Gut, ich hoffe, die lange Wartezeit hat mich auch noch meine letzten Leser gekostet. Heute geht es mal wieder weiter. Wie regelmäßig sich das in den nächsten Wochen gestalten wird, kann ich noch nicht sagen, aber im Moment fehlt mir mal wieder die Kreativität. Irgendwie kommt und geht das immer phasenweise. Aber ein bisschen Reserve ist ja noch.
Ich hoffe, der neue Teil gleicht den letzten aus, der euch ja nicht so gefallen hat.
Ein schönes Zitat muss ich mir noch einfallen lassen oder finden. Wenn jemand ne Idee hat, kann er sie ruhig nennen.
Triumpf (1/3)
„Zuversicht ist schon der halbe Sieg. Doch Übermut führt zum Fall.“ - Redensart
Naggarond; Naggaroth
2567 IC; 8. Vollmond (5.Tag)
7 Stunden nach Sonnenaufgang
Wind peitschte Yetail ins Gesicht und kurz glaubte sie, den Halt zu verlieren, als Szar’zriss abrupt zur Seite drehte und in der Luft einen Haken schlug. Ein grauer Lichtblitz schoss knisternd neben ihnen durch die Luft. Yetail spürte die Spannung auf ihrer Haut. Wieder einem Angriff ausgewichen. Rasch blickte sie über die Schulter. Weit hinter sich konnte die junge Meisterin Nerglot auf seinem untoten Lindwurm ausmachen.
Die verdorbene Bestie schlug heftig mit den magisch verstärkten Schwingen, um Geschwindigkeit aufzunehmen. Die schwarzen Roben des Beschwörers flatterten im Wind genau wie Yetails weißblonde Haare. Sie war froh, ihren Umhang nicht zu tragen. So strich zwar die kühle Luft über die nackte Haut ihrer Schenkel, Arme und ihres Bauches, doch dafür behinderte sie die eng anliegende Rüstung nicht. Und es kostete sie keine Mühe, sich mit ein wenig Magie zu wärmen oder gelegentlich ein wenig heilende Magie in ihre Beine zu senden, um die vom Sitzen steifen Muskeln zu entspannen. Der Sattel diente vorrangig dazu, ihre Haut vor den scharfkantigen Drachenschuppen zu schützen, und war nicht für stundenlange magische Duelle am Himmel gedacht. Ihre Schenkel waren wund von den rauen Lederbahnen, die unter der Brust der Bestie zusammenliefen und den Sattel hielten.
Ihr Feind geriet hinter einem Turmbau außer Sicht und Yetail blickte wieder nach vorn. Szar’zriss war noch immer schneller als Nerglots wiederbelebtes Monster, doch allmählich wurde er müde. Der gewaltige Drache bewies eine Ausdauer, die der einer Kampfechse ebenbürtig war, aber er würde sie nicht ewig so durch die Luft tragen können. Und Yetail selbst fühlte sich ausgelaugt. Inzwischen war sie dazu übergegangen, Nerglots Angriffen auszuweichen, statt sie abzublocken — was sich natürlich nicht gerade förderlich auf Szar’zriss Erschöpfung auswirkte. Sie mussten dringend Kraft sammeln. Und Yetail brauchte Ruhe, um sich einen Plan zu überlegen.
Sie hatte in den vergangenen Stunden erkennen müssen, dass sie mit reiner Stärke nicht gegen Nerglot ankam. Woher auch immer er seine Kraft bezog, seine Quelle musste der Marilim noch überlegen sein. Ununterbrochen hatte er sie mit Zaubern angegriffen und dabei kaum an Heftigkeit nachgelassen. Sie musste sich etwas einfallen lassen.
Szar’zriss ging tiefer. Als Yetail hinabblickte, erkannte sie, dass sie sich inzwischen über dem zweiten Ring befanden und sich weiter vom Zentrum entfernten. Das war schlecht. Die gewaltigen Turmbauten der Hochgeborenen boten ihr gute Deckung vor Zaubern und um dahinter außer Sicht zu verschwinden. Hier draußen gab es nur noch einige wenige, niedrigere Türme. Szar’zriss schien das ebenfalls klar zu sein, denn er flog einen Bogen über dem zweiten Ring, um dann an anderer Stelle zurück in Richtung Zentrum zu rasen.
Dann fiel Yetail etwas Anderes auf. Eine Woge aus Gefühlen brach über sie herein, als sie erkannte, was dort unten vor sich ging. Die Druchii strömten aus dem Tor der dritten Mauer und fielen über die Untoten her. Und Sisrall führte sie an. Stolz und Furcht rangen in ihr miteinander. Aus der Luft sah der Vorstoß der Elfen beeindruckend aus. Wie eine Welle fegte die Kavallerie ihre untoten Gegner hinweg und bahnte tiefe Schneisen in die feindliche Masse. [FONT="]Doch sie sah auch, dass der Ausfall kaum mehr Hoffnung hatte als ein Schwertstich gegen die Haut eines Drachen.[/FONT] Das Heer der Untoten war gewaltig. Es schien, als würden die Kreaturen den gesamten zweiten Ring füllen. In schier unendlicher Zahl drängten sie sich durch die Straßen in Richtung der Mauer. Bald würden sie die Verteidiger einfach überschwemmen.
Und doch richtete sich stolz auf. Sisrall war es, der diese letzte, verzweifelte Tat anführte. Er bot den Druchii ein Ende an, das ihrer würdig war. Ein Ende, das sie alle zu Helden machen würde. Und sie wusste auch, dass er es nicht tat, weil er keinen anderen Ausweg mehr sah. Er vertraut darauf, dass ich Nerglot besiege. Er glaubt daran, dass ich es schaffen kann. Nur, wenn ich ihn vernichte, wird der Sturm dort unten enden. Nur dann kann ich sie alle retten und ihrer Tat einen Sinn geben.
Yetail schloss die linke Hand fest um den Zauberstab und zog mit der rechten ihren Dolch. Es war an der Zeit, die Regeln des Duells am Himmel zu verändern. Es war an der Zeit, ihrem Feind zu zeigen, dass sie ihren Namen verdiente. „Los, Szar’zriss! Lass uns Nerglot und sein Biest lehren, weshalb man mich Bluthand nennt!“
Nerglot fluchte, als sein Lichtblitz knapp an Bluthand und ihrem gewaltigen Drachen vorbeischoss. Er musste näher heran. Er verausgabte seine Kräfte, wenn er solch kraftvolle Zauber schuf, ohne zu treffen. Sein Lindwurm schlug heftig mit den Schwingen, um Geschwindigkeit aufzunehmen, doch es war abzusehen, dass es nicht reichen würde. Solange der Drache geradeausflog, war er schneller als Nerglot. Schon verschwand die geschuppte Bestie hinter einem Turm außer Sicht.
Der Unsterbliche befahl seinem Reittier, höher aufzusteigen. Die magischen Membranen vibrierten, als die Bestie gehorchte und ihn hoch über die Dächer der Türme trug. Nerglot spürte die Macht des Drachenamuletts weiter schwinden und fluchte abermals. Der Talisman schenkte ihm die Kraft, gegen Bluthand bestehen zu können, doch hier oben, so weit entfernt von der eigentlichen Schlacht, verlor er an Wirkung und konnte nur noch einen Teil der Kraft, die in dem hundertfachen Tod am Boden steckte, auf ihn übertragen.
Allmählich geriet er in die Klemme. Das Drachenamulett war tückisch. Zwar brauchte er keine Kraft für die Erhaltung seiner Armee aufbringen, doch dafür schwächte ihn jeder verlorene Untote weiter. Tod bedeutete Kraft, aber ein besiegter Toter führte dazu, dass die Macht, die der Talisman ihm verlieh, nachließ. Solange mehr Untote als Druchii vernichtet wurden, war das Artefakt beinahe nutzlos.
Und dann entdeckte Nerglot etwas, das ihn vor Schreck erstarren ließ. Diese verdammten Druchii waren zum Angriff übergegangen und machten seine Streitkräfte nieder! Schon fühlte er, wie der Kraftstrom aus dem Drachenamulett weiter abnahm. Rasch befahl er dem Lindwurm, tiefer zu gehen. Es war sinnlos, nach Bluthand Ausschau zu halten, wenn er nicht mehr die Kraft besaß, sie zu besiegen. Es war aber auch frustrieren, über welch anscheinend unerschöpflichen Energien diese Elfe und ihr Drache verfügten. Stunden schon dauerte ihr Duell und dennoch hatte Nerglot keinen wirklichen Erfolg erziehen können.
Näher am Boden glich die Menge des Todes auf dem Schlachtfeld den Verlust der untoten Krieger wieder aus. Aber dennoch war der Ausfall der Druchii eine Gefahr für Nerglot. Er brauchte dringend neue Kraft, um das Duell fortsetzen zu können. Entsetzt beobachtete er, wie die schwere Kavallerie der Elfen durch seine Streitkräfte brach und seine Diener zu Staub zermalmte. Seine übernatürlichen Augen erkannten auch auf die Entfernung noch, wie die Elfen unter Führung der Kinder des Mordes durch die Straßen strömten und mehr und mehr die Untoten zurückdrängten. Es schien, als hätte die Verzweiflung ihnen neue Stärke verliehen.
Nerglot knirschte mit den Zähnen, als er Blutklinge entdeckte. Der Tempelkrieger in seiner geheimnisvollen schwarzen Rüstung fegte, umgeben von einem Wirbelsturm aus Schatten, durch die Menge der Untoten wie die Sense des Totengottes höchstpersönlich. Das war wahrhaftig die Manifestation eines Gottes. Ehrfurcht und Abscheu regten sich in Nerglot und bildeten eine übelkeitserregende Mischung. Er sah, dass Blutklinge direkt auf ein Ziel zuhielt, das hoch über die Masse der Skelettkrieger aufragte. Wie ein blitzender Dolch griff der Tempelkrieger seinen monströsen Feind an.