Was hast du denn in diesen von dir zitierten Texten gelesen? Ich habe mir jetzt einiges an Zeit genommen, um die selbst auseinanderzunehmen und bin da zu folgenden Ansichten gekommen (Direkter Bezug auf die von dir verlinkten Texte, weitere Äuszerungen wurden nicht ergoogelt):
[Konrad Adam]
Ich lese den Text so, dass er sich auf den Gedanken eines anderen Kolumnisten bezieht und versucht, dem seine Gedankengänge analytisch nachzuvollziehen. Ich finde seine Argumentation sehr gut nachvollziehbar, allerdings bleibt da halt die emotionale Komponente (die so eine 'Anregung' auf jeden Fall macht) unberücksichtigt.
Meiner Ansicht nach sagt er zusammengefasst: Jeder wird am ehesten denjenigen wählen, welcher die vorteilhaftesten Bedingungen verspricht. Wenn nun jemand viele soziale Wohltaten in Aussicht stellt, wird dieser auch am ehesten von der Gruppe gewählt werden, die davon profitieren werden. Auf Dauer führt das zu einer Korrumpierung des Staates, da die Parteien zu ihrem Machterhalt immer neue Versprechen machen müssen, um eben die Gruppe der Wähler weiterhin an sich zu binden.
Ich lese da an keiner Stelle, dass den 'Inaktiven' und 'Versorgungsempfängern' das Recht zur Wahl genommen werden soll. Ich lese da eher eine deutliche Kritik an der etablierten Praxis, wider besseren Willens das Blaue vom Himmel zu versprechen, allerdings ohne einen konkreten Vorschlag, wie es denn nun besser/anders gehen sollte.
Ich kann mich bspw. auch in die Gedankenwelt von Valerie Solanas 'SCUM-Manifest' begeben und analysieren, ohne jetzt allerdings die darin geäuszerten Thesen als gut oder schlecht anzuerkennen...
[Roland Vaubel]
Mich würde hier interessieren, wie der Autor auf diese Fragestellung gekommen ist und zu welchem Anlass er das schrieb. Denn innerhalb dieser Fragestellung bewegt er sich in meinen Augen argumentativ schlüssig und nachvollziehbar, wobei meiner Ansicht nach die meiste Zeit die persönliche Meinung im Hintergrund steht (dazu später mehr). Die von dir zitierte Zeile ist in meinen Augen eine sachliche wie analytische korrekte Folgerung aus der Eingangsfrage und des zugehörigen Kontext und beschreibt ein bereits vorgekommenes Ereignis.
Zudem ist 'Tyrannei der Mehrheit' in meinen Augen nicht unbedingt von vornherein als 'schlecht' zu bewerten (aus deinen Äuszerungen ist zu entnehmen, dass du es entsprechend als 'schlecht' bewertest, falls nicht, my bad...). Dahinter stehen auch einige Prinzipien, die in meinen Augen für eine lebendige Demokratie inherent wichtig sind. Gerade was Schutz der Minderheiten angeht. 'Leistungselite' dürfte genauso eine Minderheit darstellen wie Sinti/Roma, Sorben oder andere Gruppierungen (je nachdem, wie man seinen Fokus legt, bzw. was man vergleichen will). In einer Demokratie sollte nach meinem Verständnis jeder Minderheit die gleichen rechtsstaatlichen Prinzipien zugestanden werden. Sobald da eine Differenzierung anfängt, untergräbt der demokratische Rechtsstaat seine Existenzberechtigung.
Abgesehen davon, dass der Autor die Definition von 'Leistungselite' vergessen hat (so kann sich jeder darunter was anderes vorstellen, was einer Diskussion bei schwammigen Begriffen immer sehr... lustig ist) arbeitet er in meinen Augen sehr gut heraus, was der Staat derzeit zum Schutz dieser 'Leistungslite' bereitstellt. Ich sehe darin nichts verwerfliches.
Ansonsten bietet der Wikieintrag zu
Alexis de Tocqueville noch ein bisschen weiteres Material zum Thema 'Tyrannei der Mehrheit'.
Verwerflicher finde ich dafür folgenden Abschnitt:
Vertragsfreiheit auf dem Arbeitsmarkt würde Wunder wirken – ein zweites „Wirtschaftswunder“ wäre die Folge. Die Vertragsfreiheit darf und muss nur dann eingeschränkt werden, wenn der Vertrag zu Lasten Dritter geschlossen wird (zum Beispiel ein Kartellvertrag) oder wenn er die Vertragsfreiheit oder die körperliche Unversehrtheit eines Vertragsschließenden verletzt, dieser sich also zum Beispiel in die Sklaverei begibt oder seiner eigenen Verstümmelung zustimmt.
Das ist die einzige Stelle, wo der Autor meiner Ansicht nach eine eigene Ansicht vertritt, die auf eine komplette Abschaffung des Kündigungsschutzes hinausläuft, was ich als wesentlich problematischer ansehe als die Textzeile, die du zitiert hast.
So, nachdem ich meine Lesart (und mich damit in Vorleistung angreifbar
😛) gemacht habe: Was hast du aus den von dir verlinkten Artikeln rausgelesen?
Zum Thema Andreas Kemper verweise ich mal kommentarlos auf diesen
Blogpost von Arne Hoffmann in seinem Genderama-Blog.
sondern offen und kritisch informieren
Das ist keine Einbahnstrasze, sondern sollte sich auch auf seine eigene Meinung beziehen, nicht nur diejenigen, denen man kritisch gegenüber steht. Um es mal so zu sagen (Wenn Quelle gewünscht, such ich die noch raus): Menschen glauben eher Aussagen, die das eigene Weltbild stützen. Von daher sollte man vor allem diesen Aussagen kritisch gegenüber stehen. Wenn jemand etwas sagt, was man für richtig hält, heiszt es noch lange nicht, dass es auch wirklich richtig ist...
Aufklärung sei der Ausgang des Menschen aus der selbstverschuldeten Unmündigkeit.
Gibt es auch einen Namen für den Ausgang des Menschen aus einer fremdverschuldeten Unmündigkeit? (Ich frage das jetzt wirklich der Neugierde wegen, ich weisz es nämlich nicht... Find das aber schön für philosophische Diskussionen ^^)