40k [WH40k] Deathwatch:Xenojäger II

Frohe imperiale Ostern euch allen. Gedenkt der bevorstehenden Auferstehung unseres Herrn und Erlösers, des Imperators der Menschheit.

NEUN / IV

An Bord der Tabula Rasa war Caleb, alias Lucif, ebenfalls von Widersprüchlichen Gefühlen erfüllt. Während er Schulter an Schulter mit dem zornig keuchenden World Eater vorauspreschte, konnte er nicht anders als eine gewissen Respekt für diesen zu Empfinden. Er hatte eine Hand verloren und nach wie vor schienen sich tückische Toxine in seinem Körper auszutoben, aber seine schier endlose Wut schien alles hinwegspülen zu können. Ob diese Rage mit der Roten Wut vergleichbar war?
Gerade im Moment erlebte er den Auftrieb einer anderen Macht, die nicht aus diesem Universum stammte. Enox war direkt hinter ihnen beiden und hatte sie mit in die Schatten die ihn Umgaben eingewoben. Irgendwie erinnerte der Effekt an Thyrianos‘ Beschleunigungsfeld, hatte jedoch eine gänzlich andere Wirkung. Er schien vor allem Licht und den Raum zu beeinflussen, denn trotz der vergleichsweise engen Gänge kamen sie einander nicht ins Gehege und hatten das Gefühl durch tiefste Nacht zu wandeln. Regelrecht beiläufig überrumpelten sie einen Trupp ramponierter Kampfservitoren, die sie anscheinend nicht erfassen konnten. Während sie die hilflosen Drohnen ausschalteten, drang ein glockenhelles Gelächter in Calebs Ohren. Hektisch sah er sich um und versuche zu erkennen ob seine Gefährten diese unwahrscheinlichen Laute ebenfalls hörten. „ Dämonen!“ grollte Enox warnend und im selben Moment barst eine der Wände.
Calebs persönliche Erfahrungen mit Dämonen hielten sich stark in Grenzen. Bei der einzigen Begegnung hatte er gesehen, wie Thyrianos mit einem kolossalen deformierten Alptraum gekämpft hatte, während sein eigenes gut gezieltes Bolterfeuer bedeutungslos verpufft war. Hier sah die Bedrohung jedoch völlig anders aus. Bestürzend menschlich aussehende Halbfrauen tummelten sich spärlich bekleidet in einer Einheit ausgelassener Soldaten. Bereits auf den ersten Blick war zu erkennen, dass es sich um Enterabwehrtruppen handelte, oder gehandelt hatte. Ihre glühenden Gesichter und sehr viel einschlägigere Szenen belegten jedoch, dass sie der Verführung erlegen waren und sich ihr Verstand aufgelöst hatte. Caleb riss seinen Bolter hoch, um eines der massereaktiven Geschosse zwischen den wackelnden Brüsten einer der Dämonen zu versenken. Mit einem unter anderen Umständen herzzerreißenden Heulen, sprang einer der Soldaten in die Schussbahn, woraufhin ihm sein behelmter Schädel vom Hals gesprengt wurde. „Folgt uns und ihr werdet frei sein. Erfahrt die Freuden die euch euer Leichenimperator seit Dekaden vorenthält.“ säuselte eine der Kreaturen und viele Soldaten stimmten euphorisch zu.
Der World Eater traf auf die Sterblichen wie eine Abrissbirne. Er hatte an Caleb vorbei beschleunigt, war einem dröhnenden Melterstrahl ausgewichen und zerteilte zwei Soldaten mit seiner röhrenden Kettenaxt. Mit seinem Armstumpf stieß er einen Dritten zwischen seine Kameraden, die mit ihm zu Boden gingen. Caleb rückte vor und versuchte erneut einen der Dämonen auszuschalten. Anzüglich lächelnd drehte sie eine unmögliche Pirouette und machte eine auffordernde Geste in Calebs Richtung. Er war schon unzählige Male herausgefordert worden, von Orks, von Eldar, von Ketzern und vor wenigen Minuten von einem abtrünnigen Astartes. Aber noch nie hatte er eine derart verstörende Wirkung bei sich selbst bemerkt. Er wollte diese Kreatur zwar töten, aber aus vergessen geglaubten Teilen seines Bewusstseins drangen weitere gelüste an die Oberfläche. Ihre strahlenden Augen kündeten von Freude und Ausgelassenheit, vom Sprengen der Ketten und anderen unsäglichen Versprechungen. Ohne Vorwarnung stieß ein Speer aus Dunkelheit nur knapp zwischen Caleb und dem World Eater hindurch. Die unstoffliche Lanze spießte eine der Dämonetten auf und ließ sie vor Schmerz und Ekstase zugleich aufschreien. Auch als sich die Lanze kurz darauf in harmlosen Rauch auflöste, blieb die Kreatur heulend in der Luft hängen. Der World Eater hatte sich zwischenzeitlich zu einer der Dämonetten vorgekämpft und war in einen gegensätzlichen Zweikampf verwickelt, der die Soldaten in ihrer Nähe zu reinen Statisten degradierte. Wutentbrannt stürmten sie auf den Nightlord-Hexer zu der ihre neue Herrin tötete und starben in Scharen als sie Caleb zu passierten versuchten. Eine zerstörerische Schwärze fraß sich durch den bestürzend schönen Körper der Dämonette und ließ deren Fleisch zu schmieriger Ache zerfallen. Über die Köpfe der Soldaten hinweg schwangen sich weitere Dämonetten auf Calebs Position zu. Ihre filigranen Klauen wirkten beinahe harmlos im Vergleich zu Calebs gleißendem Energieschwert, aber der Blood Angel gab sich keinen Illusionen hin. „Du kannst den Hexer Töten Engel! Er kann dein Tribut an die ultimative Freiheit sein nach der du dich schon immer gesehnt hast.“ flüsterten die Dämonetten direkt in Calebs Verstand hinein und trafen damit genau seine wunden Punkte. Enox hatte sich mittlerweile ebenfalls neben ihn gesellt und metzelte Soldaten nieder die Schwierigkeiten zu haben schienen Caleb und Enox anzuvisieren. Ähnlich wie bei Thyrianos‘ Schwert, reichten selbst kleinste Treffer mit der Psiaxt aus, um die Sterblichen zu töten. Am hinteren Ende des Raumes verschwanden der World Eater und seine Gegnerin scheppernd in einem zusammenbrechenden Treppenschacht und waren damit außer Sicht.
Das bedeutete, dass Caleb und Enox nun fünf Dämonetten gegenüberstanden. Eine weitere Schattenlanze schoss aus Enox linker Hand und traf eine der Kreaturen mitten ins Gesicht, jedoch fügten zwei ihrer Schwestern Enox tiefe Wunden in Brust und Kopf zu. Caleb entging den blitzschnallen Hieben der Angreifer, wenn auch nur knapp. Im Gegenzug erfolgten aber seine Gegenschläge bei weitem nicht so schnell wie er es von sich gewöhnt war. Es war als hätte er unerklärliche Hemmungen diese Nimmergeborenen zu tilgen und ihr Versprechen wollte sich einfach nicht ausblenden lassen. „Töte den Hexer! Du willst es, du kannst es.“ lockten sie ihn weiter und Caleb merkte deutlich, dass sie mit ihm spielten. Enox gelang es eine der Dämonetten zu streifen was zur Folge hatte, dass sie ebenso qualvoll verging wie die beiden zuvor. Jedoch nicht ohne ihn noch mit erstaunlicher Kraft zu Boden zu reißen. Damit stand Caleb zunächst alleine drei der Kreaturen gegenüber und ihre Absicht war ihm klar, ehe sie sie formulierten. Entweder er würde den Hexer töten oder sie würden hier beide Sterben. Dennoch besann er sich auf die sparsamen Worte die er seinerzeit von Thyrianos gehört hatte. Sie waren einfach, unmissverständlich und universell.
>>Erwäge weder Worte noch Taten der Dämonen. Töte sie wo du sie findest!<< Mit einem heiseren Aufschrei stürzte Caleb vor und er konnte fühlen wie ihn seine rechtschaffende Überzeugung von den lähmenden Fesseln der Verführung losrissen. Die Angegriffene wich dem starken aber wenig kunstvollen Streich tänzelnd aus was jedoch Calebs Plan gewesen war. Denn nun war er nah genug sie zu packen. Er zerrte sie vor sich um den beiden anderen, nun wutschäumenden Dämonetten, den Weg zu verstellen. Auch wenn die Kreaturen unglaublich schnell und erstaunlich stark waren, verloren alle ihre Vorteile an Bedeutung wenn ein Astartes seine Masse und Stärke vollkommen zur Geltung brachte. Caleb trennte die Klaue einer Angreiferin ab, ehe die gepackte ihm ins Gesicht sprang und ihre Dolchartigen Finger in die Flanke des Helms bohrte. Sehr viel problematischer war jedoch der Umstand, dass sie ihm die Sicht raubte. Daher versuchte er sie mit einer Bärenumarmung zu zermalmen und gleichzeitig einen Kopfstoß anzubringen. Eine weitere Attacke traf sein Schwert und ließ ihn rückwärts über Enox zu Boden stürzen. Gedanklich bei der tödlichen Psiaxt rollte er sich so schnell es ging seitlich ab und tötete dabei die umklammerte Dämonin als er ihren Leib zerquetschte. Aus dem Augenwinkel sah er wie einmal mehr Enox Hand emporschnellte und eine der Kreaturen aufspießte. Die letzte setzte sich ab und sprang hinter dem World Eater her in den Treppenschacht. Darauf erklang metallisches Scheppern und ein reißendes Geräusch sorgte wieder für Stille. Dann flog ein abgetrennter Dämonenkopf aus dem Loch gefolgt von einem blutbesudelten World Eater. Bis auf ein am Gürtel arretiertes Kettenschwert war er unbewaffnet und drängte an Caleb und Enox vorbei. Letzterer erhob sich umständlich, wobei er sich auf seine Psiaxt stützte. Bei der Gelegenheit fiel Caleb auf, dass die Wunden des Nightlords in keiner Weise denen eines Astartes ähnelten. Vielmehr schien sein Schattenhafter Körper an einfach nur etwas an Substanz verloren zu haben.

„Wir müssen weiter, wir verlieren Zeit.“ trieb der Nightlord sie an, auch wenn dies eigentlich unnötig war. „Der Feind versucht einen mächtigen Dämon zu manifestieren. Wir müssen das Ritual unterbrechen!“ grollte er weiterhin während kleine schwarze Flocken aus seinen Wunden schwebten.
Sie entdeckten zwei tote Alphalegionäre, die grausam ausgeweidet und deren Gesichter abgehäutet worden waren. Die beträchtliche Menge an Blut, die vom Tatort wegführte sprach dafür, dass entweder einer der Angreifer schwer verletzt, oder aber einer der Verteidiger gefangen genommen worden war. Da die Spur in Richtung ihres Ziels führte folgten sie ihr und vernahmen kurz darauf abstoßende Gesänge und einen durchdringenden Geruch der entgegen aller Logik selbst in ihre interne Luftversorgung vordrang. „Werden wir nur zu dritt eingreifen? Ich denke eine derartige Bedrohung rechtfertigt weitaus mehr Engagement.“ Erkundigte sich Caleb. Bei aller Wildheit, sah er eine Gegenoffensive mit lediglich zwei Verwundeten an seiner Seite als kritisches Unterfangen.
„Keine Angst Lucif, andere Kräfte werden hinzustoßen und die Mitternacht selbst wird über euch Wachen.“ antwortete Enox abfällig und entlockte Caleb ein ärgerliches Schnauben. Sie gelangten an das obere Ende eines großen Aufzugschachtes dessen Transportplattform deformiert in der Finsternis hing. Caleb wollte eben seine Waffen arretieren um herabzusteigen als der World Eater ihn aufhielt. „Wir können springen.“
Ohne innezuhalten marschierten die Beiden über die kannte und Caleb folgte ihnen dicht auf. Obwohl die Fallhöhe auch für einen Astartes definitiv kritisch war, landeten sie sanft wie ein fallendes Leichentuch und erfassten sofort die Szenerie. In den Boden der Lagerhalle waren hässlichen Runen geritzt worden und zahlreiche Ketzer wanden sich in Ektase um das Ritual herum. Schiffsdiener, weitere Ketzer und zwei Alphalegionäre zappelten und kreischten an Metallgestängen während ihre gepeinigten Seelen Stück für Stück ins Immaterium gerissen wurden. Im lang gestreckten Zentrum dieses Spektakels war eine chaotische Mischung aus Chemikalien, Schrott und Fleisch aufgetürmt und eine Entität flackerte hysterisch zwischen Realität und dem großen Ozean. Offensichtlich wollten die Verräter einem unreinen Geist ermöglichen, sich in der kontaminierten Materie zu verankern. Sollte sich diese wurmartige Kreatur vollends materialisieren, würde sie das Schiff aushöhlen wie ein Holzwurm und nur eine leblose Ruine zurücklassen.
Intuitiv verließ Caleb sich darauf, dass der Hexer vor ihm wüsste was zu tun war, jedoch sah die Realität zumindest optisch anders aus. Enox schien zu schmelzen und verwandelte sich in eine schwarze Wolke, die in unnatürlichen Schlieren durch die Halle zog. Schreiende Kultisten wurden umschlungen während ihnen Schattenhafte Schwaden durch Mund und Nase drangen. Einer der Sterblichen, der eine grelle Robe um seinen fetten Körper gewickelt hatte, fuchtelte mit einem funkelnden Dolch und schien sich mit reiner Willenskraft gegen Enox‘ Überreste zu verteidigen während ihn außerweltliche Energien umwaberten. Der World Eater sprintete auf den Psioniker zu, wurde jedoch von Dämonetten aufgehalten, denen der schwarze Rauch nichts anzuhaben schien. Zwei Emperors Children, mit detaillierten goldenen Masken vor ihren Helmen und Mänteln aus frischer Menschenhaut, stapften siegesgewiss auf Caleb zu. Ehe sie ihn erreichten war zu erkennen, dass auch die fixierten Opfer von den schattenhaften Schwaden durchdrungen wurden und damit zumindest ihre Pein ein Ende hatte.
„Haltet aus, Verstärkung ist unterwegs.“ drang Sophokles Stimme gepresst aus dem Funk, was Caleb jedoch nur am Rande wahrnahm. Die beiden Kämpfer vor ihm verhießen mit jeder Bewegung eine tödliche Raffinesse und darüber hinaus schienen sie daran gewöhnt, zu zweit zu Kämpfen. Wie ein Mann stießen sie mit ihren identischen Energieschwertern zu und Caleb gelang es lediglich eine der blitzschnellen Attacken zu parieren. Die andere Klinge traf seinen Helm, spaltete ihn entlang der Wange und ritze Calebs Haut. Thronverdammt die Bastarde waren schnell! Durch ihre Masken, von denen eine lachte und die andere weinte, waren sie zwar zu unterscheiden, was aber nur wenig half als sie erneut angriffen und Caleb zu einem Sprung und gleichzeitiger Parade zwangen. Nur Sekundenbruchteile später folgten die nächsten Schläge und Caleb wurde so weit zurückgedrängt, dass er nur eine Attacke parieren konnte. Der zweite Schlag peitschte in seine Flanke und zuerst befürchtete Caleb schwerste Schäden da er absolut nichts fühlte. Allerdings war die schlanke Klinge irgendwie abgeprallt oder abgeglitten. Oder gehörte dies zu dem kranken Spiel welches die Verräter hier abzogen? Wahnsinniges Gelächter drang in Calebs gesprungenen Helm untermalt von einem klagenden Kreischen, als der World Eater eine der Dämonetten der Länge nach spaltete. Jedoch hielt sich Calebs Freude darüber in Grenzen, denn er sah wie sich einige beschädigte aber kampffähige Servitoren auf die Gangway schoben und versuchten schwere Waffen ausrichteten. Zwei wurden sogleich von einem brüllenden schweren Bolter zerrissen, der aus einem der von unten nicht einsehbaren Eingänge schoss und die anderen reagierten indem sie sich auf das neue Ziel ausrichteten.
Wenn er gegen diese beiden Duellanten bestehen wollte musste er sich etwas einfallen lassen. Er zog sich mit einer Rolle durch ein halb leeres Regal hindurch zurück, um zumindest für den Moment nicht durch beide abgreifbar zu sein. Auf der anderen Seite richtete er sich jedoch weder auf noch brachte er sein Schwert zwischen sich und seine Gegner. Einer zielte mit einer verzierten Boltpistole auf ihn und feuerte. Auf diese Entfernung konnte er unmöglich verfehlen, jedoch schien es als habe er Caleb nicht wirklich im Blick. War das Enox Werk? Wie auch immer. Caleb vollführte seinen eigenen Plan und feuerte eine volle Boltersalve in den Unterleib des Schützen. Der darauf röchelnd zusammenbrach. Sein Zwilling stieß jedoch das schwere Regal um und um nicht zermalmt zu werden, musste Caleb sich schnell wegbewegen. Während er zwischen den Regalen hindurcheilte regnete es zerfetzte Servitorenteile auf ihn herab und der nun tobende Emperrors Children krakelte irgendetwas in einer Sprache die bereits beim Hören wehtat. Irgendwie gelang es dem sterblichen Hexer und den verbliebenen Dämonetten den rasenden World Eater abzuwehren und ihm immer mehr blutende Wunden zuzufügen. Das eigentliche Ziel war jedoch das Ritual beziehungsweise der immer schneller flackernde große Dämon. Caleb stürmte darauf zu und merkte wie ihm warmes Blut aus der Gesichtswunde lief, die eigentlich lägst verschorft sein sollte. Obendrein fielen die Tropfen nicht zu Boden sondern schwebten auf das Ritual zu. Mit einem zornigen Aufschrei trieb er sein Schwert bis zum Heft in die unsägliche Masse und drehte es. So befriedigend dieser Treffer auch war, hatte Caleb nicht das Gefühl etwas Entscheidendes ausgerichtet zu haben. Etwas wie ein Rauschen fegte auf ihn zu und ließ ich ausweichen ohne zu sehen was sich nährte. Keine Sekunde zu früh, denn der verbliebene Zwilling hatte ihn, nun mit Schwertern in beiden Händen gestellt. Er war wie ein rosafarbener Wirbelwind der sich mit den schwarzen Schwaden maß die Caleb umgaben. Der Verräter war zwar schneller als er und möglicherweise auch der bessere Schwertkämpfer, aber dafür schienen die Schatten selbst Caleb beizustehen. Tief in seinem Inneren wünschte er sich beinahe, diese Berührung wäre schmerzhaft oder würde sonst eine abweisende Reaktion in seinem Körper hervorrufen. War es nicht der schlimmste Makel von allen der sich schleichend in die Seele stahl und verdarb ohne, dass man es merkte?
Am Klang des röhrenden Kettenschwertes erkannte er, dass sein Waffenbruder in die Defensive geriet und versuchte einzugreifen. Thronverdammt, hatte er den World Eater gerade als Bruder gesehen? Caleb ließ sich von seinem Gegner in Richtung der letzten zwei Dämonetten und des Psionikers treiben und riskierte es, einen Teil seiner Aufmerksamkeit auf diese zu richten. Der Psioniker schleuderte scheinbar kinetische Stöße und wehrte sogar den ein oder anderen Schwerthieb ab, der sonst seine Beschützer verletzt hätte.
DasTeilen der Aufmerksamkeit war etwas was Menschen jedoch nicht im Ansatz so gut konnten wie Astartes. Daher hatte er auch keine Chance das Kampfmesser abzuwehren, welches Caleb ihm in die flanke schleuderte. Kreischend hielt er sich die tiefe Wunde und sah mit Schrecken, wie sein Blut aus dem Körper gerissen wurde. Diese Überraschung Schuf jedoch auch Gelegenheiten für die zwei anderen Marines. Der World Eater schleuderte seinerseits sein Schwert einer der Dämonetten in die Brust und stürzte sich unbewaffnet auf die andere. Im gleichen Augenblick fuhr die schmale Klinge des Emperrors Children durch den linken Unterarm des Blood Angels und trennte ihn sauber ab. Es gab keinen Schmerz, nur Kälte und ein unnatürlicher Blutstrom der ins Ritual floss. Ein weiterer Hieb ging daneben und Caleb wich zurück wobei er den Schädel des zusammengebrochenen Psionikers zerstampfte. Das Ritual schien jedoch nicht beeinträchtigt. Vielleicht war die obszöne Geburt auch bereits unvermeidlich.
Kurz ersann er seine Chancen für eine Flucht. Schließlich band ihn nichts an dieses Schiff. Aber selbst wenn er diese Halle verlassen konnte und sich irgendwie zu den Shuttlehangars durchschlagen, hatte er keine Ahnung wo er war. Und er hatte auch noch keine Ahnung womit die Verräter genau angegriffen hatten so, dass er den Tod im Kampf lediglich gegen den Tod in der Leere tauschen würde.

Die Schattenschwaden schienen derweil dünner zu werden. Entweder war Enox Energie verbraucht, oder aber der herannahende Dämon verdrängte diese aus seiner zukünftigen Domäne. Ein Kettenschwert knatterte wild auf, als der schwer verwundete Wolrd Eater es wieder aufhob. Seine Rüstung war ein zerschundener Trümmerhaufen aus dem halb geronnenes Blut rann. Entschlossen wie eh und je preschte er auf Calebs Gegner zu und dem Blood Angel war klar, dass es den lächelnden Bastard wohl nur einen einzigen Konter kosten würde den World Eater zu töten. Sollte eigentlich in Ordnung sein, schließlich wünschte er hier allen den Tod. Darüber hinaus würde die Ablenkung genau das Sein was er brauchte den Emperrors Children zu überwältigen. Ob das dem tobenden Schlächter klar war? Vermutlich schon. Und die Tatsache, dass er sich trotzdem opfern würde rehabilitierte ihn irgendwie in Calebs Augen.
Darum kam er dem World Eater zuvor und startete einen offensive Schlagserie in die er alle seine Kraft und all sein Geschick legte. Kurz bevor sein ramponierter Waffenbruder ankam spritzte er Blut aus seinem Armstumpf in das Gesicht des rosa Teufels und dessen Ausweichbewegung machte ihn für die Attacke des World Eaters verwundbarer. Umso größer war die Überraschung, dass dabei das Kettenschwert nicht zum Einsatz kam. Mit einem brutalen Sprungtritt beförderte er den Verräter in den Ritualkreis, wo seine Rüstung anfing zu welken. Aus dem ekstatischen Gestöhne wurde entsetztes Gurgeln als unsägliche Substanzen aus seiner Kehle stießen und aus dem Helmgitter flossen. In Agonie riss er sich die Maske vom Gesicht, worunter ein schönes Gesicht zum Vorschein kam aus dem zuerst die Augen herausfaulten und dann wie Wachs zerfloss. „OHOHOHOHO JAAAAA!“ grollte eine so unendlich tiefe Stimme, dass Calebs Lungenflügel vibrierten. Aus dem World Eater neben ihm schossen regelrechte Blutfontänen hervor und Caleb packte ihn am Panzerkragen um ihn fortzuschleifen. „Sophokles? Jetzt!“ brüllte er ins Funk obgleich er realisierte, dass von seinem Helm nicht mehr viel übrig war. „DER VERRÄTERISCHE VERRÄTER DES VERRATS? WIE SCHÖN! WERDE MEINE ERSTE MAHLZEIT SEIT DEKADEN!“ spottete der monströse Wurm und ringelte sich durch den Raum. Auch wenn der World Eater vermutlich tot war, wollte Caleb dem Dämon nichts überlassen. Überhaupt nichts. Nicht aus freien Stücken.
Er mühte sich den von Dornen überzogenen und mit Mündern übersäten Wurm im Auge zu behalten um zur Not rechtzeitig sein Schwert zu ziehen. Ein hoffnungsloses Unterfangen denn der Wurm befand sich buchstäblich im ganzen Raum und aus einer Ecke die Caleb gerade nicht im Blick hatte traf ihn der harte Schwanz wie eine überdimensionale Peitsche. Er verlor den Toten aus dem Griff und krachte unkontrolliert in eines der Regale welches daraufhin über ihm zusammenbrach. Zu allem Ärger wurde er eingeklemmt und auch wenn es ihm noch gelang sein Schwert zu ziehen, war er nun praktisch Futter. „OHOHOHO, ENGEL AM SPIEß? WIE OPULENT! GENAU MEIN GESCHMACK!“ schob sich der entsetzliche Wurmschlund geifernd näher. Jeder der gezackten Zähne so groß wie Calebs Energieschwert. „So hauche ich mein Leben aus. Rein in Herz und Seele und ein treuer Diener bis zum Schluss. Mögen meine Sünden zu Tugenden verklärt werden und der Imperator mich nur zu seinen Füßen knien lassen, sollte ich keinen Platz an seiner Tafel haben. Imperator Vu…“
Etwas traf ihn am Kopf als er gerade im Begriff war sein Schwert gegen sich selbst zu richten. Nicht besonders feste aber bereits im zweiten Augenblick fiel ihm auf, dass die etwa fünfzig Zentimeter lange Stange viel zu dünn war, um zum Regal zu gehören und bei weitem zu aufwändig Graviert. Dem Gewicht nach musste sie aus Adamantium oder einem ähnlich wertvollen Metall sein und während er sich nach der Quelle umsah schob sich der Wurm genüsslich näher. Oben auf der Gangway erblickte er einen zerrupften grünen Helmkamm und das t förmige Visier von Sophokles Hoplitenhelm. Sein Panzerhandschuh war blutverkrustet und er sah wie der Kopf Kraftlos auf die Kante sank. Was beim Thron hatte er ihm da mit letzter Kraft zugeworfen? Er warf einen neuen Blick auf den Stab und erkannte einige der Garvuren wieder. Es gab Orte die damit gesichert waren und auch extrem seltene Munition die damit versehen war. Hexenbann. Viel ihm ein und löste damit gleich die nächste Erkenntnis aus. Sophokles musste ihm einen Null-Stab zugeworfen haben. Diese antiken Objekte waren der Legende nach das verheerendste was man gegen Psioniker und Nimmergeborene zum Einsatz bringen konnte. Auch wenn er dessen Funktionsweise nicht kannte und seines Wissens auch niemand sonst, würde er die Chance nutzen.
Eine fette schwielige Zunge kroch aus dem stinkenden Schlund und begann Caleb zu umwickeln während sich die stinkenden Lefzen des Wurms hoben. Auch aus dem Innern starrten ihm milchige Augen entgegen und drehten ihm beinahe den Magen um. Caleb schrie als er aus der Umklammerung des Regals gerissen wurde und hieb wirkungslos mit dem Schwert auf die Zunge ein. Dabei bemühte er sich den Stab, den er in derselben Hand hielt, hinter dem Schwert zu verbergen, bis er im Maul der Kreatur war. „ES TUT MIR LEID, ABER DAS WIRST DU JETZT NICHT GENIEßEN KÖNNEN ENGEL. LEIDE WOHL.“ schnurrte der Wurm vergnügt und der Schlund begann sich um Caleb zu schließen. Er hatte keine Ahnung wie man so einen Null-Stab bediente. Es gab keine Knöpfe oder Schalter um ihn zu aktivieren. Sein Schwert hatte er fallengelassen und entschied sich den Stab einfach mit rechtschaffenem Zorn zu befeuern und die schäumende Wut seiner Seele über die Ufer treten zu lassen. Der Stab glitt in die ranzige Schleimhaut wie durch Luft und der Dämon begann zu schreien. So laut dass Calebs verbesserte Trommelfelle barsten und seine Eingeweide zu schmerzen begannen. Er sah die Decke der Halle durch den sich auflösenden Wurm und fuchtelte weiter wild mit dem Stab. Dann begannen die Ketten an der Decke wie im Sturm zu schaukeln und tausend unsichtbare Tonnen Gewicht drückten das Bewusstsein aus ihm heraus.
 
Zuletzt bearbeitet:
Vielen Dank für die Genesungswünsche. Heute gibt es auch endlich den nächsten Schuss für meine lieben Junkies ;-p

ZEHN / I

Der karge Raum, tief in den Eingeweiden der Nihilo, hatte schon unzählige Verhöre gesehen. Zum Teils als Bestrafung, teils um Informationen zu extrahieren. Menschen wie Xenos waren hier auf unsäglich vielfältige Art und Weise traktiert worden. Dadurch hatten der Raum und das angelaufene Metall der Wände selbst einen unverwechselbaren Geruch angenommen der von Elend und Qual kündete. Es hatte nicht wenige Gefangene gegeben, die ohne weiteres Zutun geständig waren, alsbald sie in dieser Kammer fixiert wurden. Den wenigsten hatte dies jedoch das bevorstehende Martyrium erspart.
Der Gefangene, der nun in das extra neu eingebaute Gestell gesteckt worden war, war jedoch eine Klasse für sich und es würde nicht weniger als eine Meisterleistung erfordern ihn zu brechen. Der ausdruckslose Alphalegionär mit den abgebrochenen Zähnen hatte seit seiner Gefangenname keinen Laut der Klage oder der Beleidigung von sich gegeben. Stattdessen schien er sich tiefer und tiefer in einen meditativen Zustand zu versetzen. In dem Gestell hatte er nicht nur keinen Bewegungsspielraum, sondern war auch über Schläuche und Elektroden mit einer aufwändigen medizinischen Maschinerie verbunden. Zwischen dem Gefangenen und den Apparaturen stand Ajax in seiner Servorüstung und überragte damit sowohl den Gefangenen als auch Inquisitor Alexander Kane. Der Inquisitor trug wie immer seinen langen schwarzen Stoffmantel, seine beiden Amtsinsigien und sein manisches Grinsen. Über die Bedeutung des zweiten Schmuckstücks hatte er bisher noch kein Wort verloren und keiner der Astartes gab sich die Blöße danach zu fragen. Aber da das von einem Dreieck eingefasste Auge direkt neben der Inquisitionssrosette hing, musste sie mehr als reiner Eitelkeit entspringen.
Mit der verkratzten Stahltür im Rücken stand Thyrianos in einen schwarzen Chorrock gehüllt, ebenfalls in der klaustrophobisch engen Kammer. Seine von blitzförmigen Narben überzogene Haut verlieh ihm ein infernalisches Aussehen, welches von dem Gewand aus schwerem Stoff noch unterstrichen wurde. Die meisten Sterblichen begegneten ihm seither mit noch mehr Misstrauen als sonst. Nicht wenige mit nackter Furcht. Seine kybernetischen Augen, in denen nichts auch nur entfernt Menschliches lag waren dabei nur noch eine Randnotiz. Aus seiner eigenen Sichtweise war seine Erscheinung jedoch ein Beleg dafür, dass er den Preis für seine außerweltliche Macht bezahlt hatte und somit unbefleckt war. Während Ajax noch geduldig die Autoinjektoren bediente, um den Gefangenen in den richtigen Zustand zu versetzen, fragte sich Thyrianos ob seine räumliche Nähe zu Kane, die Narben verschwinden und seine Augen nachwachsen lassen würde.

Bevor sie sich bei dem Gefangenen eingefunden hatten, hatten sich die beiden Marines mit dem Inquisitor auf die Vorgehensweise geeinigt. Normalerweise schlossen sich beim Verhör eines Posthumanen Techniken wie Folter und Psychopharmaka aus, da sowohl Physis als auch Psyche eine übermenschliche Zähigkeit besaßen. Dank dem Inquisitor lag der Fall hier jedoch anders. Weder Ajax noch Thyrianos waren besonders erfreut als Kane erläuterte, dass er in der Lage war, all das was einen Astartes auszeichnete, zu vernichten. Sprich er konnte die Mutationen die zur Entstehung eines Posthumanen führten rückgängig machen. Für die beiden Marines lag damit eine unausgesprochene Drohung im Raum. Auch wenn diese Fähigkeit im vorliegenden Fall half, waren sie der Meinung, dass kein Mensch eine so mächtige Fähigkeit haben sollte. Auch kein Inquisitor.
Seit mehreren Stunden stand Kane nun grinsend vor dem Gestell mit dem stark schwitzenden Alphalegionär. Der Prozess der genetischen Degeneration kostete Zeit und Ajax konnte die Stimulanzien Zufuhr mehr und mehr zurückfahren. Zweifellos ahnte der Gefangene, dass psionische Kräfte an seinem Leib zerrten schien sich aber noch keine großen Sorgen zu machen. Woher sollte er auch wissen, dass ihm das eigentliche Verhör noch bevorstand. Thyrianos benutzte lediglich seine Geistsicht um die Aura zu lesen, drang jedoch nicht in das wirbelnde Farbenspiel ein. Ein vorzeitiger Einbruch konnte leicht verborgene Schutzmechanismen auslösen, das Ziel töten und damit die wichtigste Spur zerstören.
Nach sieben Stunden, war der Legionär wenig mehr als eine aufgepumpte Hülle und auch sein Geist war, ohne das Fundament einer mächtigen Physis, bei weitem nicht mehr so wehrhaft wie sonst. Und der klägliche Rest wurde von Thyrianos psionischer Macht hinweggefegt. „Wie lautet dein Auftrag?“ eröffnete Kane das Verhör und stieß beim Sprechen kleine Wölkchen aus. Das Anwenden geballter psionischer Kräfte, hatte die Temperatur im Raum auf unter Null Grad gesenkt. Ajax war tatsächlich verblüfft gewesen als er die Gänsehaut beim Gefangenen gesehen hatte, etwas was er nur unter extremeren Umständen bei einem Astartes gesehen hatte und hier irgendwie falsch wirkte. Der Angesprochene schwieg und presset die Lippen aufeinander, die Schwäche und Kälte die er fühlte schien ihn mehr zu erschüttern, als es Schläge oder Schnitte je gekonnt hätten. Beinahe sanft legte Kane seine Hand auf die Stirn des Frierenden und Ajax sah daraufhin vor Furcht geweitete Pupillen und stark beschleunigte Ausschläge auf dem Herzmonitor. „Stop!“ brummte Thyrianos leise aber entschieden. Er hatte bemerkt, dass die Angst die der Gefangene unmöglicher Weise empfand, in Areale des Geistes strahlte, in denen sie nichts zu suchen hatte. Der Geist des Legionärs glich einem Minenfeld, welches jedoch nicht den Eindringling attackierte sondern im Zweifel den Schützling tötete. Der Inquisitor verschränkte wieder die Hände auf dem Rücken und Thyrianos sah, wie sich der angsterfüllte Geist etwas beruhigte. Da ihm natürlich die Erinnerung an diese Erfahrung erhalten blieb, wich sie jedoch lediglich einem wachsenden Maß an Verstörung. Ajax aktivierte einige Injektoren und ein hochwirksames Wahrheitsserum auf Basis mehrerer seltener Komponenten flutete den geschundenen Organismus. Die Reste der verbesserten Organe, die derartige Angriffe abwehren sollten, blieben inaktiv und der Gefangene begann trotz der Kälte erneut zu schwitzen. „Wie lautet dein Auftrag?“ wiederholte Kane seine Frage und tatsächlich fixierte der Gefangene ihn mit Blicken. „Sterben…“ hauchte er und kämpfte vergeblich gegen das Gestell das ihn hielt an. „Wie lautete dein voriger Auftrag?“ Bohrte Kane weiter nach. Er hatte bereits mehr Verhöre geführt als irgendjemand sonst auf der Nihilo und erkannte die wenig elegante Finte sofort.
Erneut kam eine Warnung von Thyrianos und ein erster Verdacht bezüglich der Mentalen Absicherung erwuchs in seinem Geist. Kanes Grinsen wurde breiter, was das genaue Gegenteil für seine Stimmung bedeutete.
Er strich dem Legionär über die geballte Faust, woraufhin dieser anfing zu schreien und in seinem Gestell zu zappeln. Frische Schweißnähte ächzten und Kabel knarzten als er unter Schmerzen gegen das Gestell ankämpfte. Der Inquisitor ließ seine Hand wandern und Thyrianos sah wie psionische Energie in den Körper floss. Aufgrund der geringen Menge an Energie und der drastischen Wirkung schloss er, dass der Inquisitor die Nervenenden direkt angriff. Stark schwitzend, nahm die Haut des Gefangenen eine fahle Farbe an und sein zum Schrei aufgerissener Mund mit den abgerochenen Zähnen, verlieh ihm ein noch erbärmlicheres aussehen. Ajax war keine Regung anzusehen und behielt sorgfältig die Lebenserhaltungssysteme im Auge. Natürlich konnte auch Kane maßgeblich dafür sorgen, dass der Gefangene nicht an körperlichen Traumata verstarb, aber man war sich einig gewesen, auf Nummer sicher zu gehen. „…ihr widerlichen Heuchler, nichts was ihr mir entreißen könnt wird euch was nützen…“ Kane fuhr dem Gefangenen über das Gesicht, woraufhin seine Worte in würgendes Geschrei übergingen. „…du verlierst, Sterblicher. Alles was du hier tust bringt dich ein Stückchen mehr auf unsere Seite und macht mich zum Sieger…“ erneut ging sein Gestammel in qualvollem Gestöhne unter. Thyrianos, der dessen Bewusstsein auf übernatürliche Art und Weise observierte, stellte besorgt fest, dass der Gefangene nach wie vor die Wahrheit zu sprechen schien. Oder was dieser für die Wahrheit hielt.
„Falsch, Verräter. Das ist es was Abschaum wie du nie verstehen wird. In euren verkommenen Seelen ist kein Platz für das Verständnis eines selbstlosen Opfers.“ konterte Kane weiterhin grinsend. Die Art wie er sprach verriet, dass die Worte lange in seinem Geist gereift waren. Dennoch gefiel Thyrianos nicht, wohin die Argumentation führen würde. Der Gefangene verzog sein Gesicht unterdessen zu einem hässlichen Grinsen, welches noch makabrer als Kane‘s wirkte. „…Guuut, dann habt ihr euren Weg bereits akzeptiert und ich bereits Gewonnen…“
Kane schmetterte seine Faust mit beeindruckender Kraft in das Gesicht des Marines und erzeugte tatsächlich eine blutende Platzwunde. „Was war dein Auftrag auf der Lachender Scharlatan!“ fuhr er ihn an während die Breite seines Grinsens an seine anatomischen Grenzen stieß und sich auf der Stirn tiefe Zornesfalten aufschoeben. Der Geschlagene schwieg und spie nach einer Weile Blut in Kanes Gesicht, woraufhin auch seine Erscheinung nicht weniger bedrohlich wirkte als die des Skriptors. Ajax sah seinem Schlachtenbruder die Besorgnis an und das hohe Maß an Emotionalität bei dem Inquisitor erregte nun auch seine Aufmerksamkeit. Thyrianos, der durch seine außerweltliche Wahrnehmung auch Eindrücke von Kanes Bewusstsein erhielt entschied, sich die vielen neuen Fragen für später aufzuheben. Radikale Inquisitoren waren durchaus nichts Neues und der Dark Angel wusste auch, dass Radikaler nicht gleich Radikaler war. Und vor allem, dass der menschliche Geist nicht für so viele Lebensalter konzipiert war, wie der Inquisitor durchlebt hatte. Perfekte Ausgeglichen- und Unversehrtheit hätte Thyrianos noch misstrauischer gemacht. Der Warp verschenkt nichts!

Scarissa war schlecht gelaunt. Mal wieder. Der Grund war das sie zwischen die unmenschlichen Fronten der Posthumanen geraten war. Mal wieder.
Ihr wurde es immer unbegreiflicher, wie der Imperator den Schutz der Menschheit in so unmenschliche Hände wie die von Astartes hatte legen können. Oder warum der Hohe Senat zu Terra, diese für den Krieg geschaffene Macht, so weit jenseits seiner Kontrolle agieren lassen konnte.
Nach dem Tod ihrer beiden Bewacher, hatte sie sich nicht gegen neue gesträubt. Sondern ganz im Gegenteil sogar auf vier Soldaten bestanden. Da sie sich jedoch nicht viel Hoffnung machte, dass diese Verstärkung allein einen signifikanten Unterschied machen würde, suchte sie mit ihrem neuen Gefolge als erstes eines der Magazine auf.
Dem jungen Kerl der dort arbeitete, hatte sie bereits frühzeitig schöne Augen gemacht und auch wenn er ihr nun bei weitem nicht so hörig war, wie es ein Munitorumsbeamter mittlerweile wäre, hatte sich ihr Spielraum vergrößert. Ähnlich wie ihr Selbstvertrauen, denn sie musste inzwischen nicht länger die Krude Gesichtsaugmentik tragen, sondern konnte ihre noch rosig vernarbte Haut an die Luft lassen. Das willkürliche Prickeln und Kribbeln machte ihr außerdem Hoffnung, dass selbst diese Spuren bald verschwunden sein würden.

Der junge Stabsoffizier begrüßte Scarissa unsicher mit dem Vornamen und sein Gesicht erhellte sich, als sie diese Informalität zuließ und sogar erwiderte. Leider konnte er ihr keine besseren Rüstungen verschaffen, aber bot stattdessen besonders schnittfeste Anzüge, die unter der normalen Kleidung oder Rüstung getragen werden konnten, an. Sie war aus einem senfgelben Fasergeflecht gefertigt, welches von außen in fleischfarbenen Tönen eingefärbt war. Auf diese Weise konnte man diese engen Anzüge auch unter weißer oder durchscheinender Kleidung tragen ohne, dass sie besonders auffielen. Bei dem Gedanken, wie sich die Energieklaue durch das dicke Keramit geschnitten hatte, wirkten diese für Undercover-Einsätze konzipierten Stücke jedoch eher sinnlos.
Um ehrlich zu sein, war sie davon jedoch nicht überrascht und hatte auch nicht ernsthaft mit besseren Rüstungen gerechnet. Ihre Wächter trugen, so wie sie gegenwärtig selbst, eine hochwertige Sturmrüstung. Die einzige Rüstung die jedoch einem Astartes wirklich etwas entgegensetzen konnte, war eine ebenso kostbare wie seltene Servorüstung und die würde sie kaum bekommen. Wenn sich überhaupt eine auf der Nihilo befand. Die Bemühung zielte nur darauf ab, ihren Wächtern die Bestätigung zu geben, dass sie die beste verfügbare Ausrüstung trugen.
Ihre eigentlicher Plan sah ohnehin vor, dass vermutlich zwei, wenn nicht drei der Männer sterben würden, ehe sie und der überlebende Zeit hätten sich zu wehren. Aus diesem Grund lag ihr eigentliches Augenmerk auf Spezialmunition, oder im Optimalfall stärkeren Waffen. Nachdem der Lagerist sie nun aber schon enttäuscht hatte, würde er zumindest minimale Hemmungen haben sie noch einmal zu enttäuschen und vielleicht das eine oder andere Auge zudrücken.
Letztendlich erhielt sie einige Päckchen mit gehärteter Massivmunition, vier Munitionswechsler und ebenso viele Leuchtpunktvisiere für die Sturmschrotflinten. Des Weiteren sagte er ihr zu, für konkrete Missionen auch Servoschädel liefern zu können und für den Preis eines gemeinsamen Abendessens kramte er noch einen abgewetzten Melter hervor. Der tödlichen Waffe war anzusehen, dass sich bereits wenig fähige Bastler daran vergangen hatten und später ein fähiger Büchsenmacher zumindest die imminente Explosionsgefahr hatte eliminieren können. Den Ursprung der Waffe erfragte sie gar nicht erst und sah auch von Anpassungen ab. So gerne sie diese auch als Sturmschrotflinte getarnt hätte. Wenn der Melter so funktionierte wie er sollte, war sie bereits vollauf zufrieden.
Nach dieser Aufwertung der persönlichen Ausrüstung bemerkte sie sofort die gehobene Laune ihrer Wächter. Übertrieben martialisch sicherten sie Türen und in Quergänge hinein, um sich an die neuen Zieloptiken und das etwas höhere Gewicht zu gewöhnen und Scarissa ließ sie gewähren. Sie lenkte ihre Gruppe in die Richtung des weniger Formellen Markt- und Freizeitbereiches wo immer noch so viel Disziplin herrschte wie in der Kommandoebene einfacher Navy-Schiffe. Das Verhalten der Besatzung, dieses leichten Kreuzers, der stolz die Insignien der Inquisition zur Schau stellte, unterschied sich maßgeblich von allen Orten die Scarissa bisher kennen gelernt hatte. Die Menschen waren verschlossener, vorsichtiger und augenscheinlich sehr viel Gläubiger. Aber es blieben Menschen und wo es Menschen gab, gab es auch Abschaum, Glücksritter und Kriminelle.
Was Scarissa jedoch sehr viel mehr faszinierte war, dass die Stimmung auf dem Schiff sich ähnlich wie Gezeiten wandelte und das auf sehr viel tiefergehender Ebene als kurzfristig manipulierbare Truppenmoral. So schien es Zyklen zu geben, in denen die Besatzung gereizt und abweisend war oder im entgegengesetzten Zeitraum melancholisch und hilfesuchend. Dazwischen lagen andere Stimmungen oder auch Phasen von relativer Normalität. Schnell hatte sie erkannt, dass sie die melancholischen Phasen sehr viel besser nutzen konnte, um sich zu vernetzen aber auch, dass die Gruppendynamik auch sie selbst beeinflusste.
Während sie über eine ausladende, mit künstlichen Pflanzen bestückte Promenade schlenderte, musterte sie methodisch aber unauffällig alle Passanten die sie erblickte. Ihre Wächter hatten sich aufgeteilt und hielten Abstand zu ihr. Sie hatte ihren Helm abgesetzt und sich einen der knusprig frittierten Fleischspieße geholt. Essend und mit fettverschmierten Fingern wirkte jeder Ordnungshüter weniger bedrohlich und außerdem beschäftigt. Natürlich war sie nicht die erste und nicht die letzte die diese Art der Tarnung benutzte, aber die Observierung von Massen war eine Sache der Statistik was bedeutete, dass Scarissa gar nicht jeden einzelnen täuschen musste. Obendrein hatte sie auch ihre neue Waffe in Quartier gelassen und trug lediglich ihren schweren Revolver im Schnellziehholster unter dem Arm. Sie ließ sich auf einer Bank nieder und warf den leeren Spieß geschickt in einen Müllschlucker. Sie kramte ein zerfleddertes Buch hervor und belauschte die Gruppe die in ihrem Rücken saß. Träge und mit kleinen Alkoholflaschen in den Händen sprachen sie zwar nur wenig, aber was sie sagten war umso bedeutungsvoller.
 
Endlich ist der mal wieder völlig überraschende Pfingst-Feiertags-Zirkus vorbei und es geht weiter. Viel Spaß!

ZEHN / II

Mit sparsamen Worten diskutierten sie darüber das Schiff zu verlassen. Dem zufälligen Zuhörer mochte es wie alkoholgetränktes Geschwätz, schlecht gelaunter Arbeiter erscheinen. Scarissa war jedoch in der Lage, den schmalen Grat zwischen Spinnerei und konkreten Plänen abzuschätzen. So hatten zwei der Gruppe bereits Bemühungen angestellt den Plan in die Tat umzusetzen. Derartige Pläne waren auf einem Schiff der Inquisition per Definition illegal. Anders als auf allen anderen Schiffen war es sämtlichen Funktionsträgern und auch dem Gesinde vorbestimmt hier zu leben, zu arbeiten und letztendlich zu sterben. Inquisitoren nahmen das Thema Geheimhaltung überaus ernst, weswegen Transfers stets einseitig stattfanden. Der Großteil der Besatzung wurde auf dem Schiff, welches nicht weniger als eine fliegende Stadt war, geboren und entsprechend ihrer Fähigkeiten und der Schiffsbedarfe ausgebildet. Externes Personal, so wie Scarissa selbst, wurde stets auf Initiative der Schiffsoffiziere hin rekrutiert und niemals andersherum.

Die Unzufriedenen begannen leiser zu sprechen und Scarissa lauschte angestrengt, während sie eine der abgegriffenen Buchseiten umschlug. Gerade im Moment ärgerten sich die Ränkeschmiede darüber, dass sie keine Chance hatten das Anlegen an einer Station oder einem anderen Schiff vorherzusehen. Immerhin hatten sie langsam aber sicher die Schichtpläne so geändert, dass sie stets gemeinsam Dienst hatten und zumindest versuchen konnten sich geschlossen abzusetzen. Natürlich gab es auch in dieser Gruppe einen Pessimisten der es übernahm, die Gruppe auf vermeintliche Schwächen des Plan hinzuweisen. Was schiefgehen kann, wird schiefgehen! War sein Credo, was ihn irgendwie sympathisch für Scarissa machte. Wenn sie die Nihilo verließen, mussten sie so schnell es ging weiterziehen, um Kopfjäger, die zweifellos entsandt würden, möglichst konsequent abzuhängen. Zur Not würden sie sich als Latrinenreinigungstrupp auf dem nächstbesten Seelenverkäufer verdingen müssen. Diese Äußerung sorgte für Streit, schließlich wollten sie ihre Situation verbessern. Nach einigen verletzenden Kommentaren, versank die Gruppe wieder in brütender Melancholie. Wie es schien nicht zum ersten Mal und Scarissa versuchte dagegen anzukämpfen, dass die Niedergeschlagenheit zu ihr herüberschwappte. Denn unwissentlich hatten sie ihr ihre eigene Lage vor Augen geführt. Sie würde ebenfalls für immer auf diesem Schiff dienen und hier oder bei einem Einsatz sterben. All ihre vermeintliche Selbstbestimmung war doch nichts als Selbstbetrug. Kane hatte sie nicht angeworben, sondern beansprucht, wie ein wohlhabender Reisender der sich an einem Marktstand ein exotisches Schmuckstück aussuchte.
Brütend befingerte sie ihre rosige Gesichtshaut und suchte Trost in ihrer körperlichen Wiederherstellung. Hektisch blätterte sie erneut eine Seite weiter und stellte fest, dass die Gruppe schlagartig schwieg. Aus dem Augenwinkel sah sie, dass einige im Sitzen Haltung annahmen. Vor Scarissa marschierten zwei ihrer Bewacher vorbei und versuchten mehr schlecht als recht, unbeteiligt auszusehen. Zumindest verhinderten ihre Vollvisiere, dass sie versehentlich verräterischen Blickkontakt zu ihr oder den Leuten der Gruppe herstellten. Zwei wandten ihre Köpfe in die Richtung der Soldaten und bemerkten erst jetzt, dass die Frau in ihrem Rücken eine Arbites-Offizierin war. Daraufhin erhoben sich zwei der Männer schnaubend und verließen die Markthalle in Begleitung dreier Frauen. Kurz wallte ein Impuls in Scarissa auf sie aufzuhalten, die Gruppe zu verwarnen und getrennte Befragungen anzuordnen. Allerdings ließ sie die Schultern hängen und nahm einen Schluck aus ihrem Flachmann. Er war leer und verärgert knallte sie ihn auf den Sitz neben sich. „Sie fühln es auch, oda?“ sprach sie der Pessimist an, nachdem er sich auf den anderen freien Sitz neben ihr hatte fallen lassen. Scarissa zögerte, da ihr Misstrauen mit ihrer Eitelkeit rang. Natürlich war sie in der Vergangenheit oft das Ziel mehr oder weniger eleganter Annäherungsversuche gewesen, nicht zuletzt weil es teilweise ihr eigenes Ziel gewesen war. Aber dann trug sie auch nicht die martialische Uniform des Adeptus Arbites und einen schweren schwarzen Sturmmantel.
„Und sie müssen blind oder dumm sein, Schichtleiter Jota Kappa 1772.“ erwiderte sie schließlich, nachdem sie den Aufdruck seines Overalls abgelesen hatte. Er hatte die Ärmel hochgekrempelt und entblößte sehnige Unterarme mit mittelmäßigen Tätowierungen darauf und schwielige Hände, die jedoch erstaunlich sauber waren. Offensichtlich hatte er sich auf seine Position hochgearbeitet und war stolz darauf. „Blind bin ich nich. Aba manchmal wünsch ich, ich wär dumm.“ konterte er mit einem bemühten Grinsen, welches drei stählerne Zahnprotesen entblößte. Gleichzeitig förderte er einen Flachmann zutage, auf dem ein bronzefarbener Aquila prangte und bot ihn Scarissa an.
Erneut zögerte sie einen Moment, ehe sie die Metallflasche mechanisch annahm und nach einem weiteren Seitenblick vorsichtig einen Schluck nahm. Der Geschmack lag irgendwo zwischen abgestandenem Promethium und uraltem Bleikanister, wurde jedoch schnell von dem kräftigen Alkoholgehalt überdeckt. Der Schichtleiter hatte sich zurückgelehnt und sah mit hängenden Gesichtszügen geradeaus. Scarissa, die schon schlechteren Selbstgebrannten gekostet hatte, konzentrierte sich auf die wohlige Wärme des Alkohols und lehnte sich ebenfalls zurück. „Warum laufen sie mit selbstgebanntem in der Tasche herum? Als Schichtleiter könnten sie sich doch sicherlich etwas Besseres leisten.“
„Nennen sie mich einfach Rik. Un ja, das könnt ich. Aba das Destillian ist ein Hobby mit vielen Vorzügen.“ antwortete er, streckte ihr die Hand entgegen und sah sie freundlich mit seinen blauen Augen an. Scarissa fragte sich wie vielen Frauen er schon mit dieser Masche den Kopf verdreht hatte und zögerte erneut den Handschlag zu erwidern. Hauptsächlich weil sie Hemmungen hatte ihren Namen zu sagen. Für die breite Öffentlichkeit sollte es schließlich ausreichen sie mit Magistratin anzureden.
„Scarissa. Du meinst Gefallen und Gefälligkeiten? Beides rechtlich bedenklich.“ entgegnete sie nach einer deutlichen Pause und erntete ein schelmisches Lächeln.
„Aba nein.“ gab Rik zurück als wäre der Umstand offensichtlich. „Wir sitzn doch buchstäblich alle im selbn Bot, oda?“
„Auf das Handeln ohne Lizenz steht hier im Extremfall die Lobotomisierung.“ fuhr Scarissa fort und wies mit einem Nicken in die Richtung eines teilnahmslos umherstreifenden Reinigungsservitors. „Gut das wir jetz Freunde sind, was Scarissa.“ antwortete er vergnügt und nahm selbst einen Schluck. Als er darauf ebenfalls das Gesicht verzog, zeigte er, dass auch seine Geschmacksnerven noch intakt waren. „Das stimmt. Aber du wärst nicht der erste Freund dem ich Handschellen anlegen muss.“
Er zog anzüglich die Augenbrauen hoch und verlieh Scarissas Aussage damit eine nicht vorhergesehene Zweideutigkeit. Immerhin verstand er Scarissas daraus resultierenden abweisenden Gesichtsausdruck und hob entschuldigend die Hände. “Mitteldeckmanieren.“ erklärte er und zuckte wieder grinsend mit den Schultern. „Aber mal im Ernst Rik. Mir ist sowas egal. Aber wenn ein ambitionierter Kollege das mitbekommt, wirst du dich nicht mit einem Schluck Schnaps und einem Lächeln retten können.“ Während sie sprach nahm Rik noch einen Schluck und gab die Flasche Scarissa, die nun ohne Zögern zugriff. „Ich weiß, aba danke für die Erinnerung. Ich schätz jeda geht mit dem Irrenhaus hier andas um.“ gab er schnell zurück und schien seine Worte sofort zu bereuen. Das Streichen mit Daumen und Zeigefinger über seinen schwarzen Van Dyke Bart war für Scarissa ein unwiderlegbares Zeichen. „In welcher Hinsicht ist die Nihilo ein Irrenhaus? So wie ich das sehe, geht es der Besatzung hier besser als auf den meisten anderen Schiffen.“
Ein flehentlicher Ausdruck trat in Riks Augen und er presste die Lippen zusammen. Der Beleg, dass er etwas zurückhielt. Jedoch las Scarissa auch das starke Bedürfnis in Riks Augen ab, darüber zu sprechen. Deswegen ging sie nicht mit Härte vor, sondern mit Verständnis, trank einen Schluck und versuchte den Eindruck zu wecken sie ringe nach Worten.
„Du bist wohl noch nich so lange hier, aba die allgemeine Stimmung auf der Nihilo ist nich nur zyklisch, sondan auch ansteckend.“ sprudelte es schließlich aus ihn heraus. Scarissa war froh, dass ihre Bewacher unterdessen so viel Verstand besaßen auf Abstand zu bleiben.
„So wie eine extrem verstärkte Gruppendynamik?“ formulierte sie ihre eigenen Gedanken.
„Ganz genau. Man spürt, dass es falsch ist und jeder einzelne reagiert ein wenig andas darauf.“

„Mit Selbstmord?“ wagte Scarissa einen Vorstoß und reichte den fast leeren Flachmann zurück. Riks Gesicht wurde hart und seine Augen eisig. „Unter Umständen.“ brummte er wissend und leerte den Flachmann ohne eine Miene zu verziehen. „Und der Alkohol hilft nicht wirklich, oder?“ flüsterte Scarissa und starrte aufs abgenutzte Deck. “Nein.“ flüsterte er und fixierte ebenfalls das Deck. Eine Pause entstand und Scarissa konnte sich des Gefühls nicht erwehren, dass dennoch nicht alles gesagt war. „Aber es gibt etwas das hilft, oder?“
Seine Körperhaltung blieb unverändert, aber aus dem Augenwinkel erahnte Scarissa, dass seine Mine sich verändert hatte. „Hilf mir Rik. Ein Gefallen für einen Gefallen.“ brach sie schließlich die Stille und sah Rik direkt an. Dabei legte sie all den Schmerz und die Qual in ihre Stimmt, die sie aus ihrer Kindheit für genau diesen Zweck konserviert hatte. Sozusagen das professionelle Äquivalent des Weinens auf Kommando, welches insbesondere Männern eher das Interesse rauben würde, als ihre Helferinstinkte anzusprechen. Er sah sie prüfend an und schien ihre schwarze Uniform zu mustern. „Leute die innere Ruhe und Frieden suchen, tun dies nach Möglichkeit in die Nähe der Astropathenquartiere. Oder man betäubt sich halt in jeder freien Minute.“ An seiner Betonung erkannte sie, dass er sich nach Ersterem sehnte und Letzteres praktizierte. Aber noch immer war sie sich sicher, dass er etwas zurückhielt. Eine gute Agentin wusste jedoch wann sie geduldig sein musste. Sie erkannte deutlich, dass er nun mit sich rang sie durch die Blume nach einer romantischen Zusammenkunft zu fragen.
„Ich danke dir Rik. Ich schulde dir einen Gefallen, aber das muss unter uns bleiben ok?“ kam sie ihm zuvor. Rik nickte, teils erleichtert teils enttäuscht und verabschiedete sich freundlich, nachdem sie ein weiteres Treffen in zwei Tagen vereinbart hatten.
Der Gefallen machte Scarissa nicht die geringste Sorge. Wenn sie es geschickt anstellte, konnte sie diesen unbemerkt zu ihrem eigenen Vorteil nutzen. Als sie sich erhob, bemerkte sie erst wie stark der Schnaps gewesen war und es verlangte ihr erhebliche Konzentration ab, sich nichts anmerken zu lassen.

Aus schattenhafter Leere formte sich ein Objekt. Es besaß keine Ecken und Kanten aber einen unverwechselbaren Charakter, der von Gewalt und Tod kündete. Der erste Eindruck der Calebs Geist erreichte, war ein Geruch. Altes Blut mischte sich mit neuem und gemeinsam mit der von Chemikalien getränkten Fußnote versetzte das Miasma die übermenschliche Physis in Alarmbereitschaft.
Ein körniges Bild baute sich in seinem Okularimplantat auf und begann seine Umgebung zu erfassen. Sein linkes Auge bewegte sich unter dem Lid welches jedoch festzukleben schien. Caleb versuchte sich aufzusetzen und musste hierzu die Umarmung von Halteriemen überwinden. Da es sich jedoch nicht um Fesseln handelte stellte dies kein Problem dar und er bestastete seinen Kopf, wobei ihm auffiel, dass seine rechte Hand fehlte. Schlagartig kehrten Erinnerungen an einen monströsen Dämon zurück. Schnaubend riss er sich das Pflaster vom linken Auge. Begleitet von einem leichten Brennen musterte Caleb den Raum in dem er sich befand und suchte nach der Quelle für das unangenehm hohe Piepen, war sich jedoch nicht sicher, ob diese innerhalb oder außerhalb seines Schädels zu finden wäre. Ein schlanker metallischer Arm schnellte in sein Sichtfeld und wäre beinahe von Calebs instinktiver Reaktion aus der Decke gerissen worden.
Der schlanke Servitor mit dem ausdruckslosen Schädelgesicht sandte einen breiten, grünen Laserstrahl aus und scannte den nackten Astartes. Begleitet von kryptischem Knacken und Brummen blinkten winzige Dioden an der Schädelseite. Mit einem weiteren Ruck verschwand der Servitor wieder in seinen Deckenverschlag und hinterließ lediglich einen starken Desinfektionsmittelgeruch. Caleb drehte sich und als seine Füße den warmen Boden berührten spürte er sofort die leichte Vibration eines sich bewegenden Raumschiffs. Er sah an sich herunter und erkannte zahlreiche frische Narben an seinem Brustkorb und Oberschenkeln. Deren unübersehbare Symmetrie verriet jedoch, dass es ich um Operationsnarben handelte.
Mit ihm im Raum befanden sich drei weitere Liegen von denen auch eine belegt war. Darauf lag die wuchtige Gestalt eines Astartes, der aufgrund seiner schweren Verletzungen jedoch eine auffällige Asymmetrie aufwies. Auf der rechten Seite fehlten sowohl Arm als auch Bein und der Torso war von dicken Plastekstücken bedeckt, unter die sich Schläuche wie Aaßwürmer schlängelten. Das Gesicht war ein grauenerregender Anblick aus abgebrochenen Zähnen und zu vielen Körperöffnungen. Einem so übel zugerichteten Schlachtenbruder sollte die Gnade des Imperator gewährt werden, sofern die Einbettung in einen Cybot-Sarkophag nicht möglich war.
Dass er von dem völlig Fremden als Schlachtenbruder dachte, überraschte ihn mittlerweile kaum noch. Zuviel war geschehen und die ausladende Aquila-tätowierung, die am Rand der Plastekstücke aus der zerklüfteten Brust ragte, tat ihr übriges. Caleb wandte sich ab und nahm den Raum in Augenschein.
Die verblichenen niedergotischen Lettern auf Wänden und Schränken bestätigten seine Vermutung, dass er sich in einer Krankenstation befand. In einer beigen Plastekschachtel lagen ein schmuckloser Wappenrock und ein einfacher Kommunikator bereit, die er beiläufig an sich nahm und wickelte seinen rechten Arm aus dem Verband. Darunter kam Kunstfleisch zum Vorschein, welches den sauber abgetrennten Knochen bedeckte, um diesen zu erhalten. Mutmaßlich um bei kybernetischem Ersatz möglichst viel natives Material erhalten zu können. Mit der Linken ertastete er außerdem die neue, gerade Narbe die vom Jochbein zum nun gespaltenen Ohr verlief. Caleb warf noch einen kurzen Blick auf seinen regungslosen Zimmergenossen und öffnete dann die einzige Tür.

Auf dem Gang war die Luft einige Grad kühler und weniger sauber. Des Weiteren schien er auch verlassen. Caleb hatte eine grobe Ahnung wo auf der Tabula Rasa er sich befand, sofern sich der Aufbau über die Dekaden nicht maßgeblich geändert hatte, oder er erneut auf ein anderes Schiff verschleppt worden war. Caleb erwog sich mittels Kommunikator zu melden, entschied sich jedoch dagegen. Sofern der Servitor in der Krankenstation sein Erwachen nicht schon weitergemeldet hatte, hatte er nun die Gelegenheit sich ungestört auf dem Schiff umzusehen. Er bemerkte Reparatur- und Patrouilletrupps, die durch die Gänge streiften und den Blood Angel zu zahlreichen Umwegen zwangen. Was ihn jedoch nicht störte, da er ohnehin nicht wusste wonach er genau suchte. Von der Gangway einer größeren Halle aus sah er wie zwei Männer Namen in eine sauber polierte Wand gravierten. Gekrönt wurde sie von einem großen, stählernen Adler. Offensichtlich handelte es sich um eine Gedenkstelle und schien damit der erste Spirituell angehauchte Ort zu sein, den Caleb auf der Tabula Rasa zu Gesicht bekam. Von den pseudoreligiösen Domänen des hiesigen Adeptus Mechanicus einmal abgesehen. Er blieb eine Weile als stiller Beobachter vor Ort und sah, wie einige weitere Schiffsbewohner die Halle aufsuchten. Viele von ihnen weinten und trugen Votivgaben mit sich. Kerzen, Blätter mit liebevollen Versen und kleine bunte Stofftiere. Was jedoch fehlte waren Geistliche oder ein sonst wie sichtbarer Einfluss einer organisierten Ekklesiarchie. Während er die Trauenden beobachtete, dachte er über die jüngste Vergangenheit nach und was sie für die Zukunft bedeuten mochte. Dass der Erzfeind uneins war, war nichts Neues und somit sanktifizierte der Angriff der Emperors Children Sophokles Truppe in keiner Weise. Aber was wäre ein Beweis der Loyalität den er akzeptieren würde? Konnte er erwarten, dass Sanguinius selbst ihm in einer Vision erschien und überzeugte? Oder gar der Imperator selbst? Wohl kaum. Abgesehen davon waren seines Wissens auch Visionen niemals fei von Zweifeln und Interpretation. Sein Körper und Geist waren von unglaublicher Zähigkeit, konstruiert um das unvorstellbare zu erdulden aber er für seine Situation gab es keine Patentlösung. Er würde seinem eigenen inneren Kompass folgen und danach trachten müssen, dass seine Wege dem Blick des Imperators wohlgefielen.
Er würde bei Sophokles bleiben, immer wachsam gegen die Feinde des Imperiums kämpfen und zur Stelle sein, wenn die Hand eines Loyalisten gebraucht wurde. Bei dem Gedanken betrachtete er zynisch seinen Armstumpf. Er musste näher an Sophokles herankommen, sein Vertrauen erwerben, auch wenn das bedeutete, dass er dem Alphalegionär zuerst vertrauen musste.
Leise stahl er sich aus der Halle und machte sich auf den direkten Weg zur Schmiede, wo er seine Ausrüstung vermutete. Die exotische Konfiguration des Schiffes kostete ihn zwar einige Kurskorrekturen, aber wenig später stand er von dem beeindruckenden zahnradförmigen Tor. Zeitgleich mit ihm erschien dort auch Karlatin der ihn kameradschaftlich angrinste. Frische rosafarbene Narben zogen sich über dessen kahlen Schädel bis hin zu seinem leicht getrübten linken Auge. An der Hüfte war ein alter Mark IV Helm befestigt, was eine Abweichung zum bisherigen Ausrüstungsstand darstellte. „Also doch noch aufgewacht, Lucif. Dann werde ich wohl doch nicht so bald euer Schwert erben.“

„Ich bin sicher auch wenn ich gefallen wäre, Karlatin, hättet ihr meine Klinge dennoch nicht erhalten. Immerhin konntet ihr nicht mal auf euren Helm achtgeben.“ schoss Caleb scharf zurück und ließ Karlatins Grinsen verschwinden.
„Wenn wir danach gehen, werdet ihr es aber auch nicht länger führen.“ hielt der Grey-Shield dagegen und deutete dezent auf Calebs Armstumpf.
„Irgendetwas sagt mir, dass ich auf genau dem richtigen Schiff bin, wenn es darum geht, dass mein Fleisch wiederhergestellt werden muss.“ lehnte sich Caleb ein wenig aus dem Fenster, da ihm Karlatins Anmerkung bereits selbst durch den Kopf gegangen war. Umständlich bediente er die Kontrolltafel des Tors mit der Linken und hörte wie schwere Bolzen zurückgezogen wurden.
„In der Tat, nur müsst ihr nicht mich überzeugen, dass es auch eine gute Idee ist.“ sprach Karlatin etwas lauter um den Lärm zu übertönen.
„Zum Thema Regeneration des Fleisches, hat… der World Eater es geschafft?“ erkundigte sich Caleb, wobei es ihm unangenehm war, dass er den Namen des Kriegers nicht kannte. Ein triumphierendes Grinsen schlich sich auf Karlatins vernarbtes Gesicht als er antwortete. „Hazzred? Ich habe das Gefühl der wird uns alle überleben, weil er sich einfach weigert zu sterben.“
Das Getöse der geschäftigen Schmiede brach über sie herein als sich das Portal langsam öffnete. Weitere Gespräche würden brüllend geführt werden müssen. Im Vergleich zum letzten Mal glich das Treiben in der Domäne des Magos einem industriellen Mahlstrom. Es war nun deutlich zu erkennen, dass es tödlich enden konnte, wenn er den gelbschwarz schraffierten Bereich verließ. An den scheinbar wahllos verteilten Werkbänken arbeitete ein gutes Duzend Astartes, die meisten mit Servitorenunterstützung. Caleb sah, dass Karlatin nicht durch das schwere Portal trat. „Wolltet ihr nicht ebenfalls in die Schmiede?“ fragte er verwundert.
„Nicht nötig, ich wollte mich nur davon überzeugen, dass mit euch alles soweit in Ordnung ist.“ brüllte der Grey-Shield, während das Portal begann sich zu schließen
„Woher wusstet ihr, dass ich hier sein würde?“ hakte Caleb nach erntete jedoch nur ein vielsagendes Grinsen ehe das Portal sich vollends schloss.