@ Capt Nuss:
Die Bundeswehr ist nach klaren strategischen Anforderungen herum aufgebaut. Es werden also Ziele aufgestellt, die die Bundeswehr leisten muss. Aus diesem Anforderungsprofil egibt sich dann die Struktur der Bundeswehr. Man will natürlich möglichst eine Organisation, die maximal effiktiv ist.
Guttenbergs Reform stößt jetzt die Struktur der Bundeswehr grundlegend um. Die Mannstärke wird drastisch reduziert, Standorte werden geschlossen, die Bundeswehr wird zu einer reinen Berufsarmee.
Neben vielen kleineren Fehler, zu denen ich gleich komme, ist gravierendste und vom Kanzleramt auch angemahnte Fehler, dass Guttenberg bis jetzt nur (rudimentär) die Organisationsreform angepackt hat. Die strategischen Ziele wurden in seinem Konzept nicht einmal angepackt. Wie soll das gehen? Man muss doch erst einmal begründen, was die Bundeswehr leisten soll, um dann im zweiten Schritt die Strukturen festzulegen, mit denen dies am besten geht. Nach der jetzigen Doktrin ist die Bundeswehr eine Verteidigungsarmee, die auch kleine Einsatzkapazitäten vorhält. Guttenberg baut sie aber sehr stark zu einer Einsatzarmee um (was die Amis sicher freut, denen zu Guttenberg ja eng verbunden ist). Auf einmal passen Auftrag und Struktur nicht mehr zusammen. Und der Verteidigungsminister kann nicht einfach selbst die Zielsetzung der Bundeswehr verändern. Das ist Sache des Verteidigungsausschuss und der Kanzlerin. Von daher fehlt der Reform von vornherein Hand und Fuß.
Schlimmer noch ist, dass die Reform die Bundeswehr zu einer Einsatzarmee macht, das Heer tendenziell stärkt, und die Marine schwächt. Wie passt das bitte zu den Anforderungen einer Armee der Zukunft? Ich denke nicht, dass der Bundestag nach dem A.-Debakel die Bundeswehr schnell wieder in einen Auslandseinsatz schickt, der übers Peacekeeping hinaus geht. Und selbst wenn man davon ausgeht, dass die Bundeswehr hier ihre Kapazitäten verstärken muss, gehen nicht wenige Generäle davon aus, dass eher ein Stärkung der Luftwaffe und Marine zweckmäßig wären.
Im Detail gibt es darüber hinaus noch viele weitere Schwächen. So ist, wie hier im Thread schon angeführt, noch gar nicht geklärt, wie die Personaldecke in Zukunft gedeckt werden soll. Trotzdem wurde der erste Schritt der Reform schon in Gang gesetzt. Das ist einfach unverantwortlich. Desweiteren ist nicht einmal klar, welche Standorte geschlossen werden sollen. Die Verträglichkeit des Prinzips des Inneren Führung mit einer reinen Berufsarmee ist ein weiterer Punkt, der konzeptionell überhaupt nicht berücksichtigt wurde. Und um hier einen Schlußpunkt zu finden, erwähne ich als letztes, das fehlende Konzept für eine europäische Integration. Während Frankreich und England verstärkt militärisch zusammenarbeiten wollen und bei D und Schweden etwas ähnliches angedacht ist, wird dies weder bei der neuen Struktur noch bei der Beschaffungspolitik berücksichtigt. In 5-10 Jahren steht uns also die nächste Bundeswehrreform ins Haus.
@ ELute:
Unterm Strich sehe ich die Geschichte Gutenberg so, dass er als VM in kürzester Zeit am meisten zu tun hatte. Darunter auch Skandale, MedienHype usw. Das Hatte vor ihm kein anderer VM. Die Vorgänger hatte im Gegensatz zu ihm einen super ruhigen Job. Was haben die denn viel gemacht.
Jetzt zu sagen der G hat nichts gemacht oder er ist unfähig, finde ich einfach nicht fair. Weil es zum einen nicht so war und zum anderen der Vergleich zu Vorgängern aus o.g. Gründen nicht möglich ist.
Ich denke, die Verteidigungsminister zu Zeiten des Nato-Doppelbeschlusses bis hin zur Integration der NVA hatten auch genug zu tun. Selbst wenn man das mal mit Struck vergleicht, der aus dem improvisierten Einsatzstukturen der Bundeswehr eine funktionierendes System geformt hat, das Betandteil der Bundeswehrorganisation ist, anstatt aufgeflanschtes Stückwerk, schneidet Guttenberg nicht sonderlich gut ab. Wenn er seine Reform halbwegs gut umgesetzt hätte, wäre das eine respektable Leistung. Aber so wie es steht/stand, ist/war er daon noch weit entfernt.
Vielleicht ist es etwas vorschnell ihm generell Unfähigkeit zu unterstellen. Aber es gibt zumindest mehr Anzeichen dafür als für die Vermutung, dass er ein begnadeter Verteidigungsminister sei. Ich kann zumindest zwei Handvoll Dinge aufzählen, die er sehr unrund gelöst hat, wenn überhaupt. Seine Befürworter haben immer noch nichts aufgezählt, was er handwerklich sauber umgesetzt hat, anstatt es nur forsch anzukündigen.