Da kann ich nur sagen, dass nicht Hartz IV zu hoch ist, sondern die Löhne zu niedrig
Erklär das mal jemandem, der meint, mit 1100 Netto könne er sich einiges leisten (sorry, yinx). Da würde mir persönlich beim Gedanken an die Altersvorsorge schon ganz schlecht. Rente geht da gar nicht, ohne Abzüge (erst mal bis 67 durchhalten - eh bullshit, die sollen Beitragsjahre zählen) 40% vom Netto => 660 Euro, uuuh.
Ich wollte nicht behaupten, dass ich jetzt besonders viel verdiene und in Saus und Braus lebe, ich wollte nur verdeutlichen, dass, wenn man in Deutschland von "Armut" spricht, die Betroffenen im Allgemeinen nicht wirklich arm sind. Jeder kann von wenigstens Hartz IV natürlich nicht luxuriös, aber ausreichend leben und wie gesagt - es soll ja eigentlich keine Dauerlösung sein. Klar, es gibt einige Leute die durchs Raster fallen, Obdachlose zum Beispiel, aber jedes System hat kleine Maschen.
Ich schließe mich Knight-Pilgrim auf jeden Fall an, wenn er sagt, die Gehälter müssten höher werden, ich würde für mein Geld auch nicht länger als ein paar Monate arbeiten, ohne eine Gehaltserhöhung zu fordern oder mich umzuorientieren.
In Bezug auf die schlechte Leistung vom Amt stimme ich auf jeden Fall auch zu - was die Sachbearbeiter da abliefern ist teils mehr als peinlich.
Die Frage ist nur, wie man das Geld nach unten verteilt. Ein höherer Spitzensteuersatz oder eine Vermögenssteuer sind für den Zweck meiner Meinung nach nicht sinnvoll, da das Geld, wie schon öfter erwähnt, eben nicht unten ankommen wird, sondern nur oben weggenommen wird. Das soziale Gefälle zu korrigieren, in dem man den oberen Schnitt senkt, kann nicht der richtige Weg sind, da müsste es wenn eine Annäherung beider Seiten geben. Maßnahmen wie Mindestlohn und bedingungsloses Grundeinkommen würden die falschen Unternehmen treffen. Gerade mittelständische Unternehmen, die nicht im großen Stil im Ausland absetzen können, leiden ja auch unter den entsprechenden Entwicklungen und können teilweise einfach nicht flächendeckend mehr bezahlen. Hier greift der Staat Unternehmen und Geringverdienern teils einfach zu tief in die Tasche. Nehmen wir an, ich wollte 1600 Euro netto raushaben (wenn ich mit 1100 "arm" bin, dann will ich wenigstens 500 mehr
😉 ), dann müsste mein Arbeitgeber gut 3000/Monat dafür aufwenden. Utopisch davon ausgehend, dass der Inhaber/CEO das gleiche Geld kriegt, ob wohl er das viel höhere soziale Risiko trägt und wir sagen wir mal, 9 weitere Mitarbeiter haben (1x Assistent der GF, 1x Wareneingang/Einkauf, 1x Verwaltung, 1x IT, 2x Verpackung/Versand, 1x Grafik/Marketing, 2x Verkauf), dann müsste das Unternehmen schon 30.000 Euro Netto-Umsatz/Monat fahren, allein fürs Gehalt. Gehen wir dann mal davon aus, dass jeder Angestellte das Dreifache seiner Kosten einspielt, dann haben wir einen Umsatz von 90.000 Davon gehen dann ab Gewerbesteuern (bei dem Umsatz ca. 13.000), eventuell Fuhrpark (sagen wir ein Sprinter, als LKW angemeldet kostet der im Jahr ja nur knapp 200 Euro Steuern, dann muss ich ihn aber pflichtversichern, also sagen wir mal einfach 150 im Monat, mit Sprit und Verschleiss rechnen wir mal 500), Inventar und Arbeitsmaterialen, Rohstoff- und Lagerkosten (für die die Firma in Vorkasse treten muss - rechnen wir hier mal, dass die Firma, um 1000 Euro wertzuschöpfen 100 investieren muss, macht also 9000 Euro), Kalkulationen (ein paar Fehlinvestitionen und Fehler sind wohl menschlich, rechnen wir hier großzügig 1000 Euro im Monat), nicht zu verachten die Mietkosten oder Erwerbskosten für Büros/Lager/Produktion (lt. Arbeitsrecht ca. 5 m2 pro Angestelltem (12 m3 bei 2,50 Deckenhöhe) was ja schon arg unmenschlich wäre, 2 Bäder (getrennte Toiletten sind Pflicht), ne Küche, + ein bisschen weitere Nutzfläche, rechnen wir einfach mal arg günstige 1500), Stromkosten und andere Verbrauchskosten (sagen wir mal 50 pP/ Monat = 500), eventuelle Lizenzgebühren, Zinsen von einem Kredit, den man aufgenommen hat, um den Sprinter zu kaufen, Inventar anzuschaffen, Gebühr für evtl. GmbH zu zahlen etc. (rechnen wir mal 80.000 (max. beim Sparkassen-Kreditrechner
😛) über 3 Jahre = ca. 2500/Monat) = 58.000 + krankheitsbedingte Ausfälle u.ä. kommen wir sagen wir auf 60.000. So haben wir dann 30.000 Gewinn, von denen werden jetzt Körperschaftssteuer und Solidaritätszuschlag abgeführt, bleiben ca. 25.000, um Schwankungen und Sommerloch abzufangen, wird eine Mitarbeiterin schwanger sieht das schon übel aus. Außerdem ist hier noch keinerlei Marketing drin, keine Reise- oder Hotelkosten, keine Versicherungen (Diebstahl/Firmenhaftpflicht/Berufsunfähigkeit etc.)... und auf Ausschüttungen aus dem Gewinn müsste man nochmal 25% Kapitalertrag zahlen.
Ausgehend von... ? keine Ahnung... individuell bedruckten Shirts im Wert von 20 Euro/St (Verpackung und Versand in Materialkosten enthalten) - müsste man bei 22 Werktagen im Monat also um die 200 Shirts/Tag verkaufen. Und bei der Verteilung der Arbeitskräfte könnte ein zwischenzeitlicher Ausfall schon arg ins Gewicht fallen. Allein an Lohnkosten lassen sich hier (mein Gehalt zugrunde liegend) knapp 10.000 Euro/Monat einsparen.
Keine Ahnung, wieso ich immer alles vorrechnen muss, das passiert einfach so im Flow
🙁
Unabhängig davon, dass die Rechnung natürlich mal wieder oberflächlich ist, zeigt sie glaube ich dennoch ganz gut, dass nicht jedes Unternehmen H&M oder Coca Cola oder Apple ist, die einen riesigen aufgeblähten Apparat hinter sich haben, der problemlos alle Widrigkeiten abfedern kann und allein durch Image und Bekanntheit problemlos die Verkaufszahlen erzielen.
Man müsste eher eine Möglichkeit finden, das Steuersystem zu vereinfachen und gerade für weniger gut verdienende Arbeitnehmer und mittelständische Unternehmen attraktiver zu machen. Wohlhabende Menschen und Firmen geben einfach entsprechendes Geld für Steuerberater aus, um ihre Einkünfte durch die Weltgeschichte zu schieben, umso wenig wie möglich davon herzugeben und das scheint sich auch noch zu lohnen, während Geringverdiener sich das überhaupt nicht leisten können und nicht mal wissen, wo sie eventuell Geld einsparen können, was sie absetzen können, wo und wie sie Zuschüsse beantragen und sind mehr der nötigen Bürokratie heillos überfordert. Zusätzliche und höhere Steuern würden den Trend meiner Meinung nach nur verschlimmern. Und die, die das Geld brauchen, haben nichts davon.
Auch der massive Arbeitnehmerschutz kehrt sich in der Hinsicht allmählich gegen sich selbst. Vollzeit-Angestellte sind, wenn sie es drauf anlegen, viel zu schwer bis fast gar nicht mehr los zu werden und verursachen massive Kosten, selbst wenn sie nicht arbeiten, weil sie zB. dauer-krankgeschrieben sind. Da will ich z.B. als Arzt eine Angestellte (aus was für einem Grund auch immer) aus meiner Praxis entlassen, für die ich voll hafte, für alle Kosten aufkomme etc. und sie kann mir als Kündigungsgrund erstmal Sexismus unterstellen und ich muss erstmal ein Gerichtsverfahren durchlaufen, für die Kosten aufkommen und wochenlang Ärger damit. Das Beispiel ist recht polemisch, sorry dafür, aber unabhängig davon, auch in Bezug auf meine eigene Person: Die Kündigungsfrist finde ich völlig richtig, wenn mir mein Arbeitgeber sagt, er möchte mich entlassen, muss er das je nach Beschäftigungsdauer entsprechend vorher tun und ich habe die Chance mich in der Zeit neu zu orientieren (genauso ja ich auch) - aber wenn er mich kündigen will, aus seiner Firma, unabhängig vom Grund und wenn er nur sagt - mir passt heute dein Hemd nicht - dann kann ich mich darüber aufregen, was für ein Arsch er ist, aber es ist mMn trotzdem sein gutes Recht. Es ist seine Firma. Sein Geld, seine Investition, seine Idee. Er haftet, er trägt die Kosten. Klar, hier greift wieder das Problem, dass es entsprechend große Konzerne gibt, wo die Personalverwaltung natürlich bei weitem nicht mehr über die Inhaber oder CEOs läuft, die entsprechend große Rücklagen haben und eigene Juristen und wo die Besitzansprüche des Unternehmens auch nicht mehr so klar definiert sind... aber auch hier müsste man vielleicht nach Unternehmensgröße differenzieren.
Mindestlohn würde sich sicherlich gut branchenabhängig steuern lassen, das wird ja teilweise auch schon gemacht.
P.S.: Mein Vater ist ja auch Inhaber/CEO einer GmbH, die Software entwickelt und die haben auch eine Steuerkanzlei, die für sie arbeitet. Beim ersten Treffen war mehr oder minder die erste Frage: "Wie viel Steuern möchten sie bezahlen?"