und nicht die MK. 3, für welches sie Munition geordert haben."

"Was steht auf dem Formular?"
"MK. 3."
"Also bekommt das 36. Mordian auch die MK. 3. Nach Schichtende meldet Ihr Euch beim Zuchtmeister und nehmt mit Freuden die zehn Peitschenhiebe entgegen, die Euch zu einem besseren Verwaltungsbeamten machen werden. Und nun verschwendet nicht länger wichtige Arbeitszeit mit überflüssigem Hinterfragen von deutlich lesbaren Ziffern auf Formularen."

"Ich gehorche, ehrenwerter Meister!" Der junge erbleichende Schreiber verbeugte sich tief und beeilte sich, zu seinem Schreibpult zurückzueilen. Herad verstand nicht ganz, warum die Häretikerin ihm diese Szene zeigte. Aber so langsam begriff er, wie Gabriel ihre Leute rekrutierte.

"Fehler passieren nun mal, das ist in der Natur der Menschen.", bemerkte Herad, nachdem er seinen Hals frei geräuspert hatte. Aber es tat weh, dass sein Vater aufgrund der Ignoranz eines Bürokraten hatten sterben müssen. Er und zehntausende seiner Leute. Das war schon bitter und Herad war deswegen nicht gerade wenig aufgebracht. Aber auch das würde ihn nicht dazu bringen, das Imperium zu verraten.

"Die Reise ist noch nicht zu Ende!", bemerkte die Hexe und sie drangen in den Strom des obersten Beamten und sprangen in einen anderen. Wieder wurde der Herrensitz sichtbar, diesmal landeten sie in einem anderen Raum. Es war der typische Raucherraum, wie es Herrenhäuser hatten, wo Männer sich auf eine gute Zigarre und ein Glas Amasec zu Männergesprächen trafen. Es war eine kleine Runde. Neben dem schon bekannten Generalfeldmarschall von Roderick befand sich nur eine weitere Person im Raum. Der Mann war jünger und trug die Uniform der Leibwache des Gouverneurs von Boonhaven, Kysor VI.

"Oberst Tabelmann ist als Euer Nachfolger im Gespräch, wenn sich nicht bald ein deutlicher Erfolg einstellt. Der Gouverneur von Tempris ist sehr ungehalten über die Misserfolge der letzten Monate. Und er macht Druck auf unseren geliebten König Kysor VI. Wie Ihr wisst, ist die Makropolwelt auf stetigen Nachschub der reichen Felder von dieser Agrarwelt angewiesen. Und inzwischen hat sich die Fläche zu stark verkleinert, um alle Bewohner von Tempris mit den vollen Rationen zu versorgen. Der Transport von anderen Systemen ist teuer und nicht wirklich pünktlich. Hungeraufstände sind etwas, das niemand auf Tempris will."
"Oberst Tabelmann vom 36. Mordian? Als mein Nachfolger? Lächerlich!"
"Er hat den Zusammenbruch der nördlichen Heeresgruppe stabilisiert, das gilt als sein Erfolg und wir wissen beide, dass dies nur zu wahr ist. Außerdem entstammt er aus einer Dynastie von Offizieren. In seinem Stammbaum lassen sich mehrere Generalfeldmarschälle finden. Und er hat in den einheimischen Clan der Genaros eingeheiratet. Auch wenn diese Nachkommen der Erstsiedler keine wirkliche Macht haben, ist der Name doch sehr angesehen und mit Prestige verbunden. Das macht ihn in den Augen vieler schon zu einem Einheimischen. Tabelmann ist dadurch ein guter Kompromisskandidat für alle Fraktionen."
"Er hatte Glück, war zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort. Ich brauch nur noch etwas Zeit, bis meine Strategie aufgeht. Gorshaga und seinen Horden werde ich zerquetschen wie eine Nuss im Nussknacker!"
"Ihr habt keine Zeit mehr! Das einzige, was Euch noch rettet, ist Oberst Tabelmann umgehend zu entfernen. Momentan gibt es keine weiteren Kandidaten, die den Gouverneuren von Boonhaven, von Temperis, der imperialen Armee und dem einheimischen Offizierschor gleich genehm sind. Alle anderen würde die eine oder andere Fraktion stärken und man wird Euch erst mal zähneknirschend auf diesem Posten belassen. Der Adel von Boonhaven schätzt Euch auf diesem Posten. Sie wissen Eure Umsicht in Bezug auf ihre Interessen zu schätzen. Eure Nichte ist die Königin von Tempris und noch macht sie Stimmung für Euch bei ihrem Mann. Sorgt für das Ableben von Oberst Tabelmann und Ihr werdet die Zeit bekommen, die Ihr benötigt. Enttäuscht Eure Gönner nicht!"
"Ich habe doch alles getan, was von mir verlangt wurde! Mit Mühlstadt starben die mir vorgegebenen Zivilisten. Und wenn ich untergehe, wird durchsickern, dass es Befehl von ganz oben war, die Zivilbevölkerung durch Feindeshand zu dezimieren."
"Wir sind uns dieser Tatsache durchaus bewusst. Aber Sie sollten mir nicht drohen. Ich bin nur der Bote und weder mit dem Gouverneur von Tempris noch mit dem Adeptus Administratum ist zu spaßen."
Das Bild verblasste und kurze Zeit später musste er sich selbst dabei betrachten, wie er aus den Händen des Mannes die Posthum verliehenen Auszeichnungen seines Vaters entgegennahm, der diesen hatte umbringen lassen. Über diese Enthüllung war er wirklich erschüttert.

"Von Roderick ist nicht das Imperium. Ein fauler Apfel verdirbt nicht die ganze Ernte.", stellte er mit bebender Stimme fest. Die Hexe war verdammt gut darin zu überzeugen, dass musste er ihr lassen. Sie brauchte dabei noch nicht mal Lüge mit Wahrheit zu vermengen, die Wahrheit reichte dazu schon. Er war fast zu hundert Prozent sicher, dass diese Bilder der Wahrheit entsprachen. Es passte mit seinen persönlichen Erfahrungen. Oft war es nicht wirkliche Inkompetenz, sondern einfach egoistische Politik auf verschiedensten Ebenen, welche viele Aktionen des Imperiums scheitern ließen oder Kriege verlängerten.

"Nein, er setzt nur grausame menschenverachtende Befehle um. Eine Figur in einem viel größeren Spiel. Die Reise ist immer noch nicht zu Ende!" Wieder verblasste die reale Welt und er bekam Einblicke in etwas, dass er unterschwellig schon immer geahnt hatte. Das System Cabulis beherbergte neben dem Agrarplaneten Boonhaven auch die Makropolwelt Tempris, welche gleichzeitig auch der Sitz der Subsektor Verwaltung des Cabulis Sektors war. Dass ein Orkbrocken auf Boonhaven einschlug, konnte niemand vorhersehen. Aber Herad bekam zu sehen, was in den Hinterzimmern der Macht entschieden wurde, kurz nachdem die Invasion begann.

Der Saal war prächtig eingerichtet, prächtige bunte Banner aus Spinnenseide mit den Wappen der großen Adelshäusers des Cabulis Sektors hingen an den Wänden. Der handgeknüpfte Teppich auf dem Boden zeigte in einem Bilderzyklus die Besiedlung von Tempris. Der große runde Tisch im Zentrum des großen Raumes bestand aus erlesenen Hölzern der Welt Kneita III. Die prächtigen Einlegearbeiten waren deutlich im Stil dieses holzmöbelproduzierenden Planeten gehalten und zeigten in imperialer Symbolik die zwölf Tugenden des Imperators. Elf Stühle mit Schädelornamentik gruppierten sich darum herum. Ein Zwölfter war prächtig ausstaffiert, auf dem nun ein recht junger Mann Platz nahm. Herad erkannte ihn sofort als Gouverneur Trevyn I Luterroth, König der Makropolwelt Tempris, welche die Hauptwelt des Systems war, in dem sich auch Boonhaven befand. Seine Haare waren dunkel und nach hinten gekämmt, er hatte starke Kotletten und einen sorgfältig gestutzten Bart um den Mund herum, was dem modischen Ideal der damaligen Zeit entsprach. Der junge Mann hatte etwas Flegelhaftes an sich, die obersten Knöpfe aus massivem Elektrum seines Hemdes aus silberner Spinnenseite waren offen. Die anderen Plätze waren von Militärs mit großen Orden auf der Uniform, Beratern in Roben und einer Frau mit einem schwarzen Schleier besetzt. Die Frau war die ehemalige Königin und Mutter des nun amtierenden Herrschers.

"Ich hoffe, die Sache ist wichtig! Ich habe gerade eine äußerst gelenkige Kurtisane gekauft und der Verkäufer hat behauptet, dass sie ihr eigenes Arschloch lecken kann. Und das will ich verdammt nun mal sehen!" Seine Mutter sah ihn tadelnd an, die meisten Männer machten einen betretenen Eindruck ob dieser Obszönität.
"Ähm, Eure Majestät, der Einschlag des Orkbrockens auf Boonhaven ist bestätigt. Ebenso, dass sich dort eine Orkhorde mit mindestens hunderttausend Individuen darin befindet. Der Gouverneur von Boonhaven hat die Mobilmachung verkündet und ein offizielles Hilfsgesuch gestellt.", erzählte ein sehr alter Mann, der künstliche Augen hatte. Seine weißen Haare waren dünn und er hatte einen lächerlichen dünnen Schnurbart, dessen Bartspitzen nach unten ragten. "Es gibt Entscheidungen über unser Vorgehen zu treffen, die leider nicht auf sich warten lassen. Eurer neuen Kurtisane wird es bestimmt nichts ausmachen, ihr Kunststück für später aufzusparen."
"Na Prima! Eine Orkinvasion auf Boonhaven. Das wird teuer werden!"
"Nicht unbedingt, Eure Majestät.", mischte sich der jüngste der Robenträger ein. Sein Gesicht war glatt, seine dunkelbraunen Haare gescheitelt. Er hatte nur einen Schnurrbart mit gezwirbelten Enden, während alle Männer der damaligen Mode eher ihrem Herrscher nacheiferten.
"Wie das?"
"Genau genommen ist ein großer Glücksfall. Wie Ihr sicherlich wisst, wird bei einer Invasion die Tributrate automatisch auf einen Zehntel des normalen Wertes reduziert."
"Gut für Boonhaven, aber was nützt mir das?"
"Dieses Gesetz gilt für das ganze System."
"Wirklich? Das ist ja großartig!", meinte der König nun mit viel besserer Laune. Niemand bezahlte gerne Steuern.
"Aber niemand hindert uns, den vollen Zehnt trotzdem zu bezahlen, Eure Majestät!", warf der alte Berater ein.
"Nichts da! Wenn die Steuergesetze so dämlich sind, dann ist es nur recht, die Ressourcen meiner Welt zu schonen.", rote Flecken bildeten sich auf den Wangen des jungen Despoten.

"In der Tat, Eure Majestät. Deswegen sollten wir den Zustand der Invasion so lange wie möglich stabil halten."
"Sprecht weiter, Chancellor Tysin, ich bin ganz Ohr!"
"Dazu muss ich etwas ausholen, Eure Majestät. Da der Gouverneur von Boonhaven offiziell um Waffenhilfe ersucht hat, wird die imperiale Armee nun auf den Plan treten und die erste Rekrutierungswelle wird auf diesem Planeten stattfinden. Das ist eine gute Gelegenheit uns von Elementen im Offizierschor zu befreien, die Euer Vater zu sehr verhätschelt hat und die Eurer neuen Art des Regierens skeptisch gegenüber stehen. Desweiteren ist das ein guter Anlass, Unruhestiftern eine Uniform zu geben, um sie glorreich für den Imperator sterben zu lassen. Unsere Gefängnisse und Besserungsanstalten quellen über vor überflüssigem Menschenmaterial und Zwangsarbeit wird heutzutage nur noch lächerlich gering in den Manufakturen vergütet. Obendrein können wir die Zahlen frisieren. Wir geben mehr Truppen an, als wir wirklich schicken. Ich kenne einige hohe Beamte des Munitorum die einem Zusatzverdienst nicht abschlagen würden. Wir können so ein Vermögen einsparen, ohne jedes Risiko."
"Das in infam! Hört nicht auf Chancellor Tysin! Was er vorschlägt, ist Hochverrat am Imperium! Diese Differenz wird irgendwann auffallen und dann werden die Arbites ermitteln. Steuerhinterziehung beim Zehnt wird mit dem Tod bestraft!"
"Chancellor Wyrin ist alt. Alte Männer sehen nur noch Risiken und keine Chancen mehr. Wir entledigen uns so mehrerer Probleme mit einem Schlag und verdienen dabei noch. Besonders da der Nachschub von Manufakturen Eurer engsten Freunde und Verbündeten hergestellt werden wird. Und kleine Geschenke erhalten bekanntlicherweise die Freundschaft."

"Ich als Euer Berater für Xenosfragen muss Euch ebenfalls warnen. Chancellor Tysin ignoriert vollkommen die Gefahr dieser Invasion.", warf ein weiterer Berater mit einem vernarbten Gesicht ein. Ein Auge fehlte und war durch ein Künstliches ersetzt worden.
"Orks sind primitive dumme Xenos, die zu keiner ernsthaften Bedrohung werden können. Sie benutzen rückständige Projektilwaffen und sind lausige Schützen. Wir sprechen von einem Brocken mit ein paar Orks, nicht von einer Flotte des Erzfeindes, Chancellor Ryon."
"Ich habe viel auf meinen Reisen von der Galaxis gesehen, Chancellor Tysin und Orks mögen krude Waffen benutzen, mögen keine Ahnung von Grammatik und korrekter Aussprache haben, aber ihre Technik ist der unseren teilweise sogar überlegen. Ihre Meks, wie ihre Techpriester heißen, können mit ihren Maschinen Effekte erzielen, welche mit imperialer Technologie auf heutigem Stand nicht zu replizieren sind. Orks sind geborene Krieger und sie kennen nur drei Phasen der Existenz, die Vorbereitung zum Krieg, der Weg zum Krieg, den Krieg selbst. Ist der Gegner niedergerungen, beginnen sie sofort mit der Vorbereitung zum nächsten Krieg. Sie kennen nichts anderes als Krieg und Kampf. Sie wachsen mit den Schlachten. Je länger Ihr sie nur mit drittklassigem Kanonenfutter mit lausiger Ausrüstung bekämpft, desto stärker und kampfeslustiger werden sie. Und sie werden mehr wollen, viel mehr. Der Kampf ist ihr Leben und der Krieg ihre Bestimmung!"
"Und wir werden ihnen den Kampf ihres Lebens liefern, der zu ihrem Tod führt! Wie viele ständige Orkimperien gibt es denn?", fragte Chancellor Tysin süffisant.

"Orks liegt nichts daran ein Territorium zu halten und Imperien zu errichten. Sie besetzen nur dann für längere Zeit ein Gebiet, wenn sie glauben, dass jemand Starkes kommen wird, um sie zu bekämpfen. Orks sind durchaus zu komplexer Taktik und Strategie in der Lage, nur ist ihre Zielsetzung eine gänzlich andere als unsere. Während Menschen Krieg führen, um an Ressourcen und Territorien zu gelangen oder diese zu verteidigen, kämpfen Orks um des Kämpfens willen. Ihr einziges Ziel ist Krieg und der Krieg ernährt sie. Sie mögen sicherlich oft furchtlos ohne Sinn und Verstand durch offenes Gelände gegen einen gut verschanzten Gegner anrennen, aber genau so oft sind sie zu raffinierten Taktiken und sogar Hinterhalten in der Lage. Viele ihrer Verbände sind komplett motorisiert und in der langen imperialen Geschichte haben sie schon oft imperiale Armeen überflügelt, eingeschlossen und vollständig aufgerieben."

"Ihr dramatisiert, Chancellor Ryon. Orks sind dumm, primitiv und langsam, das weiß jeder. Manchmal hatten sie einfach nur riesiges Glück oder gänzlich unfähige Gegenspieler, mehr nicht. Gebt mir das Kommando über die Truppen und ich verspreche Euch, Eurer Majestät, dass ich diesen Konflikt so lange am Köcheln halten werde, bis ihr die vollständige Vernichtung der Orks befehlt.", sagte einer der Uniformierten und Herad erkannte in ihm sofort den späteren Generalfeldmarschall von Roderick. Hier war seine Uniform noch nicht so prächtig, sein Gesicht nicht so mit Sorgenfalten bedeckt und die Brust noch relativ leer an Orden. Er schien noch den Rang eines Generalleutnants zu haben.

"Große Worte für einen Mann, der seinen Rang und Sitz im Rat dem Umstand verdankt, dass seine Nichte die Königin ist." stellte Ryon kühl fest und von Rodericks Gesicht nahm eine tiefrote Farbe an.

"Ich sitze an diesem Tisch nicht nur weil meine Nichte die Frau unserer Majestät ist! Ich würde folgende Strategie vorschlagen, Eure Majestät. Der Brocken ist hier gelandet." Eine Holokarte wurde eingeblendet, dessen Projektor von der Decke hing. Ein roter Punkt blinkte sich am nordöstlichen Ende des Nordkontinents von Boonhaven. "Die nächste leicht zu verteidigende Position ist der Breite Fluss, der von den Grünbergen nach Norden ins Eismeer fließt. Damit haben wir eine leicht zu verteidigende Stellung, welche den Orks ein Gebiet von nicht ganz acht Millionen Quadratkilometern überlässt. Wir werden auf der Orkseite mehrere Brückenköpfe halten und von dort aus Offensiven starten, um unser überflüssiges Menschenmaterial zu dezimieren und die Orks beschäftig zu halten. Jederzeit können wir von diesen Brückenköpfen dann auch eine ernsthafte Offensive starten, welche die Orks in einer Zangenbewegung einkesselt. Dann können wir sie zerdrücken wie eine Nuss im Nussknacker."

"Und noch sollte man nicht außer Acht lassen, Boonhaven ist der primäre Nahrungslieferant von Tempris. Über 80% unseres Nahrungsbedarfes beziehen wir von dieser Welt. Schon der Verlust kleinerer Nutzungsflächen kann zu einer ernsthaften Verknappung der Nahrungsmittel führen. Wir müssten sie rationieren und unter Umständen könnte es zu Hungerunruhen kommen.", warf Chancellor Wyrin ein.

"Der Orkbrocken ist im äußersten Nordosten des Nordkontinents von Boonhaven eingeschlagen. Dieses Gebiet ist nur dünn besiedelt, es gibt nur eine Ernte im Jahr. Selbst wenn eine Fläche von Achtmillionen Quadratkilometer verloren gehen würde, wären das nicht mal zwei Prozent der Liefermenge, die wir jedes Jahr beziehen. Also vernachlässigbar.", fasste Chancellor Tyson zusammen.
"Und die dort lebenden Menschen? Ein Herrscher hat nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten.", warf die Königsmutter zum ersten Mal ein.
"Sie zu beschützen ist Pflicht des Gouverneurs von Boonhaven, meines lieben Vetters Kysor VI. Das sind seine Pflichten, nicht die meinen!" Die Faust von Trevyn I knallte theatralisch auf die wertvollen Intarsien des Tisches.
"Wohl gesprochen, Eure Majestät!", pflichtete ihm Tysin glattzüngig bei.
"Es wird der Bevölkerung gut tun, mal die Xenosbedrohung im eigenen System vor Augen geführt zu bekommen. Ich werde aus den Kulten der unteren Ebenen der Makropolen eine Armee ausheben und sie nach Boonhaven schicken. Damit wären die Unruhestifter dort unten mit einem imperatorgefälligen Dienst beschäftigt und sterben sinnvoll den Märtyrertod. Gleichzeitig kann ich dann den Kirchenzehnt erhöhen. Im Gegenzug wäre ich bereit, meine Truppen bei Manufakturen Eurer Wahl auszurüsten. Die Vorteile liegen für alle eigentlich klar auf der Hand. Je länger die Orks auf Boonhaven bekämpft werden können, desto mehr haben wir alle davon.", fasste ein Mann im Ornat eines Kardinals der Ekklesiarchie zusammen.

"Der Nordkontinent wird nur durch wenige breite Flüsse und Mittelgebirge durchschnitten. Es gibt keine wirkliche natürliche Barriere, welchen eine Ausweitung der orkischen Verbände aufhalten könnte. Der breite Fluss ist nur breit, nicht besonders tief. Nach der Frühjahrsschmelze fahren die Anwohner mit ihren Traktoren einfach da durch und im Winter gefriert er. Das ist nichts, mit dem Orks ein Problem hätten. Sie würden einfach an das andere Ufer waten. Falls es schief geht, stürmen die Orks von einem Ende zum anderen des Kontinents. Und dann wäre mehr als sechzig Prozent der Anbaufläche verloren! Und Orks können auch schwimmfähige Schiffe bauen, also wäre auch der Südkontinent in Gefahr. Das Risiko ist nicht kalkulierbar! Ganz abgesehen davon, dass Ihr Euch im Sinne der imperialen Gesetze strafbar macht! Ich bitte Euch, Eure Majestät, besinnt Euch auf Euer gutes Herz und zerschmettert die Orks mit aller Macht! Das Volk von Boonhaven und Tempris wird es Euch danken!", flehte der alte Berater und warf sich kniend auf dem Boden.

"Genug jetzt! Ich bekomme hier noch Kopfschmerzen. Ich habe genug gehört und mich entschieden. Von Roderick, ich verlasse mich auf Euch! Chancellor Tysin, arbeitet die Details aus und leitet alles Notwendige in die Wege. Ich will zu diesem überaus lästigem und ermüdenden Thema nicht weiter belästigt werden. Klärt die Details unter Euch ab. Meine Konkubine wartet und ich bin es leid, mir das Gejammer alter Männer anzuhören. Mutter, ruhet wohl, allen anderen, eine gute Nacht!" Der König stand auf und schritt ohne ein weiteres Wort aus dem Saal. Das Bild verblasste langsam und Herad war wieder in der Wirklichkeit angekommen.

Durch die Nähe von Boonhaven, hatte der Gouverneur Trevyn I von Tempris, der auch System- und Subsektor-Gouverneur war, alle notwendigen Fäden in der Hand. Auf der einen Seite kam er so zu einem äußerst verbilligten Güterzehnt und konnte seinen Tribut an Truppen billig bedienen. Auch verdienten Unternehmen, die, nicht rein zufällig, ihm, engen Familienangehörigen und Geschäftsfreunden gehörten, ein Vermögen damit, minderwertige Ausrüstung zum regulären Preis an die ins Feld geschickten Truppen zu liefern. Und besonders damit, Phantomrechnungen für nie gelieferte Ausrüstung an gar nicht existierende Einheiten auszustellen und so noch Steuergelder umverteilen zu können. Es lag also im Interesse des Gouverneurs Trevyn I Luterroth, dass der Krieg auf kleiner Flamme weiter köchelte. Dabei wurde die Warnung in den Wind geschlagen, dass Orks im Laufe einer Auseinandersetzung eher stärker werden und je länger ein Konflikt dauert, an Kampfkraft gewinnen. Schließlich wurde wie üblich die Rekrutierungszone ausgeweitet und im Transfer befindliche Truppen umgeleitet, so wie das 36. Mordian. Langsam aber sicher entglitten dem Gouverneur Luterroth die Fäden, auch war ein so langer Konflikt offensichtlich nicht geplant gewesen. Da nun andere Truppenkontingente vor Ort waren, konnten auch nicht mehr nur überschüssiger Abschaum mit minderwertiger Ausrüstung ins Feld geschickt werden. Auch machte sich so langsam die verringerte Anbaufläche auf Temperis, dem Hauptabnehmer der Agrarprodukte der Mangel bemerkbar. Deswegen wurde die einheimische Bevölkerung von Boonhaven kontrolliert von Orks dezimiert, damit mehr für die Massen von Tempris übrig blieb. Sollten später wieder Hilfskräfte für die Landwirtschaft benötigt werden, konnten diese aus dem gigantischen Reservoir der Bevölkerung von Tempris bedient werden.

Inzwischen waren aber die Orks so stark geworden, dass sie zu einer ernsthaften Bedrohung angewachsen waren. Auf der einen Seite profitierte natürlich Gouverneur Luterroth durch die verringerten Zehntabgaben vom Konflikt, auf der anderen Seite musste er die Nahrung seiner Makropolwelt immer stärker rationieren, weil Boonhaven allein nicht mehr in der Lage war, die immense Bevölkerung von Tempris zu versorgen. Erst jetzt wurden die Orks ernsthaft bekämpft und schließlich auch mit Hilfe von Space Marines und Herads "Heldentat" besiegt. Vor dem geistigen Auge Herads setzten sich langsam die einzelnen Puzzlestücke zu einem niederschmetternden Gesamtbild zusammen.

Es war nicht Unfähigkeit einzelner Feldmarschälle gewesen, sondern schlichte Gier der herrschenden Clique um den Systemgouverneur Trevyn I Luterroth und eine unsinnige imperiale Gesetzgebung. Unterbewusst hatte Herad so etwas schon immer geahnt. Aber jetzt musste er sich der Realität stellen. Und die tat sehr weh. Seine Gedanken jagten, hinterfragten die von Gabriel gezeigten Szenen. Aber letztendlich passte alles. Seine gesamte Familie, seine Freunde und Bekannten, all seine Kameraden waren letztendlich deswegen gestorben, genauer genommen ermordet worden, um den Macht- und Finanzinteressen einer kleinen Clique von Kriegsprofiteuren zu dienen. Zum Glück ließ Gabriel ihm genug Zeit, sich wieder zu sammeln und das gesehene Geschehen zu verdauen.

"So etwas was kommt vor. Solchen Individuen geht es nicht um das Allgemeinwohl, den Gottimperator oder den Senat. Ihnen geht es nur um sich selbst. Sie sind der Mittelpunkt des Universums und alles dreht sich nur um sie. Egal wie viele Leben das kostet. Und die Dezimierung der Zivilbevölkerung durch Feindeshand ist ein gängiges Instrument des Imperiums, um Flüchtlingsströme zu begrenzen und so Ressourcen zu schonen." Seine Worte klangen selbst für ihn äußerst hohl. Es tat körperlich weh, dieses Verbrechen schön zu reden. Aber er war nicht bereit, Gabriel recht zu geben.

"So sieht es nur oberflächlich aus. Im Imperium tobt ein erbitterter heimlicher Krieg zwischen den einzelnen Institutionen, Adepta und vielen internen Fraktionen. Es ist ein gängiges Mittel Agenten in die gegnerischen Reihen zu schleusen, welche dann, sobald sie hoch in der Hierarchie stehen, absichtlich falsche Entscheidungen treffen und bewusst unfähige Beamte in Positionen bringen, wo sie von ganz alleine viel Schaden anrichten. Manchmal dauert es Jahrzehnte oder gar Generationen, bis das gelungen ist. Ihre Personalpolitik fördert schwache und unfähige Individuen, ihre Entscheidungen sind oft verheerend für ganze Kontinente oder gar Welten. Und nur damit dann ein anderer Adeptus auf deren Kosten glänzen kann. Vieles am furchtbaren Zustand des Imperiums ist auf diesen Schattenkrieg zurückzuführen. Was im ersten Moment wie Unfähigkeit und Dummheit aussieht, ist in Wahrheit gezielte Sabotage. Manchmal sind es auch die eigenen Interessen, die über alles andere gestellt werden. Für jeden Soldat im Feld hat das Munitorum allein fünf Schreiber, dazu noch etwa fünf bis zehn Arbeiter, welche den Kämpfer im Feld mehr schlecht als recht versorgen. Falls die Lieferungen überhaupt je ankommen. Das ist nur ein kleines Beispiel über das, was im Imperium gerade schrecklich schief läuft."

"Wir Rekongregatoren versuchen das zu ändern. Versuchen solche Missstände aufzudecken und die Schuldigen ihrem gerechten Urteil zuzuführen.", rechtfertigte Herad sich und wünschte sich, er könnte das mit wirklicher Überzeugung im Herzen vortragen. "Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sich alles zum Besseren wenden wird!"

"Wie viele konkrete Verbesserungen hast du in deiner Amtszeit als Inquisitor in die Wege geleitet?" Herad schwieg dazu, da er wusste, dass Gabriel die Antwort kannte. "Genau Null. Du bist ein Abenteurer, der sich treiben lässt. Du hast kein System, kein Schema. Du jagst den Fällen hinterher, kreuz und quer durch dieses Segment."

"Jeder Inquisitor hat so seine Methoden.", verteidigte er sich lahm. "Ich war immer beschäftigt, häretische Kultisten zu jagen und Schlimmeres zu verhindern. Und ich muss sagen, du bist wirklich gut. Gerade wird mir klar, dass ich mich vor dir Hexe gar nicht zu rechtfertigen brauche. Du bist nur ein hochmanipulatives Miststück, das sehr gut mit der Wahrheit arbeitet. So wirst du mich aber nicht als Verräter gewinnen. Schon blöd, wenn das mit Psionik mal nicht klappt, nicht wahr?"

"Eine psionische Manipulation fällt in der Tat aus. Aber es gäbe sicherlich auch andere Wege, einen Menschen zu zwingen, etwas gegen seinen Willen zu tun. Als Inquisitor erzähle ich dir diesbezüglich bestimmt nichts Neues. Aber so arbeite ich nicht. Bei mir heiligt nicht der Zweck die Mittel. Ich bin weder das Imperium des Senats, noch das Chaos. Ich bin Gabriel, die Lichtbringerin, und ich glaube an die Freiheit des Willens und die Macht, das eigene Schicksal ein klein wenig selbst bestimmen zu können."

"Als ob Gavri Pilgerstochter ein Wahl gehabt hätte." Wenigstens diesen kleinen Trumpf hatte er noch.
"Die Wahl hat sie gehabt, es war ihr freier Wille, mich aufzunehmen."
"Lüge! Sie war ein tiefgläubiges Mädchen, sie hätte nie etwas getan, was die Ekklesiarchie so schädigen würde."

"Willst du mit ihr reden?"
"Wie soll das gehen?"
"Gavri und ich sind Partner. Sie will zwar nicht mit dem Mann reden, der diesen schrecklichen Bann über sie verhängt hat, aber sie wird sich dir stellen." Ein kleines Zucken ging durch ihren Körper und ihre Haltung wandelte sich sofort in eine sehr ablehnende. Ihre Augen blitzten wütend auf und ihre Hände verkrampften sich kurz.
"Du bist also der Mistkerl, der mich hat exkommunizieren hat lassen!", fauchte sie ihn an und ihr Gesicht rötete sich augenblicklich.
"Du bist nun mal eine ketzerische Hexe, die einen Dämonen in sich trägt. Was hast du erwartet?"
"Ich trage keinen Dämon in mir, sie ist ein Engel und gemeinsam retten wir die Menschheit.", schrie sie ihn an. Das war definitiv nicht Gabriel, sondern ein impulsives, äußerst aufgebrachtes vierzehn Jahre altes Mädchen, das fand, dass ihm Unrecht widerfahren war.
"Mit welchem Versprechen oder Zwang hat sie dich herum gekriegt?"
"Zwang? Ich gab ihr freiwillig meinen Körper. Wir haben uns lange unterhalten und Gabriel hat mir die Zukunft gezeigt, wie sich unter welchen Vorrausetzungen mein Leben entwickelt. Und mit ihr hatte ich zum einen die größten Überlebenschancen und kann dabei noch viel Gutes tun. Der Preis ist hoch, aber die Alternativen waren eben wirklich schrecklich. So wie das Imperium inzwischen."

"Wenn du, ihr dass umsetzt, was ihr vorhabt … Wenn ihr diese Rebellion weiter führt, werden Milliarden von Menschen sterben. Die Lügen und von mir aus auch die Wahrheit von Gabriel könnten das Fundament des Imperiums erschüttern! Alles, an was du einst geglaubt hast, würde eventuell vernichtet werden."
"Es sind die Lügen der Ekklesiarchie, welche das Imperium zerstören werden. Die Unfähigkeit und Unwilligkeit des falschen Senats und seiner ausufernden Behörden, dringend notwendige Reformen durchzuführen. Und ich habe keine Lust mehr, mich länger mit Euch Ignoranten zu unterhalten. Ich habe nicht die Geduld, Euch mit Worten überzeugen zu wollen. Ihr wollt nur das glauben, was Ihr sehen wollt. Die menschenverachtete Ekklesiarchie hat meine Mutter verbluten lassen, nur weil sie aus dem D Deck kam. So eine Organisation sollte für die Menschen da sein und sie nicht wortwörtlich ausbluten lassen. So etwas ist böse! Gerade Ihr solltet das nachvollziehen können. Pfui, sage ich, dass Ihr nicht aufspringt und alles tut, um den sinnlosen Tod Eurer Familie zu vergelten." Dann war wieder Gabriel seine Gesprächspartnerin.

"Huh! Jetzt bin ich mal gespannt, was du mir jetzt antun wirst, um Deinen Willen durchzusetzen.", versuchte er, seine langsam einsetzende Schwäche zu überspielen. Diese Schweine hatten seine Schwester umgebracht, ein kleines unschuldiges Mädchen, das nie jemandem etwas Böses getan hatte.
"Ich? Gar nichts! Wie schon gesagt, so arbeite ich nicht. Schließlich bin ich kein Dämon!"
"Und was dann?"
"Ein Engel des Herrn!"
"Beweise es!"
"Du wirst mir einfach glauben müssen."
"Ich hätte jetzt irgendeine Machtdemonstration erwartet, ein Wunder!"
"Das würdest du einfach mit psionischer Macht erklären."
"Stimmt, wir fangen an, uns im Kreis zu drehen."
"Da gebe ich dir recht. Denk einfach mal in Ruhe über meine Worte nach. Ich muss jetzt eine Welt erobern. Wir können uns gerne später darüber unterhalten, was ich zu tun gedenke, um die Menschheit zurück ins Licht einer sicheren Zukunft zu führen." In dem Moment öffnete sich die Tür und Schwester Luna betrat den Raum.
"Geleitet unseren Gast in seine Unterkunft, Schwester Luna. Falls Inquisitor Tabelmann es wünscht, dürfen Sie ihn auch durch das Kommandoschiff führen."
"Sehr wohl, Lichtbringerin!" Zackig grüßte die Schwester und Herad stand auf.
- Ich habe ihr widerstanden! Ich habe gewonnen! - sagte er zu sich in Gedanken und wusste, dass er sich selbst belog.

Die Schwester führte ihn tiefer in das Schiff und in eine kleine Kabine mit einer Koje, einem Tisch mit fest montiertem Stuhl und einem Schrank. Vier Quadratmeter Privatsphäre. Auf der Koje waren ein paar bequeme Kissen aufgeschichtet und auf dem Tisch standen in einer Halterung mehrere verschiedene Flaschen. Als die Tür sich hinter ihm schloss, seufzte er tief und setzte sich erschöpft auf das Bett. Das Gespräch hatte ihn mehr mitgenommen, als er zugeben wollte. Er registrierte wie seine Hände zitterten, als er sich einen doppelten Amasec der Marke Red Star Prime einschenkte. Das Getränk war hervorragend und eine angenehme Wärme breitete sich in ihn aus.

Gedanke des Tages
Ein weiterer langer Gesprächsteil, in dem Herads Vergangenheit und die Hintergründe über die Vernichtung von Mühlstadt und den Tod seines Vaters beleuchtet werden. Der Schattenkrieg zwischen einzelnen Adepta und Institutionen ist offiziell. Vieles an den Missständen ist darauf zurückzuführen, welche das Imperium plagen. Ich bin mit dem Teil sehr zufrieden und habe sehr lange daran gefeilt. Die Inspiration über die politischen Hintergründe stammen aus dem China der Qing Dynastie. Dort hat einst ein hoher Bannermannt Aufstände unter Bauern angefacht, kleine Kontingente absichtlich aufreiben lassen, um daraufhin gewaltige Mittel für ein großes Heer zu bekommen. Allerdings war ein großes Heer nicht notwendig und die bestehende Truppe war ausreichend, um den Aufstand niederzukämpfen. Das Geld für das Heer wurde offiziell natürlich ausgegeben und unter der Hand an alle Nutznießer verteilt.
 
Kann ich nur zustimmen.
Alleine dass du zu der Geschichte von Tabelmann nochmal eine komplexe Geschichte um die Auseinandersetzung gegen die Orks webst, welche in sich logisch die Beweggründe erklärt ist toll. Plus, dass es eben auch die guten Menschen gibt, welche nicht unbedingt and en Schalthebeln der Macht sitzen.

Die Stelle mit Gavri finde ich wiederum etwas blaß, vorallem weil an Tabelmanns Stelle ich sofort einen Trick bzw. Schauspielerei vermuten würde. Das ist ja schon sehr tzeenchig.

Der Rest ist einsame Klasse.

Ich bin total gespannt wie Tabelmann seinen inneren Widerspruch auflöst.

Grüße
dein erwartungsvoller Leser
Slashy

P.S.: einige Tipper sind noch drin. Irgendwo ist ein Bommer (Bomber oder Booma, oder?). Der Eggersfeld sollte wohl das Eggersfeld sein. Irgendwo ist das Substantiv Einzahl aber das Verb Mehrzahl.
Möchtest du eigentlich eine ausführliche Korrektur noch?
 
Hi,
also ich kann mich erstmal allen meiner Vorrednern anschließen.
Ich schau auch fast jeden Tag ins Forum und suche nach mehr Stoff =D, macht fast süchtig und da du, wie du selbst schreibst von Motivation und positiver Rückmeldung angetrieben wirst:
"Vielen Dank für die lieben Rückmeldungen. So was motiviert mich ungemein. Und deswegen gleich den nächsten Part des Gesprächs.

MACH WEITER SO !!!
DU BIST DER BESTE !!!
ICH FIND DICH GANZ TOLL !!!
WENN ICH MAL GROß BIN WILL ICH GENAU SO WERDEN WIE DU !!!

freudlich Grüße CSM BL
 
... und das kannst du auch sein. Ehrlich gesagt, macht es den Reiz deiner Geschichten aus, dass sie nicht nur aus ewigen Schlachten bestehen, sondern dass auch ein spannender Hintergrund geboten wird. Nur weiter so.

Danke schön!

Kann ich nur zustimmen.
Alleine dass du zu der Geschichte von Tabelmann nochmal eine komplexe Geschichte um die Auseinandersetzung gegen die Orks webst, welche in sich logisch die Beweggründe erklärt ist toll. Plus, dass es eben auch die guten Menschen gibt, welche nicht unbedingt and en Schalthebeln der Macht sitzen.

Nicht alles im Imperium weiß nicht, was es tut. Es sollte einfach mal zeigen, dass nicht unbedingt Unfähigkeit die Wurzel allen Übels ist, sondern manchmal ganz profane Gier und Rücksichtslosigkeit.

Die Stelle mit Gavri finde ich wiederum etwas blaß, vorallem weil an Tabelmanns Stelle ich sofort einen Trick bzw. Schauspielerei vermuten würde. Das ist ja schon sehr tzeenchig.

Letztendlich erzählt sie ihm ja nichts neues. Er weiß ja, dass sie besessen ist und das Gabriel ihre Engelnummer abzieht.

P.S.: einige Tipper sind noch drin. Irgendwo ist ein Bommer (Bomber oder Booma, oder?). Der Eggersfeld sollte wohl das Eggersfeld sein. Irgendwo ist das Substantiv Einzahl aber das Verb Mehrzahl.
Möchtest du eigentlich eine ausführliche Korrektur noch?

Ne, was halt durchrutscht, ist halt durchgerutscht. Bommer ist iirc sogar die korrekte deutsch Orkische Schreibweise.

Du hast gerade meinen Tag gerettet. Glaub nicht, dass es keine Leser mehr gebe die jeden Tag dieses Forum aufsuchen und auf neue Zeilen von dir warten.
Motivation Motivation, bleib am Ball

Es ist halt schön, wenn sich treue Leser ab und zu mal noch melden. Weiß ja sonst nicht, wer ist noch dabei, wer hat aufgehört.

Hi,
also ich kann mich erstmal allen meiner Vorrednern anschließen.
Ich schau auch fast jeden Tag ins Forum und suche nach mehr Stoff =D, macht fast süchtig und da du, wie du selbst schreibst von Motivation und positiver Rückmeldung angetrieben wirst:
"Vielen Dank für die lieben Rückmeldungen. So was motiviert mich ungemein. Und deswegen gleich den nächsten Part des Gesprächs.

MACH WEITER SO !!!
DU BIST DER BESTE !!!
ICH FIND DICH GANZ TOLL !!!
WENN ICH MAL GROß BIN WILL ICH GENAU SO WERDEN WIE DU !!!

freudlich Grüße CSM BL

:lol::lol::lol::lol::lol::lol::lol::lol::lol::lol::lol::lol:

Großes Kino, gefällt mir sehr! Vor allem das der Hauptfaden mit Garvi wieder aufgenommen wurde. Das du dir für das "Umdrehen" von Herad viel Raum nimmst, finde ich auch sehr gut und macht die Geschichte sehr glaubwürdig.

Ist ja auch einer der Kernelemente des fünften Bandes.

Persona Dramatis
Konföderation des Lichtes
Schwester Gerechter Zorn - Anführerin von Gabriels Leibwache und so was wie Gavris Ersatzmutter
Gabriel - Die Lichtbringerin
Gavri Pilgerstochter - Gabriels Gefäß
General Jäger - Oberkommandierender der Streitkräfte der Konföderation des Lichtes


Kapitel 4

Position:
Konföderation des Lichtes
Segmentum Pacificus
System Verräterstern
Fabrik
Kommandoschiff
Zeit: 2 847 996.M41
Person: Gabriel

"Das lief ja jetzt besser als gedacht.", murmelte Gabriel und seufzte, nachdem die Tür hinter Herad Tabelmann ins Schloss gefallen war.
"Meinst du, ich hab zu dick aufgetragen?", melde sich Gavri in ihr.
"Nein, das war genau richtig."
"Ich mag ihn trotzdem nicht!"
"Lasse dich nicht von persönlichen Gefühlen leiten, nur weil er dich zu einer Ketzerin erklärt hat. Das ist sein Beruf und er wusste es einfach nicht besser."
"Wird er den Bann zurücknehmen?"
- Als ob das noch eine Rolle spielen würde, - dachte Gabriel abgeschirmt.
"Nein, das kann nicht mal ein Inquisitor. Außerdem darf er sich nicht verdächtig machen, sein Status wird auch später noch von Nutzen sein. Ich denke mal, in wenigen Stunden wird Herad Tabelmann uns wieder sprechen wollen. Zeit, um etwas Bewegung in diesen Krieg zu bekommen. Bist du bereit, Gavri?"
"Mir gefällt die ganze Sache nicht, gibt es keine Alternative? Das letzte Ultimatum ist noch nicht abgelaufen."
"Nein, ihr Leben ist verwirkt, ihre Seelen ebenso. Wir beenden nur, was vor unzähligen Generationen angefangen wurde. Zwei Ultimaten haben sie verstreichen lassen, dass dritte dient nur noch dazu, sie für diesen Tag in Sicherheit zu wiegen. Kein Strom der Zeit zeigt mir an, dass die Chaoten einlenken werden. Die Führung hat alles zu verlieren und das Leid der Bevölkerung spielt in ihren Überlegungen keine Rolle. Deswegen gibt es nur die Auslöschung. Aber ich muss mich auf dich verlassen können, unseren Körper zu schützen."
"Nun gut, ich bin dabei, auch wenn es mir nicht gefällt. So viele werden sterben.", seufzte Gavries Stimme in ihr. Inzwischen hatte Gabriel akzeptiert, dass es keine schnelle Verschmelzung mit Gavri geben würde. Waren anfangs die Ströme der Zeit klar gewesen und eine unkomplizierte Verschmelzung mit anschließender Apotheose noch vor dem Millenniumsende vorhergesagt, waren diese Stränge verloschen und die Neuen waren verästelt. Gavri war die stärkste Psionikerin, die sie je als Wirtskörper auserkoren hatte und wahrscheinlich war die Verschmelzung deswegen so schwierig, da der Wille des Teenagers unglaublich stark war. Und etwas innerhalb von Gavri wehrte sich instinktiv gegen die Verschmelzung mit ihr.
"Mir gefällt das auch nicht, aber auch unangenehme Arbeiten müssen vollbracht werden. Gut, dann fangen wir an, die Prozession müsste bald am Tempel sein." Mit diesen Worten teleportierte Gabriel sich in die Rüstkammer, wo Gerechter Zorn schon auf sie wartete.

"Wie ist es gelaufen?", fragte Gerechter Zorn und half ihr, in ihre schwere Gefechtsrüstung zu steigen, die sie in den letzten Tagen verbessert hatte. Wenigstens ihre Kreationskräfte konnte sie mit großem Erfolg nun durch Gavris Körper kanalisieren. Da gab es keinen Widerstand, kein Zögern.
"Gut, ich bin zu 99% sicher, dass Herad Tabelmann noch heute aus freien Stücken zu uns überlaufen wird. Die Wahrheit hat ihn zerbrochen, aber wir werden ihm wieder eine Form geben. Eine neue Aufgabe, eine Mission, nach der er sich selbst sehnt. Schon innerlich immer gesehnt hat."
"Ein Problem weniger.", seufzte Schwester Gerechter Zorn. Nach wenigen Minuten war Gabriel in ihrer schweren Rüstung und der Systemcheck zu ihrer Zufriedenheit beendet.
"Ist es klug, das vollkommen alleine zu machen?", sprach Gerechter Zorn sie auf eine gestrige Diskussion an.
"In diesem Fall gibt es keine Alternative dazu." Für diese Art von Mission war Lucius eher hinderlich. Seine Stunde würde aber heute noch kommen. Ein langer Tag erwartete sie. Ein wichtiger Tag, wenn alles wie erhofft ablief, würde nicht nur bald Stahlstadt gehören, sondern auch Herad Tabelmann.
"Viel Glück, möge Gott dich schützen."
"Das tut er, Schwester Gerechter Zorn!", meinte Gabriel bestimmt und begab sich von der Rüstkammer in das Strategium des Kommandoschiffes. General Jäger stand am Holotisch und nippte an einer Tasse heißen Rekafs. Auf dem Projektor war ein Bild der Parade abgebildet, welche gerade im Zentralstern abgehalten wurde. Bis jetzt hatte die Konföderation meist nur die zweite Wahl oder gar reine Opfertruppen angetroffen, nun wurden die Eliteregimenter mobilisiert. Um die Moral der Bevölkerung zu heben, paradierten die Truppen des Chaos im Zentrum von Abaddonpolis vom dreihundert Meter hohen Standbild des Horus um den zentralen Platz im Herz der Finsternis zum gewaltigen, nur acht Meter kleinerem Standbild von Abbadon. Bescheidenheit war noch nie ein Charakterzug des ehemaligen ersten Hauptmanns der Luna Wolves gewesen. Kolonnen von Fahrzeugen und Phalangen von Regimentern zogen die Prachtstraße entlang und nun waren auch die Titanen zu sehen, vier kleine Scouteinheiten, zwei rote Reaver und ein Warlord. Der Feind hatte noch mehr Titanen in der Hinterhand, aber die waren wohl zu weit weg gewesen, um sie heute aufmarschieren zu lassen.

"Und wie ist es gelaufen?", fragte auch General Jäger sie. Alle wussten, wie wichtig Herad Tabelmann für ihre Pläne war.
"Besser als gedacht. Ich denke, ich habe ihn dahin geführt, wo er aus eigenen Antrieb überlaufen wird. Bald wird er hier auftauchen, behandeln Sie ihn wie besprochen."
"Sehr schön. Der Feind hat sich auf seine Stellungen zurückgezogen und wartet auf uns." General Jäger schaltete auf ein anderes Bild um, welche den Hauptkontinent von der Welt "Fabrik" zeigte. Eine breite rote Linie hatte sich im Süden formiert und zog sich bis weit in den Osten hoch nach Norden. Im Westen endete die Linie am Meer. Dahinter befand sich Stahlstadt, der gewaltige militärisch-industrielle Komplex, welcher den Planet "Fabrik" ausmachte und ein gutes Drittel des Hauptkontinentes bedeckte. Die letzte Welt im Verrätersternsystem, die sie noch nicht zu hundert Prozent kontrollierten. Die feindlichen Stellungen befanden sich nun allesamt im Schutz der gewaltigen Makrokanonen der Begrenzungsmauer von Stahlstadt. Ihre eigenen Truppen hatten außerhalb der Reichweite dieser bedrohlichen Geschütze angehalten und gruben sich nun ein. Es war im Bereich des Möglichen, dass der Feind noch heute einen Verzweiflungsangriff auf gesamter Frontlinie starten konnte.

"Da können die Chaoten lange warten.", meinte Gabriel auf Jägers Bemerkung anspielend, die nicht beabsichtigte, gegen diesen Feind direkt vorzugehen. Jedenfalls nicht unter seinen Bedingungen. Stahlstadt selbst war von einer gewaltigen Mauer aus Ferrobeton umgeben, welche durchgehend mindestens zweihundert und oft mehr Meter hoch war und von unzähligen kanonenstarrenden Bastionen verstärkt war. Dahinter lagen in acht Sektoren unterteilt voneinander abgeschottete Komplexe, in denen hauptsächlich Rüstungs- und Schwerindustrie für Raumschiffsnormalien untergebracht waren. Besonders die Manufakturen und Industrieanlagen für die Raumschiffsindustrie waren für die Konföderation von großem Interesse und Wichtigkeit, da die dort hergestellten Maschinen und Bauteile imperialer Normung entsprachen, da die Maschinen und Schablonen von imperialen Welten erbeutet worden waren. Ebenso waren die Raffinerien und Erzhütten mit ihren Hochöfen ein lohnendes und erhaltenswürdiges Ziel. Die Waffenfabriken waren für sie weniger interessant, da dort veraltetes oder korrumpiertes Gerät hergestellt wurde. Auf dem Holodeck waren die Regionen in verschiedenen Farben eingefärbt, welche anzeigten, wo Kollateralschaden annehmbar war und wo nicht. Die Industriebauten wurden nur von den Habs der Sklaven und den Festungen der Aufseher unterbrochen. Die Segmente selbst waren durch hohe Mauern abgeriegelt, in denen sich wiederrum Habs für Aufseher, Vorarbeiter und Soldaten befanden. Durch die Aufteilung in Segmente wurde ein Überspringen von Sklavenaufständen unterbunden, die nach Lucius Aussage alle paar Jahrzehnte vereinzelt vorkamen. Servitoren waren sicherlich genügsame Arbeitskräfte, aber eben teuer und aufwendig in der Herstellung, so dass Sklaven trotz gewisser Risiken eine gebräuchliche Alternative waren.

Im Zentrum von Stahlstadt gab es einen weiteren Festungsring. Dort befand sich das Herz der Finsternis, wie Gabriel für sich Abaddonpolis genannt hatten, der seine Kreation demutsvoll nach ihrem Gründer benannt hatte. Eine Musterstadt des Chaos, wenn man es wollte. Alles war auf die allmächtige Acht ausgelegt und der innere Festungsring glich einem Chaosstern. Gewaltige breite Stichstraßen führten gerade vom Zentralplatz zu den gigantischen pfeilförmigen Bastionen, so dass ein Chaosstern gebildet wurde, den man noch aus dem Orbit ohne Probleme erkennen konnte.

"Die Flotte ist in die Ausgangsposition vorgerückt und erwartet Euren Befehl zum Angriff. Alle Truppenkontingente sind bereit.", führte der General weiter aus und zeigte eine Übersichtskarte des Orbits um Fabrik. Über hundert Großkampfschiffe vom Zerstörer aufwärts warteten dort, um ihre tödlichen Waffen abzufeuern. Die meisten Schiffe hatten eine viel zu kleine Besatzung, aber für diese Mission würde es genügen. Musste es genügen. Drei Monate hatte sie auf diesen Tag hingearbeitet, war Tag und Nacht beschäftigt gewesen, neuen Waffensystemen Gestalt zu verleihen und die notwendigen Fertigungsstraßen in dem Asteroiden zu erschaffen, der einst das Herzstück von Abbadons Werft gewesen war. Nun wurden dort Panzerkeile gefertigt, die schwersten Raumjäger des dunklen Zeitalters. Jeder war über hundert Meter lang und war mit zwei kleinen Makrokanonen mit Autoladern bewaffnet, die eine hohe Schussfrequenz lieferten. Wenn man ein Kaliber von einem Meter als klein bezeichnen wollte.

"Gut, ich werde den Countdown starten, sobald alles erledigt ist." Der Engel konzentrierte sich auf das Bild des Zentralen Platzes und teleportierte, nachdem sie ihr Tarnfeld hochgefahren hatte. Das Herz der Finsternis war komplett mit einem gewaltigen Energiefeld von der Außenwelt abgeriegelt und hatte damit ein eigenes Klima, das sich sehr von der mit Umweltgiften verseuchten restlichen Fabrik unterschied. Der Durchgang durch das Energiefeld war schmerzhaft, aber wenigstens war sie dazu in der Lage. In vier Kilometer Höhe kam sie über den Platz heraus, auf den acht überdimensionierte Straßen führten, die jede monströse achthundert Meter breit war. Dies war das kulturelle, religiöse und administrative Herz von Stahlstadt. Hier lebten die wahren Anhänger des Chaos. Vier gewaltige Tempel ragten am Rand des Platzes auf, während ein fünfter, der größte von allen, genau im Zentrum des Platzes stand. Dieser Tempel des ungeteilten Chaos bestand aus einem gewaltigen zentralen Kuppelbau, an den sich je vier Türme und Seitenschiffe angliederten. Die Kuppel ragte allein schon über einen Kilometer in die Höhe und in die Oberfläche waren Menschenknochen eingearbeitet. Jeder Turm und Seitenflügel war einem anderen Aspekt des Chaos geweiht. Dieses Bauwerk war eine Kopie der ersten Imperatorkirche des Ekklesiarchen auf Terra. Inzwischen diente der damals schon lächerlich überdimensionierte Kuppelbau nach ihren Informationen der jetzigen Kathedrale des Ekklesiarchen als Seitenflügel. So war dieses Gebäude als eine Parodie des alten Tempels des imperialen Heilandes auf Terra zu verstehen. Mit einem weiteren Sprung landete sie auf dem Kopf einer Slaaneshstatue, welche aus der Fassade eines eben diesem Gottes geweihten Turmes der Hauptkathedrale herausragte. Zwischen dicken vergoldeten Haarsträhnen ging sie in Deckung und hielt sich an einer fest. Sie befand sich nun knapp anderthalb Kilometer über Straßenniveau und hatte einen grandiosen Überblick über Abaddonpolis.

Der beeindruckteste der vier den Erzdämonen geweihten Tempelkomplexe war sicher der des Tzeentch, dessen Kristallturm sagenhafte neuntausend Meter in die Höhe ragte, aber nicht gerade, sondern in den unmöglichsten Winkeln verschoben, welche die Schwerkraft des Planeten und die geistige Gesundheit seiner Betrachter verhöhnten. Umgeben war der Turm von einem Labyrinth, dessen Mauern aus blau eingefärbten Wänden aus verschiedenen Materialen bestanden. Teilweise diente das der Verteidigung, aber auch als Kraftfokus, da dieses scheinbare sinnlose Labyrinth in sich verschachtelte Runen darstellte.

Die weitläufigste Tempelanlage gehörte Slaanesh, dessen Parkanlage von einer beidseitigen Reliefmauer aus rosafarbenem Sandstein eingefasst war, welche nichts Geringeres als eine Orgie mit hunderttausend ineinander verschlungenen Leibern zeigte. So ziemlich jede denkbare Stellung und ein paar unmögliche waren zu sehen. Auch jede erdenkliche Perversion und sexuelle Spielart. Weder auf Alter, Geschlecht oder guten Geschmack wurde dabei in irgendeiner Form Rücksicht genommen. In der künstlichen Landschaft mit Hügeln und Seen ragten seidene Zelte, reich verzierte Pavillons aus handgeschnitztem Holz und verspielte Lustschlösschen aus Perlmutt auf. Mit etwas Phantasie konnte man in der wohl modellierten Parkanlage eine liegende Frau erkennen. Kuppelbauten, die wohl Theater oder Konzerthallen darstellen sollten, bildeten ihre Brüste. Ein See stellte die Vulva dar. Die ganze Parkanlage machte einen harmonischen und äußerst gepflegten Eindruck und Gabriel musste neidvoll zugeben, dass die Kunstfertigkeit der Gärtner Ihresgleichen suchte.

Khorne war ein gigantisches, genau 888 Meter hohes Zikkurat mit acht Ebenen aus roten Ziegeln geweiht, auf der eine Rampe aus Messing zur höchsten Ebene zu einem Tempel aus Bronze mit einem gewaltigen Opferblock aus Messing führte, von dem Ströme aus Blut über steinerne Wasserspeiern in Form von Blutdämonen nach unten flossen. Unzählige blutbesudelte Schädel stapelten sich in Haufen auf den einzelnen Ebenen. An den Kanten waren Standbilder verdienter Diener des Erzdämons, wie auch seiner Feinde aufgereiht. Mit Unbehagen betrachtete sie das Standbild eines leichtbekleideten Engels, mit einem höchst geschmacklosen Kettenbikini und ebensolchem Tanga, der ein flammendes Schwert in der Hand hochhob, das wohl sie darstellen sollte. Auch der Imperator und die Primarchen waren auf dieser Ebene zu sehen und zwar alle zwanzig. Sie alle auf einem Fleck zu sehen tat weh. Auf Terra gab es auch einen solchen Platz, wo einst alle Statuen der Primarchen gestanden hatten. Natürlich fehlten elf Statuen und ihre Sockel waren bar jeder Verzierung. Wahrscheinlich verstand niemand mehr, was die leeren Sockel überhaupt zu bedeuten hatten. Ihre Kinder, ihre lieben Kinder, die ihr alle genommen worden waren. Wie hätte sich wohl alles entwickelt, wenn sie nicht entführt worden wären? Für einen kurzen Augenblick gab sich Gabriel der Trauer und Gedankenspielerei hin, wenn sie damals nur einige Dinge anders gemacht hätten. Aber jetzt waren nicht der Ort und die Zeit, sich der Vergangenheit hinzugeben. Nur das Jetzt und die Zukunft waren von Bedeutung. Was geschehen war, war vorbei, auch wenn der Preis dafür immer noch bezahlt wurde. Hinter der Stufenpyramide ragte ein gewaltiges Kolosseum auf, das umgeben von verschiedenen Gebäuden war. In der Arena war ein regelrechtes Schlachtfeld nachgebaut. Laut Lucius wurden Auseinandersetzungen zwischen den einzelnen Herrscherfamilien in dieser Arena in ritueller Form ausgetragen, wenn man mit Intrigen und indirekten Schlägen nicht mehr weiterkam.

Nurgles kantiger Tempelkomplex bestand aus schwarzem verwitterten Basalt, an dem zerfetzte grüne Banner hingen, welche die blasphemischen Symbole des Gottes der Verwesung zeigte. Der Gott der Krankheit wurde hier eher als Totengott verehrt und eine gewaltige Nekropole für die ehemaligen Bewohner dieser Schwarmstadt war auf dem Gelände angelegt. Der Komplex war dreieckig und in drei Segmente unterteilt, wohl eine Hommage an Nurgles heiliges Symbol.

Mehrere Sternenkratzer, deren Fassaden mit blasphemischen Reliefs verziert waren, ragten mehrere Kilometer weit in die Höhe. Auch eine Chaoswelt brauchte eine funktionierende Verwaltung und Regierung. Dieser Planet wurde von einem Rat aus achtundachtzig Senatoren regiert, die hier ihre luxuriösen Residenzen hatten, welche einen imperialen Adligen vor Neid erblassen lassen würde. Die Senatoren stammten aus den wichtigsten Oligarchenfamilien, da Clans der Sklaven- und Manufakturbesitzer hier herrschten. Natürlich hatten auch Militärs und Priester ihren ständigen Sitz im Senat, aber die wahre Macht ging vom industriellen Komplex dieser Welt aus.

Weiter hinten ragten die gigantischen Abwehrlaserbatterien auf, welche jeden Angriff aus dem Orbit heraus bisher unmöglich gemacht hatten. Allein schon die Kuppel ragte über einen Kilometer auf, während die achteckigen Sockel einen halben Kilometer hoch waren. Jede dieser Kuppeln hatte die Feuerkraft eines leichten Kreuzers. Die Sockel der Bastionen zeigten gigantische Dämonenfratzen mit weit aufgerissenen Mäulern, durch welche die Luft für die Wärmetauscher der eigenen Plasmareaktoren gesaugt wurde. So war jede Festung in Bezug auf die Energieversorgung vollständig autark.

Genau vierundsechzig, die allgegenwärtige Hommage an die dem Chaos ach so heilige Ziffer Acht hoch zwei, dieser gigantischen Bastionen fanden sich in Abaddonpolis verteilt. Dieselbe Anzahl nochmal in der vielfach größeren Stahlstadt. Deswegen war es ihrer Flotte bis heute nicht möglich gewesen, diese Makropole aus dem Weltraum zu bedrohen. Aber das würde sich in der nächsten Stunde ändern. So korrumpiert diese Stadt auch war, hatte sie doch ihren eigenen verdrehten Charme. Abaddon hatte sich wirklich viel Mühe gegeben, diese Musterstadt des Chaos aus dem Boden zu stampfen. Oder besser gesagt, vor etwa achttausend Jahren hatte der Führer der jetzigen Schwarzen Legion genug kluge Köpfe versammelt, um aus seinen sicherlich wirren Vorgaben eine funktionierende Stadt zu bauen, welche mit der Ikonographie und Zahlenspielerei des Chaos harmonierte. Die unheilige Acht des ungeteilten Chaos war allgegenwärtig. Abaddonpolis durchmaß genau 888 Kilometer, Stahlstadt 8888. Die acht sternförmig auseinanderstrebenden Boulevards waren wenig überraschend genau 888 Meter breit, es waren genau 888 Blöcke, der zentrale Platz hatte einen Durchmesser von 8888 Metern. Die Beibehaltung des metrischen Systems, war das Urmeter doch der vierzig Millionste Teil des Erdumfangs, war mehr als nur eine Hommage an die Wiege der Menschheit. Es symbolisierte auch den Anspruch des Chaos auf Terra, das Herz des Imperiums, der Hauptplanet, mit dessen Herrschaft die zentrale Macht demonstriert wurde. Nach wie vor träumte dieser Narr von der Eroberung der Wiege der Menschheit, aber selbst Abaddon sollte inzwischen eigensehen haben, dass die wenigen Chaosstreitkräfte niemals wieder die Masse entwickeln würden, diesen Angriff zu bewältigen. Selbst nach dem Schwinden des Lichtes des Imperators nicht. Vieles in dieser Stadt war sicherlich auch als Parodie auf die bombastische und ausufernde imperiale Bauweise zu verstehen, wie sie seit M33 immer pompöser und irrwitziger geworden war.

Der mächtige Warlord, welcher ihr Ziel war, schritt gerade unter ihrem Logenplatz vorbei. Zerfetzte Banner hingen von seinen gigantischen Waffensystemen herunter. Welche Farbe er einst gehabt hatte, war nicht mehr auszumachen. Sein mächtiger Leib war voll mit Chaosikonen, Symbolen und geschmacklosen Trophäen behangen, die oft aus abgezogener gegerbter menschlicher Haut bestanden.

Vor ihm fuhren Kolonnen von Panzern, die imperialen Baureihen des Leman Russ entsprachen, nur dass sie mit Chaossternen und Chaosikonen geschmückt waren. Der Leman Russ war einst als Primitivpanzer konzipiert worden, um die frisch ins Imperium der Menschheit eingegliederte Welten mit einem einfachen, aber widerstandsfähigen und feuerstarkem Kampffahrzeug zu versehen. Ihr Sohn Leman hatte eigentlich nichts mit der Entwicklung zu tun gehabt, auch wenn sein Name untrennbar mit dem Panzer verbunden war. Der Leman Russ verfügte über ein primitiv genietetes Kampfchassis auf einer selbsttragenden Rahmenkonstruktion. Die ersten Modelle hatten noch eine einfache Maschinen- statt einer Laserkanone gehabt, da diese Technologie viele Welten noch überfordert hatte. Während des Kreuzzuges hatte es noch eine sehr große Vielfallt an Panzerfahrzeugen gegeben, der Leman Russ war eher für die zweite Reihe oder unterentwickelte Welten gedacht gewesen. Aber durch seine Unkompliziertheit was Bau und Betrieb wie auch Wartung betraf, seine Robustheit und seine äußerst starke Offensivbewaffnung hatte er sich als das dominierende Kampffahrzeug der Menschheit durchgesetzt. Allerdings fragte sich Gabriel, warum die Schwarzen Adepten, welche ja bekanntlicherweise technischen Neuentwicklungen viel offener gegenübertraten, nicht in der Lage gewesen waren, ein besseres Kampffahrzeug zu entwickeln. Allein schon eine gegossene Wanne hätte die Schadenswiderstandsfähigkeit bei geringerem Kampfgewicht deutlich erhöht, was auch in einer höheren Gefechtsgeschwindigkeit resultiert hätte. Aber ihr fehlte die Zeit, darüber müßig nachzudenken, warum auch die Techniker des Chaos nicht in der Lage waren, gänzlich neue Baureihen von effektiven Kampffahrzeugen zu entwickeln.

Vor den Schwadronen der rumpelnden Kampfpanzer marschierten Phalangen rot gerüsteter Krieger mit mächtigen zweihändigen Kettenäxten, die Tempelgarde des hiesigen Khornekomplexes. Mit Blut angemalte Kinder schütteten aus Gießkannen aus Messing Blut auf die Straße. Die Kinder selbst waren schon als Opfer für Dämonenbeschwörungen mit in ihre Haut geschnittenen Runen markiert. Davor schritten zwei blutrote Reaver und vier Kriegshunde in den Farben der vier Erzdämonen. Wiederrum davor fuhr ein Artillerieregiment, welche ihre schweren mit 22cm Geschützlafetten von Halbkettenfahrzeugen ziehen ließen, auf denen die Besatzung aufgehockt war. Diese Männer trugen Eisenmasken und hatten eine schwere Lederschürze um. Hinter dem Warlord marschierten genetisch veränderte Truppen des Schwarzen Adeptus, keine Kreatur glich wirklich der anderen. Dort schienen sich Genealogen wirklich ausgetobt zu haben. Manche ähnelten eher Chaosbruten als Genexperimenten, wobei der Übergang dabei fließend zu sein schien. Noch weiter hinten ritten Reihen von Echsenkavallerie, deren äußerst farbenfroh uniformierten Reiterinnen mit Sprenglanzen bewaffnet waren. Auf dazwischen fahrenden Lastwagen wurden gigantische Trommeln transportiert, welche von Abhumanen bearbeitet wurden und deren rhythmischer Klang bis in diese luftigen Höhen reichte. Staffeln von unterschiedlichen Kampfmaschinen flogen über den Platz in Formationen, welche widerwärtige Runen bildeten, die bei ihr Bauchschmerzen auslöste.

Gabriels Blick wanderte zu den Tribünen aus Messingstreben und betrachtete die Zuschauer. Hier am Zentralplatz hatte sich die Elite eingefunden, um Abbadons Geburtstag zu feiern und der Militärparade beizuwohnen. Die einfachen Bewohner dieser Metropole standen jubelnd an der Straße. Die meisten hatten Mutationen. Wirklich genetisch gesunde Menschen schienen eher die Ausnahme zu sein, Mutanten bildeten das Gro der Bevölkerung. Und diese Mutationen waren nicht durch Umweltgifte entstanden, sondern durch die Gaben finsterer Götter. Wer sich etwas auskannte, konnte allein schon am Erscheinungsbild des Mutanten erkennen, welcher finstere Erzdämon sein Patron war. Auf der Tribüne vor dem Slaaneshtempel hatten sich die hochrangigen Kleriker und die einflussreichsten Anhänger eingefunden. Jeder war anders bekleidet, wobei grelle Farben vorherrschten. So ziemlich jeder Modestil der letzten vierzigtausend Jahre durfte vertreten sein. Auffallen um jeden Preis, was bei dieser Konkurrenz sicherlich ein äußerst schwieriges Unterfangen sein durfte. Manche hatten auch nur Körperbemalung aufgelegt, welche ihre Tätowierungen, Brandmale, in die Haut gesteckte Schmuckstücke und Implantate betonten. Viele der Frauen hatten sechs Brüste, einen Schwanz, mit dem man sich selbst penetrieren konnte, wie einige vorführten, und ihre Haare waren wie Schlangen. In ihren Mündern hatten sie nadelspitze Zähne und die Augen zeigten geschlitzte Pupillen. Auch bei den Frisuren herrschte eine gewaltige Variationsbreite. Von einfachsten Haarschnitten wie Bubikopf oder Pilgerzopf ging es bis zu komplex arrangierten Liebesszenen aus Haaren.

"Letztendlich sind es immer noch Menschen!", meldete sich Gavri in ihr. "Fehlgeleitet, deformiert und ihre Verbrechen sind Legion. Aber nicht alle tragen die Finsternis absolut in sich. Die könnte man vielleicht durch eine Demonstration unserer Macht gewinnen." Innerlich seufzte Gabriel, da sie dieses Thema schon mehrmals durchgekaut hatten.
"Dein Herz ist rein und dein Glaube an das Gute im Menschen immer noch stark. Ja, einzelne könnte man vielleicht retten, aber selbst wir können mit unserer Macht nicht jeden retten. Schon gar nicht vor sich selbst. Die meisten dort unten finden an ihrem Tun und Sein nichts Verwerfliches. In jedem Krieg sterben Menschen, die rein gar nichts dafür können. Das ist bitter, aber wenn wir erfolgreich sein werden, wird dieses Schicksal in künftigen Generationen weit weniger vorkommen, als in jedem anderen Zeitalter der Menschheit. Diese hier werden sterben, einige verdienen es, weil sie überzeugte Diener finsterer Götzen sind, welche jede Grenze von Anstand und Moral mit Freude im Herzen überschritten haben. Sie sind verdammt und ihre Vernichtung ist eine unausweichliche Konsequenz für ihre Taten. Sieh nur diese Menschen, welche Snacks verteilen. Diese kandierten Fleischstücke stammen von Kleinkindern!"
Der Anblick ekelte besonders Gavri, die nun nachdenklich geworden schwieg, und damit hatte Gabriel genug gesehen. Der Engel berechnete, wann der erste Scouttitan den Turm des Tzeentch passieren würde und gab diesen Countdown in ihr Helmdisplay ein.

Dann sprang sie in eine Cogitatorbank, die sich im Herzen des Hauptrechenzentrums des zentralen Verteidigungszentrums befand. Lucius war bei deren Einweihung anwesend gewesen und hatte ein exaktes Bild in seinem Geist dieser Örtlichkeit herauf beschwören können, was es ihr nun ermöglichte, dort einzudringen. Die Anlage selbst war mit mehreren Energiefeldern gesichert und selbst Nullfelder hatte man an einigen Punkten installiert. Es tat weh, diese Barriere zu durchbrechen. Für einen kurzen Moment war der Körper ihrer Wirtin ein einziger Schmerz. Sie fiel kraftlos in sich zusammen und kauerte für mehrere Sekunden hilflos am Boden. Aber der gefährliche Moment der Schwäche verging, sie heilte Gavris Körper und die furchtbaren Schmerzen waren nur noch eine schlimme Erinnerung.

Die Umgebungstemperatur sank in den tiefen zweistelligen Minusbereich, denn der Bereich wurde stark abgekühlt, um mehr Leistung aus den Cogitatorbänken herauszuholen. Dieses Rechenzentrum war mit dem Hauptquartier und der Ortungszentrale verbunden. Hier würden alle Zielevorgaben berechnet und an die einzelnen Bastionen übermittelt werden. So wurde verhindert, dass die Batterien sich verzettelten oder einen unnötigen Overkill anrichteten. Das hatte natürlich den Nachteil, dass dieser Punkt höchst anfällig gegen Sabotage war. Natürlich war der Bereich hermetisch abgeriegelt und befand sich in einem sicheren Bunker viele Kilometer unter der Oberfläche. Aber gegen sie bildete das alles kein Hindernis. Einige Wartungseinheiten in der Form von Spinnen mit unzähligen Mechadendriten auf dem Rücken, welche vom Design her den Wartungseinheiten der Gruftwesen ähnelten, taten hier Dienst. Einst hatte der Fund einer solchen Gruft am Beginn der Expansion der Menschheit viele neue Impulse gegeben, weil man damals noch in der Lage gewesen war, die gefundenen Artefakte zu analysieren und die zu Grunde liegende Technologie in die eigene Forschung zu intrigieren. Viel dieser Technologie waren der Menschheit zu Eigen geworden, nur um dann wieder während des Weltenbrandes vergessen zu werden. Was teilweise vielleicht gar nicht so verkehrt gewesen war, da viele Waffen sehr schrecklich und unglaublich zerstörerisch gewesen waren.

Der Roboter, es handelte sich wirklich um eine autarke Maschine ohne jegliche menschlich typischen Servitorkomponenten wie zumindest Gehirn und Wirbelsäule, schien nicht in der Lage zu sein, sie zu erfassen und machte stoisch seine Wartungsarbeit weiter. Gabriel orientierte sich und verließ den schmalen Gang durch einen Durchgang, der zu weiteren Reihen mit Bänken führte. Sie ging in eine Reihe, in der sich kein Automat aufhielt und steckte ihren eigenen Cogitator in eine Buchse, da ihr ein drahtloser Zugang nicht sicher genug war. Hier im Innern gab es so gut wie keine Sicherheitsabfragen mehr. Auch schwarze Adepten waren letztendlich nur bequeme Menschen, die es sich einfach machten. So hatte sie freie Bahn. Nicht dass eine Brandmauer ihr wirklich Schwierigkeiten gemacht hätte, da sie eine Hackerausbildung und die entsprechenden Werkzeuge hatte. Sie fand recht schnell die Sektoren, in denen die Programme für die Zielzuweisung und Berechnung der Raumschiffabwehrlaser gespeichert waren. Es war ein Leichtes, gewisse Konstanten im Algorithmus zu verändern, was eine minimale Abweichung verursachte, die groß genug war, um ein Schlachtschiff im freien Raum knapp zu verfehlen. Dieser Umstand würde recht bald auffallen, da hinter den Konsolen keine inkompetenten Idioten saßen. Deswegen setzte sie ein Schredderprogramm frei, das sich zuerst an den übermittelten Daten zu den Laserbatterien anhängen und sobald diese auf selbstständige Zielerfassung umschalten würden, diese dann vollständig lahmlegen würden. Als letztes löschte sie ihren Log aus dem Speicher und verwischte so ihre Spuren. Der Countdown war nun fast abgelaufen.

Sie sprang zurück in den freien Raum über der Straße, welche am Tzeentchtempel vorbeiführte. Die Formation der Warhounds war nun fast genau in Position. Sie fixiert den links stehenden Warhound in roter Farbe, da es ihr passend erschien, dass ein Khorne geweihter Titan den Tempel des Tzeentch zerstörte, auch wenn eigentlich Nurgle der eingeschworene Feind des Tzeentch war. Kleine Geschenke erhielten die Freundschaft, wie es so schön im alten Terra geheißen hatte. Auch waren Dinge, die Nurgle geweiht waren, meist von äußerst schleimiger und unhygienischer Natur. Auf der Panzerung der Kriegsmaschine waren Khornerunen aus Messing angebracht, auf einem Wald aus Speeren steckten skelettierte Schädel und die dunkelrote Farbe kam vom getrockneten Blut, mit der die Maschine gebadet worden war.

Mit einem weiteren Gedankenimpuls zwang sich Gabriel in das Cockpit der Maschine. Auch dieser Übergang war schmerzhaft, da die Maschine durch die Weihe an Khorne gegen psionische Manipulation geschützt war. Aber es war nicht so brutal wie der Sprung ins Rechenzentrum. Die dreiköpfige Cockpitbesatzung hatte schon längst ihre Form verloren und klebte als eine einzige amorphe Substanz an den Kontrollen und Sitzen. Durch durchsichtige Venen wurde immer noch dunkles Blut von drei Herzen gepumpt und ebenso viele Gehirne schwammen in dieser labbrigen Masse, die ein etwas schizophrenes Gesamtbewusstsein entwickelt hatte. Die Außenhülle des Titans war mit antipsionischen Runen gepflastert, hier im Innern gab es keinerlei Schutz mehr vor ihrer Macht. Mit ihren vereinigten Kräften übernahmen sie sofort die Steuerung des Warhound Scouttitanen, imdem sie das gemeinsame Bewusstsein der Besatzung übernahmen. Die korrumpierte KI der Maschine war äußerst aggressiv und blutrünstig. Der Engel musste die Maschine noch nicht einmal zwingen, aus der Formation auszubrechen, ihre Waffenarme, bestehend aus einem Vulkan Megaboltersystem und einer Plasmalanze zu heben. Innerhalb einer Sekunde drehten die beiden fünfläufigen Revolverkanonen auf Höchstgeschwindigkeit und die Munitionskammern fassten das erste großkalibrige Geschoss. Auf der Tribüne vor dem Tzeentchtempel hatte sich der Großteil der Psioniker des Planeten versammelt. Alle wiesen sie starke Mutationen auf. Manche hatten keine sichtbaren Sinnesorgane mehr, hatten blauschillernde Schuppenhaut, mehrere Köpfe, gleich neun Augen an Stielen oder noch bizarrere Mutationen. Ein Angriff ihrerseits war durchaus erwartet worden, da die meisten Psioniker sich aktiv gegen psionische Manipulation abschirmten. Aber letztendlich verwandelte der stetige Strom der 88mm Boltgranaten sie in eine zerfetzte blutige Masse Fleisch. Einige Psioniker versuchten tatsächlich noch psionische Attacken gegen den Titan zu richten, scheiterten aber an den Abwehrrunen der Khorne geweihten Maschine. Der Kriegsgott verabscheute Psionik als feige und schützte deswegen seine Anhänger gegen solche Kräfte, was ihr hier zugutekam, da sie selbst keinerlei Ressourcen zu Abwehr aufwenden musste. Die anderen Zuschauer wurden von der zweiläufigen Plasmakanone im Schnellfeuermodus, welcher das viele tausend Grad heiße Plasma großflächig über die Zuschauer verteilte, in Dampf verwandelt. Innerhalb weniger Sekunden starben mehrere tausend Anhänger des Tzeentch und damit ein nicht unerheblicher Teil der psionischen Schlagkraft dieser Welt. Mit ihren psionischen Sinnen konnte sie spüren, wie die Leben ihrer Feinde einfach verloschen. Selbst Gavri hatte für diese sichtlich makelbehafteten Kreaturen kein Mitleid übrig.

Dann brach der Titan durch die Reste der Tribüne und beschleunigte im Sturmschritt auf die Höchstgeschwindigkeit von knapp sechzig Stundenkilometer. Fünf Sekunden nach dem ersten von ihr abgegebenen Schuss traf sie ein Hochenergieplasmastrahl aus dem Geschütz des blauen Warhounds, der sich an ihre Fersen heftete. Aber die doppellagigen Energiefelder, die sich um ihren Titanen inzwischen aufgebaut hatten, absorbierten den Treffer ohne Probleme. Mit einer kurzen Salve aus ihrem Vulkan Megaboltersystem pulverisierte sie einen Teil der Begrenzungsmauer aus Kristall und raste in das Labyrinth, welche den Tempel umgab. Da sie keine Zeit für den regulären Weg hatte, sprengte und rammte sich Gabriel ihren Weg durch die äußeren Bereiche des Tempels, während die restlichen Titanen der Scoutklasse ihre Verfolgung aufnahmen. Innerhalb der Zuschauer im Sichtbereich ihres Angriffs brach gerade großflächige Panik aus und das Massensterben begann, als die ersten fielen und von den panischen Massen tot getrampelt wurden. Schon beinahe körperlich konnte sie die Resonanz dieser starken Gefühle und das Verlöschen der Leben spüren. Besonders Gavri litt unter diesem stetigen Massensterben der normalen Zuschauer in ihrer Nähe.

Nun erreichte ihr Titan den zentralen Turm und erzwang seinen Einlass, indem sie einen Teil des Tores einfach wegschmolz und dann durchbrach. Nun war sie im Innern des gigantischen Bauwerks, geboren aus dem verdrehten Geist des Erzdämons des Wandels. Die Wände waren auf Bodenniveau sehr dick und selbst ihr Titan hätte sich nicht dadurch rammen können. Sie öffnete die Ventile des Plasmareaktors und ließ in viel zu schneller Folge das Plasma durchfließen und gab die Energie durch eine große Anzahl an Hochenergieschüssen wieder ab, welche die Struktur des Turmes ernsthaft beschädigten. Temperaturanzeigen kletterten rasend schnell in den kritischen Bereich, was durchaus von ihr forciert wurde. Die anderen drei Titanen erzwangen sich ebenfalls höchst rüde Zugang zum prächtig dekorierten Innenraum. Die untere Innenhalle des Tempels war neunhundertneunundneunzig Meter hoch. Gigantische blaue Banner mit den typischen Runen hingen von der Decke. Ein Altar aus blauem Kristall schwebte neun Meter hoch in der Luft und war mit unzähligen Schriftzeichen über falsche Prophezeiungen und Lügen bedeckt. Nun stand ihr Warhound im Fokus der drei Titanen, die mit allem schossen, was sie hatten. Gabriel leitete die letzten Schritte ein, den Reaktor zu überlasten und sprang. Die KI begriff erst in den letzten Millisekunden ihrer Existenz, was gerade schief lief und versuchte noch dagegen zu steuern, aber es war zu spät für Gegenmaßnahmen.

Sie kam in etwa zwei Kilometer Höhe und drei Kilometer Abstand zum Tempel heraus. Just in dem Moment detonierte der rote Titan im Innern des Gebäudes in einer gewaltigen Explosion. Die geschwächte Struktur des Bauwerkes gab nun nach und trotzte nicht länger der Physik. Es krachte gewaltig, als der Turm anfing umzukippen. Zuerst neigte er sich langsam in Richtung Boulevard, kippte dann aber immer schneller. Zehntausende von feindlichen Soldaten wurden von dem Bauwerk erschlagen, Trümmer schossen wie gigantische Schrappnelle in die Mutanten, welche nicht direkt zerquetsch worden waren. Wirklichen Triumph über den Tod all ihrer Feinde fühlte Gabriel nicht, Töten machte ihr keine Freude. Nur Befriedigung über die perfekte Ausführung ihres Planes gab ihr ein wohliges Gefühl im Bauch. Aber jetzt war keine Zeit, sich diesen Gefühlen hinzugeben. Der Engel richtete sich auf den hinteren der beiden Reaver aus und sprang in dessen Cockpit.

Auch hier war die Besatzung mit den Kontrollen verwachsen, auch wenn sie noch nicht so amorph war, wie in dem Khorne Warhound. Nach einem kurzen Ringen hatte sie alle Bewusstseine der Besatzung unter ihrer Kontrolle und ließ den Titan ausbrechen. Unter ihren Füßen wurden die genetischen Abartigkeiten zerquetscht, welche aus den verdorbenen Brutgruben der Techhäretiker gekrochen waren. Aber diese minderen Wesen waren nicht ihr Ziel. Inzwischen war auch in mehreren Kilometern Entfernung Panik ausgebrochen, Mutanten flohen von den Straßenrändern und in den Seitenstraßen gab es dichtes Gedränge. Die besser Begüterten hatten Sänften auf Messinggestellen, getragen von gehirngewaschenen Sklaven. Manch eine war umgekippt und der erlauchte Inhalt wurde von unzähligen deformierten Füßen in den Dreck getreten, sofern er nicht von schwer bewaffneten Leibwächtern beschützt wurde, welche ein Blutbad in der panschien Menge anrichteten. Diese kleinen Gefechte verstärkten das allgemeine Durcheinander noch. Ein Chaos, das dem Chaos durchaus würdig war, fand Gabriel.

Auch auf der Tribüne, wo hochrangige Militärs der Parade zugesehen hatten, war allgemeine Panik ausgebrochen. Die meisten waren nur Doppelgänger, aber hier und da war auch ein Oberst oder niedriger Rang zugegen. Ihr Reaver hatte einen Gatlingblaster und eine Energiefaust als Armbewaffnung. Auf dem Buckel trug der Titan einen schweren Mehrfachraketenwerfer. Sie befahl der korrumpierten KI des Titans das Abfeuern des Blasters, während sie die Raketen im Werfer programmierte und dann startete. Die Gatling begann zu rotieren und konventionelle Granaten im gängigen 32cm Kaliber verließen die gezogenen Läufe. Die starken Treibladungen waren ausreichend, um die schweren Granaten auf mehrfache Schallgeschwindigkeit zu beschleunigen und nach nicht mal einer Sekunde schlugen die ersten Granaten in die fast drei Kilometer entfernte Konstruktion ein. Die Splitter der schweren Granaten richteten ein Blutbad an. Eigentlich war das schon beinahe sinnlos, da ihr am Tod dieser Kreaturen in keinster Weise etwas lag, sollte aber von dem Abschuss der Raketen aus dem Werfer ablenken, welche in Dreiergruppen ihren programmierten Zielen zurasten. Der Warlord und der andere Reaver nahmen sie nun unter Feuer und ließen ihre Schilde flackern. Der mächtige Kampftitan der Warlordklasse ließ ihren Reaver wie ein Kleinkind neben einem Erwachsenen wirken. Bei einem Kampf aus dieser nahen Distanz, wo der Reaver seine höhere Geschwindigkeit und Manövrierfähigkeit nicht ausspielen konnte, war diesbezüglich auch genau so klar, wer gewinnen würde. Mit einem Gedankenbefehl sprang sie aus dem Titanen heraus und überließ ihn seinem Schicksal, das ihn nur wenige Sekunden später in einer weiteren gewaltigen Explosion ereilte. Die Druckwelle zerfetzte Hunderttausende und beschädigte die Strukturen in der näheren Umgebung nachdrücklich.

Der Engel sprang direkt in den nächsten Titan und übernahm auch hier die Kontrolle. Seit sie nicht mehr zwanghaft versuchte, Gavri zu dominieren, lief alles viel einfacher. Ihr Kraftpotential, das ihr nun zur Verfügung stand, war exponentiell gestiegen. Wieder programmierte Gabriel die Marschflugkörper des Raketenwerfers und startete sie auf weitere wichtige Ziele. Mit dem Gatlingblaster, dieser Reaver war identisch bewaffnet wie sein inzwischen in einer Plasamexplosion vergangener Zwilling, nahm sie nun als Ablenkungsmanöver den Tempel des ungeteilten Chaos unter Feuer und brachte mit einer Reihe von Volltreffern den Turm des Slaanesh zum Einsturz. Der Warlord richtete seine gigantischen Waffensysteme auf den Reaver aus und Gabriel sprang nun in das vergleichsweise geräumige Cockpit des Warlordtitans. Die Lichtbringerin konnte das Ende des Titanen fühlen, wie er noch Zehntausende mit in den Tod riss. Damit war im Umkreis von tausend Kilometer die letzte mobile Waffe zerstört, die diesem Titan gefährlich werden konnte. Diese Besatzung war umfangreicher und der Titan trotz seines Aussehens wohl noch nicht so lange korrumpiert wie seine nun vernichteten Kollegen. Die im Kopf befindliche Kommandozentrale hatte etwas Atriumartiges in ihrer Luftigkeit und den Galerien, wo Servitoren mit Cogitatorbänken verschmolzen waren. Von den Geländern hingen Ehrenbanner, teilweise aus gegerbter Menschenhaut mit überaus hässlichen Inschriften voller Blasphemie und Korruption. Von der Decke hing eine Pfanne aus poliertem Messing, in der Weihrauch verbrannt wurde, dessen Schwaden sich unter der Decke gesammelt hatten. Die stark modifizierten Besatzungsmitglieder waren schon von Geschenken ihrer dunklen Patrone verdammt worden, waren aber immer noch lebende Wesen mit einem eigenen Bewusstsein.

Aber auch diese Besatzung brachte sie sofort unter ihrer Kontrolle, bis auf einen Schwarzen Adepten, der zu sehr Maschine war, als das sie ihn noch hätte kontrollieren können. Er öffnete die Tür seiner Kapelle neben dem Hauptzugang des Cockpits in den Rumpf und ging dort in Deckung, während seine flexiblen Waffenarme auf sie einschwenkten. Aber noch bevor er sein an Mechadendriten angebrachtes eindrucksvolles Waffenarsenal gegen sie zum Einsatz bringen konnte, verwandelte sie ihn mit schon einem Gedankenimpuls in ein kompaktes Stück Schrott, das in einem genormten Würfel zu Boden krachte. Sichtdeckung hielt sie aus dieser Distanz nun wirklich nicht auf. Nachdem sie nun die komplette lebende Besatzung im Cockpit unter ihrer Fuchtel hatte, ließ sie ihre psionischen Fühler durch den Rumpf wandern und unterjochte jedes lebende Wesen innerhalb des Titans. Diesmal wollte sie direkten Zugriff auf die Systeme des Titans haben. Sie ging zum Tank des Princeps, dessen Extremitäten zu Tentakeln geworden waren und dessen Kopf auf die doppelte Größe angeschwollen war. Viel zu viele Kabel waren darin verwachsen. Die eigentlich grüne Flüssigkeit war bläulich verfärbt und in ihr schwammen nicht nur Exkremente herum. Gabriel riss mit einem Gedankenimpuls die Verschalung vom Sockel und legte das Service Interface für den Techpriester frei. Dort verband sie sich mit einem Kabel mit dem Titan und übernahm die direkte Steuerung der mächtigen Kriegsmaschine. Bevor sie in die Tiefen der KI tauchte, zerquetschte sie die Herzen der Besatzung und koppelte den Princeps ab, indem sie seinen Kopf zur Explosion brachte. Damit war sie nun das einzige intelligente lebende Wesen am Bord des Titans und konnte sich ganz um die KI kümmern. Im Gegensatz zu den nur im Techaberglauben existierenden Maschinengeistern hatte ein Titan tatsächlich ein eigenes Bewusstsein, ein technologisches Selbst. Ein Relikt aus dem Zeitalter der Technologie, als das Wissen um die Künstliche Intelligenz noch allgegenwärtig und nichts Mystisches daran war. Die KI war aggressiv und durchaus eigen. Aber sie wusste, wie ein solches Programm geschrieben war und drang in die komplexe Struktur ein. Mit einigen zusätzlichen Subroutinen legte sie dem herrschsüchtigen Wesen einige Fesseln auf und zwang es unter ihre Knute, besser als jeder Princeps es gekonnt hätte. Das Ganze hatte weniger als zehn Sekunden gedauert.

Dadurch dass sie massiv Energie in die in den Füßen untergebrachten Antigravspulen umleitete, wurde der Titan leichter und seine Höchstgeschwindigkeit steigerte sich im Sturmschritt auf fast fünfzig Stundenkilometer. In der Zeit ihrer ersten Inkarnation waren Titanen sehr schnelle Kampfmaschinen gewesen, welcher der Anziehungskraft mit Hilfe von Antigravspulen trotzten. Auch heute noch gehörten diese gewichtvermindernden Geräte zur Standardausrüstung eines Titanen, weil er sonst durch sein immenses Gewicht auf kleiner Fläche sofort im Gelände in den Boden einsinken würde. Die Techpriester schienen gar nicht mehr zu wissen, für was dieses Bauteil eigentlich ursprünglich gedacht war und was man damit alles anstellen konnte. Die Chaos Adepten schienen es auch nicht zu verstehen. Aber Gabriel verstand es und brachte den Titanen auf eine Geschwindigkeit, welche wohl jeder Techpriester des Imperiums als unmöglich bezeichnet hätte.

Der Titan verfügte über fünf primäre Waffensysteme. Im linken Arm befand sich ein Gatling Blaster, im Rechten ein Vulkangeschütz. In den beiden Schultern war je ein doppelläufiges Turbolaser Annihilator Geschütz untergebracht. Auf dem Buckel trug es noch einen Mehrfachwerfer mit Marschflugkörpern, die sie als nächste Handlung auf ihre Ziele abfeuerten. Auch gab sie nun den Countdown für die Flotte frei, die sich auf der anderen Seite des Planeten in Wartestellung befand. Deren erste Einheiten nun die Wartepositionen verliesen und sich umgruppierten. Sie bekam nach wenigen Sekunden die Bestätigung über den Empfang von Großadmiral Lope. Der eigentliche Tanz konnte nun beginnen. Jetzt kam es darauf an, ihr Plan war nun in die entscheidende Phase getreten. Ein Zurück gab es nun nicht mehr. Auftretende Reibung würde viele gute Menschen das Leben kosten. Deswegen durfte nichts schief gehen. Zum ersten Mal seit Beginn der Mission fühlte sie etwas wie leichte Nervosität. Ihr Herz schlug deutlich zu schnell und ihre Hände waren feucht. Mit einer kurzen Meditationsübung bekämpfte sie ihre Unsicherheit und stärkte ihren Willen. - Versagen ist keine Option! - Etwas an diesem Satz setzte einen seltsamen Nachhall frei. Für einen kurzen Moment blickte sie in das Gesicht einer blonden Frau mit großen blauen Augen, die etwas sehr Strenges an sich hatte und zwar aus der Perspektive eines kleinen Kindes. Aber die Erinnerung, die Gabriel nicht einzuordnen wusste, verblasste so schnell wieder, wie sie gekommen war. Wahrscheinlich ein Erinnerungsfragment einer ihrer vorherigen Wirte.

Ihr Warlord rannte nun über den Boulevard, pflügte durch eine Formation von Leman Russ, von denen einige wie Fußbälle durch die Luft gekickt wurden, andere wurden einfach platt gestampft. Hier und da wurde von den Panzern auf sie geschossen, auch schlugen nun viele Luft-Boden-Raketen in ihre Schilde ein, als Erntebomber ihre tödliche Fracht auf sie abfeuerten. Aber das war genau so effektiv, als ob man eine Wasserflut mit einem einzigen Sandsack aufhalten wollte. Sie lenkte den Warlord nun am Tempelkomplex des Khorne vorbei und visierte mit dem Gatlingblaster eines der Sternenkratzergebäude an. Mit ihren psionischen Sinnen und den Sensoren des Titans analysierte sie die Struktur des Gebäudes, erkannte die Schwachpunkte und berechnete, in welchem Winkel die Trümmer die beste Deckung für sie gaben. Zwei kurze Salven später kippte das mehrere Kilometer hohe Gebäude um und zerstörte das umliegende Gelände großflächig. Die Erschütterung des Bodens war so stark, dass Gabriel dies sogar in der Titanenkanzel noch spürte. Wieder verloschen zigtausende von Leben.

Nun verließ der Warlord den Boulevard, in dessen Bodenbelag unzählige Chaossterne eingelegt waren und tauchte in die rechts stehenden Gebäude ein. Sie rammte sich durch mehrere Strukturen und tauchte dann in die gigantische Staubwolke ein, welche der Sturz des Sternenkratzers verursacht hatte. Dies brachte ihr weitere Sekunden ein, wo sie unbehelligt blieb. Inzwischen schwenkten die Laserlanzen der Raumschiffabwehrbastionen auf sie ein. Für die meisten war sie im toten Winkel, da diese Waffen nicht wirklich dafür gebaut worden waren, Bodenziele zu bekämpfen. Aber auf gewisse Distanzen war dies bei einem so großen Ziel wie den Warlord durchaus möglich. Sie zerstörte in den nächsten drei Minuten fünf weitere dieser gigantischen Gebäude im Zentrum und nutzte diese als Deckung. Ihrem primären Ziel kam sie immer näher, nur noch fünf Kilometer trennten sie von dieser Position. Die erste Laserlanze wurde auf sie abgefeuert und verfehlte ihren Titan nur um fünfzig Meter. Eine Schneise aus brodelndem Plasma tat sich hinter ihr auf. Nun lies Gabriel den Titanen in unregelmäßigem Zickzack laufen und veränderte laufend die Geschwindigkeit, so dass sie drei weiteren Energiestößen ausweichen konnte. Sie eröffnete das Feuer auf umliegende Gebäude und sorgte so für weitere Wolken von Trümmern, welche die Sensoren der Bastionen irritierten. Inzwischen war die ganze Flotte ausgefächert und die ersten Großkampfschiffe würden in zwei Minuten in Reichweite sein. Die nächste Bastion lag nur neun Kilometer von ihr entfernt und alle Waffensysteme mit der notwendigen Reichweite eröffneten nun das Feuer auf sie. Da es im Bereich des möglichen war, dass durch einen Zufallstreffer in einem kritischen Moment ihr ganzer Plan vereitelt werden konnte, nahm Gabriel diese Bedrohung durchaus ernst.

Die Bastion war wahrlich gigantisch, ein riesiger Festungskomplex mit einer kleinen Armee als Bedienpersonal. Die Außenfläche bestand aus einem sehr hochwertigen Verbundwerkstoff aus geschichteten Ceramit, Plastoid und Adamantium. Es gab nur noch wenige Fabrikwelten in dieser Galaxis, die dazu in der Lage waren, eine solch hochwertige Legierung herzustellen. Die Festungen waren auch ihre achttausend Jahre alt und für jede Errichtung war ein immenser Aufwand nötig gewesen. Unter dieser hochwertigen, meterdicken Panzerung war der übliche, allgegenwärtig im Festungsbau verwendete Ferrobeton anzutreffen. Ein vierfach gestaffeltes Schutzfeld schützte die Bastion vor Fernkampfangriffen. Normalerweise war es unmöglich, dass ein einzelner Warlord diesem Bauwerk selbst mit seinem eindrucksvollen Waffenarsenal gefährlich werden könnte. Aber sie selbst war eine Waffe, vom Herrn geschickt, das Böse zu bekämpfen. Und sie war die stärkste ihrer Brüder und Schwestern gewesen. Sie war Gabriel, die Stärke Gottes, und würde sich auch nicht von meterdicker Panzerung und gestaffelten Schutzfelder aufhalten lassen. Mit ihren psionischen Sinnen tastete sie die Oberfläche ab, erkannte Schwachpunkte und Ansatzmöglichkeiten. Manche der Runen waren nicht nur Tand, sondern waren von finsterer Macht, die Schutz vor psionischen und dämonischen Kräften gaben. Schließlich war auch ein interner Konflikt im Bereich des Möglichen.

Trotz dieser Widrigkeiten gelang es ihr mit ihren Kräften, einige der Schildprojektoren zu zerdrücken, was die Felder zwar nicht zum Erlöschen, aber doch zum Flackern brachte. Sie ließ ihren Gattlingblaster rotieren und führte erst auf maximaler Umdrehung die Granaten ein. Ein Strang Explosivgranaten machte sich auf seinen zerstörerischen Weg. Normalerweise wären panzerbrechende Granaten für ein gepanzertes Ziel die bessere Wahl gewesen, aber Gabriel wollte diese massive mehrschichtige Panzerung gar nicht durchschlagen. Mit ihren Kräften griff sie nach den Geschossen, bremste sie kurz vor dem Aufschlag in einem der aufgerissen Mäuler, welche die Öffnungen der Luftaustauscher bildeten vollständig ab. Nach und nach ließ sie diese in den Schlund des Mauls fallen. Die ersten explodierten auf Schutzgittern des Lüftungsschachtes und zerrissen diese. So bahnte sie sich einen freien Weg in die Tiefen der Festung, wo viele hundert Meter unter der Oberfläche sich die Kraftwerke befanden. Bevor die Sicherheitsschotte geschlossen werden konnten, fiel eine große Anzahl Granaten bis in den Kraftwerksektor hinab. Die Welle der Explosionen zerrissen das Energieleitungssystem und die Rohre der Kühlung. Die sich aufschaukelnden Schockwellen reichten auf, um die massive Umhüllung des Reaktors zur zerreisen. Der Plasmakern expandierte augenblicklich. Normalerweise war die Festung von Grund auf darauf ausgelegt, dass einer der acht Reaktorblöcke detonieren konnte, ohne die Anlage weiter in Mitleidenschaft zu ziehen. Die übergroßen Mäuler der Dämonenfratzen an der Außenhülle waren eben genau darauf ausgelegt, den Druck nach außen im ausreichenden Ausmaß abbauen zu können. Aber mit ihren Kräften griff sie nun nach dem sonnenheißen Plasma und richtete die Energie gezielt zur Seite, durchschlug die dreißig Meter dicke Ferrobetonmauer und sprengte den nächsten Reaktor. So sammelte sie weiter Energie und jagte innerhalb einer Sekunde nicht nur alle Blöcke hoch, sondern konzentrierte die Energie nach schräg oben ins Innere der Festung. Explodierende Munitionsdepots verstärkten noch die zerstörerische Kraft und die Festung detonierte. Die viele Millionen Tonnen schwere Kuppel wurde weggeschleudert und die oberen Mauern barsten zu gigantischen Schrappnellen, die im Umkreis von fünf Kilometern alle Strukturen regelrecht wegschmiergelten. Nur der gigantische Sockel blieb stehen und sah für einen Moment wie ein Vulkan aus. Weitere hunderttausende von Leben wurden innerhalb weniger Sekunden ausgelöscht. Selbst auf ihre Position prasselten noch vierachsergroße Fragmente gegen ihre Schutzschirme wie Hagelkörner. Eine gigantische Staubwolke breitete sich aus und hüllte alles ein. Das gab ihr nun ausreichend Deckung, um weiter zu ihrem primären Ziel vorstoßen zu können.

"Das ist also die ungebändigte Macht eines Alpha Plus Psionikers.", hauchte Gavri in ihr erstaunt.
"Das war nur das Ausnutzen schon vorhandener Energie in Verbindung mit einem äußerst umfangreichen Wissen auf vielen wissenschaftlichen Gebieten. Aber ja, das ist wahre Macht. Pass auf, dass du nie davon berauscht wirst. Das ist der erste Schritt in den Untergang."
"Ich find das eher schrecklich als berauschend. Soviel Macht sollte kein Mensch haben."
"Stimmt, wie gut dass ich ein Engel bin.", erwiderte Gabriel voller Ernst und achtete darauf, innerhalb der immer noch vorhandenen Staubwolke voranzukommen. Ihr Zeitplan war von ihr nicht zu eng geplant gewesen, trotzdem hatte sie keine Zeit zu vertrödeln. Das primäre Ziel war nun in unmittelbarer Nähe. Hier waren die Zerstörungen bisher meist nur oberflächlich gewesen, die ersten Brände flackerten durch glühende Trümmerstücke ausgelöst auf.

- Es hat Zeit gegeben, kleines Mädchen, da hätte ich Abaddonpolis mit einem einzigen Gedanken auslöschen können. Und wenn du nicht so bockig wärst, könnte ich mit ganz anderen Mitteln vorgehen. Aber vielleicht ist es besser so, Sein Wille geschieht. - dachte Gabriel abgekapselt etwas bitter. Das, was sie hier tat, war nichts zu den Möglichkeiten, die sie einst gehabt hatte und die sie wieder haben würde, wenn sie vollen Zugriff auf die Kanalisationsfähigkeit ihrer Wirtin hatte. Aber noch war es nicht soweit, noch musste sie mit den äußerst beschränkten Möglichkeiten auskommen, die ihr bisher Gavri zur Verfügung stellte.

Nun eröffnete sie das Feuer aus allen Waffen auf einen Punkt in einem Klick Entfernung. Hier standen Habs der Elite, weiträumige Wohnanlagen mit luxuriösem Ambiente, die gerade schwer in Mitleidenschaft gezogen wurden. Nach zehn Sekunden mit ihren Waffensystemen waren es nur noch zertrümmerte Ruinen. Aber nicht die Gebäude waren ihr Ziel, sondern das, was sich in etwa hundert Meter darunter befand. Die Staubwolke schützte sie visuell, aber ihr Energieausstoß war durch den massiven Waffeneinsatz selbst in diesem Chaos selbst für mittelmäßige Sensoren deutlich zu orten. Sie blieb in Bewegung, konnte sich aber nun nur noch so langsam bewegen, wie die Gyrostabilisatoren der Waffensysteme es zuließen.

Dann traf sie die erste Laserlanze und zerschmetterte den ersten ihrer Schilde, der vollständig durch die Überladung ausbrannte. Später als erwartet, trotzdem war dies kein schönes Gefühl. Das primäre Ziel kam nun immer näher und sie jagte die panzerbrechenden Munitionsvorräte des Gatlingsblaster in den Boden, riss ihn mit nachfolgenden Salven mit Explosionsmunition auf und formte einen schnell größer werdenden Krater, den sie mit ihren anderen Waffensysteme noch weiter aufschmolz. Um den Effekt noch zu verstärken, begann sie die Zerstörungen mit ihren psionischen Kräften auszuweiten. Es war wirklich einfacher, bestehende Energien zu verstärken als selbst welche zu erschaffen.

Zwei Lanzen trafen sie gleichzeitig und hätten beinahe alle fünf verbleibenden Schilde durchschlagen, aber im letzten Augenblick erkannte sie die Gefahr durch ihre psionischen Fähigkeiten. Dadurch konnte Gabriel rechtzeitig alle Energie in die Schilde leiten und eines hielt stand, auch wenn es bedenklich flackerte. Aber dann war sie am Ziel und die gigantische Kriegsmaschine rutschte tiefer in den glühenden Krater. Sie ließ den Titanen sich vorbeugen, richtete die Laserwaffen auf den Boden und schoss mit voller Leistung hinein. Nun war sie in Deckung und im toten Winkel der Lanzenwaffen der Raumschiffabwehrlaser. Mit einem Energiestoß brannte sie die korrumpierte KI aus, erhöhte den Druck im Plasmareaktor, blockierte alle automatischen Sicherheitssysteme und sprang. In fünf Kilometer Höhe konnte sie die gewaltige Explosion sehen, welche den Titanen und alles im Umkreis von fünfhundert Metern verdampfen lies. Gebäude, die weiter weg standen, fielen wie Kartenhäuser in sich zusammen. Über ihr flackerte das Deflektorschild, welches Abaddonpolis schützte. Mit der Explosion des Titanen hatte sie das unterirdische Hauptumspannwerk vernichtet. Es gab mehrere kleinere andere, die aber alle durch Volltreffer der schon vor einigen Minuten abgefeuerten Marschflugkörper stark in Mitleidenschaft worden waren, weil diese nur wenige Meter unter der Erde gelegen hatten. Inzwischen war ihre Flotte über den Ereignishorizont geflogen und eröffnete mit allem, was sie hatten, das Feuer. Das instabile Energiefeld wurde nun gnadenlos überladen. Schließlich brach das Feld zusammen, welches die Stadt seit Jahrtausenden geschützt hatte. Hier wurde es nun eindeutig zu gefährlich für sie, nicht nur weil sie die Präsenz mehrerer mächtiger Psioniker von hoher Klassifizierung spürte, sondern weil dieses Areal gleich einem gewaltigen Bombardement ausgesetzt sein würde. Abaddonpolis zahlte nun den ultimativen Preis für seine Blasphemie wie einst Sodom und Gomorrha. Mit einem Gedankenbefehl sprang sie an Bord des provisorischen Flaggschiffes ihrer Flotte.

Gedanke des Tages
Im allerersten Entwurf enterte Gabriel mit Herad zu Machtdemonstrationszwecken gemeinsam einen Titanen. Aber das war doch weit unter ihren Möglichkeiten und etwas primitiv. Das hier war auch noch unter ihren Möglichkeiten, da sie sehr auf Gavri Rücksicht nehmen muss, die doch etwas zimperlich ist. Ich wollte einfach mal zeigen, was Gabriel so drauf hat und mit welchen Methoden sie auch indirekt ans Ziel kommt. Auch wollte ich darstellen, wie sich inzwischen das Verhältnis von Gabriel und Gavri verändert hat. In einem späteren Kapitel wird das noch einmal vertieft werden. Hier und da blitzen auch ein paar Fragmente aus Gabriels Vergangenheit auf, um die Neugier auf mehr zu wecken.

Der Teil ist etwas spannungsarm, da Gabriel alle Trümpfe in der Hand hält. Sie verfügt über detaillierte Insiderinformationen durch Lucius, kann weit genug in die Zukunft sehen und weiß sehr viel über vergessene Technologische Komponenten solch komplexer Maschinen. Deswegen kann sie nur Erfolg haben, weil sie gut geplant hat und ihre Möglichkeiten ausnutzt. Sie kann jede Art von Reibung vermeiden und hat dadurch keine Probleme, ihre Mission zu vollenden.

Ich denke mal, der Wahnsinn des Chaos in Form seiner gigantischen Tempel kommt hier gut rüber. So stell ich mir eine richtige Chaosstadt vor. Alles ist auf die heiligen Zahlen ausgerichtet und jedes Bauwerk ist eine gestaltgewordene Manifestation eines der Götter. Und dabei wird noch versucht, die Dimensionen der schon abartig gigantischen Gebäude des Imperiums in den Schatten zu stellen. Schließlich will man ja noch einen draufsetzen, um die erlittene Niederlage besser kompensieren zu können.

Eigentlich sollte nun ein schnelles Zappen durch schon bekannte Figuren des dritten Bandes folgen. Allerdings hätte das nicht die eigentliche Story vorangebracht und fiel dann aus Zeitmangel heraus. Nur der bald folgende Abschnitt war schon zu weit fortgeschritten und ist für eine Anschlussszene wichtig, deswegen habe ich es dabei gelassen, auch wenn es weder die Story voranbringt und nur einen der noch nicht näher beleuchteten Helden des dritten Bandes zum Fokus hat. Auch wird hier wieder ganz tolle super duper Ausrüstung eingeführt. Und ja, Gabriel hat noch einige fiese technologische Sachen in Petto, die einen Space Marine vor Neid erblassen lassen.
 
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Moin,

hab mich eben nur mal angemeldet, um dir kurz Feedback zu deiner grandiosen Geschichte zu geben. Ich lese hier seit Jahren still mit und finde deine geschichte großartig. Ich hoffe, du kommst bald dazu, weiterzuschreiben. Inhaltlich habe ich eigentlich nichts zu meckern/verbessern. Das einzige, was mir einfällt ist, dass du vor einiger Zeit mal angemerkt hast, dass in einem der vorherigen Bände kritisiert wurde, dass die Technik-Beschreibungen und Kämpfe mit Gad Varner und Co (der hieß doch so?) zu langatmig/unspannend, was auch immer seien... Das finde ich ehrlich gesagt gar nicht. Dieser Teil, in dem der erste Chaosplanet (oder war es eine Station?) befreit wurde, war m.E. einer der Besten überhaupt. Ich hoffe also, dass Gad und Co. nochmal wieder auftauchen und du noch ein paar Feuergefechte zwischen der Allianz und Chaos/Imperium einbaust. Wäre ja auch ganz interessant zu sehen, wie die Streitkräfte von Gavri reagieren, wenn sie gegen das Imperiale ranmüssen.
Soweit meine Meinung zu diesem Punkt. Hoffe du machst fleißig weiter. Ich bin ein großer Fan deiner Geschichte!
 
hab mich eben nur mal angemeldet, um dir kurz Feedback zu deiner grandiosen Geschichte zu geben. Ich lese hier seit Jahren still mit und finde deine geschichte großartig. Ich hoffe, du kommst bald dazu, weiterzuschreiben.

Da fühle ich mich ja richtig geehrt.

Inhaltlich habe ich eigentlich nichts zu meckern/verbessern. Das einzige, was mir einfällt ist, dass du vor einiger Zeit mal angemerkt hast, dass in einem der vorherigen Bände kritisiert wurde, dass die Technik-Beschreibungen und Kämpfe mit Gad Varner und Co (der hieß doch so?) zu langatmig/unspannend, was auch immer seien... Das finde ich ehrlich gesagt gar nicht. Dieser Teil, in dem der erste Chaosplanet (oder war es eine Station?) befreit wurde, war m.E. einer der Besten überhaupt. Ich hoffe also, dass Gad und Co. nochmal wieder auftauchen und du noch ein paar Feuergefechte zwischen der Allianz und Chaos/Imperium einbaust. Wäre ja auch ganz interessant zu sehen, wie die Streitkräfte von Gavri reagieren, wenn sie gegen das Imperiale ranmüssen.
Soweit meine Meinung zu diesem Punkt. Hoffe du machst fleißig weiter. Ich bin ein großer Fan deiner Geschichte!

Ich mach fleißig weiter, keine Angst. Ich hatte halt das Gefühl, dass einige besonders laute überhaupt nicht mit der fortschrittlichen Technologie klarkamen. Sie ist nun mal von einer ganz anderen Klasse und mit einem Wirkungsgrad versehen als die imperiale Technik, die seit Jahrtausenden ständig schlechter wird. Nachdem nun so viele doch die Jungs wieder haben möchten, werde ich ihnen in einem späteren Buch wieder einen größeren Rahmen einräumen.

Teufel auch was für ein Feuerwerk! War mir ein grosses Vergnügen einem Alpha Plus Psioniker bei der Arbeit beizuwohnen...

So was hat schon was.
laugh.gif


Ich finds gut das bei dir das Chaos nicht so gehirntot rüberkommt wie GW es nur zu gerne überall dran nagelt. Ohne Verwaltung/Planung kann sich so eine "Kill, kill, kill" 'Gesellschaft' ala GW überhaupt nicht erhalten.
Der kleine innere Konflikt Gavri vs Gabriel scheint neu zu sein, kam überraschend für mich^^

Der wurde im dritten Band schon angedeutet und wird noch mal im übernächsten Kapitel eingehender beleuchtet. Aber nun weiter mit einem alten Bekannten aus dem dritten Band.

Persona Dramatis
Kommando Hughes "der Witwer" Broman - Ist nun bei den Kommandos gelandet.
Jenna Broman - Seine verstorbene Frau
Chaos Jenna - junge Frau, die Hughes an seine Frau erinnert
Gad "der Denker" Varner - Hughes ehemaliger Vorgesetzter
Macharius Metaxa - gewissenhafter Beamter des Administratums

Kapitel 5

Position:
Konföderation des Lichtes
Segmentum Pacificus
System Verräterstern
Orbit über Fabrik
Provisorisches Flaggschiff
Zeit: 2 847 996.M41
Person: Hughes "Witwer" Broman

Korporal Hughes Broman von der 1. Kommandokompanie starrte konzentriert auf die Anzeigen im Teleporterraum aus Silber und Emaile. Das letzte Licht erlosch und der Schmerz setzte ein, als sein Körper durch das Immaterium auf die andere Seite des Planeten geschleudert wurde. Er hatte schon beinahe wieder vergessen, wie unglaublich weh das tat. Alles wurde schwarz um ihn und der Schmerz badete ihn. Und noch etwas anderes badete ihn, denn er war in einer Flüssigkeit herausgekommen. Für einen kurzen Moment überkam ihn der Anflug von Panik, die er aber sofort niederkämpfte. Normalerweise hätte seine Einheit aus zwölf Kommandos der neu geschaffenen Kommandokompanie auf einer unterirdischen Straße landen müssen, die zu einer der Bastionen mit Raumabwehrlasern führte. Laut ihrer Aufklärung waren diese gigantischen Komplexe durch ein unterirdisches Straßensystem verbunden, dessen Zugangstore im Normalfall immer offen standen, da die Besatzungen ein Großteil ihres Warenverkehrs und Nachschubes über dieses System abwickelten. Offensichtlich war diese kein Straßentunnel, da diese im Normallfall nicht unter Wasser standen. In seiner schweren Kommandorüstung zu schwimmen war illusorisch. Also sank er zum Grund, was nicht allzu lange dauerte. Mit seinen komplexen Systemen versuchte er sich zu orientieren. Die Kommandorüstung war hermetisch versiegelt, besser gepanzert als die regulären Rüstungen der Sturmtruppen, getragen von einem Exoskelett und das Fortschrittlichste, auf das die Menschheit wohl im allgemeinen Zugriff hatte. Diese Rüstung war auf dem Höhepunkt des technologischen Fortschritts entwickelt worden. Nicht einmal die Servorüstung der Astartes kam an dieses Wunderwerk der Technologie heran. Und Hughes gehörte zu den wenigen Auserwählten, die eine solche Rüstung tragen durften. Dabei fühlte er sich eher strafversetzt. Nach den Kämpfen um die Werft war sein Leutnant Varner zu ihm herangetreten.

"Ich kann in meiner Einheit niemand gebrauchen, der ohne vernünftigen Grund Unbewaffnete über den Haufen schießt und meine Befehle ignoriert. In der Imperialen Armee wird man für Befehlsverweigerung augenblicklich exekutiert, auch wenn man dort dem Leben von Mutanten sicherlich einen noch geringeren Stellenwert einräumt. Wie auch immer, ich will dich hier nicht länger haben, Witwer! Aber du hast Glück, man sucht für die "Kommandos" fähige Leute und da geht es darum, ohne nachzudenken Leute umzubringen. Das ist doch genau das Richtige für dich, Witwer. Also, ich vergesse die Sache, wenn du dich bei dieser Einheit meldest und dich bemühst, auch die Tests zu besehen. Abgemacht?" Hughes verstand nicht, was Denker auf einmal gegen ihn hatte. Nur wegen ein paar Mutanten einen solchen Aufstand zu machen. Aber vielleicht würde man seine Talente bei den Kommandos besser zu schätzen wissen, also hatte er Varners Ratschlag befolgt und hatte sich für diese Einheit beworben, die zwar nicht mehr zum Regiment gehörte, aber zur Luftlandedivision, die so langsam immer mehr Gestalt annahm. Nach einem Haufen Tests hatte man ihn dort angenommen und ihn gleich zur Fortbildung eingeteilt. Normalerweise war der Lehrgang noch nicht abgeschlossen, aber dieser Krieg war nun in die letzte entscheidende Phase getreten und sie waren vorzeitig in den aktiven Status versetzt worden. Ein anspruchsvolles Manöver unter nichtsimulierten Gefahren, wie es ihr Ausbilder formuliert hatte.

Der Kommando richtete sich auf und versuchte mit seinen mannigfaltigen Sensoren etwas zu erkennen. Dass er von Flüssigkeit umgeben war, merkte er auch so. Laut Analyse befand er sich in einer Art Nährflüssigkeit. Jedenfalls wurde dies in sein Sichtfeld eingeblendet. Er stand auf industriell hochwertigem Plaststahl mit geringer Rauheitstiefe und dieses Material schien ihn zylinderförmig zu umgeben, was den Schluss zuließ, dass er sich in einem aufrechtstehenden Vorratstank für Nährflüssigkeit befand. Tanks wie auch Silos hatten die Tendenz zu verschmutzen und deswegen wurden sie in bestimmten Wartungsintervallen gelehrt und von innen gesäubert. Was wiederrum bedeutete, dass sich im Innenraum eine Leiter befinden musste, mit der Wartungspersonal auf den Boden klettern konnte, um dort Reinigungsarbeiten vornehmen zu können. Und natürlich war dann am Ende der Leiter mit einer Luke zu rechnen. Also schritt Hughes zur Außenwand und begann sie entlang zu laufen. Schließlich konnte er eine Leiter erkennen.

"Thron! Imperator sei Dank!", murmelte Hughes, der nach wie vor zu den wenigen gehörte, welche dem Gottimperator die unabdingbare Treue hielten. Die Lichtbringerin war sicherlich ein mächtiges Wesen, aber göttlich, wie viele seiner Kameraden sie sahen, war sie für ihn nun mal nicht.

"Rufe Ito eins. Hier Ito zwo eins. Kommen!", sendete Hughes und versuchte den Leutnant seines Trupps zu erreichen. Schon auf niedriger Ebene waren bei den Kommandos die Posten höhergradig besetzt, als es bei absoluten Eliteeinheiten Gang und Gäbe war. In seinem Funk kam nur Rauschen, wahrscheinlich dämpften die Flüssigkeit und der Plaststahl der Wandung seinen Funk herab, da er auch nichts Relevantes empfangen konnte, weder von Freund noch Feind. Nachdem Broman sich von der Festigkeit der primitiven Leiter überzeugt hatte, seine Eigengewicht samt Rüstung und Waffen war sicherlich höher als die eines normalen Wartungsservitors, Sklaven oder Mutanten, begann er mit dem Aufstieg aus dem Tank. Der Behälter war fast randvoll mit der Flüssigkeit und kein halber Meter Luft befand sich zwischen Decke und der grünlichen, klebrig zähen Flüssigkeit. Die Luke über ihn hatte einen recht großen Durchmesser, sodass auch er dort herauskommen würde. Lauschend hielt er inne und versuchte etwas mit seinen Sensoren zu erfassen. Deutlich waren rhythmische Maschinengeräusche wahrzunehmen. Wahrscheinlich befand sich der Tank in einer Halle mit mehreren Behältern und weiteren Maschinen. Es war davon auszugehen, dass sich Personal darin befand. Also hieß es sie schnell und lautlos auszuschalten, sprich, sie zu töten, bevor sie Alarm geben konnten.

Vorsichtig begann er, das Rad der Luke zu drehen, und konnte den Mechanismus einschnappen hören, als die Sperren sich entriegelten. Er wartete einige Sekunden, aber niemand kam, um nachzusehen. Langsam öffnete er die Luke spaltbreit und fuhr eine flexible Kameraantenne aus seiner Schulter, die für ihn die Umgebung ausspähte. Er war tatsächlich in einem hallengroßen Gewölbe aus Ferrobeton, dessen Decke einen dringenden Anstrich benötigt hätte. Einige blasphemische Zeichen waren an den verwitterten Wänden eingemeißelt und mit dunkelroter Farbe, wahrscheinlich Blut, beschmiert worden. Die Zeichen lösten in ihm den Wunsch aus, die Verursacher schnellstmöglich in Stücke zu schießen. Sein Tank stand in einer Reihe von acht Stück und war wohl der letzte. Links und rechts erstreckten sich weitere Tanks und es war keine Überraschung, dass es sich wohl um insgesamt vierundsechzig Stück handelte. Man hatte sie instruiert, dass der Feind auf dieser Welt einen ziemlich großen Spleen mit der Ziffer Acht hatte. Das war für diese verblendeten Götzendiener eine unheilige Zahl.

Laufgitter mit Geländern verbanden die Tanks miteinander, ebenso ein komplexes System aus Rohren und Kabeln mit verschiedenen Durchmessern. Ein großes Rohr kam aus einer Wand und verzweigte sich dann. Hier und da waren Handräder zu sehen, die wahrscheinlich Ventile schlossen oder öffneten. Unter jedem Tank waren weitere Rohre angebracht, die zu der Wand zurückliefen und dort im Boden verschwanden. Personal jedweder Art war momentan keines auf seiner Sensoren auszumachen.

"Rufe Ito eins. Hier Ito zwo eins. Kommen!", sendete Hughes ein weiteres Mal, da er hier nun wohl einen besseren Empfang haben dürfte.
"Hier Ito eins. Status? Kommen!", rauschte die Stimme des Leutnants in seinen internen Lautsprechern.
"Volle Einsatzbereitschaft, unbekannte Position! Kommen!"
"Sende Koordinaten von Sammelpunkt. Begeben Sie sich dorthin. Mission ist abgebrochen. Pflaume übernimmt. Kommen!"
"Verstanden. Kommen!" Hughes empfing ein komprimiertes Datenpaket mit hoher Verschlüsselung, was er in sein System einspeiste. Auf seiner Karte erschien ein Punkt, die Lokalität war wohl eine Art Wiederverwehrtungssammelstelle.
"Verstanden und aus!"

Hughes öffnete nun gänzlich den Deckel der Luke und kletterte vorsichtig heraus. Bahnen von Leuchtstoffröhren primitiver Bauart sorgten für eine dämmrige Beleuchtung, da viele der Röhren nicht mehr leuchteten. Ein paar flackerten und projizierten Lichteffekte, die seine Sensoren teilweise als Bewegung deuteten. Andauernd blendete sein internes Computersystem Zieldaten in sein Helmdisplay. Er regulierte die Empfindlichkeit der Sensoren herunter und die Phantomziele erloschen. Leise schloss er die Luke hinter sich und orientierte sich zur nächsten Tür, die etwa fünfzig Meter von ihm entfernt war. Er zog seine schallgedämpfte und fast lautlose Nadelpistole, während er sein Plasmakombigewehr schulterte. Seine Tarnbeschichtung funktionierte zurzeit nicht, da die Oberfläche seiner Rüstung mit der Nährflüssig besudelt war. Die elektronischen Rezeptoren auf seiner Rüstung vertrugen keine Flüssigkeit mit hoher Viskosität, Staub und Niedrigviskoses wurde abgestoßen, aber zähflüssiges war die Nemesis dieser Tarnvorrichtung, die ihn für ein normales Auge eigentlich unsichtbar machte. Die Rüstung war obendrein versiegelt, sodass kaum Abwärme entstand, was aber jetzt keine Rolle spielte. Mit der Waffe schussbereit vor sich ausgestreckt arbeitete er sich über einen Boden aus rostigem geriffeltem Ferrobelag in Richtung Tür vor. Es handelte sich um ein feuerfestes Schott aus Ceramit mit einem mechanischen Rad. Ohne Zwischenfälle erreichte er den Ausgang und blieb kurz stehen, um zu lauschen. Seine Sensoren übertrugen einzelne Wortfetzen und ein lautes Schlagen. Offenbar befanden sich lebendige Wesen hinter diesem Schott.

"Gottimperator, führe meine Hand und lass mich dein Werk verrichten!", betete der Kommando und öffnete so leise wie möglich die Tür. Dahinter lag eine deutlich kleinere Halle mit einer komplexen Maschine im Zentrum. Auf einem blut- und dreckverkrusteten Tisch aus verdreckten uraltem Stahlplast davor lagen mehrere Frauenleichen, die von zwei mit blutigen Schürzen bekleideten Mutanten zerlegt wurden und stückchenweise in das Mahlwerk der Maschine geworfen wurden. Das Ganze hatte die Atmosphäre von einem Schlachthaus. Ohne zu zögern visierte Hughes den ersten Mutanten an, der einen Buckel mit einem zweiten Kopf hatte, der aber keinerlei Funktion zu haben schien. Der primäre Kopf war eine aufgequollene Masse an Fleisch und Knochenwülsten, das eine Auge war kinderfaustgroß, das andere viel zu klein und hing an einem Stil. Das Ding hatte zwei übereinanderliegende Mäuler voller schiefer kariöser Stummel. Seine Waffe hauchte den Tod heraus und der Mutant sackte getroffen zusammen. Der zweite dunkelhäutige Mutant war weniger gedrungen und hatte vier Arme, wobei das eine Paar in Scheren auswuchs, die ihm bei dieser Arbeit zugutekamen. Ein großes Auge glotzte ihn auf der Brust sitzend an, in das er kurzerhand schoss. Auch dieses Ziel sackte kraftlos zur Seite. Er schoss jedem von ihnen noch einmal in den Kopf, nur um wirklich sicher zu sein, dass diese Dinger auch tot waren. Das Ganze hatte keine zwei Sekunden gedauert.

"Den Mutanten musst du töten! Denn das ist seine Bestimmung!", flüsterte er von reinem Glauben an den Gottimperator erfüllt und arbeitete sich geduckt tiefer in den Raum hinein. Der Imperator sah alles und Hughes war davon überzeugt, dass seine Taten mit großem Wohlwollen registriert worden waren. Die Frauenleichen waren seltsam, große Brüste, breite Hüften, aber verkümmerte dünne Arme und Beine, die den Eindruck vermittelten, als wären sie seit Jahren total verkümmert und unbenutzt. Die Körper waren mit technischen Anschlüssen übersät. Ein blutiger Eimer aus vergammeltem Plast war voll von diesen seltsamen Dingern, deren Funktion Hughes nicht klar war. Aber dieser Raum hatte ein vergittertes Fenster, welches trübes Sonnenlicht hinein ließ und endlich konnte er seine Position bestimmen. So wie es aussah befand er sich in einem sehr hohen Gebäude, etwa dreihundert Meter über Straßenniveau. Er konnte auf die Straße nach unten sehen, in der keinerlei Verkehr herrschte. Allerdings standen einige Fahrzeuge auf Parkplätzen am Straßenrand. Das reichte von klobigen Zweiachsern bis hin zu einem Zehnachser. In fünf Klicks Entfernung erhob sich die gigantische Bastion mit dem Raumschiffabwehrlaser, den er über dem Dach des gegenüberliegenden Gebäudes gut erkennen konnte. Der Sammelpunkt befand sich in vier Klicks Entfernung in der entgegengesetzten Richtung zur Festung. Wahrscheinlich war dies der Sicherheitsabstand, wenn die Bombardierung mit Raumschiffwaffen begann. Es war bedauerlich, dass die Mission durch einen Fehlsprung schon im Vorfeld gescheitert war.

Zwei weitere Ausgänge führten aus diesem Raum nach draußen, einer war ein Lastenaufzug, der andere führte in ein Treppenhaus. Aufzüge waren enge Todesfallen, also musste er sich wohl zu Fuß nach unten bewegen. Leider führte das Treppenhaus nicht auf Straßenniveau, sondern endete nach kurzer Zeit wieder vor einer weiteren Stahltür aus feuerfestem Ceramit. Wahrscheinlich war er jetzt unter dem Bereich der Tanks. Schritte oder Gespräche konnte er durch die Tür keine wahrnehmen. Vorsichtig öffnete er die Tür und spähte durch einen dünnen Spalt hindurch. Dahinter schien sich ein spärlich beleuchteter Gang zu befinden. Das Säuseln von Maschinen war zu hören, keine gesprochenen Worte. Leise drückte er sich in den Gang und nutzte den Rahmen als Deckung, um sich einen Überblick zu verschaffen. Alles machte einen heruntergekommen Eindruck und er war froh, dass er diese Luft nicht riechen musste. Die Sensoren des Luftfiltersystems zeigten ihm eine äußerst ungesunde Mischung an, die bestialisch stinken musste. Links und rechts des Ganges schienen sich Nischen zu befinden. An jeder Nische befand sich ein Monitor mit einer Anzeigentafel mit Diagrammen und Textzeilen, deren Bedeutung er aber nicht erfassen konnte. Auch waren weitere Abzweigungen in die Tiefe des Raumes auszumachen. Vielleicht war der Lastenaufzug doch eine Alternative, auch wenn man ihn in der Ausbildung im Stadtkampftraining immer vor der Benutzung eines solchen eindringlich gewarnt hatte. Flog er auf, war es das. Schaffte er den Weg ohne Probleme nach unten, hatte er wahrscheinlich eine halbe Stunde gewonnen. Allerdings war er neugierig, was für ein seltsames Gebäude das war. Also schlich er vorsichtig zu einer der Nischen.

Der Kommando erstarrte, als er begriff, was er da sah. In der Nische hinter der Monitorkonsole mit einigen Stellrädern lag eine nackte Frau mit dem aufgeblähten Bauch einer Hochschwangeren auf einem verschmutzten Gittergestell. Ihre Gliedmaßen waren verkümmert, ihr Gesicht eingefallen, die Augen geschlossen. Offensichtlich war die Frau schwanger. Von oben herabhängende Schläuche schienen sie mit Nährstoffen versorgen, die in den Tanks über ihnen gelagert wurden. Wahrscheinlich wurden auch die Leichen zu Nährstoffen verarbeitet. Andere Schläuche schienen ihre Ausscheidungen abzuführen. Am Ende der Nische war ein Chaosstern aus Bronze an der Wand als einziger Schmuck angebracht.

Dieses Gebäude war wohl das, was man eine Gebärgrube nannte. Frauen wurden in ein künstliches Koma versetzt, geschwängert und so mit Wachstumshormonen vollgepumpt, dass sie nach viel kürzerer Schwangerschaft als normal gebaren. Danach wurden sie sofort wieder befruchtet und der Zyklus wiederholte sich bis zum Tod der Frau oder bis sie nicht mehr gebären konnte, was wohl auch das Todesurteil war, da sie nun dem Nahrungskreislauf zugeführt wurde, wie er oben gesehen hatte. Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, bis Hughes sich vom Anblick der Frau mit dem dicken Bauch und den viel zu vielen dicken Schläuchen losreißen konnte. Eine Fabrik, die Babys herstellte. Ein grauenvoller Gedanke. Angeblich sollten auch Welten des Maschinengottes so ihre Bevölkerung heranzüchten, aber die Anhänger des Maschinengottes waren für ihn nichts weiter als Ketzer, die den wahren reinen Glauben an den einzigen wahren Gott im Universum ablehnten.

Mit einem heftigen Ruck wandte er sich ab und lief tiefer in das Gebäude. Alle zwei Meter befand sich eine Nische mit einer schwangeren Frau. Allein auf diesem Stockwerk mochten sich über tausend von ihnen befinden und das Gebäude war über dreihundert Meter hoch. Er durchquerte die Halle, ohne auf eine weitere Person zu treffen. Mit seinen Sensoren konnte er mehrere Bewegungen in einigen der parallelen Gänge ausmachen, kümmerte sich aber nicht darum, da es sich nach dem Bewegungsmuster und der Signatur um Servitoren zu handeln schien. Auf der anderen Seite gab es einen weiteren Aufzug und ein Treppenhaus, das hoffentlich nach unten führte. Ein mechanischer Zeiger in der Form eines Dämonenkopfes bewegte sich über der Aufzugstür und rastete mit einem lauten Klicken auf die oberste Position ein, diesem Stockwerk. Deutlich war die Mechanik der Fahrstuhlkabine zu vernehmen, die geräuschvoll nach oben fuhr. Wahrscheinlich waren es nur noch wenige Sekunden, bis die Kabine hier oben war und die Absperrung bestand nur aus einem Gitter aus Messing. Mit einer fließenden Bewegung zog er sich in eine der Nischen zurück, quetschte sich an der Liege aus Plast mit der darauf geschnallten Frau vorbei und hockte ab. Das war nicht gerade das Beste aller Verstecke, aber die Nischen waren unbeleuchtet und nur der kleine Monitor mit den Zustandsanzeigen im geschlitztem Messinggehäuse sorgte für etwas Licht, dass aber einen Beobachter eher behinderte, wenn er die Tief der Nische spähen wollte.

Die Kabine kam oben an. Er konnte das Schluchzen einer jungen Frau hören, die mit der abgehackten harten Sprache der Chaosanbeter wohl um Gnade flehte. Eine raue Stimme antwortete ihr äußerst grob und das Klatschen von Leder auf nackter Haut, gefolgt von einem spitzen Schmerzensschrei war zu vernehmen. Das Gitter wurde aufgefahren und mehrere Personen verließen die Kabine. Als erster trat ein Chaos Techpriester in sein Blickfeld. Er trug eine schwarzrote Robe mit einem Chaosstern. Seine sichtbaren Gliedmaßen waren alle ersetzt worden und sein Kopf war überdimensioniert und hatte acht verschieden große Augen, die an einem Kranz rotierend in alle Richtungen zu starren schienen. Auch hatte er sehr viele kleine Beine. Es war, als würde ein grotesker Tausendfüßler an ihm vorbeilaufen. Dahinter kamen zwei stämmige Wachen mit geringer Mutation. Beide trugen eiserne Masken mit dämonenartigen Fratzen. In Holstern aus Groxleder trugen sie bullige Revolver mit einem überdimensionierten Kaliber und lange Messer mit breiter Klinge. Ihre vor Muskeln überquellenden Oberkörper waren nackt, aber mit unzähligen Brandzeichen, rituellen Narben, Ringen mit bösartigen Amuletten und geschmacklosen Tätowierungen verunstaltet. Ihre Hosen waren aus speckigem Leder, ebenso die Stiefel. Durch Flecken und Abrieb war die ursprüngliche Farbe der Beinbekleidung nicht mehr genau zu definieren. Einer zog ein nacktes dürres Mädchen mit knospenden Brüsten mit sich, das in Ketten gelegt war. Sie konnte durch ihre Fußschellen nur kurze trippelnde Schritte machen. An den Stellen, wo die Frauen Buchsen hatten, waren bei ihr Markierungen mit dunkler Farbe aufgemalt. Ihr Kopf war kahlgeschoren und auch sonst hatte man jede Art von Körperbehaarung entfernt. Ihr Körper war von Hämatomen, Striemen und alten Narben übersät. Auf ihrem Bauch hatte man einen achtzackigen Stern geritzt, deren Narbenwülste schon älter waren. Auch auf der Wange hatte sie einen Chaosstern, während auf der Stirn eine Zeichenfolge eines ihm unbekannten Alphabetes tätowiert war. Für einen kurzen Moment blickte sie in die Nische, aber sie zeigte keinerlei Reaktion, dass sie ihn gesehen haben könnte.

Im ersten Augenblick glaubte er Jenna vor sich zu haben, wie er sie zum ersten Mal gesehen hatte, als sie ihrem Vater auf den Docks einen Henkelmann mit Essen brachte, den dieser zu Hause vergessen hatte. Nur war sie damals natürlich nicht nackt und in Ketten gelegt gewesen. Aber die äußere Ähnlichkeit des Gesichtes war frappierend. Der Wache folgte ein äußerst seltsamer Servitor, der eher einem mechanischen Insekt mit viel zu vielen Armen ähnelte, welcher die notwendigen Utensilien für eine Einbettung dabei hatte. Die Bagage passierte ihn und normalerweise hätte er jetzt einfach nur zu gehen brauchen. Das Mädchen tat ihm leid, furchtbar leid, auch wenn ihre erbärmliche Existenz schon bald beendet sein würde. Das Gebäude und sein gesamter Inhalt würde in spätestens zwei Stunden nichts weiter als eine in sich zusammengestürzte ausgebrannte Ruine sein. Aber er hatte in ihre Augen gesehen, ihre unglaubliche Angst vor dem Bevorstehenden erblickt. Und sie sah aus wie Jenna. Seine über alles geliebte Jenna.

Position:
Imperium
Segmentum Pacificus
Sektor Jyoti
System Yekoh
Planet Cres
Sektor XXIV
Zeit: 2 324 995.M41
Person: Hughes "Witwer" Broman

Von Adeptus Administratum Jyoti Sektor
Außenstelle Cres
Amt XXIV
Abteilung Gesundheitswesen
Schachbearbeiter Adept Stufe III Macharius Metaxa

An Herr Hughes Broman
Sektor XXIV
Raumhafenstraße 978W
Hab LXXXVI
Stock XXIII
Flur IV

Sehr geehrter Herr Broman,

wir freuen uns, Ihnen mitteilen zu dürfen, dass die Kur zur Behandlung der Staublunge für Herr Broman, Hughes Junior, im Kurheim MMCCIX bewilligt wurde. Füllen Sie beiliegenden Formulare in dreifacher Ausführung aus und bringen Sie diese Dokumente umgehend in korrekter Form zurück zu Schalter MMMCLXXII, Stock CXXIII, Flur VI von Amt XXIV.

Mit freundlichen Grüßen
Macharius Metaxa
Sacharbeiter K.V

Das Papier dieses Dokumentes war wellig, weil es im Wasser gelegen hatte, die Schrift teilweise verlaufen und mit Blut vermischt, trotzdem hatte sich die Tinte der Thermofeder tief genug ins Papier gefressen, um selbst jetzt noch lesbar zu sein. Hughes hatte den Brief unzählige Male gelesen, als ob sich damit etwas ändern würde. Vor acht Jahren, einer halben Ewigkeit, hatte Broman einen Antrag auf eine Kur für seinen damals zwei Jahre alten Sohn Hughes Junior gestellt. Das arme kleine Würmchen hatte sich die Seele aus dem Körper gehustet und die Diagnose des Medicus war Staublunge gewesen. Ausgelöst durch die vielen Schmutzpartikel in der Atmosphäre von Cres. Viele Kinder litten an Staublunge und für einige verlief die Krankheit tödlich. Vor vier Jahren hatte Klein Hughes den Kampf dagegen verloren, das so unendliche tapfere Kerlchen war schließlich daran jämmerlich verreckt, abgemagert bis auf die Knochen. Seine kleine Urne aus gehämmertem Messing stand auf dem Tisch vor Broman, auch die zwei Urnen seiner beiden Jüngsten, die vor wenigen Monaten ebenfalls an Staublunge gestorben waren. Die vierte Urne war größer, denn die war die seiner Frau. Er hatte sie in der Badewanne vor einer Woche gefunden. Der Brief hatte vor der Wanne auf dem Boden in einer Pfütze aus Wasser und Blut gelegen. Seine Frau hatte sich nach Erhalt des Briefes ein Bad gemacht, alle ihre teuren Salze und Öle hinein geschüttet, welche ihr Brogan im Laufe der Jahre zu Geburtstagen und dem Jahrestag ihrer Hochzeit geschenkt hatte. Die Wanne aus Kupfer war Brogans Hochzeitsgeschenk für seine Frau gewesen, von der er wusste, dass sie gerne badete. Die Wanne hatte ihm einige Gefallen und zwei Jahresgehälter gekostet, aber dafür war sie von guter Qualität und Kunstfertigkeit gewesen. Die vier Füße waren wie Tatzen von Löwen gestaltet. Und wenn er sich nicht täuschte, war wohl Hughes Junior darin gezeugt worden.

Seine Frau hatte sich in die Wanne gelegt, dann mit dem uralten Kampfmesser aus dem Erbe ihres Vaters ihre Pulsadern geöffnet und war im warmen duftenden Wasser ausgeblutet. Einen Abschiedsbrief hatte sie nicht hinterlassen, dieses Antwortschreiben des Adeptus Adminstratums vor der Wanne war Hinweis genug gewesen. Alle ihre Kinder waren an Staublunge gestorben, alle hätten sie mit einem Kuraufenthalt auf dem abgelegenen Südkontinent geheilt werden können, wo die Luft nicht so belastet war wie im industriell vollständig erschlossenen Nordkontinent. Wenn denn die Bürokratie schneller gearbeitet und die Freigabe der Gelder nicht erst Jahre nach Tod des Jungen veranlasst hätten. Als er sie so gefunden hatte, war etwas in ihm gestorben, so wie mit jedem seiner drei Kinder etwas in ihm gestorben war. Der Schädel seiner Frau grinste ihn nun entbeint aus dem neuen Schrein an, den er hatte fertigen lassen. Schönes schwarzes Holz von Kneita III. Beschläge aus Messing, der Aquila war sogar mit Blattgold überzogen. Dafür waren seine letzten Ersparnisse drauf gegangen, der Notgroschen. Er brauchte das Geld nicht mehr, denn noch heute würde er sterben.

Er stimmte das Trauerlied an, wie es zu Bestattungen gesungen wurde und hob nach und nach die Urnen seiner Familie in den noch nach der frischen Farbe duftenden Schrein. Mit einem weiteren Gebet an den Gottimperator schloss er die handbemalten Türchen des Schreines. Als letztes führte er die seinen Zeige- und Mittelfinger an den Mund, küsste sie und legte sie dann liebkosend auf die grinsenden Züge des Schädels im Giebel des kleinen tragbaren Schreines.

"Sie werden dafür büßen!", versprach Hughes. Er überprüfte den Sitz seiner Kleidung, nahm das Kampfmesser und betrachtete es. Ein Familienerbstück aus der Familie seiner Frau. Die Klinge war dolchförmig, angeblich mit richtigem Silber überzogen und scharf geschliffen. Einer der Ahnen seiner Frau hatte bei den Sabbathfeldzügen teilgenommen und war angeblich Mitglied des legendären 1. Tanith gewesen. Jedenfalls stand dies auf der Klinge. Vielleicht war das auch nur ein teure Replik oder eine gute Fälschung. Es spielte keine Rolle, wahrscheinlich würde das Messer bald in einer Asservatenkammer liegen oder würde von einem korrupten Justicar Prälat einfach weiter veräußert werden. Letztendlich war dies Hughes alles gleich. Es kam nur darauf an, dass es heute noch einmal seinen ureigensten Zweck erfüllte. Er steckte das Messer in seine Manteltasche und schulterte den Schrein.

Es schneite, als er sein Hab verließ. Ein schwer beladener Achtachser der Marke AMM donnerte vom Raumhafen kommend vorbei. Normalerwiese arbeitete er an den Docks, steuerte eine der großen Entlademaschinen. Aber wegen dem Trauerfall hatte er frei bekommen. Eine Tragödie, wie sein Chef meinte. Nein, eher ein Skandal. Seine Kinder waren tot, weil die Bürokraten ihre Unterlagen verschlampten, jahrelang liegen ließen und dann noch die Frechheit besaßen, nach dem Tod des Kindes die Kur zu genehmigen. Dafür würden sie bluten, zumindest diesen Sacharbeiter Macharius Metaxa würde er lebendig ausweiden, ihm die Augen ausstechen und ihm zeigen, was Schmerzen waren. Alles in Hughes zog sich vor Hass zusammen. Zielstrebig stampfte er durch den grauen Schnee. Nur zweihundert Meter weiter stieg er mehrere Treppenstiege hoch zur Hochbahn, löste eine Fahrkarte und reihte sich in die Wartenden ein. Es war noch vor dem Ende der Normalschicht und deswegen war hier wenig los. Die Erde fing an zu beben, als ein kleines Raumschiff vom Raumhafen startete und dann über sie hinweg donnerte. Er hatte sich inzwischen so daran gewohnt, dass er dies nur am Rande registrierte. Ein Zug, der vorne das zweigeteilte Antlitz des Mechanikus trug, fuhr mit funkensprühenden Rädern in den kleinen Bahnhof ein. Die Türen öffneten sich und nach Schweiß und ungewaschener Kleidung stinkende Luft kam ihm entgegen. Er betrat den Wagen und suchte sich einen freien Haltegriff. Sitze gab es hier nicht.

Er fuhr zwölf Stationen, dann ragte vor ihm das gigantische Verwaltungsgebäude in Form von zwei Zwillingstürmen auf. Auf der Spitze des einen stand der Imperator höchst selbst als über einhundert Meter hohe Statue mit Lorbeer gekröntem Haupt. Auf der anderen stand, nur einen Meter kleiner, die des amtierenden Senators des Administratums in seiner Amtsrobe. Die Gebäude wurden in zwölf Stufen immer etwas kleiner und jede Ecke war mit der Statue eines Aquilas mit wie zum Abflug ausgebreiteten Flügeln gekrönt. Diese Hoheitszeichen der imperialen Macht waren vergoldet und erstrahlten frei von allen Verschmutzungen golden im Licht der untergehenden Sonne. Dieses gigantische Gebäude war noch kein Sternenkratzer, trotzdem sollten dort mehrere hunderttausend Beamte des Administratums dort arbeiten.

- Arbeiten? Wahrscheinlich haben sie den ganzen Tag den Finger im Arsch ihrer Vorgesetzten und schleimen sich ein. - dachte Hughes verbittert. Nun, bald würde wohl die Stelle eines Sacharbeiters neu besetzt werden müssen. Er war pünktlich, denn das Administratum öffnete gerade seine Tore und Legionen von Schreibern strömten heraus. Eigentlich war es ein Unding, in diesem Heer eine einzelne Person ausmachen zu wollen. Aber Hughes war groß und er hatte gute Augen. Dreimal war er diesem minderwertigen Schreiberling begegnet, der hinter einer Absperrung aus Gusseisen an einem Schreibpult stand und immer etwas an den ausgefüllten Formalen zu mäkeln hatte. Der Bahnhof wurde von einer Welle aus Grau überschwemmt, da die Beamten alle graue Roben trugen. Metaxa war schon etwas älter, musste jetzt auf die Fünfzig zugehen, die Haare gingen ihm aus und seine Platte schimmerte wie poliert. Es war wohl der Wille des Imperators, dass Broman ihn in dem Gewusel entdeckte und sich an ihn hängen konnte. Gemeinsam drängelte er sich mit Metaxa in einen der überfüllten Waggons der Hochbahn. Nur wenige Meter stand er hinter diesem verabscheuungswürdigen Wesen, das für den Tod seiner Kinder und Frau verantwortlich war. Während er sich mit der linken Hand an der Halteschlaufe festhielt, umfasste seine andere Hand den rauen Griff des Kampfmessers. Das fühlte sich gut an, als würde das Messer nur darauf warten, weiter Blut vergießen zu können. Für einen kurzen Moment zog der Witwer es in Erwägung, diesen Scheißkerl gleich hier im überfüllten Wagen abzustechen und dann weitere Beamte abzuschlachten, bis Wachmänner ihn über den Haufen schossen. Nein, Rache sollte kalt serviert werden. Und er wollte sich Zeit lassen, Metaxa spüren lassen, was er von dessen minderwertiger Arbeit hielt. Ihm erklären, warum Hughes ihn ausweidete. Ihn nur einfach so abzustechen war einfach zu wenig. Er sollte leiden, so wie seine Kinder gelitten hatten. Er sollte den unendlichen Schmerz erfahren, der in Hughes Herz tobte, bevor dieser Mistkerl ein weiteres Mal vom Imperator gerichtet wurde.

Sie fuhren sechs Stationen und waren dann die einzigen, die am Kathedralsplatz ausstiegen. Hier gab es nur sakrale Gebäude, unter anderem die größte Kirche von Sektor XXIV. Der Platz war mit einem gigantischen Mosaik mit dem Antlitz des Imperators bedeckt, dessen Bild man aber nur von einer kostenpflichtigen Aussichtsplattform auf der halben Höhe des Hauptturmes der Kathedrale wirklich erfassen konnte. Hier auf dem Boden war es nur eine Ansammlung bunter, wild zusammengewürfelter Steine. Der Platz wurde von einer Kloster Schola, einem großen Kloster, einem Seminar und der Nekropole eingerahmt. Metaxa schritt zügig zur Nekropole.

- Wie passend! - dachte Hughes grimmig und folgte dem kleinwüchsigen, gebeugt gehenden Mann in sicherem Abstand. Die Nekropole war ein gigantisches Gebäude mit der Fassade einer Basilika. In gigantischen Alkoven standen Helden der Vergangenheit, deren Gesichter von Umweltgiften schon vor Jahrzehnten zur Unkenntlichkeit entstellt und von einer Schicht Taubendreck verklebt worden waren. Der Eingang wurde von zwei halbverhüllten Engeln mit Totenschädeln flankiert, die ihre brennenden Schwerter über Kreuz erhoben hatten und so einen gigantischen Torbogen bildeten. Aus den Klingen der Schwerter traten wirklich brennende Flammen heraus, die von dort durch Düsen gepumptes Petrochem erzeugt wurden. Gleich hinter dem Torbogen war eine Personenvereinzelungsanlage und man musste Eintritt bezahlen, um diesen Ort betreten zu dürfen. Eine uralte Nonne mit knöchern wirkendem Gesicht saß hinter dem Schalter und reichte ihm wortlos seine graue Karte, nachdem er mit einer fünfzig Scheckelmünze bezahlt hatte. Dahinter war ein Gang, von dem Türen zu kleineren Sälen abgingen, wo die Trauerfeiern abgehalten wurden. Momentan war aber keine Zeremonie in Gange. Der Schreiber schlurfte geradeaus, wo es zu den Urnengräbern ging. Hughes musste näher aufschließen, da er wusste, dass dieses Gebäude ein wahres Labyrinth war. Über viele Stockwerke zogen sich die Urnennischen, während sich in den Untergeschossenen die Grüfte der Besserbegüterten befanden. Wer es sich auf Cres leisten konnte, einen Verstorbenen zu beerdigen, gehörte zu den reicheren Bürgern der Stadt. Die ärmeren verbrannten ihre Toten im Krematorium, den Schädel zu entbeinen war schon beinahe ein unerhörter Luxus.

Schließlich blieb Metaxa stehen, murmelte was vor sich hin und zündete vor einer Nische eine Kerze an. Hughes sah sich um, sie waren alleine. Seitdem er das Häuschen mit der Nonne passiert hatte, war ihm kaum jemand mehr begegnet. Wahrscheinlich würde es keine bessere Gelegenheit mehr geben. Der Griff des Messers war inzwischen warm und von seinem Schweiß verklebt. Er zog die Hand aus der Tasche und wischte sie sich ab. Er wollte nicht abrutschen, wenn er diesem Schwein den Bauch aufschlitzte, zuerst längs und dann ein Kreuzschnitt nach oben. Sein Herz raste, sein Mund war trocken und seine Beine fühlten sich an, als würden sie Tonnen wiegen.

- Reiß dich zusammen! Jenna ist wegen diesem Schwein tot, alle deine Kinder sind wegen diesem Nichtsnutz tot! Richte ihn im Namen des lebendigen Gottes der Menschheit für seine Sünde der Unfähigkeit! Imperator! Sieh mein Werk der Gerechtigkeit! - befahl sich Hughes selbst und trat näher. Die Kerze beleuchtete die Grabnische und er konnte das Bild einer fünfköpfigen Familie sehen. Metaxa war deutlich jünger, vielleicht dreißig Jahre, die Frau, wahrscheinlich seine Ehefrau, war in dem gleichen Alter wie er. Drei Kinder, zwei Jungs und ein Mädchen standen vor ihren Eltern. Selbst auf dem Bild konnte Hughes erkennen, dass die ausgemergelten Kinder an Staublunge erkrankt waren. Inzwischen hatte er einen Blick für diese Krankheit. Er las die Namen und Sterbedaten auf der Grabnischeninschrift neben dem Bild. Metaxas ganze Familie war ebenfalls tot, das ließ Hughes zögern. Der Schreiber schien ihn zu spüren und drehte sich ruckartig zu ihm um. Ihre Blicke begegneten sich.

"Dem Imperator zum Gruße, kann ich helfen?", fragte Macharius Metaxa, nachdem sie sich schier eine halbe Ewigkeit gegenseitig betrachtet hatten.
"Eure Familie ist auch an Staublunge gestorben?", brach es aus Hughes hervor.
"Ja, leider, diese verdammten Umweltgifte."
"Aber Ihr seid doch Sachbearbeiter, warum habt Ihr nicht dafür gesorgt, dass Eure Familie bevorzugt behandelt wird?", fragte Broman unverblümt.
"Glaubt ja nicht, dass Familien von Adeptusangehörigen bevorzugt werden. Es dauert eben seine Zeit, bis die Anträge bearbeitet sind. Ihr glaubt gar nicht, was das für ein Aufwand ist. Manchmal ist dann eben zu spät, das ist bedauerlich, aber nun mal mit unseren Mitteln nicht zu ändern."
"Nicht zu ändern?", schnaubte Broman.
"Ich kenne Sie irgendwoher? Sind sie ein Antragsteller?" Metaxa kniff die Augen zusammen und musterte ihn konzentriert.
"Ja, Ihr seid mein Sachbearbeiter, meine Name ist Hughes Broman und Ihr könnt meine restlichen Anträge in den Papierkorb werfen, denn von meiner Familie ist niemand mehr übrig, um noch eine Kurbehandlung antreten könnte.", antwortete Hughes und die Wut kehrte in ihm zurück. Aber nicht auf Macharius Metaxa, den scheinbar unfähigen Sachbearbeiter, der auch nur ein kleines Rädchen in einer gigantischen Bürokratenmaschine war, die sich nur im Schneckentempo bewegte. Diesen Mann zu töten würde nichts ändern. Rein gar nichts. Er ließ das Messer in der Tasche los und kam sich ziemlich dämlich vor.
"Mein Beileid, Herr Broman, wenn Ihr mich nun entschuldigen würdet? Ich würde gerne meine Gebete zu Ende sprechen."
"Verzeihung!", meinte Hughes doppeldeutig und drehte sich ohne ein weiteres Wort um. Er konnte den fragenden Blick von Metaxa ihm Rücken spüren. Dieser Mann war gerade dem Tod noch einmal von der Schippe gesprungen und fragte sich wohl gerade nur, was dieses seltsame Gespräch zu bedeuten hatte. Broman spürte, wie Tränen über seine Wangen liefen. Er war so dumm gewesen, zu glauben, mit dem Tod von Metaxa würde sich irgendetwas ändern. Nein, das war der falsche Weg. Aber welches war der richtige? Einfach so zu tun, als ob alles seine Richtigkeit gehabt hätte? Den Tod von Jenna und den Kindern als imperatorgegeben zu akzeptieren? Sich eine neue Frau suchen und nochmal von vorne anfangen? Noch war er nicht zu alt dafür, er war kräftig, hatte ein vollständiges Gebiss, eine gut bezahlte Arbeit und eine schöne Wohnung mit einer guten Badewanne aus Kupfer. Aber für was? Um seinen Kinder wieder beim Sterben zusehen zu müssen? Wieder Anträge stellen, die jahrelang auf einen Stapel kamen, bis sie abgearbeitet wurden? Sinnlos!

Broman stapfte auf den Platz, wo gerade eine kleine Armee dunkelberobter Gestalten den inzwischen vom Himmel gefallenen schmutzigen Schnee vom Antlitz des Imperators fegte. Die Kathedrale ragte schon beinahe drohend vor ihm auf, der Turm wirkte wie ein drohender Zeigefinger. Oder wie ein Mittelfinger, der ihn und sein Leben verhöhnte. Dort würde er keinen Trost finden. Er löste eine neue Fahrkarte und betrat einfach den nächsten Zug. An der Station "Sanginiusbrücke" stieg er aus. Hier überspannte die mächtige Hängebrücke, die nach dem Primarchen Sanginius benannt wurde, den schwarzen Fluss. Eine gigantische Statue stand im Mittelpfeiler, welche den Imperatorsohn darstellte. Einst sollte sein Haar vergoldet und seine Rüstung rot angemalt gewesen sein, inzwischen war die ganze Statue schwarz angelaufen. Am Ufer gab es eine Aussichtsplattform. Unbewusst hatte es ihn zu dem Ort getrieben, wo er einst Jenna zum ersten Mal richtig geküsst hatte.

Hier hatte man einen schönen Blick auf den breiten Fluss, konnte die Lichter der vorbeifahrenden Frachtschiffe sehen, welche die industriellen Erzeugnisse zum Raumhafen schafften oder Rohstoffe von dort zu den ewig hungrigen Manufakturen von Cres beförderten. Angeblich war das ein romantischer Ausblick. Er sah sich selbst in der feschen Ausgehuniform der Gildenmiliz auf der Bank sitzen. Damals war neunzehn Jahre jung gewesen. Seine siebenjährige Ausbildungszeit zum Entlader war beendet, darunter auch die zwei Jahre Wehrdienst in der Gildemiliz. Er war der Mann für die schwere Waffe in seinem Trupp gewesen. Die Zeit der Gildenkriege war zwar schon lange vorbei, aber Cres hatte keine wirkliche PVS, sondern die Gilden waren für die Verteidigung des Planeten zuständig. Damals war er am Überlegen gewesen, ob er sich für die Imperiale Armee bewerben sollte. Jedes Jahr wurde als Tribut ein Regiment motorisierter Infanterie ausgehoben und für zwanzig Jahre in den Dienst des Imperiums gestellt. Welcher junge Mann träumte nicht vom Dienst für den Imperator zwischen den Sternen? Um in seinem Namen zu töten und zu sterben, um sich einen Platz neben seiner Rechten zu sichern. Aber dann hatte er Jenna kennengelernt. Die Tochter eines Gildenmitgliedes, hübsch, wenn auch etwas dürr. Vielleicht für eine Frau etwas zu intelligent und belesen. Kleiner Naseweis hatte er sie immer in Gedanken genannt. Aber Hughes mochte sie auf dem ersten Blick und bald war er sich klar, dass er sie von ganzem Herzen liebte.

Er hatte sie eines schönen Abends in ein Lichtspielhaus eingeladen, sie hatten sich "Held von Höhe 495" angesehen. Anschließend waren sie zu diesem Aussichtspunkt gelaufen, welcher als romantischer Treffpunkt für Verliebte galt. Jenna hatte ein grünes Kleid getragen, der Farbe ihrer Augen, auch wenn sie keine Rothaarige gewesen war. Ihre schwarzen Haare waren in Wellen über ihre nackten weißen Schultern geflossen, die vielleicht etwas zu knochig waren. Sie hatten sich auf die Bank gesetzt und hatten über belanglose Sachen geredet. Hughes hatte den Arm um ihre Schultern gelegt, um sie etwas zu Wärmen, da auch eine Sommernacht doch kühl sein konnte. Sie hatte es anstandslos zugelassen. Draußen auf dem Fluss waren die Schiffe vorbeigefahren und ihre Positionslampen spiegelten sich im Wasser. Schließlich schwiegen sie, sahen sich an und dann berührten sich wie von selbst ihre Lippen. Es war wie ein elektrischer Schlag gewesen, den ein schlechtgelaunter Maschinengeist verteilen konnte. In dem Moment hatte er gewusst, dass er Jenna heiraten würde. Dass er mit dieser Frau Kinder in die Welt setzen und mit ihr alt werden würde. Aber das war nun Geschichte, seine Kinder waren alle an Staublunge verreckt und Jenna an der grausamen Wirklichkeit zerbrochen.

Das Tuten eines Schiffshorns riss ihn zurück in die Gegenwart. Die traurige Realität hatte ihn wieder und er starrte zu der Brücke. Etwa um die hundert Meter waren es zum kalten Wasser. Eine Höhe, die niemand überleben konnte. Und falls doch, das kalte Wasser würde den Rest erledigen. Hier hatte es begonnen, hier würde es enden. Er drehte sich um und wollte loslaufen. Da fiel sein Blick auf eine Litfaßsäule, die mit verschiedenen Plakaten zugekleistert war. Eines davon stach bei all der bunten Reklame durch seine Einfachheit ins Auge. Es war nur schwarz weißer Text. Darüber stand LEGION, im Text ging es um eine Söldneranwerbung. Eigentlich wollte er den Blick schon abwenden, aber dann begann der Text zu zerfließen und bildete einen leibhaftigen Engel. Keinen der normalen Imperialen, die immer eine Kapuze oder Totenschädel trugen, sondern einen mit einem weiblichen Gesicht.

"Selbstmord ist keine Lösung, Hughes Broman", sagte der Engel zu ihm und das Gildenmitglied fing an seinen Verstand in Frage zu stellen. Plakate redeten nicht und sprachen einen schon gar nicht mit vollem Namen an.
"Das wird nichts ändern. Aber es gibt eine Möglichkeit, alles zu ändern, auf dass keine Kinder mehr sterben, weil eine veraltete überforderte, von inneren und äußeren Machtkämpfen geschwächte Bürokratie zu lange braucht, um lebenswichtige Anträge zu bearbeiten. Kämpfe für mich, auf dass die Menschheit eine Zukunft hat." Die Stimme klang beinahe wie die von Jenna.
"Ich bin verrückt geworden!" stieß Hughes aus und schloss die Augen. Als er sie wieder öffnete, starrte er auf ganz normales Plakat. Einige Passanten sahen ihn kurz befremdlich an, gingen dann aber ohne weiteren Kommentar weiter. Konzentriert las er zum ersten Mal bewusst den Text des Plakates. Es ging um die Anwerbung eines Söldnerregiments. Es überraschte ihn nicht wirklich, dass er in das gesuchte Raster passte, wie wohl so ziemlich jeder gesunde Erwachsene auf diesem Planeten auch.

- Soll ich mich da wirklich vorstellen? Ich, ein Söldner? - fragte sich Hughes und blickte zurück auf die Bank, wo er Jenna zum ersten Mal geküsst hatte. Niemand saß darauf und die Bank war mit schmutzigem Schnee bedeckt. Von dieser Richtung würde er keine Hilfe bekommen. Dann blickte er hoch zur Brücke und überlegte wie lange man wohl fiel, bis man auf das eisig kalte Wasser aufschlug. Zehn Sekunden? Mehr? Weniger? Broman zuckte mit den Schultern, er würde es wohl nie herausfinden. Er merkte sich die Adresse und stapfte zur Hochbahnstation zurück. Er hatte eine weite Fahrt vor sich.

Position:
Konföderation des Lichtes
Segmentum Pacificus
System Verräterstern
Fabrik
Gebärgrubegebäude
Zeit: 2 847 996.M41
Person: Hughes "Witwer" Broman

Und da war sie nun, eine junge Frau, die aussah wie seine geliebte Jenna. Ohne zu überlegen, beschloss Broman, die Sklavin zu retten. Mit dem Nadler hatte er keine Chance, den Techpriester auszuschalten, da musste er schon was Stärkeres auffahren. Also zog er aus seinem zweiten Halfter eine kompakte Infernopistole. Im restlichen Imperium waren diese Waffen unglaublich selten und wertvoll genug, um sie mit reinem Elektrum aufzuwiegen. In der Konföderation wurden diese unglaublich effektiven Waffen am Fließband hergestellt. Jeder Kommando trug eine als überschwere Seitenwaffe, welche in der Lage war, einen Kampfpanzer mit einem Schuss aus kurzer Distanz zu erledigen. Er nahm die entsicherte und feuerbereite Infernopistole in die linke, behielt den Nadler in der rechten Hand. Beide Pistolen waren nun mit ihm vernetzt. In seinem Visier konnte er die Zielkreuze beider Waffen sehen, auch wurden links und rechts die Zustandsanzeigen der Waffen angezeigt. Behutsam arbeitete er sich wieder aus der Nische heraus und huschte der Gruppe so lautlos wie möglich hinter her.

Die feindliche Gruppe befand sich etwa vierzehn Meter hinter der nächsten Biegung. Mit einer fließenden Bewegung trat um die Ecke, da er nur so beidhändig schießen konnte. Das Zielkreuz der Infernopistole kam auf den Rücken des Adepten zur Ruhe, die des Nadlers auf den hinter stehenden Schergen. Ein Gedankenimpuls reichte und beide Waffen spien den Tod aus. Der Nadler war nahezu lautlos, die Infernopistole machte dagegen einigen Krach. Diese Waffe war nicht für subtile Überfälle gebaut, sondern um schwer gepanzerte Ziele mit einem Treffer einzuschmelzen. Der Schwarze Adept schien ihn noch wahrzunehmen, aber die angefangene Ausweichbewegung wurde nie zu Ende geführt. Das ultraheiße Geschoss traf den künstlichen Leib des Adepten und schmolz lebenswichtige Segmente davon einfach ein. Der Scherge sank getroffen zu Boden, ein kleines Loch im Rücken auf der Höhe des Herzens war der einzige Hinweis auf die sofort tödliche Wunde des Nadlers. Der verbleibende Scherge griff sofort nach seiner Waffe und wollte sich umdrehen, während er mit einem Schritt in eine der Nischen Deckung nehmen wollte. Die schnelle Reaktion überraschte Hughes, der eher damit gerechnet hätte, dass der Kerl erst mal dumm aus der Wäsche glotzte. Aber der Nadler traf den Chaoten seitlich in den Hinterkopf und er sackte tot in sich zusammen. Der Servitor blieb stehen und verwandelte sich in einen Haufen Schrott, als das Infernogeschoss wichtige Elemente im Torso einfach wegschmolz. Als letzte stand das Mädchen da, das zuerst auf den Boden mit den Überresten ihrer Peiniger glotzte und sich dann ihm zuwandte. Ihre Augen waren riesengroß, als sie ihm ansichtig wurde. Und dann begann sie zu schreien. Was genau, konnte er nicht verstehen.

Broman begann zu laufen, steckte die Infernopistole zurück in ihr Holster und überwand die Distanz zu der Frau. Panisch drehte sie sich um, versuchte wegzulaufen, stolperte über die Ketten um ihre Fußknöchel und knallte der Länge nach auf den industriell geriffelten Boden aus Plaststahl hin. Dann war er bei ihr. Sie drehte sich auf den Rücken und versuchte ihn mit beiden Füßen zu treten.

"He, ich will dir nichts tun, verdammt noch mal!", herrschte er sie an. Sie antwortete in ihrer kehligen abgehackten Sprache und es hörte sich nicht sehr freundlich an. Wahrscheinlich verkannte sie seine ehrenhaften Absichten vollkommen. Wobei die Frage war, was waren eigentlich seine Absichten? Bis jetzt hatte er sich auf den Umstand der Rettung der Chaos Jenna vor der Einbettung in eine Gebärgrube fokussiert. Um das Danach hatte er sich bis zu diesem Zeitpunkt keinerlei Gedanken gemacht. Er hatte eine nackte gefesselte Frau vor sich, deren Haut mit einem Geflecht aus kleineren und größeren Narben überzogen war. Ihre Hände machten trotz ihrer Jugend schon einen abgearbeiteten Eindruck. Die Fingernägel waren kurz, die Ränder schwarz und rissig. Ihre Handflächen waren schwielig. Ihren Füßen sah man an, dass sie wohl noch nie Schuhe getragen hatte. Die Gelenke waren von den Schellen wundgescheuert. Offensichtliche Mutationen waren keine zu sehen, allerdings hatte sie einige Brandzeichen und Tätowierungen. Ob diese rein ritueller Natur oder einfach nur Besitzmarkierungen waren, konnte er nicht unterschieden. Jedenfalls wurde ihm bei ihrem Anblick nicht schlecht. Panisch fluchend rutsche das Chaosmädchen immer noch vor ihm weg. Er trat auf ihre Kette und hielt sie so fest. Dann hob er sie mit der freien Hand an ihrem Halsring hoch. Ihre Beine zuckten wild hin und her und sie versuchte sich an ihm festzuhalten. Mit einem Gedankenbefehl setzte er seine freie Hand unter Strom. Der Stromschlag war nur kurz und nicht im tödlichen Bereich, trotzdem verkrampfte sie sich, bevor sie erschlaffte. Das war jetzt sicherlich keine vertrauensfördernde Maßnahme gewesen, aber anders hatte sich Broman nicht zu helfen gewusst. Kurzerhand warf er sich den leblosen Körper der jungen Frau über die Schulter, nachdem er sein Kombigewehr heruntergenommen hatte. Den Abschuss der Infernopistole war bestimmt über mehrere Stockwerke zu hören gewesen. Die Zeit für Subtilität war vorbei.

- Und nun? - fragte er sich selbst und bekam natürlich keine Antwort. - Erst mal weg hier, der Rest wird sich aus der Situation heraus ergeben. - dachte er und rannte los. Eigentlich hatte er gerade alles falsch gemacht, was man in dieser Situation nur falsch machen konnte.
"Thronverdammt!", fluchte er in sich hinein.

Also lief er in Richtung des nach unten führenden Treppenschachtes. Von unten waren kehlige Sprachfetzen zu vernehmen. Zwar hatte er eine Sprachschulung über rudimentäre Chaosbegriffe erhalten, aber diese hier hatten einen Dialekt, mit dem er nichts anfangen konnte. Aus seinem Kragen ließ er eine seiner kleinen Spähsonden aufsteigen, welche kleiner als ein Hühnerei waren. Die kleine Sonde mit einem lautlosen Antigravantrieb schwebte nach unten und klärte für ihn auf. Fünf Stockwerke tiefer liefen zwei Männer die Treppe mit gezogenen Revolvern hoch. Sie waren so bekleidet wie die zwei Schergen des Techpriesters. Wahrscheinlich waren das die Uniformen der Wachen für diesen Komplex. Mit diesen primitiven Waffen konnten sie ihm im Normalfall nicht gefährlich werden und er bezweifelte, dass sie Zugriff auf eine Munitionsart hatten, die seine Rüstung durchschlagen konnte. Allerdings war das Mädchen auf seiner Schulter gänzlich ungeschützt. Ein Umstand, den er nicht ändern konnte. Also lief er den Männern mit dem Gewehr in Vorhalte entgegen, nahm es dann in Anschlag und wartete. Sein Tarnfeld funktionierte immer noch nicht, aber der Schacht war auch nicht besonders gut ausgeleuchtet und die Masken engten sicherlich das Sehfeld ihres Trägers beträchtlich ein. Der erste der Wächter kam in sein Sichtfeld und ein Schuss aus ultraheisem Plasma fuhr in seinen Schädel, verdampfte sein Gehirn und ließ den Hinterkopf aufplatzen. Die Wand dahinter wurde mit brennendem Knochenfetzen besudelt. Der zweite Scherge prallte reaktionsschnell zurück und schoss. Ein Projektil heulte ihm vorbei und Hughes richtete sich auf, machte zwei schnelle Schritte und erschoss den Mann mit zwei Schuss in die Brust. Die Wundränder dampften und eine Flamme züngelte heraus. Ohne den die Treppe tiefer herunter rutschenden Toten weiter zu betrachten, lief der Kommando an ihm vorbei. Mit der linken Hand hielt er das Mädchen fest, mit der anderen sein Gewehr. Eigentlich hatte man ihm bei seiner Ausbildung vieles anders beigebracht, aber da war das Thema Gefangenentransport von bewusstlosen Mädchen nie erörtert worden. Thematiken wie Geiselbefreiung standen erst für später auf dem Ausbildungskalender.

Eine Sirene begann zu heulen, als er etwa das erste Drittel des Schachtes hinter sich gelassen hatte. Ob auf Reaktion auf die von ihm ausgelösten Ereignisse oder weil der Feind bemerkte, dass eine ganze Flotte sich auf die Stadt zubewegte war ihm nicht ganz klar. Aber da er nicht gerade leise gewesen war, tippte Broman, dass wohl er der Grund für die Sirene war. Er begann schneller zu laufen und übersprang immer gleich mehrere Stufen auf einmal. Hier zu stürzen konnte fatal enden, aber hier weiter zu bleiben ebenfalls. Ihm wurde immer mehr klar, in welchen Schlamassel er sich gebracht hatte, als seine Drohne ihm die Bilder einer ganzen Horde von Wächtern brachte. Der Großteil kam von unten, aber nun machte er auch Bewegungen von oben aus. Er bremste ab, kam an einer der Ecken zu stehen, die immer eine kleine Plattform bildete und ließ die immer noch bewusstlose Chaos Jenna zu Boden gleiten. Dann trat er an den Rand und blickte über das Geländer herunter. Der Feind formierte sich dreißig Meter unter ihm in eine Kolonne. Diese hatten hier Repetierschrottflinten im Kaliber 8, also ein ziemlich großes Kaliber. Solche Waffen waren bei der imperialen Flotte sehr populär und wurden bei Entermanövern oder deren Abwehr bevorzugt von Matrosen und Marineinfanteristen eingesetzt. Er beorderte seine Minidrohne nach oben, speiste die notwendigen Daten in seine Microaersolgranaten im Unterlaufgranatwerfer seiner Waffe. Der Werfer im Kaliber 20mm hatte sechs Revolverkammern, die mit drei verschiedenen Sorten geladen waren. Zwei der Granaten waren kleine Aerosolgranaten. Die Kammer rotierte und das erste Geschoss verließ, sofort gefolgt von dem zweiten, den Lauf. Beide Granaten entließen gleichzeitig ihre hochkomprimierte Ladung und verbrannten alles auf einer Höhe von zehn Meter im Schacht. Eine immense Hitze strömte nach oben und der Hauch der Hölle streifte auch noch ihn. Chaos Jenna lag zum Glück ungefährdet in der Ecke, auch wenn sich ihre Haut sofort anfing zu röten und sich ein Schweißfilm auf der Oberfläche sammelte. Seine Drohne hatte inzwischen die anderen Angreifer ausgemacht und er richtete die Waffe nach oben. Der Zielcomputer errechnete anhand der Daten der Drohne die optimale Position und eine 20mm Splittergranate detonierte zwischen den von oben kommenden Angreifer. Die Wirkung der Waffe war nicht so verehrend wie die der Aerosolwaffe. Der Großteil der Männer wurde getroffen und verwundet, wenn auch nicht getötet. Allerdings reichte die Wirkung aus, um sie zu demoralisieren und durch das nächste Schott flüchten zu lassen. Wahrscheinlich würden sie nachstoßen, sobald sie sich wieder gesammelt hatten, aber bis dahin wollte er weg sein. Leider hatte er keine weiteren Aerosolgranaten mehr vorrätig, da die Waffensysteme in dieser kompakten Größe sehr teuer und aufwendig in der Herstellung waren.

Dort wo die Aerosolgranaten eingeschlagen waren, brannte es. Leichen und Ausrüstung. Munition fing an hoch zu gehen und Querschläger heulten ungezielt durch den Schacht. Diesen Nebeneffekt hatte er nicht bedacht.

"Thron! Lern endlich denken, Hughes!", fluchte er auf sich selbst und sah sich den Schaden an. Die Treppe bestand zwar aus Stahlplast, aber die Mischung schien wohl eher in Richtung Plast zu gehen, denn er konnte sehen, wie ganze Stufensegmente brannten. Gerade brach eines ein, wo mehrere Leichen übereinander gelegen hatten und Trümmer wirbelten in die Tiefe. Seine Aktion war definitiv ein Griff in das Klo gewesen, besonders da nun auch starke Rauchentwicklung einsetzte. Ihm machte das in seiner voll versiegelten Kommandorüstung nichts aus, der armen Chaos Jenna schon. Er drehte sich zu ihr um, warf sie über die Schulter und rettete sich durch das nächste Schott. Und nun? Zum Glück hatte er ja jede Menge Sensoren und eine Minidrohne, die er vorausschickte. In diesem Stockwerk waren keine Frauen in Nischen untergebracht. Dafür sah er tausende von vergitterten Boxen, die etwa vier auf vier Meter groß waren und in denen sich viele kleine Mehrstockbetten standen. Hier wurden Kleinkinder im Krabbelalter bis etwa drei Jahre aufgezogen. Er konnte viele Frauen mit weißen Schürzen ausmachen, die sich um den Nachwuchs kümmerten. Selbst hier waren die Schürzen noch mit dem Allgegenwärtigen Achtstrahligen Stern verunstaltet. Eine von ihnen, etwa eine Frau von vierzig Jahren kam resolut auf ihn zugeschritten, mit einem Löffel in der Hand und schüttelte ihn drohend in seine Richtung. Dabei brüllte sie etwas in ihrem unverständlichen Dialekt.

"Schnauze!", brüllte er zurück und richtete sich auf einer der langen Wände hin aus, die von einer breiten Fensterfront durchbrochen wurde. Leider waren die Fenster vergittert, aber er hatte die notwendigen Mittel, da ohne Probleme durchzukommen. Die Frau brüllte ihn immer noch ihren dämlichen Löffel schwenkend an, aber ignorierte sie einfach, da Löffel nun wirklich keine furchteinflößenden Waffen waren. Er lief zu der Fensterfront und gab zwölf Schüsse ab, genug um das Gitter aus dem Fenster zu sprengen und ihm einen Durchgang zu ermöglichen. Er schlug mit den Gewehrkolben das Glas aus dem Rahmen, da seine Plasmaentladung nur kleine Löcher in das Glas geschmolzen hatte.

"Intelligente Leute hätten einfach den verdammten Fenstergriff benutzt!", schalt er sich selbst, als er sich in den Fensterrahmen wuchtete. Er sah sich kurz die Straße unter ihm an, zwei Wachleute, die aufgeregt in einen Kasten schrien, der auf der einen Seite eine Antenne hatte, was ihm zu dem Schluss verleitete, dass sie über Funk Verstärkung riefen. Zwei gut gezielte Schuss setzten ihrem unverständlichen Sprachschwall ein endgültiges Ende. Zum Glück war keine weitere Opposition zu sehen. Er schulterte seine Waffe, löste die Bremse von seinem Zugseil, welches in seinem Gürtel untergebracht war und führte einen Karabinerhaken in das Gitter ein. Er zog mit aller Kraft daran, das Metall knirschte, aus den Verankerungspunkten rieselte Ferrobetonstaub. Das Gebäude war alt und marode. Wahrscheinlich diente es schon seit Jahrtausenden als Brutgrube und Millionen von Babys waren hier produziert worden, um wohl entweder selbst Babys zu produzieren oder in den umliegenden Manufakturen zu arbeiten. Oder in Servitoren umgewandelt zu werden. Er drosselte sein Seil und schwang sich auf die Außenseite des Gebäudes. Die Frau hatte inzwischen aufgehört ihn zu beschimpfen, als ihr wohl klar geworden war, dass er ihren Schutzbefohlenen nichts tun würde. Diese Frau hatte einen ziemlichen Mut, sich so für diese Kinder einzutreten. Oder fürchtete sie nur die Bestrafung ihres Meisters, wenn der Ernte in ihrer Obhut etwas geschah?

Er begann sich abzuseilen und stemmte sich an der Wand ab. Mit der einen Hand hielt er Chaos Jenna fest, mit der anderen das Seil. Zum Boden war es zum Glück nur etwa fünfzig Meter, länger war das kleine Stahlseil in der Winde auch nicht. Als er auf der Hälfte war, lösten sich die ersten Verankerungspunkte des Gitters und er stürzte unkontrolliert etwa zwei Meter ab, dann hielten weiter entfernte Bolzen dem Druck noch stand. Er gab mehr Seil frei und beeilte sich mit Abstieg. Unter ihm befand sich ein Vierachser in einem sehr erbärmlichen Zustand. Farbe hatte das Gefährt schon lange nicht mehr. Die Karosserie wurde nur noch durch den guten Willen des Maschinengeistes zusammen gehalten. Auch wenn es angeblich keine Maschinengeister geben sollte. Aber wer wusste das schon genau?

Als er noch etwa fünf Meter über Straßenniveau befand, brach das Gitter auf der ganzen Länge der Front nach und er befand sich für einen kurzen Moment im freien Fall. Gerade so konnte er Chaosjenna noch auf sich platzieren, dann knallte er mit dem Rücken auch schon auf die Ladefläche des Lastwagens. Rost wallte in einer roten Wolke auf und es schepperte gewaltig. Das Gitter schien genau auf ihn zuzustürzen. Es war zu spät, sich über Jenna zu rollen, aber zum Glück erreichte es ihn gar nicht, da die Führerhäuser der abgestellten Fahrzeuge höher als die Ladefläche dieses Vehikels waren. Es knallte ein weiteres Mal, als das Gitter aufschlug. Mehrere Runen in seinem Display blinkten auf und mehrere Schadensmeldungen wurden eingeblendet. Sein ganzer Oberkörper schmerzte, aber er schien sich nichts gebrochen zu haben. Hoffentlich traf das auch auf Chaos Jenna zu. Allerdings war jetzt nicht die Zeit, um sie zu untersuchen.

Der Kommando stemmte sich hoch, nahm Jenna wieder mit sich und begab sich zum Führerhaus, das verschlossen war. Mit der freien Hand schlug Hughes das Fenster ein und entriegelte die Tür. Drinnen stellte er fest, dass Chaosfahrzeuge den Führerstand auf der anderen Seite hatten. Er rutschte auf der langen Sitzbank rüber, nachdem er die Tür hinter sich geschlossen hatte. Er legte Jenna in den Fußraum vor der Sitzbank. Die Armaturen aus Messing hatten verschnörkelte Zeiger, welche verschiedene Zustände im Gegenuhrzeigersinn anzeigten. Hughes hatte in der Gilde gelernt, mit schweren Fahrzeugen umzugehen. Ein Vierachser war da schon eher ein leichtes Fahrzeug für ihn. Ein kleineres als das hatte er noch nie bedient und deshalb wählte er dieses Vehikel aus. Es gab mehrere Knöpfe, einer davon ziemlich groß und abgegriffen. Alles war zwar beschriftet, aber diese Zeichen waren für ihn nichts weiter als unleserliche Runen. Er trat die verschiedenen Pedale durch und fand das der Bremse. Wie auch bei imperialen Fahrzeugen musste er die Bremse drücken und konnte dann erst den Startknopf mit Erfolg betätigen. Mit einem satten Geräusch sprang der Verbrennungsmotor auf Petrochembasis an und die vier Auspuffrohre hinter dem Führerhaus aufragend spien Flammen aus. Da musste die Einspritzung dringend nachgestellt werden. Er drückte die schwergängige Kupplung und prügelte den ersten Gang in das knirschende Getriebe. In dem Moment sprangen die Tore zur Babyfabrik auf und weitere Schergen gingen am Türrahmen in Deckung. Er ließ die Kupplung kommen und drückte sachte das Gaspedal durch. Mürrisch setzte sich das Vehikel äußerst behäbig in Bewegung, während die ersten Garben aus vollautomatischen Sturmgewehren und Maschinenpistolen in das Chassis des Fahrzeugs prasselten. Aber die Chaoten schienen der Meinung zu sein, mehr Material bring mehr Stabilität, so dass dieser Vierachser dem Kugelhagel standhielt. Jedenfalls beschleunigte das behäbige Fahrzeug brav trotz der abbekommenen Treffer und Hughes schaltete kontinuierlich hoch, während der Wagen immer mehr beschleunigte. Er hielt sich grob in die Richtung des Sammelpunktes.

Links und rechts ragten gewaltige Manufakturgebäude hoch. Die Außenwände waren mit bunten Bannern mit den obligatorischen Runen und äußerst hässlichen Symbolen versehen. Dabei schien es sich um Spruchbänder mit Parolen zu handeln. Jedenfalls ließ der Anblick der Zeichen ihn kalt. Er bog um die nächste Ecke und war so keinem weiteren Feuer mehr ausgesetzt. Für den Moment hatte er Ruhe. Mit einem kurzen Blick nach unten überzeugte er sich, dass Chaos Jenna noch lebte. Blut sickerte aus einem ihrer Mundwinkel.

"Thron! Lass das keine innere Blutung sein!" Irgendwie war es wohl nicht angebracht, den Imperator um das Leben einer Chaosdienerin zu bitten, trotzdem betete er eine kurze Litanei herunter. Der Imperator sah schließlich alles und vielleicht hatte er ja Erbarmen mit Hughes Broman. Von überall begannen nun Sirenen zu heulen. Laut Zeitplan zerlegte die Lichtbringerin nun gerade das Zentrum dieser Festungsstadt. Gleichzeitig würde die Flotte über den Ereignishorizont fluten und wortwörtlich Flammen vom Himmel regnen lassen. Er orientierte sich und legte eine Route fest, die ihn in die Nähe des Sammelpunktes bringen würde. Dank intensiver Satellitenaufklärung hatte er einen präzisen Umgebungsplan des Einsatzgebietes, welcher ihm in sein Helmdisplay eingeblendet wurdet.

"Rufe Ito eins. Hier Ito zwo eins. Kommen!", nahm Hughes ein weiteres Mal Kontakt mit seinem Truppführer auf.
"Hier Ito eins. Status? Kommen!", rauschte die Stimme des Leutnants in seinen internen Lautsprechern.
"Bin auf dem Weg zum Sammelpunkt mit einem Vierachser. Habe eine Gefangene dabei, die medizinische Hilfe benötigt. Kommen!"
"Eine Gefangene? Bitte bestätigen, kommen!", fragte sein Leutnant überrascht.
"Bestätige verletzte Gefangene. Kommen!"
"Eine Geisel? Kommen!"
"Bestätige. Kommen!"
"Verfolger? Kommen!" Hughes sah in die Rückspiegel in Messingfassungen, die auf der Vorderseite wie Dämonenfratzen geformt waren. Die Chaosanhänger schienen ein Faible für diese Art von Kunst zu haben.

Tatsächlich tauchten hinter ihm mehrere Fahrzeuge voll mit Bewaffneten im Rückspiegel seines Fahrzeuges auf. Und diese Modelle waren schneller als sein behäbiger Vierachser. Vielleicht hätte er ein schnelleres Fahrzeug auswählen sollen. Vielleicht hätte er Chaos Jenna einfach ihrem Schicksal überlassen sollen. Hatte er ihr mit ihrer Rettung einen Gefallen getan? Er wusste es nicht und für tiefgreifende philosophische Überlegungen blieb ihm keine Zeit, da die wendigen Zweiachser schnell aufschlossen.

"Bestätige Verfolgung, zwei Fahrzeuge! Kommen!"
"Werden Sie die Verfolger aus eigener Kraft los? Kommen!"
"Denke schon. Kommen!"
"Ende und aus!"

Die bullig wirkenden Zweiachser waren inzwischen Näher gekommen und versuchten, ihn zu überholen. Auf den Ladeflächen standen jeweils sechs mit Sturmgewehren im gängigen Kaliber 8,25mm bewaffnete Kämpfer mit Eisenmasken. An den Schäften der Sturmgewehre hingen kleine Bilder von Chaosheiligen und an der Schulterstütze waren Messingsterne mit den obligatorischen acht Pfeilen aufgenagelt. Damit eröffneten sie das Feuer auf sein Fahrzeug. Kugeln schlugen ins Führerhaus ein und die Frontscheibe überzog sich mit Einschlägen und einem Spinnennetzmuster.

Der linke Zweiachser war blau lackiert und auf seiner Motorhaube war ein Tzeentchsymbol aufgemalt, das ihm die Galle hochkommen ließ. Angeblich sollte das einen Meteor darstellen, der um die Ecke flog. Er lenkte plötzlich nach links und drückte das Fahrzeug gegen die Wand einer Manufaktur. Funken sprühten, Plaststahl verformte sich knirschend und der Putz wurde von der Fabrikmauer gerissen. Die Straße war hier so eng, dass mit drei Fahrzeugen nebeneinander die Straßenschlucht ausgefüllt war.

Auf der rechten Seite schloss nun das rot lackierte Fahrzeug mit einer Khornerune auf. Die Passagiere schossen ebenfalls mit ihren Sturmgewehren auf sein Fahrzeug. Die hinteren Reifen auf der rechten Seite seines Vierachsers platzte auf. Das linke Fahrzeug war nur noch ein Wrack und zwei der Passagiere hatten inzwischen seine Ladefläche geentert. Der Vierachser brach nun schlingernd aus der Spur, krachte gegen die linke Wand und stellte sich halb quer, so dass er die ganze Straßenbreite blockierte. Der rote Zweiachser wurde mit Wucht zur Seite geschleudert, knallte gegen die Wand und die Passagiere auf der Ladefläche des Zweiachsers purzelten vom Wagen herunter. Der LKW kam schließlich zum stehen. Dem Kommando war etwas schwindelig zumute und er hatte Probleme sich zu orientieren.

Hughes schnappte sich sein Plasmagewehr und sprang aus der Fahrerkabine und schoss auf die Maskenträger vom Pickup, bevor diese sich wieder aufrappeln konnten. Dann traf ihn eine Garbe aus einem Sturmgewehr von hinten und beschädigte sein Rückenmodul mit dem Energiespeicher und Kraftwerk. Einer der Kugeln gelang es, die geschichtete Panzerung des Tornisters zu durchschlagen, da auf einmal eine ganze Batterie roter Runen aufleuchtete und sein Display erlosch. Für einen kurzen Moment war er komplett ohne Energie. Offensichtlich war es einem Gegner gelungen, nicht von dem LKW herunter geschleudert oder von den Kugeln seiner wild herumballernden Kameraden zersiebt zu werden.

Er war nun ein Gefangener seiner eigenen Rüstung und der Gnade von Gegner ausgeliefert, welche nicht mal das Wort in ihrem Sprachschatz hatten. Zum ersten Mal in diesem Einsatz bekam Hughes es richtig mit der Angst zu tun. Seine unglaublich fortschrittliche Rüstung hatte ihn arrogant werden lassen und nun bekam er die Quittung für seinen Hochmut. Dann flammte das Display wieder auf. "Selbstreparatur erfolgreich!", stand in großen roten Lettern auf seinem Sichtfeld, das gleich darauf erlosch und von einem Warnhinweis ersetzt wurde. "Reaktor außer Betrieb! Notstrom für 97 Minuten! Aufsuchen einer Wartungseinheit wird dringend empfohlen!", flimmerte über das Display. Siebenundneunzig Minuten hatte er Energie, dann waren die Zellen erschöpft. Normalerweise war die Notreserve größer, aber der Glückstreffer schien einige Zellen in Mitleidenschaft gezogen zu haben. Er wirbelte zu den Schützen herum und erfasste sie mit seinem Visor. Zwei kurze Feuerstöße später hatte er das Problem erledigt.

Momentan waren keine weiteren Ziele sichtbar. Sein Auspex war ausgefallen und so konnte er keine Diagnose über weitere Opposition in unmittelbarer Umgebung machen. Obwohl er sich mitten in einem dichtbebauten Manufakturgebiet befand, war er praktisch allein. Das Ganze hatte etwas Gespenstisches und Surreales an sich. Angeblich war heute ein hoher Feiertag auf dieser Welt und offensichtlich ruhte die normale Arbeit an diesem Tag trotz des Kriegszustandes. So was wäre im Imperium nur bei Imperator Himmelfahrt denkbar gewesen, dem höchsten Feiertag des imperialen Glaubens. Trotzdem war es seltsam, da stand ein Raumangriff bevor und keine Massen bewegten sich zu den Bunkersystemen, wie es bei einer imperialen Welt der Fall gewesen wäre. Entweder hatten die Manufakturen für ihre Belegschaft eigene Bunker in den Kellern der Fabriken oder es war schlicht keine Evakuierung für Sklaven und Personal, was wohl dasselbe war, vorgesehen. Wie auch immer, er hatte von hier zu verschwinden. Er lief zurück zum Vierachser und holte die verletzte Chaos Jenna heraus.

"Halt durch, Mädchen!", flüsterte er und schultere die junge Frau. Er fing an zu traben. Der Treffpunkt mit seinen zwei Kameraden war nur zwei Häuserblocks entfernt auf dem Gelände einer weitläufigen Recyclinganlage. Er hatte gerade einen Block hinter sich gebracht, als mehrere Häuserblöcke hinter ihm zwei Radpanzer um die Ecke bogen. Und sie waren definitiv wegen ihm hier, denn das führende Fahrzeug eröffnete das Feuer mit einer 37mm Autokanone auf ihn. Gerade so konnte er sich in eine mit Unrat gefüllte Gasse retten. Normalerweise hielt sich in so einer Gasse der wohnsitzlose Abschaum auf, aber auf Chaoswelten schien es keine Obdachlosen zu geben, denn hier war nichts Lebendes außer ihm und Jenna. Das brachte ihn von seinem Treffpunkt ab, gab ihm aber Deckung. Wenn die Besatzungen der Fahrzeuge sich auskannten, würden sie ihn hier in der Zange nehmen können. Er überdachte seine taktische Situation und lud eine panzerbrechende Granate in seinen Werfer. Vorsichtig ließ er Jenna zu Boden gleiten und startete eine Drohne. Tatsächlich raste nur einer der kleinen Radpanzer auf ihn zu, der andere war schon nicht mehr zu sehen. Das Fahrzeug brauste mit mehr als achtzig Stundenkilometer auf seine Position heran. Zwei dicke schwarze Rauchfahnen stiegen aus den Auspufftöpfen auf, der Motor war ziemlich laut. Wahrscheinlich ein sehr starkes Triebwerk mit hohem Verbrauch an minderwertigem Petrochem. Das Fahrzeug war wohl auf Geschwindigkeit ausgelegt und man hatte an der Panzerung gespart. Über die Baureihe dieses Radpanzers hatte er keinerlei Daten und hoffte, dass die panzerbrechende Hohlladungsgranate in der Lage sein würde, die Frontpanzerung des Vehikels zu durchschlagen.

An der Ecke hockte er ab, wechselte das Gewehr in die linke Hand und drehte sich aus der Deckung heraus. Dank der Daten der Drohne wusste er, wo sich das Fahrzeug befand. Zielen und Schießen war praktisch eins. Die Granate zischte mit einem lauten Plopp aus dem Werfer, während kleine Stabilisierungsflügel ausklappten und die Bahn des Geschosses stabil hielten. Gleichzeitig feuerte die Turmkanone des Panzers und ein Geschoss schlug knapp über ihm in Wand ein und detonierte dort. Splitter zischten über ihn hinweg, konnten aber die Rüstung nicht durchdringen. Die Hohlladung traf die Frontpanzerung des schnellen Radpanzers mittig und war stark genug, sie zu durchschlagen. Kurz nach dem Einschlag explodierte die im Kampfraum gelagerte Munition und die Luken wurden von Innen aufgesprengt. Das Fahrzeug hielt brennend grob seine Richtung bei und rollte mit geschätzten fünfzig Stundenkilometern an ihm vorbei. Sofort ließ er die Minidrohne zurück in die Gasse schweben und richtete sich auf die andere Seite aus. Sofort lud er vier weitere Hohlladungsgranaten in die Kammern des Revolvermagazins des Unterlaufgranatwerfers. Zwar konnte er den Panzerwagen nicht sehen, aber hören. Die Drohne brauchte zu lange, um die Gasse hindurch zu fliegen, als der feindliche Panzerwagen schon am gegenüberliegenden Ende der Passage mit auf ihn eingeschwenkten Turm auftauchte. Sofort schoss der Kommando eine Hohlladungsgranate aus seinem Werfer und der Wagen fuhr weiter, so dass der Sprengkörper harmlos in der gegenüberliegenden Mauer detonierte. Der Fahrer hatte sich offensichtlich verschätzt und der Wagen kam zu spät zum Stehen. Jedenfalls wirkte sich das Missgeschick des Fahrers glücklich für den Panzerwagen aus. Da die Hohlladung einen ordentlichen Krater im Ferrobeton hinterlassen hatte, war die Besatzung vorgewarnt. Die Drohne sauste aus dem Hohlweg heraus und erfasste den Wagen, der gerade wendete. Sie hielten außer seinem Sichtbereich an und schienen zu warten. Schließlich hatten sie den Faktor Zeit auf ihrer Seite und mussten nur geduldig sein. Während jede Sekunde für ihn wertvoll war, der Countdown lief erbarmungslos herunter und er hatte keine zehn Minuten mehr, den Treffpunkt zu erreichen. Aber woher wussten die Chaoten im Panzer, dass er nicht schon längst die Stellung gewechselt hatte?

Kaum hatte er den Gedanken zu Ende gedacht, als er seinen Kopf nach oben hob und der Lauf die Bewegung antrainiert mitmachte. Tatsächlich konnte er gerade so noch eine Bewegung ausmachen, als ein Kopf zurückgezogen wurde. Ohne zu zögern eröffnete er das Feuer und zwang den Beobachter in Deckung. Feuernd bewegte er sich auf Chaosjenna zu und warf sie mit einem kräftigen Ruck über die Schulter. Diesmal blieb sie aber nicht bewusstlos wie ein Sack auf ihm liegen, sondern sie fing an zu zappeln und zu schreien.

"Halt Still, verdammt noch mal, ich versuche dich dumme Nuss zu retten!", brüllte er sie an, was sie aber noch lauter schreien lies. Sofort bewegte er sich aus der Gasse zu der leeren Straße heraus und ging hinter der Ecke in Deckung. Der Panzerwagen rührte sich immer noch nicht und seine Drohne stieg höher, um die Dächer der umliegenden Gebäude besser einsehen zu können. Hier ließ er Jenna von seiner Schulter gleiten und stellte sie auf die Beine. Mit einem kurzen Impuls zerschoss er die Kette zwischen ihren Füssen, was sie für einen kurzen Moment zum Schweigen brachte.

"Mitkommen!", befahl er im Chaosdialekt, weil dies eines der Worte war, die er neben "Ergebt euch! Hände über den Kopf! Keine Bewegung!" eben kannte. Jenna zischte etwas und bleckte ihre Zähne, die recht schief im Mund wuchsen. Inzwischen war seine Drohne über das Niveau der Dächer der umliegenden Manufakturen geschwebt. Auf verschiedenen Dächern konnte er Bewegungen von bewaffneten Kräften ausmachen. Was aber schlimmer war, über eine Parallelstraße bewegte sich eine Kolonne aus Schützenpanzern in Kompaniestärke heran. Das war nicht gut. Wahrscheinlich waren die beiden Panzerwagen deren motorisierte Aufklärungseinheit. In dem Moment versuchte Jenna nach dem Kampfmesser zu greifen, das er mit sich führte. Reflexartig wehrte er sie mit einem Schlag gegen ihren Brustkorb ab, was die junge Frau mit großer Wucht zurückschleuderte. Sie krachte zu Boden und schlug sich den Hinterkopf auf dem Asphalt blutig. Regungslos blieb sie liegen.

"Nein! Das wollte ich nicht!" Panisch sah er nach ihr und seine Scanner meldeten, dass sie noch lebte. Er hoffte nur, dass er sie nicht schwerer verletzt hatte. Von den Dächern wurde er unter Feuer genommen, aber Schrotflinten hatten auf diese Entfernung keinerlei Zielgenauigkeit mehr. Wieder warf er sich die leblose Frau über die Schulter und fing an zu rennen. Der Treffpunkt war jetzt nur noch hundert Meter entfernt und entpuppte sich als eine Widerverwertungsstätte, die man durchaus als Schrottplatz bezeichnen konnte. Auf dem mit einer Halle bebautem Gelände türmten sich ausrangierte Fahrzeuge, Maschinen und Schrott, den er nicht zuordnen konnte. Hier wurde wohl alles zerlegt und was noch wiederverwertet konnte weitertransportiert, da wohl Gleise in das von einem hohen Stahlplastzaun umzäunte Gebiet führten.

"Hier Ito zwo drei und vier, haben Ito zwo eins visuell erfasst. Kommen!"
"Hinter mir ist ein Panzerwagen und eine Kolonne motorisierter Infanterie mit Schützenpanzer in Kompaniestärke hinter her. Habe eine Gefangene dabei. Kommen!"
"Das sehen wir, hast ziemlich viel Ärger im Schlepptau. Kommen!"
"Und mein Tornister ist beschädigt, haben noch Saft für vierundachtzig Minuten. Kommen!"
"Das wir ja immer besser, Ito zwo eins."
"Heute ist nicht mein Glückstag!", gab Hughes zerknirscht durch. Oder vielleicht doch?

Gedanke des Tages
Mal ein Blick von unten. Hughes Broman hatte anfangs keine wirkliche Geschichte, sollte aber das Thema "Vermeintliche Unfähigkeit des Imperiums" weiter vertiefen. Hier zeigt sich mal wieder die ganze Unmenschlichkeit des imperialen Apparates, der stur Anträge von Toten bearbeitet. Dem gegenüber steht die ebenfalls unmenschliche Apparatur des Chaos, wo Frauen in Gebärgruben gezwängt werden, wo sie bis zum Tod Babys produzieren. Dazu gibt es noch etwas Action. Bringt zwar wie gesagt die Story nicht groß weiter, aber wollte ihn auch nicht mehr rauswerfen und ist für die Anschlussszene eben wichtig.

Beim Abschluss des Kapitels habe ich mich schwer getan, die Action wirklich gut zu transportieren. Ich hoffe, es kommt halbwegs nachvollziehbar rüber, was da abgeht.

Anfangs hatte ich geplant, noch weitere Stücke von Gad, der Kleinen, Lino Lupe und Terry zu bringen, sind aber nun durch Zeitmangel unter den Tisch gefallen. Nächstes Kapitel handelt wieder von Gabriel.
 
Heute in doppelter Ausführung? 😛
Drinnen stellte er fest, dass Chaosfahrzeuge den Führerstand auf der anderen Seite hatten.
Ich habs gewusst! Die Chaoten sind Briten.

Das mit der Chaos Jenna erscheint mir irgendwie zweifelhaft - wenn der Kommandotrupp entkommen soll wird der ja sicherlich teleportiert. Hätte er nicht viel gekonnt, denn ich glaube nicht das Handschellen Teleportausrüstung eingebaut haben. Und außerdem, wer sagt das sie ihn überhaupt mag, gesetz dem Fall sie lässt sich überhaupt bekehren. Da scheint mir jemand nicht bis 4 gedacht zu haben, aber das ist ja offenbar so sein Stil :happy:
 
Na definitiv ist denken nicht des Witwers Stärke, was? 😀

Zwei Sachen die mir aufgefallen sind und mich ein bischen gestört haben sind:
1.) ne volle hermetisch versiegelte Rüstung und er "spürt" wie er in Nährflüssigkeit gebadet wird? Ich weiss, kann man irgendwie mit Sensoren und so erklären, aber die Überleitung/Metapher "in Schmerzen baden" und "in Flüssigkeit baden" wird durch die Rüstung irgendwie...doof.
2.) Bremsen und Startknopf drücken ist doch bei uns nen Automatikgetriebe, oder? Trotzdem schaltet er ordentlich die Gänge durch. Hat das Ding Tiptronic? Cooles Teil, von wegen veraltete Tech 😀

Ansonsten finde ich den Teil aber ziemlich cool. Der Gegensatz von Witwer und dem Sachbearbeiter als "Verzweifelnder" und "Stoisch glaubender" ist schön, wenn auch kurz. Schön ist auch, das Witwer zwar bei der Legion ist, aber noch an den Imperator glaubt. Man könnte ja Gabriel durchaus vorwerfen die alle Gehirngewaschen zu haben, aber man sieht so daß es eben um die Sache und nicht den Glauben geht.
Die Action ist gut. Liest sich gut weg. Der Schluss ein wenig unübersichtlich, aber irgendwie, ...heroisch, wie er so die Straße runtersprintet mit ner Kompanie auf den Fersen.

Den vorherigen Teil fand ich auch sehr schön, weniger wegen der Action als wegen den tollen Beschreibungen der Chaosstadt. Da bewundere ich deine Fantasie, daß war sehr stimmig. Auch gerade der Tempel war/ist toll geworden, chaotisch und doch monumental. Fast schon schade, daß klar war, das Gabriel das Ding einäschert. Daß Gabriel und Gavri nicht ein Herz und eine Seele sind (1€ in die Wortspielkasse), ist interessant, vor allem dass Stückchen, daß Gabriel die Zukunft bzgl. sich selbst und Gavri nicht mehr so bestimmt vorhersehen kann. Ein Engel ist halt auch nur Geflügel?! (ein Alpha Plus Psioniker Geflügel, natürlich).

Ich freue mich auf mehr und bleibe dein erwartungsvoller Leser

Grüße
Slashy