Hier kommt der nächste Teil. SHOKer hatte hier übrigens viel zu tun. Ich hasse Kommata.
„Willst du mir die Sache erklären?“, fragte Sergej Bednjagin und warf seine Mütze auf seinen Schreibtisch. Dann holte er einen Schlüssel aus seiner Manteltasche und schloss eine kleine Schublade im Tisch auf.
„Anscheinend ist er uns einen Schritt voraus. Ich spüre große Schwankungen im Immaterium. Die Zeit drängt.“, antwortete Ayko, während sie über den Buchrücken eines großen Folianten strich, der auf dem Bett des Generals lag. In verschnörkelter, hochgotischer Schrift prangten zwei Wörter darauf. „Insignum Astartes“.
„Die Space Wolves können keine weiteren Orks finden. Ich warte ab, bis Wolfslord Blaumähne grünes Licht gibt und dann verschwinden wir.“
Der General hatte aus der Schublade eine Mappe gezaubert, welche er sofort aufschlug. Er blätterte ein wenig in ihr herum und fand schließlich die Seite, die er suchte. Er legte die Mappe auf den Tisch und schrieb einen Zahlencode ab.
„Kennst du den Planeten Nowgorod?“, fragte Ayko.
„Ja. Er liegt nur einige Warptage von Samara entfernt. Was ist mit ihm?“
„Ich muss dorthin, um ein weiteres Teil des Puzzels zu finden. Die Tau haben diesen Planeten überfallen. Das könnte Grund genug sein, um dich dorthin zu schicken.“
General Bednjagin klappte die Mappe wieder zu und verschloss sie in seinem Schreibtisch. Er blickte einen Augenblick an die Decke und sah dann wieder zu der Frau.
„Ich denke, das lässt sich einrichten.“
Ayko erhob sich, wobei ihre weißen Gewänder raschelten und trat zu Sergej. Dann legte sie ihre Arme um ihn und schloss die Augen. Sie war fast zwei Köpfe kleiner als der große Aristokrat.
„Wir sind Teil eines größeren Ganzen. Das Chaos kratzt an den Mauern des Imperiums. Und diesem Feind kann man nicht mit Armeen begegnen. In diesem Fall muss man Feuer mit Wasser bekämpfen. Wir müssen die Menschheit schützen.“
„Das höre ich täglich von unseren Predigern. Außer dass sie meinen, wir müssten Feuer mit Feuer entgegentreten.“
Sergej seufzte.
„Du bist doch kein Mensch.“, fügte er hinzu. „Warum interessierst du dich für die Menschen?“
„Nicht mehr, mein Liebster. Nicht mehr. Deshalb habe ich sehr wohl Interesse am Erhalt der Menschheit.“
Dann zog sie sich an ihm hoch und küsste ihn.
„Außerdem bist du ein Mensch.“
Sie löste sich von ihm und legte den Kopf schief.
„Wir sehen uns dann heute Nacht.“, flüsterte sie und verschwand wieder einmal, als bestünde sie aus Luft.
Sergej blickte noch einige Atemzüge auf die Stelle, an der sie gestanden hatte, löste sich schließlich aus seiner Starre und trat zur Tür seines Zimmers. Er öffnete sie und trat hinaus in den Gang. Nach dem Zimmer, welches mit warmem Holz ausgekleidet war und roter Teppich dessen Boden verdeckte, erschien ihm der Gang des Raumschiffs grau und trist. Alles war aus kaltem Stahl und Chrom gefertigt, selbst die Sitzbänke für Wartende, die eine Audienz beim General erwarteten.
„Sergeant.“, rief General Bednjagin, woraufhin der Befehlshaber der Wache zu ihm trat.
„Bringen Sie diesen Code Admiral Zyrianov“, er reichte dem Wachsoldaten ein gefaltetes Blatt Papier, „und sagen Sie ihm, er soll eine Astrophatenverbindung nach Samara herstellen. Ich muss mit Generalfeldmarschall Russakov sprechen.“
Der Sergeant salutierte zackig und entfernte sich schnell.
„Jetzt da wir endlich eine ruhige Minute haben, können wir das Geschäftliche regeln.“, sagte Klimenti Mosovich und setzt sich neben Victor. Sie befanden sich im Aufenthaltsraum ihrer Kompanie. In einer Ecke saßen Männer an einem runden Tisch und spielten Karten, selbstverständlich mit Einsatz. In einer anderen Ecke spielten ein paar Glänzer an Spielekonsolen. Auf allen samarianischen Schiffen gab es für die Besatzungen und angeschlossenen Regimenter solche Räume und in jedem waren Konsolen mit Spielen. So konnten die Männer auch in ihrer Freizeit schießen üben.
Über den Raum verteilt saßen Männer und einige wenige Frauen auf Diwanen, an Tischen oder an der Bar und unterhielten sich. Gesprächsthema Nummer eins an diesem Tag war, wohin die Reise wohl als nächstes gehen würde.
„Also. Wir können schlecht feststellen, wie viele Aliens du erwischt hast, aber bei der Fülle an Zielen glaube ich dir einfach, dass du mehr als Zweihundert erwischt hast. Ich geb’s ja zu, ich hatte nicht mit so vielen Gegnern gerechnet. Hier hast du den Einsatz.“
Mosovich übereichte Victor seine Gutscheine. Er bekam alle, die er gesetzt hatte, plus die einhundert, die sein Sergeant in den Topf geworfen hatte. Er nahm sie wortlos entgegen und nickte bloß einen Dank. Er machte sich nicht einmal die Mühe, sie zu zählen, sondern steckte sie sich in die Hosentasche.
Die Gutscheine waren ein samarianisches Mittel, um Soldaten zu belohnen. Mit ihnen konnte man zusätzliche Munition, spezielle Ausrüstung oder gewisse technische Spielereien kaufen. Jeder Rekrut bekam zum Abschluss seiner Grundausbildung achtzig dieser Gutscheine, um einen Vorgeschmack zu bekommen und als Ansporn, besondere Taten zu erfüllen. Denn für das Hochjagen eines Missionszieles oder den Abschuss des feindlichen Kommandanten, sowie einige anderer Verdienste, gab es als Belohnung diese Gutscheine. Am besten ging es natürlich denjenigen, die es schafften, Gutscheine und eine Beförderung zu verdienen. Denn mit jedem Rang stieg auch das Sortiment an verfügbaren Waren.
Selbstverständlich konnte man mit diesen Gutscheinen auch andere Dinge erwerben. Amasec, samarianischen Vodka, Delikatessen, Tabak, oder, ab einem bestimmten Rang, auch Frauen. Oder Männer, was vom Geschlecht des Offiziers abhing.
„Was machst du mit diesen fast hundertachtzig Stück?“, fragte Mosovich.
„Sparen. Ich trinke nicht, ich rauche auch nicht. Wenn ich noch einige mehr bekommen, kann ich mir ein besseres Zielfernrohr leisten.“
„Ach was, unsere Standardfernrohre sind hervorragend. Du bist doch kein Scharfschütze.“
Plötzlich blickte Victor zu Klim herüber und auf seinem Gesicht machte sich ein Grinsen breit.
„Also Herr Stabssergeant. Warum kein Wort zu uns?“
„Nun ja. Ich wollte die Beförderung zuerst ausschlagen. Ich will noch nicht zum Kompaniestab oder sonst wohin. Ich will weiter einen Trupp an der Front führen. Leutnant Perechina hat schließlich gestattet, das ich auch als Stabssergeant den Trupp weiter führen darf, denn wir haben gerade keinen Mangel an Stabsoffizieren. Und als ich den Rang dann hatte, habe ich mir eigentlich gedacht, dass es auch nicht zu viele Leute wissen müssen.“
„Doch wie ich sehe, trägst du den silbernen Streifen, hm. Hast wohl Gefallen daran gefunden, nachdem ich ihn dir angehängt habe, was? Du solltest ruhig zeigen, dass du den Längsten unter den Sergeanten hast. Du hast die meiste Erfahrung der gesamten Kompanie. Du bist schon länger dabei als unsere Leutnante.“
Mosovich blickte etwas verkniffen, nickte jedoch schließlich und stand auf.
„Du hast wohl Recht. Komm. Lass uns die Jungs ausnehmen. Die Typen von vierten Trupp können keinen Meter Karten spielen.“
Victor erhob sich, um Klim zu folgen. Doch gerade als er sich den Spieltischen zuwenden wollte, öffnete sich plötzlich die Tür zum Aufenthaltsraum. Und hinein trat ein Engel.
Victor musste darauf achten nicht dümmlich den Mund aufzureißen. Er blickte an der sich nähernden Alexandra auf und ab. Seine Augen wanderten über die perfekt sitzende Freizeituniform, ihre langen, schwarzen Haare, die ihre fast bis zur Taille reichten, ihre fesselnden smaragdgrünen Augen. Er achtete darauf, nicht zu lange auf ihre Brüste zu sehen.
„Ähm, wir sehen uns dann, Kumpel.“, sagte Sergeant Mosovich, klopfte seinem Freund leicht auf den Rücken und entfernte sich in Richtung der Kartenspieler.
Da Victor keine Ahnung hatte, was er tun sollte, setzte er sich einfach wieder hin. Alexandra setzte sich einfach neben ihn. Dicht neben ihn.
„Danke. Für alles.“
Victor wurde ganz verlegen.
„Ach das war doch nichts. Das hätte doch jeder getan.“
„Aber das haben sie eben nicht. Dort im Graben achteten die meisten Soldaten nur auf sich selbst. Doch du hast mir auch ohne Rücksicht auf deine Sicherheit geholfen. Du hättest dir leicht einen Kopfschuss einfangen können.“
Mit Schrecken stellte Victor fest, dass er ganz rot wurde.
„Wie, äh… wie geht es deiner Schulter?“
„Schon besser, danke. Die Ärzte auf der Krankenstation meinten, dass die Kugel größtenteils daneben ging. Bei einer Orkkugel ist das allerdings immer noch viel.“, fügte sie mit einem Lächeln hinzu.
„Was meinst du, wo die Reise jetzt hingeht?“, fragte sie nach einer Weile.
„Weiß nicht. Willst du etwa schon zurück nach Samara?“
„Ich weiß nicht. Ich weiß nicht mal, warum ich mich eigentlich gemeldet habe.“
„Vielleicht, um mir zu begegnen?“, erwiderte Victor spitzfindig.
Sie lächelte und lehnte sich etwas näher zu ihm.
„Das ist eine süße Antwort.“
„Wie es aussieht, ist wirklich alles erledigt. Gute Arbeit.“, sagte der Astrophat. Doch man konnte die Stimme Generalfeldmarschall Alexander Russakovs förmlich heraushören.
„Danke Sir. Und auch Ihnen danke ich, Lord Blaumähne.“
Das Hologramm des Wolflords stand etwas verkleinert neben ihm. Auch er hatte direkten Astrophatenkontakt mit dem Oberbefehlshaber der Samarianer.
„Wir danken Ihnen für ihre Hilfe.“, fuhr der Generalfeldmarschall fort.
„Möge der Imperator Sie beschützen.“
Der Space Marine nickte, auch wenn Russakov dies nicht sehen konnte. Auch nickte er Bednjagin zu, der sich leicht verbeugte.
„Meine Anwesenheit ist nicht mehr vonnöten. Der Imperator beschützt.“
Das Hologramm verblasste.
„Sergej.“, sagte der Astrophat. Es war höchst ungewöhnlich, eine so starke Stimme aus dem Körper dieses gebrechlichen Wesens zu hören, doch schien die Anwesenheit des Mannes auf der anderen Seite der Verbindung schon zu genügen, um dies zu bewerkstelligen.
„Sir!“
„Mein Junge, Sie haben hervorragende Arbeit geleistet. Die Falle war perfekt. Die Orks wurden wie die Groxe zur Schlachtbank getrieben. Daher frage ich Sie: Welchen Krisenherd wollen Sie nun übernehmen? Von einem Mann mit Ihren Fähigkeiten und Ihren Vorfahren erwarte ich allerdings, dass es nichts Einfaches ist.“
„Etwas Einfaches wäre Sache der PVS. Wir verschwenden nicht Munition Zeit und Menschenleben für Lappalien. Ich dachte an Nowgorod.“
Eine kurze Pause trat ein. Die Hintergrundgeräusche der Instrumente und das Keuchen des Psionikers, der die Verbindung aufrechterhielt, wirkten drückend auf General Bednjagin. Nach einer kleinen Ewigkeit kam endlich die Antwort des obersten Kommandanten.
„Ich habe die Akte soeben entdeckt. Es überrascht mich, dass Sie davon wissen. Schließlich ist der Hilferuf erst gestern erfolgt.“
„Wir haben zufällig auf psionischem Wege davon erfahren.“
Das war nicht ganz gelogen.
„So. Nun, ist auch gut. Ja, Sie könnten es wirklich übernehmen. Sie wären in zwei Wochen da.“
„Sir. Könnte ich endlich den Rest meiner Division bekommen?“
Wieder trat eine Pause ein, doch diese währte kaum einige Augenblicke.
„Ja. Sie sind bereit. Das dritte bis sechste Samara werden hiermit unter Ihren Befehl gestellt. Die Regimenter werden einige Tage vor Ihren Truppen dort eintreffen. Ich erteile Befehl, nichts zu unternehmen, bis Sie nicht persönlich vor Ort sind.“
„Danke, Sir.“
Er unterließ es, zu salutieren. Das würde bei einer Astrophatenverbindung keinen Sinn machen.
„Gut. Warten Sie mit dem Warpsprung noch einige Stunden. Wir senden Ihnen alles, was wir über Nowgorod haben. Viel Erfolg.“
„Sir.“, antwortete der General in militärisch korrektem Ton und gab den Männern vor ihm das Zeichen, die Verbindung zu trennen.
„Victor!“
Der junge Soldat hielt an, um seinem Sergeant aufholen zu lassen.
„Ich habe zwei Neuigkeiten. Komm mit zu den Truppunterkünften.“
Victor Kulikov kam zu dem Schluss, dass er keine Fragen zu stellen brauchte, und folgte seinem Vorgesetzten und Freund durch mehrere Korridore und ein Schiffsdeck tiefer zu den Unterkünften der achtzehnten Kompanie. Über mehrere Treppen und eine Abkürzung durch die Wartungskorridore erreichten sie sehr schnell die Unterkünfte des Zuges und dann ihres Trupps. Der Stabssergeant öffnete die Tür und ließ Victor den Vortritt.
Fast der ganze Trupp war anwesend. Der Raum mit mehreren Betten bot allerdings genug Platz, sodass es nicht eng wirkte. Männer und Frauen wurden nicht getrennt.
„Wo sind Katchinsky und Andrejew?“, fragte Mosovich in die Runde.
„Wahrscheinlich im Kompaniebereich.“, antwortete Alexandra.
„Gut, dann müsst ihr ihnen eben die Nachrichten überbringen.“
Der Stabssergeant stellte sich vor ihnen auf und zog Victor neben sich.
„Erstens, unser nächstes Ziel lautet Nowgorod. Ihr alle solltet den Planeten kennen, schließlich untersteht er einer der wohlhabensten Familien Samaras.
Zweitens. Einer von euch hat sich eine Beförderung verdient.“
Er drehte sich zu Victor und salutierte. Victor beantwortete exerzierplatzmäßig und schnell.
„Victor Kulikov, aufgrund besonderer Verdienste um Kameradschaft, werden Sie zum Unteroffizier erster Klasse befördert. Sie sind hiermit ebenfalls direkter Stellvertreter ihres Truppenführers. Glückwunsch, Kumpel.“
Der neue Unteroffizier nahm sein Rangabzeichen und die dreißig Gutscheine entgegen.
„Weist du, was ich komisch finde?“, fragte ihn Mosovich plötzlich.
„Der Befehl kommt von ganz oben. Auf dem Befehl prangte nämlich ein goldener Stern.“
„Vom Bataillonskommandeur?“, entfuhr es Victor. Sein Sergeant holte währenddessen ein Blatt Papier aus der Jackentasche.
„Ach nein, es ist ein… ein goldener Lorbeerkranz.“
„Vom Divisionskommandeur!“
Simjenko trat vor und musterte das Formular.
„Oho. Scheint als hätten wir einen angehenden Offizier unter uns. Weiter so Kollege. Immer weiter so.“