Und wie sollen denn bestimmte Drucksachen auf Bierdeckelformat eingedampft werden, damit ein jedermann mit bestem Wissen und Gewissen abzustimmen in der Lage ist? Wie willst Du denn dem unüberschaubarem Dickicht beispielsweise gesundheits- und sozialpolitischer (Rechts-)Fragen gerecht werden, ohne ins Technische abzusteigen und unzählige Rekurse anzusetzen?
Indem man die Gesetzesbündel aufschnürt und über die Einzelgesetze abstimmt, die sich hinter solchen Papierbergen verbergen. Sollte es technisch werden, können die Experten der Fraktion ja je das pro und kontra vortragen. Die Einzelheiten zu verhandeln und darüber abzustimmen obliegt dem Parlament. Dafür ist es da. Dein Beispiel mit Basel III ist in Bezug auf einen Bürgerentscheid verfehlt, denn solch eine Frage stellt sich nicht in einem Bürgerentscheid. Wenn das Volk darüber abzustimmen hätte, dann nur über Basel III ja /nein. Aber dies nur am Rande.
Neopope und du mißversteht mich, wenn ihr glaubt, dass ich dafür wäre alles vom Volk abstimmen zu lassen. Mir geht es darum wie im Parlament gearbeitet wird. Der Nationalstaat verlangt nach einer parlamentarischen Demokratie, denn wie du schon richtig bemerkt hast, leben wir nicht mehr in einer Polis. Es ist gegen Strukturkonservativismus nichts einzuwenden, nur muss man dafür sorgen, dassbestehende Institutionen auch ihre Funktion weiter wahrnehmen. Sonst sterben sie ab. In diesem Sinne bin sogar ich strukturkonservativ, wenn ich vom Parlament fordere, seine Aufgabe wahrzunehmen, nämlich die Exekutive zu kontrollieren. Das tut es aber nicht, wenn es ungelesen im Wortsinn Gesetzesanträge der Regierung durchwinkt und nachher das Bundesverfassungsgericht dieses Gesetz kassiert, wie es immer häufiger der Fall ist. Das ist schlechte gesetzgeberische Arbeit.
Mein Cicerobeispiel sollte eigentlich nur zeigen, dass man auch dann Mehrheiten bekommen kann, wenn Roß und Reiter benannt sind. Es ist legitim seine Interessen auf demokratische Weise durchzusetzen, es sollte aber klar sein, wessen Interessen das sind. Wenn SPD und CDU uni sono behaupten, dass es notwendig sei, die Banken zu retten, ohne Einfluss nehmen zu wollen, was in diesen Banken passiert, dann habe ich meine Zweifel, ob es wirklich nur im Interesse der Allgemeinheit ist, wie behauptet.
Was taugt Politik, wenn keine Rechtssicherheit besteht, das Staatswesen und die Bürger vor inneren wie äußeren Fährnissen nicht geschützt und abgesichert sind, überhaupt keinerlei weitergehende Pflichtbindung des Gesetzgebers besteht, aber die Eigentumsverhältnisse geklärt sind? Eine so antiquierte Vorstellung mit gleichzeitigem Vorbehalt anderen Diskussionsteilnehmern gegenüber, sie müssten die Zeitläufte einer jeden Politik erkennen und die Zeichen der Zeit deuten lernen, bedingt sich zu einer ausgemachten Satire.
Meinst du? Wenn die Eigentumsverhältnisse geklärt sind, ist eine Gesellschaft vorerst befriedet, denn aus ungerecht empfundenen Eigentumsverhältnissen leitet sich doch der allermeiste politische Streit ab. Eine Rechtsordnung, die alles weitere regelt, benötigt einen Konsens über die Eigentumsverhältnisse. Denn nur ein im Konsens gefundenes Rechtssystem kann auch tatsächlich die nötige Rechtssicherheit garantieren. Die Frage nach der Verteilung von Eigentum ist nie antiquiert, wel dieser Konsens nicht ewig halten kann. Denn Eigentumsverhältnisse ändern sich ständig.
es ist also legitim, einen Krieg nach Beschlusslage eines Referendums zu führen, da anderweitiges kodifiziertes Recht (nationales oder Völkerrecht) sich nicht auf eine derart starke Bindung direktdemokratischer Teilhabe stützen kann?
Nein ist es nicht. Was ich mit dem Cicerobeispiel zeigen wollte, siehe oben.
Zunächst einmal ist das Völkerrecht von völlig anderem Charakter als nationales Recht, aus dem einfachen Grund, weil es keine Institution hat, die in der Lage wäre jeden Staat zur Einhaltung zu zwingen. Nun ist das geltende Völkerrecht natürlich in unser nationales Recht eingeflossen und damit für unsere Rechtordnung verbindlich, also der Entscheidung über Krieg und Frieden vorgeschaltet. Wenn also hierzulande das Volk über Krieg und Frieden befragt werden sollte, dann müssten die Bedingungen dafür, dass Deutschland nach dem Völkerrecht berechtigt sei, einen Krieg zu führen, erfüllt sein. Ist dies nicht der Fall, stellte sich die Frage eigentlich garnicht. Auch nicht im Falle einer fremden Kriegserklärung. Aus dem Recht den Krieg zu erklären, leitet sich aber nicht die Verpflichtung ab einen solchen auch zu führen. Warum sollte dann nicht das Volk dazu befragt werden? Das Volk trägt die Opfer. Warum sollte dann nicht darüber abstimmen, ob der Aufwand die Opfer rechtfertigt?