Die Nachhut hatte das Orklager in Brand gesteckt, während Haller mit seiner Kommandoabteilung und den ersten beiden Trupps des Zuges seinen Weg fortgesetzt hatte. Sie waren kaum wieder aus dem Tal zwischen den Hügeln heraus gewesen, als der Funker Meier seinem Leutnant eine gute Nachricht überbracht hatte: Leutnant Fahrenhorst war auf dem Landsitz nicht untätig gewesen und hatte zum Hauptquartier des Regiments um Unterstützung gefunkt. Ein Zug aus einer der Panzergrenadierkompanien war unterwegs und würde spätestens übermorgen am Landsitz eintreffen.
Die lodernden Flammen in seinem Rücken stimmten Haller trotz allem grimmig. Es war ihm noch nicht gelungen, Hauptmann Krüger zu finden, und wahrscheinlich würden die Orks nun wissen, dass jemand nach Krüger suchte. Wenn der Hauptmann noch am Leben war, wovon Haller mit unerschütterlicher Sicherheit ausging, sich aber in Gefangenschaft befand, was wahrscheinlich war, so hatte ihm Haller mit der Auslöschung des Außenpostens wohl keinen großen Dienst erwiesen. Der Imperator allein wusste, was diese barbarischen Xenos Krüger antun würden oder schon angetan hatten. Haller konnte nur beten, dass Krügers Geist und Willen stark genug waren, um jeder Folter zu widerstehen und am Leben zu bleiben, bis Rettung kommen würde.
Van Bent, der neben Haller ging, schien die Gedanken des Leutnants zu erahnen. „Hauptmann Krüger ist ein Mann von außergewöhnlicher Stärke und Tapferkeit, wie mir Kommissar Streesen berichtete.“, sagte er. „Wir werden ihn finden und retten, damit er die Kompanie zum Sieg führen kann.“
Haller nickte, schwieg aber. Der Kommissar-Kadett hatte wohl kaum genug Erfahrung, um die Lage tatsächlich beurteilen zu können. Die Orks waren unberechenbare Barbaren, wie Haller aus den Kämpfen, die er noch als gewöhnlicher Soldat gegen sie gefochten hatte, nur zu gut wusste. Dass ihre Körperform humanoid war, verleitete einen dazu, sie mit menschlichen Denkmustern erfassen zu wollen, aber auf ihre Art waren die Grünhäute nicht weniger fremdartig als die Tyraniden. Sie kannten weder Gnade noch Mitleid, und vor allem keine Angst.
„Sagen sie, Leutnant, stimmt es, dass sie auf Festinion eine Auseinandersetzung mit einer Prioris des Adeptus Sororitas hatten?“, fragte van Bent, einen Ausdruck der Unschuld im Gesicht.
„Unsere Zusammenarbeit war vorbildlich und konfliktfrei, dass sollten sie ihren Unterhaltungen mit Kommissar Streesen ebenfalls entnommen haben, Sir.“, antwortete Haller, wesentlich barscher, als er es beabsichtigt hatte. Es gefiel ihm nicht, dass van Bent ihn ablenken wollte, auch wenn der junge Kommissar es sicher gut meinte, und noch weniger gefiel ihm, dass er auf ein Thema zu sprechen kam, dass durchaus genug Brisanz besaß, um Haller augenblicklich der Gnade des Imperators zu überantworten, sollte Streesen jemals die Wahrheit über die Vorfälle rund um die Kathedrale der heiligen Märtyrerin erfahren.
Van Bents Blick glitt zur Ehrennadel der Ekklesiarchie auf Hallers Brust. „Natürlich, so sagte der Kommissar.“, gab er zu. „Es ist nur... Die Männer erzählen gelegentlich eine andere Version der Ereignisse.“
Haller blieb wie erstarrt stehen. „Wer... Wer hat ihnen davon erzählt?“, fragte er heiser. Das Blut schoss ihm ins Gesicht. Der Gedanke daran, dass ihn einer der Männer seines Zuges, einer der Männer, die jahrelang seine Kameraden gewesen waren, bevor er in den Offiziersrang aufgestiegen war, ihn nun an einen Kommissar verraten hatte, war schlichtweg erschreckend.
„Oh, sie missverstehen mich, Leutnant.“, beschwichtigte ihn van Bent. „Es gehört zu den Eigenschaften eines guten Kommissars, dass er gute und aufmerksame Ohren hat, besonders was die Gespräche unter den Soldaten betrifft. Auf ihre Männer muss diese Sache einen ziemlichen Eindruck gemacht haben. Ich bin mir sicher, dass sie ihre gründe hatten, ihre Waffe auf die Prioris zu richten.“ Van Bent trat einen Schritt näher an Haller heran und legte seine Hand auf Hallers Arm. „Keine Sorge, Leutnant. Ihr Geheimnis ist sicher bei mir. Wir alle haben unsere Geheimnisse, nicht wahr?“
Vor Hallers geistigem Auge erschien das Bild van Bents, zusammengesunken und sich übergebend hinter den Stallungen. Haller nickte schnell. „Ja, Sir, ich denke, das haben wir alle.“
„Leutnant Haller, Sir!“, rief Sergeant Andresen aus, und van Bent trat augenblicklich wieder von Haller fort. „Wir bekommen Gesellschaft, Sir! Sergeant Gutjohn meldet mehr Orks, die sich frontal nähern. Sie haben Fahrzeuge, wie es scheint.“
„Im Gelände verteilen und kampfbereit machen.“, befahl Haller, die Laserpistole aus dem Holster ziehend. „Nicht schießen bis zum Feuerbefehl oder bis die Orks zu schießen beginnen, verstanden?“
Andresen salutierte.