Diese Geschäftpolitik ist eine nahezu 100%ig Abweichung von den traditionellen Geschäftsmodellen in der Spielbranche. Die setzten für gewohlich nämlich sehr stark auf Langzeitbindung und eine langsam und stetig wachsenden aber festen Kundenstamm.[/b]
Ich denke, genau da liegt der Hase im Pfeffer: Zumindest auf mich wirkt es, als würde GW seit langem eine Firmenpolitik fahren, die es Einsteigern erleichtert mit dem Hobby anzufangen, aber Langzeitkunden nur wenig Support bietet. Der Trend geht zu einfachen Regeln, einer übersichtlichen Auswahl an Spielsystemen, niedrigen Bemalstandards, großen "Starterpaketen", dafür rücken Nischensysteme, Exotenarmeen, High-End-Bemalung und Kleinserien-Sammlermodelle immer mehr in den Hintergrund und werden an Nebenfirmen wie Specialist Games und Forgeworld abgegeben. Auch besitzt GW zumindest von meinem Eindruck her von allen Tabletopsystemen eindeutig den Kundenstamm mit dem niedrigsten Altersdurchschnitt.
Das Problem an der Sache ist nur, dass die GW-Produktpalette eigentlich doch auf Langzeitkunden ausgerichtet ist. Das ist nicht wie mit Sammelkartenspielen, wo man ein trendiges Spiel herausbringt und fest einkalkuliert, es in zwei bis drei Jahren einzustampfen und durch einen Nachfolger zu ersetzen. Bei GW hingegen exisitieren nur wenige Spielsysteme, die sich auch noch einen Hintergrund teilen, und GW kann es sich nicht leisten, plötzlich sein Warhammer-Universum einzustellen und anschließend einfach "mal was neues" zu machen.
Im ganzen HdR-System sehe ich genau so einen Versuch, die Firmenpolitik auf solche kurzfristigen Trends auszulegen, und man muss zugeben, dass es im Grunde gut funktioniert hat: Die Umsätze waren in den ersten Jahren gut, der HdR-Hype war ein echter Verkaufsmotor, und GW hat ordentliche Wachstumsraten verzeichnet. Leider kann man aber mit einer solchen Firmenpolitik nicht damit rechnen, dass so ein Strohfeuer ewig anhält, und scheinbar ist jetzt die Überraschung groß, warum sich HdR nicht ebenso zum Klassiker der Kundenpopularität entwickelt hat, wie die Herren und Damen aus Nottingham es von ihren anderen zwei Kernsystemen gewohnt waren. Hier muss man sich meiner Meinung nach mal für einen Weg entscheiden: Entweder man versucht, Kunden langfristig an Firma und Spielsystem zu binden und bei der Stange zu halten, oder man legt die Produktpalette durch ständige Neuerscheinungen darauf aus, alle zwei Jahre ein komplett neues Publikum anzusprechen.
Denn man sollte immer bedenken: Wenn man ein jahrzehntealtes Spielsystem wie Warhammer hat, dann kommen Neulinge zwangsläufig auch mit "Veteranen" in Kontakt, und orientieren sich natürlich auch an denen.
Wenn diese "alten Hasen" aber nur schlecht von GW reden, weil sie sich in der aktuellen Kundenpolitik nicht wiederfinden, und einhellig schwören, sie würden nix mehr kaufen und sich nach anderen Alternativen umsehen, den White Dwarf könne man in der Pfeife rauchen und GW-Veranstaltungen wären so unterhaltsam wie Fußpilz, dann wirkt das nicht so optimal auf die Neueinsteiger. Wer bindet sich schon gerne an ein System, das bergab geht?
Meiner Meinung nach sollte GW sich ein bisschen auf das traditionelle Standbein, den "Hobbyisten-Markt" zurückbesinnen. Das bedeutet nicht, dass man Einsteiger abschrecken soll, aber einge Gesten die selbsternannten Veteranen ziegen, dass sie von der Firma beachtet und ernstgenommen werden würden meiner Meinung nach Wunder für die Meinung der Spieler wirken. Das können viele Dinge sein, wie mehr Community-Berichte im WD (Armeevorstellungen, Turnierberichte), spezialisierte Mal- und Spielabende für fortgeschrittene Spieler, kleine symbolische Gesten wie die Turniermedaillen von Privateer Press oder ähnliches. Vor allem aber: Exoten- und Spezialistenarmeen und Spielsysteme. Gerade an der Begeisterung, mit der Forgeworld-Neuerscheinungen aufgenommen werden müsste man doch sehen können, dass ein Markt für solche Produkte besteht, auch wenn sie teurer, weniger spielstark und schwierig zusammenzubauen sind. Warum gießt man solche Armeen wie das Todeskorps nicht einfach routinemäßig in Zinn und stellt sie unter einer besonderen Rubrik über die Mailorder zur Verfügung?
Ich halte da auch den psychologischen Faktor für sehr wichtig: Wenn es eine "Einsteiger-" und eine "Profi-" Produktpalette gibt, welcher ernsthafte Einsteiger würde nicht nach kurzer Zeit darauf brennen, in den "inneren Zirkel" aufgenommen zu werden?