sonst hätten die Damen ihn ja nich wegschleppen brauchen.^^ Ich hoffe da geht noch was. Wurmt mich nähmlich wirklich was weiterhin mit Sisrall passiert 😀 .Den Sisrall hab ich irgendwie gefressen in freudiger erwartung von von mehr fesselnden, bilder im kopf entstehen lassenden Geschichten
ich hoffe, du bist nicht vor Erwartung umgekommen. Sonst würdest du nämlich diesen Teil hier verpassen. Also für alle, die sich in dieser Story schon lange nach etwas Freundlichkeit sehnen:
Durch die Finsternis
Altar der Absoluten Dunkelheit, westliches Naggaroth
2567 IC, 7.abnehmender Mond
Er stand am Abgrund. Eine einsame Flamme des Lebens und des Verstandes in der Weite der Schatten und des dunklen Nichts. Er blickte sich um…tat er es wirklich? Es gab nichts, woran er sich hätte orientieren können. Doch er kannte sein Ziel … er musste den Abgrund überwinden … er musste den Schatten entkommen … er musste sein Volk retten … und vor allem musste er all dies gleichzeitig und zusammen tun. Aber wie sollte er das schaffen? Welche Macht war dazu in der Lage… wie konnte er … ein Sterblicher den Abgrund überwinden? Ein Bild zuckte durch seine Gedanken…nein, eine Abfolge von Bildern … er sah den Schädelthron … er war leer … aber der einsame Verstand begriff … dort musste niemand sitzen … jetzt nicht … nicht immer … er hörte eine Stimme … aber er verstand keine Worte … oder … begriff er, ohne die Stimme zu hören? … irgendwie verschwamm alles … ein weiteres Bild … er flog … körperlos … befreit … suchend… dort!
Ein Licht … ein neuer Wechsel … ein Becken … brodelnde Energie … schäumende Kraft … glitzernde Macht … war das Alles eins? … oder war er eins und alles andere verschieden? … oder war er der Eine … der alles war … alles was? Die Bilder verblassten … seine Fragen blieben … der einsame Verstand leuchtete inmitten der Dunkelheit … doch ein Verstand … genug, um die Fragen zu beantworten? … die Bilder waren Antworten und Fragen … ohne gaben sie Antworten und schufen Fragen? …sie waren weg … er war da … nichts war da … nur Dunkelheit … der Abgrund … er musste fliehen … er musste Dinge tun … die Bilder waren Hilfen … Hilfen, die Fragen brachten … aber er brauchte nur eine Antwort … nur eine … für den Einen … ein Bild kam zurück … durch die Dunkelheit … der leere Schädelthron … mehr, mehr, mehr … da war mehr … der Thron war leer … aber Etwas war da … eine Gegenwart … eine Präsenz … ein anderer Verstand … Ruhe … und Antwort. Der einsame Verstand … allein in der Dunkelheit … eine beruhigende Präsenz … beruhigend, als lege sie ihm die Hand auf die Schulter … hatte er eine Schulter? Doch die eine Frage … der Eine … eine Antwort. Den Abgrund überwinden, nein??? Verwirrung bildete sich in dem einsamen Verstand … dann eine neue Antwort … oder dieselbe Antwort … anders formuliert? Verstehen … nicht überwinden … noch nicht … wenn die anderen Bilder einen Sinn bekamen … bis dahin … nicht überwinden … entkommen. Dem Jäger entkommen … „man entkommt einem übermächtigen Jäger, indem man etwas Unerwartetes tut“ … woher kamen diese Worte … aus seinem Verstand? …oder aus einen anderen Verstand, gespeichert in seinem? …spielte es eine Rolle? …nein…nur die Antwort war wichtig … etwas Unerwartetes … dem Abgrund entkommen. Der einsame Verstand zog Kraft aus der beruhigenden Präsenz und ließ sich fallen. Vertraute sich dem Abgrund an … tat etwas Unerwartetes. Er fühlte, wie sich die Schatten lichteten … die Dunkelheit zurück wich … da! Licht … die Präsenz zerfaserte … er brauchte sie nicht mehr … letzte Worte … ein Abschied … eine Aufgabe … „Deine Rolle ist noch nicht gespielt…Kehre zurück! Rette dein Volk, Blutklinge!“
Sollte er die Augen öffnen? Er tat es nicht, sondern war.
Wenn ich bin, muss ich doch irgendwo sein, oder? Erstmal: Was fühle ich? Ich liege. Aha, sonst noch was? Ich liege gerade und ausgestreckt. Gut zu wissen. Ich fühle keine Schmerzen. Noch besser. Aber ich lebe noch. Warum sollte ich auch nicht leben? Etwas dämmerte am Rande seiner Erinnerungen …erreichbar, aber nicht greifbar, noch nicht.
Weiter! Ein tiefes Luftholen.
Etwas liegt auf mir … eine Decke? Dann würde ich in einem Bett liegen. Ich würde also nicht in der Wildnis liegen, wo man mich angreifen könnte … ich kann mich also beruhigen. Bin ich unruhig? Es ist warm. Auch das ist gut. Aber … aber ich weiß nicht, wo ich bin. Das ist schlecht. Ich weiß nicht, was passiert ist. Noch schlechter. Ich will Antworten. Dann muss ich sie suchen.
Sisrall schlug die Augen auf und bereute es sofort. Mit dem Sehen kamen auch andere Sinne und übermittelten ihm Eindrücke, die er weder ordnen noch verstehen konnte. Fühlte er den Wind rauschen oder hörte er ihn? Am liebsten wäre er wieder in die Dunkelheit zurück gefallen, allein mit seinen Gedanken, doch er war wach und sein Körper wies ihn darauf hin.
Ganz ruhig!, befahl er sich. Er blickte nach oben und sah etwas, das er als die graue Decke eines Zeltes identifizierte. Also war er nicht in der Stadt. Die Stadt! Ghrond … der Kampf gegen das Chaos … das Duell mit Drrochaal. Alles fiel ihm wieder ein und er brauchte ein paar Augenblicke, um es in die richtige Reihenfolge zu bringen. Dann setzte er sich ruckartig auf.
Die Decke rutschte von seinen Schultern und entblößte die funkelnde blauschwarze Rüstung. Das Blut strömte durch die künstlichen Adern und erinnerte ihn deutlich daran, dass er noch sehr lebendig war. Er blickte nach rechts und sah eine Zeltwand aus grauen Leinen, die im Wind flatterte. Er drehte den Kopf zur anderen Seite und … blickte ins lächelnde Gesicht einer ausgesprochen hübschen Frau, die neben seinem Bett saß.
Was habe ich an mir, dass ich immer mit Frauen neben meinen Lagern aus der Bewusstlosigkeit aufwache?, dachte er ironisch, bevor er plötzlich zusammen zuckte.
Moment mal! Ich war doch tot! Ja, ganz sicher!
Langsam kroch die Erinnerung an die Eindrücke vor seinem … Erwachen zurück in seinen Verstand. Er schüttelte den Kopf und verschob die Analyse dieser Traumbilder auf später. Stattdessen betrachtete er die Frau, die ihn noch immer anlächelte. Er wusste nicht, was ihn mehr beunruhigte. Dass sie neben seinem Bett gesessen hatte, als er eigentlich hätte tot sein müssen, oder dass sie ihn anlächelte. Es war ein offenes, freundliches Lächeln. Kein hinterlistiges Grinsen und auch keines, das Mitleid ausdrückte. Auch höhnisch oder herabblickend war es nicht. Sie freute sich offenbar ehrlich, dass es ihm wieder gut ging. Sisrall fand das seltsam, da sie eindeutig eine Druchii war und er keinen Druchii kannte, der je ein solches Lächeln gezeigt hatte. Weder ihm gegenüber noch zu jemand anderem.
Doch irgendwie fand er sie sofort angenehm. Sie war wirklich hübsch mit ihren grünen Augen, die an junge Tannen erinnerten, und dem dunkelblondes Haar, das ihr offen in üppigen Wellen über eine Schulter bis auf die Brust fiel. Durch den goldenen Wasserfall dieser Haare stachen in elegantem Bogen zwei Elfenohren. Über die Schultern trug sie noch einen dunkelgrünen Umhang, der einmal um ihren ganzen Körper geschlungen worden war. Auf der Schulter glänzte neben dem Zopf noch ein goldenes Emblem, das ein silbernes Zeichen zeigte, das Sisrall aufgrund seiner Position aber verborgen blieb.
Offenbar meinte die junge Frau, — Sisrall schätze sie auf höchstens sechzig — er hätte sie nun genug gemustert, und sprach. „Ich sehe, Ihr seid in guter Verfassung, wenn Ihr fremden Frauen schon wieder eine solche Aufmerksamkeit schenken könnt.“
Sisrall schüttelte den Kopf. Hatte er sie wirklich zu lange angeblickt? Er fand seine Sprache wieder und stellte die Fragen, die ihm auf der Zunge brannten. „Wieso bin ich hier? Ich müsste tot sein! Und wo habt Ihr mich hingebracht?“
„Beruhigt Euch. Ich werde Eure Fragen beantworten. Ihr saht wahrlich tot aus, als wir Euch hierher gebracht haben. Aber offensichtlich seid Ihr ins Leben zurück gekehrt. Wir haben Euch nach Westen gebracht, in unser Lager.“
„Und wer seid Ihr?“
Immer noch lächelte die Frau. „Ich bin Viverla‘atar, die Tochter des Tar‘atris. Unser Stamm wacht seit Jahrtausenden über den Altar der absoluten Dunkelheit.“
Sisrall nickte. Er kannte den Altar, hatte aber noch nie von diesen Wächtern gehört. Aber es gab dringendere Fragen. „Wie lange war ich … tot?“ Er war sich absolut sich gewesen, zu sterben.
„Vor fünf Tagen habt Ihr gegen Drrochaal gekämpft. Wir haben Euch sofort danach weggebracht.“
„Also könnt Ihr mir nicht sagen, was aus den Bewohnern der Stadt wurde?“ Sie schüttelte den Kopf. Als Sisrall erneut den Mund öffnete, brachte sie ihn mit einer Geste zum Schweigen. „Verschiebt Eure Fragen auf später. Zuerst habe ich ein paar Sachen für Euch.“
Sie deutete auf ein paar Kleider und mehrere Schüsseln mit Nahrungsmitteln. Erst jetzt bemerkte der junge Assassine, wie hungrig er war. Er stürzte sich förmlich aufs Essen und nahm sich etwas Fleisch, dessen Herkunft ihm im Moment völlig egal war. Es schmeckte ausgezeichnet und er wählte sich noch zwei seltsame, blaugrüne Früchte, betrachtete sie und schob sie sich dann in den Mund. Mit Gift rechnete er hier nicht, denn ohne Viverla’atar wäre er schon seit Tagen tot. Auch von den Früchten wurde er nicht enttäuscht, genauso wenig, wie von dem nächsten Stück, das nach einer Art Reis aussah. Er war gerade dabei, sich das gelbliche Zeug mit den Fingern in den Mund zu schaufeln, als er ein warmes Lachen vernahm. Er blickte auf und sah in Viverla‘atars lächelndes Gesicht. Sie stand dicht neben ihm und hatte ihm amüsiert zugesehen. Er leckte sich die metallenen Finger ab, die erstaunlich angenehm schmeckten, und grinste. „Wenn man tot ist, kann das sehr anstrengend sein, wisst Ihr?“
Die junge Druchii lachte erneut und fragte dann, „Darf ich Euch Gesellschaft leisten oder fürchtet Ihr, dann nicht genug übrig zu behalten?“
Sisrall war von der Frage überrascht und stellte verblüfft fest, dass er sich über das Angebot freute. „Nehmt Platz, ich bin an karge Mahlzeiten gewöhnt und außerdem brauche ich jemanden, der mir erklärt, was das eigentlich ist.“
Lächelnd nahm sie ihm gegenüber Platz und reichte ihm eine Schüssel. „Das ist Tannenpilz-Brot.“ Sie erkläre ihm, dass die Nadeln der Tannen zerrieben wurden und dann mit zerhackten Pilzen und viel Wasser vermischt wurden, bevor man Brot darin eintunkte und das dann aß. Für Sisrall hörte sich die Beschreibung scheußlich an und er fragte sich, ob Viverla’atar ihn auf den Arm nahm. Doch es schmeckte und schenkte ihm neue Kraft. „Seid so freundlich und lasst die Beschreibungen, sie verderben den Appetit.“ Wieder lachte die junge Dame und Sisrall musste unwillkürlich lächeln.
Viverla’atar bot ihm noch das eine oder andere an, bis er glaubte nichts mehr essen zu können. Er lehnte sich zurück und fragte sein Gastgeberin, „Sind alle in Eurer Gesellschaft so … freundlich?“
„Täuscht Euch nicht, Blutklinge. Wir sind nicht so viel anders als ihr Stadt-Druchii.“
Sisrall seufzte erleichtert. Er hatte schon befürchtet, in einer verweichlichten Gruppe Druchii erwacht zu sein, die keine Verwandtschaft mit ihm verdienten. Doch Viverla’atars Verhalten war zwar freundlich und offen, konnte jedoch nicht über eine ganz eigene Art von Stärke hinweg deuten, die in der jungen Frau schlummerte. Er wusste, dass er nicht zu weit gehen oder sie unterschätzen durfte.
„Sagt, Viverla’atar, wie haben es die Heiler geschafft, mich zu retten?“
„Nun, es war nicht einfach. Ich habe Euch tagelang Kraft gespendet und Eure Wunden zusammen geflickt, doch es schien, als könne ich lediglich Euren Körper retten. Euer Geist schien bereits in die Dunkelheit entschwunden zu sein. Dann aber …“ sie sprach noch weiter, aber Sisralls Gedanken waren bei dem Wort Dunkelheit an einen anderen Ort abgedriftet.
Habe ich das nur geträumt oder war mein Verstand wirklich dort am Abgrund? Was genau habe ich gesehen? Einzelne Bilder tauchten vor seinem inneren Auge auf, verschwommen und zusammenhanglos. War das dort ein Becken? Und dieser Thron … ganz deutlich erinnerte er sich an die machtvolle Präsenz, die ihm Ruhe gespendet hatte. Er musste die Bedeutung dieser Bilder verstehen, er musste … „Blutklinge?“
Die Stimme der jungen Druchii klang besorgt und Sisrall wurde in die Gegenwart zurück geholt. Er fragte, „Ihr habt mich gerettet? Ihr seid eine Heilerin?“ Sie nickte, „Der einzige Zweig der Magie, den ich je gemeistert habe.“ Er verdrehte die Augen.
Eine Frau wie diese und sie ist eine Heilerin!? Wieder erklang ihr Lachen. „Ich sehe schon, dass Euch das nicht behagt. Aber ich kann Euch beruhigen. Ich bin außerdem die beste Jägerin dieses Stammes. Und die meisten Bewohner des Gebirges kennen meine Klinge und haben gelernt, sie zu fürchten.“ Nun grinste Sisrall.
Na also, ich wusste doch, dass sie mehr sein muss, als auf den ersten Blick erkennbar ist.
Viverla’atar erhob sich anmutig und Sisrall bemühte sich, ebenfalls auf die Beine zu kommen. „Mein Vater möchte Euch sehen. Ihr könnt diese Kleider hier tragen. Sie werden Euch nicht behindern. Wenn der Stamm Euch vertraut, dürft Ihr auch Waffen tragen. Seid Ihr bereit?“
Sisrall nickte und zog sich die weiten Gewänder an. Sie ähnelten denen, die er im Tempel über der Rüstung getragen hatte. Ihr ockerfarbener Ton war zwar ungewohnt, schien hier jedoch die übliche Kleidung zu sein.
Wenn die wüsste… als wenn ich Waffen bräuchte.
Er folgte Viverla’atar durch den Eingang des Zelts hinaus ins helle Tageslicht und war für einen Augenblick geblendet. Dann erkannte er, dass er auf einem Plateau stand, das sich an die Felswand schmiegte, die neben ihm aufragte. Der ebene Fels ragte etwas zweihundert Meter weit von der Steilwand weg und bildete so den perfekten Ort für ein Lager. An den weiter entfernten Bergen erkannte er, dass unter ihm ein, von Bergen umschlossenes Tal liegen musste.
Doch Viverla’atar ließ ihm keine Zeit für einen Blick hinab. Sie schritt durch das Lager, das aus einigen dutzend Zelten bestand, die sich so dich wie möglich an die Felswand schmiegten, während der Platz davor für Feuerstellen und Arbeiten benutzt wurde. Der Assassine sah Druchii bei den verschiedensten Tätigkeiten. Einige schärften Waffen, andere stellten offenbar Pfeilspitzen her, während einige ihre Beute über einem Feuer brieten und vereinzelt einige leichtgerüstete Bogenschützen am Rand des Plateaus standen und Ausschau hielten.
Die meisten der Druchii nickten ihm nur kurz zu, während andere ihn einfach nicht beachteten. Sisrall war es egal, als er Viverla’atar zu einem besonders großen Zelt folgte, dass direkt unter einem überhängenden Felsen stand. Dabei fielen ihm der leichtfüßige Gang und die schlanken Kurven der jungen Frau auf, die von dem weiten Umhang nicht verdeckt werden konnten.
Sie blieb vor dem Eingang des großen, mit roten Malereien verzierten, Zeltes stehen und packte Sisrall am Oberarm. Sie konnte erstaunlich fest zugreifen. Nach einem fragenden Blick des Assassinen lockerte sie den Griff ein wenig und sprach leise, „Benehmt Euch! Im Vergleich zu Eurer Stadt mag das hier zwar geradezu ärmlich aussehen, aber dennoch hat mein Vater das Sagen hier und damit eine wichtige Position. Also verhaltet Euch entsprechend!“
Dann lächelte sie und bedeutete ihm, einzutreten. Er trat durch die Stoffbahnen und fand sich in einer Art Ratshalle wieder. Links und rechts einer zentralen Gasse standen anscheinend wichtige Persönlichkeiten, während am anderen Ende ein Mann auf einem, mit kunstvollen Schnitzereien verzierten Stuhl saß und aus einem großen, silbernen Weinkelch trank. Bei seinem Eintreten waren die Gespräche verstummt und alle Augen richteten sich auf ihn, als er neben Viverla‘atar durch das Zelt schritt. Offenbar reichte der Innenraum noch bis in den Fels, denn über dem Häuptling spannte sich eine massive Steindecke. Plötzlich fiel Sisrall auf, dass die meisten der Anwesenden ihn mit einer Art Ehrfurcht ansahen. Nur drei Gesichter zeigten mühsam unterdrückten Zorn. Zwei der entsprechenden Männer standen rechts des Throns, während sich der Dritte an der rechten Wand befand. Der Assassine blieb vor dem Häuptling stehen, der seinen Weinkelch inzwischen abgestellt hatte, und Viverla’atar stellte sich links neben dem Thron, wo schon eine andere junge Frau wartete.
Sisrall musterte den Häuptling und stellte fest, dass der offenbar eine Art Lederrüstung trug, die allerdings so sehr mit Symbolen bemalt und mit kleinen Steinen behängt war, dass sie eher wie die Tracht eines primitiven Schamanen wirkte. An der Hüfte hingen ein dünnes Schwert und ein nagelgeschmückter Streitkolben.
Der Assassine verneigte sich mit den Worten „Ich grüße Euch, Stammesführer Tar’atris“. Er hoffte, die richtige Anrede gefunden zu haben und blickte seinem Gegenüber in die braunschwarzen Augen. Dieser neigte den Kopf und erwiderte, „Seid willkommen in unserem Kreis, Blutklinge. Viel wurde mir zugetragen von Euren Taten während der Schlacht um Ghrond und es ehrt uns, dass Ihr uns mit Euer Anwesenheit beehrt.“
Bei Khaine, muss der so geschwollen sprechen!? Soll ich etwa so antworten?
Er holte tief Luft und erwiderte dann, „Ich bin es, der danken muss, großer Häuptling. Ihr habt mich gerettet, als mich die Finsternis schon fest in ihren Klauen hielt. Was in meiner Macht steht, um Euch zu danken, ich werde es tun.“
Kaum waren ihm die Worte über die Lippen gekommen, da bereute er sie auch schon. Um ihn herum breite sich Gemurmel aus und die Männer, die vorher so zornig gewirkt hatten, grinsten nun hinterhältig. Der Häuptling gebot Schweigen. „Es widerstrebt mir, Euch mit so etwas zu belasten, aber vielleicht könntet Ihr mir tatsächlich helfen und dem Stamm damit einen großen Gefallen tun.
Denn wisset, das Leben ist hart hier im Gebirge und alle Ressourcen sind kostbar und werden nur ungern geteilt. Ihr habt wohl bereits einen Ausblick auf das Tal gehabt, an dessen Rande wir leben. Es ist ein wahrlich schönes Plätzchen, doch leider sind wir nicht allein. Ein zweiter Stamm, dem unseren ebenbürtig, lebt zwischen den Wäldern am gegenüberliegenden Rand, am Fuße der Berge. Ich bitte Euch, uns zu helfen, diesen Stamm zu vernichten, damit ich meinen Söhnen ein geeintes Tal hinterlassen kann. Eure Kampfkünste sollen beeindruckend sein, wenn ich den Worten meiner Tochter Glauben schenken darf.“
Schleim du nur. Warum habe ich meine Zunge nicht unter Kontrolle gehalten, ärgerte er sich.
Nun muss ich tun, was er verlangt, wenn ich nicht als Wortbrecher vor Khaine dastehen will. Aber die werden sich wundern, wenn sie glauben, mich auf diese Weise loszuwerden. Noch immer unterdrückten die drei Männer ein hinterlistiges Grinsen.
Freut euch nicht zu früh! Dieser Angriff wird noch vor dem Ende Opfer fordern!
„Nun gut, Häuptling Tar’atris. Ich sehne mich schon mach einer Herausforderung. Ich werde daher aufbrechen und Eure Krieger bei dem unterstützten, wozu sie allein offenbar nicht in der Lage sind.“ Stimmen erhoben sich. Einige waren überrascht von seiner schnellen Zusage, andere ehrfürchtig von der Furchtlosigkeit, mit der er geantwortet hatte, und etliche erbost, weil er die Druchii des Stammes in so schlechtem Licht dastehen ließ. Auch den Männern, die anfangs zornig gewesen waren, war das Grinsen vergangen und einem vor Hass triefenden Blick gewichen.
Sisrall betrachtete die Männer neben dem Thron.
Sind das die Söhne, für die ich das Tal erobern soll?
Er erhob die Stimme, um das Gemurmel zu übertönen. „Ich war noch nicht fertig. Ich habe zugestimmt, aber ich verlange, dass die Krieger meinen Anweisungen folgen.“
Nun brachen neue, flüsternde Stimmen los, lauter als zuvor. Jemand schrie sogar, man solle ihn rauswerfen. Sisrall glaubte, der Ruf käme von der rechten Wand kam, war sich aber nicht sicher.
Dann traf sein Blick Viverla’atar und er sah das unterdrückte Schmunzeln der jungen Frau.
Als sich der Tumult legte, sprach wieder Tar’atris. „Ich verstehe Euer Anliegen, Blutklinge. Aber ich kann keinen meiner Leute zwingen, sich Euch unterzuordnen. Sie besitzen ebenso viel Stolz, wie Ihr und haben schon oft für den Stamm mit der Klinge eingestanden.“
Aber mich kannst du zwingen, ich bin ja nur ein verwöhnter Stadt-Druchii, der noch nie für seine Leute gefochten hat! Ich würde jeden deiner sogenannten Krieger im Zweikampf besiegen, du lächerlicher Wicht von einem Häuptling! Wenn ich nur nicht dieses Versprechen gemacht hätte!
Erneut brach Stimmengwirr los, das jedoch schnell verstummte, als Viverla’atar vortrat. „Ich bin gerne bereit, mich den Anweisungen von Blutklinge zu unterstellen. Ich habe gesehen, wie er die Verteidiger von Ghrond geführt und das übermächtige Chaosheer mehrere Stunden lang aufgehalten hat.“
Diesmal herrschte erstauntes Schweigen. Dann trat der Mann von der rechten Wand vor. Er trug eine dicke Lederrüstung, die teilweise mit geschwärztem Stahl verstärkt war, und trug einen Helm unter dem Arm, der oben einen goldenen Federbusch aufwies. Der Mann hatte breite Schultern und offenbar stählerne Muskeln, die sich unter dem Leder abzeichneten. Sein kantiges Gesicht war stark gerötet. „Nein, lasst sie nicht mitgehen, Häuptling! Sie ist unsere beste Jägerin und wird hier benötigt.“
Tar’atris wandte brachte ihn mit einer Geste zum Schweigen und fragte die Anwesenden im Zelt.
„Wäret Ihr bereit, unter dem Befehl von Blutklinge loszuziehen? Ich werde niemanden zwingen.“ Der Assassine wandte sich um und war erstaunt, wie schnell viele der Umstehenden die Hand hoben, wodurch hier offenbar Zustimmung gezeigt wurde. Der Häuptling fuhr fort. „Dann sei es so. Das Gesetzt unseres Stammes verbietet mir, den Jägern und Kriegern eine solche Entscheidung streitig zu machen. Ihr werdet so bald wie möglich aufbrechen, Blutklinge.“
Damit war das Gespräch offenbar beendet und er verließ das Zelt, über das nachgrübelnd, was er sich da eingehandelt hatte. Er hörte Schritte hinter sich und eine Hand legte sich auf seine Schulter. Es war Viverla’atar und sie lächelte. „Da habt Ihr ja was vor. Ich denke, das wird aufregend.“
Ohne Grund fühle Sisrall sich besser. „Ihr müsst nicht mitkommen. Ich habe das nur gesagt, um…“ Sie schnitt ihm das Wort ab. „Ja ich weiß, aber ich komme gerne mit. Kein Wort mehr, verstanden? Wir werden noch heute aufbrechen, der Tag ist erst halb vorbei und der Häuptling will bestimmt nicht warten, bis es sich die Leute anders überlegen und es zu Streitigkeiten kommt. Wartet in meinem Zelt!“
Damit ließ sie ihn allein zurück.