So, jetzt erstmal der letzten Abschnitt dieses Kapitels. Wann es weitergehen wird, kann ich noch nicht genau sagen, aber spätestens in 2 Wochen. Ich denke, nach diesem Teil ist eine etwas längere Pause auch nicht so schlimm.
Es ist aber noch nicht das Ende 😉
Triumph (3/3)
„Zuversicht ist schon der halbe Sieg. Doch Übermut führt zum Fall.“
- Redensart
Naggarond; Naggaroth
2567 IC; 8. Vollmond (5.Tag)
7 Stunden nach Sonnenaufgang
Nerglots Faust traf hart auf die ledrige Haut des untoten Lindwurms, riss ein Stück davon ab und zertrümmerte den Knochen darunter. Das war unbefriedigend und so ließ Nerglot einen knisternden Blitz in den Himmel steigen, um seinem Zorn Ausdruck zu verleihen. Blutklinge hatte seine Hydra vernichtet und die Druchii feierten ihn wie einen Helden! Der Totenbeschwörer sah ihre Auren und ihm entging nicht, wie dieser Triumph den Kampfgeist belebte und ihnen neuen Mut einflößte, den so mancher angesichts der schieren Übermacht schon wieder verloren hatte.
Der Unsterbliche zweifelte nicht daran, dass die Elfen früher oder später untergehen würden. Auch die Kinder des Mordes würden diesem Sturm nicht unendlich lange standhalten. Für ihn war aber die Frage viel wichtiger, ob er es sich leisten konnte, noch lange zu warten. Wenn weiterhin so viele seiner Krieger vernichtet wurden, konnte ihm das Drachenamulett kaum noch Kraft schenken. Bluthand dagegen würde sich in der Zeit, die er hier untätig verbrachte, wieder erholen.
Nerglot befreite sich aus seiner Starre. Er hatte gar nicht bemerkt, wie er vollkommen gebannt Blutklinges Gemetzel und seinen Sieg über die Hydra beobachtet hatte. Er presste einen wütenden Fluch über seine eigene Dummheit zwischen den zusammengekniffenen Lippen hervor. Er hatte sich ablenken lassen und seiner Feindin damit wertvolle Zeit verschafft, während seine eigenen Kräfte nur geringfügig wiederhergestellt worden waren.
Verdammt, Blutklinge, dafür wirst du büßen. Deinen sterblichen Schwertschwingern wird schon bald der Jubel vergehen. Eigentlich war es beinahe ein Geschenk. Blutklinge stand noch immer auf dem gewaltigen Rücken der Hydra, auf Höhe der Dächer beiderseits der Straße im zweiten Ring. Die Untoten um ihn herum begannen inzwischen, den riesigen geschuppten Leib zu erstürmen, während der Erwählte sie erwartete.
Nerglots Roben bauschten sich, als der Lindwurm in einen Sturzflug ging. Ein gemeines Grinsen umspielte seine Lippen und seine Hand schloss sich wie eine Kralle um den Sensenstab. Knisternde Energie zuckte um das uralte Holz und brachte die Klinge am oberen Ende zum Glühen. Die magischen Membranen der Lindwurmflügel hinterließen leuchtende Schlieren in der Luft, während die Bestie schneller und schneller auf den verhassten Feind zuschoss. Ein gieriges Lachen stieg in Nerglots Kehle auf und seine Augen glühten voller Erregung. Endlich eine Chance, jemanden seinen Zorn spüren zu lassen.
Ein Knistern und ein bläulicher Schein auf dem Rücken seines Reittieres waren die einzige Warnung, bevor gleißender Schmerz Nerglot aufschreien ließ. Der magische Treffer zwischen seinen Schulterblättern schleuderte ihn mit dem Gesicht auf die hervorstehenden Wirbelknochen des Lindwurms. Kleine Dornen ritzten seine vertrocknete Haut auf und sandten Spitzen heißer Pein über seine Nervenbahnen. Er schrie, doch genauso schnell, wie er gekommen war, verschwand der Schmerz wieder und hinterließ nur ein quälendes Kribbeln.
Augenblicklich ließ Nerglot seinen Lindwurm wieder aufsteigen und schuf einen magischen Schild um sich. Er schalt sich für seine unglaubliche Dummheit. Wie hatte er sich nur so gehen lassen können? Wie hatte er nur so leichtsinnig sein können? Wie am Morgen im Wald, als Darmal ihn herausgefordert hatte, hatte er die Kontrolle verloren und sich von seinem Zorn leiten lassen. Er hatte sich auf Blutklinge konzentriert und die eigentliche Gefahr völlig aus den Augen gelassen.
Bluthand hatte ihm eine Warnung geschickt. Dies war ihr Duell; was auf dem Boden geschah, lag nicht in ihrer beider Hand. Sie beide hatten dort unten Krieger, Untergebene und auch Gefährten, doch ihr jeweiliger Feind wartete am Himmel. Kurz dachte Nerglot an Viverla’atar. Er konnte spüren, dass sie noch am Leben war. Aber er hatte keine Ahnung, wo sie war oder was sie gerade tat. Und was wohl aus Yerill geworden war? Die Verbindung zu ihr war mittlerweile vollkommen verblasst, doch er glaubte nicht, dass sie tot war.
Nerglot verdrängte die Gedanken, als er Bluthand fand. Sie saß ziemlich weit entfernt auf ihrem Drachen. Die Bestie hielt sich mit langsamen Flügelschlägen bewegungslos in der Luft, irgendwo über dem vierten Ring. Bluthand hatte ihren Zauber über eine Entfernung von mehreren hundert Metern geschleudert. Sie hatte gewusst, dass sie ihn damit nicht töten würde. Nein, sie hatte ihn nur von Blutklinge ablenken wollen.
Nun denn, es war Zeit, in den Kampf zurückzukehren. Er hatte ihr bereits viel zu viel Zeit zur Erholung gegönnt. Noch besaß er genug Kraft, um es mit ihr aufzunehmen. Noch war die Macht des Drachenamuletts nicht soweit gesunken, dass es ihm nicht mehr helfen konnte. Die junge Zauberin schien ihn beinahe zu erwarten. Feuerzungen wirbelten um ihre Handgelenke.
Gut, sie ist also bereit. Dann will ich sie nicht lange warten lassen. Vielleicht wird dieser Kampf jetzt endlich etwas aufregender, wenn sie nicht mehr ständig davonfliegt. Mit vibrierenden Flügelschlägen beschleunigte der Lindwurm und gewann rasch an Höhe. Bald waren sie fast auf Augenhöhe mit Bluthand und ihrem Drachen. Nur noch wenige Türme ragten so weit empor.
Während Nerglot den dritten Ring überflog, nahm Bluthands Zauber Gestalt an. Orangerote Feuerbögen sprangen zwischen ihren Fingerspitzen hin und her, gewannen an Helligkeit und Stärke. Nerglot konnte die Hitze sehen, die von den magischen Flammen ausging. Die Umrisse der Hexe und ihres Reittieres verschwammen hinter flimmernder Luft.
Fünfzig Meter vor Bluthand ragten zwei hohe, schmale Türme auf, die zu einem gemeinsamen Gebäude gehörten, vermutlich dem Palast eines sehr reichen Adligen. Hinter ihr ragte ein noch gewaltigerer Bau in den Himmel, massiver und mit Konstruktionen aus Stahl und Magie verstärkt. Es schien, als habe sie sich eine angemessene Kulisse für ihren Kampf ausgesucht. War das ein Zeichen, dass sie es zu Ende bringen wollte? So oder so?
Sie musste wissen, dass die Schlacht am Boden nicht mehr lange weitergehen konnte. Wenn sie die Kinder des Mordes und möglichst viele Druchii retten wollte, musste sie ihn, Nerglot, schnell besiegen. Er war überzeugt, dass ihr das klar war. Und vermutlich hatte auch sie den Ausfall der Elfen bemerkt und erkannt, dass ihr die Zeit davonlief. Vielleicht würde sich sein Schicksal in den nächsten Minuten entscheiden. Dann würde sich zeigen, ob er stark genug war, die Herrschaft der Druchii über Naggaroth zu brechen.
Noch machte Bluthand keine Anstalten, ihm ihren Flammenzauber entgegen zu schleudern. Es schien beinahe, als wolle sie warten, bis er inmitten des Dreiecks aus Türmen war. Unsere Arena sozusagen, wie angemessen. Vielleicht wollte sie ihn aber auch nur möglichst nahe heranlassen, um die volle Wirkungskraft ihrer Attacke entfalten zu können.
Nerglot beschloss, sie für ihre Geduld zu bestrafen. Er würde nicht warten, bis sie angriff und ihren Zauber dann mühevoll abwehren. Graue Lichtfunken tanzten über seinen Sensenstab, während er seinerseits einen Zauber wob. Eine Figur aus dämmrigem, magischem Licht explodierte vor ihm aus der Luft. Gewaltige, strahlende Schwingen entfalteten sich, leuchtende Klauen zerteilen die Winde und ein schier endloser Schwanz, besetzt mit Dornen und scharfkantigen Reißzähnen, bildete die Verlängerung eines ebenso stachelbestückten Rückens, über den sich eine undurchdringliche Schuppendecke wölbte.
Nerglot genoss den Ausdruck des Entsetzens auf Bluthands Gesicht, als sie die Kreatur erkannte. Er war eine Kopie derjenigen Bestie, die am zweiten Tag der Schlacht erschienen war. Jener Bestie, die Blutklinge getötet hatte. Der Unsterbliche war sich sicher, dass die junge Zauberin das nicht vergessen hatte. Da war es nebensächlich, dass dies nur eine wesentlich kleinere Lichtgestalt war, die kaum Schaden verursachen konnte, sobald sie gegen Bluthands Bannschild prallen würde.
Doch die Erscheinung hatte ihren Zweck bereits jetzt erfüllt. Bluthands Zauber war zerstoben und sie starrte die Leuchtfigur mit geweiteten Augen an, während sie leise betete oder fluchte. Ihr war anzusehen, dass der Anblick schreckliche Erinnerungen wachrufen musste. Nur zögerlich formte sich ein Schild um ihren Körper.
Ihr Drache schleuderte dem Monster aus Licht einen Flammenstoß entgegen, der die Erscheinung vernichtete. Nerglot war das egal. Ihm war es darum gegangen, Bluthands Flammenzauber zu stören und das war ihm gelungen. Nun war es an ihm, die Offensive in diesem Duell zu übernehmen. Dass sie bereits einen Schild errichtete, zeigte, dass Bluthand das auch wusste. Immerhin hatte er die beiden Türme beinahe erreicht. Sie hatte nicht mehr die Zeit, noch einen Angriffszauber zu wirken.
Als das Licht des Drachenfeuers verblasste, fiel Nerglot etwas auf. Bluthands Augen blickten noch immer starr und weit aufgerissen geradeaus. Wie dunkle Teiche leuchteten sie in ihrem schönen, blassen Gesicht, während ihre Lippen unhörbar Worte zu formen schienen. Nein, sie betete nicht, wie er zuerst angenommen hatte. Sie zauberte! Und ihre Augen blickten auch nicht schreckensstarr auf seine mittlerweile zerstörte Lichtbestie oder in düstere Erinnerungen, sondern auf die beiden Türme, die er nun erreichte.
Und in dem kurzem Augenblick, bevor er zwischen den mächtigen Bauten war, fiel ihm auf, dass die ansonsten hellen, marmornen Wände an den jeweils gegenüberliegenden Seiten beider Türme blutverschmiert wirken. Es hatte den Anschein, als wären dort Sturzbäche aus Blut hinabgeflossen und hätten die Mauern befleckt. Und dieses Blut begann nun, von selbst zu leuchten, als es magische Kraft sammelte.
Nerglot wusste nicht, was für ein Zauber das war, aber ihm wurde klar, dass er es war, der sich hatte ablenken lassen. Er hatte geglaubt, nur Bluthands Flammenzauber würde ihn hier erwarten, ebenso wie er angenommen hatte, seine beschworene Erscheinung würde sie daran erinnern, was der Splitterdrache ihrem Gefährten angetan hatte. Er war tatsächlich so dumm gewesen, zu glauben, die junge Zauberin wäre von ihren Gefühlen für ein paar Augenblicke überwältigt gewesen.
Stattdessen hatte sie ihn sehr wirkungsvoll von ihrer eigentlichen Falle abgelenkt. Von wegen, dass sie sich einen geeigneten Austragungsort für ihr letztes Duell ausgesucht hatte! Er war sich sicher, dass die Konstellation in irgendeiner Form wichtig für ihren Zauber war. Wie hatte er nur so naiv sein können, das mit Symbolträchtigkeit zu verwechseln! Sie mochte jung sein, viel zu jung, um auch nur annähernd über solche Macht zu verfügen. Aber sie hatte heute nicht zum ersten Mal bewiesen, dass sie ihre Fähigkeiten mit einer tödlichen Intelligenz einzusetzen wusste. Sie besaß Erfahrungen, die ihre Jugend mehr als ausglichen. Dass Nerglot das vergessen hatte, war eines der Dinge, die ihm in diesem kurzen Augenblick klar wurden.
Ein anderes war die Tatsache, dass er kaum einen Schild besaß! Das war die letzte schreckliche Erkenntnis, bevor er das Gefühl hatte, gegen eine massive Mauer zu prallen, und absolute Schwärze seinen Verstand verschlang, untermahlt nur von dem Geräusch splitternder Knochen.
Yetail riss entsetzt die Augen auf, als sie das Monster erkannte, das Nerglot zwischen ihnen in der Luft beschworen hatte. Es war der Splitterdrachen! Ein Teil von ihr erkannte, dass es nur eine Kopie war, grau statt grün und wesentlich kleiner. Doch ein anderer Teil erlag den Details der Erscheinung, dem Anblick der gewaltigen Schwingen, des dornenbesetzten Schwanzes und des spitzen Horns auf dem kantigen Schädel.
Erinnerungen überkamen sie. An die Furcht, mit der sie Sisralls Kampf gegen das Biest verfolgt hatte, an den Schrecken, als er abgestürzt war, an das schiere Entsetzen beim Anblick des Monsters, das Tausende von Soldaten abschlachtete. Sie durchlebte die Trauer und die Verzweiflung von Sisralls Tod, den Verlust, der ihrem Leben jeden Sinn nahm.
Reiß dich zusammen, Yetail!, hallte eine vertraute Stimme durch ihren Geist und die Erinnerungen verblassten. Ich bin bei dir und im Moment bin ich nicht in größerer Gefahr als sonst auch. Wahrscheinlich bist du von uns beiden in größeren Schwierigkeiten. Deshalb konzentriere dich. Bitte!
Yetail bemühte sich, sich äußerlich nichts anmerken zu lassen, als sich ihr Inneres entspannte und die Erinnerungen wieder in den dunklen Teil ihres Verstandes verbannt wurden. Sie richtete ihre noch immer geweiteten Augen auf die Blutflecken an den Türmen und befahl Szar’zriss gleichzeitig, die Lichtkreatur zu vernichten.
Ein blendender Strom Drachenfeuer schoss aus dem Maul des roten Drachens und ließ die Erscheinung verschwinden. Leider war Nerglot noch zu weit weg, um selbst in Gefahr zu geraten. Doch er kam mit großer Geschwindigkeit näher und es wurde Zeit, ihre Falle zu aktivieren.
In den letzten Minuten hatte sie relativ große Mengen ihres Blutes an die gegenüberliegenden Mauern der beiden Türme zwischen ihnen angebracht und diese dann mit ihren Fähigkeiten unter Einsatz von Magie vervielfältigt, sodass das Zehnfache des Blutes in ihrem Körper an jedem der Türme klebte. Verteilt auf die gewaltige Fläche wirkten die Flecken dennoch winzig. Aber die große Menge war nötig, da sie nicht ahnen konnte, in welcher Höhe Nerglot zwischen den Türmen hindurch fliegen würde. Eigentlich war dieser Blutzauber besser für eine Anwendung in Tunneln und Gängen gedacht. Doch es war der einzige gewesen, der ihr nun einen schnellen Erfolg versprach.
Sie murmelte die nötigen Worte, die zur Aktivierung der Falle nötig waren, und hoffte, dass ihr Feind annehmen würde, sie würde Gebete sprechen. Das Blut gewann an Farbe und Kraft, wurde heller und leuchtender, als Magie hineinströmte. Yetail betete stumm, dass der Zauberspruch gelingen würde. Der Blutverlust und der ungeheure Magieeinsatz hatten sie stark geschwächt. Sie wusste nicht, ob sie eine Fortsetzung des Duells noch lange überleben würde.
Im Prinzip läuft alles auf diesen einen Zauber hinaus. Wenn er versagt, werde ich entweder in Kürze sterben, oder, selbst wenn ich Nerglot entkomme, nicht mehr genug Zeit haben, um Sisrall und die übrigen Druchii zu retten. Zu viele werden sterben, um die Mauer zu halten. Wenn ich jetzt versage, wird Naggaroth fallen.
Beinahe hätte diese Erkenntnis ihre Konzentration durchbrochen, doch sie fing sich rechtzeitig und sprach die letzten wichtigen Worte. Nerglot hatte die beiden Türme inzwischen erreicht. Sie konnte ihr Glück beinahe nicht wahrhaben, als sie erkannte, dass er nicht nur mitten in die Falle hineinflog, sondern nicht einmal einen Schild aufgebaut hatte. Hatte ihre Täuschung, zu der er selbst sie verleitet hatte, ihn tatsächlich dermaßen abgelenkt, dass er nicht einmal daran gedacht hatte, dass er eventuell in eine Falle flog? Hatte sie ihn überschätzt? Möglicherweise hatte er sie einfach unterschätzt, hatte sie doch in den letzten Stunden ihres Duells nur auf Kraft anstelle von derartigen Tricks gesetzt. Vielleicht hatte sie ihn unabsichtlich glauben gemacht, dass das ihre einzige Strategie wäre.
Es gab einen letzten, schrecklichen Moment, in dem es schien, als habe er sie doch durchschaut, doch es war zu spät. Sein Lindwurm zog hoch und ein hauchdünner, minimaler Schild erschien um Nerglots Körper. Dann war er zwischen den Blutflecken und die Falle schnappte zu.
Innerhalb eines Augenblickes wurde Nerglots Geschwindigkeit vertausendfacht. Der Totenbeschwörer samt seinem Drachen wurde von der Falle wie in einem gigantischen Katapult erfasst und weiter in die Richtung geschleudert, die Yetail vorgegeben hatte — direkt unter ihr hindurch auf den dritten Turm, vor dem sie flog. Selbst ihre gesteigerten Sinne waren zu langsam, um den Flug des Projektils, zu dem ihr Feind geworden war, beobachten zu können. Es schien, als würde er einfach verschwinden — und im nächsten Augenblick barst hinter ihr der Turm, als Nerglot gegen die mit Stahl und — vor allem — Magie verstärkte Mauer schlug.
Doch selbst dieses gewaltige Konstrukt gab unter dem titanischen Einschlag nach und stürzte in sich zusammen. Genau wie die beiden schlankeren Türme, die der ungeheuren Wucht des Katapultzaubers nicht standhalten konnten. Täuschend langsam brach die Spitze über dem Loch zusammen, das Nerglot hinterlassen hatte. Mit schrecklicher Eleganz sackten die höchsten Stockwerke zur Seite weg, rissen erst die oberen Mauern und dann die darunterliegenden Ebenen mit in die Tiefe. Nach und nach in einer immer schneller werdenden Kettenreaktion gab das imposante Bauwerk nach und begrub den Totenbeschwörer und sein widerwärtiges Reittier unter Tonnen von Stein und Metall.
Erleichtert und zufrieden, wenn auch noch skeptisch blickte Yetail auf den meterhohen Trümmerhaufen am Erdboden, der alles war, was von dem einst gewaltigen Turm und dem daran angeschlossenen Gebäudekomplex übrig geblieben war. Lediglich die Mauern der umliegenden Hallen und einige äußere, kleine Türme standen noch. Vereinzelt ragten Säulen aus dem Durcheinander.
Dann erst erkannte Yetail, in welches Bauwerk sie Nerglot gejagt hatte. Bei der Vorbereitung der Falle hatte sie jederzeit damit gerechnet, dass ihr Feind auftauchen würde, um den Kampf fortzusetzen. Deshalb hatte sie das erstbeste Gebäude gewählt, das ihren Ansprüchen genügte; das breit und hoch genug war, um es nicht zu verfehlen und das vor allem magisch verstärkt worden war. Sie hatte nicht daran gedacht, welchen Turm genau sie dabei sprengen würde.
Oh, oh, Sisrall wird ziemlich sauer sein, dachte sie betrübt.