Ethik beim Medienkonsum

Barnabas-Basilius

Tabletop-Fanatiker
13 Oktober 2010
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Der Kontext macht die Fakten. Und was Rowling gesagt hat geht über wissenschaftliche Fakten hinaus. Wenn u das so darstellst reißt du das gesagte aus dem Kontext um es zu bagatellisieren. Sie hat sich ganz klar homophob geäußert aber ob DIR persönlich das egal ist ist eben deine eigene Sache.

Aber ich gebe dir recht: zu verkopft hier diskutiert und sehr persönlich diese Entscheidung des Umgangs. Daher macht es auch kaum Sinn darüber zu diskutieren ohne zu diskutieren was nun moralisch richtig oder falsch ist. Und letzteres ist eigentlich in diesem Forum fehl am Platz.
 

senex

Tabletop-Fanatiker
10 August 2001
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Wenn u das so darstellst reißt du das gesagte aus dem Kontext um es zu bagatellisieren. Sie hat sich ganz klar homophob geäußert ...

Genau so war das zu erwarten in solchen Diskussionen. Wer nicht die Attacke mitreitet, wird selbst attackiert. Nur mal zur Klarstellung: Ich habe das Rowling Beispiel in der Hoffnung auf Vermeidung von sowas und für etwas Neutralität textlich 1:1 aus Wiki übernommen "Nachdem Joanne Rowling wiederholt in Tweets zur Transsexualität das biologische Geschlecht als real bezeichnet hatte,[35] wurde sie im Juni 2020 vielfach als transfeindlich kritisiert bzw. eigener Aussage nach angefeindet" und finde Deine Anwürfe echt ziemlich daneben. Woher willst Du wissen, dass ich da was bagatellisieren will? Gibt es da tatsächlich was zu bagatellisieren und ist das hier das Thema?
Der Kreis zum topic schließt sich, wenn sich vorstellt wie der "Bagatellisierer" und wie der "Eiferer" in der gleichen Welt dann mit der Autorin umgehen.
Da kann man sich jedes Gespräch klemmen, wenn sogar auf erkennbare Beispiele der Glaubenskrieg, incl. persönlicher Angriffe, eröffnet wird.
 
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Object303

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26 Juni 2019
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Aktuell sind wir es gewohnt das wir uns Gesellschaftlich immer weiter Humanistisch weiter entwickeln, aber das kann auch ins stocken geraten oder sich sogar zurück entwickeln.
Persönlich bin ich ja der Meinung dass wir uns in vielen Dingen zur Zeit bereits zurückentwickelt auch wenn diese Dinge mit guten Absichten gemeint sind. Frei nach "Der Weg zur Hölle ist mit guten Absichten gepflastert" Beispiel: "Kulturelle Aneignung". Wir waren lange Zeit auf einem guten Weg ungeachtet der Herkunft/des Hintergrundes ein großes "Miteinander" zu leben. (Ja, Ausnahmen gibt es immer). Weisse die Reggae hören oder gar in einer Band sind und selbst Reggae machen? War mal cool. Man freute sich dass es Teile der eigenen Kultur gab die sich mit anderen Kulturen vermischen. Heutzutage wird da fleissig getrennt. Bandauftritte werden abgebrochen weil die Bandmitglieder Dreadlocks tragen aber das wäre ja kulturelle Aneignung, das dürfen nur Leute die tatsächlich mit/in dieser Kultur aufgewachsen sind usw usw. (Gab zwischendurch auch schon erste Bewegungen die es als rassistisch gesehen haben wenn man als Nicht-Asiate asiatisch kocht...)
Dieses, vor allem in USA lange Zeit geläufige "Nur für Weisse" war Rassismus pur. Was war man stolz ein Zeichen gegen den Rassismus gesetzt zu haben als Restaurants, Frisöre etc pp. plötzlich von Menschen JEDER Hautfarbe besucht werden konnten. Heutzutage werden Restaurants/Frisöre etc pp. gefordert die "nur für Schwarze" (bzw. "people of color" oder wie auch immer man das heute politisch korrekt ausdrückt) sind. Grund: People of Color brauchen Räume in denen sie sich sicher fühlen können, in denen sie unter sich sein können ohne den "bösen weissen Mann". Man kann davon halten was man möchte, aber im Kern wäre es wieder (unsägliches Wort...) Rassentrennung....
Statt einer Vermischung aller Kulturen und Hautfarben etc. und einem großen Miteinander sind wir gerade wieder kräftig dabei alles möglichst kleinteilig zu trennen und zu separieren....

Nein, "ignorant" ist das nicht. Ich finde es -rein persönlich- nur ungewöhnlich, denn wenn ich zB ein Buch lese, einen Film gucke, ein Lied höre usw., wo ich über den/die Erschafferin mal garnix weiß, dann habe ich (mal ganz beliebige 08/15-Teile ausgenommen) schon ein gewisses Interesse, mehr über den Autor zu erfahren!
Da ist wohl jeder anders gestrickt. Ich find es eher ungewöhnlich, bzw. wundere mich warum man mehr über den Autoren erfahren möchte. Wenn mir eine Geschichte gefällt, dann gefällt mir die Geschichte. Ob sie jetzt vom Bauarbeiter Hans Müller in seiner Freizeit geschrieben wurde oder von irgend einem studierten Literaturprofessor oder irgend einem allgemein hoch angesehenen Autoren ist dabei völlig unerheblich.
Allerdings bin ich persönlich auch absolut kein Mensch der irgendwelchem Personenkult anhängt (Eine Freundin von mir regt sich schon immer auf wenn sie mir den Namen eines Schauspielers sagt und ich keine Ahnung habe wer das ist, selbst wenn ich gerade einen Abend vorher einen Film gesehen habe wo der mitspielt). Ähnlich wie bei Autoren und Schauspielern ist es bei mir auch im Bereich der Musik. Es gibt Bands die ich mag, aber trotzdem würde ich nie ein Album von denen blind kaufen. Selbst "Lieblingsbands" haben zwischendurch auch schon Alben veröffentlicht die für mich der letzte Schund sind. So gibt es auch Autoren die neben wirklich tollen Büchern plötzlich den einen oder anderen Totalausfall abliefern oder Schauspieler die in Film A ihren gespielten Charakter perfekt verkörpern in Film B aber total unglaubwürdig, lustlos und laienhaft wirken.

Ich weiß gar nicht ob ich es Trennung von Künstler/Werk nennen kann. Mein Wissen über das unethische Handeln ist da. Und es ist, in meinem Kopf, mit dem Produkt verbunden. Dennoch gefällt mir das Produkt. Das kann ich auch nicht verhindern. Es ist einfach in meinem Bewusstsein.
Ich sehe da nur wenige Probleme Künstler und Werk zu trennen. Wenn jetzt ein stramm-rechter Künstler nur Bücher verkauft oder nur Musik macht um Geld einzunehmen mit der er rechte Projekte unterstützt und ich weiss das, würde ich das Buch nicht kaufen. ABER: Wenn es mir, warum auch immer, gefällt, würde ich es mir gebraucht besorgen. So unterstütze ich wenigstens keinen Rechten.
Davon ab: Ich seh mich zb. eher als Mitte bis leicht links. Trotzdem könnte ich jetzt eine tief-rassistische und rechte Geschichte schreiben (Wie gut sie wäre sei mal dahingestellt, ich bin kein Autor. :p ). Ich könnte mich hinsetzen und eine Geschichte über einen sadistischen Vergewaltiger und Frauenmörder schreiben aber so gut wie jeder in meinem Freundes- und Bekanntenkreis würde bestätigen dass ich alles andere als sexistisch oder frauenfeindlich bin. Nennt sich Fantasie. So wenig ich von Nazis selbst auch halte, kann ich mir gut vorstellen dass ein Nazi mit viel Fantasie (Haben Nazis Fantasie? :p ) auch eine Geschichte über eine multikulturelle Utopie schreiben könnte in dem Menschen aller Hautfarbe, Abstammung und sexueller Orientierung die gleichen Rechte haben...
Ein Schauspieler der in einem Slasher einen ultrabrutalen Mörder spielt muss noch lange nicht auf Gewalt stehen (Genauso wenig sind die Drehbuchautoren oder die Leute die sowas gern gucken zwingend gewaltsüchtige Psychopathen). Auch wenn Weinstein sich als sexistisches Arschloch entpuppt heisst es noch lange nicht dass man davon was in den Filmen wiederfinden muss.
Und: Vieles interpretiert man einfach in die Werke hinein. Ich bin da damals schon immer mit meinem Deutschlehrer aneinandergeraten, aber: Interpretationen sind meiner Meinung nach eigentlich immer falsch nd können nicht wirklich benotet werden. Wenn ich in eine Geschichte etwas hineininterpretiere ist es erst einmal genau so falsch oder richtig wie die andere Interpretation des Werkesvon einer andere Person. NUR der tatsächliche Künstler hinter dem Werk kann wirklich sagen was er mit dem Werk gemeint hat, was welcher Satz für eine Bedeutung hat usw usw. Alles andere sind Vermutungen, Interpretationen die u.a. dem jeweiligen Denken und dem Zeitgeist entsprechen.
 

Jim

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Ich sehe da nur wenige Probleme Künstler und Werk zu trennen.

Weil du mMn 1. Dich immer aufs Werk beziehst (was ja nach deiner bisherigen Argumentation nachvollziehbar ist) und 2. "trennen" hier anders definierst als ich.

Ich kann es trennen indem sage ich finde Werk gut und Künstler doof. Oder ich finde Werk doof und Künstler (als Mensch) gut.

Aber ich kann, sobald ich Information habe, diese nicht mehr ausblenden. Werk und Täter sind in meinem Hirn nicht mehr getrennt. Eins gehört zum anderen.

kP ob du weißt wie ich das meine.
In meinem Kopf wird Space Jam auf ewig mit einer goldenen Shower assoziiert.
 

beetlemeier

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Ich sehe da nur wenige Probleme Künstler und Werk zu trennen.
Ich könnte mich hinsetzen und eine Geschichte über einen sadistischen Vergewaltiger und Frauenmörder schreiben aber so gut wie jeder in meinem Freundes- und Bekanntenkreis würde bestätigen dass ich alles andere als sexistisch oder frauenfeindlich bin.

Es ging nach meiner Wahrnehmung in dieser Diskussion darum, dass ein problematischer Künster hinter (s)einem Werk steht.
Was Du jetzt betrachtest, ist das Umgekehrte, also ein Künstler mit möglicherweise kontroversen Werken.
Das ist mE was ganz anderes, weshalb ich da auch eher wenig bis keine Probleme sehr. Banales Beispiel Stephen King. Der schreibt seit 40 Jahren über Monster, Mörder und Gewalt, aber ich habe bei seiner Biografie keinerlei "moralische" Bedenken, ihn zu lesen...

Interpretationen sind meiner Meinung nach eigentlich immer falsch nd können nicht wirklich benotet werden. Wenn ich in eine Geschichte etwas hineininterpretiere ist es erst einmal genau so falsch oder richtig wie die andere Interpretation des Werkesvon einer andere Person. NUR der tatsächliche Künstler hinter dem Werk kann wirklich sagen was er mit dem Werk gemeint hat, was welcher Satz für eine Bedeutung hat usw usw. Alles andere sind Vermutungen, Interpretationen die u.a. dem jeweiligen Denken und dem Zeitgeist entsprechen

Also, dass die Analyse eines Werkes dem Zeitgeist unterliegt/unterliegen kann, da bin ich bei Dir. Ansonsten ist das aber schon eine ziemlich einschränkende Position, die Du da mit "Nur der Autor kann sich zu seinem Werk verhalten" schilderst. Abgesehen davon, dass dann jegliche Forschung bei Verstorbenen unmöglich wäre, würde es auch bedeutende Teile der Geistes-/Sprachwissenschaften sinnlos machen.
Da habe ich dann vor zB der Germanistik schon genug Respekt, um der eine relevante und auch richtige Einschätzung zuzutrauen.
 
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26 Juni 2019
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Es ging nach meiner Wahrnehmung in dieser Diskussion darum, dass ein problematischer Künster hinter (s)einem Werk steht.
Was Du jetzt betrachtest, ist das Umgekehrte, also ein Künstler mit möglicherweise kontroversen Werken.
Jein. U.A. darum mein Satz "So wenig ich von Nazis selbst auch halte, kann ich mir gut vorstellen dass ein Nazi mit viel Fantasie (Haben Nazis Fantasie? :p ) auch eine Geschichte über eine multikulturelle Utopie schreiben könnte in dem Menschen aller Hautfarbe, Abstammung und sexueller Orientierung die gleichen Rechte haben..."
So wie Künstler kontroverse Werke verfassen können ohne dass sie selbst kontrovers/problematisch sind, können auch problematische Künstler Werke verfassen die eben dieses nicht sind.

Oder auch: Wenn ein problematischer Künstler ein Werk verfasst so ist das Werk automatisch problematisch, bzw. ethisch verpöhnt.
Verfasst ein nicht-problematischer Künstler ein inhaltlich identisches Werk, dann ist dieses Werk völlig in Ordnung weil der Künstler ja in Ordnung ist? In dem einen Fall kann man Werk und Künstler trennen, in dem anderen nicht?
Allgemein wird ein Künstler für unproblematisch gehalten, und man hat kein Problem mit seinem Werk, bzw. ist sogar Fan davon, aber sobald sich herausstellt dass der Künstler doch problematisch ist, ist plötzlich auch das Werk nicht mehr in Ordnung? Obwohl sich inhaltlich NICHTS am Werk geändert hat?

Ja, schweres Thema, weil es 25765878 Ausnahmen und "aber" gibt....

Abgesehen davon, dass dann jegliche Forschung bei Verstorbenen unmöglich wäre, würde es auch bedeutende Teile der Geistes-/Sprachwissenschaften sinnlos machen. Da habe ich dann vor zB der Germanistik schon genug Respekt, um der eine relevante und auch richtige Einschätzung zuzutrauen.
Es ist nicht unmöglich, aber man darf auch nicht davon ausgehen dass das Ergebnis der Forschung richtig ist. Je mehr Material man über den Verstorbenen findet, desto wahrscheinlicher ist es dass man mit der Interpretation seines Werkes richtig liegt aber 100%ige Sicherheit gibt es nicht solange man den Verstorbenen selbst nicht fragt. Es gibt im Grund nur ein "Wird zum derzeitigen Zeitpunkt allgemein als richtig angenommen"

David Lynch zB. hatte irgendwann mal gesagt dass er es HASST wenn seine Filme von andere interpretiert werden. Egal wie aufwendig und wie professionell man da rangehe, bisher gäbe es nicht eine einzige Interpretation die auch nur halbwegs richtig ist. Klar, man kann jetzt sagen "Das behauptet er nur damit seine Filme weiter im Gespräch bleiben" aber wer ausser ihm weiss wirklich 100%ig das es so ist?

Gibt doch immer mal wieder neue Erkenntnisse über Verstorbene und/oder dessen Werken die plötzlich alles was man als "sicher" und "richtig" erachtete über den Haufen geworfen hat....

Ich hab vor Jahren mal ein kurzes "Gedicht" (eher ein Text) auf meiner damaligen Homepage veröffentlicht und irgendwann eine richtig lange und dankbare Email von Jemanden erhalten der mir gar nicht genug dafür danken konnte. Der Text sei so tiefsinnig und so wegweisend und würde sein Leben beeinflussen etc pp. Wenn man diesen Text 50 oder 100 Jahre nach meinem Tod wiederfindet (Ich weiss nicht ob ich ihn noch irgendwo habe, ist 20 Jahre her) wer weiss wie man den Text dann interpretieren würde.
Ich hab diese Email gelesen und anschliessend war mir meine eigentliche und einzige Intention hinter diesem Text total peinlich. Ich wollte einen kurzes Gedicht/einen kurzen Text machen bei dem jedes Wort mit dem Buchstaben L anfängt. Inhalt? Bedeutung? war unwichtig und habe ich abgesehen von "muss halbwegs sinnvoll klingen" nicht weiter drüber nachgedacht....

Ich mein, Forschung... Selbst unsere Naturkonstanten sind nur Theorien wie generell nahezu alles in der Wissenschaft weil man halt nur auf dem derzeitigen Wissens-/Technikstand Ergebnisse liefern aber nicht garantieren kann dass diese Sachen für immer und wirklich überall im Universum so Bestand haben.
 
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Barnabas-Basilius

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13 Oktober 2010
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Das grundsätzliche Problem dabei wenn man eine/n „problematische/n“ Künstler/in durch Konsum dessen Kunst unterstützt sollte eigentlich nicht das vielleicht dadurch gestörte eigene Wohlgefühl sein, sondern dass man derjenigen eine Plattform verschafft - sei es durch Geld oder Einfluss - um das was auch immer problematisch ist weiter zu verbreiten und durch ihre Reichweite halt auch Anhänger hat die blind nachlaufen.
Beispiel: dieser serbische Autor der letztes Jahr (?) den Literatur Nobelpreis kriegen hätte sollen, dann aber ein Riesen Aufschrei kam weil er ein rasistischer Kriegsverbrechen verharmloser und faschistische Regime unterstützender ist. Ich meine sein preisgekröntes Buch hatte mit dem Thema nicht viel zu tun (habe mich nicht weiter damit beschäftigt). Ich weiß gar nicht mehr wie das ausgegangen ist aber ich hoffe dass so ein arsch eben nicht diese große Plattform und Anerkennung für seine Kunst bekommen hat. Nach vielen hier gelesenen Kommentaren wäre diese Diskussion um seine Person in dem Rahmen gar nicht notwendig gewesen weil: Person und Werk trennen -> fertig. Aber so einfach ist es halt nicht.

Kunst ist nie ohne Kontext, sondern muss immer im zeitgeschichtlichen Kontext und in Zusammenhang mit der Person betrachtet werden. Das ist ein Grundsatz den man schon in der Schule im Geschichtsunterricht lernt.
Andererseits verurteile ich auch nicht die Leute die keinen Bock auf Hintergrundwissen haben und sich damit nicht auch noch beschäftigen wollen.
 
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exilant

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27 Dezember 2017
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Das Beispiel Rowling ist gut geeignet zu zeigen wie dieses canceln vollkomnen entgleisen und eskalieren kann: hier kam schon sie sei "homophob". Das Gegenteil ist der Fall: als bei den Dreharbeiten für einen der Filme raus kam das Dumbledore schwul sei soll, gab es nen Aufschrei, dass man das in den Büchern nicht sehe. Rowlings Antwort: könnte daran liegen das Schwule halt aussehen wie alle Anderen auch.

Um was es geht, ist dass sie sich
(a) die Deutungshoheit ihrer Figuren nicht nehmen lassen will. Die "Bunten" wollten irgendwann Sirius Black als schwul erkannt haben - da kam halt von ihr "Nein ist er nicht". Und natürlich
(b) sie macht bei "Wille über Realität" nicht mit. Sprich "transfeindlich" ist sie vielleicht, wenn eben das Primat der Realität über den Wunsch Feindlichkeit ist bzw. man Cargo-Kult-Wissenschaften höher bewertet als Wissenschaft.

Aber "homophob"? Sicher nicht. Eher halt wie bei der Schwarzer, die man auch schon als frauenfeindlich betitelt, was angesichts der vita absurd ist.

Abstrakter: wenn man schon aussortiert was den "progressiven Radikalen" nicht passt, was am Ende jeder ist der die aktuellen Trends nicht kritik- und vorbehaltlos unterstützt, haben wir am Ende einen Bildersturm, den keine nennenswerte Kunst überstehen wird.
Denn kann sich einer vorstellen das ein Goethe oder Shakespeare, geschweige denn ein Hemingway oder Bukowski das Urteil der Gegenderten überstehen könnte?
Ein Perfektionist und Menschenschinder wie Kubrick? Überhaupt: schaut man sich um sind viele herausragende Künstler mindestens schwierig/exzentrisch und mach(t)en Mitarbeitern und Untergebenen oft das Leben schwer.
Wo zieht man Grenzen?
Klar, ist etwas für mich inakzeptabel, konsumiere ich es nicht, aber ich tue mich sehr schwer Anderen oder gar der Gesellschaft verordnen zu wollen was in den Giftschrank gehören soll...
 
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Object303

Eingeweihter
26 Juni 2019
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Das grundsätzliche Problem dabei wenn man eine/n „problematische/n“ Künstler/in durch Konsum dessen Kunst unterstützt sollte eigentlich nicht das vielleicht dadurch gestörte eigene Wohlgefühl sein, sondern dass man derjenigen eine Plattform verschafft - sei es durch Geld oder Einfluss - um das was auch immer problematisch ist weiter zu verbreiten und durch ihre Reichweite halt auch Anhänger hat die blind nachlaufen.
"Ja, schweres Thema, weil es 25765878 Ausnahmen und "aber" gibt....". Das von dir ist so eine Ausnahme und hatte ich auch in meinem ersten Posting dazu schon was zu gesagt:

"Wenn jetzt ein stramm-rechter Künstler nur Bücher verkauft oder nur Musik macht um Geld einzunehmen mit der er rechte Projekte unterstützt und ich weiss das, würde ich das Buch/das Album nicht kaufen. ABER: Wenn es mir, warum auch immer, gefällt, würde ich es mir gebraucht besorgen. So unterstütze ich wenigstens keinen Rechten."

Wobei es hier halt unter Umständen auch schon wieder ein "aber" gibt: Es kommt drauf an wie man "Unterstützung" hier definieren will. (Und gerade bezüglich NAzis gibt es da teils sehr, sehr seltsame Definitionen von "Unterstützung"


Beispiel: dieser serbische Autor der letztes Jahr (?) den Literatur Nobelpreis kriegen hätte sollen, dann aber ein Riesen Aufschrei kam weil er ein rasistischer Kriegsverbrechen verharmloser und faschistische Regime unterstützender ist. Ich meine sein preisgekröntes Buch hatte mit dem Thema nicht viel zu tun (habe mich nicht weiter damit beschäftigt). Ich weiß gar nicht mehr wie das ausgegangen ist aber ich hoffe dass so ein arsch eben nicht diese große Plattform und Anerkennung für seine Kunst bekommen hat. Nach vielen hier gelesenen Kommentaren wäre diese Diskussion um seine Person in dem Rahmen gar nicht notwendig gewesen weil: Person und Werk trennen -> fertig. Aber so einfach ist es halt nicht.
Ehm. Stop! Es ging hier eigentlich um Ethik beim Medienkonsum und unseren Umgang/unser Empfinden darum. Ich glaube "Auszeichnung mit dem Literatur-Nobelpreis eines rassistischen Kriegsverbrechers" fällt nicht mehr unter "Konsum".
Selbstverständlich kann man immer schwerer bis gar nicht zwischen Künstler und seinem Werk trennen je größer man das alles betrachtet, bzw. je weiter man es fasst. Unterstütze ich Weinstein wenn ich mir einen Film aus dem DVD/Blu-Ray Regal hol der irgendwann mal vor dem Skandal angeschafft wurde und den jetzt gucke also "konsumiere"? (Bei Streaming kann es da schon wieder anders aussehen. Weiss nicht wie da abgerechnet wird.)
Wenn ich mich mit einem Freund über das unproblematische Werk eines problematischen Künstlers unterhalte und ihm das Werk zB. Buch oder CD) leihe/schenke kann man auch noch zwischen Werk und Künstler trennen.
Sollten unproblematische Werke problematischer Künstler aus den Onlineshops/Ladenregalen verschwinden oder weiter kaufbar sein? Wird die Trennung schon nahezu unmöglich weil man mit dem Kauf ja den Künstler unterstützen würde....

Sollte man öffentlich über das Werk schreiben? Wird auch schwierig. Egal ob der Bericht positiv oder negativ ist, kann es andere zum Kauf animieren....

Sprich: Beim Medienkonsum hier bei "Privatpersonen" kann man meiner Meinung nach je nach Werk sehr gut Künstler und Werk trennen. Und das hat, in dem Rahmen, auch absolut NICHTS mit "kein Bock auf Hintergrundwissen" zu tun.
 

senex

Tabletop-Fanatiker
10 August 2001
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Beispiel: dieser serbische Autor der letztes Jahr (?) den Literatur Nobelpreis kriegen hätte sollen, dann aber ein Riesen Aufschrei kam weil er ein rasistischer Kriegsverbrechen verharmloser und faschistische Regime unterstützender ist.
Vermutlich meinst Du Handke (ein Österreicher übrigens), der den Literaturnobelpreis 2019 bekommen hat.
Bisschen mehr konkretes, gefestigtes Wissen statt plakativer Meinung wär auch nicht übel. Dass Handke "ein rasistischer Kriegsverbrechen verharmloser und faschistische Regime unterstützender ist" ist eben das, eine platt-plakative Meinung, die so nicht einmal ein großer Teil der Debatte, ja noch nicht einmal die der ernstzunehmenden Gegner, so vertrat. Da Handke allerdings mehr zu bieten hat, als seine diskussionswürdige Haltung zu Serbien und dem Balkankrieg, gabs dann trotz gewaltigen Getöses doch den Nobelpreis. Da haben sachkundige Leute Mensch und Werk eingeschätzt.
 
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beetlemeier

Hüter des Zinns
28 März 2016
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Ein Perfektionist und Menschenschinder wie Kubrick?

In dem Kontext kann ich nur dieses Buch empfehlen:

Historisch aufgebaut und angefangen bei Griffith und endend bei Tarantino bietet das skandalösen Gossip (wobei der Wahrheitsgehalt nicht wirklich immer überprüfbar ist), der dann doch öfters mal in Kopfschütteln übergeht.
 

KOG

Fanworld-Philosoph
18 Juli 2006
1.529
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Das grundsätzliche Problem dabei wenn man eine/n „problematische/n“ Künstler/in durch Konsum dessen Kunst unterstützt sollte eigentlich nicht das vielleicht dadurch gestörte eigene Wohlgefühl sein, sondern dass man derjenigen eine Plattform verschafft - sei es durch Geld oder Einfluss - um das was auch immer problematisch ist weiter zu verbreiten und durch ihre Reichweite halt auch Anhänger hat die blind nachlaufen.
[...]
Kunst ist nie ohne Kontext, sondern muss immer im zeitgeschichtlichen Kontext und in Zusammenhang mit der Person betrachtet werden. Das ist ein Grundsatz den man schon in der Schule im Geschichtsunterricht lernt.
[...]

Ich habe mir diese Aussagen stellvertretend herausgesucht und versuche diese in einem etwas umfassenderen, institutionellen Rahmen einzuflechten, weil dort nach meinem Dafürhalten die eigentlich spannende Debatte stattfindet. Auf individueller Ebene findet eine Auswahl und ein Konsum von Gütern ohnehin nach einer Bandbreite von Kriterien statt, die moralische Beschaffenheit ist da genau so ein Faktor wie der Preis, die Verfügbarkeit, die momentane Gemütslage und ein ganzer Fächer von anderen Tatbeständen, das ist für mich folglich nicht wirklich aufregend.

Zum eigentlichen Zitat oben: der Ruch des Problematischen erwächst bedauerlicherweise nicht selten einer zirkulären Logik; weil das zugrundeliegende Werk bestimmten moralischen Ansprüchen nicht genüge, wird dem Urheber eine ebenfalls zweifelhafte Gesinnung unterstellt, welche wiederum Anlass ist, mit Bausch und Bogen die Verdammung auszusprechen. Als letztes Jahr der Nestor der Soziobiologie, Edward O. Wilson, verstorben ist, hat es sich der Scientific American nicht nehmen lassen, in seinem Nachruf zu behaupten, Wilson habe "racist ideas" verbreitet. Schon zuvor (ganz zu schweigen von der Gegenwart) wurde der gesamten Soziobiologie unterstellt, sie sei ein Instrument, rassische Hierarchie wissenschaftlich zu begründen, Imperialismus herzuleiten, gnadenlose Politik zu legitimieren, das ganze Spektrum eben. Dass Wilson schon in den Erstausgaben seiner "Sociobiology" und "On Human Nature" mehrfach betont, dass die (epi-)genetische Prägung des Menschen keineswegs deterministische Werturteile nach sich zieht und die ihn einbettende Kultur (im weitestmöglichen Sinne verstanden) sein Verhalten, seine persönliche Reifung und überhaupt seinen Charakter formt - es nutzte ihm ebenso wenig wie der Umstand, dass ein aufmerksamer Leser des Gesamtwerks ebenfalls schwerlich auf diese Schlußfolgerungen kommen kann.

Wenn man in den rein artistischen Kontext wechseln möchte, entsprechend der von Object303 hervorgebrachten Argumente: Vladimir Nabokov ist aufgrund der zutiefst verstörenden Perspektive, die in seiner "Lolita" eingenommen wird, samt des depravierten psychologischen Sittengemäldes, das sich dem Leser dabei entrollt, zumal in den letzten Jahren eine vergleichbar verdorbene Persönlichkeit unterstellt worden, mit entsprechenden Folgen bis hin zur akademischen Rezeption. Dass namentlich große Literatur den Leser herausfordern soll, in seiner Vorstellung von Sittlichkeit womöglich verletzen kann, dazu anhält, sich gewahr zu werden, was es bedeutet, einen unzuverlässigen Erzähler zu haben, ungewisse narrative Strukturen - geschenkt. Das offenliegende Motiv ist es, das die Erregung hervorbringt, und zu dem ganzen Strang an Konsequenzen führt.

Was mich dabei am meisten verblüfft, ist der beispiellose Verrat an den eigenen Idealen, der von (links-)liberalen Intellektuelle unbekümmert ausgeübt wird. Schon in seiner zarten Genese war es der Anspruch der Aufklärung, die gesammelten Wissensbestände um Theologie, Philosophie, Recht, Geschichte, Textauslegung usw. anzuwenden so, dass der buchstäbliche Freigeist zu Ergebnissen kommt, die aus der Sache selbst herrühren und nicht notwendig im Einklang mit den einschneidenden moralischen Erwartungshaltungen der Zeitgenossenschaft stehen. Ein Christian Wolff sah sich zeitweilig entsprechend einer binnen 48 Stunden zu vollstreckenden Todesstrafe ausgesetzt, weil er zu der Überzeugung kam, dass eine Vorbildlichkeit in der Theologie außerhalb des Christentums sehr wohl vorstellbar sei, so am Beispiel des Konfuzianismus. Gerade diese dramatische Wende hat nicht zuletzt zu seinem Ruhm beigetragen und es späteren Aufklärern wie Kant institutionell erheblich vereinfacht, vergleichbare Schriften zu verbreiten.

Ein Foucault oder ein Derrida - ganz gleich, was man sonst oder ganz allgemein von ihnen halten möge, ich bekenne mich da auch keiner unbotmäßigen Verbundenheit - haben ihre poststrukturalistischen bzw. dekonstruktivistischen Denkmodelle wesentlich dem Leitgedanken gewidmet, dass ein tiefes wie breites Lesen, ein Wiegen und Wägen von Worten, Silben und Satzzeichen, ein Für und Wider von sich gegenseitig beeinflussenden Begleitumständen unabdingbar dafür ist, dem Blatt Papier mühselig geronnene Erkenntnis abzutrotzen. Dass die gelebte Praxis da nicht selten andersartige Realisierungen erfahren hat, sei an dieser Stelle großzügig ausgeblendet.

Der Anspruch war mithin, sich von den konservativen oder sogar reaktionären Kräften abzugrenzen, die in der bloßen Grenzüberschreitung die Begründung dafür gefunden haben, Erzeugnisse der Kunst zu entschärfen, zu zensieren, zu strafrechtlichen Exempeln aufzubauen. Getreu dem schillernden "Kurz ist der Schmerz und ewig währt die Freude" hat sich der kritische Denker, der auch nur einen Pfifferling auf sich hielt, nicht davon abhalten lassen, die Komplexität der Kunst gegen die reduzierenden, banalen Einwürfe seiner Kritiker in Schutz zu nehmen. Wer sich beispielhaft mit den teils etwas abenteuerlichen Verteidigungsansätzen der frühen bundesrepublikanischen Tage auskennt (besonders der Gruppe 47 gegen, aber auch angelehnt an die Politik, Stichwort "Pinscher" von Ludwig Erhard), könnte mit leicht medisanter Zunge schon fast geneigt sein, mit Karl Kraus zu vermuten, dass die hehren Werte der Intelligenzija mehr gunst- als kunstbeflissen ausgefallen sind.

Jedenfalls könnte der Kontrast zu den heutigen Intellektuellen (nachgerade als Teil der akademischen Bollwerke) teilweise gar nicht größer ausfallen. Dass der ausgeübte Tugendwahn den so lange als negative Kontrastfolie hochgehaltenen Konservatismus nicht nur einzuholen, sondern teils noch zu überflügeln verstanden hat, ist eine Bankrotterklärung sondergleichen. Insonderheit Weltliteratur und philosophische Schriften anhand von an Schlichtheit nicht zu übertreffenden Etiketten (enthält frauenfeindliche, rassistische, gewalttätige... Aussagen oder Schilderungen, die einem unbeholfenen Leser zumindest diesen Eindruck vermitteln könnten, was dann notwendig auch den Autor selbst in Verruf zieht) abzuurteilen, kommt für mich einer strukturellen Barbarei gleich, die im eklatanten Widerspruch zu allem steht, was liberales Denken jemals verkörpert hat.​
 

Barnabas-Basilius

Tabletop-Fanatiker
13 Oktober 2010
7.446
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@ KOG: Das hätte man aber auch kürzer sagen können.
Sehe ich aber komplett anders. Ich gehe zwar d'accord mit Dir, dass in der Kunst alles erlaubt sein sollte (gehe ich richtig in der Annahme, dass das Deine Meinung zu dem Thema ist?), aber ich bleibe dabei, dass der Kontext bei allem im Leben (und nicht nur bei Kunst und Unterhaltung) wichtig ist und nicht ignoriert werden kann. Und in der Kunst sollte bei einem gewissen Grad von öffentlicher Flächenwirkung durch Nachahmung und schlichtes Hinterherrennen hinter Idolen sehr wohl üblegt werden ob die Person/Künstler von einem selbst unterstützt werden soll oder nicht.
 
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senex

Tabletop-Fanatiker
10 August 2001
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Ich habe mir diese Aussagen stellvertretend herausgesucht und versuche diese in einem etwas umfassenderen, institutionellen Rahmen einzuflechten, weil dort nach meinem Dafürhalten ...
und so weiter und so fort, aber auch weitgehend aufgeläht und am Threadthema vorbei, das doch im Grunde ganz einfach lautet "Kauft man Zeug von Leuten, die man nicht abkann?".
Schon das "ethisch" in der Eröffnungsfrage ist meist nur ein Schamtüchlein, um dem "nicht abkönnen" einen hübschen Grund zu geben und die zusammengeschusterten Begründungen auf der Basis von Hörensagen und Nichtwissen besser ausschauen zu lassen.
 

beetlemeier

Hüter des Zinns
28 März 2016
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Ja, im "Geschwurbel" sind "wir" leider auch oft ganz groß, das stimmt! 😁

Umso wichtiger ist mir persönlich, nur dann in Fachsprache bzw. Juristen-Deutsch/namedropping usw. zu verfallen, wo es nicht anders geht. Das klappt zugegeben nicht immer...

Dafür habe ich jetzt ein schönes neues Synonym für "Das ist mir scheißegal":
"Ich bekenne mich da auch keiner unbotmäßigen Verbundenheit"

@KOG:
Sorry für den Spott, aber für ein Hobbyforum bist Du mE sprachlich einfach übers Ziel hinaus geschossen, nix für ungut.😉

Im letzten Absatz wird ja klar, dass Du die aktuelle öffentliche Diskussionsentwicklung skeptisch siehst (wie nicht wenige Foristen hier vor Dir), was Dein gutes Recht ist. Da ist die Verwendung von weiterem sprachlichen "Bombast" mit Kampfbegriffen wie "Tugendwahn" oder "Akademische Bollwerke", "Bankrotterklärung", "an Schlichtheit nicht zu übertreffenden Etiketten", "strukturelle Barbarei" usw. garnicht notwendig, um Deine Meinung zu vermitteln...
 
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