@Vovin:
Wenn das einfache Verwenden von Fakten für Dich schon Verbalerotik ist, dann muss Dir beim Lesen der wikipedia ja mächtig einer abgehen :cat:
Du bist wirklich der Auffassung, dass dem Begriff "Freiheitskämpfer" eine rein deskriptive Dimension zukommt, so ganz ohne Pathos und Wertung? Hat ja seinen Grund, warum die Hamas sich als "Freiheitskämpfer" zu inszenieren versucht und nicht als kaltblütige Terroristen. Sicher, wortwörtlich ist das ein relativ neutraler Begriff, ein Freiheitskämpfer ist jemand, der mithilfe einer bewaffneten Auseinandersetzung nach einer nicht näher beschriebenen Freiheit trachtet. Aber Dir als gebürtigem Hanseaten sollte ein derart mit Verklärungen in Verbindung gebrachtes Wort doch zuwiderstreben, es weckt von vornherein einen Ruch nach Parteilichkeit.
Alle Ereignisse in der Vergangenheit sind damit mehr oder wenig weit von dem Ablauf entfernt, der eigentlich prinzipeintreu wäre.
Dann lass' die Vergangenheit einmal ganz raus, es gibt genug präsente Probleme:
- In Ruanda schwärmen regelmäßig die Schläger von Kagame aus, um auch nur die leiseste Kritik im Keim zu ersticken. Dabei kommt es nicht eben selten auch zu ethnisch motivierten Gräueltaten. Ähnliches in Zimbabwe.
- In Uganda rufen staatshörige Zeitungen zum Mord an bekennenden Homosexuellen aus, die Anschriften der so Vogelfreien werden selbstverständlich mit abgedruckt, damit ein reibungsloser Ablauf gewährleistet wird.
- In Nordkorea gibt es überhaupt keine freie Presse, geschweige denn die Möglichkeit, übers Internet zu Protesten aufzurufen. Die Menschen hungern buchstäblich zu Tode, hier wird blumig eine "Harmonisierung" zur Staatsdoktrin erhoben, Demonstranten werden in aller Regel gar nicht erst ins Gefängnis geworfen, sondern werden totgeprügelt.
- In Weißrussland sind, wie Dir bewusst ist, die Wahlen massiv gefälscht worden und die friedlichen Demonstranten brutalstmöglich verletzt, eingesperrt, teils sogar getötet worden. Von manchen Oppositionsführern ist bis heute nicht ganz klar, wo die eigentlich stecken.
- In der Ukraine wird gerade stückweise die gesamte ehemalige Regierung Timoschenkos in menschenunwürdige Verfahren verwickelt, Oppositionelle sitzen teils jahrelang ohne jede Anklage in Gefängniszellen (auch schon vor Janukowitsch, ja, ändert aber nichts an der Tatsache).
- Das Mediengesetz in Ungarn und was daraus resultieren könnte, muss ich wohl auch nicht weiter ausführen.
Die Liste lässt sich beliebig weiterführen (Iran, Sudan, Kolumbien, teilweise auch Bolivien etc., von den Maghrebstaaten, die da noch ausstehen, ganz zu schweigen, Bahrein und Oman sind angesprochen worden), ich habe bewusst die schlimmsten Fälle nach oben gesetzt und mit verhältnismäßig harmlosen Fällen geschlossen, um das Spektrum einmal abzudecken. Alles Einzelfälle, die wir nicht durchgehen lassen dürf(t)en, wenn uns an einer universalen Demokratie etwas läge. Wir könnten dort überall instantan eingreifen und etwas zum Besseren wenden, alles verträglich mit den von Dir aufgeführten demokratischen Idealen. Tun wir aber nicht. Ruanda beispielsweise wird derart lückenlos geknechtet, dass ich da qualitativ eine Ähnlichkeit zu Libyen erkenne, Todesschwadronen sind in der Massierung auch nicht harmloser als Artillerie und Flieger. Dann musst Du auch keine intellektuellen Verrenkungen begehen und in die Vergangenheit schauen, die Gegenwart reicht völlig aus. Wo ist da unser Handlungsauftrag? Einmal ganz Afrika "säubern" und dann mit Asien weitermachen? Oder geht es hier nur darum, was vor unserer Haustür liegt? Aber warum dann so machtlose Sanktionen gegen Weißrussland?
Das nennt sich Prinzipientreue. Natürlich entspricht es unseren moralischen Leitlinien eher, Gruppen zu unterstützen, die auch unsere menschenrechtlichen Standards unterstützen als welche, die Ideale vertreten, die wir als unmoralisch ansehen.
Nun, ein wenig abstrahiert ist das aber ein paternalistischer Imperialismus, wenn man unter Beschuss stehende Demonstranten dann "Freiheitskämpfer" nennt, wenn diese eine Demokratie anstreben und keine Theokratie. Da kann ich die erhobene Kritik tatsächlich nachvollziehen.