Nach langer Wartezeit geht es endlich weiter! Ich wollte, aufgrund der G8-Konflikte keine Diskussion über Polizeigewalt anfacheln, deswegen ist das Textstück ein wenig länger als gewohnt. Hoffe trotzdem es gefällt!
Ein kontrahieren der Muskeln. Ein weiterer vergebener Versuch sich von den Fesseln zu befreien. Von Fesseln, die nicht nur seine Arme und Beine fesselten, sondern seine ganze Existenz auf diesen Tisch zwängten. Ein wildes Brüllen, wie von einem Tier entglitt ihm, sein Körper selbst rebellierte gegen die Gefangenschaft. Subjekt 69 war kräftig. So kräftig, das die Metallklemmen, immerhin 7cm dick und aus Edelstahl, mit denen er fixiert war, sich langsam aber sicher verbogen hatten. Doch er kam nicht los. Und dann fehlte da noch diese Sache. Die Tatsache raubte ihm den Verstand, ließ ihn in ein tierähnliches Stadium der Vernunft verfallen, machte ihn wahnsinnig.
Er war stark.
Sehr stark.
Seine Kraft reichte, um Metall durch bloßen Druck zu verbiegen.
Doch jetzt fühlte er sich so schwach wie nie. Nicht wissend wer er war, nicht fühlend was ihn am Leben hielt, nicht glaubend an das, was ihn zu dem gemacht hatte was er jetzt war. Seine Muskeln spannten sich wieder an, ein schmerzhafter und sinnloser Protest gegen das, was nicht sein durfte.
Der Ketzer lag keuchend am Boden. Seine Augen waren schwarzumrandet, seine Züge schmerzverzerrt. Esau packte den Mann grob und zog ihn hoch. In einer flüssigen Bewegung drehte er ihm den Arm auf den Rücken. „Hinsetzen,“ befahl der Arbitrator kalt. Der Nackte wurde von ihm mit brutaler Gewalt auf den ungeschliffenen Holzstuhl geworfen. Als der Mann versuchte aufzusehen, schlug Esau ihm mit dem Schlüsselbund auf den Hinterkopf. Während der Geschlagene anfing zu weinen und mit seinen Händen den eingezogenen Kopf zu schützen, hatte Anthony sich aus der Starre gelöst. „Was soll das, Arbitrator? Er ist doch geständig!“ Seine Stimme war aufgebracht und wütend. Anthony verachtete Gewalt, besonders gegen Unbewaffnete. „Sorry, Kommissar, aber das ist’n verdammter Ketzer, der braucht das,“ kam es von Esau, der die Tür öffnete und einen weiteren Arbitrator einließ. „Aber er will doch gestehen!“ „Jeder der nicht redet ist ein Ketzer, jeder der redet, ein verräterischer Ketzer. Überlegen sie sich mal, Kommissar, was schlimmer ist.“ Anthony war sprachlos über diese sonderbare Ethik. Diese Sprachlosigkeit nahmen Esau und der andere Arbitrator als Anlass, mit dem Verhör fortzufahren. Der andere Arbitrator hatte einen leeren Waschkessel mitgebracht. Mit dem Schlüsselbund öffnete Esau einen kleinen Kasten in der Wand, in dem sich ein Wasserhahn verbarg. Der andere Arbitrator hatte einen großen Metallkoffer aus dem Vorraum geholt. Auf ihm war ein verkratztes Logo zu erkennen. „Lokomo Tools“ las Anthony. Die Wanne war inzwischen vollgelaufen. Esau und der andere Arbitrator hievten sie auf den Tisch, knapp vor den Gefangenen. Dieser sah beide panisch an. „Was soll...“ glaubte Anthony zu hören, doch die beiden Agenten packten ihn bei den Achseln und zerrten ihn hoch. Sein panischen Winseln ignorierend, drückte Esau, seinen Hinterkopf mit einer Hand umklammernd, ihn unter Wasser. Luftblasen stiegen auf, während der Mann sich heftig im Polizeigriff des zweiten Arbitrators wand. Erste Zuckungen gingen durch den Körper, als Esau den Kopf herauszog. Prustend und nach Luft schnappend, bot der Gefolterte einen erbarmungswürdigen Anblick. Sei stark, dachte Anthony. Sei stark, das hatte sein Vater gesagt, als Anthony Kommissar wurde. Doch trotzdem machte es ihm zu schaffen. Horten stand stumm hinter Anthony, als Soldat aus einem menschenverachtendem Krieg war er so etwas anscheinend gewöhnt. „Name?“ fragte Esau mit gehässiger Stimme. „Eam...“ versuchte der Mann zu sagen, doch Esau drückte ihn wieder unter Wasser. Diesmal zog er ihn früher wieder hoch. „Schneller antworten. Name?“ „Eamus Dogginsen.“ schnaufte der Ketzer. Ein erneuter Druck unter Wasser war die Folge. „Sag die Warheit!“ brüllte Esau dem Mann ins Ohr. „Das ist die Warheit, ich schwöre...“ Doch Esau drückte schon wieder zu. Diesmal länger. Er hielt den Mann knapp genug unter der Wasseroberfläche, gerade so, dass dessen verzweifeltes Gurgeln zu hören war. „Arbitrator, was soll das, der Kerl will doch aussagen denke ich,“ brach es aus Anthony heraus. Diesmal war seine Stimme schneidend. „Sorry, Kommissar, aber ohne kleine Gedächtnisstütze läuft bei denen gar nix,“ gab Esau zurück, bevor er ein schiefes Grinsen aufsetzte. „Wir machen so was präventiv, verstehn´se?“ Beim Imperator, dachte der junge Kommissar. Krieg war schlimm und diese Welt war durch Krieg zu dem geworden, was sie jetzt war. Die Hölle.
Keine Luftblasen mehr.
Esau riss den Mann mit brachialer Gewalt aus dem Trog. Wasser sprudelte aus dessen Mund, die Augen standen hervor. Die Arbitratoren drückten ihn in den Stuhl, ließen ihn los und nahmen den Trog vom Tisch. Der zweite, bullige Arbitrator stellte sich in eine Ecke während Esau eine alte, rostige Schreibmaschine auf den Tisch stellte, sich einen wackligen Hocker nahm und eine Blatt einzog. „Beginnen sie jetzt mit dem Verhör, Kommissar,“ sagte der Polizist. Seine Finger begannen bereits zu tippen, als er sich an den vor Kälte und Schmerz zitternden Gefangenen wandte. „Sprechen sie klar und deutlich, verstanden?“ Der Mann, der sich als Eamus Dogginsen vorgestellt hatte, murmelte etwas, wobei man deutlich seine Zähne klappern hörte. Esau nickte dem zweiten Arbites kurz zu, worauf dieser seinen Schockstab zog und dem Mann in die Kniekehlen schlug. Ein schriller Schrei hallte durch die Verhörkammer. „Ich sagte, dass sie deutlich sprechen sollen, Subjekt Dogginsen, zwingen sie mich nicht, von härteren Methoden Gebrauch zu machen.“ Der Bulle zog den Schlotternden hoch.
„Also, beginnen wir erneut, ihren Namen hätte ich gerne.“
„Eamus Dogginsen“
„Alter?“
„34 Jahre“
„Beruf?“
„Arbeitslos, Sir, und Gefangener.“
„Vorstrafen?“
„Keine, Sir, doch einer ihrer Richter hat mich als Hereticus gebranntmarkt.“
„Welcher Grad?“
„Hereticus Septus.“
Esau zog die Stirn in Falten. Anthony glaubte zu wissen, dass der Grad Septus lediglich Tolerierung einer Rebellion beschrieb. Danach sah dieser Mann nun nicht gerade aus, nach seinen Tätowierungen zu schließen, könnte er eher einer der Anführer höchst selbst sein, was wahrscheinlich auch der Fall war. „Lassen sie mich das Brandmal sehen, Gefangener.“ Der drahtige Arbitrator spuckte die Wörter wie vergiftete Schlangen aus, während Eamus Dogginsen näher kam. Kaum, dass der Ketzer den Arm ausgestreckt hatte, packte Esau ihn fest und riss ihn näher. Kommissar Anthony Gallicus konnte ein Brandmal sehen, ähnlich derer die in seiner Heimat als Erkennungszeichen für Kühe benutzt wurden. Ein schwarzer Strichcode und darunter der Grad der Häresie, welcher die Aussage des Mannes eindeutig als wahr offenbarte. „Hereticus Septus.“ sagte Esau mit einem wütenden, frustrierten Gesichtsausdruck. „Dann erzählen sie mal, Gefangener Dogginsen.“ Anthony atmete auf. Er wollte das jetzt hinter sich bringen. Ein für alle Mal. Erst leise, dann mit deutlich strengem Unterton fragte er Eamus Dogginsen: „Schildern sie bitte ihre gesamte Rolle in diesem ketzerischen Aufstand.“
„Na ja, als die Scheiße anfing, war ich, na ja sagen wa, ich war der einzige Sohn von Solidus Dogginsen. Sorry, „van Dogginson“. Ihr wisst nix mehr von dem? Das war der größte Big Boss hier im Amüsiergewerbe.“ Eamus setzte ein schmutziges Lächeln in Richtung Anthony, den er wohl für seinen einzigen Verbündeten im Raum hielt, auf. „Ich hatte damals n’ganz gutes Leben, hab mich von einer Nutte zur nächsten, na ihr wisst schon.“ Anthony bekam langsam Zweifel an seinem ablehnenden Verhalten gegenüber der Folter. „Irgendwann war da nix mehr, was mich angeturnt hat. Sogar kleine Gören hab ich probiert, wurd irgendwann langweilig.“ Anthony hatte nun ganz definitiv jedes Bedenken hinsichtlich Folter verloren. „Kommen sie zur Sache,“ sagte er mit Verachtung in der Stimme. „Ok, Kumpel, nich aufregen, okay? Wo war ich? Achja, auf jeden Fall, mein Vater der Penner, schleppte mich irgendwann mal mit zu nem Prediger. Sollte so ne Empfehlung sein, unter der Oberschicht. Tja, ich bin einfach ma mitgegangen, nur so, war sowieso n’langweiliger Tag. Und das war der Moment in dem ich IHN kennen gelernt hab. Karzakus. Er ist einfach der Beste seines Faches. Seine Messen waren nur für Ausgewählte und ich glaub so oft wie bei ihm hab ich’s nie getrieben...Damals fing das mit dem Töten an. Erstmal, damit die Gören nix verraten von unserem Zirkel. So ham wa unseren Klub genannt. „Zirkel der Liebe“, gut oder? Ich fands immer zum Schreien komisch.“ Anthony bemerkte wie Esau und der bullige Arbitrator begannen, den Metallkoffer auszupacken.
Währendessen plapperte Dogginsen mit Speichel im Mundwinkel weiter. „Irgendwann haben wir angefangen, die Ladies zu killen, weil es uns gefiel. Karzakus, der Meister der Lüste, wie wir ihn nannten, hatte immer neue Methoden um ihren Abgang für uns lustvoller zu gestalten. Irgendwann, wir waren inzwischen über 900 Mitglieder im Zirkel, aus allen Kreisen der oberen Schichten, begann Karzakus damit, uns zu erzählen, wir würden noch viel mehr Spaß haben, wenn wir nur ihm folgen würden. Und dann begann der ganze Zirkus. Innerhalb von ein paar Wochen hatten wir die Armee unter Kontrolle, dann die Arbites in ihren Zentralen umzingelt und den Gouverneur...sagen wir so, er hat gut geschmeckt.“ Dogginsen leckte sich mit der Zunge über die Lippen. „Nur das verdammte Adeptus Mechanicus stellte sich gegen uns...abergläubische Idioten.“ Die Schreibmaschine klackerte. „Und dann, wir dachten wir hätten fast gewonnen, zerfiel alles wie ein Kartenhaus. Karzakus wurde von einem eurer schleimigen Diener getötet und...“
„Wie war das?“ unterbrach Anthony mit deutlichem Nachdruck.
„Wie war was, Kommissar?“
„Du hast gerade gesagt, dass ein imperialer Bürger den Erzketzer getötet hat!“
„Ja, äh, wisst ihr das denn nicht?“
Anthony war wie betäubt. Das war unglaublich. Seit 2 Jahren suchte er nach etwas, was bei den Soldaten das sogenannte Heldentumsyndrom auslöste. Und jetzt musste er von einem kleinen Ketzer hören, dass ein Soldat, ein Held, für den Tod des Tyrannen von Lithanan verantwortlich war.
„Erzählen sie alles, was sie über diesen Vorfall wissen.“
Eamus Dogginsen grinste, hatte er nun doch ein Druckmittel gefunden.
„Was bekomme ich denn dafür?“
Esau hörte schlagartig auf, die Schreibmaschine zu misshandeln und setzte sein gemeinstes Grinsen auf.
„Falsche Frage, Gefangener, es müsste heißen: Was muss ich sagen um nicht wie ein wimmernder, amphibischer Scheißbrocken zu enden?“
Mit diesen Worten standen er und der Bulle auf. In Esaus Hand konnte Anthony eine Elektrosäge erkennen, der Bulle trug einen Wasserschlauch und einen Industriebohrer mit Kabelanschluss.