SO es geht weiter.
Im Feuer
Altar der absoluten Dunkelheit; westliches Naggaroth
2567 IC; 7.Abnehmender Mond
Sisrall hatte Viverla’atar inzwischen eingeholt und nun schlichen sie gemeinsam die letzten Stufen der Treppe empor. Oben wartete nach der Aussage der jungen Jägerin das Heiligtum des feindlichen Stammes und der Assassine war neugierig, worum es sich dabei wohl handelte. Beide bewegten sich vorsichtig nebeneinander, doch Viverla’atar, die im Wald aufgewachsen war, verursachte viel deutlichere Geräusche als der Assassine. Beide waren angespannt und hielten die Waffen bereit. Sisrall hatte seine Dornklingen ausgefahren und Viverla’atar zielte mit der Repetierarmbrust auf die obersten Stufen, die nur noch wenige Meter entfernt waren.
Plötzlich packte sie seinen Arm und hielt ihn fest. Er drehte sich um und blickte ihr direkt in die Augen, die inzwischen einen fast schon unnatürlichen Reiz ausübten. Ihre Stimme war nur ein Flüstern und Sisrall musste sich näher zu ihr beugen, um sie zu verstehen.
„Was auch passiert, Sisrall, lass dich nicht von mir ablenken. Achte auf dich. Ich kann auf mich selbst aufpassen! Spiel nicht meinetwegen den Helden.“
Die Worte duldeten keinen Widerspruch und Sisrall grinste nur kurz, bevor er die letzten Stufen im Lauf erklomm. Die schnellen Schritte hinter ihm waren kaum zu überhören, aber es spielte inzwischen wohl ohnehin keine Rolle mehr. Er hob die Dornklingen, bereit zum Zustechen und stürzte in den Raum.
Es war eine ziemlich große Höhle, wie er sofort feststellte. Schmale, grazile Säulen stützten die gewölbte Decke und die vielen Fackeln sorgten dafür, dass man schnell vergaß, sich im Inneren eines Berges zu befinden. Im Zentrum der Halle war ein kreisrundes Loch in den Boden gelassen, aus dem leichter, orangeroter Qualm quoll. Darum waren kleine Feuerschalen mit grünen Hexenfeuern entzündet worden, während rote Linien gezackte Kreise und verschlungene Siegillen bildeten. Alles in allem war es ein sehr schlichtes Heiligtum, aber dennoch ging eine Aura verborgener Kraft von dem Ort aus, die Sisrall innhalten ließ.
„Wer wagt es, hier einzudringen?“
Die Stimme war klar und kräftig. Nun sah Sisrall drei Gestalten, die mit gezogenen Waffen auf sie zukamen. Der weißhaarige Mittlere trug einen langen Mantel und hielt einen Stock in der Hand, dessen Kristalle langsam pulsierten. Er wirkte auf den ersten Blick wie ein Schamane und Sisrall fragte sich, ob der Hexenkönig davon wusste. Die beiden anderen trugen dünne Metallrüstungen und hielten Langschwerter und eckige Schilde in den Händen. Ihre Gesichter waren ungeschützt und strahlten Hass aus.
Ohne weiter auf die Frage des Schamanen einzugehen, griff Sisrall an. Er riss die Schwerter aus den Scheiden und schlug nach dem linken der beiden Krieger. Aus den Augenwinkeln sah er, dass der andere einem Armbrustbolzen auswich und dann von Viverla’atar angegriffen wurde. Sisrall schlug nach dem Oberschenkel seines Gegners, doch der Schild zuckte vor und fing den Angriff krachend ab. Wie eine Schlange stach das Schwert des Gerüsteten vor und zwang den Tempelkrieger, zurück zu springen. Dann drehte er sich um die eigene Achse und trat mit voller Wucht gegen den Schild seines Widersachers. Der wurde ebenfalls ein Stück zurück getrieben und Sisrall setzte nach.
Um den Stammeskrieger zu verwirren, sprang er abwechselnd nach links und wieder nach rechts, bevor er sich plötzlich nach vorn warf. Er prallte gegen den Schild, was ihm die Luft aus den Lungen presste. Doch sein Gegner geriet abermals ins Taumeln und konnte das Schwert nicht mehr parieren, das an seiner Schildkannte vorbei schrammte und die Schulterplatte durchstieß. Blut schoss aus der Wunde und der Mann ließ sein Schwert unwillkürlich fallen. Noch bevor das Klirren verstummt war, hatte sich Sisrall um den Krieger herum gedreht und ihm schmerzhaft in die Seite gestochen.
Er sah nicht mehr, wie der Mann keuchend auf die Knie fiel, denn plötzlich erfasste ihn eine grelle Entladung, die seine Rüstung zum Glühen brachte. Der Schamane war aktiv geworden. Knurrend kam Sisrall wieder auf die Beine und schleuderte sein Schwert nach dem Mann, der inzwischen wieder einen neuen Zauber vorbereitete und dazu weite Kreise mit dem Stock in die Luft schrieb. Die Waffe zischte durch die Luft und verfehlte den Magier um wenige Fingerbreit, bevor sie klirrend in einer der Feuerschalen landete. Aber Sisrall hatte sein Ziel erreicht und den Zauberer aus seiner Konzentration gerissen. Er sah sich um, wodurch sein Zauber verflog. Als er wieder in Sisralls Richtung blickte, war dieser nur noch wenige Schritte von ihm entfernt.
Der Assassine schlug wild mit dem verbliebenen Schwert nach seinem Gegner, doch der wich ein Stück zurück und beantwortete die Hiebe mit seinem Stock. Mit verblüffender Kraft prallte das Holz gegen die gerüstete Schulter, die noch vom Kampf gegen die Statuen verletzt war. Der Schmerz ließ ihn kurz knurren. Aber dann wehrte er den nächsten Schlag des Stabs mit seiner Waffe ab und hieb nach den Beinen des Zauberers. Der aber war erstaunlich flink und schlug nach Sisralls Handgelenk. Der Assassine riss die Hand zurück und trat stattdessen zu. Er erwischte seinen Gegner am Knie, was den taumeln ließ. Sisrall nutzte die Ablenkung und schlug nach dem Oberarm des Mannes. Während der sich halb drehte, um der Klinge zu entgehen, packte die freie Hand des heiligen Kriegers den Stock und riss ihn an sich.
Doch der Zauberer dachte offenbar nicht daran, loszulassen und wurde von der Kraft des Assassinen mitgerissen. Er prallte gegen Sisrall und beide krachten zu Boden, wobei er sein zweites Schwert einbüßte. Der Tempelkrieger wollte sich mit einer Drehung wieder aufrichten und schleuderte dazu den Magier, der auf ihm lag, neben sich zu Boden. Aber er hatte sich verschätzt, denn da war kein Boden. Die beiden Kontrahenten fielen in das Loch, das im Zentrum der Halle klaffte. Sofort verdichteten sich die Qualmwolken und Sisrall spürte fast körperlich, wie die Kräfte der Magie an diesem Ort anschwollen und sich sammelten. Dann schossen plötzlich grelle Flammen an ihnen vorbei. Der Assassine konnte ihre verzehrende Hitze spüren, doch ihm geschah nichts. Eine angenehme Kälte ging von seinen Fingern aus und floss durch seinen ganzen Körper.
Es war der Stock, der ihn schützte. Aus dem Gesichtsausdruck seines Gegners, der ebenfalls noch den Stab umklammerte, las er, dass der ebenso verblüfft und überrascht war, wie der Tempelkrieger. Dann ging Sisrall auf, dass sie sich nicht mehr bewegten. Sie wurden von den umher züngelnden Flammen gehalten. Als sich ihre Blicke trafen, ging beiden auf, dass ihr Kampf noch immer nicht zu Ende war.
Ohne den Stock loszulassen, trat Sisrall nach seinem Gegner, der offenbar versuchte, ihm seine Schulter ins Gesicht zu rammen. Der Assassine lehnte sich so weit wie möglich zurück und traf gleichzeitig das Knie seines Gegners. Doch der konnte nicht das Gleichgewicht verlieren, da sie ja gar nicht auf festem Boden standen. Also wählte Sisrall eine andere Taktik. Er riss den Stab an sich vorbei, sodass sein Gegner mitgerissen wurde und sich vor seiner Brust entlang bewegte. Im richtigen Moment ließ der Assassine seinen behelmten Kopf niedersausen und verpasste dem anderen somit eine Kopfnuss, dass es krachte. Zwischen den Haaren des Zauberers sickerte Blut hervor, dass seltsamerweise sofort verdampfte. Plötzlich stellte er fest, dass es immer heißer wurde. Offenbar ging die Kraft des Stocks zur Neige. Es war ein Gedanke, der Sisrall einen Augenblick zu lang beschäftige.
Sein Kontrahent schlug ihm mit dem Stock gegen den Kopf und für eine Sekunde drehte sich alles. Aber er war noch geistesgegenwärtig genug, seinen Griff um das Holz zu verstärken, um weiteren Hieben vorzubeugen. Als sein Blick wieder klar war, bemerkte Sisrall, dass eine seiner Hände nur wenige fingerbreit von der des Magiers entfernt war. Während die Temperatur immer unangenehmere Werte annahm, drehte er die Hand leicht und fuhr, das Beste hoffend, die Dornklinge aus. Ein Schmerzschrei war der Lohn, denn die Klinge hatte das Handgelenk des Zauberers durchbohrt, der jetzt nur noch mit einer Hand den Stab hielt.
Der Assassine verstärkte seinen Griff und schlug mit dem Stock zu, wobei ihn die Bemühungen seines Widersachers kaum behinderten. Der Hieb traf den Weißhaarigen zwischen den Beinen. Vor Schreck und Schmerz ließ er los. Sofort umfing das Feuer seinen Körper und verbrannte erst seine Gewänder und dann die Haut. Innerhalb von wenigen Herzschlägen wurde ihm das Fleisch von den Knochen geschmolzen, die dann ebenfalls zu Asche zerfielen. Sein Schrei ging im Prasseln des Feuers unter.
Dann sank die Temperatur wieder auf ein angenehmes Niveau und zwei Stimmen erklangen in Sisralls Kopf. „Du bist der erste, der jemals den Brunnen der Flammen zusammen mit dem Schlüssel betreten hat. Dir wird das Geschenk zuteil, das dort seit Jahrtausenden eines Mutigen harrt, der sich der Prüfung der Flammen anvertraut. Du hast einen weiteren Schritt auf deiner Reise getan.“
„Meister Eswirl?“
Denn Sisrall war sich sicher, dass die Stimme seinem Ausbilder gehört hatte. Zumindest eine der beiden Stimmen. Die andere war weiblich gewesen. Doch was bedeuteten die Worte? Ich bin der erste, der jemals den Mut hatte, den Brunnen mit dem Schlüssel zu betreten. Aber es war ja nicht freiwillig. Also ist aber den Stock der Schlüssel zu beiden Heiligtümern. Aber was…
Bevor er sich weitere Fragen stellen konnte, erfassten ihn die Flammen und durchdrangen seinen Körper. Er wollte schreien, aber bevor er überhaupt den Mund geöffnet hatte, war es schon wieder vorbei. Ganz kurz zuckte Schmerz über seine Nerven und verging wieder. Er hatte nicht einmal Zeit, sich darüber klar zu werden, was gerade geschehen war, als die Flammen ihre Bewegung verstärkten und er angehoben wurde. Er flog förmlich aus dem Brunnen, den Stock noch immer umklammert.
Er schlug die Augen auf und wunderte sich einen Moment darüber, sie überhaupt geschlossen zu haben. Dann stellte er fest, dass er auf dem kalten Steinboden neben einer der Feuerschalen lag und jede Faser seines Körpers schmerzte. Er schlussfolgerte, dass er wohl ohnmächtig geworden sein musste, nachdem ihn der Brunnen wieder ausgespien hatte. Eine seltsame Wärme ging von seiner Wange aus und nach kurzem Blinzeln klärte sich sein Sichtfeld so weit, dass er erkennen konnte, dass Viverla’atar, verschrammt aber unversehrt, über ihm kniete und ihre Heilmagie wirkte. Doch sie konnte das Brennen seiner Nerven nicht lindern.
Aber allein ihr Anblick reichte, um seinem erschöpften Körper neue Kraft zu geben. Er stützte sich vorsichtig auf die Ellenbogen. Mit einem Freudenschrei warf sich die junge Frau auf ihn und küsste ihn. Vor Überraschung wäre Sisrall beinahe zurück auf den Boden geknallt, doch so erwiderte er ihre Küsse. Er spürte, wie ihr warmer Körper auf seiner Brust lag und wie ihr Haar über seine Wangen fiel. Inzwischen roch sie ziemlich nach Schweiß und Blut, doch es war ihm in diesem Moment egal.
Plötzlich hielt sie inne und strich sich das Haar hinter die geschwungenen Ohren. Mit konzentrierter Miene blickte sie zur Treppe, wobei sie sich langsam aufrichtete. Dann tauchten mehrere Krieger Tar’atris‘ auf. Grumirs Gesicht verfinsterte sich, als er ihre Nähe sah. Ihm folgten die beiden Brüder von Viverla’atar und vier weitere Stammeskrieger, deren Schmuck sie allesamt als bedeutend auswies, soweit der Assassine das erkennen konnte.
Während die Männer in den Raum stürzten, suchte Sisrall schnell seine Schwerter. Er hatte das Gefühl, sie bald zu benötigen. Als er das eine aufgehoben hatte, das ihm beim Sturz mit dem Magier aus der Hand gefallen war, bemerkte er, dass zwei Männer Viverla’atar gepackt hatten, die offenbar nicht geneigt schien, Angehörige ihres eigenen Stammes zu bekämpfen. Nun wehrte sie sich vergebens gegen die kräftigen Hände der beiden. Grumir stand vor ihr und blickte sie voller Hass an. „Dummes Weib! Du warst mir versprochen. Was versprichst du dir von diesem dahergelaufenen Schwein? Der sieht nicht so aus, als könne er eine Frau befriedigen. Dafür wirst du bezahlen! Und dann wirst du mir gehören! Verstanden?“ Er schlug ihr ins Gesicht. Viverla’atar spuckte ihm Blut ins Gesicht, blieb aber stumm. Er wandte sich an die beiden Krieger, die sie festhielten. „Fesselt sie und dann vergnügt euch ein bisschen mit ihr! Ich hab noch was zu erledigen!“
Während der ganzen Rede war Sisrall weiter gewandert und hatte sein Schwert gesucht. Er hatte fast alle Feuerschalen abgesucht. Während die junge Frau an eine der Säulen gefesselt wurde, kamen Grumir und die übrigen Krieger langsam auf ihn zu. In den grünen Flammen neben ihm konnte er tatsächlich die Umrisse seiner Waffe ausmachen. Er wirbelte herum, als er einen zornigen Schrei hörte. Die beiden Kerle hatten Viverla’atar gefesselt und einer grabschte jetzt nach ihren Brüsten.
Den Assassinen erfasste eine heiße Wut, die er auf diese Weise noch nie zuvor gespürt hatte. Ohne sich um die näherkommenden Krieger zu kümmern, fasste er in die grünen Flammen. Wider Erwarten verspürte er keinerlei Schmerz und seine Finger fanden schnell den Griff seines Schwertes. Er riss es heraus und warf beide Waffen mit aller Kraft, die sein Zorn aufbringen konnte. Sie sausten zwischen den Kriegern hindurch und hinterließen feurige Spuren in der Luft, die erst nach einem Herzschlag verblassten. Beide Kerle wurden getroffen und durch die Luft gewirbelt. An den Stellen, wo die Schwerter aus ihrem Fleisch ragten, stieg Rauch auf.
[FONT="] Die Krieger waren inzwischen stehen geblieben. Sisrall fuhr seine Dornklingen aus und merkte, wie sein Blut jetzt wie Feuer durch die Adern strömte. Er fuhr die verunsicherten Männer an. „Glaubt ihr, ich bräuchte meine Schwerter zum Kämpfen? Komm her, Grumir und zeige, dass du dieser Frau würdig bist! Kommt alle her, dann erfahrt ihr die wahre Bedeutung des Namens Blutklinge!“[/FONT]
Im Feuer
Altar der absoluten Dunkelheit; westliches Naggaroth
2567 IC; 7.Abnehmender Mond
Sisrall hatte Viverla’atar inzwischen eingeholt und nun schlichen sie gemeinsam die letzten Stufen der Treppe empor. Oben wartete nach der Aussage der jungen Jägerin das Heiligtum des feindlichen Stammes und der Assassine war neugierig, worum es sich dabei wohl handelte. Beide bewegten sich vorsichtig nebeneinander, doch Viverla’atar, die im Wald aufgewachsen war, verursachte viel deutlichere Geräusche als der Assassine. Beide waren angespannt und hielten die Waffen bereit. Sisrall hatte seine Dornklingen ausgefahren und Viverla’atar zielte mit der Repetierarmbrust auf die obersten Stufen, die nur noch wenige Meter entfernt waren.
Plötzlich packte sie seinen Arm und hielt ihn fest. Er drehte sich um und blickte ihr direkt in die Augen, die inzwischen einen fast schon unnatürlichen Reiz ausübten. Ihre Stimme war nur ein Flüstern und Sisrall musste sich näher zu ihr beugen, um sie zu verstehen.
„Was auch passiert, Sisrall, lass dich nicht von mir ablenken. Achte auf dich. Ich kann auf mich selbst aufpassen! Spiel nicht meinetwegen den Helden.“
Die Worte duldeten keinen Widerspruch und Sisrall grinste nur kurz, bevor er die letzten Stufen im Lauf erklomm. Die schnellen Schritte hinter ihm waren kaum zu überhören, aber es spielte inzwischen wohl ohnehin keine Rolle mehr. Er hob die Dornklingen, bereit zum Zustechen und stürzte in den Raum.
Es war eine ziemlich große Höhle, wie er sofort feststellte. Schmale, grazile Säulen stützten die gewölbte Decke und die vielen Fackeln sorgten dafür, dass man schnell vergaß, sich im Inneren eines Berges zu befinden. Im Zentrum der Halle war ein kreisrundes Loch in den Boden gelassen, aus dem leichter, orangeroter Qualm quoll. Darum waren kleine Feuerschalen mit grünen Hexenfeuern entzündet worden, während rote Linien gezackte Kreise und verschlungene Siegillen bildeten. Alles in allem war es ein sehr schlichtes Heiligtum, aber dennoch ging eine Aura verborgener Kraft von dem Ort aus, die Sisrall innhalten ließ.
„Wer wagt es, hier einzudringen?“
Die Stimme war klar und kräftig. Nun sah Sisrall drei Gestalten, die mit gezogenen Waffen auf sie zukamen. Der weißhaarige Mittlere trug einen langen Mantel und hielt einen Stock in der Hand, dessen Kristalle langsam pulsierten. Er wirkte auf den ersten Blick wie ein Schamane und Sisrall fragte sich, ob der Hexenkönig davon wusste. Die beiden anderen trugen dünne Metallrüstungen und hielten Langschwerter und eckige Schilde in den Händen. Ihre Gesichter waren ungeschützt und strahlten Hass aus.
Ohne weiter auf die Frage des Schamanen einzugehen, griff Sisrall an. Er riss die Schwerter aus den Scheiden und schlug nach dem linken der beiden Krieger. Aus den Augenwinkeln sah er, dass der andere einem Armbrustbolzen auswich und dann von Viverla’atar angegriffen wurde. Sisrall schlug nach dem Oberschenkel seines Gegners, doch der Schild zuckte vor und fing den Angriff krachend ab. Wie eine Schlange stach das Schwert des Gerüsteten vor und zwang den Tempelkrieger, zurück zu springen. Dann drehte er sich um die eigene Achse und trat mit voller Wucht gegen den Schild seines Widersachers. Der wurde ebenfalls ein Stück zurück getrieben und Sisrall setzte nach.
Um den Stammeskrieger zu verwirren, sprang er abwechselnd nach links und wieder nach rechts, bevor er sich plötzlich nach vorn warf. Er prallte gegen den Schild, was ihm die Luft aus den Lungen presste. Doch sein Gegner geriet abermals ins Taumeln und konnte das Schwert nicht mehr parieren, das an seiner Schildkannte vorbei schrammte und die Schulterplatte durchstieß. Blut schoss aus der Wunde und der Mann ließ sein Schwert unwillkürlich fallen. Noch bevor das Klirren verstummt war, hatte sich Sisrall um den Krieger herum gedreht und ihm schmerzhaft in die Seite gestochen.
Er sah nicht mehr, wie der Mann keuchend auf die Knie fiel, denn plötzlich erfasste ihn eine grelle Entladung, die seine Rüstung zum Glühen brachte. Der Schamane war aktiv geworden. Knurrend kam Sisrall wieder auf die Beine und schleuderte sein Schwert nach dem Mann, der inzwischen wieder einen neuen Zauber vorbereitete und dazu weite Kreise mit dem Stock in die Luft schrieb. Die Waffe zischte durch die Luft und verfehlte den Magier um wenige Fingerbreit, bevor sie klirrend in einer der Feuerschalen landete. Aber Sisrall hatte sein Ziel erreicht und den Zauberer aus seiner Konzentration gerissen. Er sah sich um, wodurch sein Zauber verflog. Als er wieder in Sisralls Richtung blickte, war dieser nur noch wenige Schritte von ihm entfernt.
Der Assassine schlug wild mit dem verbliebenen Schwert nach seinem Gegner, doch der wich ein Stück zurück und beantwortete die Hiebe mit seinem Stock. Mit verblüffender Kraft prallte das Holz gegen die gerüstete Schulter, die noch vom Kampf gegen die Statuen verletzt war. Der Schmerz ließ ihn kurz knurren. Aber dann wehrte er den nächsten Schlag des Stabs mit seiner Waffe ab und hieb nach den Beinen des Zauberers. Der aber war erstaunlich flink und schlug nach Sisralls Handgelenk. Der Assassine riss die Hand zurück und trat stattdessen zu. Er erwischte seinen Gegner am Knie, was den taumeln ließ. Sisrall nutzte die Ablenkung und schlug nach dem Oberarm des Mannes. Während der sich halb drehte, um der Klinge zu entgehen, packte die freie Hand des heiligen Kriegers den Stock und riss ihn an sich.
Doch der Zauberer dachte offenbar nicht daran, loszulassen und wurde von der Kraft des Assassinen mitgerissen. Er prallte gegen Sisrall und beide krachten zu Boden, wobei er sein zweites Schwert einbüßte. Der Tempelkrieger wollte sich mit einer Drehung wieder aufrichten und schleuderte dazu den Magier, der auf ihm lag, neben sich zu Boden. Aber er hatte sich verschätzt, denn da war kein Boden. Die beiden Kontrahenten fielen in das Loch, das im Zentrum der Halle klaffte. Sofort verdichteten sich die Qualmwolken und Sisrall spürte fast körperlich, wie die Kräfte der Magie an diesem Ort anschwollen und sich sammelten. Dann schossen plötzlich grelle Flammen an ihnen vorbei. Der Assassine konnte ihre verzehrende Hitze spüren, doch ihm geschah nichts. Eine angenehme Kälte ging von seinen Fingern aus und floss durch seinen ganzen Körper.
Es war der Stock, der ihn schützte. Aus dem Gesichtsausdruck seines Gegners, der ebenfalls noch den Stab umklammerte, las er, dass der ebenso verblüfft und überrascht war, wie der Tempelkrieger. Dann ging Sisrall auf, dass sie sich nicht mehr bewegten. Sie wurden von den umher züngelnden Flammen gehalten. Als sich ihre Blicke trafen, ging beiden auf, dass ihr Kampf noch immer nicht zu Ende war.
Ohne den Stock loszulassen, trat Sisrall nach seinem Gegner, der offenbar versuchte, ihm seine Schulter ins Gesicht zu rammen. Der Assassine lehnte sich so weit wie möglich zurück und traf gleichzeitig das Knie seines Gegners. Doch der konnte nicht das Gleichgewicht verlieren, da sie ja gar nicht auf festem Boden standen. Also wählte Sisrall eine andere Taktik. Er riss den Stab an sich vorbei, sodass sein Gegner mitgerissen wurde und sich vor seiner Brust entlang bewegte. Im richtigen Moment ließ der Assassine seinen behelmten Kopf niedersausen und verpasste dem anderen somit eine Kopfnuss, dass es krachte. Zwischen den Haaren des Zauberers sickerte Blut hervor, dass seltsamerweise sofort verdampfte. Plötzlich stellte er fest, dass es immer heißer wurde. Offenbar ging die Kraft des Stocks zur Neige. Es war ein Gedanke, der Sisrall einen Augenblick zu lang beschäftige.
Sein Kontrahent schlug ihm mit dem Stock gegen den Kopf und für eine Sekunde drehte sich alles. Aber er war noch geistesgegenwärtig genug, seinen Griff um das Holz zu verstärken, um weiteren Hieben vorzubeugen. Als sein Blick wieder klar war, bemerkte Sisrall, dass eine seiner Hände nur wenige fingerbreit von der des Magiers entfernt war. Während die Temperatur immer unangenehmere Werte annahm, drehte er die Hand leicht und fuhr, das Beste hoffend, die Dornklinge aus. Ein Schmerzschrei war der Lohn, denn die Klinge hatte das Handgelenk des Zauberers durchbohrt, der jetzt nur noch mit einer Hand den Stab hielt.
Der Assassine verstärkte seinen Griff und schlug mit dem Stock zu, wobei ihn die Bemühungen seines Widersachers kaum behinderten. Der Hieb traf den Weißhaarigen zwischen den Beinen. Vor Schreck und Schmerz ließ er los. Sofort umfing das Feuer seinen Körper und verbrannte erst seine Gewänder und dann die Haut. Innerhalb von wenigen Herzschlägen wurde ihm das Fleisch von den Knochen geschmolzen, die dann ebenfalls zu Asche zerfielen. Sein Schrei ging im Prasseln des Feuers unter.
Dann sank die Temperatur wieder auf ein angenehmes Niveau und zwei Stimmen erklangen in Sisralls Kopf. „Du bist der erste, der jemals den Brunnen der Flammen zusammen mit dem Schlüssel betreten hat. Dir wird das Geschenk zuteil, das dort seit Jahrtausenden eines Mutigen harrt, der sich der Prüfung der Flammen anvertraut. Du hast einen weiteren Schritt auf deiner Reise getan.“
„Meister Eswirl?“
Denn Sisrall war sich sicher, dass die Stimme seinem Ausbilder gehört hatte. Zumindest eine der beiden Stimmen. Die andere war weiblich gewesen. Doch was bedeuteten die Worte? Ich bin der erste, der jemals den Mut hatte, den Brunnen mit dem Schlüssel zu betreten. Aber es war ja nicht freiwillig. Also ist aber den Stock der Schlüssel zu beiden Heiligtümern. Aber was…
Bevor er sich weitere Fragen stellen konnte, erfassten ihn die Flammen und durchdrangen seinen Körper. Er wollte schreien, aber bevor er überhaupt den Mund geöffnet hatte, war es schon wieder vorbei. Ganz kurz zuckte Schmerz über seine Nerven und verging wieder. Er hatte nicht einmal Zeit, sich darüber klar zu werden, was gerade geschehen war, als die Flammen ihre Bewegung verstärkten und er angehoben wurde. Er flog förmlich aus dem Brunnen, den Stock noch immer umklammert.
Er schlug die Augen auf und wunderte sich einen Moment darüber, sie überhaupt geschlossen zu haben. Dann stellte er fest, dass er auf dem kalten Steinboden neben einer der Feuerschalen lag und jede Faser seines Körpers schmerzte. Er schlussfolgerte, dass er wohl ohnmächtig geworden sein musste, nachdem ihn der Brunnen wieder ausgespien hatte. Eine seltsame Wärme ging von seiner Wange aus und nach kurzem Blinzeln klärte sich sein Sichtfeld so weit, dass er erkennen konnte, dass Viverla’atar, verschrammt aber unversehrt, über ihm kniete und ihre Heilmagie wirkte. Doch sie konnte das Brennen seiner Nerven nicht lindern.
Aber allein ihr Anblick reichte, um seinem erschöpften Körper neue Kraft zu geben. Er stützte sich vorsichtig auf die Ellenbogen. Mit einem Freudenschrei warf sich die junge Frau auf ihn und küsste ihn. Vor Überraschung wäre Sisrall beinahe zurück auf den Boden geknallt, doch so erwiderte er ihre Küsse. Er spürte, wie ihr warmer Körper auf seiner Brust lag und wie ihr Haar über seine Wangen fiel. Inzwischen roch sie ziemlich nach Schweiß und Blut, doch es war ihm in diesem Moment egal.
Plötzlich hielt sie inne und strich sich das Haar hinter die geschwungenen Ohren. Mit konzentrierter Miene blickte sie zur Treppe, wobei sie sich langsam aufrichtete. Dann tauchten mehrere Krieger Tar’atris‘ auf. Grumirs Gesicht verfinsterte sich, als er ihre Nähe sah. Ihm folgten die beiden Brüder von Viverla’atar und vier weitere Stammeskrieger, deren Schmuck sie allesamt als bedeutend auswies, soweit der Assassine das erkennen konnte.
Während die Männer in den Raum stürzten, suchte Sisrall schnell seine Schwerter. Er hatte das Gefühl, sie bald zu benötigen. Als er das eine aufgehoben hatte, das ihm beim Sturz mit dem Magier aus der Hand gefallen war, bemerkte er, dass zwei Männer Viverla’atar gepackt hatten, die offenbar nicht geneigt schien, Angehörige ihres eigenen Stammes zu bekämpfen. Nun wehrte sie sich vergebens gegen die kräftigen Hände der beiden. Grumir stand vor ihr und blickte sie voller Hass an. „Dummes Weib! Du warst mir versprochen. Was versprichst du dir von diesem dahergelaufenen Schwein? Der sieht nicht so aus, als könne er eine Frau befriedigen. Dafür wirst du bezahlen! Und dann wirst du mir gehören! Verstanden?“ Er schlug ihr ins Gesicht. Viverla’atar spuckte ihm Blut ins Gesicht, blieb aber stumm. Er wandte sich an die beiden Krieger, die sie festhielten. „Fesselt sie und dann vergnügt euch ein bisschen mit ihr! Ich hab noch was zu erledigen!“
Während der ganzen Rede war Sisrall weiter gewandert und hatte sein Schwert gesucht. Er hatte fast alle Feuerschalen abgesucht. Während die junge Frau an eine der Säulen gefesselt wurde, kamen Grumir und die übrigen Krieger langsam auf ihn zu. In den grünen Flammen neben ihm konnte er tatsächlich die Umrisse seiner Waffe ausmachen. Er wirbelte herum, als er einen zornigen Schrei hörte. Die beiden Kerle hatten Viverla’atar gefesselt und einer grabschte jetzt nach ihren Brüsten.
Den Assassinen erfasste eine heiße Wut, die er auf diese Weise noch nie zuvor gespürt hatte. Ohne sich um die näherkommenden Krieger zu kümmern, fasste er in die grünen Flammen. Wider Erwarten verspürte er keinerlei Schmerz und seine Finger fanden schnell den Griff seines Schwertes. Er riss es heraus und warf beide Waffen mit aller Kraft, die sein Zorn aufbringen konnte. Sie sausten zwischen den Kriegern hindurch und hinterließen feurige Spuren in der Luft, die erst nach einem Herzschlag verblassten. Beide Kerle wurden getroffen und durch die Luft gewirbelt. An den Stellen, wo die Schwerter aus ihrem Fleisch ragten, stieg Rauch auf.
[FONT="] Die Krieger waren inzwischen stehen geblieben. Sisrall fuhr seine Dornklingen aus und merkte, wie sein Blut jetzt wie Feuer durch die Adern strömte. Er fuhr die verunsicherten Männer an. „Glaubt ihr, ich bräuchte meine Schwerter zum Kämpfen? Komm her, Grumir und zeige, dass du dieser Frau würdig bist! Kommt alle her, dann erfahrt ihr die wahre Bedeutung des Namens Blutklinge!“[/FONT]
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