Der Fall Gustl Mollath

Man muss dann nur dafür sorgen, dass die korrekte Diagnose am Ende für die korrekte richterliche Entscheidung sorgt. Da hast du dann natürlich Recht, für eine solche Entscheidung ist Menschenkenntnis und ähnliches wichtig, um zum Beispiel Falschaussagen zu erkennen.
Es ist auch am Richter zu entscheiden, ob die psychische Störung Mollaths im Zweifel eine dauerhafte Zwangseinweisung voraussetzt, oder aber vielleicht eine wöchentliche Therapie ausreicht etc. Eine psychische Krankheit lässt sich halt leider nicht mit 0 oder 1 klassifizieren, aber mir ist schon klar, worauf du hinaus wolltest.
Die Sache ist doch die: es gibt oft sehr wohl einen "Konsens", also eine Lehrmeinung der 95%+ der entsprechenden Fachleute anhängen. Nur wird es vollkommen ignoriert wenn es nicht in die gewünschte Ideologie passt.
Selbiger sagte aber, dass die Modelle die zB die Physik benutzt überarbeitet werden müssten, da sie 80% des Universums mit unbelegter Dunkler Materie erklären würden. So viel dazu. 😉 Vor knapp 100 Jahren dachte man auch noch, man könne Vergewaltiger an ihren Ohrläppchen erkennen und Mörder an ihren Augenbrauen. Das war statistisch als belegt geglaubt. Ebenso hat man die vermeintlich niedere Intelligenz und Zänkischkeit des Weibes wissenschaftlich untermauert. Sicherlich ist die Naturwissenschaft heute auf einem ganz anderen Level, dennoch wird es immer Fälle geben, in denen als sicher geglaubte Punkte revidiert werden müssen und sehr vieles ist auch unklar, kann noch nicht zu 100% belegt werden und beruht auch auf Vermutungen, bzw. es fehlt die nötige Technik. Auch ein Punkt weshalb ich Neurowissenschaft in bestimmten Erkenntnissen eher kritisch beäugen würde. Viel Ableitung funktioniert hier über Versuche mit einem kleinen Probandenkreis, ist also im Prinzip auch bloß Statistik und Statistik ist keine Naturwissenschaft.
Beispielsweise gab es etwa um Ende der 90er den Versuch mit ich glaube... 50 (?) Probanden, der belegt haben soll, dass Menschen eine natürliche Veranlagung zur Gewalt haben. Man gab ihnen einen Knopf, der angeblich mit einem anderen Menschen verbunden war und dessen Schmerzrezeptoren stimulieren sollte. Die Probanden haben den anderen Menschen nun Fragen gestellt und bei einer falschen oder unbefriedigenden Antwort sollten sie Schmerzreize auslösen. Manche gingen sogar soweit, tödliche Schmerzreize auszulösen. Dabei wurden Gehirnströme gemessen um das aggressive Potential zu testen. So ein Versuch bleibt immer ein Versuch. Jedem Probanden ist klar, dass da nicht wirklich jemand sterben kann, wenn er auf den Knopf drückt... man steht unter Versuchsstress, glaubt man müsse gewisse Erwartungen erfüllen etc. etc. So etwas verfälscht Ergebnisse. Auch naturwissenschaftliche. Das Ergebnis des Tests gilt lange Zeit als sicher, wurde erst später angezweifelt und schließlich sogar revidiert. Zu dem ganzen Thema ist Wolf Singers Buch "Ein neues Menschenbild" übrigens sehr interessant... auch wenn es schon aus den frühen 2000ern stammt, also nicht mehr wirklich aktuelle Relevanz hat.

Nichtsdestotrotz hat SdK auch recht, wenn er behauptet, dass Quellen selektiv betrachtet und gewertet werden, aber das ist nur menschlich. Wenn ich von einer Sache überzeugt bin mag mir meine eine Quelle reichen, auch wenn 1000 dagegen sprechen. Oder wie mir mal eine Frau in einer Diskussion über Genderkram sagte "Die Statistik stammt doch zu 100% von einem Mann." Egal. Weiter im Text.

Die Vorstellung des Gemeinwohls variiert, wird von vielen Einflussfaktoren geleitet und ist äußerst subjektiv, je nach demografischen Faktoren, geografischen Faktoren, ökonomischen Faktoren etc. Jemand der einmal die Woche aus beruflichen Gründen zB nach Stuttgart fliegt wird wohl wollen, dass Tegel geöffnet bleibt. Jemand der das aber nicht tut und in der Einflugschneise wohnt, wird wohl wollen, dass der Flughafen geschlossen wird. In solchen Fällen werden dann natürlich "unabhängige" Experten aus zB naturwissenschaftlichen Kreisen herangezogen, da sie vermeintlich am ehesten objektiv sind. Außerdem brauchen auch Zeitungen ihre Quellen und Studien werden halt von Wissenschaftlern erstellt. Das müssen nicht zwingend Naturwissenschaftler sein, dass können auch Marktforschungsinstitute sein oder Sozialwissenschaftler. Menschen halt, die Statistiken erheben. Natürlich bilden diese wissenschaftlichen Fakten die Basis für Gesetze und Entscheidungen von Politikern, schließlich entscheiden die nicht pur aus der Luft gegriffen (bzw. sollten sie nicht). Aber eine einzelne Studie reicht nun mal nicht aus, da müssen mehrere verglichen werden, dass gilt auch für naturwissenschaftliche Quellen, da wie bereits erwähnt, ein Physiker der sich auf Solarzellentechnologie spezialisiert eine andere Meinung und Studie haben wird, als ein Atomphysiker. Der Politiker braucht beide Seiten (bzw. alle verfügbaren) um daraus eine Entscheidung abzuleiten, die das Allgemeinwohl stützt. Allgemeinwohl heißt an der Stelle, die meisten Leute zufrieden zu stellen. Mein voriges Beispiel zeigt, dass es so gut wie unmöglich ist, alle Interessen zu vertreten. Zum Politiker-Sein gehört aber auch, sich nicht von kurzfristigen Impulsen leiten zu lassen und Strömungen zu erkennen, so wie man es meiner Meinung nach in der Atomausstiegsdebatte hätte handhaben sollen. Drei Monate danach hätte kaum noch wer drüber gesprochen, aber an der Stelle denken Politiker immer zu sehr an ihre Wiederwahl. Die große Schwäche der Demokratie...
Der Punkt ist aber:
Auch Forschung und Wissenschaft ist interessengeleitet, und wenn es uneigennützige sind, sind es dennoch Interessen. Eine Statistik verfolgt in ihrer Erhebung immer einen bestimmten subjektiven Zweck und ist, genau wie jedes naturwissenschaftliche Ergebnis, niemals ohne Skepsis zu schlucken. Der Atomphysiker wird Atomtechnik toll finden, sonst hätte er sich wohl kaum für das Fachgebiet entschieden oder?

Edit: Wenn ich meine, man muss auch naturwissenschaftliche Ergebnisse anzweifeln, meine ich nicht, dass ich mir unsicher bin ob ich tatsächlich Herz, Nieren und Leber besitze. Aber auch 3 Ärzte können zu 3 unterschiedlichen Diagnosen haben und 3 unterschiedliche Physiker können 3 Meinungen bezüglich bestimmter Modelle haben. Bevor man das noch gegen mich ins Feld führt 😉
 
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Ich habe nicht gesagt, dass der Richter entscheidet, ob Mollath gesund sei oder nicht, ich habe gesagt, er entscheidet darüber, ob Mollath weiter in er Anstalt bleibt oder nicht. Wenn du mal ein wenig fragst, wie Psychiatrische Diagnostik funktioniert, dann wirst du feststellen, dass es hier nicht um Feststellung von Fakten geht, sondern um Deutung von Verhalten. Es geht also mitnichten um Fakten, sondern um die Deutung von Phänomenen, von Phänomenen, die nicht messbar sind. Aber das nur am Rande. Das soll jetzt nicht heißen, dass das alles bloß Quatsch ist, dem man Glauben schenke kann oder nicht. Es zeigt aber, wo das Grundproblem bei psychiatrischn Gutachten liegt. Es gibt keine, von unabhängiger Seite nachprüfbaren messbaren Fakten, sondern nichts als den persönlichen Eindruck eines zugegebener Maßen anerkannten Spezialisten, der sich, wie ich mal annehmen will, dem Untersuchungsgegenstand möglichst unvoreingenommen nähert und das Verhalten eines Patienten deutet und dahingehemd kategorisiert, ob es einem postulierten Normalverhalten entspricht oder nicht. Man kann vielleicht einen Tumor haben oder nicht, da gibt es kein ein bischen Tumor haben. Man kann aber dem Erwartungsbild menschlichem Normalverhaltens mehr oder minder entsprechen. Das lässt sich nicht in den Zuständen 1 und 0 ausdrücken.

ochmal etwas allgemeiner gefasst, ich habe da gerade ein bisschen drüber nachgedacht und erkenne schon ein Streben und den Wunsch in unserer Gesellschaft, dass die Wissenschaft die Richtung vorgibt. Wenn Journalisten, egal ob in Zeitungen, dem Fernsehen oder anderen Medien, Missstände anprangern, wird ein Gutachten, eine Studie oder ein Fachmann zitiert, die die korrekte Lösung vorgeben sollen. Man strebt nicht nach einem diffusen Gemeinwohl, welches sich aus einem gesellschaftlichen Konsens ermitteln lässt, sondern es gibt den starken Wunsch danach, dass wissenschaftliche Fakten die Basis unserer Gesetze und Vorgaben bilden. Dies gilt für nahezu alle Lebensbereiche, Ausnahmen bestätigen die Regel, es gibt eben Grauzonen und Fachbereiche wo wir noch nicht die Möglichkeit haben eine Ideallösung wissenschaftlich herzuleiten, wie SdK schon schrieb:

Dass es so ist heißt aber nicht, dass das richtig ist. Ich habe weiter oben schon gesagt, dass ich eure Haltung für apolitisch halten und für einen Rückfall hinter Kant. Ich zitiere ihn nochmal, obwohl jeder, der irgendwann einmal in Deutschland eine Schule besucht hat es wohl kennt. Sapere aude, hab Mut dich deines eigenen Verstandes zu bedienen. Da steht nicht cognoscere aude sondern sapere aude, was ein Unterschied ist. Indem die Gesellschaft aufhört, über Probleme nachzudenken und zum Erkenntnisgewinn darüber zu diskutieren und indem sie meint, ein Standpunkt sei nur etwas wert, wenn er mit einer Studie belegt ist, dann hat die Gesellschaft tatsächlich die Rolle Rückwärts in die selbst verschuldete Unmündigkeit geschafft. Wenn meine Meinung nur akzeptabel ist, wenn ein Experte sie mit einer Studie verbrämt hat, vielleicht auch noch in meinem Auftrag, dann bin ich unmündig, weil ich vom Urteil des Experten abhängig bin. Dem Experten wird zugestanden, besser zu wissen als man selbst, was gut für einen ist. Wenn jemand meint, er habe keinen eigenen Willen, weil es eine Studie gibt, die beweist, das Menschen keinen eigenen Willen haben, der mag sich diesen Sklavenschuh anziehen. der hat es nicht anders verdient. Der sollte aber aufhören zu tun als ob er ein freier Mensch sei und das Recht zur freien Rede zu haben, folglich also besser schweigen.

Nun gut NGF der Frust musste mal raus, ich unterstelle dir nicht das du diese von dir beobachtete Entwicklung gut findest. Also nicht persönlich nehmen.

Edit
Zänkischkeit des Weibes wissenschaftlich untermauert.
Raube mir bloß nicht alte Gewissheiten. Dies habe ich im Selbstversuch selbst evaluiert😀.
 
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Dass es so ist heißt aber nicht, dass das richtig ist.

Nun gut NGF der Frust musste mal raus, ich unterstelle dir nicht das du diese von dir beobachtete Entwicklung gut findest. Also nicht persönlich nehmen.
Ich finde es trotzdem sinnvoll. Ich denke auch nicht, dass ich damit meine eigene Meinung abgebe, wenn ich dem Experten zugestehe, dass er mehr Ahnung hat als ich selbst. Ich bilde mir immer noch meine Meinung selbst, dafür habe ich ein gesundes Maß an Menschenkenntnis, die mir dabei hilft, diese Meinung zu bilden, dort wo ich auf Fachleute vertrauen muss.

Um wieder den Bogen zu Mollath zu schlagen: Ich würde mir aber niemals anhand der Medienberichte anmaßen, Mollath so zu entlasten und die Justiz und die Umständen so anzuprangern, wie es bei diesem "Skandal" getan wird, weil ich dafür viel zu weit entfernt vom Geschehen bin und zu wenig Fachwissen habe und dass mir dieses Fachwissen fehlt, kann ich unumwunden zugeben. Deshalb habe ich ja auch mehrfach geschrieben, dass sich schon zeigen wird, was Sache ist. Es ist dabei aber auch realistisch, dass er wirklich in die Psychiatrie gehört. Viele Leute meinen aber schon zu 100% zu wissen, dass hier was faul ist und er unschuldig sein muss. Ein anderer schrieb vor einigen Tagen auch genau dies, diese Absolutismen die bei solchen Skandalen immer auftauchen, man kennt nur schwarz und weiß, wenn so etwas im Internet diskutiert wird, niemand sieht mehr die Graustufen. In unserem Fall wäre die Graustufe, dass er Recht hat mit den Vorwürfen bezüglich des Schwarzgeldes (Schwarz) und er trotzdem ein psychisches Problem hat (Weiß), gemischt ergäbe das dann Grau 😉.
 
Um jetzt mal eine Lanze für die SZ zu brechen. Es ist ihr Verdienst, dass der Fall eine solche Publizität erreicht hat und einen entsprechenden Handlungsdruck. Den hätte sie aber nie erzielen können, wenn es im Falle Mollath nicht Ungereimtheiten gegeben hätte.
Dass sie dabei bisweilen übers Ziel hinausgeschossen ist, ist in sofern kein Problem, weil nicht die SZ ein rechtsgültiges Urteil spricht, sondern immer noch ein ordentliches Gericht. Dass der Fall Empörung auslöst, ist auch nicht verwunderlich, handelt es sich hier doch, wenn es sich alles so bewahrheiten sollte,wirklich um einen riesigen Skandal, der massiv unser Rechtssystem in Frage stellt. Die SZ hat nichts weiter gemacht, als gute journalistische Arbeit. Der Sturm im Blätterwald ist nicht ist die Auseinandersetzung im Gerichtssaal. Deswegen sollte man diese öffentliche Kontroverse auch nicht überbewerten.

Polemik tut dem öffentlichen Diskurs gut. Deine gesunde Skepsis NGF sei dir unbenommen und ist wohl auch angebracht. Es wird sich schon erweisen, was dran ist, an dem Fall. Nichtsdestotrotz sind solche Stimmen, wie die der SZ sehr heilsam im Einheitsbrei derjenigen Publizisten, die ihr Gehirn auf Stand By Modus behalten und uni sono immer wieder dasselbe Lamento von der Alternativlosigkeit unserer heutigen Politik anstimmen und ungeprüft und unhinterfragt interessegeleitete Studien nachbeten, solange sie nur den Interessen der Reihen und Mächtigen, der Elite, wozu sich diese " Edelfedern" ja zählen, dienen. Deswegen begegne ich wiederum solchen Veröffentlichungen mit Skepsis, die bestehende Missstände als alternativlos darstellen, der Regierung das Wort reden usw. Die braucht es natürlcih auch. An irgendwas muss man sich ja reiben können.
 
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Vielleicht noch zur weiteren Erklärung, wie ich zu meinem Standpunkt komme. Ich denke, wir befinden uns gerade an etlichen Punkten unserer Gesellschaft wieder auf einem Weg weg von den Errungenschaften, die uns dank wissenschaftlicher Erkenntnisse zuteil geworden sind, weil wir zu stark auf den eigenen Verstand hören und dabei heute alle glauben, Fachmann in jedem Wissensgebiet zu sein. Immer mehr Menschen leugnen wissenschaftliche Erkenntnisse und vertrauen lieber auf Ideologie oder Glauben, halten sich oder ihren Guru für Fachleute eines hochgradig komplexen Fachgebiets. Dieses Thema hatten wir ja vor nicht allzu langer Zeit, in dem von "Dem Riesen ein Beinsteller" erstellten Thread, wo er über seine Erfahrungen mit einem Kreationisten berichtete. Vielleicht habe ich wegen dieser Eindrücke (also nicht nur aus dem Thread, sondern allgemein zu dem Thema) eine so starke Fixierung auf die Wissenschaft als Taktgeber und Baustein für unsere Gesellschaft. Vielleicht war die Zeit, wo der Dr. noch die Autoritätsperson im Dorf war und man ihn nicht hinterfragte, besser, als dass man heute denkt selbst Fachmann in medizinischen Fragen zu sein und sich dann mit irgendwelchen alternativen, esoterischen Methoden in Gefahr bringt und eine Selbstdiagnose per Google macht!?

Dabei reden wir hier natürlich auf sehr vereinfachter Ebene darüber, die einzelnen Fragen sind oftmals hoch kompliziert, dass gerade in der Psychiatrie vieles nicht mit einem Experiment nachgewiesen werden kann, so wie man es in der Chemie tun könnte, ist mir dabei klar.
 
Es ist ihr Verdienst, dass der Fall eine solche Publizität erreicht hat und einen entsprechenden Handlungsdruck. Den hätte sie aber nie erzielen können, wenn es im Falle Mollath nicht Ungereimtheiten gegeben hätte.
Dass sie dabei bisweilen übers Ziel hinausgeschossen ist, ist in sofern kein Problem, weil nicht die SZ ein rechtsgültiges Urteil spricht, sondern immer noch ein ordentliches Gericht
Was die SZ hier tut, und dabei sei der einzelne Journalist mal außen vorgenommen, ist pure, selbstbezogene Ökonomie. Das Produzieren von Schlagzeilen. Wir hatten die Diskussion jetzt sehr umfassend und meine genaue Position möchte ich hier nicht noch einmal breit ausfächern, aber in meinen Augen hat die SZ-Kampagne nicht allzu viel stichhaltiges und außerdem sehr politisch motiviert. Das, was die SZ halt sehr gerne macht. Insofern treibt die Zeitung hier meiner Meinung nach ihre ganze eigene Sau durchs Dorf. Sicherlich ist es gut, dass durch die Medien teilweise politische Nebel gelichtet werden, allerdings nimmt der Einfluss der Medien auf die Politik beängstigend schnell zu. SdK sagte es zwischenzeitlich treffend... Mediendiktat. Wie auch immer, du hast nicht ganz unrecht, der öffentliche Diskurs wird hier überbewertet. Ich hatte es im Vorfeld auch schon mal angebracht... das Internet lässt die Thematik immer viel diskutierter wirken, als sie eigentlich ist.
Polemik tut dem öffentlichen Diskurs gut.
Mitnichten. Ich finde, sie verdirbt mehr und mehr die Qualität und die Sinnhaftigkeit öffentlicher Diskurse. NGF hat es richtig gesagt, jeder hält sich für einen Fachmann, ohne über Quellen zu reflektieren und ggf. noch andere zu Rate zu ziehen. Zu dem werden Quellen selektiv betrachtet und subjektiv gewichtet. Polemik ist nur gut für die, die in der Lage sind, sich daraus, mit Hilfe der Überprüfung anderer Stimmen eine eigene Meinung zu bilden, die meisten sind das aber (meinem persönlichen Eindruck nach) einfach nicht mehr. Es gibt immer mehr steinharte Meinungen mit immer mehr heißer Luft dahinter. Allerdings war es vielleicht schon immer so und nur das Internet sorgt dafür, dass es wirkt, als würde es zunehmen... Stammtischniveau halt.
So oder so wären reflektierte, sachliche Artikel viel gesünder für das geistige Wohl der Gesellschaft... Journalismus, der zum eigenständigen Nachdenken anregt und Für und Wider bestimmter Punkte abwägt, anstatt von hetzenden Schmarrnberichten, die Meinungen augenblicklich und kompromisslos prägen. Aufgehetzte Emotionen, seien es Empörung, Wut, Schock oder Mitgefühl, sind bei logischem Denken selten richtig am Platz. Man sehe sich nur das Beispiel KONY an, Ende 2011.... erst bringt die Bild einen Artikel raus, der das Video in den Himmel lobt und alle Welt und das gesamte Internet findet die Nummer ganz toll. Eine Woche später bringt die Bild einen Artikel raus, in dem sie das Video total zerreißt und alle Welt hatet unreflektiert drauf los was das Zeug hält. Selbst wenn neue Erkenntnisse ein anderes Licht auf die Sache werfen mögen, sollten die Medien nicht bloß schwarz und weiß abbilden, völlig ignorierend, dass sie 7 Tage vorher noch eine völlig andere Meinung zum Thema hatten.

Mit NGFs vorherigem Post stimme ich fast zu 100% überein!
 
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Was die SZ hier tut, und dabei sei der einzelne Journalist mal außen vorgenommen, ist pure, selbstbezogene Ökonomie. Das Produzieren von Schlagzeilen.

Das darf sie aber und das bestreiet ich auch nicht. Es ist aber notwendig, auf dem Meinungsbasar machmal lauter zu schreien und Positionen zuzuspitzen um auf ein Problem aufmerksam zu machen. Das tun übrigen auch die anderen Blätter. Grade solche des Springerverlages. Das hat nichts mit Mediendiktat zu tun. Es ist eher umgekehrt der Fall. Denn Medien in heutiger Zeit verzichten oft auf kritische Recherche um an exklusive Informationen aus erster Hand zu gelangen. Das führt dazu, dass sie ihre kritische Distanz zum Objekt ihrer Berichterstattung verlieren. DerEindruck des Mediendiktates entsteht dadurch, dass sich einzelne Politiker vom Wohlwollen der Publizisten abhängig machen, weil es ihnen nicht mehr um eine eigene Agenda geht, die sie oft nicht mehr haben, sondern um Posten und Pfründe. Die wichtigen Entscheidungen werden nicht durch die Medien diktiert, sondern einfach getroffen. Und wenn es dazu mal kritische Berichterstattung gibt, dann wird sie ausgesessen. Einzelfälle, wie etwa die Causa Wulff sind z.B. hochwillkommen, weil das Versagen einer ganzen Reihe von Politikern, von denen Wulff nur einer unter vielen ist, ablenkt. Er war das Bauernopfer für das korrupte
Weiterso. Dass er z.B. nach einer solchen Kampgne abtreten musste, war weniger einem Mediendiktat geschuldet, als vielmehr seiner eigene Rückgratlosigkeit und seiner Bestechlichkeit. Jemand, der sich für ein Appel und ein Ei eine genehme politische Entscheidung abringen lässt, der ist als Bauernopfer prädestiniert. Man lässt vielleicht einzelne Personen ins Messer laufen und fallen, aber grundsätzliche Entscheidungen fällt die Politik nach wie vor unabhängig von der publizistischen Großwetterlage.

Zur Polemik: Ich finde sie da angebracht wo sie hingehört, nämlich in den Feuilleton. Solange nicht Grenzen zwischen reiner Berichterstattung und Kommentar verschwinden, ist im Kommentar auch Polemik erlaubt. Prvokation gehörte schon immer zum Handwerkszeug der Debatte. Denn sie bringt Positionen wie unter einer Lupe mit schärferer Klarheit zum Vorschein. Es sindeben nicht allein die Fakten im öffentlcihen Diskurs wichtig, sondern auch die unterschiedlichen Positionen dazu.
Nun wenn der linksliberale SZ- Feuilleton einen Artikel schreibt und der neokonservative SdK sich darüber aufregt, dann hat die SZ ihre Arbeit nicht schlecht gemacht. Ich würde stutzen, wenn es andersherum wäre, und SdK auf einmal anfinge, Loblieder auf die Ausgewogenheit der SZ anzustimmen. Zum politischen Diskurs gehört auch immer Selbstvergewisserung. Und wer das als bloße Ideologie verpönt, der beweist nur, das er die Mär glaubt, wir lebten in einem postideologischen Zeitalter. Marktgläubigkeit und das postulat eigener Ideologiefreiheit sind auch nichts anderes als eine Ideologie. Ideologie ist auch notwendig, denn in ihr tritt das zutage, was man eigentlcih bezwecken will. Dort wird formuliert, was sein soll. Es tritt ein Gestaltungswillen zutage. Darüber, über das Ziel einer Politik, über das Seinsollen kann man sich streiten, muss man sich streiten. Denn dadurch gewinnt man Klarheit wohin die Reise gehen soll. Und das ist etwas, das Naturwissenschaft nicht leisten kann und wenn sie seriös ist auch nicht will. Denn prgnosen sind immer schwierig, besonders wenn sie die Zukunft betreffen. dies meinte ich in Bezug auf Ziele, nicht auf Ereignisse, bevor jetzt wieder das Beispiel mit dem Wetterbericht kommt. Das Wetter kommt, ob es dem Menschen passt oder nicht, wie die Gesellschaft aussehen soll, das kann nur der Mensch beantworten. Und wenn er meint, das nicht beantworten zu wollen, weil das Ideologie ist, dann braucht er sich auch nicht um Politk zu scheren. Die kommt dann für ihn auch wie das Wetter.
 
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Beispielsweise gab es etwa um Ende der 90er den Versuch mit ich glaube... 50 (?) Probanden, der belegt haben soll, dass Menschen eine natürliche Veranlagung zur Gewalt haben. Man gab ihnen einen Knopf, der angeblich mit einem anderen Menschen verbunden war und dessen Schmerzrezeptoren stimulieren sollte. Die Probanden haben den anderen Menschen nun Fragen gestellt und bei einer falschen oder unbefriedigenden Antwort sollten sie Schmerzreize auslösen. Manche gingen sogar soweit, tödliche Schmerzreize auszulösen. Dabei wurden Gehirnströme gemessen um das aggressive Potential zu testen. So ein Versuch bleibt immer ein Versuch. Jedem Probanden ist klar, dass da nicht wirklich jemand sterben kann, wenn er auf den Knopf drückt... man steht unter Versuchsstress, glaubt man müsse gewisse Erwartungen erfüllen etc. etc. So etwas verfälscht Ergebnisse. Auch naturwissenschaftliche. Das Ergebnis des Tests gilt lange Zeit als sicher, wurde erst später angezweifelt und schließlich sogar revidiert. Zu dem ganzen Thema ist Wolf Singers Buch "Ein neues Menschenbild" übrigens sehr interessant... auch wenn es schon aus den frühen 2000ern stammt, also nicht mehr wirklich aktuelle Relevanz hat.

Kurzer Abschweif: Das Original ist das berühmte Milgram Experiment. Damals waren die Ergebnisse schon schockierend. Heutzutage würden Experimente von diesem Kaliber von keinem Ethikrat mehr ein grünes Licht bekommen... Zudem wurden im Nachgang auch viele Untersuchungen durchgeführt, um die verfälschenden Elemente bei Versuchen soweit wie möglich zu minimieren. So hat bspw. schon ein weiszer Kittel grosze Auswirkungen auf die Testpersonen...
 
Ich würde stutzen, wenn es andersherum wäre, und SdK auf einmal anfinge, Loblieder auf die Ausgewogenheit der SZ anzustimmen.
Kaum. Ich glaub ich habe es schon mal erzählt, aber es gibt da ne nette Anekdote von meiner Alma mater: in der Fach-Bib liegen eigentlich alle großen Tages- und Wochenzeitungen zum lesen aus. Allerdings nur bei der Aufsicht gegen Pfand abzuholen, weil all zu schelmische Studenten sonst gerne auf die Idee kommen könnten (und kamen...) das mitnehmen noch günstiger als ein Studentenabo ist. Nur die SZ liegt unbewacht im Raum...keiner käme auf die Idee die zu stehlen, das sagt schon alles 😀
Auch und insbesondere Heribert Prantl, der gerne mal davon palavert "auch der Salafismus gehört zu Deutschland" ist einfach nicht akzeptabel. Aber immerhin kann man ihn im worldwar Z an vordersten Front einsetzten: hirnfressende Zombies würden einfach verhungern. (und hinterher würde er was über Nenschrechtwidrige Behandlung eben dieser Zombies schreiben...) Den intellektuellen mindfuck den er (der Prantl, nicht der Zombie) produziert hat der Broder mal in einer für ihn ungewohnt sachlichen Weise (der kann wenn er will...) anschaulich dargelegt: http://www.welt.de/debatte/henryk-m...h-Heribert-Prantl-gehoert-zu-Deutschland.html


Ansonsten verwehre ich mich gegen den begriff Neokonservativ. Ich bin explizit NICHT konservativ. Denn wenn politische Richtungen die Winde sind die das Segelboot der Gesellschaft antreiben, dann ist Konservativismus nur der Ankerstein: er ändert nichts an der Richtung, sondern verlangsamt nur das Tempo.
ich aber will definitiv einen Richtungswechsel. Eine passende Bezeichnung für mich ist national-liberal (wo ich auch bei Polittypbestimmungen dauernd lande 😀 http://www.politicaltest.net/test/result/284162/ ), weil das ziemlich genau die Werte sind die ich für sinnvoll halte: die Nation als tragendes Fundament der Gesellschaft (entgegen der internationalistischen Politik) und Liberalismus in weitgehend allen Fragen.

Bezüglich Ideologie:
das Problem mit Ideologen (ich meine das wertfrei), ist die Verneinung des besseren Arguments, weil sie es niemals wertfrei betrachten sondern immer im Kontext desjenigen der es äußert. Im kleinen Schwanitz wurde dazu mal das wesentliche gesagt:
[...]Der Marxismus enthält eine Theorie über das Bewusstsein seines Gegners: Es ist notwendig falsch, weil seine Klassenlage, ihn dazu konditioniert, als Kapitalist zu denken. Bewusstsein ist also nur Maskierung von Interessen. Das ist auch beim Marxisten so, aber sei Interesse ist identisch mit dem der Menschheit selbst. Deshalb ist sein Bewusstsein das richtige.
Das hat eine furchtbare Konsequenz zur Folge: Es gibt kein unschuldiges Bewusstsein mehr. Bewusstsein ist moralisch oder unmoralisch. Wer das falsche Bewusstsein hat, macht sich schuldig. Das macht die Aufklärung zur heiligen Pflicht. Sie wurde Ideologienkritik genannt, weil im dialektischen Marxismus Ideologie immer falsches Bewusstsein ist (nach eigenem Verständnis war der Marxismus also keine Ideologie). In dieser Lage entwickelte fast jede Theorie eine Abteilung für allgemeine Verdächtigung aller anderen Theorien. Die Theorien waren sozusagen von Geburt an polemisch. Jede Theorie entdeckte bei der anderen latente (verdeckte) Strukturen, auf die hin sie sie relativieren konnte. Die Konkurrenz der Theorien untereinander wurde zum Spiel >>ich sehe was, was du nicht siehst, und das sind die Strukturen hinter deinem Rücken, die dein Denken konditionieren<<.
[...]
Die erste Aufgabe des Marxisten besteht deshalb in der Zerstörung des ideologischen Scheins. Ideologien erkennt man daran, das die Kapitalisten ihr Klasseninteresse als Interesse der Gesamtgesellschaft verkauften. Damit wird alle bürgerliche Kultur verdächtig. Und so wird der Marxismus zur hohen Schule der Demaskierung. Die Symbolsysteme der Zivilisation werden entlarvt. Das hat ganze Generationen von Detektiven hervorgebracht, die Gott und die Welt demaskiert und die Überführung von getarnten Unterdrückern zu ihrer Hauptbeschäftigung gemacht haben. Der universelle Ideologienverdacht verpasste dem Marxismus ein Immunsystem, weil es jeden Gegner zum Anwendungsfall der Theorie machte: Wer dagegen ist, ist ein Klassenfeind oder ideologisch verblendet.
Diese "Ideologiekritik" ist eines der Grundübel der modernen Welt. Die Kommunisten sind im Text genannt, weil sie diesen Unsinn eingeführt haben, mittlerweile machen es aber alle 'Ideologen': du sagst das nur, weil du links/rechts/rot/Grün/Braun bist usw.

Und du hast recht, in so einem Umfeld ist tatsächlich 'Politik' notwendig, weil eben das Sachargument gar nicht zur Geltung kommt. Aber diesen Zustand gilt es zu überwinden.

Denn dadurch gewinnt man Klarheit wohin die Reise gehen soll. Und das ist etwas, das Naturwissenschaft nicht leisten kann und wenn sie seriös ist auch nicht will.
Der Denkfehler besteht doch schon darin anzunehmen das es überhaupt eine Diskrepanz über das Reiseziel gibt. Du tust einfach so als wären dort die "guten Linken" die Wohlstand für alle wollen und dort die bösen Kapitalisten die alles nur für sich wollen und alle anderen sollen ruhig verrecken. Aber das ist doch Unfug. Menschen sind nicht böse. Ihre Motivation besteht (von wenigen Ausnahmen abgesehen) nicht darin vorsätzlich andere zu schädigen. Die meisten sind schlicht gleichgütig und die die was bewegen wollen, wollen immer das "richtige". Nur sind Menschen eben auch faul, dumm, egozentrisch und in ihrem handeln irrational (in verschiedenen Ausprägungen) so das die Ergebisse teils katastrophal sind.

Wenn du im Bundestag fragst ob es Ziel ihrer Arbeit ist "für möglichst viele Menschen in Deutschland möglichst viel Wohlstand zu schaffen", dann wird das flächendeckende Zustimmung finden. Ein Zielkonflikt als solcher existiert nicht. Wir sind diesbezüglich in post-politischer Zeit.
Es geht nur um den "weg" dorthin. Und das ist wieder eine rein wissenschaftliche Fragestellung, die Maxima die von God-O-thunder und shas'el weiter vorne erwähnt wurden.

Man kann es auch übertriebener formulieren: die Politik ist tot. Zumindest in Europa. die "großen Fragen'' gibt es hier nicht mehr bzw. die wurden beantwortet. Wir kennen das Ziel. nur gibt es mittel die geeignet sind dem näher zu kommen und welche die uns eher entfernen -wissenschaftliche Fragestellungen.
Woanders sieht das anders aus: bei den Türken z.B. ist wirklich grade Ideologiekonflikt: wollen wir nen muslimischen Gottesstaat oder ne westliche Demokratie. Das sind die beiden langfristigen Optionen, das die Sphäre des politischen.

Aber in Westeuropa ist das durch, hier wird verwaltet. Belgien hatte 541 Tage lang keine Regierung, hat bestens funktioniert. Böse Zungen behaupten die Politiker haben sich nur deshalb zusammengerauft bevor die Leute endgültig kapieren sie eigentlich vollkommen überflüssig sind.
Und Verwaltung lässt isch leicht an Maßstäben wie richtig/falsch gut/schlecht messen..

@Yinx
Selbiger sagte aber, dass die Modelle die zB die Physik benutzt überarbeitet werden müssten, da sie 80% des Universums mit unbelegter Dunkler Materie erklären würden.
Da das wohl nicht ganz verständlich war: gewisse astronomische Phänomene lassen sich nur erklären wenn die Masse des Universums etwa 5 mal höher wäre als zu beobachten ist. 80% der Masse müssen aber irgendwo sein. Nennt man dunkle Materie - wir sehen sie halt nicht. Quasi im Jahrestakt kommen neue Ideen (und werden wieder verworfen) wo diese Masse denn nun stecken könnte. Gibt nun halt zwei Möglichkeiten: entweder findet man irgendwann was das geeignet wäre, oder wir müssen Annehmen das Herr Newton und Herr Einstein unter gewissen Bedingungen (hier: enorm kleine Beschleunigungen) ihre unengeschränkte Gültigkeit verlieren.

Was aber auch nicht tragisch ist, schließich mussten wir seit Newton schon 3x in der Physik rumpfuschen: bei extrem hoher Geschwindigkeit (spezielle Reativitätstheorie), bei extrem hoher Masse (allgemeine Relativitätstheorie) und extrem kleinen Abständen (Quantenmechanik) gilt die Gravitation nur bedingt.
Auf jeden Fall wird es eine eindeutige Antwort geben, wir kennen sie nur noch nicht.

Aber auch 3 Ärzte können zu 3 unterschiedlichen Diagnosen haben und 3 unterschiedliche Physiker können 3 Meinungen bezüglich bestimmter Modelle haben.
Aber nur aufgrund fehlerhafter/mangelhafter Information.
Vor knapp 100 Jahren dachte man auch noch, man könne Vergewaltiger an ihren Ohrläppchen erkennen und Mörder an ihren Augenbrauen.
An dem Punkt missverstehst du glaub ich was: Wissenschaft ist nicht suche nach ewiger wahrheit - da sind wir bei der Religion. Wissenschaft ist primär eine Methode, ein vorgehen zur Erlangung sinnvoller Information. Das schließt Fehler nicht aus, hat aber im Gegensatz zu allen Alternativen (Religion Ideologie Esoterik) einen eingebauten Korrekturmechanismus.
D.h. Wissenschaft garantiert keine richtigen Entscheidungen ist aber die einzig sinnvolle vorgehensweise weil das Fehlerpotential am geringsten ist.

Simples Beispiel: es werden 10W6 geworfen und addiert. Du sollst vorhersagen welches Ergebnis steht. Und du musst ne Zahl nennen, kein drumrum reden. Der Pessimist sagt '18, ich würfle immer mies', der Optimist '52, wir würfeln nur 5+'. Der Endzeitapokalyptiker sagt "6, danach tut sich der Erdboden auf und verschlingt euch für die Blasphemie, wendet euch von Zahlen ab und Gott zu". Der Esoteriker "21, denn dies ist das Produkt der heiligen Zahlen 3 und 7". usw. Der Wissenschafter kann nur 35 sagen, da dies eben das Maximum der Normalverteilung ist.

Er muss nicht recht haben, trotzdem die einzig sinnvolle Art der Entscheidungsfindung.
 
Deine Kritik an der Ideologiekritik kann ich nachvollziehen. Eine Kritik, die dem jeweils anderen das falsche Bewusstsein attestiert und ihn somit mundtot macht, maßt sich selbst an, das richtige Bewusstsein zu besitzen. Allerdings kann die Ideologiekritik auch ins Positive gewendet werden. Das soziale Sein bestimmt nun mal das Bewusstsein und insofern ist die Frage nach dem sozialen Sein sinnvoll. Denn sie kann helfen, das Denken des jeweils anderen nachzuvollziehen. Allerdings nur zum Zweck der Erkenntnis und nicht um ihm dann „nachweisen“ zu wollen, das sein Bewusstsein das Falsche ist.

Der Mensch kann als Individuum die Welt nur in dem Maße wahrnehmen, wie sie sich ihm zeigt. Das Bild des Menschen ist notwendig immer eingeschränkt. Folglich kann er auch kein Weltbild vertreten, dass die Interessen aller abdeckt oder im Einklang mit dem Weltbild aller anderen Menschen ist. Das eigene Weltbild zu erweitern, erfordert Reflexionsfähigkeit und die Bereitschaft, sich mit der Sicht der Anderen auseinander zusetzen.

Der Mensch ist also subjektiv.

Nun kommen wir zur Ideologie. Sie ist in meiner Auffassung die Formulierung dessen, was werden soll auf Basis dessen, wie man die Welt wahrnimmt.
Wenn also Menschen sich über ihre Weltsicht austauschen, dann wird klar, wofür oder wogegen der Einzelne ist. Auf dieser Basis kann verhandeln und einen Interessenausgleich vornehmen. Das meinte ich damit, das Ideologie zu Klarheit führt. Ich meinte nicht das Verharren auf einer eigenen Subjektivität.

Ideologie ist Gestaltungswille. Das heißt, in drückt sich aus, wie nach der Ansicht dessen, der sie vertritt, die Welt gestaltet werden soll, nicht wie sie sein wird. Alles was sich mit wissenschaftlicher Prognose bewerkstelligen lässt, ist die Beschreibung eines zukünftigen Zustandes, der sich aus der Fortschreibung des Bestehenden ergibt. Daraus ergibt sich kein Gestaltungswille, denn dieser Zustand wird ja kommen, vorausgesetzt, die Prognose ist zutreffend. Darum geht es in der Politik nicht. Es geht darum, auszuhandeln, welche Zukunft wünschenswert ist oder nicht und nicht darum welche Zukunft eintreten wird oder nicht.

Wer also für Ideologiefreiheit eintritt, tritt automatisch auch dafür ein, keine Wünsche mehr an die Zukunft zu richten. Ideologie ist nicht per se schlecht. Sie ist nur dann ein Problem, wenn sie Dinge als gegeben annimmt, die nicht gegeben sind. Aber Kritik an der Ideologie, weil sie Zukunftsvisionen formuliert, ist keine ernstzunehmende Kritik. Denn sie verkennt, dass die Formulierung von Zielen in der Zukunft immer spekulativ sind und nie auf Fakten beruhen können, sondern immer auf Grundannahmen.

SdK, du verkennst Lage in Europa, wenn du meintest, die Fragen der Zeit seien entschieden. Das Enden der Geschichte wird nie eintreten. Es wird immer neue Konflikte geben, die in der einen oder anderen Weise entschieden werden. Dei Frage ist nicht ob Politik gemacht wird, sondern wo. Es kam zu allen Zeiten vor, das Macht sich von alten einst mächtigen Institutionen hin zu anderen neuen verschoben hat. Wenn in den Parlamenten nicht mehr die Fraen der Zeit verhandelt werden, heißt das nicht, dass diese Fragen überhaupt nicht mehr verhandelt werden, sondern nur, dass sie andernorts verhandelt werden. Um in deinem Bild zu bleiben, z.B. in der Verwaltung. Und wenn das Spiel lang genug gespielt wird, wird sich auch eine Herrschaftsideologie entwickeln.


Dein Würfelbeispiel ist schlecht. Denn wo bitte schön, kann ein Wissenschaftler sagen, dass er das Ergebnis eines einzelnen Würfelversuches rationaler vorhersagen kann? Er ist darauf angewiesen, wie alle anderen zu raten, denn er kann nicht vorhersagen, welches Ereignis eintritt. Die einzig rationale Herangehensweise wäre hier, zu bekennen, das es keine rationale Möglichkeit gibt, das Ergebnis des Versuches vorherzusagen. Denn egal wie man nun begründet, welche Zahl am Ende herauskommt, die Wahrscheinlichkeit, ist für alle Ergebnisse gleich.
 
Das chronologische Abarbeiten wird jetzt wohl ein bisschen schwieriger 😛
Das darf sie aber und das bestreiet ich auch nicht. Es ist aber notwendig, auf dem Meinungsbasar machmal lauter zu schreien und Positionen zuzuspitzen um auf ein Problem aufmerksam zu machen. Das tun übrigen auch die anderen Blätter. Grade solche des Springerverlages.
Gut, wenn du glaubst, ich wollte den Willen zur inhaltslosen Schlagzeilenproduktion jetzt alleine der SZ in die Schuhe schieben, kam das in den falschen Hals. Prinzipiell tun das natürlich alle Massenmedien. Ganz besonders die BILD, ich hatte sie ja auch als Negativbeispiel erwähnt.
Das sie das dürfen, rein juristisch, ist ein anderes Thema als die Frage, ob man das so auch gut findet. Gerade die besonders großen Zeitungen sind in der Lage, schnell Meinungen zu prägen, die nicht mehr von eigener Seite aus relativiert werden. Für halbwegs reflektierte Menschen wie dich oder mich ist es ein leichtes, einen Artikel gemäß seiner Sachlichkeit, seiner Subjektiv und überhaupt seines Inhalts zu bewerten, aber das können einfach nicht alle, bzw. wollen einfach nicht alle, um mich jetzt mal nicht selbst zu erhöhen. Das führt zu diesen schwarz-weiß Diskussionen, die einfach so gut wie nie zielführend sind.
Ich finde sie da angebracht wo sie hingehört, nämlich in den Feuilleton. Solange nicht Grenzen zwischen reiner Berichterstattung und Kommentar verschwinden, ist im Kommentar auch Polemik erlaubt. Prvokation gehörte schon immer zum Handwerkszeug der Debatte.
Medien besitzen aber auch einen Bildungsauftrag, den sie immer stärker vernachlässigen. Ich kann einen Kommentar verfassen, in dem ich meine Position klar mache, trotzdem aber versuche reflektiert zu bleiben und sachlich zu argumentieren, das wird aber selten getan. Meistens wird gehetzt, da werden Emotionen aufgekocht und Quellen und Fakten werden einfach in der Schublade gelassen. Der moderne Kommentar verfolgt immer nur das Ziel sich bestmöglich zu verkaufen und dazu muss es im Leser ordentlich brodeln. Über diese ökonomische Fixierung haben die großen Zeitungen einfach vergessen, dass sie auch verantwortlich dafür sind, den Deutschen vernünftige Informationen und Nachrichten zu teil werden zu lassen.
Ich glaube nicht, dass wir uns in einem postideologischen Zeitalter befinden und der Gestaltungswille hat auch was für sich, aber die Zeitungen handhaben die Artikel und Kommentare ihrer Journalisten frei nach Schnauze, schauen bloß was sich aktuell besser verkauft und verzerren dadurch die Wirklichkeit. Der Artikel "Der Herrenwitz" über den so viel diskutiert wurde, war zum Zeitpunkt seines Erscheinens zB über ein Jahr alt. Und über die Jagd nach Schlagzeilen wird oft noch ins tote Reh geschossen, wie es zum Beispiel bei Wulff der Fall war. Lange nachdem die Medien ihrem "detektivischem" Auftrag nachgekommen waren, wurden noch hässliche Details über Wulff ans Licht gezerrt, die längst nichts mehr mit dem Fall zu tun hatten, einfach nur weil es sich im Zuge des Diskurses gut verkauft hat.

@dunkelgelfluegel: Danke für die Infos, sehr interessant. Hab gelesen das Experiment wurde letzte mal sogar 2009 als Variation durchgeführt.

SdK ich teile deine Kritik an Ideologien absolut, ich bin überhaupt kein Fan von eingefahrenen Sichtweisen. Ich selbst bin in der Lage Fehler zu einzusehen und mich im Zuge einer Diskussion eines Besseren belehren zu lassen, wenn die Argumente gegen mich sprechen und gerate daher immer regelrecht in Rage, wenn mein Gegenüber dazu nicht in der Lage ist. Das beste Schlussargument war einmal "Das ist halt so" und ich habe bestimmt eine halbe Stunde drum herum argumentiert und immer den selben Satz zu hören bekommen, ehe ich es dann habe sein lassen. Frei nach Nietzsche: "Die Überzeugung ist ein größerer Feind der Wahrheit als die Lüge."
Aber nur aufgrund fehlerhafter/mangelhafter Information.
Und genau das ist der Punkt. Es gibt beinahe niemals vollständige Informationen und schon gar nicht aus einer einzelnen Quelle, auch nicht in der Naturwissenschaft. Die Gesamtzahl der Variablen ist gerade in großen politischen Fragen unermesslich und daher gibt es auch keine einzige, richtige naturwissenschaftliche Lösung für ein Problem. Das heißt nicht, dass ich per Religion oder Ideologie auf der Suche nach der ewigen Wahrheit bin, im Gegenteil. Im Zweifelsfall würde ich immer dem naturwissenschaftlichen Argument den Vorzug geben, aber du hast es selbst gesagt, Wissenschaft ist primär auf der Suche nach sinnvoller Information. Hätte man alle Informationen müsste man nicht weitersuchen. Deshalb beruht unglaublich viel in der Wissenschaft auch nur auf Mutmaßung und Ableitung, also eben auch Statistik. Man muss dabei auch bedenken, dass Naturwissenschaftler genau wie jeder andere Mensch nicht frei von Ideologie sind, daher mein Beispiel mit dem Atomphysiker und dem Solarforscher, die jeweils eine komplett andere Meinung und Überzeugung haben werden. Und Ideologie wird wiederum ihre Ergebnisse verfälschen, da sie primär nur nach Belegen für ihre Theorien suchen und nicht nach Gegenbeweisen. Und auch wenn ich dein Beispiel mit der dunklen Materie erst falsch verstanden haben mag, ändert auch deine nachträgliche Erklärung daran nichts, dass hier einfach Informationen fehlen und es dadurch Erklärungslücken gibt. Dennoch werden diese Systeme als 100% bewiesen gehandhabt und stellen die Basis für alle weiteren Überlegungen.

Das Würfelbeispiel ist wirklich kritisch und auch wenn KP recht hat und bei einem einzelnen Wurf genau genommen jedes Ergebnis mit gleicher Wahrscheinlichkeit möglich ist, muss man hier doch erwähnen, dass die Chance auf bestimmte Ergebnisse im Vorfeld dennoch höher ist. Bei 2W6 zB ist ein Ergebnis von 8 wahrscheinlicher als ein Ergebnis von 2, da es für 2 nur 1+1, für 8 aber 2+6, 3+5, 4+4, 5+3, 6+2. Deshalb lag der Räuber bei Siedler von Catan auf der 7. 😉 Für einen einzelnen Wurf ist die Chance dennoch gleich hoch.

Mit Knight-Pilgrims vorherigem Post stimme ich ansonsten aber weitgehend überein, auch wenn ich kein Freund von Ideologien bin und SdKs Kritik daran teile, aber eine Welt ohne Ideologien ist einfach nicht möglich/ vorstellbar. Jemand der kein subjektives Ziel mehr verfolgt, am besten Fall noch ein egoistisches, wird zum Stillstand kommen und jede Motivation zum Handeln verlieren. Auch die Vorstellung man habe keinerlei Ideologie ist eine Ideologie, die ich, so fürchte ich, zumindest in Teilen für mich in Anspruch nehmen muss und die übrigens in ihrer extremsten Ausprägung genau wie der Marxismus neben sich keine andere Ideologie akzeptieren kann und daher jegliche Überzeugung verneinen muss.
SdK hat aber auch nicht unrecht wenn er sagt, dass viele der großen Fragen einfach bereits beantwortet worden. Über diesen Mangel an Problemen werden neue erschaffen und durch verdrehte Ideologien Löcher ins stabile Fundament gesprengt. Nicht, dass eine Frauenrecht-Debatte prinzipiell Unsinn ist, aber die spitzen Ausmaße die es annimmt, sind nur mehr lächerlich. Ich sage nur Uta Brandes, die fordert, dass man Kirchbögen baut, weil die phallischen Kirchtürme die Städte gerade zu penetrieren würden.
 
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[...]eine Welt ohne Ideologien ist einfach nicht möglich/ vorstellbar. Jemand der kein subjektives Ziel mehr verfolgt, am besten Fall noch ein egoistisches, wird zum Stillstand kommen und jede Motivation zum Handeln verlieren[...]
Das stimmt allerdings. Leider? Vielleicht müssen wir uns evolutionär zu höheren Wesenheiten weiterentwickeln, solchen wie sie der Crew der Enterprise öfters mal auf ihren Reisen begegnet 😉, dann kommen wir vielleicht auch ohne Ideologie aus 😀!
 
Ich find das zwar alles hochgradig interessant hier, aber einen Einwurf möchte ich bringen.

Wissenschaftliche Methoden bedürfen immer einer Modellbildung des gewünschten Problems. Dieser inheränte Vorgang wertet bereits in gewisser Weise in wichtige und zu abstrahierende Faktoren und ein paar Grundannahmen.
Und nehmen wir einmal an, das über die Art des Problemmodells fachliche Einigkeit besteht so heisst es nicht, daß das Problem eine Lösung besitzt. Auch wissenschafltiche Fragestellungen müssen nicht lösbar sein.
Darüber hinaus müssen Lösungen nicht eindeutig sein. D.h. auch sollte eine Lösung existieren heisst es nicht, daß es die einzige ist.
Aber die Politik muss nun entscheiden welche Lösung umgesetzt wird.

Und das schlimmste ist, es kann sein, daß man noch nicht mal weiss ob eine oder keine Lösung existiert.

In der Wissenschaft wählt man häufig dasjenige Modell welches auch Aussagen treffen kann, also (meistens eindeutige) Lösungen hat. Das heisst aber nicht, dass das auch die Modelle sind, welche am exaktesten die Realität wiederspiegeln.

Wissenschaft ist für mich vor allem Erkenntnisgewinn. Ich bin sehr vorsichtig dabei, zu sagen, daß es für die menschlichen/politischen Probleme eine wissenschaftliche Lösung gibt. Da ist mir zuviel unbekannte Modellbildung dabei, um eine Aussage über die Richtigkeit irgendeiner Entscheidung zu treffen. Zumal die Verifikation eines Modells so schwierig ist.
Deswegen halte ich mich aus ökonomischen Themen auch eigentlich heraus. (Für mich lügen die alle).

Was ich aber sagen wollte ist, wissenschaftliche Problemlösungsstrategien heisst nicht dass ein Problem wirklich gelöst ist, oder gar zu lösen ist. Da geht ihr mMn. irr.

Grüße
 
Dein Würfelbeispiel ist schlecht. Denn wo bitte schön, kann ein Wissenschaftler sagen, dass er das Ergebnis eines einzelnen Würfelversuches rationaler vorhersagen kann? Er ist darauf angewiesen, wie alle anderen zu raten, denn er kann nicht vorhersagen, welches Ereignis eintritt. Die einzig rationale Herangehensweise wäre hier, zu bekennen, das es keine rationale Möglichkeit gibt, das Ergebnis des Versuches vorherzusagen. Denn egal wie man nun begründet, welche Zahl am Ende herauskommt, die Wahrscheinlichkeit, ist für alle Ergebnisse gleich.

Sorry, ich dachte in einem Tabletopforum wäre man bei sowas etwas fitter, sonst hätte ich das weiter ausgeführt. 😀 Die Chance auf die Ergebnisse sind nämlich definitiv nicht gleich sondern folgen einer gaußschen Normalverteilung, wobei 10 und 60 mit Abstand die seltensten Ergebnisse sind (1/6^10) während 35 ein Maximum bildet.
Und du hast recht das man, wenn man den Wissenschafter ausführlich reden lassen würde, er sagen würde "OK, man kanns nicht sagen, aber wir haben 51 verschiedene Szenarien mit 26 verschiedenen Häufigkeiten, von denen das Szenario "35" am häufigsten eintreten wird."
Aber das habe ich ja in dem Beispiel bewusst ausgeschlossen: auch der Wissenschaftler muss sich bewußt für eine Zahl entscheiden. Und auf Basis der vorhandenen Hintergrundinformationen gibt es keine andere rationale Antwort als 35.

Wir können das auch auf die 2W6 vereinfachen: wenn du tippen musst welches Ergebnis mit 2W6 gewürfelt wird, ist 7 der einzig rationale Tipp, einfach weil die 7 in 16,7% der fälle kommen wird, während die nächstbesten Tipps (6 und 8) nur je eine 13,9%ige Chance haben.

Wir alle wissen aus dem Spiel das natürlich andere Ergebnisse kommen können, was aber nix daran ändert das es nur eine "wissenschaftliche" Antwort gibt wenn dich jemand fragt "Was glaubst du welche Zahl als nächstes mit 2W6 erwürfelt wird." Und die lautet eben "sieben".

Und jetzt erweiteren wir das Beispiel etwas: stellen wir uns vor jede Frage die sich nur irgendwie stellt würde lauten "welches Ergebnis zeigt der nächste 2W6 Wurf". Je mehr richtige Prognosen/Treffer wir haben desto besser. Desto näher sind wir an Utopia/Star Trek/funktionierendem Kommunismus.

wird es jetzt deutlicher worauf ich hinaus will? Derjenige der immer "7" sagt (=wissenschaftlich vorgeht) wird zwangsläufig mehr Treffer haben als jede andere Form der Prognose.


Der Mensch kann als Individuum die Welt nur in dem Maße wahrnehmen, wie sie sich ihm zeigt. Das Bild des Menschen ist notwendig immer eingeschränkt.
Und dazu passend von yinx:
Man muss dabei auch bedenken, dass Naturwissenschaftler genau wie jeder andere Mensch nicht frei von Ideologie sind, daher mein Beispiel mit dem Atomphysiker und dem Solarforscher, die jeweils eine komplett andere Meinung und Überzeugung haben werden.
Es ist vollkommen richtig: Meschen, also auch Wissenschaftler sind immer subjektiv. Entsprechend können auch einzelne Anschauungen fehlerhaft sein. Aber das betrifft Wissenschaft als ganzes nicht.
Wissenschaft ist das einzige "Welterklärungsmodell" mit eingebauter Fehlerkorrektur. Im Grunde ihres Herzens sind gute Wissenschaftler missgünstige bitches: sobald jemand ne gute Idee hat und diese zu Papier bringt suchen sie das Haar in der Suppe und mäkeln rum warum das alles nicht geht. Und nur wenn keiner was zu meckern findet, nur dann findet das ganze als "Theorie" Eingang ins wissenschaftliche Handwerkszeug.
Darwins Evolutionstheorie gilt heute nicht als "DAS" Modell zur Erklärung der biologischen Entwicklung weil Darwin nen schönes Buch geschrieben hat wie es gewesen sein könnte, sondern weil keiner seiner Leser, von denen ihn die meisten anfangs nicht mochten, irgend einen stichhaltigen Grund gefunden hat warum es so hätte nicht ablaufen können.

Deshalb werfe ich z.B. den Grünen auch stumpfe Ideologie (im Sinne von Dogmatismus) vor: es geht rein ums Dogma "Atom weg" oder "Gene böse".
wissenschaftliche herangehensweise wäre "es gibt Risiken, wie eleminiert man sie". Wie verbessere ich existierende Modelle? Wie vertiefe ich wissen?
Aber das interessiert nicht: Atome und Gene böse - Aber warum denn? - Hör sofort auf zu fragen! Das erwähnte Hannovergen ist da ein wunderbares und extremes Beispiel (die rot/grüne Regierung beendet ein Projekt das Schülern die Grundlagen von Gentechnik näherbringt. Aufklärung im klassischen Sinne "wie funktioniert das eigentlich was ist das überhaupt - die Sendung mit der Maus: wer wie was? Begründung dafür es abzuschaffen: das schafft ja Akzeptanz für Gentechnik!" http://scienceblogs.de/astrodicticu...rsachsen-schafft-schulerlabor-hannovergen-ab/

Das ist im Grunde nicht anders als religiöse Dogmen über die man den Kopf schüttelt: "In der Bibel steht die Welt ist 6000 Jahre - JA aber warum denn? - halt die Klappe und glaube!" gleiches Schema....

Und um den Bogen zu Mollath zu bekommen: in der grade in Leserkommentaren geäußerten Expertisenfeindschaft schimmert genau dieser Dogmatismus durch: die Glaubenssätze lauten: alles böse Seilschaften und sowieso alles kriminelle Amigos. Ergo muss Mollath das unschuldige Opfer sein.
Sämtliche Zwischenfragen warum man denn um den Typ so nen Hermann machen sollte werden ebenso abgebügelt wie die dezente Zwschenfrage wo denn überhaupt der Widerspruch besteht. Warum soll Mollath nicht recht mit der Schwarzgeld-sache haben können und trotzdem dein durchgeknallter Irrer sein den man besser wegsperrt? Aber nö, das Dogma steht felsenfest: weil es stimmt mit dem Schwarzgeld MUSS er weggesperrt worden sein, ergo ist er unschuldiges Opfer. Wie soll man dagegen argumentieren? Geht bei geschlossenen Glaubenssätzen nicht...
 
Die Expertenfeindlichkeit kommt aber auch nicht von ungefähr. Wenn es der Wahrnehmung entspricht, dass sich Experten zunehmend am eigenen Vorteil und nicht an Wahrhaftigkeit orientieren, dann gerät der Stand des Experten in Verruf. Und es gibt solche Leute, die sich hinter DEckmäntelchen des unvoreingenommenen unabhängigen Wissenschaftlers verbergen, um interessegeleitete Politk zu betreiben. Sicher tut man dem Gros der Wissenschaftler damit unrecht. Es gibt Wissenschaften, die sind durch die eigene Methode von Natur aus angreifbarer sind als andere. Psychologie z.B. oder die WiWi, aber auch die Geschichtswissenschaften. Diese Wissenschaften können ihren guten Ruf eigentlich nur dadurch wahren, indem sie institutionell alles tun, um auch nur den Verdacht von politischer Vereinnahmung und Abhängigkeit zu verhindern. Was erwartest du denn, wenn in einem Streit zwischen Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften über die Ausgestaltung von Tarifen, sich ausgerechnet Wissenschaftler im Sinne der Arbeitgeber zu Wort melden, die auf der Gehaltsliste der Arbeitgeberverbände stehen? Wes Brot ich ess, des Lied ich sing. Unter solchen Umständen ist eine unabhängige Expertise schlicht nicht möglich. Vor Gericht würde das Befangenheit heißen. Und um genau das geht es im Falle Mollath. Ob die Gutachter befangen waren und ob der Richter befangen war. Das hat nichts mit Dogmatismus zu tun. Das hat auch nicht die gleiche Qualität, wie die oben diskutierte Ideologiekritik.

Ob Atomkraft oder die Geschichte mit Hannovergen. Es geht nciht darum, dass Atome oder Gene böse sind. Das ist nämlich eine Unterstellung von dir. Gntechnik steht aus politisch geesellschaftlcihen Gründen in der Kritik. Genau wie Atomkraft. Und wenn eine Partei, im Falle von Hannovergen die Gentechnikbranche im Schulunterricht Einfluss auf Schüler nimmt, dann ist das kritisch. Denn auch wenn sie schreiben ,sie diskutierten ethischen Fragen, heißt das noch lange nicht, dass auf die konfliktträchtigen zu Sprache kommen. Ich möchte keinem Konzern langfristig die Kontrolle über den Markt für Saatgut einräumen. Denn es ist eine Frage von Machtverteilung. Da ist eigentlcih egal, was genau die Pflanze ausmacht. Mir reicht es zu wissen, wie Monsantos Geschäftsgebahren ist und was es bedeutet, wenn jemand mit reinem Profitinteresse das Monopol über ein lebensnotwendiges Gut hält, um deshalb diese Technologie abzulehnen. Genauso verhält es sich mit der Atomkraft. Sie ist weder eine sinnvolle Brückentechnologie, noch kann man sie sinnvoll kommunal und dezentral betreiben. Sie erfordert ein Monopol. Ich könnte mit ihr wohl leben, wenn das Monopol in öffentlicher Hand wäre. Aber solange private Profitinteressen die Kontrolle darüber haben, bin ich für jede Alternative, die dieses Monopol zunichtemacht, offen. Es sind bie mir und vielen, die gegen diese beiden Dinge sind, mitnichten nur naturwissenschaftliche Einwände, sondern eben primär Einwände gegen allzu mächtige Kapitaleigner, die mit diesen beiden Technologien verknüpft sind. Und im Speziellen sind es bei der Atomkraft solche Dinge wie die Privatisierung von Gewinnen und Sozialisierung von Risiken und Verlusten, die mich ärgern.
 
Ob Atomkraft oder die Geschichte mit Hannovergen. Es geht nciht darum, dass Atome oder Gene böse sind. Das ist nämlich eine Unterstellung von dir. Gntechnik steht aus politisch geesellschaftlcihen Gründen in der Kritik. Genau wie Atomkraft.
Oh doch, genau darum geht es den Grünen und Greenpeace in diesem Fall (HannoverGen)! Denen sind die Meinungen der Schüler und Lehrer (beide fühlen sich nicht durch die Genlobby beeinflusst, letztere sollten als Kollektiv [wenigstens einem Lehrer sollte es auffallen] studierter Menschen eine Beeinflussung durchaus erkennen, sagen aber, dass es neutraler Unterricht ist) total egal, es geht nur darum die Ideologie durchdrücken. Die Schüler die empört waren, dass ihnen diese Möglichkeit genommen wurde, haben es schon richtig erkannt, man will nicht dass sie lernen, sie sollen unwissend bleiben und bloß nicht auf die Idee kommen, dass grüne Gentechnik nützlich sein könnte. Das ist der Rückschritt, weg von den wissenschaftlichen Fortschritten, zurück zu alten Zeiten, von dem ich ein paar Posts vorher sprach.

Edit: Zudem steht es nur deshalb gesellschaftlich in der Kritik, weil die Grünen, Greenpeace und Co. die Bevölkerung verdummen. Ich sehe es leider in meinem Umfeld, man liest ausschließlich Magazine und Zeitungen die diesen Gruppierungen nahe stehen, wenn ich dann das Thema HannoverGen anspreche, heißt es nur "Ich glaube ich habe genug zu dem Thema gelesen und kann beurteilen, dass das schon richtig so ist (dass es eingestellt wird).". Dabei haben diese Menschen niemals auch nur einmal ein Argument der Gegenseite wirklich verfolgt, erst recht keine wissenschaftliche Quelle, nur populistisch aufbereitete Artikel in Zeitungen. So kommt es dann auch, dass über 70% der Niedersachsen gegen die grüne Gentechnik sind. Das sind sie nicht, weil sie sich einigermaßen fundiert eine Meinung gebildet haben, sondern weil man sie einseitig mit den Argumenten einer Seite bombardiert hat. Es geht den Grünen gar nicht darum zu ermitteln, wie man ein solches Labor wie das von HannoverGen, den Schülern als neutrales Lernmittel zur Verfügung stellen kann, es geht nur darum Gene=Böse also Einstellung der Unterstützung des Projekts. Wäre es anders, hätte man diese enorm fortschrittlichen Schullabore weiterhin gefördert, aber die Lehrmethode geändert, wenn sie denn so schrecklich von der bösen Genlobby beeinflusst war.
 
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Zudem steht es nur deshalb gesellschaftlich in der Kritik, weil die Grünen, Greenpeace und Co. die Bevölkerung verdummen. Ich sehe es leider in meinem Umfeld, man liest ausschließlich Magazine und Zeitungen die diesen Gruppierungen nahe stehen, wenn ich dann das Thema HannoverGen anspreche, heißt es nur "Ich glaube ich habe genug zu dem Thema gelesen und kann beurteilen, dass das schon richtig so ist (dass es eingestellt wird).". Dabei haben diese Menschen niemals auch nur einmal ein Argument der Gegenseite wirklich verfolgt, erst recht keine wissenschaftliche Quelle, nur populistisch aufbereitete Artikel in Zeitungen. So kommt es dann auch, dass über 70% der Niedersachsen gegen die grüne Gentechnik sind. Das sind sie nicht, weil sie sich einigermaßen fundiert eine Meinung gebildet haben, sondern weil man sie einseitig mit den Argumenten einer Seite bombardiert hat.
Womit du noch einmal sehr gut aufzeigst, was ich mit meiner Kritik an dem aktuellen Mediensystem und der darin herrschenden Polemik meinte. Ich habe dem in der Art nichts weiter hinzu zu fügen.
Mittlerweile entsteht bei mir der Eindruck, dass wir alle bloß um einen großen, heißen Teller Kartoffelbrei herum diskutieren und niemand zu erst zugreifen mag. Die Argumente nähern sich immer weiter an, deshalb wird der Diskussionsgegenstand immer weiter ausgelagert. Aber das ist ja eigentlich positiv zu werten. 😉