WHFB Erwählte des Khaine - PDF komplett online

da stellt sich mir die Frage, welches "fertig" du meinst. Der Abschluss der Geschichte oder auch die völlige Überarbeitung? Ansonsten bin ich mal auf die kommentierte Version gespannt ^^
Den Abschluss, wenn alles soweit geschrieben ist. Mein Kommentar soll ja helfen, das ganze noch etwas abzurunden. Würde gleichzeitig vorschlagen, dass du die Änderung der Welt (bzgl. Magie, Namen, Techniken, usw.) noch machst, bevor du es mir überreichst, damit ich auch gleich die Konsistenz von eben jenem Aspekt kontrollieren kann. 🙂
 
Dann wirds bestimmt Spaß machen deine Theorie der Magie zu lesen... naja ich fand von Trudi Canavan nur die Gilde der schwarzen Magier gut, das Zeitalter der Fünf war irgendwie langweilig, hab nur das erste gelesen aber das hat mir auch gereicht... aber in welchen Bücher die Magie auch serh schön beschrieben wird, ist die Serie Das Rad der Zeit von Robert Jordan...da werden die einzelnen Elemente als Fäden sozusgen zu Zauber gewoben und erfahrene Magier können so zb den Zauber frühzeitig stören oder halt erkennen was gewirkt wird oder es auch nachmachen... so können auch völlig neue Dinge entstehen wenn man ein feines Gespür hat aber ich meine es gibt momentan 32 Bücher der Serie...wäre etwas viel für dich das zu lesen aber da gibt es echt mitunter die besten Erklärungen über Magie und über die Natur der Magie die ich bisher gelesen habe..
 
Würde gleichzeitig vorschlagen, dass du die Änderung der Welt (bzgl. Magie, Namen, Techniken, usw.) noch machst,

na dann wirds noch ein bisschen dauern. Schließlich hab ich für Sisrall und Yetail jeweils noch etliche Kapitel Ausbildung geplant und auch Xiucalta soll deutlich mehr Vorgeschichte bekommen.

ber in welchen Bücher die Magie auch serh schön beschrieben wird, ist die Serie Das Rad der Zeit von Robert Jordan...da werden die einzelnen Elemente als Fäden sozusgen zu Zauber gewoben und erfahrene Magier können so zb den Zauber frühzeitig stören oder halt erkennen was gewirkt wird oder es auch nachmachen

Die Serie kenn ich leider gar nicht. Das klingt aber interessant. Da die Magie bei mir aber auf den Winden der Magie basiert (die komplexeren Zauber jedenfalls), ist das gar nicht so viel anders, zumindest mit dem Weben. Inwieweit das mit dem Erkennen und Nachahmen möglich ist, muss ich mir noch überlegen, ist aber ein toller Tipp, danke.

naja ich fand von Trudi Canavan nur die Gilde der schwarzen Magier gut, das Zeitalter der Fünf war irgendwie langweilig

ja, es war nicht ganz so gut. Die Magie wurde da ja auch kaum beschrieben. Da hieß es ja nur, dass die Energie sozusagen überall in Form von reiner Kraft existiert, die die Magier in sich hineinziehen und dann damit zuschlagen. Fand ich auch in sofern unbefriedigend, dass die Macht eines Magiers nur dadurch begrenzt wird, wie viel Kraft er auf einmal kanalisieren kann, nicht wie viel er hat. Theoretisch hätten die ewig lange mit Zaubern um sich werfen können, solange sie regelmäßig den Ort wechseln.

Wie gesagt, so 100%ig sind meine Ideen noch nicht ausgereift, aber ich arbeite daran. Vielleicht stell ich sie in nächster Zeit ja mal vor.
 
Ist kein Problem, mein Studium geht schließlich ja ganze drei Jahre. :lol:

toll, meins 5 ... aber so lange wollte ich eigentlich nicht mehr brauchen ... schließlich schwirren mir schon Ideen für die Fortsetzung / Nachfolge im Kopf rum ... aber ich will dieses Projekt erst zu Ende führen, sonst wird es nie fertig. Und ob ich neben dem Studium überhaupt noch so viel Zeit habe, wird sich zeigen.

Aber vielleicht könnten wir uns ja mal irgendwann über den neuen geplanten Hintergrund unterhalten. Ich hatte bisher noch keine Gelegenheit, eine zweite Meinung dazu einzuholen.
 
Und weiter gehts. Zu diesem Kapitel gibt es eigentlich nicht viel zu sagen. Nur ein Hinweis: Im Kapitel "Erste Erfolge", in dem das Gebiete von Kriegslager bis Platz der Heiligen beschrieben worden war, wurde der Platz der Heiligen als zwölfseitig beschrieben. Ich hab das mal auf sechsseitig geändert. Also nicht wundern.

Und nun viel Spaß.

Ein falsches Schicksal


Reckdis starb wie ein wahrer Fürst: Heldenhaft und mit der Absicht, sein Leben für das hundert anderer zu geben. Niemals soll schlecht gesprochen oder geschrieben werden über diesen Edelsten aller Khainler.
[FONT=&quot]— [/FONT]Aus ‚Bericht der Viermächteschlacht‘

Naggarond; Naggaroth
2567 IC; 8.Vollmond (5.Tag)
10 Stunden nach Sonnenaufgang

Xiucalta wanderte mit energischen Schritten auf dem Balkon umher. Sie hatte einen Fehler gemacht! Einen unverzeihlichen Fehler. Bei der Unterhaltung mit den Kindern des Mordes war eine wichtige Frage nicht angesprochen worden: Wie sollten die Druchii die Untoten aufhalten? Xiucalta hatte an zu viele andere Dinge denken müssen und die Erwählten hatten sich vor allem für die Bedrohung des Splitterdrachens interessiert. Nerglot war Bluthands Ziel und damit schien das Thema Untote abgehakt zu sein.
Eigentlich konnte Xiucalta ihnen keinen Vorwurf machen. Woher sollten sie ahnen, dass die Schergen des Beschwörers einen Weg nehmen würden, auf dem sie Bluthand nicht begegneten? Vermutlich waren sie davon ausgegangen, dass die Zauberin diese Bedrohung beseitigen würde. Hinzu kam, dass sie auch nicht wussten, wo sich Nerglot aufhielt. Hätte Viverla’atar ihn nicht ausgerechnet ins Grab der Heiligen gebracht, würde er kaum Material haben, um daraus eine Armee aufzubauen.
So blieb die Verantwortung, dieses Problem zu lösen, bei Xiucalta. Natürlich hatte sie auch einmal kurz darüber nachgedacht, aber ihre Idee war gewesen, den verbleibenden Befehlshabern, die jetzt das Kriegslager koordinierten, von der Bedrohung durch die Untoten zu berichten. Damals hatte sie das für ausreichend gehalten, aber nun, da sie die gleichzeitig erleichterten und furchtvollen Mienen der Druchii-Krieger sah, kamen ihr Zweifel.
Keiner von ihnen kannte sie. Die Kinder des Mordes hatten ihr letztendlich vertraut, weil sie sich an sie erinnert hatten. Die Reaktionen der Hochgeborenen auf ihr Erscheinen, die sie voraussah, waren vielfältig, aber keine versprach Hoffnung. Im besten Fall würde man sie halbwegs ernst nehmen und ein paar Späher zum angegebenen Punkt schicken. Aber sobald die Invasion begann, wäre das zu wenig. Im schlimmsten Fall würde ein Streit ausbrechen, ob man ihr vertrauen konnte oder nicht, und ein besonders frustrierter und kampfesmüder Offizier würde sie töten, woraufhin die anderen die Sache nicht weiter vertieften. Dazwischen lagen noch verschiedene Alternativen, in denen sie als Irre abgestempelt, davongejagt oder ins Hexenkloster eskortiert wurde.
Die Möglichkeit ihres eigenen Todes zu sehen, erschreckte sie und machte es ihr schwer, sich zu konzentrieren. Aber was sollte sie tun? Die Soldaten waren kampfesmüde und erleichtert, dass die Bedrohung durch die Untoten scheinbar vorbei war. Der neue Feind ließ sie erzittern und ihre angeschlagene Moral brauchte keine neue Verunsicherung in Form einer angeblichen Seherin, die niemand kannte. Anders als bei den Kindern des Mordes würden Beweise ihrer Fähigkeiten außerdem zu noch mehr Misstrauen und sogar Angst führen statt zur Anerkennung ihrer Macht.
Wenn einer der Erwählten bestätigen würde, dass sie die Seherin der Druchii wäre, würde das alles anders aussehen. Aber hätte sie einen von ihnen in ihrer Nähe, bräuchte sie sich keine Gedanken mehr darüber machen, wie sie die Befehlshaber überzeugen könnte. Dann könnte der oder die Erwählte den Oberbefehl übernehmen.
Doch die Kinder des Mordes waren zu weit entfernt und allmählich wurde die Zeit knapp. Sie musste sich etwas einfallen lassen. Es war ihr Fehler und damit auch ihre Aufgabe, den Schaden abzuwenden.
Ihre Gedanken rasten, während sie das durchging, was ihr zur Verfügung stand. Ihre eigene Person war zu unbekannt und unwichtig, das stand fest. Einen der Erwählten konnte sie nicht erreichen. Reckdis, der ebenfalls die nötige Macht gehabt und ihr vertraut hatte, war tot. Die einzige Magie, in der sie – abgesehen von Vorhersagen – gut war, waren Illusionen. Ansonsten waren ihre Fähigkeiten sehr eingeschränkt. Durch ihren Artefaktstab konnte sie lediglich zwei für den Kampf geeignete Zauber einsetzen.
Vielleicht sollte sie die Untoten selbst solange aufhalten, bis jemand auf sie aufmerksam wurde? Nein, das war Unsinn. Selbst, wenn ihr Schild sie schützen würde, kämen die Druchii zu spät. Bis dahin hätten sich die Skelettkrieger schon zu weit verteilt. Und sie war nicht mächtig genug, um wirklich offensiv gegen die Feinde vorzugehen.
Dann erstarrte sie, als sie an die Gedanken dachte, die ihr zuvor durch den Kopf gegangen waren. Ein Lächeln erhellte ihr Gesicht. Sie war eine Illusionistin, natürlich! Und unter den überlebenden Druchii gab es außer Bluthand keine ranghohen Magierinnen mehr, die eine wirklich gute Illusion durchschauen konnten. Einfach würde es nicht werden, aber sie konnte es schaffen.
Die junge Zauberin kniete sich ganz an den Rand zwischen zwei der Statuen, sodass sie das Kriegslager gerade noch sehen konnte. Dann schloss sie die Augen und griff nach den Winden der Magie. Es ging nicht einfach nur darum, sie in eine bestimmte Form zu zwingen und damit eine Erscheinung zu erschaffen. Damit ihr Plan gelang, musste ihre Illusion absolut echt wirken. Und dazu brauchte sie die Erinnerungen einer bestimmten Person.
Es dauerte ewig. Direkt unter ihr auf der Straße leuchtete ein Funken Magie auf. Im Rhythmus ihres Herzschlages wuchs die Lichtfigur. Anfangs war es eine Kugel, die frustrierend langsam anschwoll. Glühende Kraft brandete durch Xiucaltas Geist, um in die Erscheinung zu fließen. Und mit jeder Welle Magie schoben sich die leuchtenden Konturen weiter nach außen. Die Kugel wurde schlanker und ähnelte bald mehr einem Zylinder, der sich an fünf Stellen auszubeulen schien. Die Beulen zogen sich in die Länge und wuchsen, bis sie die Formen zweier Arme, zweier Beine und eines Kopfes annahmen.
Immer größer wurde die Figur, während ihre Umrisse mehr und mehr an die eines Elfen erinnerten. Aus den Gliedmaßen wuchsen Hände und Füße, die sich zu Fingern und Zehen verzweigten, der zuerst kugelförmige Kopf schlankte ab und bekam ein Gesicht, während sich der Hals herausbildete. Dann stand die perfekte Abbildung eines Elfen auf dem Pflaster. Für einen Augenblick bewunderte Xiucalta die wunderschöne, leuchtende Magie, die einzig und allein ihr Wille zu etwas derart Beeindruckendem geformt hatte. Nach einer kurzen Atempause setzte sie ihre Arbeit fort.
Blasse Haut zog sich über Muskeln aus reiner Magie, klare Augen formten sich unter den neuen Lidern in einem strengen, aber ehrlichen Gesicht. Kostbare Kleidung legte sich von den Schultern abwärts um den Leib, bevor eine Rüstung darüber erschien. Ein Tropfen Magie am Gürtel verwandelte sich innerhalb weniger Augenblicke in ein langes Schwert.
Xiucalta ließ die Figur einmal in der Luft rotieren. Ihr stockte der Atem. Die Erscheinung ähnelte Reckdis so vollkommen, dass sie fast glaubte, er würde gleich zu ihr sprechen. Ein Gefühl der Schuld stieg in ihr auf, weil sie ihm nicht das hatte geben können, was er sich gewünscht hatte. Und weil er für sie gestorben war. Er war wirklich ein guter Mann gewesen und hätte ein besseres Schicksal verdient. Vielleicht konnte sie jetzt einen Teil ihrer Schuld begleichen.
Die Illusion zeigte den Piratenfürsten jedoch unverletzt und ohne jede Spur des Kampfes. Schweren Herzens zog sie ihre eigenen Erinnerungen hervor. Seine linke Gesichtshälfte verfärbte sich rot, bevor sich ein Verband darum wickelte. Verbrennungen zogen sich seinen Hals hinab und er presste seinen Arm in einer Schlinge an die Brust. Blutflecken, Kratzer und Dreck erschienen auf Rüstung und Gewändern. Über seine rechte Wange zogen sich hässliche Schnitte, wo ihn Gropenzars verletzt hatte. Er ging leicht gebeugt von Schmerzen und Erschöpfung.
Endlich war sie zufrieden mit ihrer Illusion und atmete tief durch. Das war mehr, als sie je zuvor geschaffen hatte. Es erforderte wirklich großes Können, etwas derart Komplexes so detailliert wiederzugeben. Und eine unglaubliche Kontrolle über die Winde der Magie. Es waren wohl ihre Fähigkeiten als Seherin, die ihr dies erst ermöglichten.
Jetzt kam der schwierige Teil. Es war eine Sache, eine Erscheinung über den Boden schweben zu lassen. Sie so zu bewegen, dass es echt aussah, war deutlich schwerer. Sie öffnete ihren Geist für die arkanen Ströme und zwang sie direkt in die Illusion. Sie suchte nach Erinnerungen daran, wie Reckdis Körper sich verhalten hatten, wenn er gegangen war. Als sie eine fand, packte sie sie und benutzte sie als Brücke zwischen ihrem Willen und der Erscheinung.
Als der falsche Reckdis den ersten Schritt machte, sackte sie vor Erleichterung in sich zusammen. Das war geschafft. Rasch ließ sie ihn zum Kriegslager laufen, während sie gleichzeitig über die nächste Herausforderung nachdachte. Sie hatte noch nie versucht, eine Stimme künstlich zu erschaffen. War das überhaupt möglich? Sie zweifelte irgendwie daran. Aber sie hatte schon öfters Leuchterscheinungen benutzt, um ihre Stimme über weite Entfernungen zu übertragen und dort wiederzugeben.
Nervös, weil sie keine Möglichkeit hatte, es vorab auszuprobieren, griff sie abermals nach den in den Winden der Magie gespeicherten Erinnerungen. Als ihre Illusion das Kriegslager erreichte und auf die Befehlshaber zu humpelte, legte sie die Ströme als Filter um die Verbindung, die ihre eigenen Worte über die Erscheinung wiedergeben würde.
„Macht euch kampfbereit, Druchii!“, rief der falsche Reckdis so laut, dass sie es selbst hier auf ihrem Balkon hören konnte. Ein zweiter Stich Schuld durchfuhr sie, als sie diese Stimme hörte. Sie hatte es geschafft. Beinahe hätte sie gelacht, aber sie riss sich rechtzeitig zusammen, bevor sie auf diese Weise ihre Täuschung ruinieren konnte.
Die Befehlshaber der Druchii wandten sich dem Neuankömmling zu. Ihre Reaktionen reichten von Wut und Verachtung bis hin zu Verwirrung. „Ihr habt keine Befehlsgewalt über unsere Soldaten, Fürst Reckdis.“, rief einer zornig. „Außerdem seid Ihr nicht in der Verfassung für eine Schlacht.“
Xiucaltas Illusion ließ den Blick über die versammelten Offiziere schweifen und nickte dann. Laut fuhr sie fort. „Ich bin der Fürst der Khainler und diese Macht könnt Ihr mir nicht nehmen. Ich rufe mein Volk in die Schlacht. Und Euch anderen rate ich, uns zu folgen. Denn Khaine selbst sandte mir eine Vision. Die Untoten sind noch nicht besiegt! Schon in wenigen Minuten werden sie sich wieder erheben und abermals über uns herfallen. Aber wir werden sie erwarten und mit blanken Klingen willkommen heißen. Also macht euch bereit und folgt mir! Im Name Khaines!“
Xiucalta ließ den Soldaten Zeit, das Gehörte zu verarbeiten. Der Befehlshaber, der zuvor gesprochen hatte, wirkte, als wäre er am liebsten mit dem Schwert auf Reckdis losgegangen. Aber er nickte und antwortete mit eisiger Stimme: „Nicht um Euretwillen werden wir abermals zu den Waffen greifen, Fürst Reckdis.“ Er spuckte die letzten Worte förmlich aus. „Aber wenn der Blutige Gott ruft, werden wir folgen. Ich hoffe, Eure Vision entpuppt sich nicht als der Fibertraum eines Wahnsinnigen.“
Das war schon beinahe eine Beleidigung, aber Xiucalta war zu erleichtert, um sich darum zu scheren. Solange die Krieger in die Schlacht ziehen würden, war ihr der Rest egal. Es war wirklich gut, dass außer den Kindern des Mordes niemand wusste, dass die Götter nicht wirklich zu den Sterblichen sprachen. Vielleicht würde sie dieses Missverständnis eines Tages aufklären, aber bis dahin konnte sie es nutzen.
„Folgt mir rasch, ihr Krieger!“, rief sie durch ihre Illusion, bevor sie Reckdis sich umdrehen ließ und mit seiner Hilfe die Streitmacht anführte. Mit beeindruckender Schnelligkeit machten sich die Soldaten bereit. Innerhalb weniger Minuten hatten alle ihre Waffen gegriffen und sich zu einer halbwegs ordentlichen Formation aufgestellt. Dank des Splitterdrachens hatte es niemand gewagt, sich allzu sehr zu entspannen. Nur wenige mussten ihre Rüstung wieder anlegen.
Es war ein eindrucksvolles Bild und Xiucalta stockte der Atem angesichts der gewaltigen Streitmacht, die in ihre Richtung marschierte. Die Reihen füllten die ganze Breite der Prachtstraße aus und verwandelten sie in einen dunklen Fluss glänzenden Stahls.
Die Tempelkrieger waren abermals die ersten, die in die Schlacht zogen. Sie waren am schnellsten kampfbereit und formiert gewesen. Die Rüstungen der Scharfrichter waren ebenso verstaubt und zerkratzt wie die Umhänge der Assassinen, aber die funkelnden, blutbefleckten Klingen und grimmigen Helme kündeten von ihrer Entschlossenheit. Ihr makelloser Gleichschritt hallte von den prachtvollen Fassaden wider und bildete einen donnernden Rhythmus, erhabener und ergreifender als jeder Trommelschlag. Sie hatte das Gefühl, ihr eigener Herzschlag würde sich diesem Puls anpassen, der bebend durch das Pflaster lief.
Beiderseits der Tempelkrieger ritten die Klosterhexen und Sturmrufer. Es waren insgesamt vier Reihen, die in langsamem Trott in die Schlacht zogen. Nicht einmal mehr hundert Magier waren noch am Leben. Und sie alle wirkten müde und mitgenommen, auch wenn ihre Gewänder sauber und edel waren. Es war in erster Linie mentale Erschöpfung, die in ihrer Haltung lag. Dadurch boten sie einen scharfen Kontrast zu den entschlossenen, aber äußerlich angeschlagenen Truppen des Tempels.
Dicht hinter den Kriegern Khaines schritten die Schwarzen Gardisten. Auch von ihnen hatten nur wenige die lange Schlacht überlebt. Etwa einhundertfünfzig schätzte Xiucalta, waren es, die dort in breit gefächerten Gliedern mit erhobenen Hellebarden marschierten. Ihr Erscheinungsbild ähnelte dem der Scharfrichter, zerkratzt und mitgenommen, aber kampfbereit. Allerdings war ihr Schritt weniger gleichmäßig und deutlich mehr von ihnen ließen sich ihre Erschöpfung anmerken. Etliche blickten starr zu Boden, während sie sich zwangen, einen Fuß vor den anderen zu setzen.
Ein noch entmutigender Anblick waren die Soldaten der Druchii. Es gab nur noch wenige Reiter, die sich ähnlich wie die Magier an den Seiten der Infanteristen hielten. Sie waren eine bunte Mischung aus Stadtdruchii, Autarii und Khainlern. Die Seherin sah etliche gepanzerte Streitrösser, aber die meisten waren leichte Pferde der Bergclans. Auch die Reihen der Krieger waren sehr durchmischt. Speerträger, Armbrustschützen, Schildträger und Schwertkämpfer in unterschiedlich schweren Rüstungen marschierten alle nebeneinander. Ihre Anführer hatten zwar versucht, eine Formation zu bilden, aber überall störten verletzte oder schlichtweg übermüdete Kämpfer die Reihen. Nicht wenige humpelten mehr, als dass sie liefen.
Und dennoch wurde Xiucalta leichter ums Herz und sie musste sich zusammenreißen, um nicht zu jubeln. Die Druchii zogen in den Kampf, ein letztes Mal. Egal, wie sich das Schicksal wenden würde, es wäre das Ende. Sie mussten nur standhalten. Die Flut der Untoten abwehren und auf Meisterin Bluthand vertrauen, dass der Strom irgendwann enden würde. Und sie hatten nichts mehr zu verlieren außer ihrem Leben. Die junge Seherin sah in jedem der fast tausend Gesichter, die unter ihr vorüberzogen, dass die Druchii das auch wussten. Und dass sie ihr Leben so teuer wie möglich verkaufen würden. Weil es das einzige war, was es noch zu tun gab.
Die Illusion von Reckdis hatte mittlerweile den Platz der Heiligen erreicht und angehalten. Xiucalta zwang sich, sich auf ihre Aufgabe zu konzentrieren. Die ersten Reihen der Tempelkrieger waren dicht hinter dem Piratenfürsten und ihre Befehlshaber blickten ihn abwartend an. Um sich selbst mehr Zeit zu geben und gleichzeitig das Innehalten ihrer Erscheinung zu erklären, ließ sie Reckdis sich ganz langsam umdrehen.
„Dies ist der Ort, an dem wir unseren letzten Kampf führen werden.“, ließ sie ihn sagen, während er die Arme weit ausbreitete, um scheinbar den gesamten Platz zu umfassen. Währenddessen glitt Xiucaltas Aufmerksamkeit von einer Vision zur nächsten, um so viele Möglichkeiten wie möglich durchzugehen. Sie war keine Taktikerin und wenn sie ihren falschen Reckdis wie einen erscheinen lassen wollte, blieb ihr nichts anderes übrig, als herauszufinden, welche Aufstellung der Truppen die größten Erfolgschancen bot.
„Die Tempelkrieger und die Schwarzen Gardisten bilden einen Ring aus Keilen!“, wies sie die Truppführer an, die eilig gehorchten. Der Platz war sechseckig, sodass sich die Elitekrieger schnell zu mehreren dünnen, nach innen zeigenden Speerspitzen aufstellen konnten. Die Scharfrichter und die Gardisten bildeten dabei selbstständig möglichst effektive Kombinationen aus Schwertkämpfern und Hellebardenträgern. Die Assassinen würden im Innern der Formationen lauern.
„Die berittenen Magier in die Mündungen der Straßen hinter die Krieger!“, fuhr sie durch ihre Erscheinung fort. „Die übrigen sollen zusammen mit den Armbrustschützen auf die Dächer und Balkone oder in die Fenster der Gebäude. Die Kavallerie auf die Prachtstraße. Haltet euch bereit, falls der Feind durchzubrechen droht. Alle anderen Krieger ergänzen die Keilformationen etwas versetzt zu einem Ring. Lasst sie die Reihen der wandelnden Leichen aufbrechen und macht den Rest nieder!“
Die Anweisungen wurden rasch und widerspruchslos umgesetzt und allein das Fehlen von Wiederworten und Gegenvorschlägen zeigte Xiucalta, dass ihre Ideen so schlecht nicht sein konnten. Sie hoffte nur, dass die Keile wirklich die von ihr erhoffte Wirkung zeigen und den Feind auseinandertreiben würden, damit der Ansturm auf die kampfesmüden Soldaten weniger verheerend werden würde. Im schlimmsten Fall würden die Spitzen einfach überrannt werden.
Sie sah jedoch auch, dass sich viele der vorderen Schwarzen Gardisten Schilde reichen ließen, um die Formationen besser abschirmen zu können. Die Tempelkrieger waren bedauerlicherweise zu stolz dazu. Nicht jedoch dazu, stellte sie erheitert fest, die Hellebarden der schildtragenden Gardisten anzunehmen, um selbige aus den hinteren Reihen effektiver unterstützen zu können.
Die Krieger waren noch immer dabei, ihre Positionen einzunehmen, als der Zeitpunkt gekommen war, auf den Xiucalta gewartet hatte. Es gab keine Vorwarnung. Kein Beben der Erde, keine Risse im Boden. Von einem Augenblick auf den anderen explodierte fast genau unter ihrer Reckdis-Illusion das Pflaster in einer gewaltigen Lichtsäule. Vibrationen ließen dutzende Standbilder der Heiligen umstürzen und rissen den Untergrund auf. Meterdicke Gesteinsbrocken rasten durch die Luft, zertrümmerten die gestürzten Heiligenbilder, rissen nahestehende Gebäude ein und begruben auch einen Teil der Formation unter sich. Xiucalta sah die Verluste mit Bedauern, aber es hatte keine Möglichkeit gegeben, sie alle zu schützen. Und nur die allerwenigsten Geschosse forderten tatsächlich Opfer.
Das gesamte Ereignis dauerte nur wenige Augenblicke und als die letzten Trümmerstücke aufgeschlagen waren, gellten bereits laute Befehle über den Platz. Die Anführer trieben ihre jeweiligen Truppen in Position. Jetzt zweifelte niemand mehr daran, dass Reckdis die Wahrheit gesprochen hatte. Dass der Piratenfürst selbst nicht mehr zu sehen war, bemerkte anfangs keiner.
Erst nach und nach ging ein leises Murmeln durch die Reihen. Oft fragend, gelegentlich bewundernd, selten zweifelnd, fast immer von einer gewissen Furcht begleitet. Es dauerte eine Weile, bis einer der Befehlshaber das Verschwinden des Khainlers bemerkte.
„Fürst Reckdis hat sich geopfert.“, rief er und brachte damit alle übrigen zum Schweigen. „Der Blutige Gott hat sein Leben für die Warnung gefordert, die er uns gebracht hat. Nun ist er tot, aber wir sind bereit. Der Feind mag den ersten Schlag geführt haben, aber dank dieses Opfers können wir es sein, die den letzten, endgültigen Streich führen. Und nur darauf, das muss jedem hier klar sein, kommt es an. Wir werden uns an Fürst Reckdis ein Beispiel nehmen. Unser Leben für das aller, so wahr wir hier stehen!“
„Unser Leben für das aller.“, riefen mehrere hundert Stimmen. Längst nicht alle Druchii waren in den Kriegsruf eingefallen, aber sie alle hatte die kurze Rede ernüchtert. Fast überall konnte die Seherin grimmige Gesichter und harte Blicke sehen. Sie kannten ihre Verantwortung und Reckdis scheinbarer Tod hatte ihnen gezeigt, dass es jeden treffen konnte. Und dass jedes Opfer letztendlich zum Sieg beitragen konnte.
„Für dich, Reckdis.“, flüsterte Xiucalta. „Als Dank für alles.“
Sie würde sich nie vollkommen dafür revanchieren können, dass er ihr Leben gerettet hatte, aber sie hatte das Gefühl, nun ruhigen Gewissens einen Schlussstrich ziehen zu können. Sie hatte ihm im Leben nicht die Liebe schenken können, die er sich gewünscht hatte. Aber sie hatte ihm im Tod den Respekt gebracht, den er verdient hatte. Man würde sich noch lange an Reckdis von den Khainlern erinnern – wenn es am Ende noch jemanden gab, er sich erinnern konnte.
„Ruhe in Frieden, bei Khaine.“, beendete sie ihr kurzes Gebet, im gleichen Moment, in dem der erste Untote den hautlosen Schädel aus dem Boden streckte. Rasch und völlig unbeeindruckt von den tausend Druchii, die ihm mit blitzenden Klingen entgegen starrten, kletterte der Skelettkrieger aus dem Loch und stürmte einfach los. Hinter ihm tauchte der nächste auf. Der noch immer leicht grüne Schein der Sonne ließ die Knochen der Untoten funkeln und enthüllte ihren metallelen Charakter.
Oh, oh, dachte Xiucalta. Nerglot spart nicht an Kraft. Hoffentlich gibt das Yetail einen Vorteil. Bitte Khaine, lass nicht zu, dass ich sie in den Tod geschickt habe. Sie griff kurz nach den Winden der Magie, doch die Meisterin war noch immer unterwegs in den Tunneln und würde den Totenbeschwörer erst in einigen Minuten erreichen. Und was dann geschehen würde, konnte sie nicht erkennen. Es gab zu viele Möglichkeiten. Magische Duelle, besonders bei so mächtigen und ebenbürtigen Gegnern, waren fürchterlich komplex. Ein einziges Detail konnte alles ändern.
Vor ihr auf dem Platz der Heiligen ging das vorderste Skelett in Flammen auf und brach kurz vor den Reihen der Druchii zu Asche zusammen. Es war eine gewaltige Verschwendung magischer Kraft, aber es war ein Anblick, der Hoffnung schenkte. Und das konnte am Ende den Unterschied bedeuten. Gleichzeitig war es das Signal zum Angriff. Knapp hundert Armbrüste klackten und gefiederte Bolzen rasten über den Platz.
Der Beschuss zeigte nur wenig Wirkung. Mittlerweile befanden sich etwa drei Dutzend Untote an der Oberfläche und nicht einmal zehn von ihnen wurden vernichtet. Nur wenn ein Geschoss einen Schädel oder die Wirbelsäule traf, verging der Skelettkrieger zu Staub. Sie hatten Glück, dass Nerglot seine Diener nur mit dünner Bronze umhüllt hatte – nichts, das den auf kurze Distanz abgeschossenen Silberstahlbolzen wirklich widerstehen konnte. Aber es erhöhte die Chancen der Untoten und deutlich mehr, als erwartet, erreichten die Reihen der wartenden Krieger.
Innerhalb von Sekunden verwandelte sich der ordentliche Keilring in einen wilden Nahkampf. Xiucaltas Konzept ging auf und etliche Untote wurden an den Spitzen aufgerieben, ohne selbst von vorn einen Angriffspunkt zu finden, während die hinter ihnen sie vorandrückten – direkt in die wartenden Hellebarden.
Die Hexen und Sturmrufer hielten sich noch zurück, während die Schützen Salve um Salve in die Menge um das Loch feuerten, in der Hoffnung, den Nahkämpfern so viele Feinde wie nur irgendwie möglich vom Leib zu halten. Wie viel sie tatsächlich erreichten, konnte niemand sagen. Xiucalta zog es vor, das nicht zu überprüfen. Wenn sie selbst die Zuversicht verlor, spielte es keine Rolle mehr, wie gut ihre Pläne waren. Sie musste daran glauben, dass sie alle eine Chance hatten.
Dann flogen die Skelettkrieger plötzlich mit gewaltiger Geschwindigkeit aus dem Loch, wie eine Fontäne metallener Knochengerüste. Sie kamen zufällig in irgendeiner Richtung etwa fünf Meter vor den Druchii herunter und stürmten sofort los, die glänzenden Klauen mordlustig vorgestreckt.
Und dann begann die Schlacht erst richtig. Bisher hatten sich die Elfen ziemlich gut gegen die im Grunde unbewaffneten Untoten halten können, da immer nur ein oder zwei gleichzeitig aus den Loch geklettert waren. Durch die neue Unterstützung, die aufgrund der Nähe zur Formation schlechte Ziele für die Schützen abgab, verlagerte sich das Kräfteverhältnis schnell zu Ungunsten der Druchii.
Doch Xiucalta konnte nichts weiter tun. Sie hatte ihnen alle Vorteile gegeben, die möglich waren. Jetzt machte sie sich wieder auf den Weg und kehrte dem Geschehen vorerst den Rücken zu. Es gab noch andere Aufgaben, die sie zu erledigen hatte. Dinge, bei denen der richtige Zeitpunkt über Erfolg oder Untergang entscheiden mochte.
 
Der Teil war echt super. Die Emotionen Xiucaltas kommen gut rüber und auch der Aufmarsch der Krieger war wunderbar. Mehr in der Richtung! 🙂

danke für das Lob. Mehr Aufmärsche wird es leider nicht geben. Immerhin sind sie jetzt ja in der Schlacht 😉
Mich hätte auch eher interessiert, wie du die Idee mit dem falschen Reckdis findest und die daraus resultierende Möglichkeit, ihm ein würdigeres Schicksal zu bieten.

Oder bezog sich die "Richtung" auf die Qualität? 😉
 
Oh Mann, jede Menge Infromationen in den letzten Tag. Vielleicht sollte ich nicht immer die Post's zwischen den Kapiteln überspringen. Dann hätte ich mir die Frage wer Xiucalta ist auch nicht stellen müssen. Naja ^_^ kommt halt mal vor =D.

Ein sehr schönes Kapitel. Einzig die Art und Weise der Ilusionsmagie gefällt mir noch nicht ganz. Das liegt wohl aber an meiner persönlichen Einschätzung eines Sehers. Für mich sind nämlich Seher und Magier zwei komplett unterschiedliche Paar Schuhe. Vorallem wurde Xiucalta nicht gerade als mächtige Magierin dargestellt und nun erschafft sie eine lebensechte Ilusion, samt Stimme? Hmmm<_<. Vielleicht wäre die Fähigkeit Dinge aus ihren Visionen kurzzeitig zu beschwören mehr einer Seherin angemessen. So nach der Art, auf einem anderen Strang des Schicksals hatte der Fürst überlebt und ruft nun die Soldaten in die Schlacht. Das sie solche Dinge den Kämpfern oder sonstwem als Ilusion vorführen kann. Das fände ich persönlich "seherischer" und käme der Ilusionsmagie sehr nah.
Dies ist aber auch der einzige Punkte den ich persönlich nicht so toll fand. Ansonsten, Top wie immer.

Achja und das Glossar auf Seite eins ist nicht mehr Up-to-Date. Da hab ich nämlich geschau ob Xiucalta vielleicht schonmal irgendwo vorkam und ich sie nur wieder vergessen habe =D
 
Vielleicht sollte ich nicht immer die Post's zwischen den Kapiteln überspringen. Dann hätte ich mir die Frage wer Xiucalta ist auch nicht stellen müssen. Naja ^_^ kommt halt mal vor =D.

ja das stimmt. Zumal ich manchmal schon ziemlich viel zwischen den Kapiteln verrate, was durchaus mit der weiteren Geschichte zu tun hat 😉

So nach der Art, auf einem anderen Strang des Schicksals hatte der Fürst überlebt und ruft nun die Soldaten in die Schlacht. Das sie solche Dinge den Kämpfern oder sonstwem als Ilusion vorführen kann. Das fände ich persönlich "seherischer" und käme der Ilusionsmagie sehr nah.

vielleicht ändert sich das, wenn die Geschichte insgesamt auf einem völlig anderen Magiesystem aufbaut. Dann kommen Yucaltas Fähigkeiten vielleicht nicht ganz so überraschend. Ansonsten klingt das, was du beschreibst, eigentlich sogar noch komplizierter, finde ich.

Vielleicht wäre die Fähigkeit Dinge aus ihren Visionen kurzzeitig zu beschwören mehr einer Seherin angemessen.

im Grunde tut sie das auch. Sie leitet die Informationen, die sie in ihren Visionen sehen kann (ob Zukunft oder Vergangenheit ist ja egal), direkt in ihren Illusionszauber und lässt die Winde der Magie diese Form annehmen.
Ich finde diesen Weg der tatsächlich sichtbaren Illusion persönlich schöner, als wenn sie den Soldaten irgendwelche falschen Gedanken einimpfen würde. DAS würde ihr viel zu viel Macht geben.

Aber ich weiß ja, dass man es nicht allen rechtmachen kann. Dennoch danke für das Statement. Vielleicht überarbeite ich die Beschreibung ihrer Illusionsmagie auch nochmal. Wird aber nicht das letzte Mal gewesen sein, dass sie eine Illusion erschafft, wenn auch keine so Komplexe.
 
Die Idee war ziemlich gut, zugegebenermaßen. 🙂

vielen Dank für das Lob. Die Idee war doch ziemlich gewagt, irgendwie finde ich es auch schöner, dass Reckdis jetzt nicht einfach verschwindet.

Ich merke, du denkst mit! 😎

Lass dir gesagt sein, ich gebe mir Mühe. Aber dennoch schwankt die Qualität halt abhängig davon, wie motiviert ich bin, wie interessant ich das Kapitel selbst finde (wenn ich so eine schöne Idee habe wie in diesem Fall macht das Schreiben auch mehr Spaß) und wie viel ich darüber nachgedacht habe (also wie viele Abschnitte des Kapitels bereits fertig in Gedanken existieren und wie viel ich noch spontan dazu schreiben muss, um die Lücken dazwischen zu füllen)
 
Lass dir gesagt sein, ich gebe mir Mühe. Aber dennoch schwankt die Qualität halt abhängig davon, wie motiviert ich bin, wie interessant ich das Kapitel selbst finde (wenn ich so eine schöne Idee habe wie in diesem Fall macht das Schreiben auch mehr Spaß) und wie viel ich darüber nachgedacht habe (also wie viele Abschnitte des Kapitels bereits fertig in Gedanken existieren und wie viel ich noch spontan dazu schreiben muss, um die Lücken dazwischen zu füllen)
Nun ja, Motivation kommt und geht mit der Zeit. Heißt also: Lass dir Zeit, damit du Deine Geschichte motiviert schreiben kannst! 🙂
(Und du merkst ja, dass mir die Teile auch besser gefallen, die du mit mehr Motivation geschrieben hast. 😉)
 
Es ist mal wieder eine Woche um und damit wird es Zeit für das nächste Kapitel. Es geht auch langsam voran. Gestern hab ich ein halbes Kapitel geschafft, vielleicht kriege ich es heute noch fertig. Und danach kommt endlich das Kapitel "Niederlage", in dem sich zumindest eine der beiden (bzw. drei) "Teil"-Schlachten entscheidet. Darauf freu ich mich schon lange ^^. Für euch dauerts leider noch ein bisschen, aber ich denke, dieses Kapitel hier ist erstmal auch nicht schlecht.

Eine Anmerkung noch:
Ich habe beschlossen, bereits eine weitere Änderung, die für die spätere Überarbeitung geplant war, umzusetzen. Dieses Mal ist es ein etwas größerer Eingriff, aber es wäre unzweckmäßig gewesen, bei der alten Version zu bleiben.
Und zwar wird die Zahl der Kinder des Mordes von zwölf (plus Yetail) auf neun (plus eine) verringert. Im Verlauf der Geschichte haben sich die Fähigkeiten der Erwählten doch als ziemlich mächtig erwiesen und zwölf sind einfach zu viele. Zumal ich auch keine Lust habe, mir gegebenfalls so viele Namen, Titel und Hintergründe auszudenken (falls ich jemals dazu komme, alle genauer zu beschreiben. In dieser Geschichte wird nur noch Trizil näher vorgestellt und zu Zalandra gibt es ein paar Eigenschaften, der Rest bleibt bei Namen)
Also nicht wundern, wenn ihr in diesem Kapitel mal durchzählt und nicht mehr auf 12 kommt 😉

Und nun viel Spaß.

Erschöpfung


An diesem Tage gab es wahrhaft niemanden im Kampfe, der nicht verletzt und erschöpft gewesen wäre, lange, ehe sich das Ende abzuzeichnen begann. Selbst unsere größten Helden konnten nicht immer verbergen, was die Schlacht ihnen abverlangte.
[FONT=&quot]— [/FONT]Bericht der Viermächteschlacht

Naggarond; Naggaroth
2567 IC; 8. Vollmond
10 Stunden nach Sonnenaufgang

Ein Stöhnen entrang sich seiner Kehle, als Sisrall die Augen aufschlug. Sein Körper schien nur aus Schmerzen zu bestehen, mehr als ein Knochen war gebrochen und jeder Muskel in irgendeiner Form geprellt oder gequetscht. Sein Kopf pochte, als wäre er damit gegen eine Wand gerannt.
Aber er lebte noch und das war das Wichtigste. Er erinnerte sich an den Kampf und den Sturz, auch daran, dass Szar’zriss ihn aufgefangen hatte, bevor er selbst abgestürzt war. Sisrall hoffte, dass es dem Drachen gut ging. Aber immerhin war es ihnen gelungen, ihren Feind zu Boden zu zwingen.
Ein Gesicht schob sich in sein Blickfeld und Sisrall ordnete es, sobald sich seine Augen scharf gestellt hatten, Artewu zu. Ein von Blutspritzern verzierter Helm umrahmte seinen Kopf. In den typischen goldenen Augen lag, verborgen unter der Härte, Sorge. Der Erwählte musterte ihn und grinste dann. Ein Hauch von Erleichterung stahl sich in seine Züge.
„Ihr lebt also noch, Blutklinge.“, meinte er und streckte dem Tempelkrieger die Hand entgegen. Sisrall ächzte, als er sich aufhelfen ließ. Als er stand, wankte er, aber allmählich klärte sich sein Kopf. Er konnte fühlen, wie sein Körper sich regenerierte. Die Macht der Marilim pulsierte durch seine Adern und flickte ihn wieder zusammen. Probehalber bewegte er die Gliedmaßen und stellte fest, dass nichts mehr gebrochen war.
„Wie lange …?“, fragte er, während er seine Ausrüstung überprüfte und den Helm abnahm. Es tat gut, freier zu atmen. Seine Schwerter waren noch da, genau wie die meisten seiner Wurfmesser. Die Rüstung hatte einigen Schaden genommen, aber der würde verschwinden, sobald sein Körper sich weit genug erholt hatte, dass Kraft übrig war. Ich hoffe nur, ich verbrauche nicht zu viel der Marilim. Yetail braucht diese Magie sicher dringender als ich.
„Kaum zehn Minuten.“, antwortete der andere Erwählte. „Wir sahen Euch abstürzen und eilten hierher. Als wir sicher waren, dass Ihr nicht tot, sondern nur bewusstlos wart, griffen die übrigen den Splitterdrachen an.“
„Weiß Yetail davon?“
„Nein. Wir haben beschlossen, sie nicht zu informieren. Sie kann keine derartige Ablenkung gebrauchen. Bei Khaine, ihr Kampf ist mindestens so schwer wie unserer und sie ist ganz allein.“
„Dann habt Ihr richtig entschieden.“, erklärte Sisrall erleichtert, während er sich Staub von der Rüstung klopfte. „Was ist mit Kerkil und Szar’zriss?“ Das hätte er auch selbst herausfinden können, aber es war immer besser, die Kinder des Mordes nicht mit Gedankenrufen zu überraschen, wenn sie vielleicht gerade in einem Kampf steckten.
„Es steht nicht gut um sie. Beide leben noch, aber der Aufprall hat ihnen mehr zugesetzt als Euch. Der Drache ist in ein Gebäude gekracht und hat es eingerissen. Er selbst hat das relativ gut überstanden, aber die große Bauchwunde schwächt ihn sehr und er braucht Zeit und Ruhe, um sich auf natürlichem Wege zu erholen. Wir können es uns nicht leisten, so viel Kraft einzusetzen. Im Moment lässt er ohnehin niemanden an sich heran, während er sich langsam durch die Stadt schleppt. Wir wissen noch nicht, was sein Ziel ist.
Kerkil dagegen wurde von den Trümmern begraben und schwer verletzt. Wir haben ihn, so gut es geht, freigelegt, aber konnten nicht viel für ihn tun. Trizil ist bei ihm, doch seine Heilung geht nur langsam vonstatten.“ Er senkte die Stimme. „Vielleicht hat die Marilim ihn bereits aufgegeben.“
Sisrall nickte düster. „Oder wir haben ihre Grenze erreicht. In jedem Fall sind das schlimme Neuigkeiten. Also zwei Verletzte und jeweils einer, der auf sie aufpasst. Das heißt, nur fünf von uns haben den Kampf aufgenommen.“
„Ja und er läuft nicht gut. Der Splitterdrache mag an den Boden gebunden sein, aber weniger gefährlich ist er dadurch nicht geworden. Durch den Verlust seiner Flügel ist seine Schuppenhaut messerscharf geworden. Schon eine leichte Berührung kann Rüstungen zerschneiden. Dalehon hat das bereits auf die harte Tour gelernt.“
„Ist er …?“, fragte Sisrall und konnte einen gewissen Schrecken nicht aus seiner Stimme verbannen.
„Nein, er lebt noch, musste sich aber zurückziehen. Damit bleiben im Moment nur vier, die noch kämpfen. Sie halten sich momentan bedeckt und reizen den Splitterdrachen mehr, als dass sie ihm schaden.“ Er sah Sisrall unverwandt an. „Wir wissen nicht, was wir tun sollen, Blutklinge. Die Seherin sprach von dem Horn, das zu uns kommen soll. Doch wann wird das sein? Wir können nicht ewig durchhalten. Irgendwann wird er direkt gegen einzelne von uns vorgehen oder uns einfach entkommen. Wenn er durch den Warp ans andere Ende der Stadt springt, sind wir niemals rechtzeitig dort, um ein Gemetzel zu verhindern. Nicht ohne eigenen Drachen.“
Sisrall nickte abermals. „Ihr habt recht. Vielleicht ist das das einzige, was wir tun können. Wir ködern ihn so lange, wie wir müssen. Wir reizen ihn und zwingen ihn, uns zu verfolgen, bis wir die Waffe haben, ihn zu vernichten.“ Er dachte kurz nach. „Ist er, seit er am Boden ist, durch den Warp gesprungen?“
„Nein.“, kam die Antwort mit einem nachdenklichen Zögern. Sisrall lächelte grimmig.
„Dann haben wir seine Schwäche. Selbst jetzt, wo er in der Zeitspanne einer Sekunde springen kann, dauert dieser Vorgang eine gewisse Zeit. Zeit, in der er wehrlos ist. Und solange wir so dicht um ihn herum sind, wagt er es vielleicht nicht, sich diesem Risiko auszusetzen. Wir müssen ihn binden und ihn daran hindern, uns zu entkommen.“
Der andere Erwählte nickte. „Dann sei es so. Wenn es der einzige Weg ist, werden wir ihn wählen, im Namen des Blutigen Gottes.“
„Der einzige Weg, den ich sehe.“, antwortete Blutklinge. „Und nun lasst uns selbst in den Kampf eingreifen.“
Sie rannten los, doch schon nach kurzer Strecke hielt Sisrall inne und keuchte. „Geht allein voran. Ich bin noch nicht so weit. Ich werde meine Kräfte schonen müssen, bis ich bei euch bin. Helft, so gut Ihr könnt.“ Er machte eine befehlende Bewegung mit der Hand und der andere Krieger nickte, bevor er davon lief. Sisrall blickte ihm nach, während er Atem schöpfte, dann folgte er mit langsameren Schritten.

Mühelos sprang Yerill über den Spalt zwischen zwei Dächern. Das leise Klacken der Schindeln unter ihren Füßen ging im Tumult des nahen Kampfes unter. Von hier oben aus konnte sie den gewaltigen Rücken des Splitterdrachens ein paar Häuserreihen weiter ausmachen. Die Bestie brüllte, während sie von den Kindern des Mordes attackiert wurde. Die eigentliche Auseinandersetzung konnte die Unsterbliche leider nicht verfolgen.
Stattdessen ruhten ihre Blicke auf dem Erwählten, der unter ihr durch die Straßen hastete. Er war deutlich sichtbar in Eile, konnte sich aber nicht so schnell bewegen, wie er vielleicht gewollt hätte. Sein Gang war leicht gebeugt, er atmete heftig und machte kurze Schritte. Er wirkte, als hätte er Schmerzen oder würde sich noch von einer Verletzung erholen.
Yerill erkannte ihn als den Mann, den sie vor kurzer Zeit erst auf der Spitze des Turms gesehen hatte. Er war der Gefährte der schönen, mächtigen Magierin. Ihre Zuneigung zueinander hatte der Unsterblichen klar gemacht, dass die Druchii mehr waren als die bloßen Widersacher, die Nerglot in ihnen sah. Mehr als die Quellen von Lebenskraft, für die Yerill sie anfangs gehalten hatte. Vor allem mehr als die skrupellosen Verräter und Schlächter, als die Viverla sie beschrieben hatte. Allmählich fragte sich die Unsterbliche, wer hier wen verraten hatte. Waren nicht sowohl Nerglot als auch ihre Mutter einstmals Druchii gewesen? Wie konnten sie jetzt über ihr eigenes Volk herfallen und behaupten, etwas Besseres zu sein, obgleich sie niemals wieder echte Gefühle empfinden konnten?
Das Bild, das sich Yerill nun bot, hätte kaum ein größerer Unterschied zu der Szenerie auf dem Turm sein können. Und doch bestärkte es sie lediglich in ihrer Überzeugung. So schwer verletzt und erschöpft das Kind des Mordes – Blutklinge, wie sie sich in Erinnerung rief – auch war, er zögerte nicht, dem Feind wieder entgegen zu ziehen. Er glaubte an etwas. Es ging nicht darum, ob er an Khaines Schutz glaubte oder an den Sieg. Es war sein Glauben daran, dass er gebraucht wurde, dass man auf ihn vertraute, der ihn dazu trieb, weiter zu kämpfen.
Das war es, was sie an diesem Mann bewunderte. Seine Entschlossenheit, nicht aufzugeben, weil er wusste, dass die Sterblichen, die in ihm einen Helden sahen, auf ihn zählten, während es erst diese Entschlossenheit war, die ihn zu einem Helden machte. Er würde kämpfen und vielleicht auch sterben. Aber dadurch würden andere leben.
Und tief in ihrem Innern wusste Yerill, dass das auch ihr Wunsch war. Auch sie wollte jemand sein, der gebraucht wurde, auf den man sich verließ, weil man wusste, dass sie kämpfen würde, solange sie nur konnte. Sie wollte eine Heldin sein.

Sisrall biss die Zähne zusammen und fluchte leise. Er war kaum in der Verfassung, zu kämpfen. Sein Körper war von allen größeren Verletzungen geheilt, aber seine Kraft reichte kaum aus, um zu laufen. Er kam viel zu schnell außer Atem. Wie sollte er so bitte sehr seine Schwerter schwingen?
Er hatte gehofft, dass sich sein Zustand bessern würde, wenn er dem eigentlichen Kampfgeschehen nur langsam näher kam und sich solange schonte, bis es soweit war. Das funktionierte auch, aber nicht halb so schnell, wie er erwartet hatte. Die Macht der Marilim war am Ende, das konnte er nicht länger leugnen. Und die Schlacht hatte gerade erst begonnen.
Plötzlich wurde das Brüllen des Splitterdrachens vor ihm lauter und durchdringender. Die Bestie fauchte wild und dann war das Bersten von Steinen zu hören und weiteres Kreischen. Und der Lärm kam in seine Richtung. Rasch zog Sisrall seine Schwerter und öffnete sich gleichzeitig den Gedanken seiner Gefährten. Von einem Augenblick zum anderen brandete ein wahrer Sturm von mentalen Rufen auf ihn ein.
Er flieht!
Vorsichtig, er ist wild! Das war knapp.
Ich habe ihm ein paar Krallen abgeschlagen.
Verdammt, kein Wunder, dass er durchgeht.
Zählt das als weiteres Teil von ihm?
Deckung, da kommt der Schwanz!
Nein, noch nicht. Er hat ja auch zwei Zähne verloren, ohne, dass sein Kiefer ganz verschwunden ist. Aber passt auf, wenn er noch mehr Klauen verliert, verwandelt er sich vielleicht wieder und wird noch mächtiger.
Beeilt euch!
Wir können ihn nicht halten, er rast einfach durch die Gebäude durch!
Das bremst ihn. Wir laufen parallel zu ihm auf den Straßen.
Passt auf euch auf. Seine … ahn…
Sisrall keuchte auf, als ihn eine Welle aus Schmerzen überspülte, die nicht seine eigenen waren. Lokira war getroffen worden und blieb verletzt zurück. Ihre Beine waren zerschmettert und sie wurde gegen eine nahe Wand geschleudert. Als ihr Kopf auf das Pflaster schlug, erstarben ihre mentalen Schmerzensschreie.
Ich sehe sie. Sieht übel aus, aber nicht tödlich. Sie wird sich erholen.
Weiter, sonst entkommt er!
Wir haben ihn gleich. Macht euch bereit.
Nicht weit entfernt explodierte eine Mauer in einer Trümmerfontäne. Der Splitterdrache hielt nicht direkt auf Sisrall zu, aber er würde dicht an ihm vorbei rasen. Vielleicht würde er auf die Idee kommen, den einzelnen Erwählten anzugreifen. Der Tempelkrieger packte die Schwerter fester.
Mit gewaltiger Geschwindigkeit brach nur fünfzehn Meter entfernt der gewaltige grün leuchtende Leib aus einer Hauswand und stürmte über die Straße, in der Sisrall stand. Das Monster bemerkte ihn überhaupt nicht, so wild war es in seinem Zorn auf jene, die ihn derart unverschämt attackierten.
Wir haben ihn! Der Gedankenruf kam direkt aus der Richtung, in die der Splitterdrache unterwegs war. Als Reaktion auf die neue Bedrohung wirbelte die Bestie herum, sodass es der Straße folgen würde, weg von Sisrall. Dadurch peitschte sein mächtiger Schwanz herum und dutzende spitze Dornen und ein Panzer aus grün leuchtenden, messerscharfen Schuppen rasten dem Erwählten entgegen.
Im selben Augenblick ertönte in seinem Rücken ein lautes, metallisches Klacken, das sein Verstand instinktiv einer abgefeuerten Armbrust zuordnete, und er wirbelte herum. Seine Augen fokussierten den schwarz gefiederten Bolzen, der direkt auf ihn zuhielt, aber er wusste, dass es zu spät war. In besserer Verfassung hätte er dem Geschoss ausweichen können, aber selbst dann wäre er dem Treffer des Schwanzes nur mit Mühe entkommen. Jetzt konnte er nicht einmal entscheiden, welcher Bedrohung er als erstes begegnen sollte. Aber selbst wenn er wollte, würde er nicht mehr rechtzeitig reagieren. Die Marilim ist erschöpft. Der Gedanke durchzuckte ihn mit unendlicher Klarheit. Unsere Macht ist gebrochen. Ich habe versagt. Khaine hat uns verlassen.
 
So meine Freunde. Heute ist ein schöner Tag (auch wenn das Wetter mal wieder nichts taugt). Es gibt einen Sonderbeitrag.

Anlass? Nun, ich habe gestern abend endlich mit dem lang ersehnten Kapitel "Niederlage" anfangen können und bin vor etwa einer Stunde fertig geworden. Knapp 16 Seiten ist der Teil lang geworden, in dem sich wie gesagt ein Teil des Schicksals unserer Helden entscheidet. Der Titel gibt natürlich Anlass zu Spekulationen, aber letztendlich müsst ihr wohl abwarten, wessen Niederlage denn da eintritt.

Und weil es mir so viel Spaß gemacht hat, ich froh bin, es geschafft zu haben und weil 16 Seiten ja doch ein ziemlicher Brocken sind, der da zur Reserve hinzukommt, habe ich mir gedacht, erfreue ich euch eben mit einem unplanmäßigen Kapitel.

Ich persönlich mag diesen Teil, auch wenn das Wort "Liebe" vielleicht ungewöhnlich häufig für diese Geschichte vorkommt. Auf jeden Fall ist es ein wichtiges Kapitel.

(Und für mixerria: ACHTUNG Es kommt mal wieder das Wort "Hure" vor. 😉

Und bitte keine Hinweis auf die schlechte Rechtschreibung im Zitat. Da kann ich nichts für, damals hat man wohl so geschrieben. 😉
Verhasste Verwandtschaft


"Welch ein Leben führen wir im Haß? Wir haben keine Sonne, die uns leuchtet, kein Feuer, der uns erwärmt; wir verlieren in einer todten Einsamkeit unsern eigenen Werth."
[FONT=&quot]— [/FONT]- Ludwig Tieck, Karl von Berneck / Reinhard

Naggarond; Naggaroth
2567 IC; 8. Vollmond
10 Stunden nach Sonnenaufgang

Das laute Klicken der Armbrust und das leise Zischen, mit dem der Bolzen durch die Luft pfiff, waren wie Musik in Viverla’atars Ohren und ihre Lippen verzogen sich zu einem Lächeln. Endlich war es soweit. Sie sah den Schrecken in Sisralls Augen, während sein Körper erstarrte, hin- und hergerissen zwischen den zwei Bedrohungen, die unaufhaltsam näher kamen.
Oh ja, das war noch besser, als sie es sich erhofft hatte. Schon seit ein paar Minuten verfolgte sie ihren ehemaligen Geliebten, während der durch die Stadt eilte. Dass er derart angeschlagen war, hatte sie überrascht und sie war nicht bereit gewesen, diese scheinbare Schwäche sofort zu nutzen. Die Chancen waren immer noch zu hoch, dass er dennoch schnell genug reagieren würde, um dem Angriff auszuweichen. Und vielleicht wäre er selbst in der jetzigen Verfassung in der Lage, sie zu töten.
Deshalb hatte sie auf eine passende Gelegenheit gewartet. Als der Splitterdrache herumgewirbelt war und sein Schwanz in Sisrall Richtung peitschte, hatte sie gewusst, dass das der Moment war. Selbst wenn er ihrem Bolzen doch noch entkommen sollte, würde der Drache ihn vermutlich töten oder wenigstens soweit verletzen, dass sie den Rest erledigen konnte.
Doch anscheinend war er weit schlimmer dran, als sie vermutet hatte, denn er machte überhaupt keine Anstalten, zu reagieren. Seine Augen folgten dem Flug des Bolzens, der direkt auf seine Brust zielte. Hinter ihm schoss die gewaltige, mit grünen Schuppen gepanzerte Fleischmasse heran. Dutzende spitze Dornen ragten daraus hervor. Den Treffer würde er nicht heil überstehen und das schien er zu wissen.
Endlich bezahlst du für deine Taten, Blutklinge, frohlockte sie in Gedanken.
Die Spitze aus geschliffenem Silberstahl war nur noch wenige Handbreit von Sisralls Brust entfernt, als Viverla’atar eine Bewegung auf den Dächern über ihnen ausmachte. Wie ein weißer Blitz sprang eine Gestalt in die Straße hinab, begrub den Bolzen bei der Landung unter einem ihrer nackten Füße, warf den noch immer völlig überraschten Erwählten mit einer Hand zur Seite, während sie in einer einzigen Drehung eines seiner Wurfmesser zog, es in Viverla’atars Richtung schleuderte und sich dann mit einem Salto rückwärts dem heransausenden Schwanz des Splitterdrachens entgegen katapultierte.
Während Viverla’atar dem glitzernden Wurfmesser auswich, dabei stolperte und gegen eine Hauswand schlug, konnte sie den Blick nicht von dem Anblick lösen und ihr Magen verkrampfte sich, als sie die Gestalt erkannte.

Sisrall zuckte innerlich zusammen, als die zarte, leuchtende Hand ihn beiseite stieß. Die Kraft reichte, um ihn von den Füßen zu holen und in das nächstgelegene Gebäude zu werfen. Er knallte gegen die Eingangstür und rutschte daran herunter, bevor er sich fangen konnte. Während er sich aufrappelte, folgte sein Blick den Bewegungen des Mädchens, das ihn soeben gerettet hatte, während er vor Entsetzen über die Erschöpfung der Marilim, Scham über seine eigene Schwäche und Schrecken angesichts der Tatsache, dass es Viverla’atar war, die auf ihn schoss, erstarrt war.
Die Unbekannte sprang dem Schwanz des Splitterdrachens mit vollendeter Anmut rückwärts entgegen, überschlug sich in der Luft und landete mit allen Vieren auf dem gewaltigen Muskelstrang. Der Tempelkrieger hatte die Berichte seiner Mitstreiter nicht vergessen und erwartete, dass die scharfen Schuppen ihre vollkommen ungeschützte Haut aufschlitzen würden. Bei dem Schwung, mit dem sie auf den tödlichen Panzer traf, müsste sie bis auf die Knochen zerfetzt werden.
Aber nichts dergleichen geschah. Stattdessen schlug das Mädchen die Zähne in die grün leuchtende Haut. Vor Sisralls erstaunt geweiteten Augen erlosch das Glühen des Splitterdrachens dort, wo ihre Zähne in ihn eindrangen. Von der Wunde aus fraßen sich dunkle Risse durch die Schuppenschicht. Mehr und mehr breiteten sie sich wie Fäulnis aus, drangen tiefer in das magiegeschaffene Fleisch und verursachten einen wahren Regen aus abgestorbenen Schuppen.
Die Fremde formte die Hände zu Klauen und trieb sie beiderseits in die mächtige Fleischmasse. Der Splitterdrache heulte auf, als sich weitere dunkle Stellen bildeten und rasend schnell ausbreiteten. Der Schwanz zuckte herum und zielte so auf ein nahes Gebäude, dass das Mädchen dazwischen eingeklemmt werden würde.
Als ihr die Bedrohung klar wurde, löste sie ihren Griff und sprang zurück auf die Straße. Im selben Augenblick, in dem ihre Füße auf dem Pflaster aufkamen, krachte der verwundete Schwanz in die Hauswand und zerschmetterte sie. Doch der Schaden war angerichtet. Wo das Zusammenstoßen mit Gebäuden für den Splitterdrachen vorher nur eine kurzzeitige Störung gewesen war, fügte es ihm jetzt eine schwere Verletzung zu. Das gesamte letzte Drittel seines Schwanzes brach dort, wo das Mädchen zugeschlagen hatte, ab.
Und wieder geschah das, was Sisrall schon mehrfach hatte beobachten können. Wellen aus Magie liefen über den Leib des gewaltigen Monsters und unter seiner Haut hinweg. Er bäumte sich auf und schrie vor Schmerz und Wut, während die Dornen, die seinen Schwanz geziert hatten, einer nach dem anderen zu Staub zerfielen.
Sisrall konnte jedoch nicht die gesamte Verwandlung mit ansehen, da die Bestie in ihrer Panik davon stürmte. Sie beachtete die hinter ihr hereilenden Kinder des Mordes überhaupt nicht, während sie eine Schneise der Zerstörung durch die Stadt zog. Glücklicherweise dachte der Splitterdrache aber auch nicht daran, durch den Warp zu springen. Vermutlich fehlte ihm dafür momentan auch die Konzentration.
Noch ein Körperteil weniger, dachte Sisrall. Ich will gar nicht wissen, welche Fähigkeiten er dafür erhält.
Während sich der Lärm des tobenden Drachens entfernte, blickte Sisrall sich um. Die Gebäude neben ihm, wo die Bestie gewütet hatte, waren zerstört. In der anderen Richtung rappelte sich Viverla’atar gerade wieder auf und klopfte sich den Staub ab. Stirnrunzelnd stellte Sisrall fest, dass sie neue Kleidung aus hochwertigem, braunem Leder trug, die ihren schlanken Körper betonte und gut zu ihrem gleichfarbigen Haar passte. Wo hatte sie die her?
Zwischen ihnen beiden stand das seltsame Mädchen, dessen Haut von selbst zu leuchten schien. Strahlend blondes Haar fiel ihr weit über Schultern und Rücken, konnte aber nichts von ihrem vollkommenen Körper verbergen. Auch die Tücher, die sie sich um Brust und Hüfte gebunden hatte, betonten mehr als sie vor Blicken schützten. Gegen sie wirkte Viverla’atar unscheinbar und beinahe kränklich. Nur Yetail konnte sich wohl mit dieser Schönheit messen. An ihrer Hüfte hingen zwei lange Schwerter und Sisrall bemerkte, dass in eines der Tücher ein weiterer länglicher Gegenstand gewickelt war. Noch eine Waffe?
„Yerill?“, fragte Viverla’atar mit krächzender Stimme, die so gar nicht zu ihrem eleganten Äußeren passen wollte. Sie räusperte sich. „Was ist … Wieso …? Ich dachte …“ Sie brach ab und starrte das Mädchen einfach nur ungläubig an. In ihren roten Augen standen Furcht, Verwirrung und Schock. Sisrall konnte nicht behaupten, er würde Befriedigung dabei empfinden, denn ihm ging es nicht viel besser. Wer oder was bei Khaine war dieses Mädchen?
„Für dich von nun an Sturmtanz, Viverla‘atar, denn meinen Feinden erlaube ich nicht, mich bei meinem Namen zu nennen.“, kam die Antwort mit einer Stimme, die die Luft selbst zu schmelzen schien. Jede einzelne Silbe klang so rein, makellos und hart wie Gold. Sisrall stockte der Atem.
Viverla’atar wich einen Schritt zurück und hob die Armbrust. Doch sie wagte es nicht, auf Yerill zu zielen, und richtete die Waffe stattdessen auf Sisrall. Der ließ sich davon nicht beeindrucken, weil er wusste, dass sie keine Zeit gehabt hatte, nachzuladen. Stattdessen musterte er das Mädchen mit neuen Augen.
Xiucalta sagte, Darmal starb durch die Macht seines Fluchs und des Sturms. Ist es möglich, dass sie keinen wirklichen Sturm meinte? Sondern Sturmtanz? Deshalb kam ihm die leuchtende Haut des Mädchens so bekannt vor. Sie ähnelte der von Darmal, wenn auch weicher, weniger dick und natürlich scheinbar aus Licht statt aus Eis. Und wenn sie genauso immun gegen Magie war wie der tote Eisfaust, erklärte das auch, wie sie den Splitterdrachen hatte verwunden können. Wenn ein Wesen, das einzig aus Magie bestand und eines, das Magie neutralisierte, aufeinandertrafen, welches Ende konnte ein solcher Kampf schon nehmen, als das, was er eben beobachtet hatte? In ihr wohnte derselbe Fluch, der Darmal verändert hatte. Derselbe, dem er schließlich erlegen war. Durch die Macht seines Fluchs.
„Du hast Darmal getötet, nicht wahr?“, fragte er, woraufhin das Mädchen ihn anblickte und lächelte. Ihr Gesicht strahlte schöner und heller als die Sonne. Ihre Augen musterten ihn mit einer Mischung aus Neugierde und Respekt. Und darin lag noch etwas, das er nicht recht zu deuten wusste. Es erinnerte ihn daran, wie Xiucalta zu Yetail aufgeblickt hatte, bevor sie eine Seherin geworden war. Wie eine Schülerin zu einer Meisterin. Was sah sie in ihm, dass sie ihn wie einen Lehrer ansah?
„Ja.“, antwortete sie und ein Schatten verdüsterte für einen Augenblick ihre Miene, als würde sie sich an etwas Unangenehmes erinnern. Wenn er daran dachte, über welche Kräfte Darmal verfügt hatte, überraschte ihn das nicht. Bestimmt war selbst für sie dieser Kampf nicht einfach gewesen. In ihr war die Macht des Chaos weit weniger stark. Sisrall hoffte, dass das reichen würde, damit sie nicht auch die Kontrolle verlor.
„Du hast ihn aufgehalten?“, mischte sich Viverla’atar ein. „Dann muss ich dir wohl danken, dass du ihn mit vom Hals gehalten hast.“
„Ich tat es nicht für dich.“, entgegnete Yerill und funkelte die Autarii an.
„Was ist los mit dir?“ Viverla’atar fand offensichtlich ihren Mut zurück. Zorn stand in ihrer Miene. „Du stellst dich gegen uns? Trotz allem, was wir dir gegeben haben? Was wir für dich getan haben?“
„Nichts habt ihr für mich getan. Du magst mich geboren haben, aber du warst nie meine Mutter. Für euch war ich nur eine Waffe. Ein Mittel zum Zweck auf Nerglots Feldzug der sinnlosen Rache. Und glaubst du wirklich, du bist mehr?“
Sisrall klappte der Mund auf und er blickte abwechselnd zwischen Yerill und Viverla’atar hin und her. Sie war die Mutter dieses Mädchens? Aber wie konnte das sein? Erst gestern hatte er erfahren, dass sie von ihm schwanger war. Da hatte sie noch nicht einmal einen sichtbaren Bauch gehabt. Wie sollte sie eine Tochter mit dem Aussehen einer Siebzehnjährigen haben? Vielleicht, überlegte er, hatte sie das nur erfunden, um Yerill gefügiger zu machen. Das erklärte aber nicht, wo das Mädchen herkam.
„Du weißt gar nichts. Und wag es nicht, so über deinen Meister zu sprechen.“
„Er ist nicht mein Meister. Er ist nur ein verstörter, wandelnder Leichnam mit zu viel Macht und falschen Idealen. Glaubst du, ihn zu lieben? Behauptet er, dich zu lieben? Ist das dein Traum? Eine kleine Familie Unsterblicher, die über eine tote Welt herrschen?“
Interessanterweise, fiel Sisrall auf, bezeichneten sie Nerglot nicht als Yerills Vater. Das hätte doch besser zu der Lüge gepasst. Und besser zu Viverla‘atars Bild einer unsterblichen Familie. Vielleicht hatte sie also doch nicht gelogen und war wirklich ihre Mutter. Aber dann wäre er, Sisrall, der Vater. Die Erkenntnis traf ihn wie ein Blitzschlag. Nein, das war unmöglich. Er wusste, dass sein Kind die Gabe des Flammenbrunnens erben und daran zugrunde gehen würde.
„Was weißt du schon über Liebe?“, fragte Viverla’atar ungehalten. Sisrall empfand Respekt für ihren Mut, so mit der Unsterblichen zu sprechen, die vermutlich in der Lage wäre, die ehemalige Autarii mühelos mit bloßen Händen zu töten.
„Im Gegensatz zu euch habe ich ein schlagendes Herz, das Liebe empfinden kann. Eure kranken, geheuchelten Gefühle sind doch nichts als Erinnerungen an das, was ihr früher einmal empfunden habt, als ihr noch gelebt habt. Alles, was ihr noch habt, ist Lust, die niemals befriedigt werden kann, weil eure Körper erstarrt sind für alle Ewigkeit.“
„Du bist nicht einmal einen Tag alt, Yerill!“, schrie Viverla’atar beinahe.
Sisrall runzelte die Stirn. Sie versuchte nicht einmal, die Unmöglichkeit dieser Tatsache zu leugnen. Also war Yerill tatsächlich das Kind, das Viverla’atar gestern noch in ihrem Leib getragen hatte. Sein Kind. Oder? Er musterte die schöne Unsterbliche, ihre seltsame Haut, ihre Kraft, ihre Immunität gegenüber Magie. Vielleicht hatten sie sich doch geirrt, was den Zeitpunkt der Empfängnis anging, und Darmal war in Wirklichkeit der Vater. Sisrall wusste nicht, ob er die Möglichkeit besser finden sollte oder nicht. Yetail würde das sicherlich erleichtern.
„Für mich ist das eine Ewigkeit.“, gab das Mädchen zurück. „Genug Zeit, um zu erkennen, dass ihr den falschen Weg gewählt habt. Angetrieben von den wenigen starken Gefühlen, die ihr noch aus eurem Leben an den Rand des Todes mitgenommen habt: Rachsucht, Hass und Begierde, die du mit Liebe verwechselst. Ihr werdet niemals zufrieden sein. Was wollt ihr tun, wenn die Welt versklavt ist und euch zu Füßen kriecht? Glaubst du, dann ist eure Rache befriedigt?
Und denk nicht, ich wüsste nicht, wovon ich spreche. Nerglot hat mir genug über den Zauber erklärt, der euch am Leben erhält. Und ich hatte ausreichend Zeit, darüber nachzudenken, was er wohl mit euren Seelen anstellt. Glaubst du, die erstarren nicht, so wie eure Körper? Wo es keine Veränderung gibt, gibt es auch kein Glück, Viverla’atar.“
Während Sisrall über all das nachdachte, was er gehört hatte, reifte allmählich eine unglaubliche Erkenntnis in ihm. Wenn Darmal der Vater des Kindes wäre, dann wäre die Macht des Chaos doch sicher vollständig auf sie übergegangen. Um ihn zu verändern, hatte es genügt, von Drrochaals Kraft berührt zu werden. Er konnte sich nicht vorstellen, dass der Fluch auf die Möglichkeit verzichten würde, sich neue Opfer zu suchen. Genauso wie das Geschenk des Flammenbrunnens sein eigenes Kind mit voller Macht treffen würde.
„Gewagte Vorwürfe von einem Mädchen, dessen Körper aus Eis besteht.“, entgegnete Viverla’atar, nachdem sie die Worte verdaut hatte.
„Du bist eine Heuchlerin. Meine Haut mag Eis sein, aber darunter fließt Blut. Im Innern bin ich eine Elfe und meine Seele ist so frei wie die jedes Sterblichen. Ich bin nicht wie der Andere, den ich getötet habe. Er war erstarrt. Der Fluch hat ihn körperlich und geistig in Eis verwandelt, zu nicht mehr fähig, als Hass und Gier zu empfinden. Das war sein Untergang. Und es wird auch euer Verderben sein.“
Sisrall musterte noch einmal die unsterbliche Schönheit des Mädchens und erinnerte sich daran, was er bei ihrem ersten Anblick gedacht hatte. Dass allein Yetail sich mit ihr messen konnte. Ihm stockte der Atem. Natürlich! Die Zauberin war seine Schwester und daher die nächste Verwandte, die er überhaupt haben konnte. Dieselbe Verbindung, die sie geschaffen hatte, hatte auch ihn hervorgebracht. Er trug also genug von Yetail in sich, das er an seine Tochter vererben konnte. Im Grund hätte sie genauso gut auch Yetails Kind sein können wie seins.
Jetzt, da er genauer hinsah, entdeckte er vieles von Yetail in Yerill wieder. Es war durchmischt mit Merkmalen von ihm selbst und natürlich Viverla’atar, aber die Ähnlichkeit zu seiner Gefährtin war doch deutlich vorhanden.
„Ich vermute eher, dass du irgendwann so enden wirst wie er.“, zischte Viverla’atar. „Was lässt dich glauben, dass der Fluch dich nicht auch eines Tages verschlingt? Nerglot und ich streben vielleicht nach Rache, aber unsere Entscheidungen sind frei. Ich habe Darmal gesehen und in seinen Augen stand einzig der Drang zu töten. Wenn einer von uns in seinen Gefühlen erstarren wird, dann bist du das, Yerill. Warum sollte die Tochter auch anders werden als der Vater? Ihn hast du ja bereits vernichtet.“
Sisrall konnte sehen, wie hart die Worte das Mädchen trafen. Viverla’atar hatte einen wunden Punkt gefunden. Wenn Yerill tatsächlich erst einen Tag alt war, konnte sie nicht wissen, wie sich die Stärke des Fluchs entwickeln würde. Auch Darmal war ihm erst mit der Zeit verfallen. Aber Sisrall glaubte, es wissen.
„Das wird sie nicht.“, antwortete er. Die beiden Frauen starrten ihn überrascht an. Vermutlich hatten sie ihn fast vergessen. Er grinste Viverla’atar schief an. Die Unsicherheit in ihren Augen gefiel ihm. Inzwischen erkannte er die Frau, die er einst geliebt hatte, nicht mehr wieder. Gott, wie kurzsichtig er gewesen war. Ihr Tod wäre wahrlich kein Verlust.
„Erinnerst du dich an den Flammenbrunnen, Viverla?“
Sie runzelte die Stirn und nickte. Doch, bevor einer von ihnen etwas sagen konnte, flüsterte Yerill:
„Er war mein Vater? Du hast dich diesem Ungeheuer hingegeben?“
Viverla’atar funkelte ihre Tochter aus roten Augen an.
„Er war gewissermaßen einer deiner Väter. Und damals war er noch nicht so, auch wenn er den Fluch schon in sich trug. Damals war er einfach nur ein Elf, lediglich etwas stärker und zäher. Er muss ihn an dich weitergegeben haben, während …“
„Du hast mit ihm geschlafen, obwohl du von jemand anderem schwanger warst?“, kreischte Yerill beinahe. Sie sah aus, als wüsste sie nicht, ob sie sich vor Ekel über die Zusammenhänge ihrer Entstehung selbst abstechen oder Viverla’atar mit bloßen Händen zerfetzen sollte. „Du bist wirklich eine erbärmliche Hure, Viverla. Drei Männer in zwei Wochen?“
„Du hast dich Nerglot hingegeben?“, fragte Sisrall mit hochgezogenen Augenbrauen. Zu seiner eigenen Überraschung war er eher verblüfft als entsetzt. So viel Schamlosigkeit war einfach unfassbar. Und ich glaube, Yerill und Yetail würden sich gut verstehen. Solange es um Viverla’atar und ihr Verhältnis zu Männern geht.
„Nein, habe ich nicht.“, fauchte Viverla’atar.
„Aber du hast es vor.“, stellte Yerill fest.
„Was ist nun mit dem Flammenbrunnen?“, wechselte die Untote das Thema, was genauso gut war wie eine Antwort. Yerill lächelte mit grimmiger Befriedigung und Sisrall spürte, wie der letzte Rest Zuneigung zu der Frau, die er einst Geliebte genannt hatte, in Ekel umschlug. Er dachte an die Worte aus der Viermächteschlachtprophezeiung, die Xiucalta den Kindern des Mordes in Erinnerung gerufen hatte. Aber Ihr werdet Hilfe bekommen, die Ihr nicht erwartet. Und wenn es soweit ist, erinnert Euch der Worte Und nicht alle Feinde sind Feinde, Nicht alle Freunde sind Freunde. Bedenkt das.
Jetzt verstand er sie. Yerill war die unerwartete Hilfe und diese Situation bewies einmal mehr, wie wahr der Rat der Prophezeiung war. Viverla’atar, die er einst geliebt hatte, hatte sich in die schlimmste Feindin verwandelt, während Yerill, ein Wesen, das seine Existenz Nerglots dunkler Magie und einem dämonischen Fluch verstankte, sich auf Seite der Druchii stellte.
Nur mit Mühe konzentrierte er sich wieder auf das Gespräch und beantwortete Viverla’atars Frage. „Nun, du weißt es vielleicht nicht, aber die Segnung des Flammenbrunnens hätte mich umgebracht, wenn dein Vater nicht die unterhaltsame Idee gehabt hätte, mich auf dem Altar der absoluten Dunkelheit zu opfern. Auf diese Weise haben sich Feuer und Schatten ausgeglichen. Jedes allein hätte mich früher oder später getötet.“
„Wie schön für dich.“, entgegnete Viverla’atar giftig. „Worauf willst du hinaus?“
„Nun, wenn Darmal den Einfluss des Chaos, der seinen Körper in Eis verwandelt hat, an sein Kind weitergeben konnte, wieso sollte mein Kind denn nicht auch die Macht des Feuers erben? Eine Macht, die groß genug wäre, den Fluch in Schach zu halten.“
Die beiden Frauen starrten ihn an. Sisrall suchte Yerills Blick und bemerkte erst jetzt, dass ihre beiden geweiteten Augen schwarz und golden waren. Bei Khaine, sie war eindeutig seine Tochter. Sie besaß die goldenen Augen der Kinder des Mordes vermischt mit Yetails dunklen. Er konnte nicht anders, als dieses kleine Wunder zu bestaunen. Darin lag vorsichtige Erkenntnis, als sie langsam verstand, was seine Worte bedeuteten.
„Also …“, begann sie. Viverla’atar lachte gehässig.
„Jetzt begreifst du, nicht wahr? Ja, Blutklinge ist dein wirklicher Vater. Von Darmal hast du nur den Fluch. Jetzt stehst du vor einer interessanten Wahl. Deine Mutter oder deinen Vater. Wenn du die richtige Entscheidung triffst, verspreche ich, dass wir dich von ganzem Herzen willkommen heißen. Wir vergessen einfach alles, was hier gesagt wurde. Du musst nur das tun, was du am besten kannst. Wolltest du nicht mit den Kindern des Mordes, dem Besten, das unsere Feine zu bieten haben, kämpfen? Nutze die Chance. Komm, einen deiner Erzeuger hast du doch bereits getötet.“
Yerill ignorierte sie und blickte Sisrall direkt an.
„Ich habe es gespürt. Als der Andere mich verwundet hat, hat sich das Eis ausgebreitet, während mein Blut aus mir heraus floss. Es ist Euer … dein Feuer, das mich beschützt, nicht wahr? Es nährt sich von Lebenskraft und drängt den Fluch zurück. Es ist dasselbe Feuer, das mein Haut leuchten lässt.“
Sisrall nickte, auch wenn sich nicht sicher war, ob er den Teil mit der Lebenskraft verstand. Aber darüber konnte er sich später Gedanken machen. Es wäre sicher interessant, das Geheimnis von Yerills Existenz mit Yetail zu besprechen.
Das Mädchen wandte sich einen Augenblick später wieder Viverla’atar zu.
„Es spielt keine Rolle, wer meine Eltern sind. Selbst wenn Nerglot mich gezeugt hätte, würde das nichts ändern. Du magst mich geboren haben, aber du bist nicht meine Mutter. Du hast mir die Liebe vorenthalten, die eine Mutter ihrem Kind schenken sollte, und ihr beide habt mir meine Kindheit genommen. Weil ihr keine Liebe mehr fühlen könnt. Deshalb nehme ich die Verwandtschaft an, die bereit ist, mir das zu geben. Wie ich auch den Titel angenommen habe, der mit gegeben wurde. Merke ihn dir: Sturmtanz.“
Sie blickte kurz zwischen Sisrall und Viverla’atar hin und her.
„Und wenn du mich wirklich zwingst, zwischen dir und ihm zu entscheiden ….“ Ihre Augen verengten sich zu Schlitzen. „Dann solltest du lieber laufen. Lauf, so schnell du kannst und blicke nicht zurück. Denn Khaines weiße Aydar folgt dir.“
Den Namen des Blutigen Gottes aus dem Mund ihrer Tochter zu hören, gab den Ausschlag. Viverla’atar warf Sisrall noch einen hasserfüllten Blick zu, während sie zurückwich, dann drehte sie sich um und verschwand um die nächste Ecke.
Sisrall trat an Yerill heran und das Mädchen blickte überrascht auf. Er lächelte.
„Khaines weiße Aydar, also?“ Sie blickte betreten zu Boden und zuckte die Schultern.
„Das tut mir leid, es ist mir so rausgerutscht.“ Ihre Stimme war selbst trotz des schuldbewussten Klangs noch vollkommen. Wie sollte man so einem Wesen eigentlich böse sein? „Ich wollte euren Gott nicht beleidigen.“ Kurz fragte sich Sisrall, ob Khaine diesem Mädchen zürnen konnte. Ihm selbst fiel es schwer, auch wenn er wusste, dass es Blendwerk des Chaos war.
„Ich kann nicht sagen, ob es unserem Gott missfällt oder nicht, aber ich finde es passend. Wenn du bereit bist, für uns zu kämpfen, dann darfst du auch diesen Titel tragen. Es spielt keine Rolle, ob du einem Gott dienst oder nicht. Es ist wichtig, dass du an die Sterblichen glaubst, die ihn verehren. Ich mag der Auserwählte Khaines sein, aber ich kämpfe nicht für ein mächtiges Wesen jenseits unserer Welt. Ich kämpfe für die Druchii. Denn die Druchii sind Khaine. Sie alle zusammen und jeder einzelne von ihnen verkörpern den Blutigen Gott auf dieser Welt. Letztendlich haben sie mich auserwählt, als ihren Helden in dieser dunklen Stunde. Wenn sie nicht an mich glauben, ist all meine Macht bedeutungslos.“
Er legte Yerill beide Hände auf die Schultern. „Wenn das Volk dich als Khaines weiße Aydar akzeptiert, dann bist du Khaines weiße Aydar. Es ist nicht meine Entscheidung. Die Druchii sind Khaine und sie musst du fragen, ob sie sich beleidigt fühlen oder dich akzeptieren.“
Er verstummte und eine Weile standen sie still nebeneinander, während sie beide verarbeiteten, was sie in den letzten Minuten erfahren hatten. Für sie beide schien es, als hätte sich ihre gesamte Welt verändert. Um sie herum mochte noch immer eine tödliche Schlacht toben, aber hier hatten sie beide einander gefunden. Sisrall spürte, wie wahr die Worte gewesen waren, die Yerill an Viverla’atar gerichtet hatte. Es spielte keine Rolle, wer letztendlich tatsächlich ihre Eltern waren. Für ihn war sie seine Tochter und nur das zählte. Und in ihren Augen sah er, dass auch sie ihn als Vater annahm, wie sie es gesagt hatte. Nach einer Zeit, die ihm wie eine Ewigkeit vorkam, ließ er die Hand sinken und setzte sich den Helm wieder auf.
„Lass deine Mutter nicht warten.“, meinte er und sie lächelte. Ohne ein weiteres Wort eilte sie mit leisen Schritten davon. Sisrall zwang sich, ihr nicht hinterher zu blicken. Er hatte eine Pflicht zu erfüllen. Mittlerweile war seine Erschöpfung verschwunden. Die Begegnung hatte vermutlich nur zehn Minuten gedauert, aber es hatte ihm gut getan, so lange zu verharren. Die Marilim mochte fast erschöpft sein, aber ein wenig Kraft besaß sie noch. Genug, dass er das Gefühl hatte, für den Kampf bereit zu sein. Und mit neuer Stärke sowie einem Mädchen wie Yerill auf ihrer Seite sah er der Schlacht gleich viel optimistischer entgegen.
 
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Hm, da wurde jetzt wirklich recht reichlich geredet. Ich hätte ehrlicherweise vermutet, dass es da recht zeitig in handgreiflichen Auseinandersetzungen enden würde. Schließlich war die Aggression (der abgefeuerte Bolzen) schon zu Beginn des Kapitels gesetzt und ich hätte eingentlich mit der sofortigen Abrechnung seitens Sisrall/Yerill gerechnet. Da hätte man die Situation erstmal etwas abspannen lassen sollen, das kommt einen etwas unwirklich vor.

So; hoffe du verstehst, was ich dir vermitteln wollte. 😉
 
Hm. Ja, ich verstehe so etwa, was du meinst, aber meine Meinung dazu ist, dass die Situation ja insofern "entspannt" wurde, dass sowohl Sisrall als auch Viverla'atar erstmal zu Boden gegangen sind.
Außerdem steht Sisrall ja mehr am Rande. Eigentlich sind es Yerill und Viverla, die reden. Und Yerill will vermutlich trotz allem nicht sofort ihre Mutter umbringen.

Also ich verstehe, was du meinst, aber ich sehe persönlich keinen Bedarf für Veränderungen an der Stelle. Vielleicht meldet sich ja noch einer der anderen Leser dazu.
Ansonsten trotzdem danke für die Anmerkung.
 
Ja, wollte es nur halt sagen.

na klar, ich bin ja auch für jede Anmerkung dankbar.

Mir kam es doch halt sehr seltsam vor, insbesondere da Yerill im späteren Verlauf des Kapitels Viverla ja mehr oder weniger ihren Mutterstatus abspricht.

stimmt natürlich. Trotzdem hätte es auch komisch gewirkt, wenn sie sich einfach auf Viverla gestürzt und sie umgebracht hätte, ohne dass die überhaupt kapiert, was los ist. Wäre sicherlich auch Sisrall komisch vorgekommen. Das hätte dann so ausgesehen, als wäre sie genauso mordlustig wie Darmal und dann wäre es schwer geworden, das hinzubekommen, dass er sie als Tochter akzeptiert. Vor allem, weil sie es ohne Viverla nie kapiert hätten. Jedenfalls nicht so schnell.

Wie auch immer, die Geschichte geht ja weiter! 🙂

na und wie. Mal ein kurzer Zwischenbericht: Hab heute die 300. Seite des 6. Teils geschrieben 😀 Kapitel "Niederlage" ist wie gesagt fertig und jetzt auch das darauf. Als nächster kommt dann das Kapitel, in dem die eigentliche Schlacht sich dann wirklich entscheidet und auch endet. Wie viel danach noch kommt, kann ich nicht so genau sagen, hab aber reichlich Ideen 😉
Also um den Nachschub braucht ihr euch im Moment keine Sorgen zu machen. Samstag oder Sonntag gehts dann auch weiter.