Situation in Libyen

@ scar

Wer weiss aber wer bei der Lybien Revolte an die Macht kommt?
Maybe sind die dann nimmer so Ami Pro-westlich ?

Na das wäre doch ein Grund für die AMis, oder halt die Weltgemeinschaft, oder die NATO, wie man will, pro-Gaddafi zu sein. Sind sie ja aber nicht.

Ich bleibe dabei - wenns um Öl geht, dann setzt man auf einen lokalen, von Devisen abhängigen Diktator, der einem das Öl schön weiterliefert, wie ers in der Vergangenheit getan hat.

Und an Militärbasen mangelt es den USA nicht unbedingt, auch in der Gegend nicht. Kreta, Zypern, Bahrain, Doha, ganz Israel. Und wenn man eine mehr haben wollte, mietet man sich in der Regel ein, das machen die auf der ganzen Welt so, hier in D auch. Man muss in nem Land nicht die Führung austauschen, wegen ner Militärbasis, das lohnt sich vorn und hinten nicht.


@ all

Ich seh da in der Resolution nur 'occupation forces' exkludiert, also Besatzungstruppen. Von Einsatztruppen oder gar allen 'ground forces' les ich da nix. Keiner will ja Libyen besetzen, aber dass da über kurz oder lang keine Bodentruppen auftauchen, und seinen es 'Berater', das glaub ich irgendwie nicht so richtig.
Frage mich eh schon die ganze Zeit, wieso noch keine Meldung kam, dass das SAS die Giftgasvorräte gesichert hat, die Gaddafi ja mutmasslich noch auf Halde hat...
 
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Es gab nem Meldung das SAS die Giftgas Vorräte schon gesichert hätten
Ich find nur grade keinen Link zu.... also kann ichs nett bestätigen und atm geht eh viel durch die Presse (Propaganda von beiden Seiten und falsch Meldungen...).

Mir gings eher drum das die Nato-Amis reingehn und die Revolution hijacken und ne Pro westliche Puppe ins Amt bringen ..

Aber werden wir ja sehn was passiert .

Grade eben entdeckt :
http://www.salon.com/technology/how_the_world_works/2011/03/21/the_libyan_oil_war_connection
 
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Einen bemerkenswerten Artikel zu der Beurteilung der Rechtslage der für Libyen aufgesetzten Resolution hat Reinhard Merkel verfasst (der sich am Rande sogar auch auf Kant bezieht 😉), einsehen kann man ihn hier; ich kann nur jedem empfehlen, das einmal durchzuarbeiten.

Ansonsten verstärkt sich meine Befürchtung eines langwierigen Libyeneinsatzes immer mehr. Die UN-Resolution zielt nicht auf einen Regimewechsel, sondern einzig auf den Schutz der Zivilbevölkerung ab, soll heißen, ein Militärschlag gegen Gaddafi (als Person) ist nicht vorgesehen, sondern ein Sicheinlassen auf den langwierigen Stellungskampf. Ich darf auch daran erinnern, dass der nahezu brachliegende Ölexport Libyen täglich über 100 Millionen Dollar Einbußen bringt, was auch der Zivilbevölkerung zum Schaden gereicht. Nebst der in dem obigen Artikel angesprochenen zweifelhaften Rechtslage ergibt das ein bedenkliches Bild.
 
zur Kant-Diskussion:
@ KOG:
Weil Maximen subjektiv sind. Darum gibt es ja auch überhaupt bei Kant den kategorischen Imperativ: um die womöglich eigentlich vernünftigen Maximen in ein übergeordnetes und jederzeit gültiges Korsett zu pressen. Eine Maxime kann einen guten Handlungsvorschlag bedeuten, sogar die bestmögliche Option für konkretes Handeln aufzeigen, hat aber keine Gültigkeit innerhalb der reinen Vernunft. Darum bin ich auch erstaunt, dass Du davon ausgehst, dass eine Maxime wie ein Imperativ wirken kann, was sie definitiv nicht muss. Du sagst mehrfach in Deinen Ausführungen, dass eine Maxime allgemeine Handlungsanweisungen gibt, was allerdings eine grobe Subsumierung darstellt, es kann genausogut davon abweichende subjektiv gültige Maximen geben, sogar innerhalb einer Systematisierung.
du hast Recht. Ich hätte Maxime, die den Kantschen Bedingungen genügt, schreiben sollen.

Du willst einen Genozid in Libyen vermeiden und fragst dich, ob der Einsatz von militärischen Mitteln im Rahmen der UN gerechtfertigt ist. Darf die Allgemeinheit in die Souveränität eines Staates eingreifen? Wenn Du sagst: Nein, das kann man nicht verallgemeinern. Das taugt nicht als allgemeiner Grundsatz. Dann ist ein Eingreifen unmoralisch. Dann ist das aber total unabhängig davon, was in anderen Konflikten gemacht wurde. Es interessiert einfach nicht. Wenn Du gast, dass eine solches Eingreifen auch als allegemeiner Leitsatz taugt, dann ist ein Eingreifen moralisch. Und auch hier interessiert es nicht, was in anderen Konflikten getan wurde. Es hat lediglich die Konsequenz, dass man sich eingestehen muss, dass man in Fällen, in denen man nicht nach der Maxime gehandelt hat, unmoralisch gehandelt hat, bzw. dieses Handeln durch eine andere Maxime rechtfertigen muss.

Zum letzten Absatz: dann täuscht der Eindruck. Ich will damit nur ein Argument veranschaulichen.

@ SlashyTheOrc:
Das ist ja richtig. Man handelt immer noch moralisch wenn man hier eingrieft und dort nicht. Was man nicht kann ist eine allgemeingültige Maxime in Anspruch nehmen.
Ja, man muss woanders auch eingreifen. Wenn man es nicht tut, dann verstößt man gegen seine Leitlinie. Das kann aber vorkommen. Ich sage ja nicht, dass es richtig war, die Genozide im Sudan und in Ruanda zuzulassen. Ich sage, alleine die Tatsache, dass die Weltgemeinschaft dort versagt hat, ist noch keine hinreichende Bedingung dafür, in Libyen eerneut zu versagen.

Wenn es eine solche Maxime gibt, dann muss man auch andernorts eingreifen.

Die Negation dieses logischen Satzes ist:
Greift man andernorts nicht ein, gibt es eine solche Maxime nicht.
Nein. Die korrekte Negation wäre: "Greift man andernorts nicht ein, dann gibt es eine solche Maxime nicht ODER man verstößt gerade gegen diese Maxime."

Dadurch daß man in vergleichbaren Fällen nicht nach der Maxime handelt, läßt sie die Allgemeingültigkeit verlieren. Man kann einen kategorischen Imperativ nicht abwägen. Es kann keine zwei widersprüchlichen universellen Maximen geben. Somit landest du doch wieder bei ein An/Aus Moral, und das ist was KOG kritisiert.
Nein, die Allgemeingültigkeit bleibt erhalten. Eine Maxime wird ja gerade aus sich heraus aufgestellt, nur durch den Verstand. Ob man dann danach handelt oder nicht, ist egal. Es geht nur darum zu erkennen, ob das eigene Handeln moralisch ist oder nicht. Ich kann ja durchaus feststellen, dass eine Handlung moralisch ist und trotzdem unmoralisch handeln. Dadurch entkräfte ich die Maxime ja nicht. Und wenn ich dann in einem anderen Fall nach der Maxime handel, dann handel ich dort wieder moralisch.
Außerdem gibt es sehr wohl widersprüchliche Maximen. Muss es sogar geben, wenn man davon ausgeht, dass ein System von Maximen eine formale Sprache ist (was naheliegend ist) und man von einer Maxime auf andere schließen kann (was auch naheliegend ist, da es ja um die reine Vernunft geht). Dann ist nämlich jedes hinreichend große Geflecht an Maximen unvollständig (hoffentlich nicht) oder widersprüchlich.

Im Prinzip tust du genau das was du KOG vorwirfst. Du knüpfst deine Maxime an Bedingungen. Abwägen heißt nämlich nichts anderes als, die Bedingungen für das Handeln nach der Maxime zu prüfen. Keine Bedingungen, kein Abwägen.
Nein, tue ich nicht. Vom Abwägen habe ich im Rahmen der Diskussion um die reine Vernunft nicht gesprochen. Das habe ich erst im Fall von China eingebracht. Solange wir bei der abstrakten Diskussion waren, habe ich für mich die Annahme getroffen, es gäbe nur diese einzelne Maxime, bzw. man könne das Eingreifen oder Nichteingreifen anhand einer einzelnen Maxime abhandeln.

PS: Ich freu mich übrigens, dass im off topic mal wieder was vernünftiges los ist.

@ KalTorak
Und schlussendlich hat Demokratisierung aus der Luft (siehe Vietnam...) noch nie funktioniert.
Das ist zwar im Prinzip richtig, aber Luftwaffe und Bodentruppen müssen ja nichts zwangsweise die gleiche Herkunft haben. Es reicht ja, wenn die Rebellen den Part auf dem Boden übernehmen. Das hat in Serbien auch geklappt.

@ KOG:
Wieso schadet der mangelnde Ölimport dem Volk? Die haben glaub ich ganz andere Sorgen zur Zeit. Der Großteil des Geldes aus den ölexporten kommt dem Volk doch gar nicht zugute. Die können sich doch freuen, dass ihre Ressourcen grad nicht verpulvert werden, sondern schön aufgespart werden bis sie selbst das Kommando im Land haben und dann wesentlich mehr von den Erlösen haben.


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Ganz allegemein finde ich, dass sich die westliche Allianz wie ein einziger Hühnerhaufen benimmt. Das ist ziemlich peinlich, nicht nur in der Außenwirkung. Ich würde nicht soweit gehen, dass Deutschland daran Schuld ist, weil wir einen Riss in der EU haben entstehen lassen. Aber ich würde behaupten, dass das Gefüge stabiler wäre, wenn Deutschland mit an Bord wäre. Dann wäre der Druck erstens auf die Türken höher, das OK zum NATO-Einsatz zu geben und Sarkozy als NATO-Küken hätte gar nicht erst den Versuch unternehmen können, gegen gleich zwei altgediente und bedeutende NATO-Mitglieder (die USA mal nicht mitgerechnet, die wollen das Kommando am liebsten abgeben) das Kommando an sich zu ziehen. Vor allem, hätte man die Achse Paris-Berlin gut ausspielen können. Deutschland beteilgt sich der Achse zuliebe und Frankreich verzichtet der Achse zuliebe auf den Führungsanspruch.
 
Zuletzt bearbeitet:
Das ist zwar im Prinzip richtig, aber Luftwaffe und Bodentruppen müssen ja nichts zwangsweise die gleiche Herkunft haben. Es reicht ja, wenn die Rebellen den Part auf dem Boden übernehmen. Das hat in Serbien auch geklappt.
Das hat aber auch nicht geklappt. Selbst mit Militärberatern oder Bodentruppenmischmasch kann man wenig ausrichten. Vietnam, Afghanistan oder andere Länder haben hier schon Pate gestanden. Das Einzige, was ich mir vorstellen könnte, wäre noch mehr Söldnerpack. Man könnte z.B. arbeitslose, protestierende Ägypter oder Tunesier anheuern... damit hat man Gaddafi dann tot und die Nachbarländer in Lohn und Brot, die Überbevölkerung in Ägypten wird ein wenig abgebaut, die ganze Sache bleibt arabisch, außer den Waffen die man gegen Kredit liefert und finanzieren tut man das alles dann mit dem libyschen Gold...
Vor allem, hätte man die Achse Paris-Berlin gut ausspielen können. Deutschland beteilgt sich der Achse zuliebe und Frankreich verzichtet der Achse zuliebe auf den Führungsanspruch.
Und wer würde sich da als ähhh "Führer" anbieten? Die Achse Berlin-Italien hat ja schon damals nicht so geklappt, als das noch alles eine italienische Ecke war. Und wenn man mal sich dieses unsichere Mandat Atalante vor Somalia anschaut, da freuen sich die Piraten ja regelrecht, wenn sie von den knuffigen Deutschen gefangen werden... Man müßte sich schon entscheiden, was man will.

Was den Ölexport angeht, muss ich Vovin mal zustimmen. Die haben zur Zeit andere Sorgen. Deutschland würde sich ja auch nicht um den Rückgang von Kuckucksuhrenexporten kümmern, sollten Bomben fallen (oder doch?). Der Erdölboykott von Merkel ist doch nicht so hart. Es wundert mich eigentlich, dass G. nicht schon längst den Hahn zugedreht hat... So, und nun gehe ich mal rüber zur HEM-Tanke und kaufe demonstrativ einen Liter Benzin, auch wenn ich keine Karre habe. Die soll u.a. auch mit starken libyschen Beteiligungen sein...
 
@Vovin:
Zum Kant:
Ich hätte Maxime, die den Kantschen Bedingungen genügt, schreiben sollen.
Den Bedingungen des kategorischen Imperativs? Wie gesagt, Kant erkennt selbstverständlich den empirischen Wert einer Maxime an, ist sich aber bewusst, dass erst eine höhergelegene Transformationsstufe es ermöglicht, die Maximen auch in der reinen Vernunft anzuwenden.
Du willst einen Genozid in Libyen vermeiden und fragst dich, ob der Einsatz von militärischen Mitteln im Rahmen der UN gerechtfertigt ist. Darf die Allgemeinheit in die Souveränität eines Staates eingreifen? Wenn Du sagst: Nein, das kann man nicht verallgemeinern. Das taugt nicht als allgemeiner Grundsatz. Dann ist ein Eingreifen unmoralisch. Dann ist das aber total unabhängig davon, was in anderen Konflikten gemacht wurde.
Ich sehe es da allerdings wie Reinhard Merkel: von einem Genozid (oder auch nur einem sich anbahnenden Genozid) kann ebenso wenig wie von systematischen Verbrechen gegen die Menschlichkeit die Rede sein. Wir müssen folglich gar nicht so tief eintauchen (sind Interventionen per se berechtigt, wenn es um innere Staatsangelegenheiten geht?). Selbst wenn man bedingungslos dafür ist, einen Völkermord zu verhindern (in aller Allgemeinheit), kann man gegen den Libyeneinsatz sein. Ich habe es vorher geschrieben und möchte auch ausdrücklich erneut betonen, dass mir das Leiden der Aufständischen nicht gleichgültig ist und ich nicht kaltschnäuzig darüber hinweggehen mag, aber ein Genozid findet derzeit sicher nicht statt, Potentiale für einen solchen erkenne ich gleichfalls nicht.
Nicht, dass ich selber der Überzeugung wäre, der Leitsatz der reinen Vernunft müsste sich hier auf Genozide beschränken, es ist aber wesentlich, dass er das kann. Und wenn man sich für dieses Postulat entscheidet und absolute Konsequenz fordert, was das betrifft, könnte man den Libyeneinsatz noch immer ablehnen.
Wieso schadet der mangelnde Ölimport dem Volk? Die haben glaub ich ganz andere Sorgen zur Zeit. Der Großteil des Geldes aus den ölexporten kommt dem Volk doch gar nicht zugute. Die können sich doch freuen, dass ihre Ressourcen grad nicht verpulvert werden, sondern schön aufgespart werden bis sie selbst das Kommando im Land haben und dann wesentlich mehr von den Erlösen haben.
Kann man sicher so sehen, hängt aber davon ab, wie schnell tatsächlich ein Regimewechsel stattfindet. Die Amerikaner haben ziemlich deutlich gemacht, dass sie nicht daran denken, gegen die UN-Resolution zu verstoßen und Gaddafi abzusetzen, offiziell heißt es gar, sie stellten sich im eigentlichen Sinne nicht einmal auf die Seite der Rebellen. Und wenn das ein Monate währender Dauerzustand wird, hat der mangelnde Ölexport natürlich Auswirkungen auf die materielle Lage der Gesamtbevölkerung. Die Sozialleistungen sind für einen Maghrebstaat eigentlich ganz ansehnlich gewesen.
 
@ KOG
Jetzt machst Du aber einen Schwenk in Deiner Argumentation. Die ganze Zeit hast du damit argumentiert, dass Du einen Einsatz ablehnst, weil in anderen Situationen nicht vergleichbar gehandelt wurde. Jetzt argumentierst Du auf einmal konkret an diesem Fall ohne auf anderen Konflikte zu schauen. Das finde ich gut, denn genau das habe ich ja angemahnt. Damit dürfte die Kant Diskussion ja beendet sein.

Jetzt zur konkreten Situation in Libyen und dem FAZ Artikel:
1. ich hab weiter vorne im Thread ja schon bei der erstmaligen Verwendung des Begriffs Genozid ja schon extra erwähnt, dass damit keine völkerrechtliche Kategorie gemeint ist, sondern das, was man umgangssprachlich darunter versteht.
2. Ich bin kein Staatsrechler, aber wenn die UN die Staaten dazu auffordert, mit allen nötigen Mitteln (!) eine Flugverbotszone einzurichten und die Zivilbevölkerung zu schützen, dann genügt mir das. Ob die UN damit ihr eigenes Recht gebrochen hat, kann ich einfach nicht beurteilen. Aber wenn sich die Koalitionskräfte jetzt im Rahmen der Resolution bewegen, dann kann man ihnen das kaum anlasten. Und im Moment begrenzt sich der Einsatz ja wirklich nur auf das Ausschalten von Flugabwehrinfrastruktur und Verbänden, die direkt auf Wohngebiete zumarschieren oder diese eingekesselt haben. Beides ist durch die Resolution gedeckt.

Kann man sicher so sehen, hängt aber davon ab, wie schnell tatsächlich ein Regimewechsel stattfindet. Die Amerikaner haben ziemlich deutlich gemacht, dass sie nicht daran denken, gegen die UN-Resolution zu verstoßen und Gaddafi abzusetzen, offiziell heißt es gar, sie stellten sich im eigentlichen Sinne nicht einmal auf die Seite der Rebellen. Und wenn das ein Monate währender Dauerzustand wird, hat der mangelnde Ölexport natürlich Auswirkungen auf die materielle Lage der Gesamtbevölkerung. Die Sozialleistungen sind für einen Maghrebstaat eigentlich ganz ansehnlich gewesen.
Glaubst Du allen ernstes, die Bewohner Benghazis, würden noch in irgendeiner Weise von den Öleinnahmen Gaddafis profitieren, außer dass das Benzin des Transporters zu ihrem eigenen Massengrab daraus raffiniert wurde? Für die Bewohner Tripolis mag das anders aussehen. Man kann auch nur mutmaßen inwieweit die Bevölkerung Tripolis einfach nur zum Schweigen gebracht wurde oder wirklich treu zu Gaddafi stehen. Ich denke, es spricht mehr für ersteres, wie man an den umliegenden Städten gesehen hat, die sich losgesagt haben, sobald sie die Möglichkeit hatten und erst blutig zurückerobert werden mussten. Wieso sollte das in Tripolis drastisch anders sein. Die Proteste dort wurden ja von Anfang an gewaltsam niedergeschlagen.
Handelsbeschränkungen treffen immer auch das Volk und die diktatoren machen sicher, dass das auch gezielt verstärkt wird. Kim Jong Il könnte ja auch trotz Sanktionen Geld aus dem Militär abziehen und chinesische Lebenmittel subventionieren. Tut er aber nicht. Soll man deswegen auch noch dieses Instrumentarium aus dem Sanktionskanon streichen? Was bleibt dann noch? Böse mit dem Finger wackeln?
 
@Vovin:
Jetzt machst Du aber einen Schwenk in Deiner Argumentation. Die ganze Zeit hast du damit argumentiert, dass Du einen Einsatz ablehnst, weil in anderen Situationen nicht vergleichbar gehandelt wurde. Jetzt argumentierst Du auf einmal konkret an diesem Fall ohne auf anderen Konflikte zu schauen.
Ich habe lediglich aufgezeigt, dass man diese Kontinuitätslinie prinzipiell auch auf Genozide beschränken könnte, Du hast ja von allen Problemherden im Inneren gesprochen. Man kann seine Richtlinie also entweder so aufbauen, dass man sagt "Handle bei allen Völkermorden (ob nun gerade geschehende oder solche in potentia, wäre ein Thema für sich) so, dass aus Deiner Maxime ein allgemeines Gesetz werde(n könn[t]e).", aber genauso gut könnte man "bewaffnete Konflikte im Inneren", wahlweise auch "Repressionen gegen die Bevölkerung" oder "willentliches Verelendenlassen breiter Bevölkerungsschichten innerhalb eines Staates" einsetzen. Ferner führte ich aus, dass ich gar nicht mal der Meinung bin, dass jede dieser Variablen mich auch unbedingt anspricht, aber kantianisch kann man so immer handeln. Ein "Schwenk" steckt da nicht drin, nur eine hypothetische Ausdehnung.
1. ich hab weiter vorne im Thread ja schon bei der erstmaligen Verwendung des Begriffs Genozid ja schon extra erwähnt, dass damit keine völkerrechtliche Kategorie gemeint ist, sondern das, was man umgangssprachlich darunter versteht.
Das ist wahr, ich will Dich auch gar nicht darauf festnageln. Aber was genau ist denn ein "umgangssprachlicher Genozid"? Das systematische Bekämpfen von Aufständischen ohne Rücksicht auf deren Leben? Ich will ja nicht schon wieder eine Grundsatzdiskussion anzetteln, aber die Frage muss erlaubt sein, ob dann das Vorgehen Russlands in Tschetschenien auch ein Genozid (gewesen) ist, die teils massiven Operationen Brasiliens gegen Kriminelle (die ja im gewissen Sinne auch einen "Aufstand" leisten) darunter fallen oder das Verhalten weißrussischer Milizen gegen Demonstranten. Wenn wir vom "ungangssprachlichen Genozid" reden, können wir gar nicht anders als subjektiv urteilen. Das empfinde ich als sehr unbefriedigend.
2. Ich bin kein Staatsrechler, aber wenn die UN die Staaten dazu auffordert, mit allen nötigen Mitteln (!) eine Flugverbotszone einzurichten und die Zivilbevölkerung zu schützen, dann genügt mir das. Ob die UN damit ihr eigenes Recht gebrochen hat, kann ich einfach nicht beurteilen. Aber wenn sich die Koalitionskräfte jetzt im Rahmen der Resolution bewegen, dann kann man ihnen das kaum anlasten. Und im Moment begrenzt sich der Einsatz ja wirklich nur auf das Ausschalten von Flugabwehrinfrastruktur und Verbänden, die direkt auf Wohngebiete zumarschieren oder diese eingekesselt haben. Beides ist durch die Resolution gedeckt.
Die dafür nötige Expertise hat wohl keiner von uns, es hat natürlich auch schon Repliken gegeben, die das Gegenteil fordern und für völkerrechtlich vertretbar halten. Wie ich das sehe, sind die springenden Punkte eben die, dass in Libyen nach der Definition der UN weder ein Genozid noch systematische Verbrechen gegen die Menschlichkeit stattfinden. Ich weiß nicht, inwieweit der zweite Aspekt auslegungsfähig ist, ob man also nicht doch zu dem Entschluss kommen kann, dass das konzertierte Vorgehen Gaddafis gegen die Rebellen einen Verstoß gegen die Menschlichkeit darstellen, ich nehme allerdings an, dass Merkel hier mit seiner Analyse recht hat.
Aber ob es für die Koalitionskräfte annehmbar ist, auf einer zumindest strittigen Basis derartige Operationen zu unternehmen, leitete gewiss eine neue Grundsatzdiskussion ein. Ich bin nicht so perseverant, hier eine schier endlos sich hinziehende Erörterung vor jedem Einsatz zu fordern, so könnte auch kein einziger "echter" Genozid verhindert werden, anfechtbare Aspekte gibt es immer. Aber dass Völkerrechtler anscheinend erst hinterher derartige Resolutionen auf ihre Rechtmäßigkeit überprüfen (können) und im Zweifelsfall der Status quo die Illegitimität sticht ("Man ist ja einmal da"), ist keine Ehrenbezeugung gegenüber den Lettern des Gesetzes.
Für die Bewohner Tripolis mag das anders aussehen. Man kann auch nur mutmaßen inwieweit die Bevölkerung Tripolis einfach nur zum Schweigen gebracht wurde oder wirklich treu zu Gaddafi stehen.
Ich vermute, es gibt mehr als genug Menschen, die relativ indifferent dem Aufstand gegenüberstehen, oder besser gesagt: es gibt Menschen, die eine Präferenz für die eine oder andere "Staatsform" (etwas aufgeblasen) haben, denen aber "Stabilität" (andere sagten vielleicht "Friedhofsruhe") lieber wäre. Und wer könnte es ihnen angesichts der gefährlichen Situation auch verübeln?
Soll man deswegen auch noch dieses Instrumentarium aus dem Sanktionskanon streichen? Was bleibt dann noch? Böse mit dem Finger wackeln?
Auch hier wünschte ich mir mehr Konsequenz. Nordkorea wird dauernd mit Sanktionen belegt (zurecht), kann aber seinen Handel mit China aufrechterhalten, was die gesamte Absicht der Völkergemeinschaft konterkariert. In Libyen ist es ähnlich. Aber was es normativ (und praktisch!) nützen soll, den Handel mit einem Unrechtsregime einzustellen, wenn andere ihr Treiben fortsetzen, gehört auch auf den Prüfstand. Überhaupt sollte man darüber nachdenken, dass ein Veto eines ständigen Mitgliedes im Sicherheitsrat nicht gleich zur Totalblockade führen sollte. Aber wenn darüber verhandelt würde, legten alle Staaten ein Veto ein...🙄
Welche Städte und welche Institutionen noch von Geldzuflüssen profitieren, weiß ich gerade gar nicht. Fest steht jedenfalls, dass die Lage der Zivilbevölkerung sich seither verschlechtert hat.

@ColdBloodGod:
Herodot, eh? 😉
 
Die deutsche Luftwaffe ist gar nicht in der Lage sich in nennenswerter Weise an diesem Einsatz zu beteiligen, da die nötigen Kapazitäten und Fertigkeiten einfach nicht vorhanden sind. Einfachstes Beispiel: Wir haben weder Luft-Boden Raketen noch moderne Bomben im Arsenal.
Von daher ist die Diskussion zu einer deutschen Beteiligung recht müßig..

Viel interessanter ist für mich, dass Deutschland sich als Bündnispartner selbst absolut diskreditiert. Es erwartet Schutz, dabei jedoch Souveränität, ist aber nicht bereit (oder in der Lage) etwas handfestes beizutragen.
Mit einer "Na, dann siegt mal schön"-Mentalität hat man sich noch nie Freunde gemacht.
 
@KOG: Deine Bemerkung "Herodot" verstehe ich in dem Zusammenhang zwar nicht ist aber okay.

Desweiteren finde ich es persönlich ziemlich schäbig von Deutschland das es sich enthalten hat. Sonst spricht die Regierung immer von Menschenrechten und das sie die Proteste Unterstützt und ermutigt somit die Protestanten für ihre Freiheit auf die Straße zu gehen. Wenn es dann aber wie jetzt in Lybien ernst wird, läßt sie die Menschen wie eine heiße Kartoffel fallen um ja keine Landeswahlen zu verlieren. Deutschland hätte sich da militärisch einmischen sollen auch wenn sie nur die Seeblokade oder mit Awacs den Luftraum überwacht hätten. Ich gehe jede Wette ein das der alte Schmidt oder Kohl da ganz anders gestimmt hätten und das mit recht.
 
@Doofnase:
Viel interessanter ist für mich, dass Deutschland sich als Bündnispartner selbst absolut diskreditiert. Es erwartet Schutz, dabei jedoch Souveränität, ist aber nicht bereit (oder in der Lage) etwas handfestes beizutragen.
Mit einer "Na, dann siegt mal schön"-Mentalität hat man sich noch nie Freunde gemacht.
Aber was leitest Du denn daraus ab? Dass man jeden Einsatz gutheißen soll, solange es eine breite internationale Unterstützung dafür gibt, ganz gleich, wie man selber dazu steht oder wie es völkerrechtlich kodifiziert ist? Hätte Deutschland also auch nicht zögern sollen, mit in den Irak einzumarschieren, weil uns die Verweigerung Ansehen in den USA gekostet hat?
Mal ganz davon abgesehen halte ich das immer noch für eine Form des "diplomatischen Boulevards", die Zeitungsschreiber freuen sich, dass sie endlich wieder ihr Vokabular beleidigter Affektionen von "verschnupft" bis "verstimmt" auffrischen können, letztlich tut sich aber überhaupt nichts. Den Niederlanden ist auch ein mediales Theatergedonner entgegengekommen, als sie den Abzug aus Afghanistan im Alleingang durchgesetzt haben, geschadet hat es ihnen nicht.

@ColdBloodGod:
Herodot beschreibt die Tyrannis unter Peisistratos und der darauf folgenden Peisistratidendeszendenz, was die Grundlage für die ersten Diskussionen über den Tyrannenmord gelegt hat. Deine Formulierung erinnerte mich gerade stark an die antiken Texte (inhaltlich). Vovins Erklärung hat aber auch einiges für sich. 😀