Die Korrekturen sind schon in Ordnung und ich fühle mich davon auch nicht auf den Schlips getreten oder so. Ist schon erstaunlich, wie viele kleine Fehler sich trotz eines aktivierten Rechtschreib- und Grammatikprogrammes noch immer einschleichen können. Kleines Beispiel: In einer anderen Geschichte, an der ich zur Zeit schreibe, kam der Plural von Universum vor. Ich habe auf der Schule (in Physik) noch gelernt, dass eben dieser "Universen" lautet. Word ist aber der Meinung, es müsste "Universums" heißen, was ich ein wenig merkwürdig finde...
Wie dem auch sei, hier der nächste Teil:
Eiken Rickers pirschte sich wachsam um die nächste Biegung des grauen, zwielichtigen Korridors. Feuchtigkeit bildete kleine Rinnsale an Wänden und Decke. Wassertropfen sammelten sich an ihrem Ende und fielen in der Stille beinahe geräuschvoll zu Boden. Obwohl sämtliche seiner Sinne bis aufs Äußerste gespannt waren, bewegte sich der Sergeant doch wie in Trance. Er konnte einfach nicht mehr. Nach zwanzig Jahren ununterbrochenem Kriegseinsatz war der Veteran am Ende seiner Kräfte angekommen. Sein geschundener Körper schmerzte an so vielen Stellen, dass es sich anfühlte, als stünde er von Kopf bis Fuß in Flammen und sein Geisteszustand war nicht viel besser. Hätte er die Möglichkeit gehabt, er hätte sich an Ort und Stelle auf den Boden fallen lassen und wäre einfach nicht wieder aufgestanden. Eigentlich, überlegte der Sergeant, hatte er diese Möglichkeit sogar. Er brauchte sich einfach nur weigern weiterzugehen, sich ein wenig bockig stellen. Dieser stumpfsinnige Leutnant von Caller würde die Sache dann für ihn erledigen. Aber irgendetwas trieb ihn weiter, verhinderte, dass er sich seine wohlverdiente Erlösung aus der Dienstpistole seines Offiziers holte. Wahrscheinlich war es bloße Gewohnheit.
Während er weiter durch den stillen Korridor schlich, kreisten Rickers Gedanken fortgesetzt um den Baron, der diese Aktion leitete. Von Caller war jung, ungestüm und geradezu bestürzend unerfahren. Dazu kam sein Zwang, sich beweisen zu müssen. Nach der reichlichen Erfahrung des Veteranensergeants eine wirklich üble Kombination. Und der Kerl beging einen Fehler nach dem anderen. Nachdem die Imperialen das Tor zu dem Bunkereingang aufgesprengt hatten, war der fünfunddreißig Mann starke Sturmtrupp in das Bauwerk eingedrungen. Viel mehr waren nach den verlustreichen Kämpfen nicht mehr verfügbar. Zunächst ging es genau nach Lehrbuch voran, mit einem Flammenwerfer an der Spitze, um sich nötigenfalls den Weg frei brennen zu können. Sie hatten eine Schiebetür gefunden, die wohl zu einem Fahrstuhl führte, doch konnte niemand das neben dem Zugang angebrachte Kontrollpaneel bedienen. Ein Stück weiter links führte jedoch eine konventionelle Treppe in die Tiefe. Der Trupp schlug diesen Weg ein. Nun wirkte sich aus, dass der Leutnant es versäumt hatte, dem völlig unerfahrenen Flammer-Soldaten an der Spitze einen Mann zur Seite zu stellen, der nicht ganz so grün hinter den Ohren war. Der ungeschickte Landsknecht tappte in eine am oberen Ende der Treppe angebrachte kleine Sprengfalle, die ihn auf der Stelle tötete und seinen Brennstofftank hochgehen ließ. Weitere sechs Mann starben bei dieser Explosion und zwei wurden so schwer verletzt, dass sie sofort ins Freie gebracht werden mussten. Der Vormarsch in den Bunker musste so lange unterbrochen werden, bis es gelungen war, das an Wänden und Boden haftende, brennende Promethium zu löschen.
Der Baron wollte nun vorsichtiger sein und schickte normale Infanteristen nach vorne, darunter auch Rickers, um zuerst den Weg zu sondieren, bevor der Rest des Trupps folgte. Prinzipiell war das keine schlechte Idee, doch hielt von Caller den verbliebenen Flammenwerfer mit seinem brisanten Munitionsvorrat nun so weit zurück, dass er es unmöglich rechtzeitig nach vorne schaffen konnte, sollten die vorausgehenden Soldaten in Schwierigkeiten geraten. Merkwürdigerweise schaltete sich Kommissar Rythgen, der den Sturmtrupp begleitete, an solchen Stellen nicht beratend ein. Er schien den taktischen Bereich einfach nicht für sein Aufgabengebiet zu halten und begnügte sich damit, die nun etwas widerspenstigen Landsknechte unter Drohungen voranzutreiben.
Dank Rickers überlegtem Vorgehen gelang es dem Sturmtrupp, zwei weitere Sprengfallen auf dem langen Abstieg zu umgehen, dann waren sie am Fuß der Treppe auf die erste direkte Gegenwehr gestoßen. Sechs der gepanzerten feindlichen Infanteristen hatten sich in dem Gang am Fuß der Treppe hinter einer improvisierten Barrikade verschanzt und hatten unvermittelt das Feuer eröffnet, als die Imperialen vor ihnen aufgetaucht waren. Die verdammten Schweine hatten irgendeine Art Tarnfeld verwendet, um ihre Stellung zu verbergen und dann mitten in die unvorbereiteten Infanteristen geschossen. Ihrem wahllosen Schnellfeuer waren weitere sieben Gotfrieder zum Opfer gefallen, bevor sich die restlichen weit genug die Treppe hinauf hatten zurückziehen können, um aus dem Schussfeld der Xenos zu entkommen. Unter dem Einsatz von Stabgranaten, mit der Hilfe ihres Flammenwerfers und nach dem Verlust weiterer drei Mann war es den Landsknechten schließlich gelungen, sie auszuräuchern.
Spätestens an diesem Punkt hätte Baron von Caller sich mit seinen verbliebenen sechzehn Männern zurückziehen müssen, doch der unerbittliche Imperativ seines Ehrgeizes trieb ihn weiter vorwärts.
Sergeant Rickers hielt vor der nächsten Biegung an. Er hatte wieder dieses unbestimmte Gefühl, das ihn immer befiel, kurz bevor es dicke Luft gab. Vorsichtig lugte er um die Biegung. Vor ihm ein Stück den Gang hinunter wurde der Weg durch ein schweres Schott versperrt. Er gestikulierte nach hinten, worauf der Leutnant in Begleitung Kommissar Rythgens zu ihm lief.
„Was ist Soldat?“, schnauzte der Offizier. „Warum haben Sie angehalten?“
„Der Weg ist durch ein Schott versperrt.“, erwiderte Rickers phlegmatisch. „Wir bräuchten den Flammenwerfer hier, wenn wir weiter vorrücken sollen, nur zur Sicherheit.“
„Haben Sie vielleicht vergessen, was mit unserem anderen Werfer passiert ist? Der Flammer bleibt, wo er jetzt ist!“
Der Truppführer zuckte resigniert die Achseln und warf dem Politoffizier einen schnellen Blick zu. Der schnitt nur ein grimmiges Gesicht. Von Caller stieß seinen Sergeant harsch gegen die feuchte Korridorwand.
„Na los, worauf warten Sie noch? Aufbrechen!“
„Jawohl, Leutnant.“
Rickers winkte drei Landsknechte mit Sprengmaterial nach vorne, dann setzte sich das Quartett in Richtung des Schotts in Bewegung. Sie waren etwa noch vier Meter von der Tür entfernt, als diese mit einem plötzlichen Fauchen in den Boden glitt. Hinter ihr standen mehrere der langgliedrigen, brutalen Aliens, mit denen sie es schon in den Straßen zu tun bekommen hatten. Die Xenos feuerten einen Schuss aus ihren altmodischen Büchsen ab, dann sprangen sie auf die überraschten Gotfrieder zu. Kampfgeräusche explodierten förmlich in die Enge des niedrigen Tunnels.
Der Landsknecht neben Rickers griff sich an Brust und fiel, ihn selbst streifte eines der großkalibrigen Projektile am Oberschenkel. Reflexartig zog er den Abzug seines Grabenfegers durch. Der Kroot direkt vor ihm wurde von der automatischen Salve förmlich durchlöchert, sein Bewegungsmoment trug ihn jedoch unerbittlich weiter und spießte ihn auf das Bajonett des Sergeants auf. Der taumelte unter dem Aufprall zurück, trat den sterbenden Feind von seiner Klinge und feuerte einhändig auf den nächsten anstürmenden Gegner. Aus dem Augenwinkel konnte er einen seiner Begleiter sehen, der von einer der wuchtigen laufmontierten Klingen eines Xeno-Gewehrs förmlich aufgeschlitzt wurde.
Die überhastete Salve des Truppführers verfehlte sein beabsichtigtes Ziel, das wild seine Waffe schwingend auf ihn losging. Rickers versuchte seitlich auszuweichen. Er wurde zwar nicht von der Gewehrklinge getroffen, prallte jedoch in der Enge des Ganges unbeabsichtigt gegen die Korridorwand. Sein Gegner nutzte seinen Schwung und klemmte ihn fauchend zwischen Wand und Langbüchse ein. Der Gotfrieder trat wild aus und rammte seinen Stahlhelm blind gegen den Kopf seines Kontrahenten. Der ließ ein wenig in seinem Druck nach, was dem Sergeant die Gelegenheit zu einem gezielten Tritt gegen die Beine des Wesens gab. Irgendwie gelang es dem Veteranen, sein Gewehr nach vorn zu bringen und dem Xeno das Bajonett durch den Hals zu stoßen. Er ließ die Waffe fahren, als sein Gegner nach hinten kippte und riss die schwere Nagelkeule aus seinem Gürtel. Ganz in der Nähe krachte ein Schuss ohrenbetäubend laut. Direkt neben ihm wurden kleine Stückchen der Wandverkleidung abgesprengt und ein Querschläger sauste jaulend davon. Rein reaktionsgesteuert warf sich Rickers Schulter voran auf den ihm am nächsten stehenden Alien und riss ihn mit sich zu Boden. Sein Feind berappelte sich als erster wieder, drosch dem Sergeant sein Gewehr heftig gegen den Helm und versuchte, wieder auf die Füße zu kommen. Rickers stürzte benommen zurück, sah den Xeno direkt vor sich aufragen. Der holte zum Schlag aus, wurde jedoch unvermittelt seitlich von Laserfeuer getroffen. Der Kroot wurde beiseite geschleudert wie eine Spielzeugpuppe und blieb reglos liegen. Die jähe Stille traf den Gotfrieder Sergeant wie ein Hammerschlag. Der Kampf war vorbei. Ächzend ließ er sich wieder zu Boden sinken und schloss die Augen.
Shas’el Vior’la Korath nahm eines der langläufigen Pulsgewehre aus dem in die Wand der Kommandozentrale eingelassenen Waffenschrank. Er zielte probehalber und versuchte, sich mit der ungewohnten Waffe vertraut zu machen. Es war schon lange her, dass er ein Gewehr wie dieses in der Schlacht benutzt hatte. Nicht mehr, seit er sich durch seine hervorragenden Leistungen im Feld die Ehre erworben hatte, einen der schweren XV-8 Krisis-Kampfanzüge zu führen. Natürlich hatte er bei Gelegenheit auf einem Trainigsgelände an Übungen auch mit Infanteriewaffen teilgenommen, aber solche Programme waren freiwillig und durften erst absolviert werden, wenn man sämtliche Übungen der eigenen Waffengattung bereits durchlaufen hatte. Aber alte Fertigkeiten schliefen nicht so leicht ein.
„Commander?“, erklang die Stimme Aun’Uivors hinter ihm.
Korath ließ das Pulsgewehr sinken und wandte sich um.
„Ja, Aun?“
„Wollen Sie sie wirklich noch einmal stellen?“
Der Shas’el musterte seinen Vorgesetzten kurz, bevor er antwortete. Uivor sah abgespannt aus, verbraucht. Es wirkte, als könne man den Verlauf der Schlacht an seinem Gesicht ablesen. Man sah ihm an, dass es zu Ende ging. Irgendetwas an der Haltung des Himmlischen beunruhigte den Commander. Ein Angehöriger der höchsten Kaste der Tau sollte nicht derart offensichtlich die Haltung verlieren. Aber sie alle hatten an diesem Schauplatz gelitten. Korath wollte gar nicht wissen, wie er selbst aussah.
„Ich werde mich mit den letzten meiner Männer nicht hier verkriechen und warten, bis die Gue’la an unsere Tür klopfen. Wir werden sie so lange bekämpfen, wie noch ein Mitglied der Feuerkaste am Leben ist.“
Der Aun deutete auf die drei Feuerkrieger, die in respektvollem Abstand zu ihnen standen. Sie waren alles, was von ihrem einst stolzen Jagdkader geblieben war.
„Dies könnte bald hinfällig sein, Commander.“
Korath schnaubte grimmig. Sie hatten im wahrsten Sinne des Wortes einen Kampf bis auf den letzten Mann geliefert. Zeit, es würdevoll zu Ende zu bringen.
„Das ist wahr Aun, doch genau darauf musste es hinauslaufen. Meine Männer und ich werden nun den Tod im direkten Kampf suchen. Ihr, Aun, müsst den Sprengsatz zünden und unser Werk damit vollenden. Wir haben das Selbstzerstörungssystem aus einem unserer irreparablen Kampfanzüge ausgebaut und mit dem Sprengmaterial gekoppelt. Wenn ich Euch das Signal gebe, müsst Ihr nur auf den Startknopf drücken. Das Alarmsignal des Mechanismus wurde außerdem an die Lautsprecheranlage des Bunkers angeschlossen. Ich werde hören können, ob die Zündsequenz eingeleitet wurde und kann nötigenfalls Hilfe leisten, sollte etwas außerplanmäßig laufen.“
„Befürchten Sie, ich könnte der Aufgabe, einen Knopf zur rechten Zeit zu drücken, nicht gewachsen sein, Commander?“, erkundigte sich Uivor mit einem Anflug von Missbilligung in der Stimme.
„Selbstverständlich nicht, Aun. Aber wir dürfen hier nicht das geringste Risiko eingehen. Wir können es den Gue’la nicht erlauben, die Ausstattung einer Zentrale wie dieser in ihren Besitz zu bringen. Ganz zu schweigen von den Artefakten.“
Uivor nickte zufrieden. „Sehr gut, Commander, Sie haben an alles gedacht. Gehen Sie nun und suchen Sie einen Tod, der Ihnen angemessen erscheint.“
Korath nahm Haltung an und führte eine perfekte Ehrenbezeigung aus. Dann gab er seinen letzten Kriegern ein Zeichen und das Quartett schickte sich an, die Zentrale zu verlassen. Er war fast durch das schwere Schott, als der Aun ihn noch einmal anhielt.
„Commander?“
„Ja, Aun?“
„Der Dienst mit Ihnen war mir eine Ehre. Es ist bedauerlich, dass das Höhere Wohl einen derart formidablen Streiter wie Euch verliert.“
Der Shas’el stutzte. Er war vom offenen Wort des Himmlischen nahezu überwältigt. Schließlich sagte er: „Ihr ehrt und beschämt mich zugleich mit Eurer Sicht meiner Qualitäten. Auch mir war es eine Ehre und ein Privileg, unter Euch dienen zu dürfen.“
Damit wandte Shas’el Vior’la Korath sich ab und trat in den zwielichtigen Gang hinaus. Hinter ihm fiel das Schott mit dem massiven Klang des Endgültigen ins Schloss.