Ich möchte das Thema mal von einer etwas anderen Seite beleuchten und auch meine persönliche Erfahrung einbringen:
Ich gehe auf Turniere, weil es für mich eine Möglichkeit ist, drei Spiele an einem Tag bzw. ein paar Spiele zu machen, ohne groß vorher etwas organisieren (mit wem? wann? wo?) zu müssen. Ich melde mich an, zahle evtl. vorher und komme einfach, fertig. Ich war in der 8. Edition unter anderem auch auf Regensburger und Münchner Turnieren. Habe ziemlich verkackt, aber das war zu erwarten, ich habe nette Leute (mit mal mehr, mal weniger, harten Listen) kennengelernt und hatte Spaß. Ich war jetzt aber bestimmt schon 10 Monate auf keinem größeren Turnier. Warum? Weil sich eine Szene kleinerer, größtenteils nicht mal auf T3 gelisteter, Turniere etabliert hat und ich dort mehr Spaß hatte. Das liegt natürlich auch daran, dass auf diesen Events nicht jeder immer die krasseste Liste stellt, die er hat. Jetzt auf die "bösen Powergamer" zu schimpfen und zu sagen, die müssen sich ändern oder es müsse mehr Beschränkungen geben, halte ich für wenig zielführend.
Meiner Ansicht nach gibt es zwei Fehlentwicklungen in der deutschen Turnierszene, die man sich genauer ansehen müsste.
1. Es gibt zu viele Eintrittsbarrieren.
Du hast einige Spiele 40k auf dem Buckel, hast die Regeln verstanden und möchtest jetzt mal auf ein Turnier gehen? Liste schreiben, Minis einpacken, hinfahren und gib ihm? Weit gefehlt. Da es weniger lokale Hotspots (Fachhändler) gibt, musst du erst mal wissen, was T3 ist, um vom Turnier zu erfahren. Du musst dich auf T3 registrieren, um dich überhaupt anmelden zu können. Wenn du dich angemeldet hast, stellst du fest, dass die Regeln aus dem Regelbuch nicht reichen: Gehe auf die Seite der TTM oder von Ars Bellica und pauke erst mal Turniermissionen. Und nicht vergessen: Die Armeelisten sind vorher noch auf GW-Fanworld zu posten, drittes Portal, zweite Registrierung. Respekt an jeden, der das bis zum Ende durchzieht. Die meisten 40k-Normalos dürften irgendwann in diesem Prozess das Interesse verlieren.
2. Wir sind zu kompetetiv.
Wie gesagt, ich gehe auf Turniere, um ohne große Vorplanung ein paar Spiele zu machen. Ich denke, das wäre für viele 40k-Spieler eine interessante Aussicht. Die in Deutschland vorherrschenden Turniersysteme haben aber den Zweck, Erfolg zu dokumentieren und ihn für den "Besseren" zu garantieren. Wir schaffen komplexe Systeme, die "Fairness" (eigentlich auch zu Recht) dadurch erzielen wollen, dass Regeln so gestaltet werden, dass der bessere Spieler immer gewinnt. Dinge wie Maelstrom-Missionen, bei denen bei einer glücklichen Hand auch mal ein Turnieranfänger gewinnen könnte, werden so abgeändert, dass das bitte nicht passiert. Wir dokumentieren in einer aufwändigen, öffentlich einsehbaren Statistik den Erfolg jedes Spielers. Das schafft natürlich den Anreiz, dass man, sobald man registriert ist, mit der härtesten Liste, die man stellen kann, aufkreuzt, um gut gerankt zu werden. Wer vom normalen Beer & Pretzel - Spiel kommt, wird chancenlos in den Boden gestampft. Bei kleineren, lokalen Turnieren steht dagegen der soziale Aspekt im Vordergrund: Nicht jeder bringt immer das Maximum, denn es geht sowieso nur darum, einen guten Tag zu haben. Ob's nun Platz 1 oder Platz 10 war, weiß in einem Jahr sowieso keiner mehr. Kurzum: Durch das Führen von Statistiken fördern wir einen Spielstil, der dazu führt, dass Normalspieler, die hinzukommen, einen Tag lang zusehen können, wie der Gegner sie in Grund und Boden spielt.
Um's nochmal zu sagen: Ich hatte Spaß auch auf größeren Turnieren und habe dort fast ausschließlich feine Kerle (und Damen) getroffen. Die Systeme, die wir verwenden, sind aber an Hardcore-Turnierspieler gerichtet, reduzieren den Spaß am Spiel für Nicht-Hardcore-Spieler und sorgen so dafür, dass diese (sehr große) Gruppe von Spielern sich andere Orte sucht, um ihrem Hobby zu frönen.