Kurzvorstellung: The Last Hour
Format: Hörbuch (ungekürzt)
Autor: Harry Sidebottom
Sprecher: Dugald Bruce Lockhart
Dem ein oder andern mögen meine Besprechungen zu den Sidebottom-Büchern inzwischen im wahrsten Sinn zu den Ohren raus kommen. Deshalb gibt’s heute einen echten Anspieltipp für alle, die die Sache abkürzen wollen.
Beim Abgrasen diverser Kopiervorlagen hat der Autor inzwischen von den Serien zu in sich geschlossenen Romanen gefunden. "The Lost Ten" (2018) ist eine Nacherzählung des Films "The Dirty Dozen". Der jüngste Streich, "The Burning Road" (2021), übernimmt sogar gleich den Titel von Cormac McCarthys "The Road".
Der Aufschlag aber, "The Last Hour" (2017), ist für mich noch die größte Eigenleistung und gelungenste Adaption. Die Prämisse ist unverhohlen geborgt von der Serie "24": Ein Anschlag auf den Kaiser muss verhindert werden, doch die Zeit verrinnt gnadenlos. Statt für die Aufgabe einen neuen Charakter zu erfinden, macht Sidebottom den guten alten Ballista zum Geheimagenten wider Willen. Und so schlägt und schleicht der sich gewohnt wacker durch Rom, während ihm die halbe Stadt auf den Fersen ist.
Große Wendungen darf man hier nicht erwarten. Gerade weil das Ballista-Franchise noch gemolken werden muss, ist ein Heldentod von vornherein unwahrscheinlich. Trotzdem hat mir die Hatz durch die Hauptstadt richtig Spaß gemacht. À la Lonely Planet klappert man die buntesten (oder verrufensten) Schauplätze ab. Wer mal vor Ort war oder zumindest ein Best-of stadtrömischer Sehenswürdigkeiten vor Augen hat, wird vieles wiedererkennen. Durch den mitlaufenden Timer hat das Ganze ordentlich Zug. Deshalb wird auch fast nur aus der Heldenperspektive erzählt, und es bleibt kein Platz für schlecht geschriebene Nebenfiguren.
Größten Effekt hat für mich aber die Anlage als Stand-alone-Roman. Das heißt, man soll das Buch auch ohne Vorkenntnisse von bis dahin sechs Serienteilen lesen können. Die wichtigsten Ereignisse daraus werden bei passender Gelegenheit eingestreut und kurz erklärt. Wer sich also die volle Packung sparen will, bekommt hier eine völlig ausreichende Zusammenfassung. Vielleicht sollte man "The Last Hour" sogar zuerst lesen: Man könnte damit Einzelbände, für deren Setting man sich besonders interessiert, gezielt ansteuern. Denn um die Handlung, die hier gespoilert wird, geht es der Serie sowieso nicht.
Meine ausdrückliche Empfehlung für das Büchlein mindert etwas der Vorleser. Die lateinischen und griechischen Begriffe werden endgültig 'verenglischt'. Vor allem fehlen mir aber die starken Akzente, die Stefan Rudnicki für die Hörbuchreihe geprägt hat. Hier gewinnen nur wenige Figuren Profil – was schade ist, weil nach der Beschreibung doch ein paar Charakterköpfe darunter sind. Gut zuhören kann man natürlich trotzdem.
Ohne Quatsch vergebe ich diesmal
9/10 frisch geölte Ölzweige
PS: Für alle, die mit Englisch fremdeln: Gegen die Chronologie ist dieser Band bereits
auf Deutsch erschienen, unter dem noch eindeutigeren Titel "XXIV" ? Vielleicht folgt ja noch ein Hörbuch.