Der Junge steht mit grimmigem Gesicht vor der Tür, in einer kleinen, wie heruntergekommen Wohnung. Streicht sich eine struppige schwarze Haarsträhne aus dem Gesicht. Er soll dort nicht stehen, warten, lauern. Seine Mutter hat ihn dafür bereits oft genug getadelt. Aber der Junge ist stur. Uneinsichtig. Und wenn es sein muss…
Er ballt seine Fäuste, die kleinen Knöchel werden weiß. Die gedämpften Geräusche hinter der Tür, für ihn gleichbedeutend mit beißenden Nadelstichen. Insbesondere das rhythmische, leise Klingeln, immer wieder. Dann ist es so schnell vorbei wie es begonnen hat. Die Tür öffnet sich, ein in einem zerknitterten Arbeitsanzug, mit Dreitagebart und nach Amasec stinkender Mann tritt heraus. Er mustert im Vorbeigehen den Jungen und verzieht dann abwertend das Gesicht. Der Junge durchbohrt den Mann mit Blicken die töten könnten. Dann ist der Mann fort und der Junge sieht seine Mutter auf der schmutzigen Matratze in dem Zimmer auf dem Rücken liegen. Gedankenverloren an einem Lho Stick ziehend. So schwitzig, wie nackt, nichts wird der Phantasie überlassen. Früher mal eine wahre Schönheit, mittlerweile eine geschundene Schlampe, die unübersehbaren Zeichen einer gewöhnlichen Hure tragend. Verschmiertes Makeup, grell pinkgefärbte Haare, blaue Flecken, Tattoos und pralle Brüste mit durchstochenen Nippeln, an denen jeweils ein Ring als Piercing mit einem kleinen Glöckchen hängt. Huren Glöckchen, ein gängiges Erkennungszeichen in dieser Gegend, damit auch wirklich jeder Bescheid weiß.
Der Junge seufzt, geht in die schummerige Küche und kommt mit einem Glas abgestandenen Wassers zurück. Zu oft aufbereitet, ein Geschmack von rostigem Metall und Kunststoff bleibt stets im Mund zurück. Er geht in das Zimmer, versucht dabei nicht seine Huren-Mutter anzusehen, wendet mit knirschenden Zähnen den Blick ab so gut es geht. Zu gleichermaßen Liebe, wie Verachtung in seinen Augen. Er reicht ihr das Wasser. Sie inhaliert noch einmal tiefziehend an dem Lho Stick, bläst den Rauch aus, ihre vollen Brüste wackeln dabei auf und ab, das Klingeln der kleinen Glöckchen an ihren Nippeln ertönt durch die Bewegung erneut. Sie nimmt das Wasser, der Junge knirscht mit seinen Zähnen. Diese verdammten Huren Glöckchen.
Später, in einer Gasse vor dem Wohnblock für die Unterschicht. Der Junge bearbeitet eine rostige Metallstange so lange, bis schlussendlich der meiste Rost abgesprungen ist. Ein Mädchen, ungefähr sein Alter, stets ein Lächeln auf dem Gesicht und mit Straßenköter blondem Haar, zu einem einfachen Zopf gebunden, kommt dazu. „Wieder schlechte Laune, lass mich raten.“ Stellt sie schnippisch fest. „Besser nicht“. Er küsst sie hastig auf die schmutzige Wange. „Oh, sind wir jetzt etwa zusammen.“ Fragt das Mädchen weiterhin zu Späßen aufgelegt. „Klar, was denkst du denn und nun komm mit.“ Beide verschwinden in eine Nacht aus zitternden Leuchtreklamen, surrenden Verkehrslärm und wabernden Ascheregen aus den Schornsteinen der toxischen Fabriken am Stadtrand. Und dieses Viertel liegt selbstverständlich direkt am Stadtrand.
Der Mann aus dem Zimmer. Jetzt Blut hustend, mit ausgeschlagenen Zähnen, liegt in einer finsteren Gasse. Das Mädchen durchsucht ihn nach allem was nach Wert aussehen könnte. Der Junge steht mit ausdruckslosem Gesicht über dem Mann. Schlägt wieder zu mit der Metallstange. Etwas bricht. Wie eine Maschine wiederholt der Junge die Schläge, so lange, bis von dem Gesicht des Mannes nur noch undefinierbarer Matsch übrig ist. Er hämmert die Metallstange bereits durch die Reste des Schädels in den Boden darunter. Zuerst dachte er würde sich dann besser fühlen, fühlt dabei aber rein gar nichts.
„Ich verstehe, ist was Persönliches. Deine…“ stellt das Mädchen fest. „Nicht.“ Unterbricht er sie. Themenwechsel. „Wieviel haben wir?“ „Ungefähr der Wert von einer Packung Lho Sticks und zwei Flaschen Amasec.“ „Das sollte reichen, komm.“ Er nimmt sie an die Hand, was dem Mädchen zu gefallen scheint, auch wenn sie sich bemüht es nicht zu zeigen.
Weiter durch die Nacht, doch diesmal abwärts. Ein alter Wartungstunnel, in Teilen marode und einsturzgefährdet. Von der korrupten Stadtverwaltung schon lange aufgegeben und aus den Plänen gestrichen. Beide passieren einen breitschultrigen Ganger, mit freiem Oberkörper, so dass man seine prahlerischen Tattoos besser sehen kann. In sich verschlungene Monster und Totenköpfe, erstarrt im ewigen Wettkampf, die Botschaft ist klar. Er beachtet die Kinder nicht weiter als diese an ihm vorbeihuschen. Die Kinder tun so als würden sie ihn auch nicht beachten.
Angekommen in der Unterwelt. Eine parallele Realität unterhalb der Stadt. Wo die Kriminellen zusammenkommen, ohne den steten Blick des Gesetzes im Nacken fürchten zu müssen. Beide Kinder gehen an provisorischen Feuer Fässern vorbei. An Tischen werden allerhand Schwarzmarktartikel von verschiedensten Waffen bis hin zu einer Vielzahl an Drogen angeboten. Zwielichtige Gestalten bewegen sich mit verhüllten Absichten durch diesen Sumpf. Es herrscht eine seltsame Stimmung, trügerische Sicherheit gemischt mit natürlichem Misstrauen. Heute noch abgeschmeckt mit etwas anderem, nur schwer greifbaren, das in der sonst vorherrschenden Stimmung unterwellig mitschwingt.
Ferner ab von den wichtigen Ständen, liefern die Kinder ihre Beute an einem besonders schäbigen Tisch in einer versifften Ecke des Schwarzmarktes ab. Ein übergewichtiger Händler, mit einer rot leuchtenden rechten Augenlinse schenkt beiden nur beiläufige Beachtung. Gedankenverloren kratzt er sich an seinem Doppelkinn. Die Luft um ihn herum schmeckt sauer, nach einer Mischung aus Schweiß, Pisse und ungewaschenem Arsch.
Die müden Gedanken des Händlers rattern so vor sich hin. Noch ein paar wenige Jahre. Dann wird der Junge in einer der vielen Gangs aufgehen bzw. sein Ende finden, wogegen das Mädchen sich als trostlose Hure verdienen wird, so wie nahezu alle jungen Frauen in dieser Gegend hier. Doch bis dahin können sich beide noch als nützlich für ihn erweisen. Ausgesprochen nützlich sogar, wenn es stimmt was man sich seit Kurzem erzählt. Munkelt, flüstert hinter vorgehaltener Hand.
Beide Kinder sind bereits wieder im Gehen begriffen, da pfeift er sie zurück. „Ich habe da noch was für euch.“ Er legt mit seiner übergroßen Pranke aus Wurstfingern eine abgewetzte ID-Karte auf den Tisch. Der Junge zögert, will erst danach greifen, hält dann aber inne. „Nein, das ist Tabu für uns. Auf gar keinen Fall.“ Bricht es aus dem Mädchen heraus. Der Junge ist insgeheim dankbar dafür, dass beide geschlossen in dieser Angelegenheit stehen. Lässt sich allerdings nichts anmerken.
Der Händler lächelt schmierig mit Hintergedanken. „Tabu war gestern. Heute steht dort alles sperrangelweit offen.“ Die Kinder bleiben weiterhin misstrauisch. Der Junge schweigt mit versteinerter Miene, das Mädchen fragt gewohnt schnippisch. „Keine Arbitratoren mehr? In der Gegend? Und das sollen wir etwa glauben…“
„Glaubt was ihr wollt. Aber ihr werde gehen.“ Dafür ist das Gespräch für den Händler beendet. Zögerlich nimmt der Junge die ID-Karte an sich. Doch bevor beide den Schwarzmarkt verlassen, hören sie sich sicherheitshalber selber um. Oder besser lauschen den geflüsterten Gesprächen, in all den schummerigen Ecken hier unten. Nur wenige schenken ihnen die nötige Aufmerksamkeit, was die Zungen derjenigen lockerer als sonst üblich erscheinen lässt. Ja, aus noch unbekannten Gründen ist das Zielgebiet unbewacht. Arbitratoren sind einfach so verschwunden. Und es gibt noch andere, weitaus düstere Geschichten, welche aber zu phantastisch klingen um wahr sein zu können. Nicht hier auf dieser abgelegenen, imperialen Hinterwäldler Welt.
Gerade als Beide im Begriff sind zu gehen, am letzten Tisch des Schwarzmarktes vorbei, laufen sie in einen wahrlich unangenehmen Zeitgenossen. Ein Jugendlicher, einige Jahre älter als die beiden. Und vor allem größer, stärker. Ein ungehobelter Raufbold ohne jede Art von Manieren. Entweder habe ihn seine Eltern ein paar Mal zu oft oder zu selten verprügelt. Er greift recht plump nach dem Mädchen. Wirft dabei ihrem Freund nur ein verächtliches Zähnefletschen zu. „Du erlaubst sicher, dass ich mir dein kleines Flittchen einmal ausleihe.“ Danach fällt sein Blick völlig fokussiert, wie raubtierhaft auf das Mädchen. „Gibst du mir ein Küsschen?“ Das Mädchen spuckt dem Wüstling angewidert ins Gesicht, dieser leckt die Spucke ab und fährt sich gierig mit der Zunge über die Lippen.
Im ersten Moment lässt der Junge sich nichts anmerken, bleibt fast schon wie versteinert stehen. Eingeschüchtert, nein. Wie von alleine rutscht die blutig verkrustete Metallstange, aus seinem rechten Ärmel, in seine Hand. Der andere, ältere Junge mag ihm körperlich überlegen sein. Aber das bedeutet jetzt in diesem Moment nichts mehr. Er holt weit aus.
Der Großkotz will das Mädchen gerade in eine dunkle Ecke drücken, da kracht die Stange in seinen Hinterkopf. Augenblicklicher Schwindel, er schafft es noch sich torkelnd, wie ungläubig umzudrehen. Da schlägt der Junge erneut zu, diesmal erwischt er ein Auge. Schlägt es mit voller Wucht aus. Dunkle Flüssigkeit läuft seinem Gegenüber aus der zermatschten Augenhöhle, jetzt eine Ruine. Wie bereits bei dem Mann zuvor in der Gasse, steht der Junge jetzt über ihm. Holt zu einem weiteren Schlag aus. Fest entschlossen ein Exempel zu statuieren.
Da zieht eine muskulöse Hand von hinten ihn beim Ausholen zurück. „Ich denke das reicht erstmal. Kein Grund die rote Linie hier unten ganz zu überschreiten.“ Der stark tätowierte Ganger vom Eingang. Mehr oder weniger für die Wahrung des Friedens in dieser doch recht speziellen Gesellschaft zuständig. Der Junge knirscht ärgerlich mit den Zähnen, würde nur zu gerne das Stück Scheiße zu seinen Füßen umbringen. Da fällt ihm seine Freundin überschwänglich um den Hals „Mein Held.“ Ein flüchtiger, fast schon gehauchter Kuss presst sie ihm ganz leicht auf die Lippen. Er schaltet etwas runter, lässt die blutige Stange sinken und nickt schlussendlich dem Ganger respektvoll zu. „Wusste doch wir verstehen uns. Geht jetzt, ich kümmere mich um den Müll.“
Doch bevor der Junge geht, beugt er sich noch ein letztes Mal zu dem Häuflein Elend am Boden herunter, mustert diesen unbarmherzig. „Das nächste Mal bist du tot.“ Flüstert er dem Idioten eiskalt zu. Dabei zieht er ein auffälliges Messer aus dessen Gürtel. Kriegsbeute. Eine gute Klinge, scharf. Könnte noch nützlich sein. Die Metallstange lässt er im selben Zug fallen, keine Verwendung mehr dafür. Das Mädchen verabschiedet sich ebenfalls von dem Möchtegernarschloch. Tritt diesem am Boden liegend so heftig mit Anlauf in die Eier, dass der noch die nächsten Tage etwas davon haben wird als Andenken. Der Ganger lacht darauf herzlich. „Nun aber weg hier ihr kleinen Gauner.“
Wenig später. Aus dem schlechten ins gute Viertel. Beide fühlen sich seltsam fehl am Platz. Normalerweise würde ein Arbitrator auf Patrouille sie bereits verscheuchen müssen, aber nichts dergleichen passiert. Voxlautsprecher an den Häuserecken verkünden anstatt ihrer üblichen, immergleichen imperiumstreuen Parolen nur statisches Knistern. Gestörtes Funkfeuer, in dem noch etwas anderes mitzuschwingen scheint. Gefühlt etwas Unnatürliches. Beunruhigendes.
Die Hände des Jungen zittern leicht als er die gestohlene ID-Karte durch den Sensorschlitz an der Tür zieht. Das Mädchen hält hinter ihm Ausschau, doch außer Finsternis gibt es nichts zu sehen. Selbst die Straßenbeleuchtung ist zu einem schummerigen Flackern verkommen. „Da stimmt doch irgendwas nicht. Ganz und gar nicht.“ Stellt sie ebenfalls leicht zitternd fest. „Nur schnell rein und wieder raus. Komm.“ Der Junge nimmt sie erneut an die Hand. Eine angenehm beruhigende Bestätigung, dass beide wenigstens nicht alleine sind in dieser Sache.
Das vornehme Wohnhaus wirkt verlassen. Umgekippte Stühle, Anzeichen wie von einer überstürzten Flucht. Angespannt bewegen sich beide ins Obergeschoss. Dort wo die vermeintlichen Wertgegenstände sich befinden sollen. Deutlich lukrativere Beute als ein paar Rationen Lho Sticks und Amasec. Soweit jedenfalls die Theorie. Doch was ist das für ein seltsamer Geruch? Der Junge schiebt die Tür zu dem entscheidenden Raum auf, hinter ihm hält das Mädchen den Atem an. Man kann die Anspannung förmlich aus der stinkenden Luft greifen.
Pures Grauen schlägt ihnen entgegen. In dem Raum befinden sich die Bewohner des Hauses, oder besser gesagt das was von diesen noch übrig ist. Vor Blut triefende, geschundene Körper. In Teilen auseinandergenommen. Andere scheinen weiterhin fremdartig am Leben zu sein. Ohne Haut und Augenliedern, starren weiße Augäpfel voller Entsetzen den Kindern entgegen. Inmitten dieses Schlachthauses thront ein gepanzerter Titan. Mindestens 3 Meter groß, in Finsternis gewandet, dekoriert mit grausigsten Trophäen. Schädel und Ketten klappern an seiner Servorüstung als der Night Lord sich langsam den Kindern zuwendet. Ein gehäutetes Kind lässt er fast schon beiläufig aus seiner gepanzerten Hand rutschen, in der anderen schwenkt er ein Häutungsmesser. Seine blutroten Augenlinsen mustern die Kinder kurz, während Zielanzeigen beide automatisch erfassen.
„Ihr seht so aus als wenn ihr euch verlaufen habt Kinder. In eurer Gegend haben wir doch noch gar nicht angefangen.“ Die Worte rattern wie ein verzerrtes Husten über seinen Voxgrill, mit starkem Akzent, wodurch sich das Gotisch fast schon surreal anhört.
Beide Kinder rennen, quasi springen die Treppe hinunter, hinaus in die Finsternis. Das Haus bereits weit hinter sich gelassen, doch weiterhin das unmenschlich verzerrte Lachen des Todesengels in ihrem Nacken. Beide bekommen nur unterbewusst mit das der ascheverhangene Nachthimmel mittlerweile in Flammen steht. Ein intensiv flackerndes Purpurrot brennt am Horizont, zerreißt die grauen Wolken. Der Himmel brennt, während massive dunkle Schatten in der Größe eines Häuserblocks durch das Rot treiben. Nur mit deutlich eleganteren, scharfkantigeren Formen. Wie Haie die das Meer durchziehen, auf der stetigen Suche nach Beute.
In einer abgelegenen Gasse angekommen, welche Gegend wissen die Kinder zuerst nicht, setzt der Regen ein. Aber Regen hat es hier noch nie gegeben. Vom Ascheregen der Fabriken einmal abgesehen. Beide blicken auf ihre Hände und sehen rote Tropfen darauf fallen. Es regnet Blut. An einigen Stellen in der Gasse schlagen kurze Zeit später matschig verstümmelte Körperteile auf. Hände, Füße, Köpfe. Alles durcheinander, jede Größe ist dabei. Aus den dunklen Schatten weit oben am Himmel erschallt ein voxverzerrtes Gelächter, hundertfach verstärkt. Sadistisch grausam über der Stadt ausgeleert.
Ein Zaun. Dahinter beginnen wieder die Armenviertel. Der Junge hilft ohne nachzudenken seiner Freundin dabei sich am Zaun hochzuziehen, stütz sie von unten ab. Auf gar keinen Fall wird er sie hier zurücklassen. Es könnte klappen. Da werden beide abrupt nach hinten gerissen. Die vermeidliche Freiheit hinter dem Zaun, nur wenige Meter entfernt, rückt in unerreichbare Ferne.
Beide strampeln in der Luft, als im Würgegriff gehalten ihre kleinen Köpfe vor die grausige Gesichtsmaske des Night Lords geschoben werden. Das künstliche Rot seiner Augenlinsen reflektiert unheimlich in ihren kleinen, angstverzerrten Gesichtern. Der Griff seiner Panzerhandschuhe ist wie der eines Schraubstocks.
Das Mädchen ist kurz davor Ohnmächtig zu werden. Auch für den Jungen wird die verbleibende Luft immer knapper, da zieht er aber unterbewusst, fast schon wie ein Reflex, sein neu erbeutetes Messer. Schneidend scharf. Niemals aufgeben. Mit all seiner verbleibenden Kraft rammt er es zwischen zwei Panzerplatten, genau in die flexible Membrane darunter. Der Night Lord grunzt amüsiert. Seine Servorüstung signalisiert ihm den ungefährlichen Durchbruch, rechte Bauchregion, mit einer kleinen leuchtenden Anzeige in seinem Helm. Seine Haut ist darunter leicht von dem kitzelnden Stich irritiert, mehr nicht. Vielleicht ein kleiner Tropfen Blut.
„Das ist der Kampfgeist den ich sehen will.“ Stellt der finstere Schrecken grollend fest. „Dich kann ich noch gebrauchen.“ Er dreht darauf seinen unheimlichen Blick rot leuchtend dem Mädchen zu. „Dich allerdings nicht.“ Das Mädchen blickt dabei noch ein letztes Mal zu dem Jungen herüber, ihr Blick durchzogen von unendlicher Traurigkeit. Der Junge, ihr Freund, ihr Held. Alle Träume sind dahin. Entrückt. Darauf lässt der Night Lord die Servomotoren in seinem Arm surren und der Hals des Mädchens knackt, ihre Augen sind in dem Bruchteil von einer Sekunde zur anderen leer. Der Junge schreit einen stummen Schrei in Protest, weiß nicht was er fühlen soll, der Night Lord lacht darauf nur spöttisch. Tief in sich drin fühlt der Junge dann auf einmal doch noch etwas. Tiefste, schneidende, markerschütternde Trauer um seine Freundin. Eine endgültige Gewissheit gerade vergangener Verbundenheit, welche in endlos innere Leere umgeschlagen ist. Es macht den Jungen fast wahnsinnig. Schließlich nimmt der Night Lord den Jungen mit, mittlerweile ohnmächtig gewürgt, während die Stadt um ihn herum brennt. Und jeder den sie greifen können, wird unbarmherzig abgeschlachtet von den in Mitternacht gewandeten Schrecken der achten Legion, welche diese Stadt heute Nacht zu ihrem Jagdgrund erklärt haben. Die ersten Häutungsgruben werden bereits fröhlich jauchzend ausgehoben.
Zeit verschmilzt, Stunden, Tage, Wochen, alles fließt ineinander. Nicht mehr wissend was Fiktion und Realität ist, wirft der Junge seinen Kopf hin und her, an einen Tisch voller fremdartiger, medizinischer Apparaturen gekettet. Frische Operationsnarben zieren seinen kleinen Körper. Schläuche gehen in ihn hinein. Führen ihm einen Cocktail aus genetisch extrahierter Halbgottessenz zu. Abgeschmeckt mit einer Vielzahl von medizinischen Drogen und anderen fremdartigen Substanzen aus einer verlorenen Zeit.
Wieder die unheimlichen roten Augenlinsen aus der Dunkelheit blicken auf den Jungen herab. Talos erkennt viel von sich selber in dem Jungen, wenn er ehrlich ist. Aber wann war er das letzte Mal wirklich ehrlich gewesen? Er kann sich nichtmehr erinnern, trotz seines übermenschlichen Gedächtnisses. Dann wird es wohl eher Verdrängung sein. So oder so, egal wie sehr er den imperialen Abschaum verachtet, beim belanglosen Zivilisten angefangen, über die verblendeten Space Marines Orden bis hin zum falschen Imperator selber. Er will verdammt sein, aber dieser Junge hat eine Chance verdient. Und die Klauen brauchen frische Rekruten, um überhaupt weiterhin gefechtsfähig zu bleiben.
Talos schnaubt drauf einmal kurz durch seinen Voxgrill, dann spricht er in einer für den Jungen unverständlichen Sprache mit jemand anderen in dem Raum den der Junge nicht in der Dunkelheit ausmachen kann. Der andere Night Lord lacht darauf verächtlich. Talos schnaubt erneut. Darauf folgt das scheppernde Beben von schwer gepanzerten Stiefeln auf Metallrosten. Das Surren der Servomotoren ihrer Rüstungen. Am Ende ist der Junge wieder alleine.
Nicht wissend, sein altes Leben bereits tot, eine mögliche neue Zukunft dafür vor ihm. Für alles was zurückliegt bleiben einzig Träume und Erinnerungen. Das Mädchen. Seine Freundin. Ihr Name war…