*Gähn*
Paleys Uhr.... sorry, das ist kreationistischer Mumpitz, mehr nicht. Hab allein in diesem Thread das ganze schon zwei mal erwähnt und gezeigt warums Unsinn ist.
...könnt ihr Kreationisten/intelligent designer euch nicht mal was neues ausdenken? Alle 200 Jahre muss doch mal was neues drin sein, oder?
Aber OK zum dritten mal (eigentlich zum vierten mal, der Orginalbeitrag stammt aus nem anderen Forum)
Vorbemerkung: der dortige User fand es sonderbar wie denn sowas wie Scheinwespen entstehen können: denn die Tarnung ist ein "komplexes System": entweder sieht das Vieh wie ne Wespe aus (Tarnung funktioniert) oder eben nicht (Tarnung funktioniert nicht). Er verstand nicht wie sich sowas evolutionär entwickeln konnte, weil die schrittweise verbesserung zumindets anfangs keinen Vorteil mit sich bringt.
Im Grunde immer die selbe Aussage: der Mensch (oder halt irgend ein beliebiges Organ) ist so komplex, das es nur ja oder nein gibt. Es funktioniert oder eben nicht. Und weil es nahezu unmöglich ist das solche Veränderungen aus Zufall passieren (eben als wirft man eine Hand voll Teile in die Luft und beim runterfallen fallen sie so das sie ne Uhr ergeben), muss es einen Designer aka Gott geben.
.... läuft aber anders:
Mein lieber xxx, ich bedauere ihnen mitteilen zu müssen das sie mit ihrer "Erkenntnis" ungefähr 200 Jahre zu spät dran sind
Denn was du da (ich vermute mal unwissentlich) ablieferst ist nichts anderes Paleys Uhr, das Standardargument von Schöpfungsgläubigen/Kreationisten/Vertretern des intelligent design oder wie immer sie sich die Jungs grad nennen.
Kurze Erklärung: 1802 veröffentliche William Paley ein Buch mit dem Titel "natürlich Theologie" das im Grunde das Standardwerk der Kreationisten ist. Darin gibt es eben das bekannte Beispiel der Uhr: wenn man mitten auf einer Wiese eine Uhr findet, müsste man wegen der Komplexität des Gerätes davon ausgehen das es einen Uhrmacher gibt. Schließlich wäre es (wie du es nennst) "extrem unwahrscheinlich" das die Teile einfach so vom Himmel fallen und eine Uhr draus wird.
Sein biologisches Hauptbeispiel ist das Auge: es ist ebenfalls recht komplex, und wenn nur ein Teil davon fehlt versagt es. Es ist eindeutig eine sinnvolle Einrichtung zum sehen und muss deswegen zum Zwecke des sehens entworfen worden sein.
Analog deine Scheinwespe: die Tarnung funktioniert so gut, das sie zum Zwecke der Tarnung entwickelt ("designt") worden sein muss.
Im Grunde läuft Paleys Argumentation (und die aller Kreationisten) auf folgendes hinaus: Lebewesen sind so sinnreich aufgebaut und funktionieren so wirkungsvoll, dass sie nur nach einem Entwurf entstanden sein können. Und wenn es einen Entwurf gibt, muss es auch jemanden geben der ihn gemacht hat, sprich Gott.
Kleiner Zeitsprung:
1996 hat Michael Behe (Cheffideologe des "intelligent design", wie sich die Kreationisten nun nennen) versucht die Argumente in seinem Buch "Darwins Black Box" zeitgemäß zu erneuern. Sein Beispiel ist die Bakteriengeißel (die "Schwänze" der Bakterien, mit denen sie sich fortbewegen. Im Prinzip eine Art Schiffsschaube aus Proteinen mit chemischem Antrieb).
Behe sagt, eine Bakeriengeißel, die aus knapp 40 Proteinen besteht, ist ein "unreduzierbar Komplexes" Organ. Das heißt wenn man nur eins der vierzig Proteine entfernt, funktioniert die ganze Geißel nicht mehr. Eine Geißel kann sich daher nicht aus einer einfacheren "Vorform entwickelt haben. Die einzige Möglichkeit eine funktionierende Geißel herzustellen ist es, die Information für alle 40 Proteine in die DNS der Bakterie zu schreiben. Und das ist eben wieder so wahrscheinlich wie das einmal eine funktionierende Uhr auf der Wiese liegt. Und damit haben wir wieder den Entwurf bzw. die Notwendigkeit eines Schöpfer.
Um es kurz zu machen: Behe wurde in (für wissenschaftliche Standards) Rekordzeit in der Luft zerissen. Eine Geißel ist tatsächlich unreduzierbar. Entfernt man nur ein Protein funktioniert eine Geißel tatsächlich nicht mehr. Aber die Struktur des Bakterienmotors hat erstaunliche Ähnlichkeit mit einem Sekretionssystem, mit dem Bakterien andere Bakerien angreifen und ..ähh...nun ja..plattmachen eben.
D.h. entfernt man Teil der Geißel hat man zwar keinen Bakterienantrieb mehr, aber ein funktionierendes biologisches Waffensytem (also zumindest aus der Perspektive der Bakterie...). Und wir haben einen plausiblen Evolutionsweg.
Die Analogie zu deiner Scheinwespe bekommst du denke ich selber hin: eventuell war die Wespe mit dem "gelbstich" einfach etwas attraktiver für Scheinwespen des anderen Geschlechts. X Generationen später kam etwas mehr farbe dazu wodurch irgend ein vorteilhafter Stoffwechselprozess besser funktionierte....im Grunde kann jede Zwischenstufe einen vollkommen anderen Nutzen gehabt haben, einige Zwischenstufen waren eventuell sogar vollkommen nutzlos, wurden aber einfach "mit durchgeschleppt", weil kein Nachteil daraus entstanden ist und erst durch eine weitere Änderung kam wieder was neues bei raus. Und erst jetzt, am Ende einer langen Entwicklungskette, dient das ganze System der Tarnung.
Der grundlegende Denkfehler bei "intelligent designern" liegt darin das sie Evolution als zielgerichteten Prozess begreifen: aus einem schlechten Auge wird ein mittelmäßiges, woraus irgendwann ein gutes wird usw.
So ist es aber eben nicht. Weder werden die Systeme zwangsläufig komplexer oder effektiver noch dienen sie immer dem gleichen Zweck.
Die Uhr auf der Wiese ist jetzt nix anderes als deine Marsruinen. Der Rest ist einfach mangelnde Bildung im Bereich Biologie.
Davon ab: der Mensch ist nicht mal sonderlich komplex. Ein Mensch hat ca. 23.000 Gene. Ein Wasserfloh schon etwa 31.000. Hängt einfach damit zusammen das viele Gene einfach dafür sorgen das im Organismus gewisse biochemische Reaktionen ablaufen. Das "chemische Millieu" eines Menschen ist aber relativ konstant (37° Körpertemperatur, konstanter phWert usw.) weshalb da eine "einfache Ausstattung" ausreicht. Diverse Mikroorganismen und Kleinlebewesen müssen mit einer viel breiteren Palette an Umwelteinflüssen klar kommen, die müssen sich teilweise sowohl bei 20° als auch bei 40° entwickeln können. Deshalb haben die im Prinzip für jede Eventualität den passen Satz Gene dabei, damit auch bei verschiedenen Umweltbedingungen das gleiche Ergebnis bei rumkommt. Soviel zur Komplexität.
Wenn es Gott gibt, würde ich mir ernsthaft Gedanken machen wer seine Favoriten sind...wir sind es vermutlich nicht
😀 😀
@
TheMadWarlock
Ich nehme an du hast meine Aregumentationslinie erkannt 😀 (geklaut aus 'Darwin und die Götter der Scheibenwelt'). Zur Info: mittlerweile ist der vierte Band übersetzt "das jüngste Gericht". Geht im wesentlichen um Religionen, Hadronenbeschleuniger und Higgsbosonen 😀