Der Fall Gustl Mollath

SdK. Es zwexklos, mit dir darüber zu diskutieren. Denn du erhebst das, was du für richtig hältst zum Fakt und sprichst jedem Einwand dagegen die Rationalität und Schlüssigkeit ab. Es gibt keine absolute Sicherheit. Die Kosten sind keineswegs so gering. Würden Kraftwerksbetreiber nicht die Ewigkeitskosten auf die Gesellschaft abwälzen, wäre der Strom nicht so schön billig. wir bezahlen also über den Umweg Steuern für die die höhern Kosten. Was du als Sachstand beschreibst, ist nicht der Sachstand, sondern lediglich die Argumentationslinie der Atomstromverfechter. Also lassen wir das.
 
Wenn aber andersherum die Mehrheit dafür ist, unsere Energieversorgung anders zu gestalten, nun dann können die Konzerne sich auf den Kopf stellen und Zeter und Mordio schreien, daraus erwächst ihen keine höhere Kompetenz darin, zu entscheiden was für das Allgemeinwohl das Beste ist.[...]Ob die Gesellschaft sich nun dafür entscheidet, dass das Risiko akzeptabel ist oder eben nicht, das kann nur über Konsensfindung geschehen, wenn die Entscheidung Bestand haben soll..
Das sehe ich anders. Ich kann das Gemeinwohl der Menschen durchaus auf Basis der Menschenrechte und menschlichen (Grund-)Bedürfnisse herleiten. Wenn ich also nun sehe, dass alle möglichst gesund leben sollen, dies nur in unserer technisch hoch entwickelten Welt geht und diese Technik viel Energie verbraucht, dann müsste ich mich für die wissenschaftlich am idealsten geeignete Energiegewinnung entscheiden. Auch entgegen der Wählermeinung, die vielleicht gerade aus dem grünen Lager beeinflusst ist und Atomkraft oder Gentechnik für Teufelswerk hält. Kann ich mit Naturwissenschaftlichen Belegen darlegen, dass dies die beste Energieform ist, wenn man sie betrachtet und dabei alle Ideologien ausblendet, dann handle ich verantwortungsvoll und im Sinne des Wählers. Das geht nur mit Fachwissen.

Nett auch, nur so am Rande: Ich schaue gerade in den Wikipedia Artikel zu "Gemeinwohl" und in den ersten Sätzen wird gleich erwähnt, dass eine große Streitfrage ist, ob man das Gemeinwohl "finden" kann, also per Formel, oder ob es eher ein Interessenausgleich ist. Ich denke wir vertreten hier in dieser Diskussion jeweils diese beiden Standpunkte und werden uns da auch nicht mehr einig.
 
NGF, Man kann das Verhalten einzelner Menschen durchaus erklären und vorhersagen, wenn man die genauen Gegebenheiten in der entsprehenden Situation kennt und auch seinen Lebensweg, seine Prägung etc. kennt. Das geht vielleicht auch noch für einzelne Gruppen die ein gemeinsames Interesse haben. Aber niemals für eine Gesellschaft im Allgemeinen. Schon die Verwendung des Begriffes Gemeinwesen ist eine rein geistige Setzung, die voraussetzt, das es soetwas überhaupt gibt, eine Prämisse, die sich nicht beweisen lässt. Alles weitere ist dann eben auch eine Zuschreibung, wie dieses Gemeinwesen auszusehen habe. Ist also eine Formulierung eines Idealzustandes, etwas das es in der Naturwissenschaft nicht gibt.Die von dir angeführten Menschenrechte sind solch ein Beispiel. Sie gehen davon aus, dass der Mensch eine Art ist, die sich fundamental von allen anderen Arten unterscheidet und sich daraus ureigenste Rechte ableiten. Die Menschenrechte lassen sich aber nicht aus der Natur ableiten und sind immer gültig. Sie haben nur da Gültigkeit, wo sie auch mehrheitlich akzeptiert werden. Schon die Formulierung von menschlichen Grundbedürfnissen ist schwierig. Sind sie schon gedeckt, dadurch, dass jemand ein Dach über den Kopf und genügend Nahrung hat? Oder brauch er vielleicht Geselligkeit? Oder Luxusgüter? Bücher, um seinen Geist zu beschäftigen? Was macht den Menschen zum Menschen? Das sind fundametale Fragen, deren Anworten sich nicht aus der biologischen Existenz heraus ableiten lassen. Im Prinzip stehen du NGF und SdK auf einem völlig apolitischen Standpunkt. Lasst die Experten machen, die wisse, was das Beste ist. Damit habt ihr eine dreifache Rolle rückwärts hinter Kants Forderung: "sapere aude, habe Mut dich deines eigenen Verstandes zu bedienen..." getan. Und interessanterweise nähert ihr euch da erstaunlich der marxistischen Theorie an, dass die Entwicklung der Menschheit streng gesetzmäßig sich zum Besseren wandelt, wenn man nur wissenschaftlich vorgeht. Genaugenommen stellt der Marxismus- Leninismus nichts anders dar als die Jagd nach genau dieser Formel. Was er hervorgebracht hat, nun ja, der 17. Juni hat sich mal wieder gejährt.

Nur noch ein letzer Einwand in Bezug auf Gentech und Atomkraft. Es gibt nicht die aus sich heraus beste Anwendung dieser Technologien. Was das Beste ist, hängt davon ab, was man damit bezwecken will. der Zweck aber ist wieder einmal etwas, das sich nicht aus der Natur der Sache ergibt, sondern daraus was Mensch will. Das heißt nicht, dass Atomkraft per se schlecht ist. Im Gegenteil, wenn die Risiken und Folgen im Verhältnis zum beabsichtigten Zweck stehen, dann ist beise sinnvoll. Der Zweck selbst aber ist es, der strittig ist und das gilt auch für alle zukünftigen und vergangenen Technologien. Sie sind Mittel zum Zweck. Und der Zweck war, ist und wird immer eine gesellschaftliche Frage sein. Und da gibt es keine Autoritäten. Darüber kann man nur selbst befinden, ganz subjektiv aber trotzdem rational.
 
Darüber kann man nur selbst befinden, ganz subjektiv aber trotzdem rational.
Und da, denke ich, ist der Trugschluss. Viele Leute entscheiden subjektiv, mit rationalen Argumenten, aber auf Basis falscher Informationen. Wieder unser Beispiel von Atomenergie oder Gentechnik. Die Argumente warum sie dagegen sind, sind doch meistens die gleichen, wie bei Menschen die Atomenergie befürworten. Man möchte eine Energiegewinnung die möglichst Risikoarm ist (und nicht zu viel kostet), die Gegner der Atomkraft sind dabei nur leider falsch informiert, von ideologischen Standpunkten in unserer Gesellschaft. Um ihnen aufzuzeigen, welche Mittel die richtigen sind um ihren Zweck zu erreichen, muss man diesen Menschen mit wissenschaftlichen Fakten begegnen. Da es schwer möglich ist, dass sich jeder Wähler in jedes Fachgebiet selbst einliest und auch der Politiker dies nicht schafft, ist die beratende Tätigkeit der Experten unumgänglich. Die richtigen Mittel für den Zweck zu finden, ist in solchen Fachgebieten nicht anders möglich und die Wähler liegen oftmals mit ihrer vermuteten Lösung falsch, da sie nicht über das Fachwissen verfügen, wollen aber trotzdem das Ziel erreichen, welches sie befürworten. Wer also Angst vor riskanten Technologien hat, aber am Ende trotzdem ein Ziel erreichen will, für das es eine solche Technologie benötigt, muss den Fachmann für sich entscheiden lassen, welche Technologie das Mittel der Wahl ist.
 
Im Endeffekt spielen bei solchen Entscheidungen auch längst nicht nur naturwissenschaftliche Faktoren eine Rolle. Ein nur durchschnittlich informierter Wähler kann in den meisten Punkten eigentlich gar nicht wissen was das beste für ihn oder für die Gesellschaft ist und auch nicht, wie das durchgesetzt werden sollte. Um mal bei dem Atomstrombeispiel zu bleiben: Nach Fukushima ist die Forderung nach der Abschaffung von Atomstrom ja besonders laut geworden, jeder zweite hat sich einen "Atomkraft? Nein danke!"-Aufkleber aufs Auto geklebt und ein paar besondere Spezis haben sogar angefangen sich Geigerzähler zu kaufen. Mit Verweis auf Fukushima wurde hier in Deutschland argumentiert, wie gefährlich Atomkraft sei, während die Kernkraftwerk-Leiche der Japaner noch nicht mal lauwarm war. Ein Großteil der Bevölkerung war, medial und durch Fukushima, aufgerüttelt und urplötzlich radikal gegen Atomstrom.
Dabei können die Wähler überhaupt gar nicht wissen, ob das gut ist oder nicht. Was hat es für Auswirkungen auf die Strompreise? Auch in der Entwicklung der nächsten zehn Jahre? Was hat das für eine Auswirkung auf Deutschlands Strom Export? Wie lange laufen eventuelle Exportverträge? Wie lange die Verträge mit der Atomlobby? Wie sieht die ökonomische Situation aus? Was kostet die Abschaltung und Stilllegung der Atomkraftwerke? Was geht dabei an Arbeitsplätzen verloren, die ersetzt werden müssen? Was bedeutet die Abschaltung für Infrastruktur und Ökonomie der Region? Reicht Deutschlands Stromerzeugung, auch mit Nachtstrom, überhaupt ohne die Atomkraftwerke? Müsste Strom importiert werden? Müssen neue Kraftwerke gebaut werden? Was kostet das alles? Ist Atomstrom kurzfristig gesehen nicht viel weniger gefährlich als Braunkohle und sollte man, wenn Abschaltungskapazitäten vorhanden sind nicht erst die alten Kohlewerke abgeschaltet werden? Wussten die meisten überhaupt, dass die Brennstäbe ohnehin noch ein paar hundert Jahre weiter strahlen, auch wenn man die Kernkraftwerke jetzt abgeschaltet hat, oder dachten sie die Gefahr wäre augenblicklich gebannt? Ist den Leuten überhaupt klar gewesen, dass ein Risiko wie in Fukushima für Deutschland überhaupt nicht besteht, da wir keine Kraftwerke am Rand von Kippen bauen und Deutschland bislang ohnehin kein Erdbeben gefährdetes Land ist? etc. etc. etc.
Da stellen sich dutzende Fragen, die der Wähler überhaupt nicht in der Lage ist zu beantworten. Genauso wenig wie ein einzelner Politiker oder ein einzelner Atomphysiker. Die Gesellschaft ist ohnehin durch die Medien sehr leicht beeinflussbar, da sie ihre Informationen fast nur daher bezieht. Es war im Vorfeld in der Mollath-Debatte schon genannt worden. Wir können fast nur auf die wiedergekauten und oft subjektiven Informationen der Zeitungen zurückgreifen, eigentlich nie auf Quellen aus erster Hand. Und dass die Bild Deutschlands meist verkauftes Blatt ist spricht doch für sich, oder glaubt einer, die BILD würde sinnvoll darüber reflektieren, wie es mit der Atomkraftwerkabschaltung aussieht? Oder nicht doch eher nach dem Angst/Hass/Titten und Wetterbericht Prinzip schreiben. "JAPAN IN DER NUKLEARHÖLLE! WANN ERWISCHT ES UNS DAS ERSTE MAL?"
 
Und da, denke ich, ist der Trugschluss. Viele Leute entscheiden subjektiv, mit rationalen Argumenten, aber auf Basis falscher Informationen.

Natürlcih ist es eine Fehlinformation, wenn man glaubt, Atomkraftwerke wären eine Gefahr, weil Atome drin sind. Das ist auch kein ernsthaftes Argument. Aber nocheinmal. Die Behauptung der Atomindustrie, Atomkraft sei alternativlos und es würde zum Zusammenbruch unserer Wirtschaft führen, ist kein Argument mit naturwissenschaftlicher Fundierung. Sie ist interessegeleitet. Nicht mehr und nicht weniger. Ihr mag man Glauben schenken oder nicht. Wenn der Einwand kommt, die Umstellung auf erneuerbare Energien sei unbezahlbar, dann ist das Blödsinn. Sie mag teuer sein, sogar sehr teuer. Aber ob sie zu teuer oder gar unbezahlbar ist, darüber befindet nicht der Verkäufer sondern der Kunde. Der ist nämlich für seine Finanzen selbst zuständig.

Das ist ein genauso hanebüchenes Argument, wie wenn seit Jahren Opel fahre, mich aber dann doch für einen VW entscheiden möchte und meine Opelhändler erklärt mir, der Umstieg auf VW wäre unbezahlbar, zu teuer, und wenns schon ein neues Auto sein soll, dann doch bitte eins von Opel. Würde ich deine Logik hier anwenden NGF, dann müsste ich also das Argument des Autofachmanns im Dienste der Opel AG für gegen annehmen und mich gegen VW entscheiden? Nichts anderes ist die Debatte um Ökostrom ja/ nein. Und nur auf dieser Ebene spielt sich Politik ab. Und wenn die Konzerne damit drohen, dass sie den Strompreis durch die Decke gehen lassen, wenn die Politik die Atomkraftwerke stilllegt, dann handelt es sich nicht um ein sachliches Argument, sondern schlicht um Erpressung und der Staat wäre gut beraten, wenn er darauf adequat reagiert, nämlich damit, die Anteilseigner allein für die Entsorgung der Brennelemente haftbar zu machen und im weiteren die Konzerne zu verstaatlcihen und zu zerschlagen.

Erneuerbare Energien mögen vielleicht nicht so billigen Strom liefern können. Aber wenn durch Mehrheitsbeschluss entschieden wurde, dass es sinnvoler ist lieber diese Technologie zu nutzen, weil sie nachhaltiger ist, weniger Risiken für Algemeinheit bergen, dann ist das keine Entscheidung, die auf falscher Information beruht, sondern lediglich auf einer anderen Gewichtung der Fakten, weil man einen anderen Zweck verfolgt.

Das Gegner der Atomkraft auch mit Desinformation arbeiten und Angst schüren, bestätigt aber nicht die Richtigkeit der anderen Seite, sondern zeigt lediglich, dass das politische Tagesgeschäft eben auch mit Täuschungen arbeitet. Welch ein Erkenntnis. Das ist nun mal so. Und solange sich alle, die in der Politik tätig sind, dessen bewusst sind, ist das auch kein Problem. Kritisch wird es erst dann, wenn eine Seite verkündet, ihre Politik und nur ihre sei die einzig richtige und das sei wissenschaftlich erwiesen.

NGF du kannst gerne fürdie Atomkraft sein, auch für Gentech. Das ist dein gutes Recht. Du kannst aber nciht von dier behaupten, deine Seite in der Diskussion, besitze die richtige Lösung und alle, die dir widersprechen demzufolge nicht. Es gibt nämlich keine naturwissenschaftlich bestimmbare richtige Lösung. Die richtige Lösung ist die, auf die sich die Mehrheit der Gesellschaft, und das heißt hier in Deutschland, die Mehrheit der Volksvertreter verständigen. Es liegt in der Natur der Sache, dass dies nie eine Maximallösung sein kann. Weder in die eine noch in die andere Richtung.

Damit komme ich auch wieder auf den Fall Mollath. Es wird sich in einem neuen Verfahren zeigen, was davon zu halten ist. Wenn er dort in einem ordnungsgemäßen Verfahren rehabilitiert wird, dann ist das gut. Wenn sich aber in einem neuen fairen Verfahren herausstellen sollte, dass er tatsächlich einen an der Waffel hat, dann ist das auch gut. Weil es hier um den Rechtsfrieden und das Vertrauen in die Justiz geht. Und dieses Vertrauen ist nun einmal beschädigt.
 
Es gibt nämlich keine naturwissenschaftlich bestimmbare richtige Lösung.
Der Wähler wählt ein Konzept, zum Beispiel möglichst günstigen Strom, der ruhig große Risiken bergen darf, oder ein anderes Konzept, Risikofreien Strom, der gleichzeitig möglichst günstig sein soll. Für jede dieser Wahlmöglichkeiten können die Wissenschaftler die ideale Lösung heraus finden, da sie Risiken und Kosten berechnen können. Wenn man nun zugleich annimmt, dass es Bereiche gibt, bei dem man den Bürger zu seinem Glück zwingen muss, um ihn zu schützen, zum Beispiel beim Risiko, dann wird die Wahl stark eingeschränkt und man kommt der wissenschaftlich idealen Lösung näher, dann bleiben nur noch wenige Möglichkeiten der praktischen Umsetzung übrig. Du machst das zu sehr an der "Atomlobby" und den "Atomgegnern" fest, ich meine hier neutrale, die Politik beratende Wissenschaftler, ich rede nicht von unserer gelebten Realität, sondern wie es ideal wäre. Ideal wäre es, wenn der Fachmann das umsetzt, was der Bürger will, aufgrund seines eigenes Wissens und nicht einer ideologischen Vorgabe.

Damit komme ich auch wieder auf den Fall Mollath. Es wird sich in einem neuen Verfahren zeigen, was davon zu halten ist. Wenn er dort in einem ordnungsgemäßen Verfahren rehabilitiert wird, dann ist das gut. Wenn sich aber in einem neuen fairen Verfahren herausstellen sollte, dass er tatsächlich einen an der Waffel hat, dann ist das auch gut. Weil es hier um den Rechtsfrieden und das Vertrauen in die Justiz geht. Und dieses Vertrauen ist nun einmal beschädigt.
Dem stimme ich sogar zu. Aber auch hier hat die Wissenschaft das letzte Wort. Ob er zurechnungsfähig ist, entscheidet der Fachbereich Psychiatrie, der zur Medizin gehört; wo nicht willkürlich, sondern möglichst auf Fakten, die mit wissenschaftlichen Methoden ermitteln wurden, entschieden wird.

Die richtige Lösung ist die, auf die sich die Mehrheit der Gesellschaft, und das heißt hier in Deutschland, die Mehrheit der Volksvertreter verständigen.
Im Fall Mollath eben nicht, da gilt das als "nicht zurechnungsfähig" was die Psychiatrie vorgibt, und zwar nicht nur die deutsche, sondern die Definitionen werden von weltweiter Forschung beeinflusst (die WHO spielt auch ihre Rolle bei der Definition von Krankheiten), nicht das was die Mehrheitsgesellschaft gerne als "geistig gesund" oder "nicht zurechnungsfähig" definiert hätte.
 
Naja, K-P: ich glaube, wir reden hier allesamt ohne sinnvolle gemeinsame Basis. Leute wie NGF, SdK oder ich haben wahrscheinlich aufgrund unseres Bildungs- und Erfahrungshorizontes den Standpunkt, dass eben alles mit genug richtiger Wissenschaft erklärbar, messbar, errechenbar und vorhersagbar ist. Das ist das, was wir im Leben so erfahren haben, möglicherweise sehr subjektiv. Daher auch die für uns berechtigte Kritik an einigen Details der Demokratie. Du scheinst da eher auf der anderen Seite zu stehen - dein gutes Recht.
Weder du noch wir können definitive Beweise für unsere Positionen vorbringen, ähnlich, wie auch eine Diskussion zwischen religiösen und nicht-religiösen zum Untergang verurteilt ist.

So wäre etwa meine Meinung zur Atomkraft das, so man sich mühe gibt, durchaus Energiegewinnung durch naturwissenschaftl. Prinzipien überprüft werden könnte. Mit genug Daten und logischer Betrachtung würde sich aus den uns zur Verfügung stehenden Variabeln (Erzeugungsform, Rohstoff, Verbrauch, Kosten blablubb) schließlich eine ideale Form herauskristallisieren. Ich schätze zwar nicht, dass es sich um die momentane Atomenergie mit all ihren Beschränkungen handeln würde, sondern vllt. sogar tatsächlich auf eine Form der Windenergie herausliefe, da diese in Punkto Rohstoffe einfach mE unschlagbar ist, aber theoretisch wäre es berechenbar. Ausdrücklich aber nicht nur aus rein NaWi-Gesichtspunkten. Aber auch Menschenwille und ähnliches ist berechenbar, nur für uns heute zu komplex.
Rein rationale Entscheidungsfindung würde halt die Verarbeitung unendlich vieler, unendlich präziser Daten erfordern. Das beste, was wir heute in die Richtung können, ist eine Expertenregierung zu befragen - die unsrige hat halt, wie das Souverän an sich, leider keine rechte Qualifikation. Wir sind hier, würde ich mal schätzen, schon überdurchschnittlich gebildete Menschen, dennoch hat wohl jeder von uns viele Gebiete in NaWis und GeWis, über die uns das Wissen fehlt, mal ganz zu schweigen davon, dass weder NaWis noch GeWis überhaupt selber genug Wissen bieten würden.
Die momentane Lage ist jedoch, dass es reichen würde, dass mir der Bundestag (oder die Bild) Gehör schenken würde, damit morgen Wasser in Deutschland verboten würde...
 
Naja, K-P: ich glaube, wir reden hier allesamt ohne sinnvolle gemeinsame Basis. Leute wie NGF, SdK oder ich haben wahrscheinlich aufgrund unseres Bildungs- und Erfahrungshorizontes den Standpunkt, dass eben alles mit genug richtiger Wissenschaft erklärbar, messbar, errechenbar und vorhersagbar ist..
Genau. Da fand ich gestern einen Fernsehbericht interessant, wo es um das Rechenzentrum ging, welches täglich ca. eine Millionen Wetterdaten auswertet, für den Wetterbericht in Deutschland. Man kann heute schon vieles mit Modellen berechnen, auch hoch komplizierte Dinge, bei denen riesige Datensätze benötigt werden. Und die Abweichung bei diesen Wettervorhersagen wird von Jahrzehnt zu Jahrzehnt immer geringer. Dabei ist die Wettervorhersage wirklich ein sehr kompliziertes Gebiet.

Aber auch Menschenwille und ähnliches ist berechenbar, nur für uns heute zu komplex.
Auch das war Thema in der Doku gestern. Da wurde vorausgesagt vor welcher "Bedrohnung" (egal wie real sie nun ist) am meisten Deutsche in soundso vielen Jahren Angst haben werden. Wenn man vom freien Willen ausgeht, kann man sich eine solche Vorhersage natürlich nur schwer vorstellen.
 
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Atomenergie mit all ihren Beschränkungen handeln würde, sondern vllt. sogar tatsächlich auf eine Form der Windenergie herausliefe

Vergiss es, die gleichen Hansel, die gegen Atomkraft protestieren, stehen dann gleich wieder auf der Matte, wenn das Windrad in ihrer Nähe stehen soll, weil das dann "obskures Viech mit zu kleiner Spezimenanzahl, um die Population zu erhalten" bedroht (man möge hier u.a. den Feldhamster anführen, der keineswegs ausstirbt. In Frankreich gibt's die ohne Ende). Oder weil es ihnen nicht gefällt. Oder wegen des Krachs. Oder wegen des Elektrosmogs (argh). Windräder stehen dann nämlich auch der eigenen Unsterblichkeit im Weg, genau wie Atomkraftwerke oder Feinstaub.
 
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Zweifelsohne gibt es eine rein mathematische Methode, die aufzeigen könnte, welche Form der Energiegewinnung die meisten der Variablen optimal... ich sage mal befriedigt, aber Naturwissenschaft hat leider auch nicht die unabdingbare Hoheit, die ihr heute zeitweise zugeschrieben wird, an der Stelle muss ich Knight-Pilgrim zu stimmen. Es ist, wie schon öfter erwähnt, Aufgabe der Politiker und der gesellschaftlich gewählten Vertreter auf Basis der Meinung vieler Fachleute zu entscheiden, denn auch die sind oft subjektiv. Ein Physiker, der sich auf Solarforschung spezialisiert hat wird zweifelsohne ein anderes Urteil fällen, als der Atomphysiker. Menschen sind immer subjektiv und interessengeleitet, auch Naturwissenschaftler. Abgesehen davon erfordert auch die sinnvolle, tiefgehende Einarbeitung in ein Thema der Physik so viel Zeit und Willen, dass es einem einzelnen Physiker unmöglich wird, sich über alle Alternativen vollständig klar zu werden.
Zu dem spielen in der Politik und der Gesellschaft noch ganz andere Faktoren eine Rolle, von denen ich oben auch einige angerissen habe, als bloße Naturwissenschaft. Die optimale Lösung mag (rein aus der Luft gegriffen sein), alle Kohle und Gaskraftwerke abzuschalten und dafür zehn Atommeiler und 20.000 Windräder zu bauen. Rein wissenschaftlich errechnet. Aber wie hoch fallen die Kosten aus und wie kommen die Länder dafür auf? Über was für einen Zeitraum kann das bewerkstelligt werden? Wie sehen die bestehenden Verträge aus? Was sagen wohl die Angestellten und Besitzer der Gas- und Kohlekraftwerke dazu und deren Familien? Und noch viel mehr Punkte, die bloß Naturwissenschaftler überhaupt nicht berücksichtigen können. Deshalb tragen Ökonomen, Physiker, Lobbyisten etc. ihre Daten und Interessen zusammen und daraus muss der Entscheidungsfinder eine Lösung konstruieren. Selbst die naturwissenschaftlich 100%ig vernünftige Variante kann dann für die Gesellschaft schlecht sein. Wenn die richtige Lösung wäre, dass man 80 neue Atomkraftwerke baut, die dann aber nicht anständig betrieben werden können, weil täglich 100.000 Leute davor demonstrieren würde, ist diese Lösung auch nicht richtig. Selbst wenn Polizei/ Armee dafür sorgen, dass die Kraftwerke arbeiten können, würde kein Politiker dann mehr gewählt werden, der für die Kernkraft propagiert. Das Volk mag unmündig sein, aber es ist nicht willenlos und nicht bedeutungslos und daher müssen Kompromisse gefunden werden. Die Demokratie ist nicht das zwingende Problem, aber das was SdK auf die Diktatur bezogen hat greift hier auch, nämlich das Casting System. Und das der Einfluss der Medien auf die Politik immer weiter steigt und die Gesellschaft permanent mit unsachlichen Boulevard-Informationen vollstopft und zu schwachsinnigen Forderungen aufrüttelt, ist überhaupt keine gute Strömung.
 
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Auch das war Thema in der Doku gestern. Da wurde vorausgesagt vor welcher "Bedrohnung" (egal wie real sie nun ist) am meisten Deutsche in soundso vielen Jahren Angst haben werden. Wenn man vom freien Willen ausgeht, kann man sich eine solche Vorhersage natürlich nur schwer vorstellen.
Im Kollektiv geht das Individuum verloren und das Menschen berechenbar sind macht sie nicht zwingend zu willenlosen Puppen ihrer Natur. Das jeder Handlung ein neuronaler Reiz vorausgeht, bedeutet nicht, dass es keinen freien Willen gibt. Denn woraus entsteht dieser Reiz? Welche Prägung, genetischer oder pädagogischer Natur liegt hier vor? Der Abruf von emotionalen Erinnerungen lässt sich im Gehirn zwar feststellen, aber welcher Art sind sie? Ein Mensch besteht aus so ungeheuer vielen Variablen, dass es unmöglich ist 100%ig hervor zu sagen, was ein einzelner in der nächsten Minute tut. Oder in nächsten Stunde. Im nächsten Jahr. Man kann Vermutungen anstellen, aber sich niemals vollständig sicher sein. Und auch die empirischen Erhebungen bezüglich neuronaler Daten, beruhen nur auf Gehirnaktivität. Bestimmte Bereiche werden stärker durchblutet, daher entstehen die schön leuchtenden Bilder. Auf deren Basis kann man Vermutungen anstellen, sich aber niemals komplett sicher sein. Beispielsweise könnte man sehen, dass jemand Angst hat, wovor weiß man aber nicht, es sei denn man fragt. Bei einem großen gesellschaftlichen Komplex ist das anders. Dann da lassen sich aufgrund von Meinungsumfragen und nicht-naturwissenschaftlicher Erhebungen Tendenzen feststellen.
 
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Mal noch ein Einwurf. Ich habe gerade einen Lexikonartikel über " gute policey" gelesen, also das was man in der frühen Neuzeit unter politischem Handeln zum Zwecke des gemeinen Nutzens ansah. Das Interessante daran war, dass es im ausgehenden 18. Jh. eine Policeywissenschaft gab, die versucht hat, den gemeinen Nutzen(Gemeinwohl) wissenschaftlich stringent herzuleiten. Dies ist aber zu Beginn des 19. Jh. endgültig aufgegeben worden. Wohlgemerkt in einer Zeit, in der die Gesellschaft weitaus homogener war als heute. Selbst da war es nicht möglich eine allgemein gültigen gemeinen Nutzen wissenschftlich fundiert zu bestimmen. Und heute ist die Gesellschaft einfach noch viel komplexer. Was ein solches Unterfangen ungleich schwieriger machen würde.

Bei nahezu allen politischen Debatten, die Forschung und Nutzung wissenschaftlicher Erkenntnisse berühren, spielen immer auch Konflikte hinein, die garnichts mit dem Feld der Wissenschaft zu tun haben. Nehmen wir doch mal den Biobauern. Der kann mit seinem Hof traditioneller Größe meist weder Großtechnik anschaffen, wie etwa ein riesiger Großbetrieb, noch kann er es sich wirtschaftlich leisten, massenhaft Pestizide etc. auszubringen. Der Markt für Biolebensmittel eröffnte ihm aber die Chance, seine begrenzten Ressourcen schonend einzusetzen und davon wirtschaftlich zu überleben. Wenn nun eine Agrarkonzern anfängt in einer Gegend, die primär von solchen mittleren bis kleinen Höfen geprägt ist, anfängt Land aufzukaufen und konventiionelle Anbaumethoden mit viel Dünger, Großeinsatz von Technik und gentechnisch verändertem Saatgut einzusetzen, dann stellt das nicht nur einen Konflikt zwischen Bio versus konventionell dar, sondern es ist auch eine Existenzfrage für die Bauern der Umgebung, deren Wirtschaftsgrundlage durch den Konzern bedroht wird. Und das ist fast überall so, wo irgendetwas produziert wird. Die produktion erfüllt mehrere Zwecke, zum einen den gesellschaftlichen, dass benötigte Güter hergestellt werden und andererseits dient sie zum Einkommenserwerb derjenigen, diedie Güter herstellen. Außerdem bilden sich im Rahmen bestimmter Produktionsbedingungen auch wieder Gruppenidentitäten, die bedroht werden, wenn sich inder Produktion etwas ändert. Und unsere Produktion wird ständig komplexer und arbeitsteiliger. Das bedeutet auch, dass diejenigen, die in einem Produktionsprozess eingebunden sind, auch immer mehr darauf angewiesen sind, dass andere ihre Grundbedürfnisse stillen, damit sie ihrer sehr spezialisierten Arbeit nachgehen können. Denn die immer größer werdende Expertise in einem immer eingegrenzteren Bereich der Produktion geht auch mit einer immer geringeren Expertise in der Selbstversorgung einher. Und als ob das nicht reicht, kann eine jahrelang erworbene und hochgeschätzte Expertise durch eine neues Automatisierungsverfahren obsolet werden und auch nicht über Nacht durch eine andere ersetzt werden. Deswegen ist es nachvollziehbar, dass ein Kraftwerksingenieur, der seinen Meiler seit Jahren wartet, ein vehementer Gegener alternativer Energien ist. Denn mit dem Wegfall der Meiler wird seine Expertise und seine wirtschaftliche Grundlage bedroht. Das sind die eigentlichen Konfliktfelder. Die Interessen sind existentiell udndaher scheut sich auch keiner der Beteiligten Fakten zu manipulieren, zu täuschen oder anderes. Solche Konflikte können beigelegt werden, aber eben nur durch Interessenausgleich.

Solche konflikte toben auch nicht nur zwischen Interessengruppen, sondern auch in der Brust der einzelnen Beteiligten. Nehmen wir mal einen Chemiebetrieb an, in dem selbst die geringsten Sicherheitsvorkehrungen nicht beachtet werden. Was wird wohl in eienem Chemiearbeiter vorgehen, der in diesem Betrieb arbeitet, in einem kollegialen Umfeld eingebettet ist, auf den Job angewiesen ist und der Staat macht wegen der Verstöße gegen Sicherheit auflagen die Bude zu? Klar er ist geringeren gesundheitlichen Risiken ausgesetzt. Aber gleichzeitig verliert er Lohn und Brot, sein angestammtes Milieu bricht weg usw. Man kann sich in die Rolle der einzelnen Beteiligten hineinversetzen. Aber eine Lösung für das Problem können sie nur selbst finden. Denn wenn man eine Lösung verordnet, besteht die Gefahr, das sozialer Sprengstoff aufgehäuft wird, der eines schönen Tages auch mal explodieren kann. Für sotewas eine mathematisch Lösung zu präsentieren ist nichts als Hokuspokus im naturwissenschaftlichen Gewand.
 
Würden Kraftwerksbetreiber nicht die Ewigkeitskosten auf die Gesellschaft abwälzen, wäre der Strom nicht so schön billig.
Schon dieses "Argument" besteht aus einem Mangel an Sachkenntnis. Warum sollte man "für die Ewigkeit" kosten haben?
Eine Lagerung von ca. 40 Jahren ab heute ist erstmal vollkommen ausreichend. Stichwort Transmutationreaktor. Das ist (veienfacht gesagt) ein Brutreaktor gekoppelt mit nem Teilchenbeschleuniger. Das Ding wird mit Atommüll befeuert und reduziert die Abfallmenge um den Faktor 100 und was "hinten raus" kommt strahlt statt 500.000 Jahre nur noch 500-1500 Jahre. Ist auch keine SciFi, die Technik funktioniert, in Belgien bauen sie grade so ein Teil (google "Myrrha")

Klar, um Endlager kommt man auch so nicht drumherum, aber der notwendige Platzbedarf ist vergleichsweise gering: 2-3 g pro Mensch und Jahr, wenn man den gesamten Energiebedarf nuklear abdecken würde sind angesichts von ca. 500-600kg Müll pro Mensch und Jahr (davon rund 3kg hoch toxisch) vernachlässigbar und auch die Lagerzeiten sind nicht länger als bei "konventionellen" Giftmülldeponien. Orte wie Herfa-Neurode (vermutlich der giftigste Platz der Welt - mitten in Hessen!) sind auch dauerhaft unbewohnbar. Arsen hat keine Halbwertzeit.

Und das ist eben auch die Dummheit die ich bemängle: vor Gorleben gibts Lichter- und Menschenketten, von Herfa-Neurode wo u.a. so Nettigkeiten wie 220k t Quecksilber, 130k t Cyanid und 83k Arsen lagern wissen die meisten ökologisch Gutmeinenden nicht mal was.

Natürlcih ist es eine Fehlinformation, wenn man glaubt, Atomkraftwerke wären eine Gefahr, weil Atome drin sind. Das ist auch kein ernsthaftes Argument.
Da sind wir uns einig. Allerdings: was groß anderes hab ich da noch nie vernommen. Die meisten Argumente erfolgen auf Basis von mehr oder weniger glückseeliger Ahnungslosigkeit die man durchaus als "Atome sind eben böse" subsummieren kann.
Welcher unserer tapferen anti-AKW Aktivisten weis z.B. das die Kohlekraftwerke, die man für die AKWs hochfahren musste wesentlich mehr radioaktive Stoffe abstrahlen?


Es gibt durchaus Kritik die man ernst nehmen kann. Beispielsweise sind Proteste gegen Fessenheim mehr als gerechtfertigt: das Ding ist alt mit unzulänglichen Sicherheitseinrichtungen mitten im Erdbebengebiet - da bin ich bei jedem der das Ding besser gestern als heute dicht machen will.
Aber pauschale Ablehnung ist Unfug.

Es gibt nämlich keine naturwissenschaftlich bestimmbare richtige Lösung.
An der Stelle wäre es an dir nachzuweisen warum nicht. Denn grundsätzlich gilt das nicht bestimmbare Lösungen nicht gibt, sondern das ganze nur zeigt das bisherige Modelle mangelhaft sind. Ganz klassisch zu nennen wäre der Welle-Teilchen-Dualismus, der eben kein echter Widerspruch ist, sondern einfach die Grenzen klassischer Physik.
Solche Phänomene treten häufiger auf und deuten i.d.R. einen bevorstehenden Paradigmenwechsel der jeweiligen Disziplin an. In der Physik steht sowas btw. demnächst wohl mal wieder ins Haus: wenn man zur Erklärung einer ganzen Latte von Phänomenen eine (doch etwas obskure) dunkle Materie braucht aus der 80% unseres Universums bestehen müssen damit unsere gängigen Modelle stimmen, dann "liegt das in der Luft", sozusagen... das Problem des nächsten Einsteins, der unser Verständnis des Universums revolutionieren wird (Sheldon Cooper 😀) besteht allerdings darin das vermutlich keine 2000 Menschen weltweit ihm werden folgen können..sieht nicht gut aus für den Ruhm...
 
Tut mir bitte den Gefallen und lagert AKW Diskussionen woanders hin aus. Das Thema handelt zu nichtmal 1% von AKWs und derren Für- und Gegenargumente.
Na ja, das Thema ist doch schon lange weg von Mollath hin zu Demokratie und deren Ausprägung. Und dafür sind diese Beispiele dann wiederum nötig, damit man zeigen kann, was man meint.

Wenn es Neuigkeiten zu Mollath gibt, wird das Thema sicher auch wieder darauf Bezug nehmen!
 
@ Cywor, mir geht es auch nicht um die Atomkraft. Mir geht es die ganze Zeit darum, dass man Gemeinwohl nicht naturwissenschaftlich bestimmen kann, weil die Grundvorraussetzung, was gut und was schlecht ist, Menschen festlegen und dabei keineswegs irgendeiner Naturkonstante folgen sondern ihren ureigensten Interessen, die aber per se subjektiv sind und daher auch nicht objektiv bestimmbar. Ich habe das Thema Atomkraft nur deshalb aufgegriffen, weil es als angebliches Beispiel gegen meine These gebraucht wird. Ich habe vrsucht, zu zeigen, dass Atomkraft sich in der Frage, sie gewünscht ist oder nicht, durch nichts aber auch garnichts von allen anderen Gebieten der Politik unterscheidet. Ich habe mich also die ganze Zeit im Gemeinwesendiskurs bewegt, der, da es nun mal erst mal keine Neuigkeiten zum Fall Mollath gibt, aber im Zusammenhang mit dem Oberthema steht. Es geht in der Sache um Objektivität von Sachverständigen und ob man als Nichtsachverständiger das Recht hat, deren Urteil in Frage zu stellen ohne erst die gleiche Expertise zu erlangen. Das hat mit Mollath zu tun.

Aber ich gebe dir recht, ich will in diesem Thread auch nicht mehr über das Für und Wider von Atomkraft reden.
 
Es geht in der Sache um Objektivität von Sachverständigen und ob man als Nichtsachverständiger das Recht hat, deren Urteil in Frage zu stellen ohne erst die gleiche Expertise zu erlangen. Das hat mit Mollath zu tun.
Übrigens ein Punkt, auf den du nicht eingegangen bist. Als ich dir antwortete, dass bei Molath letztendlich nicht ein fiktives Gemeinwohl entscheidet, sondern eine korrekt angewandte wissenschaftliche Definition, in diesem Fall aus dem Bereich der Psychiatrie! Das steht auch gar nicht im Widerspruch dazu, dass man als Nichtsachverständiger zweifeln darf und mahnen und dazu aufrufen, dass ein Fall neu betrachtet wird. Denn auch Gutachter sind nur Menschen, lassen sich beeinflussen oder machen bewusst oder unbewusst Fehler. Am Ende wird trotzdem auf Basis wissenschaftlicher Fakten (Definition einer Geistesstörung) entschieden, wie es um seine geistige Gesundheit steht.
 
Nun ja, ob Mollath in der Geschlossenen bleibt entscheidet am Ende nicht der Sahverständige, sondern der Richter. Und da es im Falle Mollath gegensätzlich Gutachten gibt, steht eigentlcih auch nicht die Frage ob. Mollath nun krank ist oder nicht zur Debatte, sondern, welches Gutachten nun glaubwürdiger ist. das wiederum hängt auch davon ab, ob in einem neuen Verfahren der Richter zu dem Urteil kommt, dass das Gutachten, was für die Einweisung Mollaths verantwortlich ist, durch persönliche Motive oder schlicht Nachlässigkeit des untersuchenden Psychiaters zustandegekommen ist oder nicht. Und das sind zum Teil Fragen, die auch ohen psychiatriasche Expertise geklärt werden können. Wenn sich zum Beispiel im Prozess unzweifelhaft entweder die Version Mollaths bewahrheitet, dass dies ein Gefälligkeitsgutachten war, das gilt übrigens auch für den ärztlichen Attest seiner Exfrau, oder eben das Gegenteil. das muss die Beweisführung ergeben. Und hierbei gibt es nur beschränkt Parallelen zu einer naturwissenschaftlichen Beweisführung, des Trial and Error. die Beweisführung erfolgt über Rede und Gegenrede der Prozessparteien. das geht über Glaubwürdigkeit undSchlüssigkeit der Darlegung.

Ein Beispiel aus dem Fall: Zwei Gutachter haben diametral gegensätzliche Diagnosen gestellt. Wobei der eine den Patienten persönlich in Augenschein genommen hat und der Andere nicht. Erschwerend kommt noch hinzu, dass Zweiterer auch mit der Exfrau, des Beklagten in Verbindung gestanden habe. Will jetzt der Staatsanwalt dessen Gutachten weiter verwenden, dann wird er wohl nicht anfangen, die Diagnose des ersteren zu zerpflücken, sondern versuchen, die Reputation, seines Gutachters zu retten. Denn mit ihr steht un fällt die Beweiskraft seines Gutachtens, da weder der Richter noch die übrigen Beteiligten, die nötige fachliche Expertise haben, das Gutachten fachlich in Frage zu stellen. Der Verteidiger Mollaths wird das Gegenteil versuchen. Und letztlich wird der Richter darüber anhand der Argumentation darüber befinden, wem er nun folgt oder ob er nicht gar ein Drittgutachten erstellen lässt. Das ist es, was ich mit der Aushandlung eines Konsenses meine. Der Richter muss kein psychiater sein, wenngleich er wohl schon durch seine Praxis eine gewisse Menschenkenntnis hat. Er vertritt hier das Gemeinwesen. Das besondere hieran ist, dass man eigentlich keinerlei Kenntnis von den Rechten und Gesetzen braucht, um hier entscheiden zu können, wer von den beiden Gutachtern nun Recht hat. Man muss lediglich schlüssig und logisch denken können, also dass was man gemeinhin als gesunden Menschenverstand bezeichnet. Der einzige Vorteil den der Richter hat und aus dem sich letztlich das Entscheidungsrecht darüber erwächst, welcher Gutachter nun recht hat, ist seine volle Kenntnis des Falles. Diese hat die Allgemeinheit nicht. Das Publikum hat nur das zur Verfügung, was durch den Blätterwald rauscht.
 
Ob Mollath geistig gesund ist oder nicht, legt nicht der Richter fest. Der Richter trifft eine Entscheidung, aber über die Frage nach Mollaths Geisteszustand entscheiden wissenschaftliche Fakten. Wenn die vorliegen, ist die Diagnose klar, unabhängig davon was andere Leute sagen. Natürlich ist in der Psychiatrie eine Diagnose nicht so leicht, wie zum Beispiel die Analyse eines Tumors, wo man im Labor überprüfen kann, ob er bösartig ist oder nicht. Zudem können Gutachter beeinflusst werden, oder mit Absicht eine falsches Gutachten erstellen, der Zustand von Mollath ist trotzdem entweder 0 oder 1, im Bezug auf die Frage, ob er an dieser konkreten psychischen Störung/Krankheit leidet. Daran ändert weder ein Richter, ein falsches Gutachten noch eine andere Entscheidung etwas. Man muss dann nur dafür sorgen, dass die korrekte Diagnose am Ende für die korrekte richterliche Entscheidung sorgt. Da hast du dann natürlich Recht, für eine solche Entscheidung ist Menschenkenntnis und ähnliches wichtig, um zum Beispiel Falschaussagen zu erkennen.

Nochmal etwas allgemeiner gefasst, ich habe da gerade ein bisschen drüber nachgedacht und erkenne schon ein Streben und den Wunsch in unserer Gesellschaft, dass die Wissenschaft die Richtung vorgibt. Wenn Journalisten, egal ob in Zeitungen, dem Fernsehen oder anderen Medien, Missstände anprangern, wird ein Gutachten, eine Studie oder ein Fachmann zitiert, die die korrekte Lösung vorgeben sollen. Man strebt nicht nach einem diffusen Gemeinwohl, welches sich aus einem gesellschaftlichen Konsens ermitteln lässt, sondern es gibt den starken Wunsch danach, dass wissenschaftliche Fakten die Basis unserer Gesetze und Vorgaben bilden. Dies gilt für nahezu alle Lebensbereiche, Ausnahmen bestätigen die Regel, es gibt eben Grauzonen und Fachbereiche wo wir noch nicht die Möglichkeit haben eine Ideallösung wissenschaftlich herzuleiten, wie SdK schon schrieb:
Die Sache ist doch die: es gibt oft sehr wohl einen "Konsens", also eine Lehrmeinung der 95%+ der entsprechenden Fachleute anhängen. Nur wird es vollkommen ignoriert wenn es nicht in die gewünschte Ideologie passt.
 
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