Falscher Text? Okay, dann kommt hier der richtige. 😉
Ruth La Codia war schwer zu erschüttern. Nichts brachte die Schwester aus der Ruhe, und genau diese Eigenschaft hatte dafür gesorgt, dass ihr die Verantwortung für den Schweren Bolter von Trupp Ultricis übertragen worden war. Sie war beileibe nicht die Frömmste, oh nein! Im Gegenteil, ihre teilweise zu säkulare Einstellung zu den Themen Askese und Bescheidenheit hatten ihr schon mehr als einmal Ärger mit der Principalis eingebracht. Aber die Ehrwürdige Mutter wusste auch das handwerkliche Geschick und die kämpferischen Qualitäten von Schwester la Codia zu schätzen, und so war es bisher bei einigen scharfen Verweisen und strengen Bußauflagen geblieben. Sie hatte das „Ave Imperator“ und das „Benedictum“ so oft heruntergeleiert, dass sie die langen Gebete auch im Vollrausch oder Koma fehlerfrei hätte aufsagen können. Und ihre Schenkel und ihr Rücken sahen vom übermäßigen Gebrauch von Cilicium und Geißel aus wie Kraterlandschaften. Gleichwohl wusste sie nach wie vor ein Narcostäbchen und ein gutes Glas Amasec zu schätzen. Man konnte sich fragen, wie und wieso sie überhaupt ein Mitglied der gestrengen Schwesternschaft der Güldenen Lilie geworden war. Ruth sprach niemals darüber, aber hinter vorgehaltener Hand tuschelten die geschwätzigeren unter ihren Schwestern, es hänge mit ihrem Onkel, einem hochrangigen Würdenträger der Adeptus Ministrorum, einer geplatzten Heirat und einem Ultimatum zusammen. Fakt war, dass Ruth die Abschlussprüfung der Schola Progenium nur mit Hängen und Würgen absolviert hatte und bei der Imperialen Armee wohl deutlich besser aufgehoben gewesen wäre. Aber Seine Wege sind ja bekanntlich unergründlich…
Als die Flammenwand plötzlich emporloderte und ihr die Sicht auf ihren Trupp nahm, verbiss sie sich einen Fluch (auch ihre Zunge trug bereits ein üppiges Narbengeflecht) und versuchte sofort, Funkkontakt mit der Prioris herzustellen. Die Kampfkanäle waren jedoch ebenso stark gestört wie der übrige Funkverkehr, und abgesehen von atmosphärischem Rauschen, in dessen Hintergrund sie zu ihrem Erstaunen bizarre Knurr- und Klagelaute zu vernehmen glaubte, war die Leitung tot. Sie zuckte die Achseln und beschloss, die Gunst der Stunde für ein heimliches Stäbchen zu nutzen. Schnell war der Schwere Bolter, den sie wie ihren Augapfel hegte und den sie liebevoll auf den Namen „Salvator“ getauft hatte, an einen Baum gelehnt, und bald vertrieb der würzige Duft des Narcostäbchens den unangenehmen Gestank, der in der Luft lag. Sie blickte hinüber zu den Leichen, die in der Morgensonne vor sich hin stanken. Obwohl sie noch nicht lange tot sein konnten, hatte die Verwesung ihnen bereits stark zugesetzt, und Millionen der daumengroßen, ekelerregenden Fangfliegen labten sich an den freiliegenden Eingeweiden. La Codia schüttelte den Kopf. Was für ein grausiges Massaker. Sie hatte viele der Menschen aus Honstinum gekannt und hatte im Gegensatz zu ihren eher mürrischen Schwestern immer ein offenes und herzliches Verhältnis zur Landbevölkerung gepflegt. Viele der toten Kinder hatte sie auf ihren Knien geschaukelt und einigen der Familien Hilfe bei der Instandhaltung ihrer Hütten geleistet. Beim Gedanken an das zurückliegende Erntedankfest lief ihr immer noch das Wasser im Munde zusammen. Welche Bestien mochten nur solch ein Blutbad veranstaltet haben? Sie dachte darüber nach, mit der Bestattung der Leichen zu beginnen, aber dazu hätte sie ihren Posten verlassen müssen. Missmutig paffte sie vor sich hin.
Auf einmal glaubte sie, eine Bewegung bei den Leichen gesehen zu haben. Was war das? Eine Hyantenechse auf der Suche nach Beute? Das würde sie nicht zulassen. Entschlossen nahm sie den Salvator auf und wandte sich den Toten zu. Doch zu ihrem Entsetzen musste sie feststellen, dass einige von ihnen gerade schwerfällig auf die Beine kamen, während andere auf dem Boden herumzuckten. Waren die Dörfler am Ende nur bewusstlos gewesen? Aber sie hatte doch mit eigenen Augen die grässlichen Verletzungen, die durchgeschnittenen Kehlen und die herausgerissenen Augäpfel gesehen? Und der Verwesungsgestank sprach eine deutliche Sprache. Ihr Unterkiefer klappte herunter, und das halb aufgerauchte Narcostäbchen fiel zischen zu Boden. Mit ungelenken Schritten setzten sich die lebenden Toten wie eine Horde volltrunkener Halbstarker in Bewegung, und zwar genau auf sie zu. Das war jetzt aber wirklich zuviel des Guten! Ruths Entsetzen verwandelte sich in grimmige Entschlossenheit. „Fahrt zur Hölle“, knurrte sie, und ließ den Salvator zum Leben erwachen. Mit dröhnendem Bellen jagten die schweren Geschosse in die Reihen der Untoten, und La Codia wurde ihrem Ruf, niemals ihr Ziel zu verfehlen, wieder einmal gerecht. Binnen kürzester Zeit hatte sie die gut 30 Zombies in ihre Bestandteile zerlegt.
Tief durchatmend ließ sie die mächtige Waffe sinken. Nun, die waren dann wohl zum zweiten Mal zur ewigen Ruhe gebettet. Die Schwester wollte sich gerade nach dem Narcostäbchen bücken, um zu den bereits begangenen Sünden des Ungehorsams und der Genusssucht nicht auch noch die der Prasserei zu addieren, als sie abermals eine Bewegung sah. Erstaunt richtete sie sich auf, nur um zu beobachten, wie sich aus den Leichenfetzen, die des Salvators gnadenloses Feuer hinterlassen hatte, eine schier unglaubliche Monstrosität zusammensetzte. „Bei der Goldenen Bettpfanne, das darf ja wohl nicht wahr sein“, fluchte sie. Ekelhaft schmatzende Laute ausstoßend, schleppte sich das Ding gleich einer gigantischen Schnecke auf die Schwester zu, die kaum Zeit hatte, einen neuen Gurt in den Salvator einzulegen. „Komm zum Chaos, folge uns“, raspelte die Abscheulichkeit mit belegter Stimme. „Ich zeige Dir Chaos, Du Missgeburt“, entgegnete die Schwester trocken und zog den Abzug durch. Einen halben Gurt später zeugten nur noch einige stinkende Fleischbrocken und ein kleiner Hügel Patronenhülsen von dem blasphemischen Ding. La Codia nickte zufrieden. „Wenn der jetzt noch mal wiederkommt, werde ich doch noch abstinent.“
Wird fortgesetzt…