So, nächster Teil. Zu deiner Frage: Es nähert sich dem Ende, ich hatte mir gedacht, auf genau 50 Kapitel zu kommen. ^^
Kapitel XLVI: Ein verlorener Kampf
Der hölzerne Schild, den er aufgehoben hatte, zersplitterte unter dem machtvollen Angriff des gewaltigen Orks, doch er ignorierte den Schmerz und stürmte an dem Koloss vorbei. Er schlug nach einem zweiten Gegner und zwang diesen somit zu einer ungeschickten Parade. Sofort raste seine Faust heran, an der immer noch der zerschmetterte Schild hing, nutzte die löchrige Deckung und vergrub sich in dem Gesicht der Grünhaut. Die Zeit die ihm dadurch geschenkt wurde, nutzte er, um einen Rückhandschlag nach seinem ersten Gegner zu führen. Er traf, spürte wie er Sehnen und Knochen durchschnitt und hörte dann ein jämmerliches Quieken hinter sich. Er hatte seinem Gegner das Bein abgehackt, vermutlich kurz unterhalb des Knies, doch er nahm sich nicht die Zeit, einen Blick auf sein Opfer zu werfen. Sofort war seine Konzentration wieder auf den anderen Ork gerichtet, der sich mittlerweile von dem Schlag erholt hatte und mit seiner Axt einen Angriff gegen ihn ausführte. Schneider wich geschickt aus und nutzte die Gelegenheit erneut, um seine Linke gegen das Gesicht der Grünhaut zu schleudern. Die gewaltige Kraft des Vampirs riss den Ork von den Füßen. Er ließ seine Waffe fallen und landete hart auf dem Boden. Schneider ließ seine Klinge kurz kreisen, spürte, dass er irgendwas traf und richtete seine Aufmerksamkeit dann auf seinen nächsten Widersacher. Er kümmerte sich kaum noch darum, ob er seine Gegner wirklich tötete, er musste sie nur außer Gefecht setzen, dann würden andere das für ihn übernehmen. Außerdem hatte er überhaupt keine Zeit, mit jedem einzelnen Herausforderer solange zu fechten, bis er einen tödlichen Treffer landen konnte, denn er musste Grorr'bak finden. Er bewegte sich an der Frontlinie entlang, weil er annahm, dass der Waaaghboss irgendwo an den Kämpfen teilnehmen würde, doch bis jetzt hatte er ihn noch nicht entdeckt. Allerdings war es nur eine Frage der Zeit, bis er ihn fand, dessen war er sich sicher. Außer er ist bereits tot, schoss es ihm durch den Kopf. Von einem Geschoss getroffen, von einem magischen Blitz, im Zweikampf niedergestreckt... Nein! Niemand außer ihm durfte den grünen Muskelberg bestrafen! Es war seine Aufgabe, seine Rache! Sie war alles was er noch hatte! Mit wachsendem Zorn und Enthusiasmus arbeitete er sich durch die Massen. Er duckte sich unter einem Schlag, der ihm galt weg, schlug blind mit dem Schwert nach seinem Angreifer und lief einfach weiter. Geschickt wich er einem verirrten Pfeil aus und hörte an dem Schmerzensschrei hinter ihm, dass er dafür einen anderen getroffen hatte. Im Lauf riss er eine abgebrochene Fahnenstange, die senkrecht im Boden stecke, aus dem Schlamm und stach mit ihr nach seinem nächsten Feind. Er traf den überraschten Ork kurz unterm Kinn in den Hals und rang ihm somit einen schmerzerfülltes Gurgeln ab. Mit einem weiteren, starken Ruck, ließ er zwar die Fahnenstange zerbrechen, doch er warf die Grünhaut auch um, so dass er problemlos über sie hinüber springen konnte.
Nichts konnte ihn aufhalten! Seine Augen leuchteten, er sog scharf die Luft ein und spannte seine Muskeln an. Es war so weit.
Er hatte Grorr'bak gesichtet.
Archbalduin schoss der Schweiß aus seiner pelzigen Stirn. Talgamin - er wusste es, er wusste, dass er hier war! Aber er hatte ihn nicht aufgehalten, weshalb? Wollte er, dass er hier war? Er hätte ihn problemlos töten können, hätte ihm den Einlass verwehren können, weshalb hatte er ihn gewähren lassen? Wohin war er überhaupt verschwunden, was hatte er nur vor? Seine Angst wuchs ins Unermessliche. Er war so gut wie tot. Schlimmer! Zum Glück konnte er die Vorstellungen an das, was mit ihm passieren mochte unterdrücken, irgendwo in ein winziges, dunkles Eckchen seines Gehirns drängen. Aber Talgamin hatte ihn verschont... vorerst. Verdammt! Nein, er wollte nicht sterben! Er ließ alles stehen und liegen und versuchte sich, so unauffällig wie möglich zu entfernen. Als er um eine Ecke gekommen war, begann er zu rennen, so schnell ihn seine Hasenpfoten trugen... er wollte hier weg! Er erreichte den Kamin mit der Spinne und wartete ungeduldig bis der Homunkulus erschien, um ihn nach oben zu befördern. Als er am anderen Ende des Schachts ankam, stürmte er los. Wie besessen rannte er aus dem kleinen Haus hinaus und auf die Straße. Leicht hätte er sich verirren können, in der ihm unbekannten Stadt, die, wie er an der Karte hatte erkennen können, gewaltige Ausmaße hatte, doch sein Gedächtnis funktionierte trotz seiner Panik tadellos wie eh und je und geleitete ihn sicher an die Tore. Er raste hindurch und hielt auf die kleine Nische zu, die ihn zurück in die echte Welt führen würde. Gleich nachdem er sie passiert hatte, nahm er seine ursprüngliche Gestalt wieder an. Mit voller Wucht rannte er gegen die Wand, stieß sich hart den Kopf, taumelte, brach zusammen, schmeckte Blut und musste würgen, brechen. Alles ging auf einmal so schnell, war so hektisch. Es dauerte einige Sekunden bis er wieder einen klaren Gedanken fassen konnte und erst jetzt bemerkte er, dass er ein paar Dutzend Stufen gestürzt war und von Glück sagen konnte, sich nicht irgendwas gebrochen zu haben. Mühselig kämpfte er sich auf die Füße und fing wieder an zu laufen, erst langsam, dann rannte er wieder. Er rannte auch weiter, als er die große Haupthalle erreichte, in der ihn alle verwundert anglotzten, doch es war ihm egal, er würde sie nie wieder sehen. Er musste fort, fliehen, sich verstecken. Er verließ die Akademie gehetzt wie ein wildes Tier und reiste noch am selben Tag ab, weg von Altdorf. Er würde sich irgendwo verbergen, in einer kleinen Provinz. Sein Ausflug in den Turm hatte ihm nur Scherereien gebracht. Er konnte sich nur noch an den einen Zauber erinnern, den er in dem Buch gelesen hat. Die Zeilen hatten sich auf ewig in sein Gedächtnis eingebrannt, niemals würde er sie vergessen können.
Nun hatte auch der Waaaghboss von ihm Notiz genommen und nur wenige kehlige Rufe des Giganten genügten, seine Krieger zurück zu treiben und einen Kreis um ihn und den hitzigen Menschen zu bilden. Schneider grinste böse. Seine Stunde war gekommen, die Stunde der Rache. Kurz ließ er seinen Blick schweifen: Menschen wie Grünhäute starrten wie gebannt auf die Kontrahenten, hielten sich jedoch mit ihren Waffen auf Abstand. Seine Augen wanderten zurück auf Grorr'bak und musterten ihn eingehend. Der Schwarzork schien noch muskulöser als bei ihrem ersten Kampf, allerdings auch geschwächter. Seine Waffenhand war von offenen, näßenden Wunden überzogen, gelbe, ledrige Verbände verhüllten seine Brust und ein Hauer weniger zierte sein breites Maul. Der ganze Körper der monströsen Grünhaut war von frischen Narben geziert - offenbar hatte er in letzter Zeit schon gegen einige, machtvolle Feinde bestanden. Schneider fühlte sich anhand dieses Gedankens ein wenig eingeschüchtert, doch die Angeschlagenheit seines Gegner machte ihn zuversichtlich. Er würde gewinnen, sich rächen. Ihm war, als wäre es totenstill geworden, auch wenn die Luft noch immer mit Schlachtengeläut und Säbelrasseln angefüllt war. Lange betrachteten die zwei Feinde sich, suchten aneinander nach Schwachpunkten und insgeheim wunderte Schneider sich darüber, dass Grorr'bak ihn nicht sofort angriff, denn auch wenn er für einen Menschen stark gebaut war - kein sterblicher Mann hätte gegen die gewaltigen, grünen Muskelberge bestehen können. Aber irgendwie schien der Schwarzork zu spüren, dass er nicht bloß einem gewöhnlichem imperialen Soldaten mit besonderer Tapferheit gegenüber stand. Nein... auch wenn der Waaaghboss dumm wie Brot sein mochte, so war er bis obenhin mit tückischer Kriegslist gefüllt. Ein grüner Blitz umzuckte die Klinge der gewaltigen Axt des Orks und für einen kurzen Augenblick war der Vampir abgelenkt. Scheinbar reichte dieser winzige Moment aus, um Grorr'bak zum Angriff zu bewegen. Mit einem ohrenbetäubenden Brüllen warf er sich auf seinen Gegner und schlug nach ihm. Schneider duckte sich und wollte einen Stich gegen den ungeschützten Leib des Giganten zu führen, als dieser seine Waffe mit einer Hand los ließ und den heransausenden Schwertarm mitten im Stoß abfing. Kurz versuchte Schneider, sich aus der Umklammerung herauszuwinden, doch er merkte schnell, dass es sinnlos war. Der Ork musste in seiner einen Hand mehr Kraft haben, als er in seinem ganzen untoten Körper. Ärgerlich biss er die Zähne zusammen und beschloss einen weiteren seiner Vorteile auszuspielen. Mit einem Ruck brach er sich den eigenen Arm und konnte ihn so ganz leicht aus dem festen Griff befreien. Vor Schmerzen stöhnend brachte er sich mit ein paar kurzen Sprüngen auf Abstand zu seinem Gegner und spürte mit einem gewissen Ekel, wie der Knochen nach nur ein paar kurzen Sekunden wieder in seiner alten Position einrastete. Mit leicht flimmerndem Blick betrachtete er Grorr'bak, der sich ganz gemächlich zu ihm umwandte. So hatte er sich den Anfang dieses Duells nicht vorgestellt. Er musste viel vorsichtiger sein. Diesmal ging die Initiative von ihm aus. Geduckt rannte er auf den Waaaghboss zu, wich bequem einem Faustschlag aus, grinste schon triumphierend und bemerkte den heransausenden, einhändiggeführten Spalta erst viel zu spät. Wie in Trance griff er nach dem Stiel der feindlichen Waffe, die ihn an der Hüfte zu teilen drohte und zog sich an ihm empor. Mit aller Kraft stieß er sich ab und es gelang ihm, im Hocksprung über die singende Klinge zu springen, doch der Arm, mit dem er sich am Griff der Axt festgehalten hatte wurde durch die Wucht des gegnerischen Angriffs nach hinten verdreht und als er ihn los ließ, drehte er sich in der Luft einmal um die eigene Achse und stürzte hart auf den Boden. Für den Bruchteil einer Sekunde tanzten Sterne vor seinen Augen, doch Schneider war besonnen genug, schnell einen Streich gegen die ungedeckten Beine Grorr'baks zu führen und er zog einen tiefen, blutigen Striemen über die rechte Wade des Schwarzorks. Der Gigant selbst schien sich um die Verletzung nicht im Geringsten zu kümmern, sondern trat zornig nach dem Vampir, traf ihn und schleuderte ihn im hohen Bogen davon. Der Tritt hatte ihn genau in die Magengrube getroffen, doch auch wenn ihm auf einmal speiübel würde, so schaffte er es doch, sich sauber auf allen vieren abzufangen. Sein Schwert hatte er verloren. Fluchend sah er es, einen halben Meter hinter seinem Widersacher liegen und für ihn somit nahezu unerreichbar. Grorr'bak schien seinen Blick verfolgt zu haben, denn er machte zwei Schritte zurück, allerdings ohne seinem Widersacher den Rücken zu kehren und betrachtete die, für ihn winzige, von Menschenhand gefertigte Waffe für einen kurzen Augenblick. Mit einem verächtlichen Schnauben packte er seinen verhexten Spalta mit beiden Händen, hob ihn hoch über den Kopf und donnerte ihn mit voller Wucht in den matschigen Boden. Schneider klappte der Unterkiefer runter. Damit hatte er nicht gerechnet, viel eher mit einem verlorenen Kampf. Prüfend riss der Waaaghboss noch einmal am Griff seiner Axt und stellte zufrieden fest, dass wohl niemand außer ihm sie je wieder aus der Erde würde befreien können. Dann schlug er ein paar mal in die Hände und stellte sich breitbeinig auf, so als wollte er ringen. Ein tiefes Grunzen drang aus seinem Maul. Schneider war ehrlich verblüfft. Mit dieser ritterlichen Geste hatte er nicht gerechnet, schon gar nicht bei einem Wesen, das mehr Instinkt als Vernunft besaß. Er spannte seine Muskeln an und überlegte, wie er den Ork im waffenlosen Kampf schlagen konnte. Konnte er es überhaupt? Nicht einmal die Hälfte der Kraft, die sein Gegner besaß, schlummerte in seinem Körper und er hatte keine Klauen, nur seine kümmerlichen Zähne. Genau genommen war es aussichtslos. Angst und Verzweiflung drohten seinen Verstand zu übermannen, doch noch hielt er sie tapfer zurück. Angst? Verzweiflung? Nein! Da war noch etwas anderes! Es war böse, umspielte schleichend seine Gedanken, erfüllte seinen Geist, flüsterte... Angst? Verzweiflung?
NEIN! Zornig drängte er die finstere Kreatur in seiner Seele zurück, er durfte diese Macht nicht benutzen, niemals, oder er würde Gefahr laufen, von ihr beherrscht zu werden.
Aber ohne sie bin ich verloren, schoss es ihm durch den Kopf. Ich habe nicht die kleinste Chance gegen diesen Koloss zu gewinnen.
"Du musst mich befreien.", hörte er eine wispernde Stimme hinter seiner Stirn sagen. "Lass mich frei und wir werden ihn zusammen vernichten!"
Nein! Er spürte wie er hochrot wurde. Es kostete ihn viel Kraft und Zeit, sich gegen die Bestie zu wehren. Zum Glück schien Grorr'bak ihn zu erwarten und griff nicht von selbst an.
"Du wirst sterben und deine Freunde werden ungerächt bleiben!", sagte die Stimme.
"Verschwinde!", lautete die zornige Antwort und Schneider schüttelte den Kopf, presste beide Hände gegen die Schläfen, doch er vermochte nicht, seinen Verstand vor der unheiligen Kreatur zu verschließen.
"Sie haben ihre Rache verdient, zu zweit können wir ihn strafen, ihn töten, ihn leiden lassen."
"Ihn leiden lassen..."
"Entsetzliches Leid!"
Schneider riss seinen Mund auf und schlug die Zähne in seinen Arm, trank gierig. Er war in guter körperlicher Verfassung, daher würde es ihn nicht töten, aber er konnte spüren, wie die Bestie sich jaulend zurück zog. Doch auch das war nicht sein Ziel! Er trank und schluckte, gierig - der Durst wuchs ins Unermessliche. Sein eigenes Blut vermochte nicht ihn zu löschen, sondern verschlimmerte ihn ungleich - er wollte sich in den Blutrausch trinken. Nur indem er die Beherrschung verlor, wie damals in Haselbrühl, nur dann konnte er die Bestie hervorbrechen lassen, nur dann konnte er gegen Grorr'bak antreten und ihn töten. Er spürte den verwunderten Blick des Schwarzorks auf sich, der ganz sicher nicht verstand, was hier vor sich ging. Mit einem Schrei zog Schneider die Zähne aus seinem Arm. Blut troff ihm über die Lippen und besudelte seinen ganzen Körper. Seine Augen hatten sich tief rot verfärbt, so dass man nichts mehr von dem Weißen sehen konnte. Seine Muskeln schwollen an, sein Verstand zog sich gepeinigt zurück und übergab dem Durst und der Gier die Kontrolle. Schneider hatte gegen die Bestie verloren.
Gegen Grorr'bak allerdings, konnte er jetzt gewinnen.