Die Wahl 2009 vs. 2013 - Eine kleine Forengeschichte

Für mich ist dieses sog. "differenzierte Denken" in all seiner Pracht der eigentliche Totengräber der Klarheit in Sprache und Gedanke.

Schön, dass du wieder da bist, von dir hat man ja länger nichts mehr in den OT-Diskussionen gelesen. 🙂

Zur Sache:
Grundsätzlich magst du mit dieser Aussage recht haben und ich wäre sogar geneigt, zuzustimmen.
ABER...

Das Schöne an Begriffen wie "links" und "rechts" ist, dass man damit ohne große Umschweife seine Position zu einem bestimmten Thema umreißen kann. Das Problem dabei ist, dass dies nicht mehr ohne Weiteres funktioniert - ich bin so frei jetzt mal als Beispiel von mir selbst auszugehen. Grundsätzlich verwende ich sie auch selbst gerne und bin grundsätzlich geneigt, meine politische Position insgesamt als "eher links" zu bezeichnen. Allerdings gerate ich dabei immer öfter an meine Grenzen. Nun dachte ich eine Weile, meine eigene politische Position würde sich einfach verschieben, stelle aber immer öfter fest, dass dies nicht ausreicht, um das Problem zu umfassen.

Um noch einmal die von mir weiter oben genannten Beispiele aufzugreifen: Was ist denn eine rechte Position zur Europapolitik? Und was ist eine linke Position? Geht man vom Extrembeispiel der AfD aus, könnte man Euroskepsis wahlweise dem liberalen Lager oder einer Position rechts-außen zuschreiben. Allerdings sehe ich keinen vernünftigen Grund, warum sich die Position der AfD zum Euro nicht auch in einer linken Partei finden könnte.

Ein anderes Beispiel wäre die Energiepolitik. Nur weil die Grünen als eher linke Partei sich das Umweltbewusstsein als erstes auf die Fahne geschrieben haben, ist es noch lange keine linke Position. Selbst die NPD könnte diesen Ansatz vollkommen glaubwürdig vertreten.

Unsoweiterundsofort - es lassen sich zunehmend Beispiele des politischen Tagesgeschehens aufgreifen, in denen die Begriffe "links", "rechts", "liberal" nicht ausreichen, um ein Thema zu erfassen. Und meiner Meinung nach gehört mittlerweile selbst Migration dazu. Vorbehalte gegenüber Ausländern sind eine klassisch rechte bis rechtsradikale Position, das ist so weit klar. Aber nur weil eine Position nicht rechts ist, ist sie noch lange nicht links und ich behaupte, dass es "die eine, linke Position" zu diesem Thema nicht mehr gibt.
 
Selbst die NPD könnte diesen Ansatz vollkommen glaubwürdig vertreten.

Tut sie ja auch. Der Naturkult ist durchaus tief in der rechten Szene verwurzelt. Die Grünen hatten mit denen in der Anfangsphase ihre liebe Not.

Nun dachte ich eine Weile, meine eigene politische Position würde sich einfach verschieben, stelle aber immer öfter fest, dass dies nicht ausreicht, um das Problem zu umfassen.

Ging mir auch so.
 
@Knight-Pilgrim:
Hast du zufällig einen Link zu dem von dir erwähnten Artikel? Jetzt hast du mich echt neugierig gemacht, wie Plastikdeutsch aussieht.
Der konkrete Artikel ist leider vier Jahre alt (das war kurz vor der Bundestagswahl 2009), aber wie es das Glück so will, bleibt sich die ZEIT treu, organisiert gar einen Tummelplatz für Schleiflackrhetorik. Hier ist mal ein Artikel von einem Schwergewicht dieser Disziplin:
http://www.zeit.de/2013/33/steinbrueck-europa-begeisterung
Das ist für mich ein hochdifferenzierter, überaus vernünftiger Artikel. In keinerlei Hinsicht radikal, grammatisch allzeit korrekt, brechreizerregend langweilig und vage, sprachlich regelrecht verwittert. Nur im Zustand hochreflektiertester Vollnüchternheit kommt ein solcher Absatz zustande:
Die EU ist einer der Aggregatzustände des Lebens der Europäer geworden, so wie das Niederländer-Sein und das Römer-Sein, sie hat den Schritt zur Selbstverständlichkeit geschafft. Ab und zu kann man sich für sie begeistern, etwa, wenn man mal außerhalb Europas ist, man kann dann sogar etwas stolz sein. Doch das findet alles in Wahrheit nicht mehr statt, um Europa zu legitimieren, die EU ist kein Ziel, sie ist schon da, sie braucht kein Narrativ, sie erzählt sich ständig selbst.
Manchmal kann man sich für sie begeistern, die EU. Selbstmurmelnd nicht zu sehr, wir wollen nicht die Fassung verlieren. Immerhin ist die EU als Aggregatzustand kein Ziel, sondern schon da, muss nicht erzählt werden, sondern ist Narrativ. Ja, so bekämpft man Europaskepsis! Die tausend Münder in den Wänden brauchen keine Vögel mehr, die von den Dächern pfeifen, dass wir die EU brauchen. Indes, das Niederländer-Sein gebietet es, vornehmlich außerhalb Europas ein kleines bisschen Stolz zu empfinden (wehret den Anfängen! Ein supranationalistischer Nationalismus ist ein brandgefährlicher Narrativ, der nicht erzählt wird, sondern sich selbst entrollt, so wie ein mottenzerfressener Teppich, der von der Stange herunterfällt) über diese Kulturleistung. Es fehlt nur noch der Kompass, das Gespräch auf Augenhöhe und den Ratschlag, alles nicht zu pauschal zu sehen, um dieses Musterbild von Diätsprache und -denke abzurunden.

Ach und KOG, meinst du es gibt noch Ultramontanisten? Ich meine als ernstzunehmende politische Kraft.
Bischof Williamson sieht sich ja als alleinseligmachenden Erben echten ultramontanistischen Denkens, in Anerkennung des Hegel'schen Diktums halt umso schlimmer für die Tatsachen, dass der Papst daselbst zu einem heidnischen Modernisten geworden ist. 😀


@Blackorc:
Das Schöne an Begriffen wie "links" und "rechts" ist, dass man damit ohne große Umschweife seine Position zu einem bestimmten Thema umreißen kann. Das Problem dabei ist, dass dies nicht mehr ohne Weiteres funktioniert - ich bin so frei jetzt mal als Beispiel von mir selbst auszugehen. Grundsätzlich verwende ich sie auch selbst gerne und bin grundsätzlich geneigt, meine politische Position insgesamt als "eher links" zu bezeichnen. Allerdings gerate ich dabei immer öfter an meine Grenzen. Nun dachte ich eine Weile, meine eigene politische Position würde sich einfach verschieben, stelle aber immer öfter fest, dass dies nicht ausreicht, um das Problem zu umfassen.
Wie gesagt, die gesamte Realität lässt sich nicht von einem einzigen Adjektiv abdecken, das liegt in der Natur der Sache. Genauso, wie es stramme Linke gibt, denen sich die Fußnägel aufrollen, wenn sie davon lesen, dass Deutschland aus der NATO auszutreten hat, gibt es eifrige Christen, die ausgerechnet bei Homosexuellenehen Ausnahmen zu machen bereit sind. Am Beispiel der Europapolitik lässt sich prima facie festhalten, dass eher skeptische Positionen traditionell von rechts kommen und nationalstaatliche Bedenken einbinden. Es gibt hier wie überall auch Ausnahmen, gerade der tendentiell ganz linke Rand vertritt Positionen, die u.U. mit eher rechten verwechselt werden könnten. Mir ist allerdings ein griffiges Vokabular lieber, das es mir ermöglicht, auf wenig Raum breite Erklärungen anzubieten. Fragte mich z.B. jemand, wo ich Wolfgang Bosbach politisch verorten würde, wäre meine Antwort, dass es sich um einen konservativen, dem rechten Flügel der CDU angehörenden Politiker handelt, mit entschiedenen Ansichten zur Innenpolitik. Das wird dem Menschen Bosbach nicht in jeder Facette gerecht, bestimmt schert er in Teilbereichen (die mir womöglich nicht einmal gegenwärtig sind) sogar stark davon aus, verschafft nichtsdestoweniger dem Fragenden ein einigermaßen konkretes Bild.

Es ist denn auch nichts gegen echte Differenzierung zu sagen, solange sie nicht zu einer undefinierbaren, nährlösungsentzogenen Grütze wie oben zitiert verkommt. Auf Nachfrage oder Spezialinteresse hin lässt es sich immer vom Kleinsten ins Allerkleinste diskutieren. Oftmals steht "differenziertes Denken" leider in einer langen Reihe von Wieselworten und -phrasen, die sich im Anspruch sonnen, besonders tiefgehende Gedankenarbeit geleistet zu haben, letztlich aber noch weniger aussagen. Ich pflegte in der Oberstufe regelmäßig den Musikunterricht von seiner Bahn abzubringen, da der werte Herr Lehrer als kultivierter Mann gerne auch über Nietzsche, das Wiener Feuilleton und Staatsformen im 18. Jhdt. zu sprechen bereit war. Tatsächlich leistete ich so gute Arbeit, dass insgesamt kaum noch über Musik gesprochen worden ist. Augenzwinkernd vermerkte er dann, dass ich in der Lage sei, überaus "global" Zusammenhänge zu erkennen. Wir beide wussten natürlich, dass das ein sehr vornehmer Euphemismus dafür war, dass wir über Gott und die Welt (-> direkter Bezug 😀) sprachen, nur nicht über Musik. Bedauerlicherweise werden solche Begrifflichkeiten tatsächlich benützt, als wären sie werthaltig. "Global denken" ist so ein irrsinnig differenzierter Begriff, der darüber hinwegtäuscht, dass man an nichts im Besonderen gedacht hat, im Allgemeinen hingegen intellektuelle Schwerstarbeit.
 
Das ist für mich ein hochdifferenzierter, überaus vernünftiger Artikel. In keinerlei Hinsicht radikal, grammatisch allzeit korrekt, brechreizerregend langweilig und vage,
... und vor allem brechreizerregend apolitisch. Europa mal in Ruhe lassen? Sie ist ja nun mal da, die Schöne aus Kreta. Ist nichts zu machen. Und Manieren kann man ihr auch nicht merh beibringen. Die ist halt so. Aber KOG: Lass dem Autor doch sein vermeintliches gemütliches Plätzchen auf dem gefühlten locus observandi. Wir brauchen dringend mehr von diesen Welterklärern, die mit keinerlei Leidenschaft das Soistesnunmalinderwelt konstatieren können. Sonst könnten wir auf den Gedanken kommen, dass man mit Engagement doch noch etwas verändern könnte. Und das ist schon wieder so scheußlich politisch.
 
Mir ist allerdings ein griffiges Vokabular lieber, das es mir ermöglicht, auf wenig Raum breite Erklärungen anzubieten.

Mir auch - nur halte ich gerade "links" und "rechts" für ungeeignete Beispiele denn das sind Positionen, die meiner Meinung nach entweder in der Auflösung begriffen sind, oder sich neu erfinden müssen. Voll und ganz bei dir bin ich hingegen bei der Problematik, dass in Politik und Presse mittlerweile ein derart schwammiges Kauderwelsch verwendet wird, dass sich solide Positionen mit der Lupe suchen lassen müssen.

Aber war denn nicht genau so eine Formulierung der Stein des Anstoßes für die aktuelle Diskussion? Denn was soll denn bitte ein Migrant sein, der sich in unserem Sozialsystem zuhause fühlt? Genau das ist doch eben der Witz: Keiner traut sich mehr, eindeutig seine Meinung zu vertreten und dabei kommt dann ein derart grauenvoller Wortbrei heraus. Angesichts solcher Auswüchse wünscht man sich glatt einen Franz Josef Strauß zurück. Der Mann war zwar ein Arsch, aber er hat wenigstens stets deutliche Worte gefunden.
 
Nun Blackorc, da hast du recht. Es fehlen Leute in der Politik, die ein klares Anliegen vertreten und zwar gern auch einmal polemisch. aber der springende Punkt ist doch der. Es gehört zur Herrschaftstechnik dazu, sich genau so zu positionieren, dass man sich eben nicht positioniert. Der Sprachbrei ist das Resultat aus der Art der heutigen Politik. Wenn man permanent um Zustimmung hechelt und auch diese Zustimmung zu evaluieren wünscht, wenn dies der Zweck der Politik ist, dann sind allzu vehemnet vertretene Positionen eher hinderlich. Inhalte gar austauschbar. Dann ist die Performance wichtiger als das Resultat. Leute wie Strauß haben auch einen Dreck auf Anwürfe aus der Presse gegeben oder von Intellektuellen. Das waren nur "kleine Pinscher" .

Deswegen red ich mir hier hier hin und wieder den Mund fusselig, dass man sich doch mal darum bemühen sollte, den täglichen Politkauderwelsch für sich kritisch zu hinterfragen und sich gegebenenfalls auch bestimmter Begriffe zu entledigen.
 
nur halte ich gerade "links" und "rechts" für ungeeignete Beispiele denn das sind Positionen, die meiner Meinung nach entweder in der Auflösung begriffen sind, oder sich neu erfinden müssen.
Das ist doch die Meinung von Leuten, die bemüht sind möglichst wenig irgendwo anzuecken, die bloß nicht links und nicht rechts und überhaupt am besten gar nichts sein wollen. Die Wahrheit ist doch, das man einfach jede Aussage links oder rechts einordnen kann. Sicher, teilweise ist das merkwürdig, z.B. das Stalinisten und Anarchisten beide "links" sind, aber das hat dann oft historische Gründe oder ähnliches. Aber eigentlich ist es ganz normal, dass man irgendwo eingeordnet wird, sobald man eine Meinung zur Politik hat. Das es hier jetzt User gibt, die fleißig mitdiskutieren und zu allem etwas zu sagen haben, aber gleichzeitig auf keinen Fall irgendwie ins politische Spektrum passen wollen, ist absurd! Das schadet auch der kompletten Diskussion über politische Themen. Mein Vorschlag, einfach mal den Mut haben klar Flagge zu zeigen, anstatt sich zu Tode zu relativieren und alles Spezifische abzustreiten.


Eher von der Einstellung der tonangebende Gruppe
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Ich bezweifle, dass sich irgendjemand freiwillig als Persona non Grata bezeichnen wird
Ich meinte mit persönlicher Einstellung die des Rezipienten. Also ob Eva das jetzt für mich ist, hängt ja von meiner Einstellung dazu ab und nicht davon, was die Bildzeitung schreibt.
Förderung und dergleichen ist ja ganz gut und schön. Was macht man allerdings in dem Fall, wenn sich jemand nicht fördern lassen will? Das bezieht sich jetzt nicht nur auf 'unwillige' Zuwanderer sondern auch auf die Einheimischen... Im Grunde braucht es doch immer ein Arschlochkind um die Besten Ideen und Vorhaben scheitern zu lassen...
Naja, die Sache ist aber die: Jeder will ein schönes Leben haben. Förderungen, die das klare Ziel haben, den Lebensstandard zu steigern (z.B. durch Berufsqualifikationen etc.) werden auch angenommen werden. Eventuell muss man Kulturelle unterschiede und sowas berücksichtigen, das ist klar. Die Zahl derer, die alles an Maßnahmen ablehnen wird immer gering sein, wenn die Programme tatsächlich bewirken, dass es den Menschen am Ende besser geht.
Das soviele Menschen sich heutzutage mit H4 abfinden liegt ja z.B. auch nicht daran, dass sie das Leben auf H4 so toll finden, sondern eher das sie (subjektiv) den Eindruck haben, ihre Lebensumstände nicht signifikant verbessern zu können.

Sei dir nur bewusst, dass andere möglicherweise eine von dir differente Auffassung diverser Begriffe haben.
Unterschiedliche Auffassung diverser Begriffe schön und gut, aber es kann doch nicht sein, dass hier ein Batzen User weder rechts noch links sein will. Ich meine, dann sind wohl alle Menschen plötzlich einer Meinung, wenn es kein rechts uns links mehr gibt, oder wie soll man das verstehen?

@ SdK:

Hmm, ja da klingt ja schon etwas erbost, was Du da schreibst. Ich kann Dich jedoch beruhigen, Du musst gar nicht mehr böse sein. Du hast einfach etwas falsch verstanden, das ist alles. Sozialsystem =/= Sozialleistungen. Ganz einfach. Einwandern in die Sozialsysteme muss in Deutschland jeder, weil es gesetzlich vorgeschrieben ist, an diesen Sozialsystemen zu partizipieren. Man darf z.B. nicht auf eine Krankenversicherung verzichten um Geld zu sparen. Es wandert jeder das Sozialsystem ein. Völlig unaufregend also. Aber Du musst in dem Fall mir nicht glauben, Du kannst auch nachschlagen, ob "Sozialsystem" tatsächlich das System meint, oder vielleicht doch "Leistungsempfänger", oder was auch immer Du darunter zur Zeit verstehen magst. 🙂
Das die gute Frau ihre Aussage noch einmal spezifiziert hat (für so Leute wie Dich, wahrscheinlich) sollte dir den letzten Rest an Wohlbefinden zurückgeben. 🙂
Zu Deinen Zitaten kann ich eigentlich nur auf meinen Beitrag Nr.51 verweisen. Ich möchte die Leser hier nicht mit unnötigen Wiederholungen langweilen und bitte da um Dein Verständnis.
 
Das ist doch die Meinung von Leuten, die bemüht sind möglichst wenig irgendwo anzuecken, die bloß nicht links und nicht rechts und überhaupt am besten gar nichts sein wollen. Die Wahrheit ist doch, das man einfach jede Aussage links oder rechts einordnen kann.

Nee, eben nicht. Beispiele dazu hab ich doch gegeben.

"Für erneuerbare Energien, Atomausstieg und Umweltschutz"
Die Kernposition der Grünen ist weder links noch rechts, trotzdem ein Thema, zu dem jede Partei irgendwie Stellung bezieht.

"Gegen den Euro und die EU"
KOG hat´s in das rechte Spektrum eingeordnet, weil es sich so schön mit Nationalismus vermengen lässt. Aus meiner Sicht ist das aber keine rechte Position und könnte genauso gut auch aus dem linken Lager kommen - zusammen mit dem Ausstieg aus der NATO zum Beispiel.

"Ausbau von Datenschutz und Privatsphäre"
Im Kern eine liberale Position, eckt ganz gerne mit den Rechten an, die ja eher auf den Überwachungsstaat stehen. Könnte aber auch bei jedem Linken auf der Fahne stehen und ist glaube ich seit dem NSA-Skandal ein Thema, dass auch so manchen CSU-Wähler umtreibt.

"Umgang mit demografischem Wandel und Altersarmut"
Auf diese Frage hat im Moment kein politisches Lager eine vernünftige Antwort.

Jetzt sind das keine Themen, die ich aus der Luft gegriffen habe, sondern eigentlich mehr oder weniger die politischen Tagesthemen und siehe da - nichts passt davon wirklich so richtig in´s linke oder rechte Spektrum. Ich bleibe dabei, dass diese beiden Klassiker in der Auflösung begriffen sind. Insbesondere die Linke tut sich arg schwer, denn die Zeit des Klassenkampfes ist nun einmal vorbei.
 
"Für erneuerbare Energien, Atomausstieg und Umweltschutz"
Ist eine linke Position.
"Gegen den Euro und die EU"
Ist eine rechte Position.
Ausstieg aus der NATO
Ist eine linke Position.
"Ausbau von Datenschutz und Privatsphäre"
Bürgerliberale Positionen werden traditionell links zugerechnet, wirtschaftsliberalität rechts. Ist also eine linke Position.
"Umgang mit demografischem Wandel und Altersarmut"
Das ist gar keine Position.

nichts passt davon wirklich so richtig in´s linke oder rechte Spektrum.
Wot? :blink:
dass diese beiden Klassiker in der Auflösung begriffen sind.
Was tritt denn stattdessen an ihre Stellen? Weil verschiedene politische Positionen gibt es ja seltsamerweise immer noch.
 
"Für erneuerbare Energien, Atomausstieg und Umweltschutz"
Ist eine linke Position.

Nö - das war´s vielleicht in den 80ern mal, aber mittlerweile haben das Parteien von links- bis rechts-außen auf ihrer Agenda stehen. Besonders putzig sind die Nazis in diesem Zusammenhang:
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/rechtsextreme-entdecken-den-umweltschutz-a-814893.html

Bei den anderen Themen schaut es nicht so viel anders aus. Manche davon mögen ihren Ursprung im einen oder anderen Lager haben, doch die tatsächlichen Positionen haben sich längst verschoben.

Was tritt denn stattdessen an ihre Stellen? Weil verschiedene politische Positionen gibt es ja seltsamerweise immer noch.

Keine Ahnung - mit den prominenteren Neuzuwächsen in der Parteienlandschaft, den Piraten und der AfD haben wir 2 Parteien, die irgendwie sowas Ähnliches wie Liberal sind, aber nicht so ganz ins existierende Spektrum passen. Die AfD ist darüber hinaus auch rechts-konservativ, die Piraten hingegen definitiv weder links noch rechts.
 
"Für erneuerbare Energien, Atomausstieg und Umweltschutz"
Ist eine linke Position.
Nur dass dieser Atomausstieg nun auch von einer Partei durchgeführt wird (CDU), die man im Parteienspektrum rechts ansiedelt. Da wird es dann problematisch. Entweder werden alle Positionen, die sie einnehmen, automatisch rechts, oder die CDU macht einen Linksruck durch, dann kann man CDU-Befürworter aber nicht mehr so einfach rechts einordnen, weil die Partei der sie anhängen, ja nun linke Positionen aufgreift und durchführt (mehr Richtung "Mitte" rückt). Die Motive dafür diese Position aufzugreifen, also der Opportunismus wegen Fukushima, mal außen vor gelassen, wird es immer schwieriger etwas im klassischen Parteienspektrum zu kategorisieren. Umweltschutz ist mittlerweile auch bei allen Parteien angekommen, es ist kein exklusiver, linker Standpunkt mehr. Auch hier muss man dann wieder feststellen, dass entweder alle Parteien nach links gerückt sind, oder eben der Umweltschutz kein linker Standpunkt mehr ist, er ist es dann nur noch in der klassischen, rückblickenden Einordnung.
 
"Für erneuerbare Energien, Atomausstieg und Umweltschutz" Ist eine linke Position.
Da muss ich doch mal den Advocatus Diaboli spielen. Denn das ist nicht per se eine linke Forderung im Sinne der kleinen Leute. Es kommt schließlich auf die Gestaltung an.
Gegen Euro und die Eu ? dito Es kommt doch auch darauf an, was dann als Alternative gelten soll. Ansich ist das aber eine Forderung sowohl aus dem rechten als auch linken Lager.

Ganz so einfach ists dann doch nicht. Leigt aber vielleicht daran, dass man selten zu den Begründungen und eigentlichen Zielen vordringt, weil bestimmte Forderungen dann schon als links oder rechts verschriehen sind und Empörungsstarre einsetzt, in dem Schema wie oben in meinem Beitrag zur "politischen Mitte".
 
Die CDU ist "Mitte", vertritt also eine Mischung aus moderat linken und rechten Positionen. Der Atomausstieg ist halt eine moderate linke Position und kann deswegen von beiden Volksparteien, die in der Mitte sein wollen problemlos übernommen werden.
Das es auch Nazis gibt, die das wollen, ändert nichts an der Zuordnung. Der, ich sag mal "Rechte-Block" ist ja keine homogene Masse, wo jeder die gleiche Meinung hat. Zu rechts und links werden ganz unterschiedliche, teilweise sich widersprechende Sachen gepackt. Außerdem läuft das bei den Nazis unter "Heimatschutz" und hat noch eine etwas andere Schlagrichtung, als bei den Linken.
Die Piraten sind übrigens links, oder wenn man es spezifischer mag links-liberal. Vergleicht einfach mal das Wahlprogramm mit anderen linken Parteien. Die AfD ist ganz klar rechts. Sie hat neben rechten Positionen auch libertäre, die ebenfalls dem rechten Spektrum zugeordnet werden und wirtschaftsliberale. Es ist also nicht schwierig, diese Partei einzuordnen.
Das so Sachen wie Umweltschutz bei allen Partein angekommen ist, liegt an der Zustimmung in der Bevölkerung. Es liegt nicht daran, dass das auf einmal unpolitische Standpunkte wären.
 
nur halte ich gerade "links" und "rechts" für ungeeignete Beispiele denn das sind Positionen, die meiner Meinung nach entweder in der Auflösung begriffen sind, oder sich neu erfinden müssen.

Es wär schon sehr entspannend, wenn die nicht so ausufernd und vor allem implizit wertend genutzt würden...

Das ist doch die Meinung von Leuten, die bemüht sind möglichst wenig irgendwo anzuecken, die bloß nicht links und nicht rechts und überhaupt am besten gar nichts sein wollen.

Welcome to the political correctness... 😉

Mein Vorschlag, einfach mal den Mut haben klar Flagge zu zeigen, anstatt sich zu Tode zu relativieren und alles Spezifische abzustreiten.

Welcome to the political incorrectness... 😉

Ich finde deinen Vorschlag sehr angenehm. Es ist halt nur sehr schwierig umzusetzen, da Diskussionen sehr schnell emotional und (unbewusst?) wertend geführt werden... Wer mit einer klaren Meinung auftritt ist sehr schnell 'Angriffen' darauf ausgesetzt. Es erfordert meiner Ansicht nach ein hohes Reflektionsvermögen zwischen Angriffen auf die eigene Meinung und auf die eigene Person zu unterscheiden. Man kann halt allerdings nur an der Gegenrede seine eigene Position hinterfragen, überarbeiten oder verfestigen. Beim kuscheln gewinnt niemand :cat: Es erfordert auch einiges an Mut, zur richtigen Zeit einzugestehen, dass man ggfs. falsch lag oder das man manche Konsequenzen so nicht bedacht hat, nun aber damit leben müsse...

Förderungen, die das klare Ziel haben, den Lebensstandard zu steigern (z.B. durch Berufsqualifikationen etc.) werden auch angenommen werden. Eventuell muss man Kulturelle unterschiede und sowas berücksichtigen, das ist klar. Die Zahl derer, die alles an Maßnahmen ablehnen wird immer gering sein, wenn die Programme tatsächlich bewirken, dass es den Menschen am Ende besser geht.
Das soviele Menschen sich heutzutage mit H4 abfinden liegt ja z.B. auch nicht daran, dass sie das Leben auf H4 so toll finden, sondern eher das sie (subjektiv) den Eindruck haben, ihre Lebensumstände nicht signifikant verbessern zu können.

Dafür muss auch vermittelt werden, dass jemand, der einen höheren Lebenstandard haben möchte, auch was dafür tun muss. Ich habe hier in meinem Umfeld (und auch durch Gespräche mit verschiedenen Leuten) den (zugegeben subjektiven) Eindruck, dass sich ein geringer Teil einen höheren Lebensstandard gut vorstellen kann, dafür aber nichts tun möchte, was die eigene Komfortzone verlässt. Das ist sicherlich nicht repräsentativ aber als Indikator für weitere Untersuchungen schon ein guter Startpunkt. Bei manchen hat das wirklich was mit 'nicht können' zu tun, bei anderen ist es ganz klar ein 'nicht wollen'. Leider wird die erste Gruppe durch die zweite negativ bewertet... Ein schlechtes Beispiel überstrahlt sieben gute (oder so).

Auf der Seite der Förderungen ist es allerdings auch nicht leicht, für jeden das individuell beste bieten zu können. Dafür gibt es einfach nicht die notwendige Anzahl an Stellen um das zu leisten...

Unterschiedliche Auffassung diverser Begriffe schön und gut, aber es kann doch nicht sein, dass hier ein Batzen User weder rechts noch links sein will. Ich meine, dann sind wohl alle Menschen plötzlich einer Meinung, wenn es kein rechts uns links mehr gibt, oder wie soll man das verstehen?

Meine Vermutung: Man ist einfach dieser Begriffe und deren inflationärer Verwendung zur Vorabwertung überdrüssig, da sie einer ergebnisoffenen und -orientierten Diskussion im Wege stehen...

Rechtes wie Linkes Denken ist nicht verwerflich, sofern man die (negativen) Konsequenzen daraus auf sich selbst angewandt auch zu ertragen bereit ist.
 
Sorry Blackork. Wenn jemand sagt, "Wir brauchen Immigranten, die sich in unserem Sozialsystem zuhause fühlen" und Du denkst:" WTF!?!? Die will das asoziale Ausländer all unser Geld kriegen!!11!!" anstatt: "Oh, sie will das mehr Arbeitskräfte im System sind" dann bist Du der rechten Propaganda auf den Leim gegangen.

Das Sozialsystem besteht nicht nur aus Leistungsempfang sondern auch am Einzahlen. Unterm Strich ist belegbar, das Ausländer mehr bringen als sie uns kosten. So what?
 
Außerdem läuft das bei den Nazis unter "Heimatschutz" und hat noch eine etwas andere Schlagrichtung, als bei den Linken.

Die hatten es trotzdem zuerst. Da gab's die Grünen noch gar nicht. Die Nazis wollten ja auch die "deutsche Volksmedizin" (was im Prinzip nichts anderes war als die Homöopathie) gegen die "Judenmedizin" erfinden und wer mampft heute die Kügelchen? Xavier-Luca kriegt "Arnika" (Gänsefüßchen mit voller Absicht) gegen Beulen, wenn er sich in der Waldorfschule beim Namentanzen hingelegt hat. 🙄

Sich im Spektrum einzuordnen finde ich übrigens gar nicht mal so einfach. Ich neige im wirtschaftlichen Bereich zu sozialistischen Positionen, aber Umweltschutz nach Art der Grünen und die EU (von der ich glaube, dass sie kein Friedensprojekt ist, sondern in der aktuellen Ausgestaltung vermutlich der Grund für den nächsten großen Knall in Europa wird, weil die Menschen diese Elitenmasturbation, die an ihren Bedürfnissen komplett vorbeigeht, leid sind) können mir gestohlen bleiben. Kann ich dann noch Linker sein? So mit Europa der Vaterländer?
 
Wieso sollte eine europakritische Haltung nicht links sein können? Es kommt doch auf die Intentionen an, die sich dahinter verbergen. Wenn ich z.B. eine europakritische Haltung einnehme, weil ich wie du die EU als ein Elitenprojekt ansehe und mitnichten die Aufhebung des Nationalismus, der sich meiner Meinung nach nur auf die EU transferiert, dann bin ich doch nicht im Umkehrschluss Nationalist. Freilich ergibt sich dann in auch eine Überschneidung in kurzfristigen Zielen mit Leuten die tatsächlich aus Nationalismus die EU ablehnen. Da haben wir übrigens ein super Beispiel, wie politisch Positionen delegitimiert werden. Hier im Falle Europas ist es die Gleichsetzung linker und rechter Europakritik, die Europa als heilige Kuh ablehnen, aber aus unterschiedlichen Gründen. Weil dies aber mit einem Tabu belegt ist, wird schon garnicht mehr nach den Beweggründen gefragt, sondern pauschal eine rückwärtsgewandte Ideologie unterstellt, die eigentlcih jeweils dasselbe wahlweise in rot oder braun sei. Das ist es, was ich mit der Entkernung des politischen Diskurses meine.

Und nur weil Himmler z.b. überzeugter Vegetarier war, heißt das noch längst nicht, dass Vegetarier alle nun auf der Blut und Boden Welle surfen.
 
Wieso sollte eine europakritische Haltung nicht links sein können?
Ist sie halt nicht. Ist doch auch nicht schlimm. Kannst auch links sein und trotzdem europafeindlich. Dann kommt nicht die Rechtslinkspolizei und verhaftet Dich.
Weil dies aber mit einem Tabu belegt ist, wird schon garnicht mehr nach den Beweggründen gefragt, sondern pauschal eine rückwärtsgewandte Ideologie unterstellt, die eigentlcih jeweils dasselbe wahlweise in rot oder braun sei.
Was? Naja, gegen Vorwürfe vom politischen Gegner sind in einer Demokratie normal. Damit wird man wohl leben müssen, wenn man nicht komplett unpolitisch durchs Leben gehen möchte. Warum immer alle sofort eingeschnappt sind, wenn man ihre politische Weisheit (die natürlich die einzig Wahre ist, ist klar) in Frage stellt, konnte ich noch nie nachvollziehen. Streit ist nun mal der Kern der Demokratie.
wer mampft heute die Kügelchen?
Homöopathie ist was für naive Trottel und die gibt es in allen Lagern. Das dahinter eine Ideologie steckt, ist mir bis jetzt unbekannt.
Kann ich dann noch Linker sein? So mit Europa der Vaterländer?
Du kannst alles mögliche sein. Jeder hat zu unterschiedlichen Themen unterschiedliche Ansichten. Du kannst auch in den einem Bereich eine rechte Position vertreten und in einem anderen eine Linke. Oder gar keine, geht auch. Das muss jeder selber entscheiden.
 
Ist sie halt nicht. Ist doch auch nicht schlimm. Kannst auch links sein und trotzdem europafeindlich. Dann kommt nicht die Rechtslinkspolizei und verhaftet Dich.

Du hast das halt für dich jetzt so definiert, aber das verschafft dem Ganzen nicht automatisch Allgemeingültigkeit. 😉
Nimm zum Beispiel Die LINKE, die zu dem Thema Europa gespalten ist:
http://www.sueddeutsche.de/politik/...europa-systemkritik-oder-doch-nicht-1.1662825
Das Thema ist im linken Spektrum genauso gut aufgehoben wie im rechten.

Du scheinst der Meinung zu sein, dass laufe wie beim Abstecken eines Claims. Wer ein Thema zuerst für sich entdeckt, definiert automatisch dessen politische Ausrichtung - und das ist dann in Stein gemeißelt. Ich halte dagegen. Gehen wir nochmal zurück zum Umweltschutz: Zu dem Zeitpunkt, in dem das Thema aufkam, war die SPD noch der Inbegriff einer linken Partei und ist als blühender Verfechter des Bergbaus in Deutschland aufgetreten. Schließlich waren die Kumpel auch ein wichtiges Klientel für die Partei. Insofern würde ich nicht einmal mit Blick auf die damalige Zeit das Thema unbedingt als "links" definieren. Mit Blick auf die heutige aber erst recht nicht. "Umweltschutz" ist ein Thema, der in der gesamten Gesellschaft angekommen ist. Das Thema ist nicht einmal mehr strittig, selbst der Atomausstieg ist durch. Insofern haben wir ein sehr schönes Beispiel dafür, wie sich die politische Ausrichtung eines Themas im Laufe der Zeit verändert hat.

Homöopathie ist was für naive Trottel und die gibt es in allen Lagern. Das dahinter eine Ideologie steckt, ist mir bis jetzt unbekannt.

Für einen weiten Kreis ihrer Anhänger ist Homöopathie so eine Art Ersatzreligion - was ich durchaus auch als Ideologie werte.