WHFB Erwählte des Khaine - PDF komplett online

Ich wollte mich mal auch wieder zu Wort melden XD
Ich bin jetzt bei Seite 95 im Thread, die Geschichte ist super klasse. Ich kann mich nur wiederholen, wenn ich sage, sowas gutes hab ich noch auf keiner Kurzgeschichten oder Fangeschichten-Seite gelesen.

Allerdings hätte ich noch 2 Fragen, die mir auf der Zunge brennen:
1. Warum weiss Vieltaar nicht, dass Sissral noch lebt? Er ist der größte Held ihres Volkes, sein Auftauchen, kann auch an ihr nicht unbemerkt vorrübergehen. Knapp 30.000 Dunkelelfen leben noch, dann kommt DER Held ihres Volkes, derjenige der nochmal hoffen lässt. Ich denke mir, dass da ein Raunen durch die Schlachtreihen bei seinem Auftauchen gibt. Sowas kann doch an niemanden unbemerkt vorrüber gehen, oder?

2: Ich verstehe nicht, warum Nerglot das Risiko auf sich nimmt, und 2 Schwarze Gardisten während der Schlacht zu töten. Wo er doch eine fast unendliche Mengen an Leichen zur Verfügung hat. Klar Riflis wurde ja während der Schlacht von einem Orkboss getötet. Aber seinen Bruder lässt Nerglot durch eben diesen schwarzen Gardisten ermorden.
 
Ich wollte mich mal auch wieder zu Wort melden XD
Ich bin jetzt bei Seite 95 im Thread, die Geschichte ist super klasse. Ich kann mich nur wiederholen, wenn ich sage, sowas gutes hab ich noch auf keiner Kurzgeschichten oder Fangeschichten-Seite gelesen.

Allerdings hätte ich noch 2 Fragen, die mir auf der Zunge brennen:
1. Warum weiss Vieltaar nicht, dass Sissral noch lebt? Er ist der größte Held ihres Volkes, sein Auftauchen, kann auch an ihr nicht unbemerkt vorrübergehen. Knapp 30.000 Dunkelelfen leben noch, dann kommt DER Held ihres Volkes, derjenige der nochmal hoffen lässt. Ich denke mir, dass da ein Raunen durch die Schlachtreihen bei seinem Auftauchen gibt. Sowas kann doch an niemanden unbemerkt vorrüber gehen, oder?

2: Ich verstehe nicht, warum Nerglot das Risiko auf sich nimmt, und 2 Schwarze Gardisten während der Schlacht zu töten. Wo er doch eine fast unendliche Mengen an Leichen zur Verfügung hat. Klar Riflis wurde ja während der Schlacht von einem Orkboss getötet. Aber seinen Bruder lässt Nerglot durch eben diesen schwarzen Gardisten ermorden.


freut mich, dass es dir gefällt. Ist immer wieder schön, wenn sich jemand meldet.

Zur Eklärung:
mit 1. hast du vermutlich recht. Allerdings hat Silberstich ihr ja anfangs gesagt, dass Sisrall tot ist. Das wiederauftauchen am 3. Tag hat sie verschlafen und danach hatte sie einfach Anderes im Kopf. Und während der Schlacht fällt eine Person, so heldenhaft sie auch ist, einfach nicht so auf.

2. Erstmal wars andersrum: Korlif wurde von dem Ork getötet, wenn ich mich nicht sehr irre.
Und er wollte nicht seinen Bruder töten. Das war ein Versehen. Eigentlich ist er mit der Hellebarde auf den Hexenkönig losgegangen (und dass der sich als Ziel lohnt, ist wohl klar). Sein Bruder kam dann nur dazwischen und ist stattdessen gestorben.

Hoffe, jetzt ist es klarer.
 
freut mich, dass es dir gefällt. Ist immer wieder schön, wenn sich jemand meldet.

Zur Eklärung:
mit 1. hast du vermutlich recht. Allerdings hat Silberstich ihr ja anfangs gesagt, dass Sisrall tot ist. Das wiederauftauchen am 3. Tag hat sie verschlafen und danach hatte sie einfach Anderes im Kopf. Und während der Schlacht fällt eine Person, so heldenhaft sie auch ist, einfach nicht so auf.

2. Erstmal wars andersrum: Korlif wurde von dem Ork getötet, wenn ich mich nicht sehr irre.
Und er wollte nicht seinen Bruder töten. Das war ein Versehen. Eigentlich ist er mit der Hellebarde auf den Hexenkönig losgegangen (und dass der sich als Ziel lohnt, ist wohl klar). Sein Bruder kam dann nur dazwischen und ist stattdessen gestorben.

Hoffe, jetzt ist es klarer.

Klar es war Korlif^^, sry die beiden verwechsel ich gerne. Aber zu dem Zeitpunkt war die Schlacht doch noch nicht entschieden, und Nerglot hatte seine Rache noch nicht, oder? Aber klar hatte überlesen, dass er auf den Hexenkönig gehen wollte.

Klar hat sie vielleicht anderes im Kopf, aber das hat mir pers. als Grund nicht gereicht, wenn der Größte Held aller Zeiten auftaucht und die Grössten Heldentaten vollbringt, und diese einfach an ihr vorrüberziehen. Hier könntest du schon Andeutungen auf ihr späteres Verhalten in bezug auf Nerglot machen, dann wäre ihr sinneswandel nicht so aprupt.

Aber deine Antworten haben mir auch schon weitergeholfen. Sollte eh nur e bissl konstruktive Kritik sein, da deine Geschichte ohnehin episch ist.
 
Klar es war Korlif^^, sry die beiden verwechsel ich gerne. Aber zu dem Zeitpunkt war die Schlacht doch noch nicht entschieden, und Nerglot hatte seine Rache noch nicht, oder? Aber klar hatte überlesen, dass er auf den Hexenkönig gehen wollte.

Klar hat sie vielleicht anderes im Kopf, aber das hat mir pers. als Grund nicht gereicht, wenn der Größte Held aller Zeiten auftaucht und die Grössten Heldentaten vollbringt, und diese einfach an ihr vorrüberziehen. Hier könntest du schon Andeutungen auf ihr späteres Verhalten in bezug auf Nerglot machen, dann wäre ihr sinneswandel nicht so aprupt.

Aber deine Antworten haben mir auch schon weitergeholfen. Sollte eh nur e bissl konstruktive Kritik sein, da deine Geschichte ohnehin episch ist.

klar, ich weiß konstruktive Kritik auch zu schätzen. Im Moment hab ich ja leider überhaupt zu wenig Zeit / Lust für die Geschichte, aber vielleicht denke ich später mal an deinen Hinweis wegen Viverla. Ganz Unrecht hast du ja nicht.
 
So, es geht weiter.

Attentat


„Sei niemals zu stolz, jede Chance, die dich dem Sieg näherbringt, zu nutzen. Zögere nicht einmal vor dem Mittel der Heimtücke. Ehrenhafte Verlierer schreiben keine Geschichte. Ehrlose Sieger aber werden Helden genannt.“
- Aus Kriegsweisheiten, Valen Sidon

Naggarond; Naggaroth
2567 IC; 8.Vollmond (5.Tag)
4 Stunden nach Sonnenaufgang

Eile dich, hallten Yucaltas Abschiedsworte durch Reckdis Kopf. Er musste sich zusammenreißen, um nicht zu lächeln, was der gegenwärtigen Situation einfach unangemessen wäre. Der Piratenfürst konnte nicht erklären, weshalb die geheimnisvolle Novizin eine derartige Wirkung auf ihn hatte, aber etwas an ihr ließ ihn jede Rationalität vergessen.
Seit Jahrzehnten befuhr Reckdis die Meere und er hatte lernen müssen, dass selbst nach so langer Zeit jeder Tag anders war, ein eigenes Abenteuer. Die See war eine geheimnisvolle und gefährliche Verliebte für jene, die ihr Herz und manchmal auch ihren Verstand an die unendlichen Wogen verloren. In ihrer Tiefe hausten die Meerdrachen und vielleicht noch weit finsterere Geschöpfe, für welche die Druchii nicht einmal Namen hatten. Und wer wusste schon, welche Schätze in Jahrtausenden der Seefahrt in der Dunkelheit der Ozeane verloren gegangen waren?
Begehrte er Yucalta möglicherweise, weil sie ihn an das Meer erinnerte? Geheimnisvoll, unergründlich, gefährlich und tückisch? Wer wusste schon, welche dunkle Visionen sie hinter ihrem unschuldigen Gesicht verbarg? Sie wäre eine perfekte Braut für einen Fürsten wie ihn. Jung, schön und einmalig begabt. Bei Khaine, seit Jahrhunderten, vielleicht Jahrtausenden hatte es unter den Khainlern keine Seherinnen mehr gegeben und selbst die Hexenklöster konnten, soweit er wusste, keine Zauberin aufweisen, die über derartige Fähigkeiten wie Yucalta verfügt hatte. Ihre Zuneigung wäre ein unbezahlbarer Gewinn für sein Volk.
Und sie selbst wäre eine unersetzbare Frau für mich. Er dachte daran, wie sie sich an ihn schmiegte, Halt suchend, um ihren dunklen Visionen zu entkommen. Reckdis stellte sich vor, wie er seine Sturmrufer dazu antrieb, einen Zauber zu entwickeln, der seine junge Braut vor ihren finsteren Fähigkeiten schützen konnte, und wie sie ihm ihre Dankbarkeit zeigte.
Und sie wollte ihn, da war er sich sicher. Sie hatte an seinem Bett gewacht, sie hatte ihn geküsst und sie hatte ihm ins Ohr geflüstert: Du musst bald etwas sehr Wichtiges für mich tun. Etwas, wofür ich dir lange dankbar sein werde. Und welch ein Narr wäre er, eine solche Chance verstreichen zu lassen? Zumal sie von einer Seherin kam, was bedeutete, dass ihre Vorhersage mit recht großer Wahrscheinlichkeit in Erfüllung gehen würde.
Und deshalb rannte er nun über die Mauer. Die Kämpfe um ihn herum beachtete er nur flüchtig. Der Ansturm der Untoten hatte etwas nachgelassen, seit Nerglot verschwunden war. Sie waren nun dazu übergegangen, stoßweise vorzugehen. Erst sammelten sie sich, dann wurden die Leichen auf der Brüstung wiederbelebt und gleichzeitig die Verteidiger mit Pfeilen und Bolzen eingedeckt. Untote waren keine besonders guten Schützen, doch ihre schiere Zahl erlaubte es ihnen, verheerenden Schaden anzurichten.
Waren die Verteidiger in Deckung und mit den Kämpfen gegen die belebten Toten auf der Mauer beschäftigt, begann der Sturmlauf wieder. In großer Zahl und mit überraschender Geschwindigkeit rannten die Untoten gegen die Mauer an, kletterten an Ihresgleichen nach oben und sprangen wie eine Welle des Grauens über die Zinnen. Die Druchii hatten mittlerweile bittere Erfahrungen sammeln müssen: Die Untoten kämpften weder mit Raffinesse noch mit Technik, sondern wild und unkoordiniert. Doch ihre Angriffe waren dank der Magie, die ihr Unleben überhaupt erst ermöglichte, kräftig und außerdem absolut furchtlos, wenn auch recht langsam. Ein Untoter wich niemals zurück, auch wenn er schwer verwundet worden war. Und sie waren erst dann besiegt, wenn man ihre Schädel zertrümmert oder vom Rumpf abgetrennt hatte.
Eine neue Bolzensalve schoss auf den Mauerabschnitt zu, über den Reckdis momentan eilte. Gleichzeitig regten sich die toten Druchii und einige der bereits besiegten Untoten fügten sich wieder zusammen. Der Piratenfürst blieb stehen und sprach einen Zauber der Winde. Es dauerte nur einen Moment, dann erfasste eine mächtige Böe die Bolzensalve und bremste ihren Flug. In einem hellen Stakkato prallten die metallenen Spitzen der Geschosse gegen die Mauer und fielen nutzlos und mit zerbrochenen Schäften zu Boden. Einige blieben auch in den Untoten stecken, die noch immer eine lebende Leiter bildeten. Ein oder zwei Glückstreffen, bei denen Bolzen die Schädel oder Wirbelsäulen der Untoten durchschlugen führten dazu, dass Teile der Wand aus belebten Leichen zusammenstürzten und in einer Welle andere mitrissen. Als wieder Ruhe einkehrte, stand vielleicht noch ein Drittel der improvisierten Leiter an diesem Mauerabschnitt.
Ein Kind des Mordes stand in der Mitte des Abschnittes. Als die Kriegerin Reckdis bemerkten, hob sie ihre Axt zum Gruß und wies dann ihre Krieger an, die Untoten zurückzuschlagen, die sich auf der Brüstung erhoben.
Als Reckdis weitereilte, stellte sich ihm eine der Kreaturen in den Weg. Der Piratenfürst konnte den seitlichen Hieb nicht völlig parieren und das Schwert des Untoten schlug gegen die Panzerung seines linken Oberarms. Kreischender Schmerz zuckte durch Reckdis‘ linke Seite bis hinunter zur Hüfte und über beide Schultern. Beinahe hätte er das Schwert fallen lassen. Doch jahrelang antrainierte Instinkte retteten ihn. Obwohl sein Verstand in einer roten Wolke aus Schmerz ertrank, parierte sein Körper den nächsten, nach seinem Gesicht geführten Hieb und stieß dem Skelett dann die Klinge in den Schädel. Die Kreatur sackte in sich zusammen und Reckdis atmete mehrmals tief durch.
Allmählich klärte sich sein Verstand wieder und der Schmerz ging zurück. Die Betäubungsmittel, die ihm die Heiler gegeben hatten, zeigten wieder Wirkung. Nach einigen Augenblicken hatte sich Reckdis wieder soweit unter Kontrolle, dass er weitereilen konnte. Er passierte die Erwählte, die gerade scheinbar mühelos zwei Zombies in Stücke schlug, und eilte zum nächsten Turm. Oben auf der Plattform konnte er Krieger der Schwarzen Garde ausmachen und wenn er sich nicht irrte, befand sich auch Silberstich dort oben.
Reckdis erreichte den Turm und fand die Tür angelehnt. Er öffnete sie mit dem Fuß weiter und schlüpfte ins Innere. Der Raum war leer. Nein, nicht leer, aber unbelebt. Vorne an den Schießscharten lagen zwei Armbrustschützen in Lachen ihres Blutes. Der von Reckdis weiter entfernte schien von hinten enthauptet worden zu sein, der andere war durch einen Stich in die Brust gestorben. Auf seinem Gesicht war ein Ausdruck der Verwirrung und Überraschung zu sehen. Die Armbrust in seinen Händen war zersplittert.
An der Treppe zur oberen Plattform drehte sich ein Schwarzer Gardist nach Reckdis um, nickte ihm zu und stieg dann mit einem leichten Humpeln die Treppe hinauf. Reckdis verspürte ein seltsames Gefühl, doch er konnte es sich nicht erklären. Dann fiel ihm etwas auf. In der Mitte des Raumes lag der Schaft eines Bolzen. Die Spitze fehlte.
Es sah ganz so aus, als wäre der erste Armbrustschütze erschlagen worden. Der zweite hatte sich nach dem Mörder umgedreht und noch einen Schuss abgegeben. Der Mörder hatte dann den Schaft aus seinem Körper gezogen, wobei die Spitze zurückgeblieben war. Doch am Schaft war kein einziger Spritzer Blut. Doch wenn der Mörder ein Untoter gewesen war, dann hätte ihn der Schwarze Gardist erschlagen. Und es gab keine Spur von einer Leiche.
Dann ging ihm auf, was ihn so stutzig gemacht hatte: Der Gardist humpelte zwar, doch nicht stark genug. Sein ganzes Bein war gequetscht, als sei es unter einem Pferd eingeklemmt worden. Er dürfte überhaupt nicht mehr gehen. Außerdem fiel Reckdis jetzt das dunkle Loch ein, das er in der Brust des Gardisten gesehen hatte. Er hatte es für einen Schatten oder einen Blutfleck gehalten, doch jetzt war ihm alles klar.
„Verflucht bei allen eisigen Wogen!“, fluchte der Piratenfürst und eilte dem Gardisten nach. Doch kaum hatte er die Hälfte der Treppe erklommen, als vor ihm ein Schatten auftauchte. Er hörte das Pfeifen einer Klinge, die durch Luft schnitt, und warf sich reflexartig herum. Er bekam einen heftigen Treffer an der linken Schulter und vor Schmerz wurde ihm schwarz vor Augen. Dann schlug etwas mit großer Kraft gegen seinen Unterleib. Reckdis krümmte sich zusammen und die Rüstung kreischte protestierend. Ein Tritt gegen den Oberkörper schleuderte ihn von den Füßen und ließ ihn scheppernd gegen die Wand fliegen. Am Rande der Bewusstlosigkeit rutschte er zu Boden, irgendwo hörte er sein Schwert klirrend auf die steinerne Treppe schlagen und mehrere Stufen hinunterspringen. Auch der Piratenfürst rollte hinab, ohne sich rühren zu können. Zehn Stufen, die ihm wie tausend vorkamen, krachte er hinab, bei jeder zweiten begrub er seinen verletzen Arm unter sich. Unendliche Pein loderte durch seinen ganzen Körper.
Schließlich blieb er reglos liegen und versuchte, nicht das Bewusstsein zu verlieren. Sein Atem ging rasselnd und er glaubte, Blut zu schmecken. Die verbogene Rüstung drückte in seinen Bauch und sein Arm schien in Flammen zu stehen.
Ich weiß nicht, was du dort finden wirst, aber es muss wichtig sein. Ich vertraue dir. Mit einem Schlag klärte sich sein Bewusstsein, als die Schmerzen von anderen Emotionen verdrängt wurden. Yucalta vertraute ihm. Sie hatte ihn hierher geschickt, damit er etwas Wichtiges tat. Er musste diesen Gardisten aufhalten. Das war der Grund.
Stöhnend rappelte er sich auf. Er konnte nicht gerade stehen, so verzogen war die Rüstung an seinem Unterleib. Bedauernd löste er die Schnallen und ließ den Teil der Panzerung zu Boden fallen. Der Rest schien einigermaßen intakt zu sein. Nur sein Bauch war jedem Angriff ausgeliefert. Das leichte Kettenhemd, das er unter der Rüstung trug, würde den Hieb eines Untoten nicht abwehren können.
Schwindel überkam ihn, als er sich die Treppe hinauf mühte, das Schwert wieder in der Hand. Er stützte sich an der Wand ab und schleppte sich weiter. Er verdrängte jeden Gedanken außer an den nächsten Schritt und an seinen Gegner. Mit jedem Schritt fühlte er sich besser und Wut durchströmte ihn. Der brennende Hass verbannte den Schmerz und auch die Furcht.
Schließlich erreichte er überraschend das Ende der Treppe und fühlte den leichten Wind, der ihm entgegen wehte. Kurz überlegte er, ob ein Helm in dieser Situation vielleicht hilfreich wäre. Aber er hatte schon immer mit freiem Kopf gekämpft. Er brauchte nur einen Augenblick, um sich zu orientieren.
Vier Schwarze Gardisten standen auf dem Dach des Turms. Eine der Gestalten erkannte er als Silberstich, die Kriegsherrin der Druchii in dieser Schlacht. Sie stand nahe der Brüstung zu dem Mauerabschnitt, über den Reckdis soeben gekommen war. Zwei ihrer Krieger standen an der vorderen Brüstung, jeder an einer Ecke, und beobachteten aufmerksam das Treiben der Untoten vor der Mauer.
Die vierte Gestalt stand nun direkt hinter Silberstich, die lange Hellebarde erhoben, als wäre es ein Speer. Kein Sterblicher sollte eine derart schwere Waffe mit einer Hand so halten können. Silberstich drehte sich um. Anscheinend hatte sie die Schritte des Gardisten gehört und wollte dessen Bericht in Empfang nehmen.
Reckdis wusste, was geschehen würde und er wusste auch, dass er es nicht mehr verhindern konnte. Ein Schrei verließ seine Lippen und er setzte sich in Bewegung, doch es gab keine Rettung mehr. Die Hellebarde glitt beinahe anmutig durch die Luft und bohrte sich mühelos durch Silberstichs Rüstung. Reckdis sah, wie sich ihr Körper zusammenkrümmte und wie die Wucht des Treffers sie nach hinten schleuderte, während die Klinge der Waffe in ihre Brust eindrang. Kurz sah Reckdis das Aufblitzen von Metall und hörte das Kreischen zerreißenden Silberstahls, als die Klinge Silberstichs Rücken verließ. Dann wurde die Herrin der Schwarzen Garde über die Brüstung gerissen und fiel, sich einmal überschlagend, auf den Mauerabschnitt unter ihr.
Reckdis rannte wutentbrannt auf den Gardisten zu, doch der kümmerte sich nicht um ihn. Gleichgültig wandte er sich ab und griff den Krieger an, der ihm am nächsten stand. Der Schwarze Gardist zögerte, anscheinend wusste er nicht, was er mit dem Mann machen sollte, den er zuerst für einen Mitstreiter hielt.
Dann war der Angreifer heran, entriss dem verdutzten Gardisten die Hellebarde und beförderte ihn mit einem kräftigen Tritt gegen den Oberschenkel über die Mauer. Die Schreie des Kriegers brachen rasch ab, als er auf den entfernten Boden traf. Der letzte Schwarze Gardist griff den Verräter nun an und Reckdis versuchte, ihm zu Hilfe zu kommen. Doch bevor die beiden Kontrahenten aufeinanderprallten, wandte sich der untote Gardist dem Piratenfürsten zu.
Verwirrt wich Reckdis zurück, in der Hoffnung, der letzte lebende Gardist würde dem Untoten in den Rücken fallen. Doch kaum hatte dieser einen Schritt in Richtung seines Kontrahenten gemacht, flog er gegen die Brüstung. Seine Hände ließen die Hellebarde fallen und griffen nach seinem Hals, aus dem ein langer Bolzen ragte. Der Schwung des Geschosses schleuderte ihn gegen die Zinnen, wo er regungslos liegen blieb.
Verdammt, sind wir denn völlig von Verrätern umgeben?, ging es Reckdis durch den Sinn, dann sah er sich der Hellebarde des Gardisten gegenüber. Die polierte Klinge blitzte im schwachen Sonnenlicht, als sie auf ihn zuschoss und Reckdis blieb nichts Anderes übrig, als die Herausforderung anzunehmen und zu hoffen, dass ihn der geheimnisvolle Schütze in seinem Rücken nicht vorzeitig umbringen würde.
 
Dank euch beiden für die tollen Kommentare.

Ich weiß leider auhc, dass ich mehr schreiben und öfter posten sollte, aber im Moment sieht es schlecht aus. Bedauerlich umso mehr, weil Mixerria recht hat. Die Spannung steigt gewaltig und es geht so langsam richtig los.

Das heißt, ihr könnt euch zumindest noch auf die folgenden Reserveteile freuen 😉
 
Ich kann mich meinen Vorrednern nur anschließen.
Toller Abschnitt, guter Spannungsbogen im Moment.

Es ist immer wieder eine Wonne deine Geschichte zu lesen

dank auch dir für das Lob. Wird immer gern angenommen.

Ohne jetzt zu viel Hoffnung machen zu wollen: Ich hab mir gestern Gedanken zum neuen Kapitel gemacht und ich denke, das werde ich am Wochenende auch umsetzen. Gerade weil es momentan so spannend ist, bekomm ich doch wieder Lust, weiterzumachen. Aber erstmal schauen, wie lange die Motivation vorhält 😉
 
Ich hab in letzter Zeit ein wenig weitergeschrieben, aber leider lange nicht so viel, wie ich gehofft hatte. Deshalb hab ich mich entschlossen, dass ich zwar weitermache mit posten, aber kürzere Abschnitte veröffentliche. Zumindest da, wo eine Teilung möglich ist. Das hier ist jetzt also nur die Hälfte des Kapitels.

Schattenhafte Gegner


Später sprach man von geheimnisvollen Schatten, die in der Stadt umgingen und unsere Verteidigung beinahe von innen heraus zerbrochen hätten. Der Mut Einzelner hat das Schlimmste verhindern können, doch der Preis war hoch.
- Aus Bericht der Viermächteschlacht

Naggarond; Naggaroth
2567 IC; 8. Vollmond (5.Tag)
4 Stunden nach Sonnenaufgang

Darmal beobachtete, wie die Flammen hoch in den Himmel schlugen und dabei rußige Asche und dunklen Qualm in die Luft bliesen. Der einstige Marktplatz war inzwischen ein gewaltiger Scheiterhaufen geworden. Dutzende Berge aus brennenden Toten waren hier aufgeschichtet worden, um der Bedrohung durch die Untoten Herr zu werden.
„Eisfaust“, rief ihn die Erwählte, die mit ihrer Hydra die Verbrennung koordinierte. Trizil war ihr Name, wenn er sich nicht irrte. Das gewaltige Monster hatte die Verletzung und den Verlust eines Auges inzwischen überwunden, auch wenn sich der entsprechende Kopf weiterhin weigerte, zu gehorchen. Er hing herunter und knurrte vor sich hin.
„Meister Blutklinge verlang, dass Ihr zum zweiten Turm südlich des östlichen Stadttores eilt. Die Gesichtslosen sollen die Kinder des Mordes begleiten, die sich zum dritten Ring begeben, um den Feind zu suchen.“
Darmal entschied, keine Fragen über diese seltsame Anweisung zu stellen. Die Erwählte schien es eilig zu haben und so bestätigte Darmal nur, bevor er seinen Kriegern befahl, sich dem Kind des Mordes anzuschließen.
Die Erwählte wandte sich an die Tempelkrieger. „Ihr durchstreift die Stadt nach weiteren Untoten und bringt sie her. Findet ihr keine weiteren, unterstützt die Krieger auf der Stadtmauer. Die Hälfte der Kinder des Mordes wird ebenfalls dort bleiben.“
Als auch die Scharfrichter die Weisungen bestätigt hatten, wandte sich Darmal ab und suchte sich einen Weg zur Stadtmauer. Er fragte sich, was er dort finden würde. Die Gassen von Naggarond waren leer und still. Überall sah man die Spuren von Kämpfen: Körperteile, Blutlachen und –flecken, Aasvögel, die sich an dem Fleisch gütig taten, verlorene oder beschädigte Waffen und Rüstungen.
Darmal umklammerte sein Schwert und rannte so schnell er konnte. Nicht, weil ihn der Anblick, für den er teilweise selbst verantwortlich war, abstieß, sondern weil ihn die Eile in der Stimme der Erwählten beunruhigt hatte. Hier sah ihn niemand und deshalb wagte es Darmal, mit übermenschlicher Schnelligkeit über das Pflaster zu sprinten.
So erreichte er allzu bald die Stadtmauer und verlangsamte sein Tempo auf ein halbwegs normales Rennen, als er aus dem Schatten der Häuser trat. Er sah einen Turm direkt vor sich, doch wusste er nicht, ob es der richtige war. Kurz zögerte der Krieger und wog seine Möglichkeiten ab: Er könnte der Mauer bis zum Tor folgen und dann wieder zurücklaufen. Denn dass er sich südlich des Tores befand, wusste er.
Darmal entschied sich für die Alternative und rannte zum Turm. Er würde auf der Mauer nachfragen, wo er sich befand und dann von dort aus zu seinem Ziel laufen. Das bot den Vorteil, dass er vielleicht den Soldaten auf der Brüstung helfen konnte.
Er öffnete die schwere Tür mühelos und betrat das Innere des Turms. Das Erdgeschoss war leer. Waffenständer befanden sich an den drei anderen Wänden und neben der Tür schraubte sich eine Treppe in beide Richtungen. In die unterirdischen Lager wollte Darmal nicht, deshalb nahm er den Weg nach oben. Ihm fiel auf, dass hier vor Kurzem jemand herabgekommen war, dessen Spuren auf ihn sehr seltsam wirkten. Doch er sah keinen Grund, dem nachzugehen.
Die nächsthöhere Ebene war ebenso leer. Hier hatte es vor der Schlacht eine Speerschleuder gegeben, doch die war scheinbar am dritten Tag der Schlacht zerstört worden. Die Trümmer lagen immer noch in einem großen Haufen. Darmal eilte weiter, ohne sich weiter darum zu kümmern. Auf der nächsten Ebene befanden sich zwei Türen, die zu den Gängen im Inneren der Mauer führten. Eine war aus den Angeln gerissen. Die beiden Speerschleudern waren ebenfalls zerstört. Die Geschützmannschaften waren niedergemacht worden. Darmal hielt inne, um sich die Toten näher anzusehen.
Es waren relativ junge Druchii und alle boten ein ähnliches Bild: Sie waren an tiefen Wunden an Oberkörper, Hals oder Kopf gestorben. Einigen fehlten auch Gliedmaßen. Es schien, als wäre hier jemand oder etwas mit großer Kraft und einer schweren Waffe zugange gewesen. Das waren keine Schwertwunden. Und was noch seltsamer war: Jeder der Krieger hatte einen Ausdruck auf dem Gesicht, der so gar nicht zu einem Toten passen wollte. Die Spanne reichte von angenehmer Überraschung bis hin zu ekstatischer Verzückung.
Verwirrt und beunruhigt eilte Darmal weiter. Umso überraschter war er, als er die nächste Ebene besetzt vorfand: Eine der Speerschleudern fehlte, aber die andere wurde von einer vollständigen Geschützmannschaft bedient. Beide Türen zu der Mauerbrüstung waren verschlossen. Bei Darmals Eintreten sahen sich die Soldaten um.
„Was ist dort unten geschehen?“, fauchte Darmal sie an. Die Männer zuckten zusammen und sahen sich verwirrt an. Anscheinend hatte niemand von ihnen etwas mitbekommen von dem Gemetzel auf der unteren Ebene. Der Gesichtslose erinnerte sich an die beschädigte Tür. Der Mörder der Druchii war anscheinend nicht über die Treppe gekommen, sondern durch die Mauer.
Mit einem unguten Gefühl trat Darmal zur südlichen Tür und stieß sie auf.

Yerill fühlte sich seltsam unbefriedigt, als sie die Treppe wieder hinaufstieg und das Erdgeschoss des Turms betrat. In dem unterirdischen Gewölbe hatte sie nichts Interessantes finden können. Jetzt stand sie vor der Tür nach draußen und überlegte. Nach ihrem Gemetzel auf der Mauer hatte sie einen Turm weiter südlich betreten. Er war der letzte gut besetzte in der Richtung. Danach waren die Mauerabschnitte leer und die Türme nur spärlich bemannt. Die Wachen auf dem Dach des Turms waren bereits tot gewesen, niedergeschossen. Sie vermutete Viverla’atars Werk.
Also war sie die Treppe des Turms hinabgelaufen und hatte die Soldaten auf den tieferen Ebenen niedergemacht. Diese hatten ihr kaum Widerstand entgegenzusetzen. Im Erdgeschoss hatte sie überlegt, ob sie durch die Tür und in die Stadt gehen sollte, sich aber dafür entschlossen, lieber den Weg durch die Mauer zu wählen. Der Tunnel war leer gewesen, nur gelegentlich hatte sie Spuren von Kämpfen der vergangenen Tage gefunden.
Schließlich war sie in diesen Turm gekommen und hatte die Mannschaften der Speerschleudern auf der zweiten und dritten Ebene niedergemacht und die Geschütze zerstört. Das unterirdische Gewölbe hatte sie ebenfalls besucht und nun zögerte sie. Sie könnte noch die vierte Ebene besuchen, doch es reizte sie nicht, die recht wehrlosen Soldaten getötet. Und auf dem Mauerabschnitt nördlich des Turms befand sich ein Kind des Mordes, wie sie von ihrer Beobachtung vor ihrem Angriff wusste. Deshalb wollte sie auch nicht auf das Dach des Turms. Sie konnte noch nicht einschätzen, ob sie diesen Kriegern gewachsen war.
Blieb noch die Möglichkeit, durch den Tunnel innerhalb der Mauer zum nächsten Turm zu gehen, doch auch dort würde sie vermutlich nur auf Geschützmannschaften treffen. Die Vorstellung, wehrlose Sterbliche abzuschlachten, hatte ihren Reiz verloren. Selbst die Wärme ihres Blutes war nicht mehr so verlockend wie früher. Außerdem war einer von Nerglots besseren Dienern, den ehemaligen Schwarzen Gardisten, dort.
Kurzentschlossen trat Yerill zur Tür und verließ den Turm. Die Gassen vor ihr waren leer und verlassen. Sie beschloss, durch die Straßen und Gassen der Stadt zu laufen und sich nun endlich um den Auftrag zu kümmern, den ihr Meister ihr gegeben hatte.
 
Zuletzt bearbeitet:
Na, ich will mal gar nicht viel sagen. Sieht im Moment nicht gut aus mit der Geschichte. Aber erstmal der 2. Teil des Kapitels (deshalb auch keine Überschrift):

Darmal wich entsetzt zurück und die Tür fiel wieder zu. Mit unglaublicher Geschwindigkeit schoss der Druchii die Treppe nach oben und betrat das Dach. Der Anblick, der sich ihm bot, war so schlimm, wie er erwartet hatte. Ein halbes Dutzend Krieger lag über die gesamte Plattform verstreut, allesamt von Bolzen niedergestreckt. Vier schienen von den Untoten auf den Wiesen vor der Stadt erwischt worden zu sein, als diese das Feuer aus irgendeinem Grund auf den Turm konzentriert hatten. Unzählige weitere Geschosse lagen über das gesamte Dach verteilt.
Doch was Darmal noch erschreckender fand waren die beiden anderen Toten: Sie waren von Bolzen getötet worden, die eindeutig aus der Stadt gekommen waren. Ihre Gesichter zeigten Überraschung und Unglaube. Offensichtlich hatten sie den Tod nicht erwartet.
Und dann sah Darmal wieder nach Süden und übelkeitserregende Wut stieg in ihm auf. Der gesamte Mauerabschnitt bis zum nächsten Turm war ein einziges Leichenfeld. Dort waren die Autarii postiert gewesen. Darmal erkannte ihre Umhänge und leichten Rüstungen, doch nirgendwo entdeckte er die Leiche eines Feindes. Es schien, als seien zweihundert Autarii einfach dahingerafft worden. Darmals scharfe Augen verrieten ihm, dass kein einziger durch einen Bolzen oder einen Pfeil getötet worden war: Sie alle wiesen dieselben Spuren schwerer Waffen auf, die er auch bei den Soldaten in den unteren Ebenen des Turm gefunden hatte.
Der Mauerabschnitt im Norden sah dagegen recht gut aus. Dort hielten die Soldaten, angeführt von einem Kind des Mordes, tapfer die Stellung. Immer wieder sprangen Untote über die Brüstung, doch bisher waren sie noch zurückgeschlagen worden.
Dann sah Darmal weiter. Er entdeckte den gewaltigen Drachen von Blutklinge und Bluthand auf einem der Türme beim Tor. Von dort aus zählte er und erkannte, dass er sich auf dem dritten Turm südlich des Tores befand. Er blickte zum nächstnördlichen Turm, zu dem er eigentlich sollte.
Darmal runzelte die Stirn, als seine Augen die Szene erfassten, die sich dort abspielte. Dort, wo vermutlich die Treppe auf das Dach trat, erhob sich eine Gestalt, die er als den Fürsten der Khainler identifizierte. Den Namen hatte er vergessen. Der Pirat sah angeschlagen aus und seine Bewegungen waren langsam und vorsichtig.
Weiter an der vorderen Brüstung standen vier schwarze Gardisten. Trotz der Entfernung erkannte er eine davon als die Herrin der Schwarzen Garde und Kriegsführerin der Druchii. Ihr silberner Speer war unverkennbar. Hinter ihr hob plötzlich einer der Gardisten seine Hellebarde und warf diese, als Silberstich sich umwandte. Der Wurf musste nur eine sehr kurze Entfernung überwinden und schien mit großer Kraft geführt. Darmal sah das Blut, das aus der Wunde strömte, und beobachtete, wie Silberstich über die Zinnen geschleudert wurde und verschwand.
Ungläubig beobachtete der Gesichtslose, wie der verräterische, vermutlich untote Kämpfer einen der beiden verbleibenden Gardisten entwaffnete und mit einem Tritt in die Tiefe beförderte. Darmal erwartete, dass es nun zu einem Kampf zwischen dem letzten Gardisten und dem Mörder Silberstichs kommen würde, doch letzterer wandte sich gleichgültig ab und stattdessen dem Khainler zu, der ihn inzwischen erreicht hatte.
Und Darmal sah auch, weshalb. Ein Bolzen schoss aus Richtung der Stadt und traf den letzten Gardisten direkt in den Hals. Der Schwung schleuderte den Toten gegen die Zinnen, wo er reglos liegen blieb.
Blutklinge hat mich zu jenem Turm geschickt. Weshalb? Sollte ich einen Befehl von Silberstich in Empfang nehmen? Oder wusste er, was geschehen würde und wollte, dass ich es verhindere? Was soll ich jetzt tun? Soll ich den Khainler unterstützen gegen den Gardisten? Nein, das schaffe ich niemals, ich müsste vorher über den gesamten Mauerabschnitt. Und selbst wenn, würde vermutlich mindestens einer von uns das Ziel des unbekannten Schützen werden.
Da Darmal nicht sagen konnte, welche Alternative am ehesten dem Willen des Erwählten entsprechen würde, beschloss er, seinem eigenen Gefühl zu folgen. Der Schütze. Es scheint, als hätten wir einen Attentäter in der Stadt. Es wird Zeit, ihn unschädlich zu machen. Vielleicht hat der Pirat dann die Chance, allein gegen den Gardisten zu bestehen.
Kaum hatte er sich entschlossen, reagierte Darmal. Es war ihm nun egal, ob er dabei gesehen wurde, wie er sich mit unnormaler Geschwindigkeit bewegte. Es galt, sein Ziel so schnell wie möglich zu erreichen. Er merkte sich das Haus, aus dem der Bolzen aller Wahrscheinlichkeit nach gekommen war, und sprang.
Der Aufprall auf dem Pflaster war mörderisch, doch eher für den Untergrund als für ihn. Er brauchte nur einen Augenblick, um die Nachwirkungen des Aufschlags zu verarbeiten, dann rannte er. Er eilte die Mauer entlang und stürmte in das Gebäude.
Die Tür zerbarst unter seinem Tritt. Er verzichtete auf Heimlichkeit. Er hoffte, den Schützen mit Schnelligkeit zu überrumpeln. Vermutlich war er nämlich ohnehin gesehen worden. Also orientierte er sich schnell. Er befand sich im Eingangsbereich eines Gasthauses, in dem Reisende, die durch das Tor kamen, übernachten konnten. Das Gebäude war sehr schmal, dafür aber hoch genug, um aus dem obersten Stockwerk über die Mauer zu blicken. Voraus konnte Darmal eine Tür und dahinter einen Schankraum ausmachen, links die Treppe zu den oberen Stockwerken. Er stürmte hinauf.
Fünf Stockwerke besaß das Gebäude und jedes wies einen langen Flur mir vier Zimmern auf. Doch Darmal hastete einfach weiter die Treppen hinauf. Im fünften Stockwerk stürmte er in das erstbeste Zimmer. Es hatte tatsächlich ein Fenster in Richtung Mauer, doch es war verlassen. Auch der Raum gegenüber war leer. Als Darmal sich auf seine besonderen Fähigkeiten konzentrierte, bemerkte er jedoch, dass hier tatsächlich bis vor Kurzem jemand gewesen war. Er folgte den Spuren den Gang hinunter und zum rückwärtigen Fenster. Hier verschwand der Schütze einfach, wie es schien. Darmal blicke aus dem Fenster hinab. Es gab einen Hof hinter der Herberge und einen Stall, doch beide waren Dutzende Meter tief. Er könnte den Sprung überleben, doch glaubte er nicht, dass sein Ziel dort hinunter war.
Ganz plötzlich hörte er ein fernes Klacken und ein Zischen, dann bekam er einen heftigen Schlag gegen die Brust und taumelte zurück. Ein Bolzen steckte in der Rüstung und hatte sich ein kleines Stück in sein Fleisch gebohrt. Er zog ihn heraus und versuchte, abzuschätzen, von wo er gekommen war. Vorsichtig lugte er wieder aus dem Fenster. Rechts, also nördlich der Herberge, gab es ein etwas flacheres Gebäude und kurz über dem Fenster, aus dem er blickte, verlief die Dachkante schräg in Richtung jenes Gebäudes. Doch offenbar hatte der unbekannte Schütze vorgesorgt. Die Kante war zerschlagen und so beschädigt, dass sie keinen Elfen, geschweige denn Darmal, tragen würde.
Also gut. Vom Schützen war weit und breit nichts zu sehen, doch Darmal war sich sicher, dass er vom Dach des niedrigeren Gebäudes geschossen hatte. Der Krieger kletterte aufs Fensterbrett und ließ sich dann fallen, bis er nur noch mit den Fingern an der Kante hing. Dann begann er, zu schwingen. Immer schneller schwang er hin und her, wobei seine Rüstung über die Mauer schabte. Dann ließ er los und flog ein Stück durch die Luft, bevor er auf dem niederen Dach landete. Zumindest kam er dort auf, aber die Konstruktion gab unter seinem Gewicht nach und er stürzte ins obere Stockwerk. Doch er konnte die Spuren seines Ziels auf dem Dach sehen. Sie führten in Richtung Westen und verließen das Dach dann. Darmal rannte zur westlichen Wand und stellte frustriert fest, dass es kein Fenster gab.
Also blieb ihm nichts Anderes übrig, als das Haus zu verlassen und dem Schützen auf der Straße zu folgen. Darmal rannte ein ganzes Stück ins Innere der Stadt, doch da sein Ziel über die Dächer geflüchtet war, hatte er keine großen Chancen und schon bald musste er zugeben, dass er den geheimnisvollen Attentäter verloren hatte.
„Verzeiht mir, Blutklinge. Weshalb auch immer Ihr mich zu jenem Turm geschickt habt, ich habe versagt.“