Um mal eine andere Perspektive reinzubringen:
In der Spieltheorie gibt es das sogenannte Prisoner's dilemma:
Zwei Gefangene werden verdächtigt, gemeinsam eine Straftat begangen zu haben. Die Höchststrafe für das Verbrechen beträgt fünf Jahre. Wenn die Gefangenen sich entscheiden zu schweigen, reichen Indizienbeweise nur dafür aus, um beide für zwei Jahre einzusperren. Gestehen sie jedoch die Tat, erwartet beide eine Gefängnisstrafe von vier Jahren.
Um die Strategie des Schweigens zu brechen, wird beiden Gefangenen nun ein Handel angeboten, worüber auch beide informiert sind. Wenn einer gesteht und somit seinen Partner mitbelastet, kommt er ohne Strafe davon – der andere muss die vollen fünf Jahre absitzen. Ansonsten bleibt das Szenario gleich: Entscheiden sich beide weiter zu schweigen, führen die Indizienbeweise beide für zwei Jahre hinter Gitter. Gestehen aber beide die Tat, erwartet jeden weiterhin eine Gefängnisstrafe von vier Jahren.
Nun werden die Gefangenen unabhängig voneinander befragt. Weder vor noch während der Befragung haben die beiden die Möglichkeit, sich untereinander abzusprechen.
Die Frage ist jetzt: mit welcher Strategie komme ich, wenn ich einer der beiden wäre am besten davon? Man hat das Szenario ziemlich extessiv durchgekaut (Computersimulationen usw...) und kam eigentlich zu dem Schluss das man mit einer tit-for-tat ("wie du mir so ich dir") Strategie am besten fährt. Tit for Tat besteht darin, beim ersten Zusammentreffen mit dem Gegenüber zu kooperieren und in allen weiteren Runden dann stets dessen Verhalten aus der Runde davor nachzuahmen.
Das brachte dann einige Wissenschaftler zu dem Schluss das "wie du mir, so ich dir" (oder eben "Auge um Auge, Zahn um Zahn) auch deshalb eine so menschliche Verhaltensweise ist, weil sie sich quasi evolutionär als langfristig beste Strategie durchgesetzt hat, auch vollkommen ohne irgend eine moralische Komponente. (Vergleiche Robert Axelrod: Die Evolution der Kooperation).
Natürlich ist die Aussagekraft eines solchen Szenarios begrenzt, aber ich denke man kann erkennen worauf ich hinaus will: in einem gesamtgesellschaftlichen Kontext ist es langfristig am besten sowohl Kooperation als auch Defektion zu erwidern.
Das ist im Grunde das stärkste Argument für die Todesstrafe - und nebenbei auch eine Erklärung warum sie vollkommen unabhängig vom kulturellen Kontext in praktisch allen Kulturen bekannt ist/war.
Das einzige was IMO dagegen spricht ist der Unsicherheitsmoment: ich kann nicht 100%ig sicher sein das der Todeskandidat auch wirklich der Täter ist.
Moral würde ich, so seltsam es klingen mag, aus so einer Diskussion heraushalten.
Einfach deshalb weil Moral in meinen Augen kein verlässlicher Maßstab für richtiges handeln ist. Moral ist einfach zu "weich". Moralisch richtig/falsch ist einfach zu sehr von Zeitgeist, Tradition, Kultur usw... geprägt und zu wenig von emprisch wirklich haltbaren Aussagen.
Sieht man sehr schön bei Situationen wie Ehrenmorden: aus dem Blickwinkel der Täter ist sowas moralisch u.U. richtig, aus unserem moralisch falsch. Welche Moral hat jetzt recht? Taugt als Verhaltenskompass daher IMO wenig....