Ich lehne sie in diesem Fall ab, weil sie mit der Sache recht herzlich wenig zu tun hat.
So leid es mir tut, die Nominierung des designierten Bundespräsidenten (wenn eine verlässliche Mehrheit absehbar ist) oder eines Kandidaten für dieses Amt ist seit einschließlich 1949 ein starker Ausdruck von Parteipolitik.
Bereits die Durchsetzung Theodor Heuß' zum Bundespräsidenten ist zu großen Teilen darauf zurückzuführen, dass Adenauer keine große Koalition wünschte, sondern mit der FDP (und DP) eine Regierung anstrebte (übrigens gegen nicht unerhebliche Vorbehalte aus der eigenen Partei, die gerne Hans Schlange-Schöningen nominiert hätten, es letztlich aber doch nicht taten). Trotzdem gilt Heuß bis heute als überparteilicher Kandidat.
Diese Tradition zieht sich seither nahtlos fort und steht entweder für ein sich anbahnendes oder ein rezentes, dadurch gefestigtes Koalitionsgefüge. Lübke als sprichwörtlicher "Lübkenbüßer" (Adenauer entschied '59, dass ihm das Bundespräsidentenamt doch zu machtlos war, um selbst anzutreten, und dachte erst daran, das Gesetz zu ändern, um Heuß eine dritte Amtszeit zu ermöglichen, was dieser ablehnte, also musste ein Ersatz her), Heinemann als Vorzeichen der sich anbahnenden sozialliberalen Koalition '69, Scheel zur Festigung derselben usw. usf.
Dieses Mal ist der Nominierungsprozess tatsächlich etwas unsubtil verlaufen, außerdem schlachten die Medien das Thema liebend gerne aus, denn das Grundinteresse ist im Gegensatz zu den vergangenen Wahlen, die fürwahr niemanden interessierten, vorhanden. Aber die Rezeptur ist immer noch die gleiche (wenngleich vielleicht nicht dieselbe) wie seit Anbeginn der BRD.