Zugegeben, das Rätsel war wohl zu schwierig. Nach ein paar Spätschichten an der Werkbank kommt hier aber schon die Auflösung.
Ein paar Gedanken vorab: Für die Aufgabe, ein projektbezogenes Geländestück zu bauen, hatte ich mir zwei Ziele gesetzt. Erstens den Aufwand an Material und Zeit überschaubar zu halten. Zweitens etwas einigermaßen Typisches bzw. wiedererkennbar Römisches zu basteln.
Ausgesucht habe ich mir einen sogenannten
Umgangstempel. Wichtigstes Merkmal dieser Gebäude war – der Name verrät’s – ein überdachter Gang um das eigentliche Heiligtum herum.
Die Bauform war fast ausschließlich im Nordwesten des Römischen Reichs verbreitet. Die seriöse Forschung führt das auf keltische Traditionen in diesen Gegenden zurück. Ich glaube ja eher, dass es am hiesigen Wetter lag. Wer will beim Gottesdienstbesuch schon nass werden?
😉
Erstaunlich finde ich, dass es bisher keine MDF-Bausätze solcher Tempel zu geben scheint. Die typische Kastenbauweise bietet sich dafür geradezu an. – Selbst bin ich sowieso nicht der begabteste Architekt. Deshalb habe ich Hilfe gesucht und in Form eines
Papiermodells gefunden. Das basiert auf einem in Bonn entdeckten Gebäude und ist im Maßstab 1:50 für meine Zwecke schon ziemlich passend skaliert.
Angefangen habe ich also damit, die Maße der einzelnen Bauteile mit den ausgeschnittenen Papierbögen als Schablone zu übertragen.
Hier sieht man die verwendeten Materialien: Die schon im Teaser gezeigten Türen (links oben) sind aus einem Kartonrest (Dicke wie bei einer Müslipackung) zugeschnitten. – Für die tragenden Teile, wie hier dem erhabenen Fundament (links unten), verwende ich 1 cm starken Hartschaum. Struktur kommt mit Modellierwerkzeug und dem guten alten Alufolienball ins Spiel. – Statt aufwendiger Säulen bescheide ich mich mit schlichten Stützbalken für das umlaufende Dach, aus 0,5 cm starken Bambusstäbchen (rechts) und unter einigem Blutverlust gesägt. Fast wie damals im Werkunterricht.
Alle Dachteile bestehen aus 2 mm starkem Hartschaum. Links sieht man noch den umlaufenden Steinsockel, den ich dann aber doch mit verputzt habe. – Anders als im echten Leben mag ich meine Modellhäuschen am liebsten etwas "abgewohnt". Außerdem lassen sich mit dem simulierten Pfusch am Bau Ungenauigkeiten leicht kaschieren. Spachtelmasse, mit dem Spatel aufgebracht (rechts oben), überdeckt also auch Schnittkanten, Versatz und Löcher. – Bunt wird es mit Abtönfarben (rechts unten). Die decken allesamt schlecht und lassen sich deshalb schön ineinander schmieren, bis man den passenden Farbton erreicht. Weil ich ja kein Puppenhaus baue und der Innenraum verschlossen bleibt, genügt hier der Anstrich in der schokobraunen Grundfarbe.
Schon wird's ernst: Um Schindeln oder Ziegel plastisch hervorzuheben, habe ich mir vor Jahren einen Vorrat vorgestanzter Papierbögen besorgt. Die werden in passender Länge zurechtgeschnitten und mit Holzleim verklebt (links). Vorteil ist, dass die Reihen sehr flach liegen und trotzdem einen 3D-Effekt erzeugen. Die Firstziegel schneide ich aus Strohhalmen. – Das äußere Dach liegt auf einer Rahmenkonstruktion (rechts oben), die zuerst mit dem Fundament verklebt wird. – Anschließend (rechts unten) erfolgt die Hochzeit aller Elemente. Hier erkennt man auch, warum ich keine Zwischenschritte gepostet habe: An diesem Punkt hätte das Modell auch leicht in der Tonne landen können. Denn trotz Schablonen konnte ich erst hier sehen, ob sich die Teile einigermaßen passend verbinden ließen.
Glücklicherweise ging alles gut und die letzten Bauschritte waren nur noch eine Wiederholung der vorher geübten. Allein die Verkleidung der besonders wetteranfälligen Dachfugen mit Walzblei (bei mir aus ungiftigem Papier) war noch ein letztes Detail für den eigentlichen Bau. Danach aber konnten die Gerüste abgebaut werden.
Damit Gebäude belebter wirken, ergänze ich meist noch etwas Beiwerk aus Materialresten. Hier sind ein paar alte Weihesteine, die von Gläubigen gestiftet wurden und ursprünglich um das Gebäude herum standen, unter die Arkaden gebracht worden. Um sie zu schützen oder vielleicht eher zu verschrotten?
Außerdem gehört zu jedem Tempel ein Altar, an dem Besucher ihre Opfergaben hinterlassen. Der steht immer außerhalb des Heiligtums, denn das dürfen nur die Priester betreten. – Solche Altäre waren oft als eine Art Liege gestaltet, die "Rollen" an den Seiten sind entsprechend Kissen nachempfunden. Wie jedes Gebäude und jede Statue waren auch die Altäre immer bunt (kitschig?) bemalt.
Die Gänse schließlich bewachen den Tempel,
so wie schon in der römischen Vorzeit. Oder sie werden an Gläubige verscherbelt, die noch ein Last-Minute-Opfer brauchen.
Insgesamt hatte ich sehr viel Spaß am Bau. Völlig wider Erwarten. Denn Geländebau ist nicht wirklich meine Lieblingsdisziplin. Vor allem dank der Vorlage des Papiermodells war es allerdings ziemlich narrensicher, und so konnte ich mich ganz aufs fröhliche Schnitzen und Klecksen konzentrieren.
Demnächst gibt's dann aber erstmal wieder neue Minis anzugucken…